Unterscheidet sich Sterben mit christlicher Hoffnung vom Sterben

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Unterscheidet sich Sterben mit christlicher Hoffnung vom Sterben
Unterscheidet sich Sterben mit christlicher
Hoffnung vom Sterben ohne christliche Hoffnung
und wie?
mit Bezug zum Film
Saving Angel
Melinda findet den Weg zu Gott
Drehbuch und Regie:
Viven Betz und Lara-Sophie Kadmon
Hausarbeit
eingereicht von
Vivien R. Betz
Kursstufe 1/2, evangelische Religion
Englisches Institut Heidelberg
am 15. September 2014
Seminararbeit "Saving Angel" von Vivien Betz
Schuljahr 2013/2014
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung ......................................................................................................................................... 2
2
Unterscheidet sich Sterben mit christlicher Hoffnung vom Sterben ohne christliche Hoffnung
und wie? .......................................................................................................................................... 3
2.1
Christliche Hoffnung ................................................................................................................ 3
2.2
Verfügungsgewalt.................................................................................................................... 5
2.3
Psychologische Frage............................................................................................................... 6
2.3.1
Phase 1: Denial (dt. Verleugnung) ........................................................................................... 7
2.3.2
Phase 2: Anger (dt. Ärger) ....................................................................................................... 8
2.3.3
Phase 3: Bargaining (dt. Verhandeln) .................................................................................... 10
2.3.4
Phase 4: Depression (dt. Depression) ................................................................................... 11
2.3.5
Phase 5: Acceptance (dt. Akzeptanz) .................................................................................... 11
3
Schluss: eigene Meinung/Fazit ...................................................................................................... 13
Literatur ................................................................................................................................................. 15
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Seminararbeit "Saving Angel" von Vivien Betz
Schuljahr 2013/2014
1 Einleitung
„Saving Angel" ist der Name des Filmes den Lara Sophie Kadmon und ich im Laufe des
letzten Jahres erstellt haben. Der Film handelt von einem krebskranken Mädchen im
Teenageralter namens Melinda. In der ersten Szene sieht man das Mädchen in einem
Behandlungsraum mit einer Ärztin. In diesem Gespräch teilt die Ärztin Melinda ihre
Diagnose, Leukämie, mit. „Saving Angel" zeigt das Leben des todkranken Mädchens, von
der Diagnose bis zu dessen Tod. Dabei durchläuft Melinda unterschiedliche
Lebenssituationen und verschiedene psychische Zustände. Sie lernt auf ihrem Weg eine
engelsartige Erscheinung kennen, welche bald zu einer guten Freundin wird. Der Engel führt
Melinda zum christlichen Glauben. Melinda lebte bis zu diesem Zeitpunkt ohne Bezug zum
christlichen Glauben oder der Kirche. Auch in ihrem Freundeskreis und familiären Umfeld
gab es keine christlichen Bezugspunkte. Melinda lernt eine für sie total neue Welt kennen, in
welcher die Kranke Hoffnung findet.
Nun stellt sich die Frage, wie wir auf das Thema gekommen sind. Ausgangspunkt überhaupt
am Wettbewerb teilzunehmen, war die Ausschreibung der Evangelischen Landeskirche, auf
die wir durch unsere Religionslehrerin, Frau Mautner, aufmerksam gemacht worden sind.
Von Anfang an waren wir uns einig, dass wir einen Film drehen wollten, da wir aus
vorherigen Filmprojekten wussten, das wir an dieser Arbeit Spaß haben. Zu Beginn hatten
wir mehrere Ideen, z.B. eine Dokumentation, in der Menschen zu ihrem Glauben und zum
Praktizieren ihrer Religion befragt werden. Eine Alternative war eine Art Wiedergeburt Jesus
zu erfinden, bei der eine Frau die Rolle besetzt.
Da uns beiden von Anfang an bewusst war, dass wir in dieses Projekt sehr viel Zeit
investieren werden -auch wenn wir trotzdem eine Menge mehr Zeit reingesteckt habenwollten wir ein Thema wählen, dass uns interessiert, da wir uns damit in der Freizeit
beschäftigen würden. So kamen wir dann auf Melinda, ein Mädchen in unserem Alter, das
unter Krebs litt.
Desweiteren stellt sich die Frage, wie wir auf den Titel gekommen sind. „Saving Angel“
übersetzt auf Deutsch "Rettender Engel". Schutzengel, was ja nahe liegend wäre, würde in
Englisch Guardian Angel heißen. Warum also nicht Schutzengel? In unserem Film haben wir
der Hauptdarstellerin im Laufe ihrer Krankheit eine Freundin geschenkt. Diese Freundin,
Vera, sollte jedoch nicht eine irdisch-menschliche Person sein, sondern ein Engel. Im Film
haben wir versucht, das nicht durch kitschige Effekte, wie Glitzerstaub oder einen Schein
darzustellen, sondern wir wollten sie bewusst als Mädchen ausgeben, und nur der
aufmerksame Zuschauer, welcher über den Film nachdenkt, kann verstehen, dass diese
Person kein menschliches Wesen ist, da sie immer wieder plötzlich auftaucht und nie von
jemand anderem gesehen wird, als von der Leukämiekranken. Als Schauspielerin haben wir
ein Mädchen gewählt, das durch sein Aussehen -besonders ihre Haare- der Vorstellung
eines Engels ähnelt, um es dem Zuschauer im Unterbewusstsein zu erleichtern die richtigen
Schlüsse zu ziehen. So gesehen ist Vera jedoch kein Schutzengel, sondern eine
Erscheinung, die die krebskranke Melinda aus ihrer Hoffnungslosigkeit und ihrem
emotionalem Tief herausholt und ihr beibringt wieder Hoffnung zu haben und das Leben zu
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Seminararbeit "Saving Angel" von Vivien Betz
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genießen, indem sie den christlichen Glauben findet. Wir haben uns eine individuelle
Geschichte ausgedacht, um die Emotionalität zu betonen.
2 Unterscheidet sich Sterben mit christlicher Hoffnung vom Sterben
ohne christliche Hoffnung und wie?
Diese Arbeit beschränkt sich auf die Unterschiede während des Lebens, da bis heute
wissenschaftlich nachweisbar niemand weiß, was nach dem Tod tatsächlich passiert.
Die gestellte Aufgabe unterscheidet nicht zwischen einem Sterben mit oder ohne Hoffnung,
sondern zwischen einem Sterben mit oder ohne christlicher Hoffnung. Es stellt sich somit
das Problem, was ein Sterben mit Hoffnung, aber keiner "christlichen Hoffnung" sein könnte.
Unterstellt man zunächst, dass die Hoffnung auf das jenseitige Leben nach dem
überwiegenden Verständnis in Deutschland dem christlichen Glauben vorbehalten ist und
andere Religionen hier bewusst nicht behandelt werden, wäre die Linie der Abgrenzung zum
atheistischen Weltbild. Andere Weltreligionen neben dem Christentum bleiben also ebenso
außer Betracht, wie andere Weltanschauungen, z.B. die Esoterik.
Weiter stellt sich die Frage, kann der Atheist denn überhaupt Hoffnung haben? Einfach
dargestellt, könnt man zunächst die These aufstellen, wer an "nichts" nach dem Tod glaubt,
kann auch keine Hoffnung auf etwas nach dem Tod haben.
Aber wahrscheinlich wird man mit diesem Schluss nicht allen Nicht-Christen gerecht.
Es erscheint nicht unrealistisch, dass viele Menschen, die sich nicht als Christen sehen,
doch auch Hoffnungen über den Tod hinaus in sich tragen.
2.1
Christliche Hoffnung
Im Film tritt der Engel Vera Melinda zur Seite. Durch den Engel tritt der christliche Bezug in
Melindas Leben. Der Engel öffnet eine für Melinda neue Perspektive, nämlich die christliche.
Unter diesem Einfluss besucht sie die Selbsthilfegruppe und wird zu einem regelmäßigen
Kirchgänger.
Melinda schöpft Kraft durch den Kontakt mit anderen Schwerstkranken. Sie sieht, wie andere
in ähnlichen Situationen mit ihrem Leid gefasst umgehen oder sich selbst in solchen
schweren Lebensphasen den Humor nicht nehmen lassen. Weiter sieht sie Beispiele, wie
schwere Krankheiten überwunden wurden. In diesem Umfeld kommt sie mit Bibeltexten und
Gebeten in Kontakt, die ihr zunehmend helfen. Sie beginnt selbst die Bibellektüre und nimmt
ihre Krankheit an. In der Bibel kann sie Textstellen finden, die ihre konkrete Situation
behandeln, wie z.B.:
“Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herr wird ihn aufrichten;
und wenn er Sünden getan hat, wird ihm vergeben werden.” 1
In einer späteren Phase der Erkrankung, in der der Tod voraussehbar wird, schafft sie es
den Tod anzunehmen. Dies gelingt ihr, da sie den Tod nicht mehr als endgültiges Ende
1
Jakobus Kap 5;15
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sieht, sondern ihn mit der Hoffnung auf einen Neuanfang verbindet. Dieser Gedanke an die
Auferstehung ist die zentrale Botschaft aus dem Leben und Sterben von Jesus Christus.
Es fällt einem leichter, den Tod zu akzeptieren, wenn man Hoffnung auf etwas
weiterführendes hat. Johann Wolfgang von Goethe drückte seine Hoffnung auf eine Existenz
nach dem Tod Anfang des 19. Jahrhunderts wie folgt aus: "Mich lässt der Gedanke an den
Tod in völliger Ruhe. Ist es doch so wie mit der Sonne: Wir sehen Sie am Horizont
untergehen, aber wir wissen, dass sie 'drüben' weiterscheint." 2
Dies lässt sich auch schon im Korintherbrief des Apostels Paulus ablesen, der sinngemäß
beschreibt, dass sonst die Verkündigung leer und der Glaube sinnlos wäre: "Ist aber Christus
nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich." 3
Zentrale Aussagen für Melinda im Rahmen ihrer von Erfolg gekrönten Bibellektüre auf der
Suche nach Hoffnung in ihrem Sterbeprozess könnten gewesen sein:

"...Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten.
Er ist auferstanden; er ist nicht hier.
...dass er vor euch hingehen wird nach Galiläa;
dort werdet ihr ihn sehen,...“ 4

"Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an
mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; und
wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben." 5
Diese Zitate aus dem Neuen Testament belegen die Auferstehung als Hoffnung für alle
Christen über den Tod hinaus. Freilich gibt auch das Neue Testament keine eindeutigen und
endgültigen Antworten. Jesus ermutigt, an Gott zu glauben. Die Herausforderung an die
Menschen stellt sich aber trotzdem, an all das zu glauben, wissenschaftliche Belege fehlen,
bis heute. Aus dem Leben Jesu für sich in heutiger Zeit den Schluss zu ziehen, das auch für
einen selbst dieses "Angebot" besteht und man bereit sein soll eine Beziehung zu Gott
einzugehen, ist die Botschaft der Bibel. Die gilt für jeden Menschen, egal ob krank oder
gesund.
Gott hat nach dem christlichen Glauben seine Liebe zu den Menschen dadurch gezeigt, dass
er seinen einzigen Sohn auf die Erde geschickt hat. Jesu Leben, Sterben und Auferstehen
zeigt, dass Gott die Menschen liebt und dass diese Liebe stärker ist als der Tod. Der Glaube
an Gott und die damit verbundene Hoffnung sind unmittelbar verbunden: Gott ist bei uns
Menschen, bei Krankheit, im Leiden und im Sterben. (Hohes Lied der Liebe: "Nun aber
2
Johann Wolfgang von Goethe, nach Eckermann, Gespräche mit Goethe, 2.5.1824, Zitateheft 2011
1 Kor Kap 15; 14
4
Mk Kap 16; 6,7
5
Joh Kap 11; 25, 26
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bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen. " 6). Der
Mensch kann sich nicht selbst aus Leiden und Sterben befreien, Gott aber hat diese Kraft,
eine "Auferstehung" zu ermöglichen und die Menschen zu erlösen.
2.2
Verfügungsgewalt
Die christliche Ansicht bzgl. der Verfügungsgewalt ist ganz eindeutig, dies wird auch in der
Bibel deutlich "Der Herr tötet und macht lebendig, führt hinab zu den Toten und wieder
herauf." 7 Kein menschliches Wesen ist Herr über das Leben. Es ist ausschließlich Gott
vorbehalten, über das Ende des menschlichen Lebens zu entscheiden. Dieser Umstand
begegnet uns im täglichen Leben immer wieder und ist von einem Großteil der Bevölkerung
in Deutschland bewusst oder unbewusst akzeptiert. Allerdings merkt man in einer
Gesellschaft, die sich zunehmend in den letzten zwei Generationen vom christlichen
Glauben entfernt hat, dass auch immer mehr Diskussionen geführt werden und dieser
Grundsatz angegriffen wird. Beispiele sind die Sterbehilfe für Schwerstkranke (teilweise
legale Beihilfe zum Selbstmord in den Niederlanden)8, Abtreibung von Föten.
Im Film entscheidet sich Melinda in Szene 26 für einen Abbruch der Chemotherapie. Die
Ärztin akzeptiert die Entscheidung nach einem Gespräch mit Melinda. Da die ärztliche
Behandlung ohne Einwilligung des zu Behandelnden sonst Körperverletzung im Sinne § 223
Strafgesetzbuch wäre, bleibt der Ärztin auch legal keine andere Wahl.
Da medizinisch eine verstärkte Chemotherapie notwendig gewesen wäre, stellt die
Entscheidung Melindas höchstwahrscheinlich eine lebensverkürzende Maßnahme dar. Es
stellt sich die Frage, ob Melinda somit in die Verfügungsgewalt Gottes eingreift?
Indem Melinda die Behandlung abbricht, hört sie auf aktiv zu kämpfen und entscheidet sich
damit bewusst für den Tod.
Im Rahmen dieser Überlegung, könnte man auch, etwas provozierend, folgende Frage
stellen:
Stellt die ärztliche Behandlung nicht bereits einen Eingriff in die Verfügungsgewalt Gottes
dar? Wäre doch der Tod bei Melinda, statistisch nachweisbar, ohne medizinische
Behandlung schon früher eingetreten. Ist somit jegliche medizinische Behandlung ein Eingriff
des Menschen in Gottes Willen?
Dieser Gedanke scheint im menschlichen Denken diskussionswürdig. Allerdings ist es dem
Menschen nicht möglich, mit seinem Verstehen und seinem Horizont göttliches Handeln zu
begreifen.
Krankheit und Tod sind Teil unseres menschlichen Daseins. Wir können sie nicht vermeiden.
"Leben bis zuletzt"
Dank dem Fortschritt der Medizin gibt es immer mehr und neue Möglichkeiten Leben zu
verlängern und zu erhalten. Intensive Medizin ist der Kampf um den Erhalt und die
6
1. Korinther Kap. 13; 13
1. Samuel Kap. 2; 6
8
Strafgesetzbuch: Art. 293 (Tötung auf Verlangen) und Art. 294 Abs. 2 (Beihilfe zum Selbstmord)
7
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Seminararbeit "Saving Angel" von Vivien Betz
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Verlängerung des Lebens mit höchstem Aufwand.
Wer auf solche Maßnahmen verzichtet, akzeptiert die Unvermeidlichkeit des Sterbens. Er
lebt, aus medizinischer Sicht, nicht bis zuletzt.
Ob man intensive Medizin in Anspruch nehmen möchte oder nicht, muss man sich
entscheiden. Dafür sollte man zuerst einmal definieren, was Leben für einen selbst bedeutet,
"wie"-also in welchem Zustand- Leben lebenswert ist und was man alles dafür auf sich
nehmen möchte, um länger zu leben.
Bevorzugt man ein kurzes, dafür jedoch mit wenig Schmerzen und freies Lebensende oder
ein langes, mit Schmerzen, ans Krankenbett "gefesseltes" Lebensende?
Als Christ würde man vermutlich ersteres wählen. Wenn man ein erfülltes Leben hatte und
Hoffnung auf ein Leben nach den Tod hat, genießt man die Zeit die einem bleibt, ist dann
aber auch froh, vom Leiden, von der Krankheit und den damit verbundenen Schmerzen
befreit zu werden.
Ein Atheist würde möglicherweise eine andere Entscheidung treffen, er weiß nicht, was ihn
nach dem Tod erwartet bzw. das zu erwartende "Nichts" beängstigt ihn. Da er nicht daran
glaubt, dass eine übermenschliche Macht ihn beruft, sieht er nicht, wieso die Ärzte nicht alles
in ihrer Macht stehende versuchen sollten, das Leben zu verlängern.
Der Christ wird sich mit dem Gedanken abfinden, dass Gott den Kranken zu sich ruft und
akzeptiert damit die Verfügungsgewalt Gottes.
Die Aufnahme und der Abbruch einer medizinischen Behandlung könnten somit in der
Sphäre Gottes unmaßgebliche Randerscheinungen sein. In diesem Sinne könnte man
sagen, das der allmächtige Gott seinen Willen ungeachtet menschlicher Heilungsversuche
durchsetzen kann.
Die Spannung zwischen der Güte Gottes und dem von ihm zugelassenen Leiden der
irdischen Existenz bleibt bestehen, und sie will im Leben und Leiden ausgehalten werden.
Ein Atheist kennt keine höhere Macht, somit kann sich die Frage der göttlichen
Verfügungsgewalt schon gar nicht für ihn stellen. Wenn überhaupt, könnte sich ein Atheist
gegenüber dem Leben im Sinne der Mitlebenden (Familie, Freunde) verantwortlich fühlen.
Stirbt in einem atheistischen Umfeld eine Person nach einer langzeitigen ärztlichen
Behandlung, würden Angehörige nicht von einem Abberufen durch Gott sprechen, sondern
wahrscheinlich wissenschaftsorientiert von medizinischen Ursachen, Krankheiten oder
Behandlungsfehlern, die den Tod verursachten.
2.3
Psychologische Frage
Sterben: Kübler-Ross: 5-Sterbe-Phasen
Elisabeth Kübler-Ross hat ein Phasenmodell entwickelt, nach welchem sie das Sterben in
fünf Phasen unterteilt hat. Diese Phasen laufen selbstverständlich von Mensch zu Mensch
unterschiedlich ab, dauern bei dem einen mehrere Jahre, während der nächste sie innerhalb
weniger Minuten durchlebt. Da jeder Mensch einmalig ist und wir alle verschieden sind, ist
dies nur ein Durchschnitt, wie die psychische Situation des Menschen beim Sterben abläuft.
So durchlaufen manche von uns die ein oder andere Phase womöglich mehrmals, während
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andere eine Phase überspringen. Auch die Zeit, die der Einzelne in einer Phase verbringt,
schwankt stark. Oftmals durchleben auch Angehörige der Sterbenden den Prozess.
Grundsätzlich herrscht in den Phasen immer das Gefühl von Angst, bedingt durch das
unaufhaltsame Ende und auch durch den eintretenden Kontrollverlust.
2.3.1 Phase 1: Denial (dt. Verleugnung)
In dieser ersten Phase, welche umgangssprachlich die "Nicht-wahr-haben-wollen" Phase
genannt wird, will der Betroffene seine Situation nicht wahr haben. Der Kranke leidet unter
einem Schock, er schiebt die Schuld den Ärzten zu, wechselt eventuell den Arzt, um eine
"bessere" Diagnose zu bekommen. Er schmiedet Zukunftspläne, legt Wert auf seine äußere
Erscheinung und versucht -äußerlich- die Todesnähe zu verdrängen, während seine
Gedanken jedoch eigentlich die ganze Zeit um den Tod bzw. das Todesproblem kreisen.
In dieser Phase zieht sich der Kranke oftmals sehr zurück, da er in sich die ganze Zeit über
den Tod nachdenkt. Isolierung wird diese Phase darum auch genannt. In unserem Film sieht
man eben diese Isolierung bereits in der dritten Szene. Nachdem Melinda die Diagnose
mitgeteilt bekommen hat, setzt sie sich an ihren Laptop, sieht, dass ihre Freunde versuchen,
mit ihr Kontakt aufzunehmen, ignoriert deren Nachrichten jedoch komplett bzw. löscht ihre
"Kontakte", kapselt sich also bewusst von den bestehenden Verbindungen ab.
Im Film tritt der Engel Vera an Melindas Tiefpunkt in der Isolationsphase in ihr Leben. Durch
den Engel kommt der christliche Bezug in Melindas Leben. Der Engel löst den Besuch in der
Selbsthilfegruppe aus, von der zuerst die Ärztin gesprochen hatte. In der Folge vertieft sich
Melindas Bezug zur Kirche, sie beginnt unter anderem regelmäßig den Gottesdienst zu
besuchen.
Melinda senkt das Durchschnittsalter der Kirchgänger nicht unwesentlich.
Exkurs "Höhe des Lebensalters in Bezug zu der Anzahl der Gottesdienstbesuche":
Heutzutage überwiegt im Gottesdienst der Anteil an Menschen im fortgeschrittenen Alter
deutlich. Daraufhin könnte man sich fragen, woran das liegt. Ein möglicher Grund könnte die
Gewohnheit bzw. die Erziehung sein. Vor 60 bis 100 Jahren war es in vielen Familien normal
sonntags in die Kirche zu gehen. Aus Gewohnheit oder auch aus Tradition haben viele
Menschen damals den Kirchgang beibehalten. Da diese Tradition jedoch zurückging und die
von eben jener Tradition geprägten Menschen gealtert sind, besuchen heute überwiegend
ältere Bürger regelmäßig den Gottesdienst. Das ist aber noch nicht der einzige Grund.
Manche Menschen finden einfach erst im fortgeschrittenen Alter die Zeit, in die Kirche zu
gehen, während andere den Besuch des Gottesdienstes auch als Hobby oder
Freizeitbeschäftigung sehen. Für manche ist es eine Art Event, bei dem man sich zeigt bzw.
man geht in die Kirche, um der Isolation im Alter zu entgehen. Für wieder andere kann die
Beziehung zu Gott z.B. nach dem Verlust des Ehepartners auch eine ersetzende Beziehung
sein.
Der letzte und eventuell überwiegende Grund ist die Todesnähe. Den meisten Deutschen
geht es so gut, dass es ihnen an nichts fehlt. Sie haben keinerlei Sorgen und sehen somit
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lange Zeit im Leben keinen Grund, regelmäßig in die Kirche zu gehen. Je älter die Menschen
werden, desto näher kommen sie dem Tod und das ist ihnen auch bewusst. Sie gehen in
Rente und fragen sich, wie geht es weiter, was kommt jetzt noch? Sie fangen an, sich
Gedanken zu machen, was der Tod bedeutet. Und jetzt kommt der entscheidende Punkt:
Der Christ wird nun in seinem Glauben nach der Antwort auf die Frage was kommt nach dem
Tod suchen. Für den Atheisten gibt es nach dem Tod nichts, warum sich also Gedanken
machen über etwas, das nicht existiert? Für ihn geht das Licht aus, und das war`s. Während
Kriegszeiten rückt die Kirche häufig im Leben der Menschen wieder mehr in den
Vordergrund als in Friedenszeiten. Denn mit dem Krieg kommt, unabhängig vom Alter, für
jeden der Tod näher. Auf einmal muss sich jeder noch so gesunde Bürger Gedanken
machen, was nach dem Tod passieren wird, denn auf einmal kann es jeden zu jeder Zeit
treffen. Die Kirche gewinnt also an Zuspruch, da nun jeder beten möchte und jeder eine Art
"Todesnähe" spürt.
In unserem Film ist die Sterbende eine junge Person, ein Mensch, der eigentlich "noch nicht
dran ist" mit Sterben. Für sie zieht sich die ganze Situation nach vorn. Während andere
junge Menschen es vielleicht nicht nachvollziehen können, was sie an der Kirche findet, da
viele Jugendliche ohne den Glauben gut zurechtkommen, beginnt sie sich seit ihrer
Diagnose Leukämie mit dem Thema zu beschäftigen, mit dem sich die anderen frühestens
im Rentenalter auseinandersetzen. Für Melinda wird in diesem Zusammenhang der
sonntägliche Kirchgang und der Besuch der Selbsthilfegruppe, zweimal die Woche, zu festen
Bestandteilen ihres Lebens. Melinda fragt sich während ihrer Krankheit, die letztendlich auf
den Tod hinausläuft, zunehmend, was sie nach ihrem Tod erwartet. Insofern trifft der Satz
Martin Luthers "Gott wird durch Krankheit oft mehr verherrlicht als durch die Gesundheit."
auch auf Melinda zu, die aufgrund ihrer schweren Erkrankung den Zugang zu Gott findet.
2.3.2 Phase 2: Anger (dt. Ärger)
Ärger und Zorn sind die Gefühle, die in der zweiten Phase überwiegen.
"Warum denn gerade ich?" -das ist die Frage, die in der zweiten Phase aufkommt. Die
meisten Menschen stellen sich diese Frage mehrfach in ihrem Leben, so auch kurz vor dem
Tod. Warum muss gerade ich krank sein? Diese Frage ruft Zorn, Wut und Neid hervor. Diese
Gefühle richten sich dann gegen diejenigen die Weiterleben dürfen -Verwandte, Pfleger,
usw.- , denn den Tod kann man nicht direkt angreifen.
Diese Phase kommt im Film u.a. in Szene 16 vor, in welcher eine Sitzung der
Selbsthilfegruppe dargestellt ist, bei der Linus im Gesprächskreis den anderen erzählt, dass
er sich immer wieder überlegt, warum ausgerechnet er Lungenkrebs hat. "Manchmal frage
ich mich, warum es ausgerechnet mich getroffen hat,..."
Das Beispiel von Linus ist sehr passend für den gläubigen Christen. Denn dieser wird in der
Phase des Ärgers anfangen Gott zu fragen, warum ausgerechnet er derjenige ist, der jetzt
sterben muss. Warum ausgerechnet er, der schon seit seiner Taufe im Kindesalter gläubig
ist. Warum er, der jede Woche in die Kirche geht. Wenn er feststellt, wie gut er eigentlich ist,
wird er zornig werden, auch auf Gott.
Linus beschreibt seine Situation vergleichbar der Situation von Hiob. Allerdings nahm Hiob in
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kaum nachvollziehbarer Demut sein ganzes Unglück als Gottes Wille hin, ohne zornig zu
werden, mit den Worten: "Der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen; der Name des
Herrn sei gelobt!" 9
Die Überlegung findet durchaus Parallelen in biblischen Texten, so z.B. im zweiten Buch
Mose:
“Wirst du der Stimme des Herrn, deines Gottes, gehorchen und tun, was recht ist vor ihm,
und merken auf seine Gebote und halten alle seine Gesetze, so will ich dir keine der
Krankheiten auferlegen, die ich den Ägyptern auferlegt habe; denn ich bin der Herr, dein
Arzt.” 10
An dieser Stelle scheint die Lehre Jesus Christus eine vom alten Testament abweichende
Botschaft zu vermitteln. Danach scheint es eher nicht der richtige Ansatz zu sein, sich als
Christ die Frage zu stellen "Warum ich?". Man könnte sich vielmehr fragen "Warum nicht
ich?". Bleiben wir beim Beispiel von Linus. Er fragt sich warum gerade er Lungenkrebs
bekommen hat. Dabei geht es ihm sonst sehr gut. Der Lungenkrebs wird mit großer
Wahrscheinlichkeit nicht mehr zurückkehren, er ist also wieder gesund, hat noch einen
Lungenflügel, hat eine Familie, die ihn unterstützt, hat Freunde und führt ein gutes Leben. Er
sollte sich stattdessen eher fragen, wieso nicht er in einer armen Familie in Kenia geboren
wurde, oder wieso nicht er Opfer einer Gewalttat geworden ist. Kriege haben im letzten
Jahrhundert sicher mehr als 100 Millionen Todesopfer gefordert. Viele Millionen Menschen in
der dritten Welt leben so nahe am Existenzminimum und haben keinen Zugang zu sauberem
Wasser, so dass sie oft nicht wissen wie sie den nächsten Tage oder die nächsten Wochen
überleben können. Kinder im Alter von Linus, die in Slums leben, begegnen so oft Gewalt
und Drogenmissbrauch, dass es für sie zum Alltag gehört. Millionen von Menschen leiden,
weil sie missbraucht werden. „Warum ich?” scheint nicht die richtige Frage zu sein. „Warum
nicht ich?” oder "Wie gut habe/hatte ich es?", könnte ein anderer Ansatz sein, wenn man
bedenkt, wie die meisten Menschen leben.
War es Linus Verdienst oder seine Wahl, dass er in einer stabilen Familie aufwuchs? Konnte
er bestimmen, wo, wann und von wem er geboren wurde? War er ein besserer Mensch als
das Baby, das in einer armen Familie in Kenia zur Welt kam? Nein, vieles im Leben passiert
einfach, ohne dass der Betroffene etwas zu entscheiden hat. „Warum nicht ich?” - Gerade
als Christ sollten wir uns diese Frage stellen. Man muss seinen Verlust im Licht der globalen
Ereignisse betrachten. Leid ist nichts Besonderes. Wer Leid erfährt, gehört nur zu der
großen, weltweiten Gruppe von Menschen, die Leid erfahren. Ist es realistisch, ein Leben
ohne Enttäuschung und Probleme zu erwarten, ganz frei von Verlusten und Schmerzen? Es
gibt offensichtlich kein solches Leben; weder Glaube noch Macht noch Geld können einem
Menschen ein Leben ohne jede Enttäuschung und jedes Leid bescheren.
Das Gegenbeispiel ist dann ein Atheist, der noch nie etwas mit dem Christentum am Hut
hatte. Er wird anfangen nach jemandem zu suchen, mit dem er verhandeln kann. Dabei wird
ihm schnell bewusst werden, dass er mit einer höheren Macht als dem Menschen
verhandeln muss, denn wenn er todkrank ist, kann ihm auch der Chefarzt nicht mehr helfen.
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Hiob Kap 1; 21
2. Mose Kap 15; 26
10
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Also wird er versuchen eine Beziehung zu Gott aufzubauen. Sobald er nach einer Beziehung
zu einer höheren Macht sucht, ist er kein Atheist mehr. Wenn er jedoch keine Hoffnung oder
keinen "Erfolg" sieht, kann es schnell zu einer kaputten, auf Wut und Zorn, basierend
Beziehung kommen. Das heißt also, dass ein Atheist diese Phase nicht wirklich durchläuft,
da er auf Dauer seine Wut nicht gegen seine Mitmenschen richten kann, da er einsehen
wird, dass diese nicht die Schuld daran tragen. Oder er richtet seinen Ärger und seine Wut
doch an seine Mitmenschen, da er niemand andereren hat bzw. an niemand anderen glaubt,
gegen den er seine Wut richten kann .
2.3.3 Phase 3: Bargaining (dt. Verhandeln)
Linus ist auch ein gutes Beispiel für die dritte Phase. Er fängt an vor der Selbsthilfegruppe zu
verhandeln. "... vor der Diagnose habe ich viel Sport gemacht, ich habe im Verein Fußball
gespielt, gesund gelebt und nie geraucht. Warum also ich?..."
In der dritten Phase geht es ums Verhandeln. Der Sterbende hat erkannt, dass er sterben
muss und daran nichts mehr ändern kann. Darum beginnt er zu verhandeln. Nicht nur mit
den Menschen, wie den Ärzten oder Pflegern sondern auch mit dem Schicksal und mit Gott.
Auf der einen Seite haben wir jetzt den gläubigen Christen, welcher vor seiner Diagnose
regelmäßig in die Kirche gegangen ist. Dieser wird so weitermachen, wird viel beten und mit
Gott im Gebet verhandeln was er tun soll, um noch länger leben zu dürfen.
Entweder es gibt also etwas nach dem Tod oder nicht. Fest steht, dass das Christentum, für
jeden, zu jedem Zeitpunkt, die Möglichkeit bietet an Gott und ein Leben nach dem Tod zu
glauben, was diese zwei Bibelzitate zeigen:
"Und er sprach zu Jesu: HERR, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst! Und
Jesus sprach zu ihm: Wahrlich ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein." 11
"...und sprachen: Diese haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleich
gemacht, die wir des Tages Last und die Hitze getragen haben.
Er antwortete aber und sagte zu einem unter ihnen: Mein Freund, ich tue dir nicht Unrecht.
Bist du nicht mit mir eins geworden für einen Groschen? Nimm, was dein ist, und gehe hin!
Ich will aber diesem letzten geben gleich wie dir." 12
Im Matthäus Gleichnis, steht der Groschen für das Gottesreich. Nach diesen Bibelzitaten
reicht es am letzten Tag gläubig zu werden, denn Gott freut sich über jeden der zu ihm
kommt.
Auf der anderen Seite haben wir einen Atheisten. Dieser wird aber eventuell in der Phase
des Verhandelns doch anfangen die Kirche zu besuchen. Sobald er das jedoch tut, ist er
kein eindeutiger Atheist mehr. Denn wenn eben dieser beginnt nach einer höheren Macht zu
suchen, um mit dieser zu verhandeln, glaubt er an eine übermenschliche Kraft, etwas
"jenseits" der menschlichen Vorstellung.
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Atheist in der westlichen Welt in dieser Situation den
christlichen Glauben "ausprobiert", ist deshalb so groß, da der Kontakt zur christlichen
Religion in unserem Kulturkreis nach wie vor am leichtesten zu finden ist. Auch Atheisten
11
12
Lukas 23; 42, 42
Matthäus 20; 12, 13, 14
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sitzen als Kind mit im Religionsunterricht, sie erfahren im Geschichtsunterricht etwas über
den christlichen Glauben oder von Verwandten. So steigt die Wahrscheinlichkeit, dass in der
westlichen Welt ein Atheist spätestens während der Sterbephasen, wenn er eine
übermenschliche Macht sucht, sich zum christlichen Glauben hinwendet. Eventuell wird er
sogar Gelübde ablegen und Gott gegenüber Versprechen machen, wird sagen, dass er sich
komplett ändert, wenn er weiterleben darf.
Der konsequente Atheist, der jede übermenschliche Institution kategorisch ablehnt, diesem
fehlt ein Gegenpart um zu verhandeln. Wer wie ein Atheist unterstellt, dass das menschliche
Leben mit dem Tod endet und über den Tod hinaus keinerlei irgendwie geartete Fortexistenz
möglich ist, hat in der Konsequenz nichts zu verhandeln.
2.3.4 Phase 4: Depression (dt. Depression)
Nachdem der Sterbende in der vorherigen Phase seinen bevorstehenden Tod erkannt hat,
verfällt er nun in eine Depression. In der depressiven Phase empfindet er eine innere Leere,
er ist hoffnungslos und sieht nur die Sinnlosigkeit in allem. Dem Sterbenden wird bewusst,
was er mit seinem Tod verlieren wird, weshalb er zu trauern beginnt.
Diese Phase gilt es für die Christen mit Hilfe ihres Glaubens zu überwinden. Da Christen
davon überzeugt sind, dass die Seele des Menschen nach seinem Tod in den Himmel
aufsteigt, ist die christliche Ansicht, dass es nach dem Tod weitergeht. So ist es für Christen
leichter die depressive Phase zu überwinden, da sie der festen Überzeugung sind, dass man
nach dem Tod zu Gott kommt.
Während wir Christen also diese Hoffnung haben, dass wir als Glaubende nach dem Tod ins
Paradies, zu Gott, in den Himmel kommen, glauben Atheisten eigentlich daran, dass nach
dem Tod nichts mehr kommt. Darum ist es für Ungläubige um Längen schwerer aus dieser
Phase wieder herauszukommen. Denn wenn man darüber nachdenkt, dass man geboren
wurde -um aus wissenschaftlicher Sicht- im Schnitt 80 Jahre auf einer 4,54 Milliarden Jahre
alten Erde zu leben, um dann zu sterben und nie wieder irgendwohin zu kommen, d.h. also
nach dem Tod einfach nicht mehr zu sein, ist das ziemlich frustrierend und deprimierend.
Wenn man also zur Schule gegangen ist, gelernt und gearbeitet hat, immer versucht hat sein
Bestes zu geben und dann stirbt, um danach nichts mehr zu sein, eine, im Verhältnis zum
jetzigen Alter der Erde winzig kurze Zeit auf der Erde gelebt hat, und das für nichts, denn
man hinterlässt nichts, man wird vergessen werden, niemand wird sich mehr erinnern und es
wird keinen mehr interessieren, ob du mal gewesen bist oder auch nicht.
2.3.5 Phase 5: Acceptance (dt. Akzeptanz)
Die letzte Phase ist die Phase der Akzeptanz. In dieser Zeit nimmt der Betroffene sein
"Schicksal" an, er hat zwar, wie während allen Phasen, immer noch schwache Hoffnungen
auf ein Wunder, hat sich jedoch auch mit seiner Situation abgefunden. Der Kranke isoliert
sich, er redet kaum mehr und lebt in seiner eigenen Welt, ist körperlich und geistig erschöpft.
Dennoch bekommt er alles von außen mit, gerade deswegen ist es wichtig, dass er immer
noch Besuch von den wichtigen Personen in seinem Leben bekommt.
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Seminararbeit "Saving Angel" von Vivien Betz
Schuljahr 2013/2014
Im Film sieht man die letzte Sterbephase ab Szene 26, in der Melinda sich entscheidet, die
Chemotherapie zu beenden. Sie hat einerseits ihre Krankheit akzeptiert, hört auf gegen
diese anzukämpfen und beendet damit aber auch ihr Leben. Sie akzeptiert damit den Willen
Gottes bzgl. ihrer Krankheit, welcher ihrem Leben so früh ein Ende setzt.
In den darauffolgenden Szenen sieht man, dass sie ihr restliches Leben nochmal auskostet,
obwohl oder gerade weil sie weiß, dass es bald vorbei ist. Ab Szene 30 geht es
gesundheitlich bergab, man sieht wie sie kaum mehr spricht, sich zurückzieht und isoliert.
Nun ist sie komplett in der fünften Sterbephase angelangt.
Ein Christ wird in dieser Phase sehr in seinen Gedanken sein, wird über den Tod bzw. das
Leben nach dem Tod nachdenken. Desweiteren wird er sich auch an die schönen Momente
in seinem Leben erinnern und in der Vergangenheit schwelgen.
Ein Atheist wird über sein Leben nachdenken, auch er wird sich an die schönen Momente
erinnern. Einem Atheisten ist es viel wichtiger im Leben etwas Entscheidendes,
Veränderndes zu hinterlassen. Er macht sich keine Gedanken über die Zukunft, da er davon
ausgeht, dass am Tage seines Todes einfach nur das Licht ausgeht. Aber gerade darum ist
es für ihn so viel bedeutender, etwas auf der Erde zu hinterlassen, das an ihn erinnert oder
in dem er weiterlebt. Ein solches "Lebenswerk" kann entweder eine Veränderung oder eine
erbrachte Leistung sein, oder aber auch eine besondere Erfindung. Viele sehen aber auch in
ihren Kindern einen Sinn für ihr Leben. Denn in wem lebt man in gewisser Weise weiter,
wenn nicht in den eigenen Kindern.
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Seminararbeit "Saving Angel" von Vivien Betz
Schuljahr 2013/2014
3 Schluss: eigene Meinung/Fazit
Unterscheidet sich Sterben mit christlicher Hoffnung vom Sterben ohne christliche Hoffnung
und wie? Ich habe diese Frage eruiert. Nun möchte ich der Arbeit meine eigene Meinung
anhängen.
Zuerst möchte ich meine Meinung zu Atheisten offenbaren:
Ich persönlich glaube nicht daran, dass ein Mensch als Atheist stirbt. Ich denke, dass jeder
Sterbende, selbst wenn er dies nach außen verleugnet, im letzten Abschnitt vor seinem Tod
Hoffnung und Glaube in einer höheren, göttlichen Macht sucht. Hierzu möchte ich die
Aussage des früheren Fernsehmoderator Alfred Biolek erwähnen: „Gerät ein Flugzeug in
Turbulenzen gibt es an Bord keinen Atheisten mehr.“
Meiner Ansicht nach kann kein Mensch sterben mit dem Gedanken, dass das Licht ausgeht
und danach nichts mehr ist.
Desweiteren möchte ich, wie bereits in meinem Bericht erwähnt, wiederholen, dass die
Situation eines Menschen im Sterben komplex und individuell ist. Deshalb ist an dieser Stelle
auch kein Platz für eine generalisierte Darstellung über das Sterben und den Tod von
Menschen.
Die Überschrift Hoffnung -in meiner Vorstellung- vermischt sich. Es unterscheidet sich nicht
nur zwischen christlicher oder nicht christlicher Hoffnung.
Hoffnung ist unabhängig von Religion, alle Menschen hoffen, wenn auch eventuell nur auf
einfache, irdische Dinge, wie den nächsten Tag oder eine Gehaltserhöhung. Aber einige
Religionen, wie z.B. das Christentum hoffen auf Überirdisches, Göttliches. Auf etwas nach
dem Tod, etwas für die Ewigkeit.
Das Christentum ist ein Glaube, d.h. wir hoffen in gewisser Weise, dass unser Glaube der
Realität entspricht. In den letzten Minuten vor meinem Tod, werde ich vermutlich nicht mehr
im gebräuchlichen Sinne "glauben", sondern vielmehr hoffen. Hoffen, dass mein Glaube sich
bewahrheitet.
Darin liegt vermutlich eine Art Gemeinsamkeit mit Atheisten, denn diese glauben nicht, aber
hoffen vielleicht. Wichtig ist also: Glaube ist nicht wissen. Das ist vermutlich auch der Grund,
warum Christen im Sterbeprozess ihre Zweifel haben. Denn eigentlich erwarten wir etwas
Wundervolles nach dem Tod, es wird ganz anders sein, als wir es jetzt begreifen können
oder uns vorstellen. Trotzdem haben wir Zweifel im Sterben. Denn wir glauben eben doch
nur, wir hoffen, wir wissen nicht was passieren wird.
Und deswegen hofft -meiner Ansicht nach- auch der, der sich nicht als Christ bekennt, auf
etwas, das auf dasselbe wie den christlichen Glaube hinausläuft.
Sicher gibt es eine Menge Menschen, die meiner Meinung an dieser Stelle nicht zustimmen.
Ich bin aber überzeugt, dass kein Mensch außer demjenigen, der aufgrund der Umstände
keinerlei Wahrnehmung bzgl. der Sterbesituation besitzt, ohne Hoffnung stirbt.
Es gibt Krankheiten, die eine geistige Behinderung mit sich bringen, die Menschen in ihrem
Handeln und ihrem Denken extrem einschränken. Diese Personen können eventuell von
äußerlichen Einwirkungen und Reizen nichts mitbekommen, weshalb sie auch kein
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Seminararbeit "Saving Angel" von Vivien Betz
Schuljahr 2013/2014
selbstständiges Denken in dieser Dimension entwickeln. So werden sie bei ihrem Tod
-unabhängig ob christlich oder nicht christlich- vermutlich keine Hoffnung haben. Durch eine
geistige Isolation haben sie eventuell nie etwas von Glauben oder Hoffnung mitbekommen.
Ich habe einen -meiner Meinung nach- sehr passenden Psalm zu eben diesem Thema
gefunden. Er handelt vom ewigen Gott und dem vergänglichen Menschen.
"3 Der du die Menschen lässest sterben
und sprichst: Kommt wieder, Menschenkinder!
4 Denn tausend Jahre sind vor dir wie der Tag,
der gestern vergangen ist, und wie eine Nachtwache.
5 Du lässest sie dahinfahren wie einen Strom;
sie sind wie ein Schlaf, wie ein Gras, das am Morgen noch sprosst,
6 das am Morgen blüht und sprosst
und des Abends welkt und verdorrt." 13
Der vierte Vers dieses Psalms verdeutlicht meine Ansicht bzgl. der Dauer eines
Menschenlebens im Universum, wie ich sie bereits in 2.3.4 (Phase 4: Depression)
beschrieben habe. Desweiteren zeigt der Psalm die Macht, die Gott über uns hat, er zeigt
wie schnell sich alles ändert (Vers 5 und 6).
Der Psalm zeigt uns also die Ewigkeit Gottes und die Endlichkeit des Menschen. In der
Verflüchtigung unserer Tage und Jahre ist Gott die einzige Zuflucht.
Ich wurde während der Behandlung des Themas selbst mit Zweifeln am christlichen Glauben
konfrontiert. Ich habe begonnen mich zu fragen warum Gott Krankheiten zulässt, warum
lässt er uns leiden, warum sind manche Menschen so arm und andere reich, wieso sorgt
Gott nicht für mehr Ausgeglichenheit. Natürlich war das nicht das erste Mal, dass ich mir
über solche Probleme Gedanken gemacht habe, aber es war das erste Mal, dass ich mich
damit intensiver auseinandergesetzt habe. Hier war die Gestaltung der einzelnen Szenen für
mich sehr hilfreich. Auch im Umgang mit den Schauspielern habe ich mich sehr stark in die
zu spielenden Rollen hineinversetzt und die ganze Problematik viel tiefer erfassen können.
Dabei habe ich festgestellt, dass ich manchmal etwas kleinkrämerisch über Gottes Verhalten
gedacht habe. Es passt nicht zu meinem Gottesbild, dass Gott ein mit Krankheiten und Tod
strafender Gott ist. Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass wir Menschen nicht
annähernd in den Bahnen Gottes denken können.
Desweiteren habe ich mich auch lange mit der Frage, über die Linus nachdenkt, beschäftigt.
"Warum ich?"- wer von uns hat sich das noch nicht gefragt?
Aber ich denke wir sollten uns wirklich immer wieder fragen "Warum nicht ich?". Wir sollten
dankbar sein für das, was wir haben, unser Schicksal annehmen und uns nicht ärgern, weil
wir andere Dinge wollen.
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Psalm 90, 3-6
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Seminararbeit "Saving Angel" von Vivien Betz
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Literatur
Lebensschutz in Rheinland-Pfalz: Aktive Sterbehilfe - Rechtslage in den
Niederlanden/Holland, unter
http://www.cdl-rlp.de/Unsere_Arbeit/Sterbehilfe/Sterbehilfe-in-Holland.html (abgerufen am
26.08.2014)
III. Rechtliche Regelungen: Die Situation in den Niederlanden, unter
http://www.drze.de/im-blickpunkt/sterbehilfe/rechtliche-regelungen (abgerufen am
06.09.2014)
Sterben: Sterbephasen, unter
http://www.evangelische-religion.de/sterbephasen-1.html (abgerufen im
November/Dezember 2013)
Die fünf Sterbephasen nach Kübler-Ross, unter
http://www.pflegewiki.de/wiki/Die_f%C3%BCnf_Sterbephasen_nach_K%C3%BCbler-Ross
(abgerufen im November/Dezember 2013)
Elisabeth Kübler-Ross, unter
http://de.wikipedia.org/wiki/Elisabeth_K%C3%BCbler-Ross (abgerufen im
November/Dezember 2013)
Miriam Hinrichs: Neun Minuten im Himmel: Wie Gott wirklich ist, unter
http://www.jesus.ch/erlebt/schicksal/tod/258574-wie_gott_wirklich_ist.html (abgerufen am
26.08.2014)
Lutherbibel für Dich, 2007, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
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