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Aus dem Tagebuch der Fee Frisée 1
Vom Grillen und Anbraten
Ich hätte gewarnt sein müssen. Wenn Annemarie mich zum Grillnachmittag einlädt,
heißt das nicht, dass Dutzende unbeweibte Singlemänner nur darauf warten, mich
anzubraten. Dennoch schmiss ich mich ins kleine Rote, das gerade noch als Soetwas-trage-ich-Samstagnachmittag-immer durchging, packte zwei Flaschen
Prosecco ein (eine für die Gastgeberin und eine notfalls für mich) und setzte mein
Ich-bin-blitzgescheit-aber-dennoch-ursüß-Lächeln auf. Meine Befürchtungen hatten
Recht. Die Mütter hatten sich im Schatten zusammengerottet und tauschten
Kinderthemen aus, zwei andere Single-Freundinnen von Annemarie machten sich in
der Küche nützlich, und die Männer – hüteten das Feuer.
Vor die Wahl gestellt zwischen Windelausschlag und Kartoffelsalat entschied ich
mich für Hamburger und versuchte, mich unauffällig unter die Grillmänner zu
mischen, wo ich etwa ebenso wenig auffiel wie Jessica Rabbit in einer Runde
Kapuzinermönche. Es stimmt, Küchenschürzen bringen nicht wirklich das Beste im
Mann zum Ausdruck. Tatsächlich verschwindet mit diesem Kleidungsstück
handstreichartig jeder Sexappeal, macht dafür jedoch dem Nimbus von Robin Hood,
D’Artagnan, dem Grafen von Montechristo und Ernährer von Witwen und Waisen
Platz. Zumindest nach Meinung des Homo Grillo. Jeder Mann will irgendwann in
seinem Leben Feuerwehrmann werden, und als Hüter des Feuers ist dieser Traum
so gut wie erfüllt. Mit diesen Gedanken versuchte ich meine leise vor sich
hinkichernde, schwarze Seele zu beruhigen, und mein vorlautes Mundwerk stellte ich
mit Bier aus der Flasche ruhig. Denn am Grill wird getrunken. Nix Prosecco. Sondern
Bier aus der Flasche. Hurka. Und natürlich gebraten. Weshalb es mich keineswegs
wunderte, dass mir einer der unberingten Grillmänner ein Stück verkohltes Fleisch
entgegen streckte und fragte: „Mögen Sie kosten?“ Blitzschnell rechnete mein Hirn
sämtliche Antwortvarianten durch.
1. Überzicke: „Erst wenn Sie mir sagen, was es war, bevor sie es zu Tode gegrillt
haben.“
2. Zicke: „Nein danke, ich bin Vegetarierin, sind die Tofu-Würstchen schon gar?“
3. Vamp: „Ich mag Fleisch nur, wenn es sich bewegt.“
4. Fee Frisée: „Danke, ich nehme Kalorien lieber in Form von Alkohol zu mir.“
Bevor ich jedoch noch den Mund aufmachen konnte, zirpte ein leises Stimmchen in
mir: „Wenn du den Abend in anderer Gesellschaft als deiner eigenen verbringen
möchtest, dann freu dich gefälligst. Männer brauchen Bestätigung für ihre Leistung.“
Deshalb schenkte ich ihm ein Du-bist-mein-Held-Lächeln, biss in das Stück Kohle
und schaffte es, ein „Mmmmmmmmmh! von mir zu geben, ohne dabei rot zu werden.
Das wurde er. Und zwar vor Stolz. Wie schon sein Cousin vor zwei Millionen Jahren.
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