(TPM ) in kleinen und mittleren Unternehmen

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(TPM ) in kleinen und mittleren Unternehmen
Total Productive Maintenance
(TPM®) in kleinen und mittleren
Unternehmen
Muss eine TPM®-Einführung langwierig
und teuer sein?
Josef Finger
Klaus Bellgardt
Arnim Wegener
Johannes Weisbrod
STEPConsult GmbH
Total Productive Maintenance in kleinen und mittleren Unternehmen
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Abstract
Aufgrund der sich verschärfenden Wettbewerbssituation werden in Unternehmen zunehmend Verbesserungsprogramme eingeführt. Darunter befinden sich
i.d.R. singuläre Programme wie KVP/Kaizen, „Just In Time“- oder „Lean“Konzepte. Eine Voraussetzung zur effizienten und effektiven Unterstützung
dieser Programme ist eine bedarfsgerechte Verfügbarkeit der Maschinen und
Anlagen, was üblicherweise mit „Total Productive Maintenance“ (TPM) erreicht
wird.
Zur Beschleunigung des TPM-Einführungsprozesses wurde TPM-Kompakt
entwickelt, ein sequenziell abgestuftes Konzept mit erweiterten, modularen
Methodeninhalten. Wesentlicher Vorteil der kompakten Methode ist ein schneller, 10 bis 20 Workshoptage umfassender Know-How-Transfer im Rahmen
einer praxisnahen 3-5-monatigen Einführungsphase an einer Pilotanlage. Aus
dieser Vorgehensweise resultieren wirtschaftliche Ergebnisse bereits innerhalb
des ersten Jahres.
In der Praxis führte die Anwendung von TPM-Kompakt sowohl bei großen
Konzernen als auch in KMU zu signifikanten Ergebnisverbesserungen. Damit
wurde gleichzeitig die Basis geschaffen, um die angestrebten Ergebnisse der
Verbesserungsprogramme zeitnah auszuschöpfen.
Einführung
Die Schnelllebigkeit von Produkten, die Dynamik der Entwicklung in Technik
und Wirtschaft und die Veränderungsgeschwindigkeit in den globalisierten
Märkten sowie der damit verbundene Kostendruck erfordern gerade für kleine
und mittlere Unternehmen eine kurzfristige Umsetzung von Verbesserungsaktivitäten. Fachliches Wissen und Können bzw. Qualität allein sind kein ausreichender Garant für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens.
Um den Anforderungen gerecht zu werden bzw. um Kostenstrukturen zu
verbessern und Flexibilität zu sichern, müssen die Prozesse ständig neu ausgerichtet werden. Dies wird mit „Just In Time“- oder „Lean“-Prinzipien bzw. Produktionssystemen unter Anwendung von Zellen- und Fließfertigung erreicht.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung dieser Konzepte ist ein unterstützendes Instandhaltungssystem, welches die Verfügbarkeit der benötigten
Betriebsmittel (Maschinen, Anlagen, etc.) jederzeit gewährleistet.
Die mittlerweile allgemein verwendete Methode „Total Productive Maintenance“ (TPM) ist ein kontinuierliches Verbesserungssystem, das durch produktive Instandhaltung unter Beteiligung aller Mitarbeiter zur optimalen Maschinenverfügbarkeit führt. Spätestens hier beginnt jedoch das Dilemma:
Einerseits wird allgemein versucht, durch die o. g. Umstrukturierung der Fertigungsprozesse möglichst schnell wirtschaftliche Erfolge – punktuell an Engpässen – zu erzielen. Andererseits jedoch stellt die „klassische“ Einführung von
TPM einen gleichzeitig über alle Produktionsbereiche gehenden Ansatz dar,
dessen Umsetzung i.d.R. Jahre dauert. Daher kann die angestrebte Effizienzsteigerung des Systems erst sehr spät realisiert werden.
Finger, J.; Bellgardt, K.; Wegener, A.; Weisbrod, J.
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Vor diesem Hintergrund beginnen einige Manager erst gar nicht mit der
TPM®-Einführung, andere brechen mangels Geduld ab. Wieder andere Unternehmen scheuen die Anlaufkosten bzw. Mitarbeiter-Ressourcen-Bindung zur
Implementierung von TPM®.
In der betrieblichen Praxis ergibt sich somit die Notwendigkeit eines „schnelleren“, modifizierten Ansatzes.
Die Lösung dieses scheinbaren Widerspruchs heißt TPM-Kompakt, womit
trotz schnellerer Einführung alle Potenziale im Bereich der Anlagen und der
Instandhaltung gehoben werden können.
TPM-Kompakt
TPM-Kompakt
Reduzierung
•
•
•
•
Reduzierung
Stillstände und Störungen
Reparaturhäufigkeit und -dauer
Ausschuss und Nacharbeit
Rüstzeiten
• Spezifische
Instandhaltungsstunden
• Ungeplanter Tätigkeiten
• Aufwand Teilebereitstellung
Nutzen / Effekte
Nutzen / Effekte
• Effiziente und standardisierte
Abläufe
• Abgestimmte Zeitvorgaben
• Schwachstellenanalysen
• Erhöhung des Durchsatzes
• Prozess-Sicherheit
• Reduzierung von Investitionen
durch höhere Lebensdauer
Ziel
Reduzierung Gesamtkosten (Produktion und IH) sowie Minimierung „total-life-cycle-cost“ von Anlagen;
Qualitäts-Verbesserung durch deutliche Steigerung der Prozess-Sicherheit
Bild 1:
Ziel von TPM-Kompakt ist das Ausschöpfen aller Potenziale
TPM-Kompakt vs. TPM®-Klassisch
TPM-Kompakt ist eine aus TPM-Klassisch abgeleitete Vorgehensweise, wodurch Verbesserungen im Prozess schneller und mit früheren Ergebnissen erreicht werden. Diese abgewandelte Vorgehensweise wurde in der Auto- und
Auto-Zuliefer-Industrie seit 1995 entwickelt und erfolgreich umgesetzt. Sie führt
zu einem nachweislichen Projekt-Payback von unter einem Jahr.
Ein Beispiel für den zeitlichen Verlauf der Verbesserung nach Start der
TPM-Kompakt-Einführung zeigt Bild 2. Darin ist die Gesamtanlageneffizienz
(GAE) einer 5-stufigen Großteilpresse bei einem süddeutschen Automobilhersteller dargestellt. Im weiteren, nicht dargestellten Zeitverlauf, konnte durch die
selbständige Fortführung der eingeführten Methode die Anlageneffizienz auf
über 90% nachhaltig gesteigert werden.
Total Productive Maintenance in kleinen und mittleren Unternehmen
35
Gesamtanlageneffizienz [%]
85
83
81
79
77
75
73
71
69
67
65
1
3
5
7
9
11
13
15
17
Monate nach Einführung
Bild 2:
Gesamtanlageneffizienz einer 5-stufigen Großteilpresse
Wie bei der klassischen TPM-Methode werden auch bei der TPM-KompaktEinführung sieben Stufen durchlaufen (vgl. Bild 3), wobei mit Beginn einer neuen Stufe jeweils die Aktivitäten aller vorangegangenen Stufen weitergeführt
werden.
Stufe 7
Stufe 6
Standardisierung
Stufe 5
Stufe 4
Stufe 3
Festlegen von
ersten Standards
Stufe 1 Maßnahmen gegen für:
Verschmutzungs- • Reinigung
Grundreinigung quellen und Ver• Schmierung
besserung der
mit erster
• Ordnung
Zugänglichkeit
für
Überprüfung
• Visualisierung
Reinigung,
• Wer, wie, wo,
(Managermodell) Beseitigung von
was, wann
Leckagen
Stufe 2
Bild 3:
Gesamtüberprüfung,
Unterweisung und
Training für die
Überprüfung der
Gesamtanlage:
• Schrauben
• Antrieb
• Schmierung
• Pneumatik usw.
• Kontrollieren und
korrigieren
Autonomer
Anlagencheck
Beginn der
Autonomen
Instandhaltung:
• Überarbeitung
bzw. Erstellung
und Einsatz von
Wartungs- und
Instandhaltungsplänen
• Verbesserung der
Visualisierung
(Checkpunkte,
Verbindungen...)
Verbesserung der
erforderlichen
Standards für die
Schaffung und
Aufrechterhaltung
eines sauberen
und verlustfreien
Arbeitsplatzes
Kontinuierliches
Schulen und
Trainieren der
Betroffenen
Volle
Anwendung
Autonomer
Instandhaltung
Verfolgung der
Ziele im Sinne
von mKVP
• Stetige Aufzeichnung und
Analyse der
Verlustzeiten
• Darstellung der
GAE
• Kontinuierliche
Verbesserung
der Anlagen
TPM-Einführung in 7 Stufen
Der wesentliche Unterschied zur klassischen TPM-Einführung liegt darin,
dass alle Methoden und Werkzeuge zunächst an der ausgewählten Pilotanlage
(z.B. Engpass-Anlage) eingeführt werden. Management und Mitarbeiter erhalten so einen schnelleren Überblick über die gesamte Vorgehensweise und erkennen frühzeitig erste, signifikante Ergebnisse, die eine höhere Motivation für
die Fortsetzung und das Durchhalten des langfristigen Prozesses schaffen, als
bei der klassischen TPM-Einführung. Nach erfolgreichem Abschluss der Stufe 4
im Pilot-Projekt beginnt dann parallel das Rollout (vgl. Bild 4).
Finger, J.; Bellgardt, K.; Wegener, A.; Weisbrod, J.
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Darüber hinaus ermöglicht die Erstanwendung aller Methoden und Werkzeuge innerhalb des Pilotbereichs eine gegenüber der klassischen Vorgehensweise schnellere Wissensvermittlung an die Führungskräfte und Mitarbeiter.
Dies wiederum führt im Rahmen des Rollout zu einer früheren, selbständigen Fortführung von TPM-Kompakt durch eigene Führungskräfte und Mitarbeiter. Der gesteigerte Trainingseffekt ergibt sich aus dem schnelleren und zusammenhängenden Durchlaufen der Stufen an der Pilotanlage – mit Wiederholungen an weiteren Anlagen – gegenüber der langsameren, flächigen Umsetzungsvariante von TPM-Klassisch.
Dauer:
2 – 3 Jahre
Ergebnis:
Langsamer
Prozess mit
ersten
Ergebnissen
nach
1 – 1,5
Jahren
Bild 4:
TPM Klassisch
Anlage 1
Anlage 2
Stufe 1
Anlage n
TPM Kompakt
Anlage 1
Stufe 1
Stufe 2
Stufe 2
Stufe 3
Stufe 3
Stufe 4
Stufe 4
Stufe 5
Stufe 5
Stufe 6
Stufe 6
Stufe 7
Stufe 7
Anlage 2
Anlage n
Dauer:
1 - 2 Jahre
Ergebnis:
Strukturiertes
Projekt
mit
signifikanten
Ergebnissen
an der
Pilotanlage
nach
3–5
Monaten
TPM-Klassisch vs TPM-Kompakt
TPM-Kompakt bietet die Möglichkeit in einem kurzen, überschaubaren Zeitraum alle Methoden im eigenen Unternehmen praxisbezogen an einer Pilotanlage einzuführen. Durch die Wissensvermittlung vor Ort werden die Mitarbeiter
in die Lage versetzt, die Implementierung an weiteren Anlagen selbständig oder
mit externer Unterstützung weiterzuführen. Durch diese Vorgehensweise werden so früh Ergebnisse erzielt, dass das Payback nach spätestens einem Jahr
erreicht wird (vgl. Fallbeispiel).
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Die vier Bausteine von TPM-Kompakt
Um alle Potenziale von Anlagen und Maschinen in ausreichendem Maße identifizieren und bearbeiten zu können, kommen verschiedene, sich gegenseitig
ergänzende Methoden und Vorgehensweisen zum Einsatz, welche sich in vier
Bausteinen (vgl. Bild 5) gruppieren lassen.
Teilautonome
Instandhaltung
Vorausgeplante
Instandhaltung
TPM
Kompakt
Qualitätsanalytische
Methoden
Bild 5:
Spezifische
Verbesserungen
4 Bausteine von TPM-Kompakt
Baustein I: Teilautonome Instandhaltung
Die Teilautonome Instandhaltung umfasst die Ausführung der Wartung und
Pflege von Maschinen und Anlagen durch die Maschinenbediener sowie deren
Training und Unterstützung durch die Instandhalter.
Die stufenweise Einführung beginnt mit einer Grundreinigung des Umfeldes
sowie der Maschinen und Anlagen, wodurch offensichtliche Mängel erkannt und
abgestellt werden. Anschließend werden zur Prävention erneuter Verunreinigungen Verschmutzungsquellen lokalisiert und beseitigt, Reinigungspläne aufgestellt, sowie die Wartbarkeit der Anlage durch eine bessere Zugänglichkeit zu
den Anlagenkomponenten verbessert.
Anhand von Checklisten, Wartungs- und Inspektionsplänen werden danach
Standards für die Wartung und Inspektion erarbeitet und im nächsten Schritt,
ggf. mit Unterstützung durch die Instandhaltungsmitarbeiter, den Maschinenbedienern zur Umsetzung der Teilautonomen Instandhaltung antrainiert.
Baustein II: Vorausgeplante Instandhaltung
Der Unterstützungsbedarf durch die Instandhaltungsabteilung und deren Inhalte
bezogen auf die Einführung der Teilautonomen Instandhaltung sind beim klassischen TPM nicht eindeutig definiert. Diesem Defizit trägt TPM-Kompakt mit
dem zweiten Baustein, der Vorausgeplanten Instandhaltung, Rechnung.
Darunter versteht man eine Kombination der verschiedenen Elemente aus
der „vorbeugenden“ und „vorhersagbaren“ Instandhaltung (preventive + predictive maintenance).
Vorausgeplante Instandhaltung ist eine höchst effiziente und standardisierte
Form der Instandhaltung, wobei die Prüf-/Wartungsintervalle so gewählt werden, dass Defekte/Ausfälle weitestgehend vermieden werden.
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Finger, J.; Bellgardt, K.; Wegener, A.; Weisbrod, J.
Ein Element der Vorausgeplanten Instandhaltung ist der Einsatz von Techniken zur periodischen oder permanenten Überwachung des Zustandes von
Maschinen und Anlagen. Dies ermöglicht eine permanente Störzeit- und Qualitätserfassung (z.B. durch BDE/MDE – Betriebs-/Maschinen-Daten-Erfassung)
und damit eine systematische Schwachstellenanalyse.
Gleichzeitig werden die Prozesse der Instandhaltung durch Eliminierung von
Verschwendung optimiert und standardisiert. Hierbei werden nicht nur die Planarbeiten (Wartung und Inspektion) sondern auch Überplanarbeiten (Reparaturen) in Augenschein genommen. Neben der Reduzierung des benötigten Instandhaltungsaufwandes durch die Optimierung der Prozesse wird eine Verringerung der Reparaturdauer angestrebt.
Sinn der Vorausgeplanten Instandhaltung ist die Unterstützung der Teilautonomen Instandhaltung (Baustein I). Die Instandhaltungsmitarbeiter führen dabei
Reparaturen und Verbesserungen von Maschinen und Anlagen durch, die vom
Werker allein nicht erledigt werden können, wie z.B. Arbeiten an Antrieben, an
elektrischen Bauteilen, etc.
Baustein III: Spezifische Verbesserungen von Anlagen und
Maschinen
Dieser Teil befasst sich mit einer Schwachstellenanalyse zur Steigerung der
Verfügbarkeit kritischer Komponenten. Dabei arbeiten Spezialisten aus Instandhaltung, Planung/Konstruktion und optional des Maschinenherstellers
zusammen. Ziele von Baustein III:
• Kostenstruktur verbessern
• Wartungsdauer, -häufigkeit reduzieren und vereinfachen
• Rüstzeit weiter reduzieren
• Weitere Wartungs- und Inspektionsumfänge durch Werker ermöglichen
• Fokussierung auf Kern- und wertschöpfende Prozesse
Darüber hinaus werden Lebensdauerprognosen kritischer Bauteile erstellt
sowie notwendige Konstruktions- bzw. Werkstoff-Änderungen von Bauteilen
oder Werkzeugen erarbeitet.
Baustein IV: Qualitätsanalytische Methoden
In diesem Baustein werden weiterführende analytische Methoden zur Datendarstellung, Datenschichtung, komplexen Problemlösungen und ggf. Versuchsplanung wie z.B. DOE (Design Of Experiments) etc. eingesetzt. Das anspruchsvolle Ziel ist es von Fehlerprozenten zu DPM (Defekte pro Millionen) zu
gelangen.
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Praxisnahe Einführung und Umsetzung von TPM Kompakt
TPM-Kompakt bietet die Möglichkeit, an einer Pilotanlage wesentliche Elemente
der Teilautonomen und Vorausgeplanten Instandhaltung schon in 3-4 Monaten
umzusetzen, womit sich erstmalig kurzfristig signifikante Ergebnisse einstellen.
Dabei werden interne Trainer und Führungskräfte „on the job“ ausgebildet, um
eine effiziente Übernahme des Wissens und der Erfahrung der TPM-KompaktEinführung von Beratern/Spezialisten sicherzustellen. Ziel ist eine baldige selbständige Fortführung der Aktivitäten aus den Bausteinen I und II. Die Methoden
aus den Bausteinen III und IV werden je nach Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt eingeführt.
Zur Unterstützung der Durchführung kann eine Projektsoftware mit Terminplänen, Handlungsanleitungen, Formblättern, Kennzahlencontrolling etc. eingesetzt werden. Diese erleichtert der Projektleitung und dem Management das
Berichtswesen und die Nachverfolgung.
Die Durchführung an einer Pilotanlage erfolgt überwiegend in Form von
Workshops durch ein Team aus Produktionsmitarbeitern, Produktionsmeistern,
Mitarbeitern der Instandhaltung und bei Bedarf weiteren Spezialisten unter methodischer und fachlicher Anleitung eines Beraters. Die TPM-KompaktEinführung gliedert sich in 4 Abschnitte (vgl. Bild 6):
• Vorbereitung, Zieldefinition, Potenzialabgleich, Information der Mitarbeiter
• Einführung der teilautonomen Instandhaltung (Baustein I)
• Weiterentwicklung des Umsetzungstandes durch Implementieren weiterer
Bausteine von TPM-Kompakt (Baustein II bis IV)
• Nachbereitung, Stabilisierung
Je nach Komplexität der Pilotanlage ergibt sich daraus pro Projekt ein Aufwand von 10 bis 20 Workshoptagen.
Um nach Ende der Workshopphase die angestoßenen Verbesserungen und
Prozesse kontinuierlich überprüfen und weiter verbessern zu können, finden
monatlich so genannte CATs-Treffen statt (Creative Action Teams). In diesen
Teams sind i.d.R. Instandhaltungsmitarbeiter und jeweils ein Produktionsmitarbeiter aller Schichten unter der Leitung einer Führungskraft (Meister) beteiligt.
Bei Bedarf wird die Führungskraft durch Experten beraten. Die Zusammenarbeit
in den CATs gewährleistet neben einer regelmäßigen Kommunikation zwischen
den Mitarbeitern der unterschiedlichen Schichten, den Führungskräften und den
Instandhaltern die kontinuierliche und nachhaltige Erhöhung der Gesamtanlageneffizienz.
Finger, J.; Bellgardt, K.; Wegener, A.; Weisbrod, J.
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Abschnitt
Inhalte
Dauer
[Tage]
• Zieldefinition
Vorbereitung
• Potenzialabgleich
0,5
• Information
• TPM-Grundlagen
• Standards
• 5-A
Einführung
teilautonome
Instandhaltung
2–4
• Bereichs-Audit
• Vorbereitung Grundreinigung
•
Grundreinigung
1
• Verschmutzungsquellen reduzieren
• Schlecht zugängliche Bereiche
optimieren
2–4
• WI-System
• Datensammlung
Weiterentwicklung
• Datenanalyse als Basis zur Implementierung weiterer Maßnahmen:
• GAE / Stillstände
2–4
• Qualität
• Rüstzeitreduzierung
• TPM-Board
Nachbereitung, Stabilisierung
• Optimierung von vor- und nachgelagerten Bereiche
• Methodenvertiefung
• TPM–Fortführung
Aufwand
Bild 6:
1–4
Je nach Komplexität der Pilotanlage
Beispiel für die Workshopinhalte
kontinuierlich
10 bis 20
Total Productive Maintenance in kleinen und mittleren Unternehmen
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Workshopablauf und -inhalte
Abschnitt: Vorbereitungsphase
Auf Basis einer Vor-Ort-Analyse werden die Workshoppläne sowie deren Inhalte konkretisiert und mit der Unternehmens-/Bereichsleitung abgestimmt.
Des Weiteren werden vor dem Start die Führungskräfte über die Inhalte von
TPM-Kompakt und die Vorgehensweise bei der Einführung informiert.
Abschnitt: Einführung der teilautonomen Instandhaltung
In den 1- bis 4-tägigen umsetzungsorientierten Workshops, welche für jede
Anlage in einem ca. monatlichen Abstand durchgeführt werden, erstellen die
Teilnehmer einen Katalog mit Verbesserungsmaßnahmen zur Optimierung der
Anlagen und Maschinen sowie zur Implementierung der TPM-KompaktMethoden. Folgende Details werden in den Workshops erarbeitet:
Schaffen einer Grundordnung und Sauberkeit der Anlage und des Umfeldes, Erstellen von Reinigungsplänen
Die Grundreinigung der Maschine bzw. Anlage ist das erste Element der TPMKompakt-Einführung. Sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter der Anlage
werden gemeinsam tätig und folgen dem Grundgedanken:
„Reinigen ist Prüfen“.
Beim gemeinsamen Reinigen der Anlage werden Mängel zwangsläufig festgestellt, welche dokumentiert und möglichst sofort abgestellt werden, um dem
TPM-Kompakt-Prozess zusätzlich Dynamik zu verleihen. Bei optimaler Vorbereitung sind Umsetzungsraten während des Workshops von bis zu 80% erreichbar. Auf diesen Erkenntnissen und Ergebnissen baut auch die spätere
Erarbeitung der Wartungs-, Inspektions- und Reinigungspläne auf.
Im Umfeld der Anlage wird begleitend die 5A-Methode angewendet, um
Transparenz zu schaffen und die Effizienz z.B. durch Laufwege-Reduzierungen
zu erhöhen. Auch die Bereitstellung von Material, Werkzeugen und sonstigem
Equipment wird dadurch optimiert. Der Vorteil der 5-A-Methode liegt in ihrer
einfachen Durchführung und der sich kurzfristig einstellenden Veränderung des
Umfeldes. Die 5A-Methode beinhaltet folgende Punkte:
1 Aussortieren unnötiger Dinge
2 Aufräumen
3 Arbeitsplatz sauber halten
4 Anordnungen zur Regel machen
5 Alle Punkte einhalten und ständig verbessern
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Finger, J.; Bellgardt, K.; Wegener, A.; Weisbrod, J.
Verringerung der Verschmutzung der Anlage und Verbesserung der Wartbarkeit
Um den Reinigungsaufwand zu reduzieren, werden möglichst zeitnah nach der
Grundreinigungsaktion die Verschmutzungsquellen der Anlage ermittelt, analysiert und Maßnahmen zur Verhinderung von Verschmutzung (z.B. bei einer
Leckage durch Erneuern einer Dichtung) eingeleitet.
Ist eine Verschmutzung nicht zu verhindern, wird als nächstes eine Möglichkeit zur Kanalisierung der Verschmutzung (z.B. Auffangbleche für Ölleckagen)
geschaffen. Ist auch dieses nicht möglich, muss dafür Sorge getragen werden,
dass die Verschmutzung mit geringsten Mitteln und Aufwand beseitigt werden
kann (z.B. Anbringen einer Folie als Schmutzfänger, welche schnell entsorgt
werden kann).
Alle notwendigen wiederkehrenden Reinigungsaktivitäten werden in den
Wartungs- und Inspektionsplan aufgenommen. Weiterhin werden die Erfahrungen aus der Reinigungsaktion in Bezug auf die Zugänglichkeit und Übersichtlichkeit der Maschinenteile zur Wartung und Inspektion gesammelt und bei erkannten Problemen Änderungsmaßnahmen erarbeitet (z.B. Makrolon®- statt
Blechverkleidungen zur einfachen visuellen Kontrolle).
Wartungs- und Inspektionsplan (WI-Plan)
Die Produktionsmitarbeiter erstellen in Zusammenarbeit mit den Instandhaltern,
im Wesentlichen auf Basis der o. g. Erkenntnisse aus der Grundreinigungsaktion, einen Wartungs- und Inspektionsplan (Beispiel s. Bild 7). Ziele dieses Planes sind:
• Regelmäßige Reinigung der Anlage zur besseren Inspektionsfähigkeit
• Regelmäßige Überprüfung der Anlage um Mängel vor Eintreten eines ungeplanten Stillstandes zuerkennen
• Zeitliche und inhaltliche Aufteilung der Wartungs- und Inspektionstätigkeiten
auf Instandhaltung und Produktion
Bild 7:
Beispielhafter Auszug
jahresübersicht
einer
Wartung-
und
Inspektions-
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Die Definition der einzelnen Wartungs- und Inspektionstätigkeiten des WIPlanes geschieht unter Berücksichtigung folgender Fragestellungen:
• Welche bestehenden Tätigkeiten können von den Produktionsmitarbeitern
übernommen werden?
• Welche Tätigkeiten müssen durch den Instandhalter durchgeführt werden
(z.B. Schützwechsel)?
• Welche Tätigkeiten können während der Produktion durchgeführt werden?
• In welchen Zeitintervallen müssen die Aktivitäten durchgeführt werden?
• Welche Werkzeuge und Hilfsmittel sind erforderlich?
Die WI-Aktivitäten sind dabei nach sinnvollen Oberbegriffen zu ordnen und
in den Übersichtsplan einzutragen. Neben dem ausführlichen Text sind Skizzen
und Fotos (vgl. Bild 8), die während der Reinigungsaktion erstellt wurden, ein
nützliches Hilfsmittel, die Anweisungen verständlicher zu gestalten.
Technische
Dokumentation
Wartungs- und Inspektionsanleitung
Rundschalttisch 3, Arbeitspatz 4711
Standort
Baugruppe / Bauteil
Sicherheitshinweis /
Sicherheitshinweise
Bemerkung
beachten !
Produktionsbereich 1
Schichtende
Bild 8:
Erstellt: xxxxxxxxxx
Wartungsintervall Verantwortlich
Wöchentlich
Bediener
1.
Materialmagazine entfernen
2.
Innenraum von Maschine mit Staubsauger
reinigen, dabei Verbindungen [Strom und Luft]
und Bauteile auf festen Sitz und Beschädigung
prüfen
3.
Materialmagazine einsetzen
4.
Station 3: Greifergummis auf Beschädigung
überprüfen ggf. neu ersetzen
5.
Station 7: Schraubentopf entleeren und mit
Spiritus und Lappen reinigen
6.
Maschinenumfeld saugen
Datum: xxxxxxxxx Geprüft/freigeben
Beispiel einer WartungsProduktionsmitarbeiter
und
Datum: xxxxxx
Inspektionsanleitung
für
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44
Abschnitt: Weiterentwicklung
Datenanalyse und Problemlösung zur Erhöhung der Anlageneffizienz
Neben der Verwendung der so genannten „Prozesstür“ wird nun die „Datentür“
benutzt, um über eine gezielte Datenanalyse (Auswertung und Schichtung)
weitere Handlungsfelder zu definieren und daraus Maßnahmen abzuleiten.
Die Gesamtanlageneffizienz (GAE) ist eine wichtige Größe zur Beurteilung
und Vergleichbarkeit von Maschinen und Anlagen. Sie berechnet sich nach
folgender Formel:
Gesamtanlageneffizienz (GAE)
Verfügbarkeitsfaktor
Verluste aus:
• Maschinenausfälle
• Rüstzeiten und
Justierungen
• Anfahren von
Anlagen
• Wartezeiten
Bild 9:
X
Leistungsfaktor
Verluste aus:
• Geschwindigkeitsverluste
• Kurzzeitstillstände
X
Qualitätsfaktor
Verluste aus:
• Ausschuss
• Nacharbeit
Gesamtanlageneffizienz (GAE)
Besteht nicht die Möglichkeit aus Rechnersystemen (BDE, MDE, etc.) eine
Datenanalyse durchzuführen, muss eine geeignete Handaufschreibung eingeführt werden. Die Mitarbeiter erfassen dabei auf einem Formblatt alle Störungen
der Anlage mit Angabe der Zeit, Dauer, Störungsart und gestörtem Anlagenteil
sowie Anzahl von Ausschuss und Nacharbeit. Nach ca. 1 Monat der Datenerfassung können die ersten Analysen durchgeführt und die GAE berechnet werden.
Mittels einer Pareto-Analyse werden Problemschwerpunkte identifiziert und
mit der vierstufigen Problemlösestory bearbeitet. Dabei werden nach einer detaillierten Problembeschreibung mögliche Ursachen ermittelt und Gegenmaßnahmen definiert und in einem Maßnahmenplan festgehalten. Nach der Maßnahmenumsetzung findet eine Lösungsüberprüfung der Ergebnisse statt. Wird
keine Verbesserung festgestellt, muss die Problemlösung nochmals durchlaufen werden.
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Rüstzeitreduzierung
Die Methode „Rüstzeitreduzierung“ dient der Analyse und nachhaltigen Verbesserung von Rüstvorgängen.
Basis der Analyse ist eine Aufnahme des Rüstvorgangs, welche mit Hilfe eines EKUV-Formblattes (EKUV = Eliminieren, Kombinieren, Umstellen, Vereinfachen) durchgeführt wird. Während des Rüstvorgangs werden darin die einzelnen Rüstschritte notiert und mit der jeweiligen Dauer festgehalten. Die Erfassung beginnt mit dem letzten Gutteil vor dem Rüstvorgang und endet mit dem
ersten Gutteil nach dem Rüstvorgang.
Anschließend wird der Rüstvorgang bewertet und die einzelnen Rüstschritte
untersucht.
Für jeden Rüstschritt wird eine EKUV-Auswertung nach folgenden Gesichtspunkten durchgeführt:
• Lässt sich der Rüstschritt eliminieren bzw. in Nicht-Stillstandsphasen verlagern?
• Lässt sich der Rüstschritt mit einem anderen kombinieren?
• Können durch Umstellung Rüstschritte effizienter werden?
• Lässt sich der Rüstschritt vereinfachen?
Ziel ist es, Verschwendungen zu eliminieren sowie technische und organisatorische Verbesserungsmaßnahmen zu erarbeiten; so sollen z.B. Schrauben
möglichst durch Schnellspannvorrichtungen ersetzt werden. Der verbesserte
Arbeitsablauf wird nach Erprobung definiert und in Form eines Standardarbeitsblattes dokumentiert.
Stabilisierung und Nachbereitung
Zur Sicherstellung der Nachhaltigkeit der erreichten Ergebnisse werden aussagekräftige Kennzahlen visualisiert. Damit wird das Monitoring des Prozesses
kontinuierlich fortgeführt und auftretende Abweichungen bzw. Störzunahmen
bearbeitet. Ein regelmäßiges TPM-Kompakt-Audit unterstützt langfristig die
Stabilisierung.
Nicht zuletzt die Teilnahme der Führungskräfte an den Workshops versetzt
das Unternehmen in die Lage, die Methoden mit ihren eigenen Mitarbeitern
selbstständig fortzuführen.
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Fallbeispiel
Ausgangslage bei Karl Dungs GmbH & Co. KG
Das Werk der Karl Dungs GmbH & Co. KG in Urbach stellt u. a. Komponenten
für Heizungsanlagen her. Diese werden in halbautomatischen Fertigungslinien
bearbeitet. Zur Optimierung des Durchsatzes wurde eine Pilotanlage nach „Just
in Time“ -Prinzipien zu einer Fließfertigung umgestellt, was eine Steigerung der
Gesamtanlageneffizienz erforderte.
Die praktische Umsetzung von TPM-Kompakt erfolgte zunächst an dieser Pilotanlage. Dort wurden die Methoden vorgestellt und die notwendigen betriebsspezifischen Adaptierungen vorgenommen.
Vorgehensweise zur TPM-Kompakt-Einführung
Im Rahmen der TPM-Kompakt-Einführung wurde ein Inspektions- und Wartungsplan für die Pilotanlage erstellt (vgl. Bild 9) und getestet. Des Weiteren
wurde die Gesamtanlageneffizienz auf Basis von Handaufschreibungen berechnet und visualisiert. Die Störungsschwerpunkte werden seither mit Hilfe der
gesammelten Daten kontinuierlich ermittelt und die notwendigen Verbesserungsmaßnahmen anhand der systematischen Problemlösetechnik definiert und
umgesetzt. Weiterhin wurden im Rahmen der „Rüstzeitreduzierung“ Verschwendungen (Stillstände, Justierprobleme) erkannt und beseitigt.
Bild 10:
Wartungs- und Inspektionsübersicht in Form einer Magnettafel
Ergebnisse
Mit einem Aufwand von 4 externen Beratertagen zur Workshopdurchführung
und einer Beteiligung von ca. 5 Mitarbeitern an der Umsetzung konnte die TPMEinführung an der Pilotanlage in einem Zeitraum von ca. 3 Monaten bewerkstelligt werden. Die Gesamtanlageneffizienz der Pilotanlage hat sich 6 Monate
nach Einführung von TPM-Kompakt um 23% erhöht. Somit wurde ein wesentlicher Beitrag zur Erhöhung des Durchsatzes geleistet.
Die Mitarbeiter, die an der Pilotanlage in TPM-Kompakt-Methodik „on the
job“ geschult wurden, führen mittlerweile neben JIT (Fließfertigung) nun auch
TPM-Kompakt an weiteren Maschinen selbständig und erfolgreich ein.
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Fazit / Zusammenfassung
Die sich zunehmend verschärfende Wettbewerbssituation erfordert auch für
kleine und mittlere Unternehmen (KMU) eine systematische Optimierung ihrer
Prozesse. Dieses wird typischerweise durch „Just In Time“- oder „Lean“Prinzipien eingeführt. Voraussetzung zu deren erfolgreichen Umsetzung ist eine
bedarfsgerechte Verfügbarkeit der Maschinen und Anlagen. Dies wird üblicherweise anhand von „Total Productive Maintenance“ (TPM) erreicht.
Bei der klassischen Einführung von TPM stellen sich erste signifikante Ergebnisse bzgl. Anlagenverfügbarkeit jedoch erst nach 1-2 Jahren ein, wodurch
die Effekte aus den o. g. Prozessoptimierungen nicht zeitnah abgeschöpft werden können. Nicht zuletzt aus diesem Grund wurde aus der klassischen TPMEinführung das TPM-Kompakt-Konzept entwickelt.
Eine Einführung von TPM-Kompakt geschieht dabei nicht durch Weglassen
von Methodeninhalten – es werden sogar noch ergänzende Bausteine hinzugefügt, sondern durch eine optimierte Vorgehensweise.
TPM-Kompakt bietet die Möglichkeit in einem kurzen, überschaubaren Zeitraum alle Methoden im eigenen Unternehmen praxisbezogen an einer Pilotanlage einzuführen. Durch die Wissensvermittlung vor Ort werden die Mitarbeiter
in die Lage versetzt die Implementierung an weiteren Anlagen selbständig oder
mit externer Unterstützung weiterzuführen. Durch diese Vorgehensweise werden so früh Ergebnisse erzielt, dass das Payback nach spätestens einem Jahr
erreicht wird (vgl. Fallbeispiel).
In der Praxis führte die Anwendung von TPM-Kompakt sowohl bei großen
Konzernen (z.B. Automobilhersteller) als auch in KMU zu signifikanten Ergebnisverbesserungen. Bezüglich der Gesamtanlageneffizienz wurde eine Steigerung von 20-30% innerhalb des ersten Jahres erreicht und in den Folgejahren
durch weitestgehend selbständige Fortführung nachhaltig gesteigert.