Zulassungsantrag der Turner Broadcasting System Deutschland

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Zulassungsantrag der Turner Broadcasting System Deutschland
Zulassungsantrag der Turner Broadcasting System Deutschland GmbH
für das Fernsehprogramm „TNT Serie“
Aktenzeichen: KEK 529
Beschluss
In der Rundfunkangelegenheit
der Turner Broadcasting System Deutschland GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer Hannes Heyelmann, Jeffry Kupsky, Zuzana Ratajova und Louise Sams, Leopoldstraße 12, 80802 München,
- Antragstellerin wegen
Zulassung zur Veranstaltung des bundesweiten Fernsehspartenprogramms „TNT Serie“
hat die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) auf Vorlage
der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) vom 03.11.2008 in der Sitzung am
02.12.2008 unter Mitwirkung ihrer Mitglieder Prof. Dr. Sjurts (Vorsitzende), Prof. Dr. Huber
(stv. Vorsitzender), Albert, Dr. Bauer, Prof. Dr. Dörr, Prof. Dr. Gounalakis, Dr. Hege, Dr. Hornauer, Dr. Lübbert, Prof. Dr. Mailänder, Prof. Dr. Schneider und Prof. Thaenert entschieden:
Der von der Turner Broadcasting System Deutschland GmbH mit Schreiben vom
29.10.2008 bei der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) beantragten Zulassung zur Veranstaltung des bundesweit verbreiteten Fernsehspartenprogramms TNT Serie stehen Gründe der Sicherung der Meinungsvielfalt im
Fernsehen nicht entgegen.
2
Begründung
I
Sachverhalt
1
Gegenstand der Anmeldung
Die Turner Broadcasting System Deutschland GmbH („TBSD GmbH“) hat mit
Schreiben vom 29.10.2008 bei der BLM die bundesweite Zulassung des Fernsehspartenprogramms TNT Serie für einen Zeitraum von acht Jahren beantragt. Die
BLM hat den Antrag der KEK mit Schreiben vom 03.11.2008 zur medienkonzentrationsrechtlichen Prüfung vorgelegt.
2
Programmstruktur und -verbreitung
2.1
TNT Serie soll als deutschsprachiges Spartenprogramm mit Schwerpunkt auf
internationalen Serien aus unterschiedlichen Genres veranstaltet werden. XXX …
2.2
Das Programm TNT Serie soll verschlüsselt als Pay-TV über die Plattform der Premiere Star GmbH („Premiere Star“), Unterföhring, im Premierepaket „Premiere Familie“ verbreitet werden. Die Verbreitung über Premiere Star betrifft die Verbreitungswege Satellit, Kabel und IPTV. Hinsichtlich der Verbreitung über Kabel befindet sich die Antragstellerin darüber hinaus in Verhandlungen mit der Kabel Deutschland Vertrieb und Service GmbH & Co. KG („Kabel Deutschland“), Unterföhring, sowie der Unitymedia NRW GmbH und der Unitymedia Hessen GmbH & Co. KG (zusammen „Unitymedia“), Köln. Nach Angaben der Antragstellerin liegen diesbezüglich bisher jedoch noch keine Entwurfsfassungen der Verträge vor.
Da mit dem Abschluss von Plattformverträgen eine Veränderung sonstiger Einflüsse im Sinne von § 29 Satz 1 RStV verbunden sein kann, ist die Antragstellerin verpflichtet, den Abschluss von Plattformverträgen der KEK gemäß § 29 Satz 1 RStV
unverzüglich anzuzeigen und die Vereinbarung in Abschrift vorzulegen (§ 21 Abs. 2
Nr. 4 RStV). „Sonstige Einflüsse“ sind insbesondere die in § 28 Abs. 2 RStV benannten vergleichbaren Einflüsse auf einen Veranstalter, u. a. vertragliche Vereinbarungen mit Dritten, die gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. RStV die Zurechnung
des Programms zu Dritten begründen können. Plattformverträge über die Vermark-
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tung von TV-Programmen können solche die Zurechnung begründenden Vereinbarungen enthalten.
2.3
Plattformvertrag mit Premiere Star
XXX …
3
Antragstellerin und Beteiligte
3.1
Turner Broadcasting System Deutschland GmbH
Gegenstand der Antragstellerin ist „der Verkauf von Werbezeiten für die von Turner
Broadcasting betriebenen Fernsehprogramme sowie der Vertrieb und das Marketing
für diese Programme“ XXX …
Am Stammkapital der Antragstellerin hält die Turner Broadcasting System Europe
Ltd. sämtliche Anteile. Über dieser stehen eine Reihe jeweils 100%iger Tochtergesellschaften, nachfolgend in aufsteigender Reihenfolge aufgeführt: Turner Broadcasting System Holdings (Europe) Ltd., Time Warner Limited, Time Warner London
Ltd., Time Warner Holdings Ltd., Common Preferred TW UK Holdings, Inc., Warner
Bros. Entertainment, Inc. und Warner Communications, Inc. An letzterer hält die
Time Warner Companys, Inc. 84,81 % der Anteile und die Turner Broadcasting Systems, Inc. 15,19 % der Anteile. Beide vorbenannten Gesellschaften werden von der
Historic TW, Inc. kontrolliert. Diese ist an der Time Warner Companys, Inc. unmittelbar mit 92,15 % beteiligt und hält ebenfalls unmittelbar 83,58 % der Anteile der Turner Broadcasting Systems, Inc. Die jeweils übrigen Anteile werden von Tochtergesellschaften der Historic TW, Inc. gehalten. Die Historic TW, Inc. ist selbst wiederum
eine 100%ige Tochtergesellschaft der Time Warner, Inc.
3.2
Beteiligte
3.2.1
Turner Broadcasting System, Inc.
Die Turner Broadcasting System, Inc. („TBS“) ist Teil der Time Warner Gruppe. TBS
betreibt weltweit über 75 Fernsehsender, ist in der Produktion von Nachrichten- und
Unterhaltungsprogrammen tätig und ein bedeutender Anbieter von Programminhalten für TV, Internet und mobile Plattformen. Zu den in Deutschland vertretenen
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Turner-Marken gehören der Nachrichtensender CNN, der Spielfilmkanal Turner
Classic Movies, die Zeichentricksender Cartoon Network und Boomerang sowie das
Comedy-Format [adult swim] (im Rahmen von Sat.1 Comedy und als Video-onDemand bei Maxdome). Die genannten Programme werden jeweils auf der Grundlage einer Lizenz des OFCOM veranstaltet.
3.2.2
Time Warner, Inc.
Die Muttergesellschaft Time Warner Inc. ist derzeit das größte Medien- und Entertainmentunternehmen weltweit. Tochtergesellschaften der Time Warner Inc. sind in
den Bereichen interaktive Dienste, Kabelnetzwerke, Verlage und Filmproduktion tätig.
Zu dem Konzern gehören unter anderem das Verlagshaus Time, Inc., der Filmproduzent Warner Bros. Entertainment, das Internetunternehmen AOL, die Fernsehveranstalter Home Box Office, Inc. (HBO) und Turner Broadcasting System, Inc.
sowie der zweitgrößte U.S.-amerikanische Kabelnetzbetreiber Time Warner Cable,
Inc.
Time Warner, Inc. ist eine in Delaware registrierte Aktiengesellschaft („publicly traded corporation”). Die Investmentgesellschaft Dodge & Cox, Inc., San Francisco,
USA, und Barclays Global Investors UK Holdings Ltd., London, England, sind mit je
rund 5,2 % der Stammaktien an Time Warner, Inc. beteiligt. Größter Einzelaktionär
ist mit rund 5,4 % der Stammaktien Capital Research Global Investors, Los Angeles,
USA. Kein weiterer Aktionär hält daneben derzeit mehr als 5 % der Aktien.
5
3.3
Beteiligungsübersicht
Time Warner, Inc.,
USA
100
Historic Time Warner,
Inc., USA
100 (Z)
100 (Z)
Time Warner Companys,
Inc., USA
Turner Broadcasting
System, Inc., USA
84,81
15,19
Warner Communications,
Inc.
100 (Z)
CNN
Time Warner London Ltd.
Turner Classic
Movies
100
Time Warner Ltd.
99,99
Boomerang
100
Turner Broadcasting
System Holdings
(Europe) Ltd.
0,01
100
Turner Broadcasting
System Europe Ltd.
100
TNT Serie
Turner Broadcasting
System Deutschland
GmbH
Veranstalter, dessen Programm
Time Warner zuzurechnen ist
Z:
Zwischengesellschaften
ausgeklammert
Cartoon Network
Turner Entertainment
Networks International
Ltd.
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II
Verfahren
Die Vollständigkeitserklärung der Antragstellerin liegt vor. Vor der Entscheidung der
Kommission wurde der BLM Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
III
Medienkonzentrationsrechtliche Beurteilung
1
Bestätigungsvorbehalt der KEK
Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 RStV bedürfen private Veranstalter einer Zulassung. Fragestellungen der Sicherung der Meinungsvielfalt werden von der KEK nach Vorlage
durch die zuständige Landesmedienanstalt gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 RStV beurteilt.
2
Zurechnung von Programmen
2.1
Das Fernsehprogramm TNT Serie ist der Antragstellerin und der Turner Broadcasting System Europe Ltd. gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 RStV zuzurechnen. Zudem
ist das Programm den unter Punkt I 3.1 aufgeführten Tochtergesellschaften der
Time Warner, Inc. sowie der Time Warner, Inc. selbst gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2
RStV i. V. m. §§ 15, 16 AktG zuzurechnen.
2.2
Die Programme CNN, Turner Classic Movies, Cartoon Network und Boomerang
sind der Turner Entertainment Networks International Ltd. sowie allen Obergesellschaften bis hin zur Time Warner, Inc. zuzurechnen (§ 28 Abs. 1 Satz 1 RStV bzw.
§ 28 Abs. 1 Satz 2 RStV i. V. m. §§ 15, 16 AktG).
2.3
Zurechnung aufgrund von Plattformverträgen
2.3.1
Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 RStV steht einer Beteiligung nach § 28 Abs. 1 RStV gleich,
wenn ein Unternehmen auf einen Veranstalter einen vergleichbaren Einfluss ausüben kann. Ein solcher kann sich gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 RStV ergeben,
wenn das Unternehmen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen eine Stellung innehat, die wesentliche Entscheidungen des Veranstalters über die Programmgestaltung von seiner Zustimmung abhängig macht.
7
2.3.2
Die KEK hat vor diesem Hintergrund mehrere auf Pay-TV-Plattformen von Dritten
veranstaltete Programme gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 RStV dem Plattformbetreiber zugerechnet, weil der jeweilige Plattformvertrag dem Veranstalter wesentliche Abweichungen des Programms von einem vertraglich vereinbarten Sendekonzept ohne Zustimmung des Plattformbetreibers untersagt (vgl. Beschluss i. S. Kinowelt TV, Az.: KEK 204, III 2.2, und i. S. Just Four Music, Az.: KEK 411, III 2.5 mit
weiteren Nachweisen).
Sofern dagegen der Plattformvertrag keinen solchen Zustimmungsvorbehalt vorsieht
und keine inhaltlichen Vorgaben für die Programmgestaltung enthält, die über eine
allgemein gehaltene Bezeichnung des Genres, ggf. die Pflicht des Veranstalters zur
Qualitätssicherung und gewisse quantitative Mindestanforderungen hinausgehen
(insbesondere: weder ein vertraglich vereinbartes Sendeschema, das den zeitlichen
Ablauf des Programms vorgibt, noch sonstige konkrete Regelungen zu Inhalt und
Ablauf des Programms), wird das Drittprogramm dem Plattformbetreiber nicht zugerechnet (vgl. Beschluss i. S. Kinowelt TV, Az.. KEK 204, III 2. 2, und i. S. MTV
Entertainment, Az.: KEK 449, III 2.2.4 mit weiteren Nachweisen).
2.3.3
XXX …
Durch die im Plattformvertrag getroffenen Regelungen werden der Antragstellerin
keine solch engen inhaltlichen Vorgaben gemacht, XXX … Aus der Vertragsgestaltung ergeben sich mithin keine Anhaltspunkte dafür, dass wesentliche Programmentscheidungen der Antragstellerin von der Zustimmung der Plattformbetreiber abhängig wären. Folglich kommt eine Zurechnung des Programms gemäß § 28 Abs. 2
Satz 2 Nr. 2 RStV nicht in Betracht.
8
3
Vorherrschende Meinungsmacht
TNT Serie hat mangels Ausstrahlung noch keine Zuschaueranteile. Die Sender
CNN International, Turner Classic Movies, Cartoon Network und Boomerang sind
nach Angaben der Antragstellerin nicht Mitglieder der GfK, haben aber nach Schätzungen der Antragstellerin in Deutschland einen gemeinsamen Marktanteil von weniger als 1 %. Nach dem dargelegten Sachverhalt gibt es keine Anhaltspunkte für
die Entstehung vorherrschender Meinungsmacht. Der Zulassung des beantragten
Programms stehen daher Gründe der Sicherung der Meinungsvielfalt nicht entgegen.
(gez.)
Sjurts
Hornauer
Huber
Albert
Lübbert
Bauer
Mailänder
Dörr
Gounalakis
Schneider
Thaenert
Hege