DRESDEN - Saxophon Verlag
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DRESDEN - Saxophon Verlag
Matthias Donath und Jörg Blobelt Altes&Neues DResDeN 100 Bauwerke erzählen Geschichten einer Stadt Impressum © edition Sächsische Zeitung SAXO'Phon GmbH Ostra-Allee 20 · 01067 Dresden · www.editionsz.de Text: Dr. Matthias Donath Fotos: Dr. Jörg Blobelt Layout und Satz: Torsten Mix, Tom Winter · Dresdner Verlagshaus Technik GmbH Karte (S. 5/6): Gernot Grunwald Druck: Druckhaus Dresden GmbH Alle Rechte vorbehalten. 1. Auflage Oktober 2007 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. ISBN: 978-3-938325-41-4 Urheberrechtlich geschütztes Material Urheberrechtlich geschütztes Material | | 6 InhaltsverzeIchnIs 1 ● 2 ● 3 ● 4 ● 5 ● 6 ● 7 ● 8 ● 9 ● 10 ● 11 ● 12 ● 13 ● 14 ● 15 ● 16 ● 17 ● 18 ● 19 ● 20 ● 21 ● 22 ● 23 ● 24 ● 25 ● InhaltsverzeIchnIs 7 Augustusbrücke 12 Residenzschloss 15 Hofkirche 19 Ständehaus 23 Fürstenzug, Stallhof und Johanneum 26 Frauenkirche 29 Neumarkt 32 Cosel-Palais 35 Kunstakademie 38 Albertinum 41 Synagoge 43 Kurländer Palais 46 Landhaus 49 Neues Rathaus 52 Kreuzkirche 55 Altmarkt 58 Kulturpalast 61 Schauspielhaus 64 Zwinger 67 Gemäldegalerie 71 Taschenbergpalais 74 Altstädter Wache 77 Semperoper 79 Landtag 82 Erlwein-Speicher 85 26 ● 27 ● 28 ● 29 ● 30 ● 31 ● 32 ● 33 ● 34 ● 35 ● 36 ● 37 ● 38 ● 39 ● 40 ● 41 ● 42 ● 43 ● 44 ● 45 ● 46 ● 47 ● 48 ● 49 ● 50 ● Haus der Presse 88 Art'otel und Art'forum 90 Yenidze 92 Wettiner Gymnasium 95 Annenkirche 97 World Trade Center 99 Prager Straße 101 UFA-Kristallpalast 104 Hauptbahnhof 106 Blockhaus 110 Jägerhof 113 Japanisches Palais 116 Königstraße 119 Dreikönigskirche 122 Neustädter Markthalle 124 Finanzministerium 127 Gesamtministerium 129 Villa Eschebach 132 Pfunds Molkerei 134 Garnisonkirche 137 Arsenal 140 Schloss Albrechtsberg 143 Lingnerschloss 146 Schloss Eckberg 149 Dinglingers Landhaus 151 Urheberrechtlich geschütztes Material 51 ● 52 ● 53 ● 54 ● 55 ● 56 ● 57 ● 58 ● 59 ● 60 ● 61 ● 62 ● 63 ● 64 ● 65 ● 66 ● 67 ● 68 ● 69 ● 70 ● 71 ● 72 ● 73 ● 74 ● 75 ● Villa San Remo 154 Schillerhäuschen 156 Körnerplatz 158 Blaues Wunder 160 Leonhardi-Museum 162 Künstlerhaus Loschwitz 164 Schloss Wachwitz 166 Fernsehturm 169 Maria am Wasser 171 Schloss Pillnitz 173 Schloss Schönfeld 177 Putjatin-Haus 179 Villa Emmaus 181 Krematorium Tolkewitz 183 Gasanstalt Reick 186 Versöhnungskirche 188 Ernemann-Werke 190 Villa Ilgen 193 Christuskirche 196 Luftgaukommando 199 Amtsgericht Lothringer Straße 201 Kunstgewerbeschule 204 St. Benno-Gymnasium 207 Gläserne Manufaktur 210 Palais im Großen Garten 212 76 ● 77 ● 78 ● 79 ● 80 ● 81 ● 82 ● 83 ● 84 ● 85 ● 86 ● 87 ● 88 ● 89 ● 90 ● 91 ● 92 ● 93 ● 94 ● 95 ● 96 ● 97 ● 98 ● 99 ● 100 ● Deutsches Hygiene-Museum 215 Russisch-Orthodoxe Kirche 218 Villa Möckel 221 Zionskirche 224 Beyer-Bau 226 Landgericht Münchner Platz 228 Staatsbibliothek 230 Bismarckturm 232 Konsum-Fleischwarenfabrik 234 Rathaus Plauen 236 Bienertmühle 238 Friedenskirche 241 Briesnitzer Kirche 243 Pumpspeicherwerk Niederwartha 245 Marcolini-Palais 247 Alberthafen und Hafenmühle 250 Vieh- und Schlachthof 253 Schloss Übigau 256 Großsiedlung Trachau 258 Ballhaus Watzke 261 Villa Grumbt 264 Gartenstadt Hellerau 266 Festspielhaus Hellerau 269 Flughafen 271 AMD 273 Urheberrechtlich geschütztes Material 05 | stallhof, fürstenzug und Johanneum Fürstenzug, Wandbild in der Augusstusstraße. E s ist die eindrucksvollste Ahnengalerie, die sich je ein deutsches Herrscherhaus leistete. Der 102 Meter lange Fürstenzug am Schloss, gefertigt aus edlen Meißner Porzellankacheln, bildet Sachsens Herrscher hoch zu Ross in einem feierlichen Festzug ab, der durch sieben Jahrhunderte reicht. Die Markgrafen, Kurfürsten und Könige aus dem Herrscherhaus der Wettiner, das bis 1918 in Sachsen regierte, sind in zeitgenössischer Kleidung abgebildet. Allerlei Fußvolk begleitet die Reiter, während eine Abordnung des sächsischen Volkes den Festreigen beschließt. Die Ahnenreihe beginnt mit Markgraf Konrad (1123-1156) und endet mit König Georg (1902-1904). Der monumentale Bildfries wurde 1872 bis 1876 von Wilhelm Walther in Putzkratztechnik ausgeführt und 1903 bis 1906 auf fünfundzwanzigtausend Porzellankacheln übertragen. Da an der Bildfassung von 1876 nichts geändert wurde, fehlt der letzte König, Friedrich August III. (1904-1918), der durch seine volkstümliche Beliebtheit dem Königshaus ein ehrenvolles Andenken verschaffte. Wilhelm Walther reihte in der Schlussgruppe bekannte Urheberrechtlich geschütztes Material stallhof, fürstenzug und Johanneum 27 Künstler und Gelehrte ein, vergaß auch seine Gehilfen nicht und bildete sich – sozusagen als Unterschrift – am Ende des Wandfrieses selbst ab. Das einzigartige Denkmal war Walthers Lebenswerk. Dreizehn Jahre vergingen von der ersten Idee bis zur Fertigstellung des übergroßen Wandbildes. Der Fürstenzug verdeckt die schmucklose Rückseite des Stallhofes. Hinter dem Bildfries befindet sich der sogenannte Lange Gang, der früher die Gewehrgalerie aufnahm. Der Stallhof stammt aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und diente früher als Turnierplatz und Rennbahn. Zusammen mit dem Kanzleihaus und dem Stallgebäude, heute Johanneum, bildete der Stallhof den „Servicebereich“ des Dresdner Schlosses. Hier, in der Nachbarschaft der fürstlichen Residenz, waren Pferde und Wagen untergebracht, lagerten Waffen und Rüstungsteile, gingen Beamte und Hofbedienstete ein und aus. Das umbaute Hofgelände reicht vom Neumarkt bis zur Schlossstraße, wo das Georgentor zum Residenzschloss überleitet. Das Kanzleihaus an der Schlossstraße wurde 1565 bis 1567 von Hans Irmisch errichtet und nach Kriegszerstörung 1995 bis 1998 in alter Gestalt wiederaufgebaut. Die mit Renaissancegiebeln versehene Dreiflügelanlage lehnt sich an einen stehengebliebenen Abschnitt der alten Dresdner Stadtmauer an. Im Kanzleihaus nahm die neuzeitliche Verwaltungsbürokratie ihren Anfang, denn hier waren die kurfürstliche Kanzlei und die obersten Landesbehörden untergebracht. Um durch das Land zu reisen, brauchte die Hofgesellschaft ausreichend Pferde. Diese holte man aus dem Stallgebäude, das 1586 bis 1588 nach Plänen des Oberzeug- und Festungsbaumeisters Paul Buchner erbaut wurde. Mit seiner Hauptfront ist es auf den Jüdenhof ausgerichtet. In den Gewölbehallen im Erdgeschoss, die durch schwere Sandsteinsäulen unterteilt werden, waren Stände für 128 Pferde eingerichtet. Im Obergeschoss bewahrte man Prunk- und Jagdwaffen, Turniergerät und Reitzeug auf. Die Gebäudeecken waren durch zweigeschossige Eckbastionen gesichert. Auf diesen standen Kanonen, mit denen man im Angriffsfall die Gebäudeflanken bestreichen konnte. Kanzleihaus und Stallgebäude waren mit einer schwarz-weißen Sgraffitodekoration überzogen. Während die Fassadengliederung des Stallgebäudes später verändert wurde, ist im dahinter liegenden Stallhof die Renaissancearchitektur bis heute erhalten geblieben. Der Turnierplatz wird von einem südländisch wirkenden Arkadengang begrenzt. Auf toskanischen Säulen, die durch majestätische Rundbögen verbunden sind, ruht ein geschlossenes Obergeschoss. Johanneum, Hauptfassade am Jüdenhof, Aufnahme um 1900. Dort befindet sich jener Lange Gang, auf dessen Außenseite der viel bewunderte Fürstenzug zu sehen ist. Im Hofgelände haben sich Pferdeschwemme und Turnierbahn erhalten. Eine Rampe erschließt das Obergeschoss des früheren Stallgebäudes. Heute sind im Stallhof keine edlen Rösser mehr zu finden. Das Stallgebäude ist seit etwa dreihundert Jahren ein Museum – für Waffen, schöne Bilder, Porzellan und heute für schnittige Autos. 1722 ordnete August der Starke an, die Waffensammlung ins benachbarte Löwenhaus zu verlegen, um im Stallgebäude seine immer weiter anwachsende Gemäldesammlung unterbringen zu können. Johann Georg Maximilian von Fürstenhoff baute den Gebäudeblock 1729 bis 1731 zu einer Vierflügelanlage um, wobei er die zum Jüdenhof gerichtete Schauseite mit einer herrschaftlichen Freitreppe versah. Die so genannte Englische Treppe zieht noch heute die Blicke auf sich. Johann Christoph Knöffel setzte den Umbau 1745/46 fort, indem er die großen, die Hauptfront beherrschenden Rundbogenfenster einfügte. In den Gängen und Sälen, die hinter diesen Fenstern verliefen, hütete Kurfürst Friedrich August II. seine großartige, in aller Welt bewunderte Gemäldesammlung. Gegen eine geringe Gebühr durften „Fremde und gebildete Einheimische“ die Sammlung besichtigen. 1768 besuchte Johann Wolfgang Goethe, damals Student in Leipzig, die Gemäldesammlung. „Ich trat in dieses Heiligtum, und meine Verwunderung überstieg jeden Begriff, den ich mir gemacht hatte“, notierte der Dichter in seinen Lebenserinnerungen. „Dieser in sich selbst wiederkehren- Urheberrechtlich geschütztes Material | frauenkIrche 28 stallhof, fürstenzug und Johanneum de Saal, in welchem Pracht und Reinlichkeit bei größter Stille herrschten, die blendenden Rahmen, alle der Zeit noch näher, in der sie verguldet worden, der gebohnte Fußboden, die mehr von Schauenden als von Arbeitenden benutzten Räume gaben ein Gefühl der Feierlichkeit, einzig in seiner Art.“ Der frühere Stall blieb nur etwa einhundert Jahre ein berühmter „Kunsttempel“. 1856 wurde die Gemäldesammlung aus dem Stallgebäude in die neu erbaute Gemäldegalerie am Theaterplatz verlegt, wo sie sich noch heute befindet. Doch auch nachdem Raffaels „Sixtinische Madonna“ und Giorgiones „Schlummernde Venus“ ausgezogen waren, blieb das Stallgebäude ein Ort der Künste. Das beweisen die beiden Kinderfiguren auf der Freitreppe am Jüdenhof, die der Bildhauer Christian Behrens 1876 in barocker Manier ergänzte. Dargestellt sind ein europäischer und ein chinesischer Knabe, die wohlgeformte Porzellangefäße in den Händen halten – eine Anspielung auf die erlesene Porzellansammlung, die bis zum Zweiten Weltkrieg hier gezeigt wurde. Auch das Historische Museum, das Waffen, Rüstungen und Bilder aus der sächsischen Geschichte zeigte, war im Stallgebäude untergebracht. Da die einstige Pferdestallnutzung doch zu anrüchig erschien, wurde das Ausstellungshaus 1876 offiziell in Johanneum umbenannt – zu Ehren des kunstsinnigen Königs Johann von Sachsen, der wenige Jahre zuvor gestorben war. Damit war abermals ein Umbau verbunden, den Oberlandbaumeister Karl Moritz Haenel leitete. Er gestaltete den Bau im Stil der Neorenaissance um. Das Johanneum wurde ebenso wie die umliegenden Häuser im Februar 1945 zerbombt, doch die Mauern erwiesen sich als so stabil, dass ein Abbruch der ausgebrannten Ruine nie zur Debatte stand. Schon bald hatte man eine neue Nutzung gefunden, die der Zielstellung der kommunistischen Funktionäre entsprach, die Herrschaftssymbole vergangener Zeiten in Zeugnisse der siegreichen Arbeiterklasse zu verwandeln. Das Johanneum wurde nämlich zum Sitz des neugegründeten Verkehrsmuseum bestimmt, um „das Schaffen des arbeitenden Volkes auf dem Gebiet der Verkehrstechnik“ an zentraler Stelle zu würdigen. 1956 konnte zur 750Jahr-Feier Dresdens die erste Ausstellung eröffnet werden. Das Dresdner Verkehrsmuseum hat sich seitdem zu einer anerkannten Forschungs- und Sammlungsstätte der Verkehrsgeschichte entwickelt. Es gehört seit 1990 zu den Landesmuseen des Freistaats Sachsen. Die Ausstellungen im Johanneum beschäftigen sich mit dem Eisenbahnwesen und dem städtischen Nahverkehr, mit der Schiffahrt und der Geschichte des Luftverkehrs. Gezeigt werden historische Züge und Lokomotiven sowie Fahrzeuge aus den traditionsreichen sächsischen Automobilfabriken. Die Fortbewegungsmittel unseres Zeitalters haben die Pferde verdrängt. Die edlen Rösser sind heute nur noch am Fürstenzug zu sehen, wo sie stolz die früheren Herrscher des Landes tragen. Stallhof, links Kanzleihaus, rechts Arkadengang. Frauenkirche mit wiederaufgebauten Wohnhäusern am Neumarkt. A m 22. Juni 2004 kamen über sechzigtausend Menschen auf dem Neumarkt zusammen. Mit jubelndem Stolz und unbändiger Freude beobachteten sie, wie ein Kran die acht Meter hohe Haube mit dem Turmkreuz auf die Laterne der Frauenkirche setzte. Damit war die Kuppel des Gotteshauses, die fast sechs Jahrzehnte im Stadtbild gefehlt hatte, endlich fertiggestellt. Nicht wenige Zuschauer hatten Tränen in den Augen, als sie das stolze Kuppelbauwerk vollendet sahen. Die Frauenkirche, die mit ihrer glockenförmigen Sandsteinkuppel das Stadtbild Dresdens beherrscht hatte und heute wieder als zentrales Bauwerk der Stadt zu erleben ist, war am 15. Februar 1945, gegen 10 Uhr, mit einem dumpfen Knall in sich zusammengefallen. Der zerstörerische Urheberrechtlich geschütztes Material Urheberrechtlich geschütztes Material 06