Die Leiden des jungen Werther

Transcription

Die Leiden des jungen Werther
Begleitmaterial für Pädagogen zu
Die Leiden des jungen Werther
Nach einem Briefroman von Johann Wolfgang von Goethe
Am Schauspiel Dortmund Spielzeit 2011/12
Premiere: 22. März 2012, Studio
Besetzung:
Werther: Sebastian Graf
Lotte: Bettina Lieder
Albert: Ekkehard Freye
Inszenierung: Björn Gabriel
Bühne und Kostüm: Tobias Schunck
Video: Daniel Hengst
Licht: Rolf Giese
Dramaturgie: Michael Eickhoff
1. Biographie
2. Inhalt „Die Leiden des jungen Werther“
3. Briefauszüge aus dem Roman
4. Ulrich Plenzdorf „Die neuen Leiden des jungen W.“
5. Vergleich Goethe und Plenzdorf
6. Der „Werther“ Effekt
7. Wenn „Werther“ getwittert hätte
8. Über die Liebe
Kontakt und theaterpädagogische Begeleitung: Sarah Jasinszczak,
Theaterpädagogin Schauspiel, Kuhstr. 12, 44137 Dortmund
0231/5022555 oder [email protected]
1. Biographie
-
-
-
-
-
Johann Wolfgang Goethe gilt als Vorreiter und Vertreter des Sturm und
Drang und als wichtigster Vertreter der Weimarer Klassik.
Johann Wolfgang Goethe wird am 28. August 1749 in Frankfurt geboren.
Er entstammt einer wohlhabenden und angesehenen Familie, der Vater ist
Jurist und lebte von seinem Vermöge, so wie Goethe später auch.
Von seinen drei Geschwistern überlebt nur seine Schwester Catharina das
Kindesalter.
1765 beginnt Goethe ein Jurastudium in Leipzig, welches er nach einem
Abbruch 1770 wieder aufnimmt.
Durch Adam Friedrich Oeser wendet er sich der Literatur zu.
Erste Liebeserfahrungen prägen seine Schreibweise vom Rokoko zum
Stürmischen.
1768 erkrankt er an Blutsturz, während seines Heilungsprozesses
beschäftigt er sich mit alchemistischen und mystischen Werken, die später
Einfluss auf Faust haben sollen.
1769 erscheint Goethes erstes veröffentlichtes Werk Neue Lieder.
Er lernt den älteren Kunst- und Literaturtheoretiker Johann Gottfried
Herder kennen, der seine späteren Arbeiten prägen wird.
1773 veröffentlicht Goethe das Drama Götz von Berlichingen.
1774 machen ihn Die Leiden des jungen Werther in ganz Europa berühmt.
Die unglückliche Liebe zur bereits verlobten Charlotte Buff prägt den
Roman.
1775 wird Goethe zum Minister von Weimar ernannt, sieben Jahre später
erhebt man ihn in den erblichen Adelsstand.
1786 gerät Goethe in eine Krise. Er findet in seiner amtlichen Tätigkeit
keine Erfüllung. Um sich wiederzufinden unternimmt er eine lange Reise
durch Italien und beschreibt diese mit dem Wort „Wiedergeburt“.
1788 kehrt er nach Weimar zurück und lernt dort die 23-Jährige
Christiane Vulpius kennen, mit welcher er fünf Kinder bekommt, von
denen nur Sohn August das Kindesalter überlebt. Er heiratet sie 1806.
1794 kann Friedrich Schiller Goethe zur Mitarbeit an seiner Zeitschrift
gewinnen. Es entwickelt sich eine enge Freundschaft.
Aus der Zusammenarbeit der beiden Dichter geht der Stil der Weimarer
Klassik hervor, gemeinsam verfassen sie Xenien.
1806 schließt Goethe Faust, erster Teil ab.
1807 wird ihm die Leitung der Universität Jena übertragen. Er setzt sich
sehr für den Ausbau von naturwissenschaftlichen Fächern ein.
Von 1791 bis 1817 leitet Goethe das Weimarer Theater.
Am 6. Juni 1816 stirbt seine Frau.
1830 schließt er Faust, zweiter Teil ab.
nach einwöchiger Krankheit verstirbt Johann Wolfgang Goethe am
22. März 1832 in seinem Haus in Weimar. Er wird neben Schiller in der
Weimarer Fürstengruft beigesetzt.
2. Inhalt „Die Leiden des jungen Werther“
Werther verliebt sich in Lotte - unsterblich, haltlos und unglücklich, denn Lotte ist
mit Albert verlobt, was Werther ignoriert; auch Lotte zeigt sich nicht abweisend.
Wider die Regeln der Vernunft sucht Werther nach der Erfüllung seiner absolut
gesetzten Gefühle für Lotte, nach einem Leben jenseits der gesellschaftlichen
Konvention - leidenschaftlich, widersprüchlich, einsam und orientierungslos. In
ihm wächst ein Idealbild Lottes heran, das Werthers Gedanken und Handeln
zunehmend bestimmt. Werthers Versuch der inneren und äußeren Abgrenzung
schlägt fehl - und dann leiht er sich Alberts Pistolen, als er von der Hochzeit der
beiden erfährt...
Dieser Klassiker des "Sturm und Drang", der Goethe über Nacht berühmt machte
und bei schwärmerischen Jugendlichen seiner Zeit eine Selbstmordwelle
auslöste, hat bis heute nichts von seiner faszinierenden Kraft verloren. "Werther"
ist ein genau gezeichnetes Psychogramm eines jungen Menschen zwischen
egomanischem Überschwang der Gefühle und Wut auf die Regeln, die eine
Gemeinschaft ihm vorlebt.
Quelle: www.theaterdo.de/ schauspiel/ stücke
3. Briefauszüge aus dem Roman von Johann W. v. Goethe
Was ich von der Geschichte des armen Werther nur habe auffinden können, habe
ich mit Fleiß gesammelt und lege es euch hier vor, und weiß, dass ihr mir’s
danken werdet. Ihr könnt seinem Geiste und seinem Charakter eure
Bewunderung und Liebe, seinem Schicksale eure Tränen nicht versagen.
Und du gute Seele, die bene den Drang fühlst wie er, schöpfe Trost aus seinem
Leiden, und lass das Büchlein deinen Freund sein, wenn du aus Geschick oder
eigener Schuld keinen nähern finden kannst.
Am 22. Mai
Dass das Leben des Menschen nur ein Traum sei, ist manchem schon so
vorgekommen und auch mit mir zieht dieses Gefühl immer herum. Wenn ich die
Einschränkung ansehe, in welcher die tätigen und forschenden Kräfte des
Menschen eingesperrt sind; wenn ich sehe, wie alle Wirksamkeit dahinaus läuft,
sich die Befriedigung von Bedürfnissen zu verschaffen, die wieder keinen Zweck
haben, als unsere arme Existenz zu verlängern, und dann, dass alle Beruhigung
über gewisse Punkte des Nachforschens nur eine träumende Resignation ist, da
man sich die Wände, zwischen denen man gefangen sitzt, mit bunten Gestalten
und lichten Aussichten bemalt – Das alles, Wilhelm, macht mich stumm. Ich
kehre in mich selbst zurück, und finde die Welt! Wieder mehr in Ahnung und
dunkler Begier, als in Darstellung und lebendiger Kraft. Und da schwimmt alles
vor meinen Sinnen und ich lächle dann so träumend weiter in die Welt.
Dass die Kinder nicht wissen, warum sie wollen, darin sind alle hochgelehrten
Schul- und Hofmeister einig; dass aber auch Erwachsene gleich Kindern auf
diesem Erdboden herumtaumeln, und wohin sie gehen, ebenso wenig nach
wahren Zwecken handeln, ebenso durch Biskuit und Kuchen und Birkenreiser
regiert werden: das will niemand gern glauben, und mich dünkt, man kann es
mit Händen greifen.
Am 16. Junius
Warum ich dir nicht schreibe? – Fragst du das und bist doch auch der Gelehrten
einer. Du solltest raten, dass ich mich wohl befinde, und zwar – Kurz und gut, ich
habe eine Bekanntschaft gemacht, die mein Herz näher angeht. Ich habe – ich
weiß nicht.
Dir in der Ordnung zu erzählen, wie’s zugegangen ist, dass ich eins der
liebenswürdigsten Geschöpfe habe kennen lernen, wird schwer halten. Ich bin
vergnügt und glücklich, und also kein guter Historienschreiber.
Einen Engel! – Pfui! das sagt jeder von der Seinigen, nicht wahr? Und doch bin
ich nicht imstande, dir zu sagen, wie sie vollkommen ist, warum sie vollkommen
ist; genug, sie hat allen meinen Sinn gefangen genommen.
So viel Einfalt bei so viel Verstand, so viel Güte bei so viel Festigkeit, und die
Ruhe der Seele bei dem wahren Leben und der Tätigkeit. –
Das ist alles garstiges Gewäsch, was ich da von ihr sage, leidige Abstraktionen,
die nicht einen Zug ihres Selbst ausdrücken. Ein andermal – nein, nicht ein
andermal, jetzt gleich will ich dir’s erzählen. Tu ich’s jetzt nicht, so geschäh es
niemals. Denn, unter uns, seit ich angefangen habe zu schreiben, war ich schon
dreimal im Begriffe, die Feder niederzulegen, mein Pferd satteln zu lassen und
herauszureiten. Und doch schwur ich mir heute früh, nicht herauszureiten, und
gehe doch alle Augenblick’ ans Fenster, zu sehen, wie hoch die Sonne noch
steht. - - -Ich hab’s nicht überwinden können, ich musste zu ihr hinaus. Da bin
ich wieder, Wilhelm, will mein Butterbrot zu Nacht essen und dir schreiben.
Welch eine Wonne das für meine Seele ist, sie in dem Kreise der lieben muntern
Kinder, ihrer acht Geschwister zu sehen! – Wenn ich so fortfahre, wirst du am
Ende so klug sein wie am Anfange.
Am 30. Julius
Albert ist angekommen und ich werde gehen; und wenn er der beste, der edelste
Mensch wäre, unter den ich mich in jeder Betrachtung zu stellen bereit wäre, so
wär’s unerträglich, ihn vor meinem Angesicht im Besitz so vieler
Vollkommenheiten zu sehen. – Besitz! – Genug, Wilhelm, der Bräutigam ist da!
Ein braver lieber Mann, dem man gut sein muss. Glücklicherweise war ich nicht
beim Empfange! Das hätte mir das Herz zerrissen. Aber ist er so ehrlich, und hat
Lotten in meiner Gegenwart noch nicht ein einzig Mal geküsst. Das lohn’ ihm
Gott! Um des Respekts willen, den er vor dem Mädchen hat, muss ich ihn lieben.
Er will mir wohl, und ich vermute, das ist Lottens Werk mehr, als seiner eigenen
Empfindung: denn darin sind die Weiber fein und haben Recht; wenn sie zwei
Verehrer in gutem Vernehmen miteinander erhalten können, ist der Vorteil
immer ihr, so selten es auch angeht.
Am 4. Dezember.
Ich bitte dich – Siehst du, mit mir ist’s aus, ich trag es nicht länger! Heute saß
ich bei ihr – saß, sie spielte auf ihrem Klavier, mannigfaltige Melodien, und all
den Ausdruck! all! – all! – Was willst du? – Ihr Schwesterchen putzte ihre Puppen
auf meinem Knie. Mir kamen die Tränen in die Augen. Ich neigte mich und ihr
Trauring fiel mir in Gesicht – meine Tränen flossen – Und auf einmal fiel sie in die
alte himmelsüße Melodie ein, so auf einmal, und mir durch die Seele gehen ein
Trostgefühl, und eine Erinnerung des Vergangenen, der Zeiten, da ich das Lied
gehört, der düstern Zwischenräume des Verdrusses, der fehlgeschlagenen
Hoffnungen, und dann - - Ich riss mich von ihr weg, und – Gott! du siehst mein
Elend, und wirst es enden.
Am 6. Dezember.
(...) Was ist der Mensch, der gepriesene Halbgott! Ermangeln ihm nicht eben da
die Kräfte, wo er sie am nötigsten braucht? Und wenn er in Freude sich
aufschwingt, oder im Leiden versinkt, wird er nicht in beiden eben da
aufgehalten, eben da zu dem stumpfen kalten Bewusstsein wieder
zurückgebracht, da er sich in der Fülle des Unendlichen zu verlieren sehnte?
4. Ulrich Plenzdorf „Die neuen Leiden des jungen W.“
„ Leute, das konnte wirklich kein Schwein lesen. Beim besten Willen nicht.“ So
lautet das Urteil Edgar Wibeaus über „Die Leiden des jungen Werther“ von
Goethe. Seine Begründung lautete folgendermaßen:
„Das war nichts Reelles. Reiner Mist. Außerdem dieser Stil. Das wimmelte nur so
von Herz und Seele und Glück und Tränen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß
welche so geredet haben sollen, auch nicht vor drei Jahrhunderten.“ (Thomas
Siepmann, Lektürehilfen, Die Leiden des jungen Werther,S.5, Klett - Verlag )
Inhalt
Der Roman berichtet vom kurzen Leben des Lehrlings Edgar Wibeau, allerdings
nicht chronologisch. Er beginnt mit einer Zeitungsnotiz und drei Todesanzeigen
zu Edgars Tod. Nun versucht Edgars Vater, der die Familie früh verlassen hat,
durch Gespräche mit dessen Freunden und Bekannten, sich dem Leben seines
Sohnes zu nähern.
Edgar selbst gibt Kommentare aus dem Jenseits ab.
Edgar Wibeau hat nach einem Streit mit seinem Lehrmeister die Lehre
abgebrochen und geht mit seinem Freund Willi von Mittenberg nach Berlin, um
sich selbst zu verwirklichen. Während Willi bald wieder zurückgeht, bleibt Edgar
in der Laube eines Freundes. Er findet dort zufällig Goethes “Leiden des jungen
Werther“, ohne jedoch zu wissen, um welches Buch es sich handelt. Mit diesem
Buch kann er zunächst nichts anfangen, aber langsam beginnt ihn die Sprache zu
faszinieren und er macht sie zu seinem neuen „Code“. Er schickt seinem Freund
Willi Tonbandaufzeichnungen mit Werther-Zitaten.
Er lernt eine Kindergärtnerin mit Namen Charlie kennen, in die er sich verliebt.
Da sie aber bereits liiert ist, hat diese Beziehung keine Zukunft. Er beginnt in
einer Malerbrigade zu arbeiten, in der versucht wird, eine neue Farbspritze zu
entwickeln.
Er trennt sich endgültig von Charlie, die inzwischen mit Dieter verheiratet ist und
versucht nun allein und heimlich in seiner Laube, diese neue Farbspritze zu
entwickeln. Beim ersten Versuch, die selbstgebaute Maschine in Betrieb zu
nehmen, wird Edgar durch einen Stromschlag getötet.
Quelle: Manfred Eisenbeis: Ulrich Plenzdorf, Die neuen Leiden des jungen W.;
Klett-Lektürehilfen ; Klett- Verlag, Stuttgart
5. Vergleich Goethe und Plenzdorf
In der Wertheradaption „Die neuen Leiden des jungen W.“, erschienen 1972,
zeichnet Ullrich Plenzdorf das Leben des Edgar Wibeau nach, indem dieser aus
dem Jenseits erzählt, wie es zu seinem Tod gekommen ist. Da Edgar nicht nur
Rezipient von Goethes „Werther“ ist und diesen zu allen möglichen
Gelegenheiten zitiert, als seine „stärkste Waffe“ einsetzt sondern auch viele
Parallelen zu Werther aufweist, soll hier diskutiert werden ob und wiefern Edgars
Zugrundegehen vergleichbar mit dem Werthers ist.
Edgars Tod war nicht geplant.
Während Werther seinen Jenseitsfantasien mit Lotte nachhängt und sich sicher
ist, im Tod mit ihr vereint zu sein, dementsprechend Erlösung, Rettung und
Erfüllung all seiner Wünsche zu erlangen, hegt Edgar weder solche Fantasien,
noch will er sterben. Werthers Suizid erscheint ihm unnötig, für ihn selbst kommt
Selbstmord nicht in Frage. Im Gegenteil, aus dem Jenseits erklärt er, er habe
leben wollen, sein Tod sei ein „Unfall“ gewesen, also keinesfalls beabsichtigt.
Edgars Leben weist zwar viele Ähnlichkeiten mit dem Werthers auf, doch kann
Edgar Werther, und dessen Handeln, nur bedingt verstehen: Edgar liebt ebenso
wie Werther eine Frau, die bereits vergeben ist. Obwohl er anfänglich prahlt und
behauptet, er hätte bei Lotte alles versucht um sie für sich zu gewinnen,
erscheint ihm dies in der Realität mit Charlie nur schwer umsetzbar. Sicherlich
geht er forscher mit der Situation um, als Werther es bei Lotte tut, doch bricht
für ihn keine Welt zusammen, als ihm bewusst wird, dass er Charlie nie ganz für
sich haben kann. Nachdem Charlie ihn stehen lässt ist er zwar ‚am Boden wie
noch nie’, jedoch ist dies kein Anlass zum Tode.
Trotzdem stellt sich die Frage, inwiefern Edgars Tod nicht die einzige Möglichkeit
für ihn gewesen sein muss, so wie es auch für Werther die einzige Lösung war.
Vor allem die Tatsache, dass ein Toter spricht, lässt erahnen, dass er weder mit
der Situation, noch mit der im Leben zufrieden gewesen sein kann und deshalb
keine Ruhe findet. Somit lässt sich erahnen, dass Edgar nicht nur für die
Nachwelt, sondern auch für sich, verdeutlichen will, dass ein Überleben bzw. ein
Leben nach seinem persönlichen Scheitern nicht möglich gewesen wäre.
„Schätzungsweise war es am Besten so. Ich hätte diesen Reinfall sowieso nicht
überlebt. Ich war jedenfalls fast so weit, daß ich Old Werther verstand, wenn er
nicht mehr weiter konnte. (…) Aber ich wäre doch nie wirklich nach Mittenberg
zurück gegangen. (…) Ich war zeitlebens schlecht im Nehmen. Ich konnte einfach
nichts einstecken. Ich Idiot wollte immer der Sieger sein.“
Obgleich Edgar an seinem Leben hängt, stellt er ähnlich wie Werther in den
meisten Fällen sein Gefühl über die Vernunft („wollte immer Sieger sein“) und
lässt sich davon leiten. Diese Eigenschaft wird ihm zum Verhängnis, denn in der
Welt in der er lebt, zählt der Geniegedanke des Sturm und Drang nichts. Ebenso
wie Werther, ist Edgar nicht konform mit der Gesellschaft, dessen Teil er ist.
Sicherlich ist die DDR, ebenso wie Werthers soziales Umfeld für Werther selbst,
in erster Linie eine Selbstverständlichkeit. Allerdings prallen die Wünsche und
Vorstellungen beider Protagonisten ständig mit den Regel der Gesellschaft
aufeinander, was den Klimax in beider Tod darstellt.
URL: http://www.grin.com/de/e-book/134702/vergleich-des-zugrundegehenszwischen-goethes-werther-und-plenzdorf
6. Der „Werther“ Effekt
Der Begriff geht zurück auf das Auftreten einer „Suizidwelle“ nach der
Veröffentlichung von Goethes Roman Die Leiden des jungen Werthers im Jahr
1774 und seiner zahlreichen Nachahmungen (Wertheriaden). Dieses Phänomen
wurde in der Wissenschaft kontrovers diskutiert: Während einige Forscher von
einer Epidemie sprachen, verweisen andere auf die rückwirkend unzureichende
epidemiologische Erfassung. Durch Quellen belegt ist heute lediglich eine
zweistellige Anzahl von Suiziden, die nachweislich in Zusammenhang dieser
Buchpublikation standen.[1]
Einige der Suizidenten kleideten sich wie die Figur des Werther in der so
genannten Werther-Tracht (bestehend aus blauem Tuchfrack, gelber Weste,
Kniehosen aus gelbem Leder, Stulpenstiefeln und rundem, grauem Filzhut),
andere trugen bei ihrem Suizid Goethes Briefroman bei sich. Damals wurde vom
„Wertherfieber“ gesprochen. Goethe selbst hatte mit einer solchen Wirkung
seines Werkes nicht gerechnet. Er schrieb später: „So verwirrten sich meine
Freunde daran, indem sie glaubten, man müsse die Poesie in Wirklichkeit
verwandeln […] und sich allenfalls selbst erschießen: und was hier im Anfang
unter Wenigen vorging, ereignete sich nachher im großen Publikum“.
Quelle: wikipedia
7. Wenn Werther „getwittert“ hätte
Werther-Briefe
Brief vom 16.Juni
Werther-Tweets
Wie ich mich unter dem Gespräche in
den schwarzen Augen weidete! Wie die
lebendigen Lippen und die frischen
munteren Wangen meine ganze Seele
anzogen! Wie ich, in den herrlichen
Sinn ihrer Rede ganz versunken, oft
gar die Worte nicht hörte, mit denen
sie sich ausdrückte! – davon hast du
keine Vorstellung.
Brief vom 16.Juni
Lotte ist mir seelenverwandt. Hab sie
den ganzen Tag angestarrt. Haben
sogar geredet. Bin 100%ig sicher, dass
wir zusammengehören.
Wer ist Albert? Sagte ich zu Lotten,
wenn’s nicht Vermessenheit ist zu
fragen… Wie soll ich’s Ihnen leugnen,
sagte sie, indem sie mir die Hand zur
Promenade bot. Albert ist ein braver
Mann, dem ich so gut als verlobt bin.
Brief Werthers an Albert
Sie ist einem Bravmann namens Albert
versprochen. Was ist AL nur für ein
Name?
Wollten Sie mir wohl zu einer
vorhabenden Reise Ihre Pistole
leihen? Leben Sie recht wohl!
@Albert: Hey Bro. Ich geh auf Reisen.
Kannst du mir Pistolen schicken?
Danke.
Quelle: Aciman, Alexander; Rensin, Emmett: Twitteratur, Weltliteratur in 140
Zeichen. München: Sanssouci im Carl Hanser Verlag 2011 S.104 – 106
7. Über die Liebe
„Pah!, sagte Goethe lachend, als ob die Liebe etwas mit Verstande zutun hätte!
Wir lieben an einem jungen Frauenzimmer ganz andere Dinge als den Verstand.
Wir lieben an ihr das Schöne, das Jugendliche, das Neckische, das Zutrauliche,
den Charakter, ihre Fehler, ihre Kapricen, und Gott weiß was alles
Unaussprechliche sonst ; aber wir lieben nicht ihren Verstand. Ihren Verstand
achten wir, wenn er glänzend ist, und ein Mädchen kann dadurch in unsern
Augen unendlich an Wert gewinnen. Auch mag der Verstand gut sein, uns zu
fesseln, wenn wir bereits lieben. Allein der Verstand ist nicht dasjenige, was fähig
wäre, uns zu entzünden und eine Leidenschaft zu wecken.“,
Brief an Eckermann, 2.1.1824
Textstelle aus der Dortmunder Fassung
...Sie sieht mich lächelnd an, hebt einen drohenden Finger auf und nennt den
Namen Albert zweimal im Vorbeifliegen mit viel Bedeutung.
W: Wer ist Albert? - wenn's nicht Vermessenheit ist zu fragen.
L: Was soll ich's Ihnen leugnen, Albert ist ein braver Mensch, dem ich so gut als
verlobt bin.
W: Nun war mir das nichts Neues und war mir doch so ganz neu- .
L: Der Tanz war noch nicht zu Ende, als ein Donner die Musik überstimmte. Die
Unordnung wurde allgemein, und die Musik hörte auf. Es ist natürlich, wenn uns
ein Unglück oder etwas Schreckliches im Vergnügen überrascht, dass es stärkere
Eindrücke auf uns macht als sonst, teils wegen des Gegensatzes, teils und noch
mehr, weil unsere Sinne einmal der Fühlbarkeit geöffnet sind.
W: Ich konnte ihr nichts antworten.
Goethe über » Die Leiden des jungen Werthers«
„Heute geh ich. Komm ich wieder, / Singen wir ganz andre Lieder. / Wo so viel
sich hoffen lässt, / Ist der Abschied ja ein Fest.“, Sprichwörtlich
Erarbeitung des Materials Sarah Jasinszczak (Theaterpädagogin Schauspiel)