Rückblick in die Medien Rückblick in die Medien

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Rückblick in die Medien Rückblick in die Medien
PRESSESCHAU
Rückblick
inMedien
die Medien
Rückblick in die
urden die Themen Lebensende,
Sterben und Tod in der Medienlandschaft vor dreißig bis fünfzig Jahren
eher seltener gesichtet, so haben Journalisten diese Themen inzwischen mehr und
mehr entdeckt, sei dies für psychologisch
feinfühlige Abhandlungen, aber leider auch
für Beiträge des Skandal-Journalismus.
Medien sind die modernen Waffen der
Neuzeit. Wo im Mittelalter Übeltäter oder
solche, die dafür gehalten wurden, auf dem
Marktplatz ausgestellt und bespuckt werden durften, ist der Pranger heute noch öffentlicher und weitläufiger geworden –
dank Massenmedien und Internet. Die
Themen im Fokus der DGHS-Zielsetzung
bleiben gefährdete Sektoren öffentlicher
Wahrnehmung. Wer stirbt, sollte abgeschirmt sterben dürfen, des Privaten nicht
beraubt – andererseits aber auch nicht zur
Einsamkeit im Sterben isoliert. Auf das
rechte Maß kommt es an. Die folgenden
Beiträge sind aus einer Rückschau dieser
Rubrik entstanden und sollen wie Sternschnuppen sein – in Erinnerung an Leuchtspuren des Journalismus aus den vergangenen 10 Jahren der DGHS.
‹ PATIENTENVERFÜGUNG
ARCHIVIEREN LASSEN
Die Deutsche Gesellschaft für Humanes
Sterben (DGHS) bietet seit Juli bundesweit die kostenlose Archivierung von Patientenverfügungen (...) an. Jeder Bürger
kann nun seine persönliche Patientenverfügung bei der DGHS hinterlegen.
[Quelle: Rotenburger Rundschau,
10.10.1999, HLS 2000-1, S. 9]
‹ REGELUNGSBEDARF
In den Niederlanden dürfen Ärzte künftig
unheilbar Kranken die Todesspritze geben. „Dieser Beschluss des niederländischen Parlaments zwingt uns in Deutschland jetzt zu einer Antwort“, sagt die
SPD-Rechtsexpertin Margot v. Renesse.
Aktive Sterbehilfe aber lehnt sie rundweg ab. (...) Priorität müsse ein humanes
Leben bis zum Tod haben.
[Quelle: Hamburger Abendblatt,
3.1.2001, HLS 2001-2, S. 9]
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Bild: Schobert
W
Medien sind die modernen Waffen. Noch heutzutage gibt es in Deutschland ächtende Medien, die
beispielsweise gezielt das Wort vom „Selbstmord“ verwenden, auch wenn es längst kein Geheimnis
mehr ist, dass zum „Mord“ andere Kriterien Voraussetzung sind.
‹ DGHS FORDERT MEHR GELD
FÜR PFLEGEBEDÜRFTIGE
Gesellschaft beklagt „inhumane“
Bedingungen
Zusätzliche zwei Milliarden Euro für Pflegebedürftige fordert die Gesellschaft für
Humanes Sterben (DGHS). Deutschland
müsste nicht nur den Terror politischer
und religiöser Fanatiker mit Milliardensummen verhindern, sondern auch den
„Terror in Alten- und Pflegeheimen im eigenen Land“, so der DGHS-Vorstand.
[Quelle: Altenpflege Fachmagazin, Januar 2002, HLS 2002-2, S. 18]
‹ „DIE HEIMLICHTUEREI IST
DAS SCHLIMMSTE“
Befürworter der aktiven Sterbehilfe
suchen nach Wegen zur Legalisierung
(...) Nicht erst seit dem Freitod von Hannelore Kohl beschäftigt auch in Deutschland das freiwillige Ableben von Schwerkranken die Öffentlichkeit. Die Deutsche
Gesellschaft für Humanes Sterben
Humanes Leben · Humanes Sterben 2010/11 Sonderausgabe
(DGHS) hat das Ziel, dies zu vereinfachen.
Bei einem Vortrag in Stuttgart bezeichnete
Elke Ehrenfeld, Präsidiumsmitglied der
DGHS, ein humanes Sterben als „Bürgerrecht“. [Quelle: Stuttgarter Nachrichten,
16.7.2002, HLS 2002-4, S. 18]
‹ „ES GIBT EINE GANZE
MENGE ZU BEREDEN“
Die Meinungsführer in Deutschland bleiben dabei: Kein Gesprächsbedarf! Die
DGHS ist der Meinung, dass es im deutschen Sterbealltag eine ganze Menge zu
bereden gäbe: Über menschenunwürdige
Bedingungen in Alten- und Pflegeheimen;
über Magensonden, die gegen den Willen
des Betroffenen gelegt werden; über ungewollte Amputationen kurz vor dem Ableben oder über die zweifelhafte Auslegung, eine Patientenverfügung werde erst
im Sterbeprozess relevant. Über Grauzonen und Missbrauchsgefahren (...), über
ärztliche Suizidbeihilfe für jene, die über
„Beziehungen“ verfügen – und ja, zu aller-
allerletzt auch über die aktive direkte Sterbehilfe für seltene Extremfälle.
[Quelle: Braunschweiger
Zeitung, 27.1. 2004, HLS 2004-3, S. 37]
‹ STERBEN IN PFLEGEHEIMEN
Fast jeder dritte Hochaltrige stirbt in Alten- oder Pflegeheimen unter Verhältnissen, die unseren Vorstellungen vom Leben und seinem Ende nicht entsprechen.
[Quelle: Care konkret, 22.7.2005,
HLS 2005-4, S. 60]
‹ DEM WILLEN ENTSPRECHEN
FDP-Chef Guido Westerwelle sprach sich
für aktive Sterbehilfe in einem sehr engen
Bedingungsrahmen aus. Westerwelle sagte
zum Thema Sterbehilfe: „ Meine ganz persönliche Position wäre, dass wenn dieser
Wille hart und gefestigt ist und das unter
strenger Kontrolle geschieht, dass man
dann diesem Willen entsprechen sollte.“
Die Deutsche Gesellschaft für Humanes
Sterben (DGHS) verwies auf ein verfassungsrechtlich festgeschriebenes Verfügungsrecht der Menschen über das eigene
Leben. Dieses stehe über Kirchen-, Ärzte-, Politiker- und Medienmeinungen.
[Quelle: Offenbach
Post, 2.4.2005, HLS 2005-3, S. 37]
‹ GESETZ GEFORDERT
Der Präsident der Deutschen Gesellschaft
für Humanes Sterben (DGHS), KarlHeinz Wichmann, fordert dringend eine
gesetzliche Regelung der so genannten
Patientenverfügung und damit der Sterbehilfe.
[Quelle: Die Welt, 22.6.2005,
HLS 2005-4, S. 60]
‹ DANKBAR FÜR ALTERNATIVEN
Er ist der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS)
und Verfechter der Möglichkeit zum Freitod, festgelegt und abgesichert durch eine
Patientenverfügung. (...) Er bereist die
ganze Republik, um mit Vorträgen, Einzel- und Gruppengesprächen über die For-
‹ WAS WÜRDIG IST,
BESTIMMT JEDER SELBST
Für ein würdevolles, selbstbestimmtes
Sterben in Würde plädierte dagegen KarlHeinz Blessing, Kontaktstellenleiter der
„Gesellschaft für Humanes Sterben.“
Selbstbestimmung sei ein zentrales Element der Menschenwürde und – so zitierte Blessing einen Verfassungsrechtler –,
„Menschenwürde schützt den Menschen
auch davor, Objekt der MenschenwürdeDefinition anderer zu werden.“
[Quelle: ngz-online, 8.5.2008,
HLS 2008-3, S. 34]
‹ PREIS DER DGHS
Richard Herzinger, „Zeit“-Redakteur und
„Tagesspiegel“-Autor, erhielt am gestrigen Samstag in Augsburg den mit 5 000
Euro dotierten Arthur-Koestler-Preis der
Deutschen Gesellschaft für Humanes
Sterben für seinen „Zeit“-Beitrag „Der
belgische Tod“. Herzinger, so die Jury,
‹ RAZZIA BEI KUSCH
Bild: Archiv
‹ TALK VOR ORT
Diskussion im Hessischen Fernsehen in
der Sendung „Talk vor Ort“ mit einem
Vertreter der DHS, DGHS-Geschäftsführer Dr. Schobert und der früheren
Vorsitzenden der Enquete-Kommission
„Recht und Ethik der modernen Medizin“, Margot von Renesse (MdB).
[Quelle: Hessischer Rundfunk,
7.4.2005, HLS 2005-3, S. 7]
ren, forderte Ehrenfeld. (...) Neben dieser
Möglichkeit zur Selbstbestimmung müsste
es ihrer Ansicht nach auch mehr Palliativmedizin und Hospize geben.
[Quelle: Deutschlandradio, 9.11. 2007,
HLS 2008-1, S. 37]
derungen seines Vereins zum „Selbstbestimmungsrecht in der letzten Lebensphase“ zu informieren. (...) „Ich gebe Hilfestellung. Die Menschen sind immer froh
und dankbar, wenn sie Alternativen zu einem langsamen und schmerzhaften Tod
erfahren haben.“
[Quelle: Kieler Nachrichten,
16.7.2007, HLS 2007-4, S. 47]
Richard Herzinger erhielt den Arthur-KoestlerPreis 2002.
habe gezeigt, was in Diskussionen zur
Sterbehilfe oft untergeht: „Selbstbestimmung angesichts unbesiegbaren Leidens
ist ein fundamentaler Wert, der allen Menschen gemeinsam ist und den alle Menschen gleichermaßen achten sollten. Für
sich selbst und für andere.“
[Quelle: Der Tagesspiegel, 10.11.2002,
HLS 2003-1, S.37]
‹ TRAURIGER FALL
Elke Ehrenfeld, Präsidiumsmitglied der
Gesellschaft, sagte im Deutschlandradio
Kultur, Dignitas schade den Bemühungen
der DGHS und erschwere die Arbeit anderer Organisationen in der Schweiz. (...)
Es mache sie traurig, „dass todkranke
Menschen lieber in die Schweiz reisen,
um im Auto zu sterben als in Deutschland weiterzuleben“, erklärte Ehrenfeld.
(...) Die Politiker in Deutschland müssten
auf die Not todkranker Menschen reagie-
Nach der Sterbehilfe für fünf Menschen
hat die Staatsanwaltschaft zweimal Büro
und Wohnungen des früheren Hamburger
Justizsenators Roger Kusch durchsucht.
„Wir ermitteln wegen des Anfangsverdachts eines Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz“, sagte Staatsanwalt Wilhelm
Möllers am Samstag der Deutschen
Presse-Agentur.
[Quelle: Augsburger
Allgemeine, 1.12.2008, HLS 2009-1, S. 36]
‹ MEDIZINRECHTLER FÜR
ÄRZTLICHE SUIZIDBEIHILFE
Bei einer Anhörung des Deutschen Ethikrates forderte der Mannheimer Medizinrechtler Jochen Taupitz gestern in Berlin,
ärztlich unterstützte Sterbehilfe zuzulassen. Mediziner seien am besten in der
Lage, die psychische Verfassung von Sterbewilligen zu beurteilen und für eine sachgerechte Durchführung des Suizids zu sorgen.
[Quelle: Berliner Zeitung,
23.1.2009, HLS 2009-2, S. 39]
‹ GESETZ REGELT
PATIENTENVERFÜGUNG
Nach dem (...) im Bundestag beschlossenen neuen Gesetz zur Verbindlichkeit von
Patientenverfügungen sind Ärzte in Zukunft verpflichtet, diese zu befolgen. Haben Patienten für den Fall, dass sie sich
nicht mehr selber äußern können, ihren
Willen vorab formuliert, müssen Ärzte
und Betreuer dem nun grundsätzlich
nachkommen.
[Quelle: Süddeutsche
Zeitung, 19.6.2009, HLS 2009-4, S. 19]
Humanes Leben · Humanes Sterben 2010/11 Sonderausgabe
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AKTUELLE PRESSESCHAU
Blick
in
die
Medien
Blick in die Medien
‹
SCHWEDENS SOZIALBEHÖRDE ERLAUBT
STERBEHILFE
Stockholm - Beinahe unbeachtet von der
Öffentlichkeit hat Schweden die passive
Sterbehilfe legalisiert und zwar nicht per
Gesetz, sondern auf dem Amtsweg. Nach
einem Beschluss der Sozialbehörde ist es
zurechnungsfähigen Patienten nun erlaubt, den Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme zu fordern.
[Quelle: taz, 27.5.2010]
‹
DER TOD ALS
ERLÖSUNG
Der Anwalt Wolfgang Putz kämpft seit
Jahren für das Recht der Patienten auf
ein würdiges Sterben. Jetzt steht er selbst
vor Gericht und kurz vor dem Ziel.
[Quelle: Die Zeit, 27.5.2010]
‹
BGH-PROZESS UM
STERBEHILFE –
FREISPRUCH GEFORDERT
Im Prozess um Grundsatzfragen der Sterbehilfe vor dem Bundesgerichtshof (BGH)
stehen die Zeichen gut für den Angeklagten: Sowohl die Verteidigung als auch die
Bundesanwaltschaft haben in der mündlichen Verhandlung am Mittwoch auf Freispruch plädiert. Der angeklagte Rechtsanwalt Wolfgang Putz hatte seiner Mandantin
geraten, den Schlauch der Magensonde
durchzuschneiden, über den ihre im Koma
liegende Mutter versorgt wurde. Ein Urteil
soll am 25. Juni verkündet werden.
[Quelle: Der Stern, 2.6.2010]
‹
GRUNDSATZURTEIL
ZUR STERBEHILFE
Es ist ein Grundsatzurteil zur Sterbehilfe:
Der Bundesgerichtshof spricht den Anwalt
frei, der seiner Mandantin geraten hatte,
den Ernährungsschlauch für ihre Mutter
durchzuschneiden. Jetzt haben Ärzte und
Patienten mehr Klarheit. Als „Etappensieg in dem Kampf um humanere Sterbebedingungen“ bezeichnete die Vorsitzende
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der Deutschen Gesellschaft für Humanes
Sterben (DGHS), Elke Baezner, die Entscheidung. (...) „Das Urteil ist völlig logisch“, kommentiert DGHS-Vizepräsident
Gerhard Rampp das BGH-Urteil. „Der
Gesetzgeber kann nicht einerseits mit dem
Patientenverfügungsgesetz das Recht einräumen, lebensverlängernde Maßnahmen
abzulehnen, aber andererseits nicht gestatten, bereits eingeleitete lebensverlängernde
Maßnahmen zu beenden.“ Die DGHS
setzt sich seit langem für die Rechtssicherheit von Patienten, Ärzten, Pflegepersonal
und Angehörigen ein.
[Quelle: www.news.de, 25.6.2010]
‹
DEUTSCHE HOSPIZSTIFTUNG: „MISSBRAUCH
WIRD DIE TÜR GEÖFFNET“
Die Deutsche Hospizstiftung mahnt anlässlich des Urteils, „dass nicht alles, was
straflos bleibt, auch geboten ist“, sagt Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand.
Die Stiftung moniert, das Gericht habe
nicht erkannt, „dass über allem der Wille
des Patienten steht“. Ohne Patientenverfügung dürften lebenserhaltende Maßnahmen nur eingestellt werden, wenn der Betroffene früher „glasklar“ gesagt hat, was er
will und was nicht. Sonst werde „dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet.“
[Quelle: Ärzte Zeitung, 28.6.2010]
‹
URTEIL IM SINNE
DER DGHS
Karl-Heinz Blessing in einem Fernsehinterview auf phoenix in der Sendung
„Der Tag“
Moderatorin: „Herr Blessing, ist das Urteil,
das heute gesprochen wurde, ein Urteil
das in Ihrem Sinne ist?“
Blessing: „Ja, ganz eindeutig, weil hier der
Wille des Patienten gestärkt wird und das
Urteil deutlich sagt, dass die Entscheidung
darüber, in welchem Zustand ich noch leben will oder nicht, ausschließlich beim
Betroffenen liegt.“ (...)
[Quelle: Interviewauszug aus der Sendung „Der Tag“, phoenix, 25.6.2010]
Humanes Leben · Humanes Sterben 2010/11 Sonderausgabe
‹
PATIENTENRECHT
WIRD BETONIERT
‹
BUNDESGERICHT KIPPT
DIE EXIT-VEREINBARUNG
Für die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben ein wichtiges Urteil. „Mit diesem Urteil wird das Patientenrecht betoniert. Der Patientenwille ist damit
wichtiger einzustufen als die Gewissensfreiheit der Ärzte und der Pflegenden“, so
Präsidentin Elke Baezner gegenüber
BILD.de.
[Quelle: Auszug aus: „Wann dürfen Todkranke sterben“, Bild.de, 25.6.2010]
Das Bundesgericht hat die Vereinbarung
über die organisierte Sterbehilfe zwischen
der Zürcher Staatsanwaltschaft und Exit
für nichtig erklärt. (...) Die Sterbehilfeorganisation Exit Deutsche Schweiz und die
Zürcher Oberstaatsanwaltschaft hatten
2009 in einer Vereinbarung die Grundsätze
der organisierten Suizidhilfe geregelt.
Darin wurden die Voraussetzungen für die
Gewährung von Sterbehilfe fixiert und der
Ablauf der Freitodbegleitung festgelegt.
[Quelle: Neue Zürcher Zeitung, 16.6. 2010]
‹
STREITFRAGE: SOLLTE
DIE AKTIVE STERBEHILFE
GESETZLICH ERLAUBT WERDEN?
Willkürliche Grenzen der Gesetzgebung
Der Tod gehört zum Leben. Das gilt nicht
nur für jeden Einzelnen, sondern auch für
unsere Gesellschaft. Auch sie muss immer
wieder prüfen, wie sie mit den Sterbenden
umgeht. Gestorben wird nicht im rechtsfreien Raum. Gesetze können menschliche
Zuwendung weder verordnen noch sie ersetzen. Aber jeder, der sterbenden Angehörigen oder Freunden helfen will, sollte
vorab wissen (können), wie weit seine
Hilfe gehen darf und an welche Regeln er
sich zu halten hat. In einer demokratischen
Gesellschaft sind das vor allem die Selbstbestimmung des Sterbenden und dessen
Würde. Das Recht auf eine angemessene
Schmerzbehandlung nach umfassender
Betreuung und der Freiheit zur Selbstbe-
stimmung im Sterben haben ihren jeweils
eigenen Sinn. Sie sind nicht gegeneinander aufrechenbar, etwa in der Art, dass wer
mehr Hospize und mehr Schmerzbehandlung erhält, weniger Selbstbestimmung
brauche.
[Quelle: Prof. Dr. Rosemarie
Will, in: Neues Deutschland, 30.7.2010]
‹
ÄRZTE BEREIT ZUR
HILFE BEIM SUIZID
BERLIN (fst). Ärzte in Deutschland sind
viel stärker als angenommen bereit, einem
Patienten beim Sterben zu helfen. Das geht
aus einer repräsentativen Umfrage unter
527 Ärzten in Klinik und Praxis im Auftrag
der Bundesärztekammer hervor. 37 Prozent der Ärzte können sich vorstellen, einem Patienten tödliche Medikamente zur
Verfügung zu stellen, um seinen Suizid zu
unterstützen. 61 Prozent der Befragten lehnen das ab. Damit steht die offizielle, sehr
restriktive Haltung der BÄK zur Sterbehilfe in einem Gegensatz zur Ansicht einer – großen – Minderheit unter Ärzten. Jeder vierte Arzt hält es sogar für
möglich, aktive Sterbehilfe zu leisten, indem er etwa einem Patienten ein tödliches
Medikament verabreicht. In den „Grundsätzen der BÄK zur ärztlichen Sterbehilfe“
dagegen wird ein solches aktives Tun kategorisch als „unärztlich“ verurteilt. Dass die
Umfrageergebnisse seit dem Herbst vergangenen Jahres vorliegen, aber nicht veröffentlicht wurden, verdeutlicht ihr innerärztliches Streitpotenzial. Denn bislang
steht die offizielle Standesethik in starkem
Gegensatz zur Ansicht der Bürger: 58 Prozent der in einer Allensbach-Umfrage
interviewten Menschen befürworten aktive Sterbehilfe, 19 Prozent sind dagegen,
23 Prozent unentschieden. Für BÄK-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe ist der überraschend hohe Zustimmungsgrad zur Sterbehilfe unter Ärzten Zeichen ihrer
„Verunsicherung“.
[Quelle: Ärzte Zeitung, 16.7.2010]
‹
BALDIGE ZULASSUNG
CANNABISHALTIGER
MEDIKAMENTE
Berlin – Die geplante Zulassung cannabishaltiger Medikamente für Schwerstkranke
stößt bei Experten auf Zustimmung. „Es ist
an der Zeit, Cannabis aus der Schmuddelecke zu holen”, sagte der Präsident der
Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie, der Göppinger Schmerzmediziner Ger-
hard Müller-Schwefe.
[Quelle: Deutsches Ärzteblatt, 18.9.2010]
‹
ÄRZTLICH ASSISTIERTER
SUIZID – KEINER STIRBT
FÜR SICH ALLEIN
Immer noch gilt der assistierte Suizid als
unvereinbar mit dem ärztlichen Ethos.
Aber wird ein Ausbau der Palliativmedizin
ausreichen, um bei Schwerstkranken alle
Wünsche nach Lebensverkürzung aus der
Welt zu schaffen? Antworten liefert der
Gastbeitrag von Palliativmediziner Professor Gian Domenico Borasio in der heutigen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung.
[Quelle: Süddeutsche Zeitung, 3.8.2010]
‹
STUDIE ZEIGT GROSSE
DEFIZITE BEI VERSORGUNG STERBENSKRANKER
Rettungsstelle des Klinikums Am Urban in
Berlin.
[Quelle: Deutsches Ärzteblatt, 21.7.2010]
‹
CANNABIS KÜNFTIG AUF
REZEPT ERHÄLTLICH
Künftig können Ärzte schwerkranken Patienten Cannabis zur Therapie ihrer Leiden
verschreiben. Wie Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler mitteilte, beschlossen
die Regierungspartner aus Union und FDP
eine entsprechende Änderung des Betäubungsmittelgesetzes.
[Quelle: ARD-Tagesschau, 18.9.2010]
‹
GÖTTINGER MEDIZINRECHTLER KRITISIERT
GEPLANTES WERBEVERBOT
FÜR BEIHILFE ZUM SUIZID
Von einer flächendeckend funktionierenden ambulanten Begleitung sterbenskranker Menschen ist Deutschland noch weit
entfernt. Dies legt eine aktuelle Studie zur
Organisation und Praxis von Sterbebegleitungen in der ambulanten Hospizarbeit
nahe, die der „Ärzte Zeitung“ vorliegt.
[Quelle: Ärzte Zeitung, 4.8.2010]
Ein im Bundesrat derzeit diskutierter Gesetzentwurf, der ein Werbeverbot für die
Beihilfe zum Suizid vorsieht, stößt auf
Widerstand: „Gegen dieses Vorhaben bestehen gravierende rechtliche Bedenken“,
erklärte der Rechtswissenschaftler Gunnar Duttge, Leiter des Zentrums für Medizinrecht der Universität Göttingen.
[Quelle: Deutsches Ärzteblatt, 8.6.2010]
‹
‹
SCHWEIZ – STERBEHILFEVORSCHLÄGE WERDEN
ÜBERARBEITET
PALLIATIVMEDIZINER
KRITISIEREN SUIZIDHILFEBEREITSCHAFT
Bern - Justizministerin Eveline WidmerSchlumpf will die bundesrätlichen Vorschläge zur Regelung der Sterbehilfe nochmals überdenken. In der Vernehmlassung
waren die Vorschläge – eine strenge Reglementierung oder ein Verbot von Sterbehilfeorganisationen – auf breite Ablehnung gestoßen.
[Quelle: Baseler Zeitung, 8.8.2010]
Palliativmediziner sind über die hohe Bereitschaft zur Sterbehilfe in der Ärzteschaft
empört. Eine Umfrage der Bundesärztekammer hatte ergeben, dass für ein Viertel
der Ärzte aktive Sterbehilfe infrage käme.
Durch Hospizarbeit und Schmerztherapie
sei die aktive Tötung von Patienten aber
völlig überflüssig, urteilt die Deutsche Palliativ-Stiftung. Der Wunsch zur Lebensverkürzung werde oft aus Unkenntnis über
Möglichkeiten der Schmerztherapie geäußert, sagt Vorsitzender Thomas Sitte.
[Quelle: Ärzte Zeitung, 20.7.2010]
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BERLINER ARZT
FÜR STERBEHILFE
Der Berliner Mediziner Michael de Ridder
plädiert in Extremfällen für Sterbehilfe
durch Ärzte. Wenn Mediziner nichts mehr
gegen die Leiden von Patienten unternehmen könnten, hätten die Kranken ein Anrecht auf ärztliche Beihilfe zum Suizid, erklärte de Ridder in einem Gastbeitrag für
die Wochenzeitung „Die Zeit“ vom Donnerstag. Dabei gehe es allein darum, die
Autonomie der Patienten zu respektieren.
De Ridder ist Buchautor und Chefarzt der
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BRAUCHITSCH NAHM
SICH DAS LEBEN
Der frühere Flick-Manager Eberhard von
Brauchitsch und seine Frau sind freiwillig
aus dem Leben geschieden. (...) Nach Angaben von „Bild“ wurde der Freitod von
der Schweizer Sterbehilfeorganisation
„Exit“ unterstützt.“ [Quelle: Frankfurter
Rundschau, 10.9.2010]
Humanes Leben · Humanes Sterben 2010/11 Sonderausgabe
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