Lernen mit Kopf, Herz, Hand und Fuß

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Lernen mit Kopf, Herz, Hand und Fuß
Fundgrube - Ethik/Religion«
Lernen m it Kopf, Herz, Hand und Fuß
Für Fächer, denen es um Persönlichkeitsbildung geht und die sich mit Existenz-, Sinn- und Wertfragen
beschäftigen, ist selbstständiges Lernen besonders wichtig. Denn Sinn kann den jungen Menschen nicht von
außen gegeben werden, sie müssen ihm selbst auf die Spur kommen. Das selbstständige Lernen ist aber nicht
nur für die Schüler ein Gewinn, sondern bringt auch dem Lehrer Entlastung, so dass er frei wird für die wichtigen
Aufgaben der Beratung, Betreuung und Begleitung.
Ganzheitliches Lernen nimmt die Schüler als Menschen ernst und bewahrt davor, sie nur
auf ihren Intellekt zu reduzieren. Dabei ist aber auch wichtig, dass
das Denken nicht zu kurz kommt. Denn nur, wenn sie das, was sie erfahren haben, auch
durchdenken, können sie es auf andere Situationen beziehen und für ihr Leben nutzbar
machen.
Herzensbildung ist vielleicht ein altmodischer Begriff, aber er drückt aus, worauf es beim Zusammenleben
besonders ankommt: sich selbst kennen zu lernen und zu verstehen und sich auch in andere
hineinzuversetzen und sie zu verstehen.,, Es gibt keine Trägheit des Herzens mehr" postuliert ERICH
KÄSTNER für die Zukunft in seinem Kinderbuch "Die Konferenz der Tiere".
Handeln kommt von Hand. Dass handlungsorientierter Unterricht sinnvoll und Gewinn bringend ist, ist in
der Pädagogik unumstritten. Wer gelernt hat, mit den Händen zu arbeiten, kann auch geistige Inhalte
besser durchdringen, kann sie im ursprünglichen Wortsinn entdecken und begreifen.
Die Füße werden im Unterricht oft vernachlässigt. Besonders Grundschullehrer wissen, wie schwer es
Kindern fällt, fast den ganzen Vormittag auf einem Platz zu sitzen, und viele Lehrer gehen mit
verschiedenen Übungen gegen den Bewegungsmangel vor. Aber solche Übungen müssen nicht den
Unterricht unterbrechen, sondern können auch eingebunden werden: Schüler können ihren Platz
verlassen, um etwas zu lesen, um Bilder oder Gegenstände genau zu betrachten, um sich etwas
auszusuchen und an den Platz zu holen oder um mit anderen zu kommunizieren. Sie können den
Klassenraum und das Schulgebäude verlassen, um zu Fuß oder mit Verkehrsmitteln die nähere und
weitere Umgebung zu erkunden und Erfahrungen zu sammeln. VS. 12 ff., 67 ff., 142 ff.)
Wenn etwas Hand und Fuß hat, dann ist es konkret, dann kann man etwas damit anfangen. Der
produktorientierte Unterricht bietet greifbare Ergebnisse, auf die Schüler und Lehrer stolz sein können.
Verschiedene Möglichkeiten, solche Produkte herzustellen, werden in diesem Kapitel vorgestellt. ( 5. 33
ff.)
Mit Symbolen lernen
Almut Löbbecke
Die Sprache der Religion ist das Symbol, Rituale sind ihrAusdruck. Symbole sind eine Redeform, die sich
in Gleichnissen und Bildern an das Unvergleichliche heranwagt und dennoch Abstand zu ihm behält.
(KLAUS WALTER ScHLÖMP, in: Feuervogel, hrsg. vom evangelischen Missionswerk in Deutschland,
Hamburg, 1/1998)
Offenbar kann - verständlich für sich selbst und für andere - nicht anders über zentrale Erfahrungen und
Konflikte des Lebens - Liebe, Hass, Sehnsucht, Tod, Traurigkeit, Einsamkeit, Freiheit und Befreiung geredet werden als so, dass zentrale Symbole der religiösen Tradition in Anspruch genommen werden.
(HANS-MARTIN GUTMANN, in: Erziehen heute, hrsg. von der Gemeinschaft Evangelischer Erzieher e. V.,
Duisburg 3/98)
Schon die Wortbedeutung (symballein = zusammenwerfen) zeigt, dass Symbole geeignet sind, exemplarisch
Themen zu erschließen, die mehrere Dimensionen haben. Verschiedene Bereiche eines Themas sind in einem
einzigen Zeichen verdichtet. Durch die Erschließung solcher Zeichen kann man sich verborgenen Inhalten und
Botschaften annähern und sie "zur Sprache bringen". Dabei ist es unerheblich, ob es sich um ein umfassendes
Symbol (wie Kreuz) handelt oder um ein einfaches Zeichen bzw. ein konstruiertes Emblem. Die Hauptsache ist,
dass diese Zeichen erkennbare Strukturen haben und verschiedene Möglichkeiten der Interpretation zulassen.
Sie müssen vielschichtig sein und nicht nur eine Aussage widerspiegeln. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich
den Aussagen der Symbole zu nähern.
Der meditative Zugang eignet sich besonders für Symbole aus der Natur (z. B. Baum, Wasser) oder für
künstlerische Symboldarstellungen. Kreativ kann man sich besonders gut mit einfach gestalteten Zeichen und
Symbolen beschäftigen (z. B. Kreuz, Herz). Aufjeden Fall kann man Symbol und Sprache miteinander verbinden:
Symbole "sprechen" und Sprache lebt von Symbolen. Mit dem Symbol Hand V 5. 75 f.) kann man die
verschiedenen Zugänge ausprobieren. Andere Symbole: (Baum S. 77 f., Herz 79 if., Mandala, S. 83 if.
Interaktionsübungen und Spiele
Günter Abels
Übungen, Spiele und verschiedene Partner- und Gruppenaktivitäten sind geeignet, ethisch-religiöse Fragen im
Rahmen des Unterrichtes, eines Projekttages, einer Freizeit usw. zu erschließen. Der Einsatz dieser Übungen
kann hilfreich bei der systematischen Auseinandersetzung mit Deutungs-, Sinn-, Norm- und Wertfragen sein. Für
die Frage nach dem Sinn der Existenz und die Vermittlung von Maßstäben für die eigenen Sinn- und
Lebensperspektiven sollten Schüler die Möglichkeit haben, eigene Erfahrungen zu machen, dabei sich und andere
ganzheitlich wahrzunehmen, sich auszutauschen und dabei ernst genommen zu werden. Man muss allerdings die
gruppendynamischen Prozesse in einer Lerngruppe beachten und die eigene Rolle dabei reflektieren. Solche
Interaktionsspiele das erste Mal durchzuführen ist immer ein kleines Abenteuer. Das heißt auch, dass es sinnvoll
ist zu reflektieren, welches Vertrauen die Schüler dem Lehrer entgegenbringen, wie offen und transparent der
Umgang miteinander ist. Setzt man die Bausteine gezielt ein, erlebt man viele spannende Momente, ruhige und
nachdenkliche Schüler und einen oft lebendigen Austausch.
Im Kapitel "Auseinandersetzung mit ethischen Themen" werden Interaktionsspiele, die der Entscheidungsfindung
dienen, vorgestellt VS. 119 ff.). Rollenspiele und weitere spielerische Herangehensweisen finden sich auf
folgenden Seiten: 52 f., 56 f., 89 ff., 98 f., 102 ff., 169 f., 194 ff., 217 ff, 226.
Erkunden und entdecken
Ursula Mueller
Lernen, das außerhalb der Schule, vielleicht sogar an Originalschauplätzen stattfindet, wirkt sich anregend auf
den nachfolgenden Unterricht aus. Für die Informationsbeschaffung und Veranschaulichung ist ein solcher
Unterricht sehr wertvoll, im Idealfall werden Unterrichtsinhalte zur eigenen Erfahrung. Im Klassenraum ist dies
selten wirklich gleichwertig zu ersetzen, in der Unterrichtspraxis aber oft nicht ohne erheblichen
Organisationsaufwand durchzuführen, weshalb dann oft im Alltag auf diese wertvollen Erfahrungen verzichtet
wird.
Der Zeitpunkt der Exkursion innerhalb der Unterrichtsreihe muss vorab festgelegt werden: Soll die Exkursion als
Einstieg in ein neues Thema eher motivierende Wirkung auf die weitere Beschäftigung haben oder soll sie zu
einem späteren Zeitpunkt stattfinden, wenn schon erste Kenntnisse vorhanden sind? Diese Festlegung ist auch
für evtl. Absprachen mit dem Personal des Besuchsortes notwendig.
Wichtig ist, dass der Unterrichtende sich vor der Exkursion mit der zu besuchenden Einrichtung so gut es geht
vertraut macht oder sich mit möglichen Gesprächspartnern für seine Schüler in Verbindung setzt. Ideal, aber
nicht immer möglich ist ein Besuch vorab. Viele Einrichtungen bieten ausführliches Informationsmaterial an, ein
vorbereitender Besuch ist aber zu empfehlen.
Bei längeren Unternehmungen muss z. B. auch geklärt werden, wo und wie eine Mittagspause eingelegt werden
kann oder ob öffentliche Verkehrsmittel benutzt werden können. Bei der Terminabsprache sollte man geeignete
Ersatztermine überlegen und planen. Die Eltern müssen rechtzeitig über Termin, Ziel, Dauer und evtl. auf sie
zukommende Kosten informiert werden.
Weitere Überlegungen: Soll ein Fragebogen erstellt werden? Wenn ja, kann er gemeinsam mit den Schülern
erarbeitet werden? Gibt es einen Raum, in dem ein vorbereitendes oder abschließendes Gespräch stattfinden
kann? Soll eine Führung organisiert werden? Wie werden Vertreter der Einrichtung eingebunden?
Exkursionsziele und mögliche Themen
Evangelische und katholische Kirche: Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Konfessionen; das
Kirchenjahr; die Reformation; Geschichte der Kirche Geschichte der Architektur; gibt es Personen (Heilige),
derer hier gedacht wird bzw. deren Namen die Kirche trägt? S. 68 f., 228 ff.)
Friedhof- Was bleibt?; Traditionen; Was Grabsteine mitteilen können Grabinschriften und Symbole;
Bestattungskultur verschiedener Religionen (S. 72 ff., s. auch "Todesanzeigen", S. 64 f.)
Kloster: Leben in der Gemeinschaft; Alternative Lebensformen; Menschen, die besondere Erfahrungen gemacht
haben; Menschen, die anderen helfen wollen.
Moschee/Synagoge: Islam und Judentum; Kennenlernen anderer Religionen, Feste und Bräuche; Begegnung
mit Menschen anderer Religionen; Gestaltung sakraler Räume in verschiedenen Religionen S. 139 ff.)
Aidshilfe/Diakonische Einrichtungen: Menschen, die besondere Erfahrungen gemacht haben; Menschen, die
anderen helfen wollen; Menschen, die Hilfe brauchen; Hilfe annehmen können; Verzweiflung und Mut zum
Neuanfang; Leben mit Krankheit/Behinderung; einander brauchen mit Herz und Hand. Zu Themen im
Zusammenhang mit Gesundheit, Sucht, Krankheit gibt es auch andere regionale Einrichtungen, wie z. B.
Geschäftsstellen der Krankenkassen, Suchtberatungsstellen, Beratungsstellen für Kinder und Jugendliche usw.
Umweltschutzorganisationen, wie Greenpeace, BUND: Tierschutz, z. B. Walfang; Erhaltung natürlicher
Lebensräume (Regenwald, Meere); Wasser bedeutet Leben; Schöpfung - Beschützen und Bewahren
Auch regionale Einrichtungen wie Forstämter, Tierschutzvereine bieten sich an.
Gemeindemuseum, Heimatmuseum (evtl. in Verbindung mit Geschichte, Erdkunde, Kunst):
Kirchengeschichte in unserer Stadt (in unserer Region); Leben und Arbeiten in unserer Stadt - früher und heute
'TIPP': Einen besonders intensiven Eindruck hinterlässt ein Besuch des Biblischen Freilichtmuseums
,,Heiliglandstichting" bei Nijmegen in den Niederlanden. Für Schulen aus dem Rheinland und aus dem Ruhrgebiet
ist die Tour ein lohnender Tagesausflug. Für andere kann es Ziel einer Tagestour während einer Klassenfahrt
sein.
Adresse: Biblisches Freilichtmuseum, Profetenlaan 2, NL 6564 BL Heilig Landstichting, Die Niederlande, Tel.: 00
31-24-382 31 10/Fax: -382 31 11 E-Mail: [email protected]; www.bibelmuseum.nl
Dort kann man ein Frageheft bestellen zur Kultur und Geschichte des Judentums, des Christentums und des
Islam: Eine Reise durch den alten Nahen Osten, Suchspiel für das Biblische Freilichtmuseum.
Die Stadt selbstständig erkunden, z. B. Religion S. 142 if.) und bedeutende Menschen S. 212 f.)
Begegnungen
Ursula Mueller
Fachleute in den Unterricht einzuladen, ist meist weniger Organisationsaufwand und in den meisten Fällen ist
auch der Zeitaufwand nicht so hoch wie bei einer Exkursion. Eine Unterrichtsstunde, zu der ein Gast eingeladen
wird, kann auch von den Schülern mit vorbereitet und gestaltet werden.
Die Einladung von Fachleuten in den Unterricht ist besonders dann zu empfehlen, wenn es sich um
Unterrichtsinhalte handelt, bei denen die Erfahrungen anderer Menschen wichtig sind.
Mit dem Gast müssen folgende Absprachen getroffen werden: Termin, Klasse/Alter der Schüler, Thema der
Unterrichtsreihe, Thema der Stunde(n) möglichst genau umreißen und eigene sowie Erwartungen der Schüler
formulieren, Wegbeschreibung.
Damit der Besuch ein Erfolg wird, ist es wichtig, dass sich der Unterrichtende so weit wie möglich zurücknimmt;
bei einigen Themen (wenn es für die Schüler sehr persönlich werden könnte!) vielleicht sogar nicht anwesend ist.
Ansprechpartner und Themenbereiche
Formen von Sucht/Missbrauch von Medikamenten: Drogenberatung der Stadt oder der Gemeinde;
Beratungsstellen der Kirchengemeinden; Beratungsstellen der ortsansässigen Krankenkassen; Anonyme
Alkoholiker; Arzt einer Klinik für Suchtkranke; Der Kreuzbund
Gewalt unter Jugendlichen: Jugendberatungsstellen oder Erziehungsberatungsstellen der
Wohlfahrtsverbände, der Kommunen oder der Kirchengemeinden; Polizisten; Kriminalpolizei; Mitarbeiter von
Jugendfreizeiteinrichtungen
Alternative Lebensformen/ Menschen, die sich einsetzen/Berufoder Berufung? Ordensschwester;
Mönch; katholischer oder evangelischer Pfarrer; Mitarbeiter hi einem Kinderdorf; Entwicklungshelfer;
Krankenschwester
Sekten: Sektenbeauftragte der jeweiligen Landeskirche bzw. des Bistums; Jugendberatungsstellen der
Kirchengemeinden, der Verbände oder der Kommunen
Menschen, die besondere Erfahrungen gemacht haben: Entwicklungshelfer; Krankenschwester/Pfleger;
Mitarbeiter der Aidshilfe; "trockener" Suchtkranker (Kontakt evtl. über die Anonymen Alkoholiker); Mitarbeiter
einer Werkstatt für behinderte Menschen
Pflege und Versorgung unheilbar Kranker/Was bleibt? - Gedanken über das Ende des Lebens:
Katholischer bzw. evangelischer Pfarrer; Mitarbeiter eines Hospizes; Krankenschwester/Pfleger; Mitarbeiter der
Aidshilfe
Konfessionen/Religionsgemeinschaften: evangelischer und katholischer Pfarrer, Rabbiner, ein Vertreter
der Muslime vor Ort