Hauptseminar: Sprachkontakte innerhalb der Romania - bsp
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Hauptseminar: Sprachkontakte innerhalb der Romania - bsp
Hauptseminar: Sprachkontakte innerhalb der Romania Sommersemester 2010 Dozentin: Frau Dr. phil. habil. Barbara Schäfer-Prieß Referentinnen: Martina Raupp, Franziska Kusebauch Termin: 31.05.2010 Der italienische Einfluss auf das Französische 1.1.1 Geschichtliche Entwicklung von den Anfängen bis ins 16. Jahrhundert • • • • • • • • • • • • Beziehungen zwischen Frankreich und Italien seit dem Mittelalter: Kreuzzüge, Handel, Kriege bringen beide Völker miteinander in Berührung. von größter Bedeutung sind die Kriege, die 1494 ihren Anfang nehmen; Karl VIII führt sein Heer über die Alpen, 1544 Frieden von Crépy (Sarauw, S. 2f.) erste italienische Ausdrücke seit dem 12. Jahrhundert nachweisbar, z.B. coton, sucre, und perle. der Großteil der Italianismen, die in den französischen Wortschatz gelangten, ist dem 16. Jahrhundert zuzuschreiben. aus dem 13. Jahrhundert stammt lombard (Wucherer), norditalienische Geldverleiher sind in Europa tätig. Entlehnungen zu dieser Zeit sehr gering, trotzdem hoher Stellenwert, Kontakt Italiens mit Frankreich sowohl im wirtschaftlichen als auch im Bereich der Schifffahrt. in der darauffolgenden Periode Ausbreitung der Italianismen. Bruno Migliorini („Storia della lingua italiana“): Italien erreicht im 14. und 15. Jh. seinen kulturellen Höhepunkt, Vorrangstellung der Städte Norditaliens gegenüber den anderen europäischen Städten im Handel- und Bankwesen. Italienfeldzüge der französischen Könige Karl VIII., Ludwig XII. und Franz I. ab 1494 – als Kriege zur Durchsetzung von Erbansprüchen auf italienische Territorien. unter Heinrich II. Auseinandersetzung mit dem Hause Habsburg um die Hegemonie in Westeuropa, Friede von Le Cateau-Cambrésis im Jahr 1559, Verzicht auf die Ansprüche in Italien. Somit entsteht ein enger Kontakt Frankreichs zu der hochentwickelten italienischen Kultur und damit gleichzeitig zu Humanismus und Renaissance, seit dem 14. Jh. und verstärkt seit dem 15. Jh. in Italien. bedeutende französische Humanisten des 16. Jh. u.a. : Guillaume Budé, Robert und Henri Estienne, aber auch Rabelais und die Dichter der Pléiade. Leonardo da Vinci und Benvenuto Cellini vermitteln die Kunst der Renaissance nach Frankreich. Dadurch Auseinandersetzung mit der italienischen Kunst, italienischen Kultur und Lebensweise. über Lyon, dem Zentrum des Handels mit Italien, wurden die meisten Ausdrücke entlehnt. Die Dichterschule von Louise Labé und Maurice Scève in Lyon weist ebenfalls einen enormen italienischen Einfluss auf. (Geckeler/Dietrich, S. 212). 1.1.2 Italomanie • • entsteht im Frankreich des 16. Jh. durch Kulturimporte im Gefolge der Kriege der französischen Könige in Italien. Dazu gehört auch eine reiche Übersetzertätigkeit aus dem Italienischen, so das Buch vom perfekten Hofmann „Il Cortigiano“ von Baldassare Castiglione, 1528. Vereinigung der französischen Monarchie mit der wirtschaftlich und finanziell mächtigen Familie der Medici in Florenz • Heinrich II heiratet 1533 Katharina von Medici: italienische Höflinge und Intellektuelle wandern ebenfalls nach Frankreich aus. Sie beeinflussen bald den Hof, die Kultur und das Geistesleben. Dieser kulturelle Einfluss spiegelt sich in der französischen Sprache wider. Viele Italianismen finden Eingang in die frz. Sprache, aus dem Bereich der Kleidung, der Ernährung. Etwa 8000 Wörter dringen zu dieser Zeit in den französischen Wortschatz, etwa 800 Wörter werden auch heute noch verwendet. (Geckeler/Dietrich, S. 214f.) 1.1.3 Italophobie • als Vertreter Henri Estienne mit seinen Schriften: 1565 „La Conformité du langage françois avec le grec.“,1578 „Deux dialogues du nouveau langage françois italianizé“, 1579 „De la Precellence du langage françois.“ Verfechter des Purismus der frz. Sprache. Die sog. Bartholomäusnacht, le crime italien, inszeniert von Katharina von Medici kostet Zehntausenden von Hugenotten das Leben. Bei den Erstbelegen der Italianismen lässt sich nach 1560 ein deutlicher Rückgang gegenüber der Regierungszeit Heinrichs II. feststellen. (Klare, S. 103f.) 1.2. Das 17. Jahrhundert • • • Unterstützung der katholischen Maria von Medici (1573-1642), seit 1600 die Gattin des Monarchen. Die Mutter Ludwigs XIII übernimmt zunächst die Regentschaft, großer Einfluss des Florentiners Concini, Maréchal de France, der 1617 ermordet wird. der absolutistischen Regierung Ludwig XIII, beeinflusst von Richelieu, folgt Ludwig XIV, politische Macht in den Händen des aus Italien stammenden Kardinals Mazarin (1602-1661), nach dem Tod Richelieus. ca. 1640 Verbreitung neuer Umgangsformen in den Salons, die auf die Verfeinerung der gesellschaftlichen Beziehungen zielen. Eine Reaktionserscheinung gegen die noblesse der preziösen Sprache mit ihren mots nobles ist die Burleske. 1611 gilt als Erstbeleg für den Italianismus burlesque (< it. burleso. (Klare, S. 126 f.) 1.2. Das 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart • • • Ende des 18. Jahrhunderts (1796/97) Feldzug in Oberitalien und die Eroberung der Lombardei in einem Blitzkrieg durch Napoleon. 1797 Kapitulation Mantuas; Friede von Tolentino mit Pius VI.; Vorstoß nach Kärnten und Vorfrieden von Leoben. Kontributionen der „befreiten Italiener“ stützen das bankrotte Direktorium und fördern den Napoleon-Mythos (Überführung italienischer Kunstwerke in den Louvre). Oktober 1797 Frieden von Campo Formio: Österreich tauscht u.a. Belgien und Mailand gegen Venedig (Untergang der tausendjährigen Republik). Es folgt der Ausbau des französischen Satellitensystems durch Tochterrepubliken: 1797 Gründung der Cisalpinischen Republik (Mailand) und der Ligurischen Republik (Genua). Bonapartismus unter Louis Napoleon, Neffe Napoleons, 1852 als Napoleon III. durch einen Staatsstreich zum Kaiser ausgerufen. Kriege mit Österreich und Preußen. Frankreich erhielt 1859 Savoyen und Nizza. 2. Korsika und der italienische Einfluss • • französisch offizielle Amtssprache, aber auch Italienisch und Sardisch hinterlassen wichtige Einflüsse. Ist es ein Dialekt des Italienischen? Oder eine romanische Sprache? gegen Ende des 11. Jahrhunderts erheben die Päpste auf Grund einer Schenkung Karls des Großen Anspruch auf die Insel, woraufhin sich die Korsen 1077 zu Untertanen des Heiligen Stuhls erklären. Bis zur Gotenherrschaft verläuft die Geschichte Korsikas und Sardiniens weitgehend parallel. Unter den Franken jedoch wird Korsika Mittelitalien zugeordnet. Papst Gregor VII vertraut Korsika im Jahre 1077 der Stadtrepublik Pisa an, in deren Oberhoheit die Insel bis 1284 verbleibr. Die pisanische Herrschaft hinterlässt sprachlich tiefe Spuren. • • • • • • • • aus dem Konkurrenzkampf zwischen Pisanern und Genuesen, die Korsika offiziell von 12841768 als Kolonie besitzen, entspringen viele Konflikte. Korsika wird vollständig in die Kulturund Sprachlandschaft Italiens eingegliedert. ab dem 13. Jahrhundert übernehmen die gebildeten Kreise das Toskanische. der toskanische Einfluss führte zum Zusammenbruch der alten linguistisch-kulturellen Einheit von Korsika und Sardinien, das damals unter einer katalanisch-aragonesischen Herrschaft war. Die Genuesen hinterließen nur wenig von ihrem Dialekt, da auch sie die toskanische Schriftsprache übernahmen. seit 1729: korsischer Unabhängigkeitskrieg. Vertrag von Versailles: Genua trat 1768 Korsika an Frankreich ab. Diese politischen Ereignisse haben linguistische und soziolinguistische Konsequenzen. Parallel zum Rückgang des Hochitalienischen setzt sich das Hochfranzösische in Wort und Schrift immer mehr durch. Sprachmischungen entstehen, als francorsu bezeichnet, die bald auch auf Spott stoßen. Bedürfnis der Korsen nach einer eigenen Identität, schriftsprachliche Verwendung des Korsischen seit 1896. Orthographie, Morphologie, Syntax und Lexikon des Korsischen werden standardisiert. Korsisch wird heute nicht nur in der Schule – von der Vorschulerziehung bis hin zur Höheren Schule – unterrichtet, sondern auch in der Universität (Goebl, S. 131) zum Beispiel in der Università di Corsica Pasquale Paoli in Corte. noch ist das Korsische nicht im offiziellen Alltag vertreten. Das Französische setzt sich auch im mündlichen Bereich durch und ist sogar zur Muttersprache vieler Korsen geworden (Geckeler/Dietrich, S. 35). Bis in die erste Hälfte des 20. Jh. war das Italienische (zusammen mit den Okzitanischen) diejenige unter den lebenden Sprachen, die den Wortschatz des französischen zahlenmäßig am stärksten beeinflusste; zwischenzeitlich ist das Englische die wichtigste Spendersprache für das Französische geworden. (Geckeler/Dietrich, S. 214f.) 3. Die besondere Situation im Aostatal • • • • Im Aosta-Tal, einem Hochalpental im Dreiländereck Frankreich – Italien – Schweiz hat sich das Frankoprovenzalische erhalten und ist dort im Unterschied zu den frankoprovenzalischen Dialekten der Suisse romande und Südostfrankreichs noch lebendig. Die meisten Valdostaner sprechen es als Muttersprache. Später kamen das Französische und das Italienische hinzu. Seit 1948 sind Französisch und Italienisch offizielle Amtssprachen (Pöll, 1998, S. 38), während das Frankoprovenzalische weiterhin als Muttersprache fungiert. Nach dem Untergang des römischen Reiches geht Aosta 575 an das Frankenreich, womit die Ausrichtung zur Galloromania hin fixiert war (Pöll,S. 40). Es entwickelt sich dort der Dialekt einer romanischen Sprache, die Ascoli 1873 Franko-Provenzalisch genannt hat, als Sammelbegriff für diejenigen galloromanischen Dialekte, die sich weder dem Französischen (langues d’oïl) noch dem Okzitanischen (langues d’oc) zuordnen ließen und eine eigenständige dritte Gruppe bildeten. Zunächst gehört das Aosta-Tal zum Mittelreich Lothars, dann zu einem der daraus entstehenden burgundischen Königreiche und schließlich gerät es in den Einflussbereich des deutschen Reiches, bevor 1032 das Haus Savoyen die Herrschaft übernahm. Im Jahre 1561 erhob der Savoyer-Herzog Emmanuel-Philibert das Französische zur alleinigen offiziellen Sprache. Französisch ist nun die unangefochtene Dachsprache, bis im Jahre 1860 die frankophonen Gebiete Savoyen und Nizza an Frankreich, Aosta aber an Italien gingen (Pöll, S. 40) Mit der Eingliederung in den italienischen Staat wird das Französische im Aosta-Tal sukzessive aus allen öffentlichen Domänen verdrängt, zugunsten des Italienischen. Die Verfechter der italienischen Einheit streben eine einsprachige Nation an (Picoche / MarchelloNizia, S. 57). Der Französischunterricht in den Volksschulen wird 1883 / 84 verboten, aber erst unter dem faschistischen Regime erreicht die Italianisierungspolitik (1922-1945) ihren Höhepunkt. Auf Grund der Trennung von Savoyen und wegen des massiven Zustroms von • • • • • Italienern wandern viele Valdostaner nach Frankreich ab. Ab 1943 bilden sich im Aosta-Tal Résistance-Gruppen, die sich zum Teil für die Sezession von Italien und den Anschluss an Frankreich einsetzten. Von Seiten Frankreichs aus wurden diese Bestrebungen gut geheißen, sie tragen schließlich zur Bereitschaft Italiens bei, dem Aosta-Tal im Jahre 1948 sein Autonomiestatut zu gewähren (Pöll, S. 40-41). Heute begegnen uns im Aosta-Tal folgende Sprachformen: Ein dem Standard nahes Französisch, gesprochen von Menschen, die das Französische im Beruf benötigen (im Tourismus Beschäftigte, Journalisten, Übersetzer, Lehrer) ebenso wie von Reimmigranten sowie deren Kindern mit französischer Muttersprache. zweite Varietät des Französischen, die gekennzeichnet ist von der Triglossiesituation mit dem Italiensichen und dem Franko-Provenzalischen. Auf Grund des Fehlens modernen Wortschatzes wurden zum Beispiel technische Bezeichnungen aus dem Italienischen entlehnt (le stéreo < lo stereo statt la chaîne hifi). Typisch sind auch phonetische, syntaktische und pragmatische Besonderheiten (Pöll, S.41) Das Italienische, das in den Medien dominiert. Radio und Fernsehen senden mehrheitlich auf Italienisch. Französisch und Italienisch sind seit 1948 ko-offiziell und werden faktisch in den Schulen gleichgestellt. Das Franko-Provenzalische, das deutlich in den privaten Domänen dominiert und im öffentlichen Raum kaum verankert ist. 4. Italianismen im französischen Wortschatz- Der formale Aspekt 4.1. Phonetik • • • • Verstummen der Vokale am Wortauslaut, aber: it. [a]>[ə]; möglicherweise geschah dies jedoch bereits in norditalienschen Varietäten; und Tendenz der finalen Konsonanten, zu verstummen. Bemerkbar an alternierender Orthographie : z.B. brigantil/ brigantin < it. bringantino (Brigg), pasquil/ pasquin < pasquino (Schmähschrift) Bei Erhalt des finalen Kosonanten kommt es teilweise zu einer Änderung des Genus, da die Form im Französischen feminin verstanden wurde: z.B. it. masc. crinolino >fem., frz. crinoline (Reifrock), it. masc. soffitto > frz. fem. soffitte (Zimmerdecke) [u]<frz.[y] wenn Orthographie beibehalten wird: bourlesco[burlesko] > frz. bourlesque/ burlesuqe> burlesque [byʀlɛsk] Erklärungen des Stützvokals [e] vor [s]+ Konsonant(Im 16. Jahrhundert kaum mehr produktiv. aber: it. schizzo > fr. esquisse (Skizze), frz. escorte < it. scrota (Eskorte/Gefolge) Mögliche Erklärung: a) Italianismen aus dem Bereich Militär, Seefahrt, Handel etc. kommen über Spercher der langue d’oc (z.B. Marseille, wo der Stützvokal e nach spanischem Vorbild (z.T. heute noch) produktiv ist, bereits mit Stützvokal in die langue d’oil b) Entlehnungen aus norditalienischen Varietäten ( nichts aus dem Standartitalienischen), wo der Stützvokal evtl. in informellen Situationen produktiv war( Sampson, S.439-449) 4.2. Morphologie 4.2.1 Präfix para- zunächst aus dem Italienischen übernommen (it. parasole>frz. parasol (Sonnenschirm?)); weitere Wortbildungen nach dem gleichen Muster folgen (Sarauw, S. 60) 4..2.2. Suffixbildung • • • Existiert eine produktives und formal ähnliches Suffix im Französischen, z.B. wegen gemeinsamer lateinischer Herkunft, so tritt dies an die lexikalische Wurzel des Italianismus, z.B. it. –etto > frz. –et: frz. floret < it. fioretto, frz. ballet < it. balletto, frz. stylet < it.stiletto Weitere: it. -ella~frz .-elle, it .-accio~frz .-as(se), it. -ino~frz.- in frz. - esque < it. –esco : burlesque>burlesco it. –occo >Reduktion, da im Französischen keine produktive Entsprechung, auf frz. [ọ], z.B. tarot als , • • • • >Verstärkung zu –oque in frz. baroque < it. barocco. it. Einfluss des Partizip Perfekts -ito > frz. -it: z.B. frz. crédit < it. credito, frz. granit < it. Granite ; aber: frz. brocard< it. Partizip Perfekt broccato, da dieses Suffix im Französischen weniger transparent war und in diesem Fall evtl. eher als Suffix–ard wahrgenommen wurde; Gegenbeispiele existieren: frz. frz.affidé< it. affidato it. it–ato > frz.-at, jedoch selten it.-ata (Partizip Perfekt)> frz.-ate frz.; Herkunft des Suffix –ade : Evtl. auch provenzalischer Herkunft: Tritt jedoch häufig an Italiansimen im Sinne einer wiederholten, (kraftvollen) Aktion, an der mehrere Akteure beteiligt sind. Mittelalter: z.B. frz. ambassade < it. ambasciata (Botschaft), frz. bastonnade < it. bastonata (Prügelstrafe), frz. embuscade < it. imboscata (Hinterhalt) etc. 16. Jh.: z.B. frz. arcade <it. arcada/ arcata 17. Jh.: frz. cascade < it. cascata (Wasserfall), frz. orangeade < it. aranciata etc. it. -issimo > frz. -issime: seit dem 12./13. Jahrhundert bis heute als Neologismus in der Form -issimo produktiv 13.Jahrhundert: grandissime/richissmie 20. Jahrhundert: Hifissimo (Eigenname eines HiFi-Geschäftes), Prestissimo Photo Express (Hope, S. 600 ff.,Margarito, S. 38) 4.3. Syntax Schwacher Einfluss des Italienischen auf syntaktische Strukturen. Evtl. Beschleunigung der Passivbildung durch Reflexivpronomen unter dem Einfluss des Italienischen und Spanischen; allerdings zeigt sich dieser syntaktische Wandel bereits zu einer Zeit, in der der Einfluss des Italienischen noch keine Rolle spielt. (Brunot, S. 215) 4.4. Semantik • • • Lehnprägungen, z.B. Lehnübersetzungen: frz. terreplein> it. terrapieno (Erdwall) Da das Französische und Italienische oft formal starke Ähnlichkeiten aufweisen, ist es teilweise schwer feststellbar, ob eine bewusste Lehnübersetzung oder das sprachliche Zeichen lediglich an die phonologischen Gewohnheiten der Empfängersprache angepasst wurde Lehnhomonymie: it. parare > frz. parer im Sinne von ‚abwehren’ ( vgl frz. homonym. ‚ schmücken, ziehren’) Polysemie, z.B. durch Bedeutungserweiterung: it. pausa > frz. pause im musikal. Sinn (16. Jh.). it.ombrare > frz. ombrer in künstlerischem Sinn – schattieren- 16. Jh. (Hope, S. 644 ff) 5. Lehnwortschatz 5.1. Lehnwortschatz im 16. Jahrhundert • • • • • Militärwesen: Die italienischen Kommunen besaßen schon stehende Heere! soldat<ital. soldato (das alte frz. soudard wird zum „Haudegen“ pejorisiert), frz. alarme < it. allarme, frz. arsenal < it. arsenale, frz. attaquer < it. attaccare, frz. bataillon < it. battaglione , frz. cartouche < it. cartuccia (Patrone), frz. escorte < it. scrota (Eskorte/Gefolge), frz. sentinelle < it. sentinella (Posten), frz. vedette < it. vendetta (Wachtturm). Seefahrt: frz. frégate < it. fregata, frz. boussole < it. bussola (Kompass), frz. fanal < it. fanale (Schiffslaterne). Hofleben: frz. ballet < it. balletto, frz. bouffon < it. buffone (komisch), frz. caprice < it. capriccio (fixe Idee, Laune), frz. mascarade < it. maschera Bank-/Geschäftsleben: frz. banque < it. banca (1498): 1544 erste Bank in Lyon; frz. banqueroute < it. bancarotta, frz. escompte < it. sconto (Diskont), frz. faillite < it. fallimento (Konkurs) Architektur: frz. appartement < it. appartamento, frz. arcade < arcada/ it. arcata, frz. balustrade< it. balustrata, frz. cornice< it. cornice (Gesims) • • • Kunst/Literatur/Musik: frz. arabesque < it. arabesco (arabesk/ arabisch), frz. cadre < it. quadro (Rahmen), frz. esquisse< it. schizzo (Skizze), frz. figurine< it. figurina (Statuette), frz. fugue <it. fuga (Fuge), , frz. stance< it. stanza (Strophe) Nahrung: frz. cervelas < it. cervellato (Fleischwurst), frz. récolte< it. Ricolta (Ernte), fruz. Semoule < it. semola (Grieß). (Klare, Johannes, S. 103f.) Spätere sekundäre Übernahmen von Wörtern germanischer Herkunft durch Entlehnung aus einer anderen romanischen Sprache (Kulturadstrat), z.B. aus dem Italienischen, vgl. etwa banque, fiasque, loggia, salon. Solche Entlehnungen sind primär als Italianismen zu betrachten; nur der Sprachhistoriker erkennt ihre germanische Grundlage. (Geckeler/Dietrich, S. 180). 5.2. Neuer Lehnwortschatz im 17. Jh. • Italienischer Einfluss noch immer spürbar. Ende des 15. Jh. Beginn der Geschichte der Oper in Florenz, Fortsetzung unter Claude Monteverdi (1567-1641), Venedig erhielt das erste ständige Opernhaus. Mazarin führte die italienische Oper in Frankreich ein, damit auch den Neologismus opera (1646). Im 17. Jh. mindestens 133 Italianismen im Französischen, u.a. salon, attitude (Einstellung/Haltung), bandit, bravour, coupole (Kuppel), élève (Schüler/Zögling), miniature, tartuffe. (Klare , S. 134 f.) 5.3. Italienischer Einfluss auf den französischen Wortschatz im 18. Jh. • relativ geringe Anzahl von Lehnwörtern vom Italienischen in das Französische. Italianismen hauptsächlich in der Musik, wobei Rousseau als Musikwissenschaftler und Musiker (er komponierte u.a. das Singspiel „Le devin du village“) vermittelnd wirkt. Sämtliche Begriffe für das Tempo in der Musik zuständig: z.B. adagio und allegro 1726, fortissimo 1763, crescendo, decrescendo und andante 1751, forte 1760, presto 1762 fortissimo 1763 etc. Weitere Begriffe u.a.: aquarelle (Aquarell), arpège (Arpeggio), belladone (Tollkirsche), campanile (Kirchturm/ Campanile), cantate (Kantate), cicerone (Fremdenführer), piano, soprano. (Hope, S. 355ff.) 5.4. Italianismen im 19. Jahrhundert • frz. confetti < it. confetti, frz. ferroviaire < it. Ferroviario (Eisenbahn), frz. fantoche < it. fantoccio (Marionette) , malaria, quintette, ravioli. (Hope S. 442). Bibliographie Brunot, Ferdinand (1947):Histoire de la Langue francaise des origines a nos jours. Bd II. Paris. S. 198-207, 214 ff Geckeler, Horst/Dietrich, Wolf (2007): Einführung in die französische Sprachwissenschaft, Berlin. Goebl, Hans (1988): Korsisch: Externe Sprachgeschichte. In: Holtus, Günter / Metzeltin, Michael / Schmitt, Christian (Hrsg.): Lexikon der romanistischen Linguistik (LRL). Tübingen: Niemeyer, Bd. VI., S. 820-835 Hope, Thomas (1971): Lexical borrowings in the Romance Languages, Volume II, Oxford. Margarito Mariagrazia (1995):« Paris italianissimo ? Dénominations italiennes des Pages Jaunes: lexique, stéréotypes, image des autres », Etudes de Linguistique Appliquée, n° 97, S.31-41. Nizia, Christiane (1998): Histoire de la langue française. Pour comprendre toute l’evolution d’une langue de l’epoque carolingienne à nos jours. Paris. Pöll, Bernhard (1998): Französisch außerhalb Frankreichs. Geschichte, Status und Profil regionaler und nationaler Varietäten. Tübingen. Sarauw, Christine (1920): Italianismen in der französischen Sprache des 16. Jahrhunderts, Leipzig.