Exportaufträge kalkulieren und finanzieren
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Exportaufträge kalkulieren und finanzieren
Exportaufträge kalkulieren und finanzieren 1. Exportkalkulation Um mit dem Exportpreis eine Kostendeckung zu erreichen, gibt es folgendes zu berücksichtigen. Lieferungsund Zahlungskonditionen, staatliche Restriktionen, technische Vorraussetzungen und die ausländische Marktsituation können Einfluss auf Ihren Exportpreis haben. Haben Sie einen Anpassungsaufwand in der Produktion? Zusatzkosten beim Material? Aufwand für Auslandswerbung? Zusätzlicher Aufwand im Vertrieb? Diese Punkte verändern Ihre Kalkulation. Für die Berechnung des Angebotspreises im Exportgeschäft können Sie wie folgt vorgehen: 1. + 2. + 3. + 4. + 5. = + + + + + + Grundpreis Gebühren der Banken (Akkreditive, Garantien, Exportfinanzierung) Exportverpackung Kosten der Marktanpassung (z. B. Übersetzung einer Gebrauchsanweisung, technische Anpassungen der Produkte, Kennzeichnungspflichten) Gewinnzuschlag Preis der Lieferung ab Werk 6. 7. 8. 9. 10. 11. Versanddokumente (Ausfuhr- und Einfuhrdokumente) Transport (u. a. Speditionen, Lager, Frachtkosten) Einfuhrumsatzsteuer (Wenn vereinbart, dass Verkäufer diese trägt) Versicherung (z. B. Seeversicherungspolice) Verladekosten Ausfuhrabgaben/Zoll = = Zusätzliche Kosten für Lieferung direkt zum Kunden Preis „Geliefert Verzollt“ Bei der Abwicklung von Exportgeschäften ist vor der Lieferung der Ware zu klären, wann, in welcher Form und unter welchen Bedingungen der Käufer Zahlungen zu leisten hat. Näheres erfahren Sie in unserem Merkblatt zu den Lieferbedingungen „Incoterms - Internationale Lieferbedingungen“. Folgende Kosten spielen ebenfalls eine wichtige Rolle: • Kosten für Zahlungsabwicklung, Kurssicherung • Kosten für Auslandsmontage vor Ort, Auslandsvertreter • Kosten der Zahlungsabwicklung und der Finanzierung Handwerkskammer für München und Oberbayern · Max-Joseph-Straße 4 · 80333 München Seite 1 von 4 2. Exporte finanzieren Die Abwicklung von Exportaufträgen erfordert im Regelfall einen deutlich höheren Finanzierungsbedarf als vergleichbare Inlandsaufträge. Oftmals ist ein attraktives Finanzierungsangebot ein wichtiges Verkaufsargument. A) Übersicht der Zahlungsformen im Außenhandel Steigendes finanzielles Risiko bzgl. Zahlungseingang für den Exporteur Offenes Zahlungsziel Zahlung nach Erhalt der Ware Inkasso Akkreditiv Vorauszahlung Bevorzugte Zahlungsbedingung des Exporteurs/Verkäufer Bevorzugte Zahlungsbedingung des Importeurs/Käufer Zahlungsbedingung Vorteile Nachteile Voraus- oder Anzahlung • Verkaufserlös geht vor der eigentlichen Lieferung ein Geringes Risiko für Exporteur Es fallen keine Zinsen an Zusammenarbeit mit der Hausbank des Kunden, welche die Kaufpreiszahlung zusagt Größte Sicherheit für den Exporteur, der Exporteur ist zugleich gegen Zahlungsunfähigkeit oder – willigkeit des Importeurs abgesichert • In der Praxis häufig nicht durchsetzbar • Akkreditivkosten Dokumente und Waren werden erst nach Bezahlung ausgehändigt Geschäft wird über die Hausbank abgewickelt • Kunde muss aktiv werden Dokumentenakkreditiv („Letter of Credit“ oder „L/C“): • • • Das Dokumentenakkreditiv ist das • abstrakte Versprechen einer Bank, im Auftrag des Importeurs (Auftraggeber) gegen Vorlage von genau definierten Dokumenten (i. d. R. Handelspapiere) dem Exporteur z. B. den festgelegten Warenwert zu bezahlen. Dokumenteninkasso: • Exporteur beauftragt eine Bank, die Exportdokumente zur Erlangung der • Ware dem Empfänger nur gegen Zahlung auszuhändigen. Handwerkskammer für München und Oberbayern · Max-Joseph-Straße 4 · 80333 München Seite 2 von 4 Zahlungsbedingung Vorteile Nachteile Zahlung nach Erhalt der Ware • • • Unkomplizierte Abwicklung Kostengünstigste Zahlungsbedingung • • Nur bei großem Vertrauen zum Geschäftspartner möglich Zahlung nach Lieferung der Ware Vorfinanzierung Zahlungsbedingungen sind im Allgemeinen Verhandlungssache zwischen dem ex- und importierenden Unternehmen. Jedoch ist die für den Exporteur vorteilhafteste Variante die Anzahlung durch den Kunden. Zumindest sollten Teilzahlungen vereinbart werden. In der Regel ist ein Anzahlungsbetrag von 20 % angemessen. Holen Sie sich schon im Vorfeld Bonitätsauskünfte über Ihren Geschäftspartner! Bonitätsauskünfte erteilen: • Für das Land zuständige Außenhandelskammer: www.ahk.de. • Ihre Hausbank (Außenhandelsmitteilungen, Länderrating, Länderbonität) • Auskunfteien (Dun & Bradstreet: für Handwerksbetriebe Sonderkonditionen. Fragen Sie uns!) • Kreditversicherungen B) Wie überbrücken Sie die Zeit bis zum Zahlungseingang? Sie müssen Mittel und Wege finden, um sich zu refinanzieren, solange Ihr Auftraggeber noch nicht bezahlt hat und Sie in Vorleistung gehen müssen. Denn Ihre Zulieferer und Mitarbeiter wollen auch bezahlt werden. Bei der Finanzierung können Ihnen die Geschäftsbanken und auch Spezial-Finanzierungsinstitute weiterhelfen. Hier verschiedene Möglichkeiten der Finanzierung: 1. Kurzfristige Finanzierung • • • • • • Kundenvorauszahlung/ -anzahlung Kontokorrentkredit Wechselkredit mit den Hauptformen Diskontkredit, Akzeptkredit und Remboursekredit Akkreditivkredit Fremdwährungskredit Exportfactoring: Factoring beinhaltet den Verkauf von Forderungen vor ihrer Fälligkeit durch einen Factor (=Forderungskäufer). Der Exporteur überträgt hiermit gegen Zahlung einer Provision sein Ausfallrisiko an den Factor. 2. Mittel- und langfristige Finanzierung • • Lieferantenkredit: (Exporteur räumt dem Importeur einen Kredit ein) Aufnahme eines Kredites bei der Hausbank oder einer Außenhandelsbank, z. B. AKA Ausfuhrkredit Gesellschaft (www.akabank.de) Bestellerkredit (wie oben, auch Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW www.kfw.de) Handwerkskammer für München und Oberbayern · Max-Joseph-Straße 4 · 80333 München Seite 3 von 4 • • C) Forfaitierung: Wie beim Factoring wird bei der Forfaitierung eine bestehende Forderung vor deren Fälligkeit verkauft. Der Forfaiteur kauft mittel- oder langfristige Exportforderungen auf und übernimmt mit dem Kauf der Forderungen das Ausfallrisiko. Leasing Zahlungsabsicherung (Schutz vor Forderungsausfall) Wenn der Kunde nicht zahlen will oder die Ware beim Transport beschädigt wird, ist der Ärger groß. Hier einige Möglichkeiten der Zahlungsabsicherung: • • • • • • Staatliche Exportkreditversicherungen: „Hermesdeckung“ Hermes Kreditversicherung. Damit können deutsche Exporteure die, mit Exportgeschäften verbundenen, Käuferrisiken (Delkredere) und Länderrisiken (politische Ursachen) absichern. Hermes deckt Fabrikations- und Ausfuhrrisiken (Risiko vor/nach Versendung der Ware). Produkte: Ausfuhrgarantien und Bürgschaften (z. B. Ausfuhr-Pauschal-Gewährleistung light für Ausfuhrrisiken) Private Exportkreditversicherungen sichern ausschließlich wirtschaftliche Risiken ab. Dem Versicherungsnehmer werden Zahlungsausfälle aus Lieferungen und Leistungen bei Zahlungsunfähigkeit des Auslandskunden erstattet. Bankgarantie: unabhängiges Zahlungsversprechen, ist nicht an eine konkrete Forderung gebunden. Zweck ist, dem Begünstigten einen schnellen und sicheren finanziellen Ausgleich für bestimmte erlittene Nachteile zu gewährleisten (Bürgschaften eher für das Inlandsgeschäft). Beispiele: Zahlungsgarantie, Anzahlungs-Vorauszahlungsgarantie, Bietungsgarantie Forfaitierung Unwiderrufliches Akkreditiv Transportversicherung Aufgrund der Komplexität der Finanzierungs- und Absicherungsmöglichkeiten ist den Exporteuren zu empfehlen, bereits in der Angebotsphase die Hausbank in die Bearbeitung des Geschäftes einzubeziehen. Weitere Informationen bekommen Sie bei Ihrer Handwerkskammer! Noch Fragen? Ein Anruf bei Ihrer Handwerkskammer lohnt sich! Tel: 089/5119-355 oder [email protected] Für Vollständigkeit und Richtigkeit kann keine Gewähr übernommen werden. Diese Hinweise erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit ! Merkblätter sind grundsätzlich nur als Orientierungshilfe zu verstehen; sie sind auf den Regelfall zugeschnitten und können besondere Umstände des Einzelfalles nicht berücksichtigen. Eine Haftung für den Inhalt kann mit Ausnahme von Fällen grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz nicht übernommen werden. Das Merkblatt ist gem. dem Rechtsstand Oktober 2003 verfasst. Handwerkskammer für München und Oberbayern · Max-Joseph-Straße 4 · 80333 München Seite 4 von 4