Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte

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Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte
Nationalrat, XXIV. GP
4. Juli 2013
215. Sitzung / 1
14.18
Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren!
Sehr geehrter Herr Kollege Gerstl! – Ich sehe ihn jetzt nicht. (Abg. Mag. Gerstl zeigt in
der Bankreihe auf.) – Da sind Sie, Entschuldigung! War kein Vorwurf, ich habe nur
gesucht, wo Sie sitzen.
Wenn Sie jetzt das Hohe Lied auf die politische Moral singen, dann kann ich Ihnen eine
gewisse Strenge aus grüner Sicht nicht ersparen. Sie wissen … (Zwischenruf bei der
ÖVP.) – Das hat nichts mit „Oberhüter“ zu tun, wir kommen gleich dazu. Aber ich
meine, es ist ein guter Hinweis. Auf die Grünen hören, wenn es um Korruption und
Transparenz geht, ist nie falsch. Ich werde Ihnen auch erklären warum.
Die heutige Novelle ist im Prinzip Ausdruck einer peinlichen Blamage von SPÖ, ÖVP
und FPÖ. Vor einem Jahr ist dieses Gesetz beschlossen worden und wesentliche Teile
sind bei den Offenlegungspflichten nicht vergessen worden, sondern damals bewusst
nicht beschlossen worden. (Widerspruch bei der ÖVP.)
Ich werde Ihnen jetzt gleich sagen, warum Sie das gewusst haben. Aus einem ganz
einfachen Grund, weil ich vor einem Jahr hier am Rednerpult gestanden bin und
Folgendes gesagt habe – und jetzt hören Sie gut zu! –:
„Die Grünen stimmen nicht mit. (…) Das ganze Gesetz ist wie ein Emmentaler mit
mehr Lücken als Käse. Es muss zwar offengelegt werden, wer in Vorständen und
Aufsichtsräten sitzt, wer wie viel verdient, aber veröffentlicht werden soll es nicht.
Die FPÖ stimmt mit! Das heißt, es darf niemand erfahren, wer in welchem Vorstand
und in welchem Aufsichtsrat sitzt, nämlich welcher Abgeordneter, und was er verdient.
Ihr wollt, dass das geheim bleibt.
Wir haben das im Ausschuss thematisiert. Wissen Sie, was der Abgeordnete
Fichtenbauer gesagt hat? Das sollen sich die Bürgerinnen und Bürger
zusammenrecherchieren!“
Ihr habt vor einem Jahr genau gewusst, dass ihr zwar Aufsichtsräte und Vorstände
melden müsst, aber dass es nicht veröffentlicht wird. (Beifall bei den Grünen und bei
Abgeordneten des BZÖ.)
Die Grünen und – zugegebenermaßen – das BZÖ haben deswegen damals dagegen
gestimmt. Ihr habt diese Blamage bewusst in Kauf genommen! Das war bei
Verhandlungen mehrfach das Thema.
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Daher sage ich relativ klar: Erstens einmal – dies zu Beginn der Rede –, es schadet
nicht, bei Transparenz und Korruption auf die Grünen zu hören.
Und an die Adresse der FPÖ: Schwächt die Verhandlungsposition der Opposition nicht
durch vorschnelle Zustimmung! – Das war genau das Problem: Es hat ein Jahr lang
Verhandlungen gegeben, da ist nichts weitergegangen, weil man das eigentlich nicht
wollte. Einen Tag vor der Sitzung hat die FPÖ zugestimmt, die Verhandlungen waren
erledigt, und wir konnten nicht den notwendigen Druck machen, dass das in die
Offenlegungspflicht hineinkommt.
Genau das interessiert doch die Bürgerinnen und Bürger: In welchem Aufsichtsrat, in
welchem Vorstand sitzt wer? Wo gibt es Loyalitäten? – Das ist das, was die
BürgerInnen wissen wollen, und das ist das, was ihr den Bürgerinnen und Bürgern
nicht sagen wolltet.
Man sollte aber auch heute gut zuhören, denn dieses Gesetz hat zahlreiche
Schwächen – offensichtlich deckt das der ÖVP-Verhaltenskodex, der jetzt der Maßstab
ist, nicht ab. Man muss sich vorstellen: Die Abgeordneten müssen offenlegen, es wird
jetzt auch veröffentlicht, aber wenn jemand nicht offenlegt, dann gibt es dafür in diesem
Gesetz keine Sanktion!
Das ist ja etwas, das sich die Bürgerinnen und Bürger bei Gesetzen wünschen würden:
dass wir im Parlament etwas beschließen, aber wenn sie sich nicht daran halten,
werden sie nicht bestraft. – So ein Gesetz werden Sie kaum finden. Wenn hingegen
Abgeordnete etwas offenlegen sollen und das nicht machen, dann gibt es keine
Sanktionen. Das interessiert sozusagen niemanden, das ist ein Kavaliersdelikt.
Also, meine Damen und Herren: Sanktionen fehlen. Die Debatte wird nicht lange auf
sich warten lassen. Sobald der erste Fall bekannt wird, wo ein Abgeordneter etwas
nicht offenlegt, werden die Medien über SPÖ, ÖVP und FPÖ herfallen und werden
fragen, warum es keine Sanktionen gibt.
Zweiter Punkt. – Eine Schwäche des Gesetzes: Es fehlt eine ... (Ruf bei der ÖVP:
Metternich!) Metternich? – Nein, Metternich ist eher in der ÖVP zu Hause, ist eher ein
geistiger Gründungsvater der ÖVP. (Ironische Heiterkeit und Kopfschütteln des Abg.
Rädler.) Wir wollen etwas anderes. Wir wollen Transparenz! Wir wollen, dass die
Bürgerinnen und Bürger wissen, in welchem Sold Abgeordnete unterwegs sind. Das ist
das Ziel. (Beifall bei den Grünen.)
Weiters: die Zusammenrechnung der Einkünfte. – Jetzt muss man zwar offenlegen,
wie viel man verdient, aber die Zuordnung zu den einzelnen Tätigkeiten ist nicht
möglich. Wenn einer im Aufsichtsrat sitzt, ein bisschen selbständig tätig ist und darüber
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hinaus angestellt ist, dann gibt er eine Gesamtsumme bekannt. Damit ist aber wieder
nicht rückführbar, wo die Loyalitäten liegen. Da wäre eine spezifische Ausweisung
sinnvoll, damit Transparenz gegeben ist.
Unternehmensbeteiligungen: Aus solchen können Unvereinbarkeiten entstehen im
Hinblick auf die Entscheidungsfindung hier im Parlament – doch sie interessieren
niemanden.
Der Deutsche Bundestag ist da viel weiter. Man muss sich vorstellen: Wenn Mitglieder
des Deutschen Bundestages Beraterverträge abschließen, Reden halten, dann
müssen sie im Deutschen Bundestag angeben, wer diese Studien, diese Reden et
cetera in Auftrag gegeben hat und wie viel sie dafür bekommen haben. Sie können auf
der Website des Deutschen Bundestages bei jedem Abgeordneten nachschauen, wo
er möglicherweise irgendwelche Beratertätigkeiten durchführt. Und wir wissen auch,
warum das so ist, weil wir ja einen Untersuchungsausschuss hinter uns haben, in dem
aufgezeigt worden ist, dass genau über Studien, über Beraterverträge et cetera dann
Kick-back-Zahlungen erfolgt sind. – All das sieht das Gesetz nicht vor.
Trotzdem, muss man dazusagen, werden wir der Novellierung heute zustimmen –
nicht, weil sie ein großer Quantensprung wäre, sondern weil sie einen Mindestmaßstab
sicherstellt und das Gesetz dahin gehend repariert, dass in Zukunft zumindest
Aufsichtsräte und Vorstandsposten und auch Bürgermeisterinnen und Bürgermeister
genannt sind. Das ist nicht alles, aber es ist zumindest eine Weiterentwicklung. Aber
ich vermute, wir werden uns in einem Jahr bei der nächsten Reparatur sehen, und ich
werde Ihnen dann gerne behilflich sein. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
14.24
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter
Grosz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.
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