Verabschiedung des Pastors - Predigt Das hat es doch in Lohne

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Verabschiedung des Pastors - Predigt Das hat es doch in Lohne
Verabschiedung des Pastors - Predigt
Das hat es doch in Lohne noch nie gegeben, so war eine der Reaktionen auf die Bekanntgabe,
dass ich im Herbst dieses Jahres nach Vechta wechseln werde.
Dass ein Pastor von St. Gertrud eine andere Stelle übernimmt, das ist schon ungewöhnlich. In
der Tat, wenn wir die jüngere Geschichte unserer Pfarrgemeinde durchstöbern, dann haben
sich die Pastoren von St. Gertrud entweder in den Ruhestand verabschiedet oder sie sind aus
Altersgründen gestorben. Ein Wechsel in eine andere Pfarrgemeinde ist ein bislang einmaliger
Vorgang.
Ich selbst hatte mir die Zukunft auch anders vorgestellt. Als ich im Mai 1995 die
Pfarrgemeinde – von Brake kommend- übernommen habe, habe ich damals in diesem
Gespräch zwischen Umzugskisten in „Kirche und Leben“ gesagt: „Die Geschichte dieser
Gemeinde beginnt nicht mit mir. Diese Gemeinde hat eine Jahrhunderte alte Geschichte.“
In diese Geschichte bin ich eingetreten, habe sie 15 Jahre mitgestalten dürfen, habe mich
bemüht, den Glauben mit Ihnen zu leben und zu teilen, den Glauben weiterzugeben und zu
zeigen, dass es in ihm und durch ihn ungeahnte Möglichkeiten gibt, mehr als wir denken und
ahnen.
Ein Wechsel – wie er jetzt – unwiderruflich – ansteht – schien mir lange Zeit ebenfalls
undenkbar.
Doch man muss eines bedenken, als ich kam, sagte ich: Die Geschichte dieser Gemeinde ist
alt, sie besteht über viele Jahrhunderte.
Mein Wechsel bedeutet nicht nur den Wechsel einer Person, eines Pastors, er bedeutet mehr:
im Bild gesprochen: in wenigen Wochen – genauer am 1. Advent – wird gleichsam das Buch
von St. Gertrud geschlossen in der bisherigen Form, es wird nicht nur ein neues Kapitel
aufgeschlagen – es wird ein neues Buch aufgeschlagen.
Der Titel: St. Gertrud
Der Inhalt: nicht mehr allein die bislang umschriebenen Grenzen sondern andere Grenzen,
andere Personen, andere Gesichter, doch es bleibt der Glaube an den einen Herrn, der uns
geschaffen, der uns erlöst hat und der uns liebt in Zeit und Ewigkeit.
Und wenn Sie mich fragen, heute, beim Abschied nach 15 Jahren, „Was war dir wichtig? Was
wolltest du vermitteln? Wofür hast du dich eingesetzt?“, dann war es diese Überzeugung: Der
christliche Glaube ist nicht nur eine Verschönerung des Sonntags, sondern eine Hilfe und
Kraft für jeden Tag.
Ich habe in den Exerzitien am Beginn dieses Monats ein kleines Buch von Franz-Josef Bode,
dem Bischof von Osnabrück, gelesen mit dem Titel „Priester – Wurzeln und Visionen einer
spannenden Berufung“. Darin stand auch ein Beitrag von Bischof Felix Genn. In einem
schönen Bild beschreibt er den Priester als eine Person, die in aller Gebrochenheit des eigenen
Lebens dafür sorgt, dass die Menschen sich nicht einfach ein Dach über den Kopf ihres
Lebens ziehen, sondern darin eine Öffnung haben, die sie mit der Welt Gottes, mit der Welt
des Heiligen, in Verbindung bringt. Für mich ein sehr schönes Bild – es besagt zweierlei:
Zunächst brauchen wir ein Dach über dem Kopf, ein Zuhause, eine Heimat. Wir brauchen ein
Dach über dem Kopf auch in der Kirche, und damit ist gemeint, es ist nicht nur wichtig, dass
Kirche, Pfarrheim, Kindergärten, in gutem baulichen Zustand sind – das natürlich auch – denn
dort, wo mir das Wasser ständig auf den Kopf tropft, kann ich mich nicht wohl fühlen – doch
noch wichtiger ist, dass wir in Kirche und Gemeinde ein Zuhause, eine Heimat haben oder
finden. Dort, wo ich mich eingeladen, aufgenommen, aufgehoben fühle, da gehe ich hin, da
komme ich wieder, das ist ein Ort, den ich gerne aufsuche.
Diesen Raum zu schaffen war mir ein tiefes Anliegen, und zwar nicht im Sinne eines
Exklusiv-Anspruchs, nur für Kinder, nur für Jugendliche, nur für Erwachsene, nur für
Senioren,
sondern für Kinder und Jugendliche und Erwachsene und Senioren.
In diesem Miteinander und Füreinander sollen alle eine geistliche und geistige Heimat finden.
Das aber kann man nicht allein schaffen, dafür braucht es das Mitwirkende und das
Engagement vieler.
Die zahlreichen Fahnen und Banner geben durch ihre Anwesenheit diesem Gottesdienst nicht
nur einen festlichen Rahmen, sondern sind auch Hinweis darauf, dass hier Menschen bemüht
sind, in ihrem Umfeld, einer Berufsgruppe, Menschen zu sammeln und aus der Sammlung zu
senden.
Darüber hinaus waren es die Mitglieder der Gremien des Kirchenausschusses und des
Pfarrgemeinderates, die kirchlichen Einrichtungen, die Haupt- und Ehrenamtlichen und viele,
viele Gemeindemitglieder, denen ich für die gute Zusammenarbeit und das Vertrauen und
Wohlwollen, das sie mir entgegengebracht haben, zutiefst dankbar bin.
Die Mitbrüder und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Seelsorge des Dekanates
Damme haben mich in einem überwältigenden Votum dem Bischof für das Amt des
Dechanten des Dekanates Damme vorgeschlagen. Auch in dieser Tätigkeit durfte ich großes
Vertrauen und vielfältige Unterstützung erfahren.
Aus dieser Sicht von Gemeinde wird auch deutlich, der Priester muss sammeln,
zusammenführen, verbinden, aber nicht Alleinunterhalter oder Mittelpunkt sein, um den sich
ständig alles dreht. Ich weiß, dass ich in dieser Hinsicht manche enttäuscht, manche
Erwartungen nicht erfüllt habe.
Kirche hat zwar ihren Ursprung in ihm, Jesus Christus, den Paulus im Timotheus-Brief als
König der Könige und Herr der Herren bezeichnet. Doch sein Wort: „Erfülle deinen Auftrag!“
gilt nicht nur für Priester und Hauptamtliche, sondern für jeden Christen. Ich habe mich
bemüht meinen Auftrag zu erfüllen nach besten Kräften und nach meinen Möglichkeiten, in
ehrlicher Absicht und mit großer Freude.
Allen, die so tatkräftig hier in diesen Jahren mitgewirkt haben, mich unterstützt haben,
vielleicht auch meinetwegen manchmal Kritik einstecken mussten, sage ich aufrichtig Danke.
Es war aber nicht nur Arbeit, sondern auch Freude, weil sie mir Heimat und Geborgenheit
gegeben haben.
Dort, wo ich Fehler gemacht habe, Enttäuschungen ausgelöst habe oder aus menschlicher
Unzulänglichkeit meinem Auftrag nicht entsprochen habe, bitte ich von Herzen um
Verzeihung und Nachsicht.
Im Timotheus-Brief heißt es weiter: Ihm gebührt Ehre und ewige Macht.
Da bringt es der Apostel genau auf den Punkt: um wen es geht und in wessen Auftrag wir
handeln, was wichtig ist. Es geht nicht nur um uns, nicht allein darum, dass wir uns
wohlfühlen.
Es geht um Ihn: „Ich gebiete dir bei Gott, von dem alles Leben kommt, und bei Christus
Jesus.“ - so der Apostel Paulus. Oder mit den Worten von Bischof Felix Genn: Im Dach des
Hauses muss eine Öffnung sein, die uns mit der Welt Gottes, der Welt des Heiligen in
Verbindung bringt.
Diese Verbindung herzustellen, zu erneuern oder zu vertiefen war mir ein wichtiges Anliegen.
Ich bin für die Feiern der Sakramente, besonders der Eucharistie, die Andachten, die
Betstunden, Meditationen, aber auch die persönlichen Gespräche, für das Vertrauen und die
Offenheit zutiefst dankbar. Die Kirche hatte in 15 Jahren einige Krisen – aber diese Gemeinde
hat mir die Treue gehalten und Vertrauen geschenkt.
Als ich im August mit den Senioren im Bibelgarten Werlte war, zog am Ende jeder von uns
einen Spruch, den er mit nach Hause nehmen konnte. Ich habe meinen bis heute aufbewahrt
und möchte gerne damit enden. Er lautet wie folgt:
Segne – Herr
Meinen Weg
Den zurückgelegten
Und den – der noch vor mir liegt.
Segne jene
Die mich begleitet haben
Und die es noch tun werden.
Segne meine Pausen
Meine Umwege und Irrwege
Segne immer wieder
Meine Aufbrüche
Und Fortschritte
Und wenn ich das Ziel erreiche
Segne mein Ankommen.
Segne Herr
Meinen Weg
Den zurückgelegten
Und den – der noch vor mir liegt.
Amen.