Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident

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Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident
Nationalrat, XXIV. GP
13. Juni 2013
207. Sitzung / 1
12.59
Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister!
Herr Staatssekretär! Herr Bundesminister! Eines, glaube ich, kann man schon sagen:
Sie haben die letzte Woche eine hervorragende Medienarbeit geleistet. Aber in
Anbetracht dessen, dass Sie, Herr Minister, einem wirklich wichtigen Ministerium
vorstehen, ist es, glaube ich, auch notwendig, dass Sie manchmal Entscheidungen
treffen, die dem Wohle der Republik, dem Wohle unserer Soldaten dienen und nicht
nur dem Mainstream und die keine Medienauftritte nach sich ziehen.
39 Jahre lang Friedenseinsätze auf den Golanhöhen – 39 Jahre österreichische
Geschichte. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, denken wir einmal zurück: Wir sind
seit 1979 Standort der UNO in Wien. Die United Nations haben einen Standort in Wien
errichtet – was denkt ihr eigentlich, warum? Welche stolze Rolle hat Österreich einmal
weltweit gespielt? Österreich war wirklich ein Vorbild im gesamten Nahen Osten.
Österreich war weltweit ein Friedensvermittler. Und wo sind wir jetzt, dank dieser
Bundesregierung? (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)
Eines muss man schon sagen: Wenn es visionäre österreichische Politiker zustande
gebracht haben, dass wir auf den Golanhöhen vertreten sind, und wenn – wie wir
heute gehört haben – die Situation wirklich so gefährlich, so brisant wäre, dann, Herr
Bundesminister Klug und Herr Staatssekretär Lopatka, erklären Sie mir bitte eines: Wie
können Sie es verantworten, dass Sie sich jetzt mit dem Abzug sechs Wochen Zeit
lassen? Sie widersprechen sich ja da in einer Tour. (Beifall beim BZÖ.)
Wenn heute ein Herr ÖVP-Parteiobmann und ein Verteidigungsminister eine
sogenannte Pyjama-Politik betreiben und man Herrn Ban Ki-moon um 6 Uhr in der
Früh aus dem Bett läutet, um ihm mitzuteilen, dass die Situation so gefährlich ist, dass
man sofort abziehen muss, dann, glaube ich, brauchen wir nicht mehr
weiterzudiskutieren. Wenn die Situation wirklich eskaliert wäre, dann hätten wir die
richtigen Schritte gesetzt, und wir hätten einen Konsens erzielt.
Aber nein! Jetzt, haben wir gehört, kommen die Fidschi-Inseln auf die Golanhöhen. Ich
kann euch nur sagen, bei diesem „Fidschigogerl-Klub“ kann dann Herr Spindelegger
als Obmann fungieren. Das, glaube ich, hat der Ruf und der Einsatz aller
österreichischen Soldaten der letzten Jahre nicht verdient.
Herr Kollege Öllinger, wenn du hier den Kollegen Scheibner massiv kritisierst, verstehe
ich dich nicht, denn Kollege Scheibner hat das wirklich ohne jede Polemik, fachlich
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fundiert vorgetragen. Dass du nun hergehst und versuchst, alles zu verdrehen, ist
einfach nicht richtig. – Das ist der falsche Weg.
Wir sollten uns auch viel mehr Gedanken darüber machen, was mit dem Ruf unserer
Republik Österreich passiert. Diesen Ruf haben wir den 40 Jahren hervorragender
Arbeit und den Tausenden Soldaten, die dort ihren Dienst geleistet haben, zu
verdanken.
Ich glaube, Herr Klug, wenn Sie Ihre Arbeit wirklich ernst genommen hätten und wenn
Sie die Situation richtig eingeschätzt hätten, dann hätte man auch einen Weg
beschreiten können, bei dem man gemeinsam mit dem Außenministerium arbeitet und
bei dem der Außenminister, wie im Mandat festgeschrieben, 90 Tage vor Abzug
informiert. Dann hätte es keiner Pyjama-Politik bedurft. (Abg. Riepl: Ein höheres
Niveau Ihrer Rede wäre schön!) – Das Niveau meiner Rede können Sie gerne
beanstanden, aber eines sage ich Ihnen: Ich habe mit den Soldaten gesprochen, und
das Niveau Ihrer Politik, haben mir Soldatinnen und Soldaten gesagt, ist zum – das
Wort gebrauche ich jetzt nicht! (Beifall beim BZÖ.)
Wenn Sie sich jetzt hier groß aufführen und alles verteidigen, was diese
Bundesregierung macht, den Namen unserer Republik Österreich international
lächerlich machen und dann noch mit solchen Kommentaren kommen, ist das wirklich
traurig, Herr Riepl, und es zeigt, was Sie von Sicherheitspolitik und von Außenpolitik
verstehen.
Ich glaube, dass wir, wenn wir uns jetzt schon von den Golanhöhen verabschieden –
und ich werde da auch einen entsprechenden Antrag einbringen –, wirklich gemeinsam
versuchen sollten, zu retten, was zu retten ist, und dass wir endlich eine Politik machen
sollten, die auf die Erfordernisse eingeht.
Nur ganz kurz zur ganzen Eskalation: Ganz unschuldig sind wir ja alle nicht. Ich kann
mich noch erinnern, wie ein Herr Schüssel, im Außenpolitischen Ausschuss neben mir
sitzend, davon gesprochen hat, dass dieser Arabische Frühling die Chance der
Demokratie ist. Ja bitte, das BZÖ hat damals schon gewarnt. Das BZÖ hat das genau
vorausgesehen, und leider haben wir recht behalten. (Abg. Amon: Habt ihr eine
Glaskugel, oder wie?)
Deswegen darf ich euch jetzt ersuchen, dass ihr unseren Antrag wirklich ernst nehmt
und dass ihr diesem zustimmt.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Scheibner, Bucher, Widmann und Huber
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Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, die österreichischen Truppen
aus dem Golan nicht überstürzt und aus innenpolitischen Motiven abzuziehen, sondern
zuerst die Lage nochmals zu prüfen und auf die UN-Institutionen und insbesondere auf
die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates einzuwirken, damit diese eine
Verbesserung des Mandates – auch im Sinne der von Österreich im UN-Sicherheitsrat
eingebrachten Resolution 1894 (Protection of Civilians) – und damit der
Wirkungsmöglichkeiten der Truppe vor Ort herbeiführen.
Sollte dies nicht binnen der nächsten drei Monate möglich sein oder ein direkter
militärischer Angriff eine tatsächliche Gefährdung der Truppe bedeuten, die diese nicht
mehr beherrschen kann, wäre ein Abzug neuerlich im Nationalen Sicherheitsrat zu
beraten und dann die Entscheidung zu treffen.“
*****
Wir meinen damit eine besonnene Entscheidung – und nicht eine Pyjama-Politik, eine
Politik, die nur durch wahltaktische Gründe motiviert ist. Dafür sind wir uns doch alle zu
schade! (Beifall beim BZÖ.)
13.06
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist
ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Antrag
der Abgeordneten Scheibner, Bucher, Mag. Widmann, Huber, Kollegin und Kollegen
betreffend Mandat des österreichischen UNDOF-Kontingents
eingebracht im Zuge der Debatte zum TOP 1 (Bericht des Außenpolitischen
Ausschusses über den Antrag 2315/A(E) der Abgeordneten Angela Lueger, Werner
Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die dramatische Situation in Syrien
und deren Auswirkungen für die Region und auch für Europa (2422 d.B.))
Die Entscheidung der österreichischen Bundesregierung, das Mandat der
österreichischen Blauhelme auf den syrischen Golan-Höhen zu beenden hat nun nach
der Kritik von Seiten des BZÖ auch zu internationaler Kritik geführt.
Hatte der für Geheimdienste zuständige israelische Minister Juwal Steinitz zum Abzug
der Österreicher noch gesagt: „Wir sehen jetzt, was die österreichischen Streitkräfte
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auf den Golan-Höhen wert sind. Israel kann ausländischen Kräften nicht trauen, und
manchmal, wie jetzt, ist ihre Präsenz bei Krisen eher ein Hindernis als eine Hilfe.“, so
schloss sich der US-Botschafter in Wien, William Eacho, dieser Kritik an mit der
Aufforderung: „Ich muss sagen: Die Ankündigung Österreichs, seine Soldaten
zurückzuholen, hat mich enttäuscht; Österreich sollte seine Entscheidung noch einmal
überdenken“. Österreich habe seit 1974 exzellente Arbeit am Golan geleistet und sei
lange Zeit ein herausragendes Vorbild für friedenserhaltende Operationen gewesen.
Es gehöre zu jenen Staaten, die solche Aufgaben besonders gut erledigen können.
Umso enttäuschender sei nun das Beispiel, das Österreich abgebe. Auch andere
Länder könnten jetzt auch zögern, Soldaten zu schicken. „Es könnte schwierig werden,
Ersatz für den UNO-Einsatz zu finden“, erklärte der US-Botschafter.
Die Kritik an der Entscheidung der Bundesregierung, die österreichischen Blauhelme
von den Golan-Höhen abzuziehen, regt sich also nicht nur in den Reihen der
Opposition.
Noch vor der Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates am 10. Juni 2013 hat sich das
BZÖ für ein Überdenken des beschlossenen Golan-Abzugs ausgesprochen: Wenn das
Gefährdungspotenzial für österreichische Soldaten so groß ist, dann hätte man sofort
abziehen müssen; dass sich Österreich für den Abzug von den Golan-Höhen aber
sechs Wochen, vielleicht auch länger Zeit lasse, lässt den Verdacht zu, dass man
diesen Rückzug aus politischen Gründen angeordnet hat.
Natürlich hat die Sicherheit unserer Soldaten absoluten Vorrang, aber anscheinend ist
die Gefährdung doch nicht so groß. Der Einsatz des österreichischen Kontingentes am
Golan ist aber zu bedeutend, weshalb eine Abzugsentscheidung nicht leichtfertig und
aus parteipolitischen Gründen getroffen werden darf. Zudem kann ein Abbruch dieser
Mission einen Flächenbrand im Nahen Osten auslösen! Im Vergleich der Situation mit
dem Kosovo-Krieg, in welchem unsere Soldaten sogar in direkte Feuergefechte
verwickelt waren, wäre keinem Menschen eingefallen, dass man diese zurückziehen
soll.
Nach Ansicht des BZÖ muss Österreich mit der UNO in der Verhandlung treten, damit
das Mandat der Mission geändert wird und die Truppen geschützt sind. Das Problem
ist, dass unsere Soldaten nur über leichte Waffen verfügen und sich nur, wenn sie
direkt angegriffen werden, verteidigen dürfen. Aus Sicht des BZÖ sollte daher die
Entscheidung über einen Abzug oder Verbleib des österreichischen Kontingentes
daran geknüpft werden, ob die UNO ein robustes Mandat erteile. Nur wenn diese
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Maßnahme verweigert wird, müsste man allenfalls die Entscheidung treffen, die
Truppen zurückzuziehen.
Im Lichte dieser Überlegungen stellen die unterzeichnenden Abgeordneten daher
folgenden
Antrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, die österreichischen Truppen
aus dem Golan nicht überstürzt und aus innenpolitischen Motiven abzuziehen, sondern
zuerst die Lage nochmals zu prüfen und auf die UN-Institutionen und insbesondere auf
die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates einzuwirken, damit diese eine
Verbesserung des Mandates – auch im Sinne der von Österreich im UN-Sicherheitsrat
eingebrachten Resolution 1894 (Protection of Civilians) – und damit der
Wirkungsmöglichkeiten der Truppe vor Ort herbeiführen.
Sollte dies nicht binnen der nächsten drei Monate möglich sein oder ein direkter
militärischer Angriff eine tatsächliche Gefährdung der Truppe bedeuten, die diese nicht
mehr beherrschen kann, wäre ein Abzug neuerlich im Nationalen Sicherheitsrat zu
beraten und dann die Entscheidung zu treffen.“
*****
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem
Tagesordnungspunkt ist Herr Abgeordneter Weninger zu Wort gemeldet. – Bitte.
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