Abendmahlsgottesdienst am Gründonnerstag 01.04.2010 in der

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Abendmahlsgottesdienst am Gründonnerstag 01.04.2010 in der
Abendmahlsgottesdienst
am Gründonnerstag 01.04.2010 in der Kreuzkirche RT
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Vorspiel
Orgel: Frau H. Bohnacker
KGR: Stefanie Bröckel
Pfarrer Stephan Sigloch
Begrüßung
Eingangslied EG 587,1-3 Ich bin das Brot, lade euch ein
Votum
Eingangswort
Christus spricht: "Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer immer meine Stimme hört und
mir Tür öffnet, zu dem werde ich hineinkommen und das Mahl mit ihm halten und er mit mir
(Offb. 3,20)
Psalmgebet in der Karwoche ohne “Ehr sei dem Vater”
Ps 111 (EG 744) - versweise oder ganz gemeinsam
Gebet
Gott, unser Schöpfer uns Vater,
du rufst uns auf den Weg Jesu.
Du lädst uns ein, im Vertrauen auf dich unser Leben zu bejahen mit allem, was dazu gehört: Freude und Leid,
Schweres und Schönes.
Wir bitten Dich:
Schenk uns das Vertrauen, dass du in allem bei uns bist.
Schenk uns den Glauben, dass du uns im Brot und im Traubensaft
deine Gemeinschaft schenkst.
So segne uns in diesem Gottesdienst mit der Gewissheit,
dass dein Licht leuchtet,
wo wir nur Dunkelheit erkennen
und lass uns ahnen, dass dort das Leben wächst,
wo wir miteinander das ganze Leben teilen.
Alles was uns sonst bewegt, bringen wir in der Stille vor Gott.
Stilles Gebet
Wir rufen Dich an Herr, weil wir Dir vertrauen. Amen.
Glaubensbekenntnis
Ich glaube an Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde,
und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.
Amen.
Lied
EG 585,1-4 Das Weizenkorn muss sterben
Meditation: “Der Kelch des Lebens”
dazwischen immer wieder: EG 787.2 “Bleibet hier und wachet mit mir”
Jesus in Getsemani.
Das Fest - Passa - ist vorbei.
Passionszeit. Leidenszeit.
Jesus ist mit seinen Jüngern unterwegs.
Wir laden Sie ein, mitzugehen.
Lassen Sie sich mitnehmen!
Hinein in die Geschichte.
Sie führt uns weit weg von uns selber. Scheinbar.
Sie führt uns mitten hinein in unser Leben.
Jesus in Getsemani.
Das Fest - Passa - ist vorbei.
Passionszeit. Leidenszeit.
Jesus in Getsemani:
In der alten Kirche eine der schwierigsten Geschichten:
„Wie ist das mit der Gottheit Jesu?“
Hat ein Gott solche Angst?
Hat nicht schon Sokrates den Giftbecher souverän getrunken?
Bittet Gottes Sohn tatsächlich so,
wie Jesus es tut?
Uns - heute - fasziniert seine Menschlichkeit.
Können wir diese Geschichte erklären?
Können wir sie auslegen?
Legt sie nicht vielmehr uns aus?
Erklären - oder erleben? Nach- und miterleben ...
Jesus in Getsemani.
Das Fest - Passa - ist vorbei.
Passionszeit. Leidenszeit.
Sie haben sich auf den Weg gemacht.
Unterwegs redet Jesus.
Er fürchtet um seine Jüngerinnen und Jünger:
„In dieser Nacht werdet ihr an mir irre werden“.
Petrus widerspricht, selbstsicher. Jesus geht noch einen Schritt weiter:
„Du wirst mich verleugnen und behaupten,
dass du mich nicht kennst!“
Petrus. Das kann er nicht auf sich sitzen lassen:
„Das wird nicht passieren ... und wenn ich mit dir sterben muss“.
Und alle Jünger sagen dasselbe ...
An Jesus irre werden... Die griechische Formulierung
nimmt das Wort „Skandal“ auf und kann auch bedeuten:
‚In dieser Nacht werdet ihr vom Glauben abfallen,
ihr werdet euer Vertrauen in mich verlieren.‘
Irre werden ... aus Verzweiflung. Aus Enttäuschung.
Weil ein Weg so krass an sein Ende kommt
und sie keinen Weg sehen:
Sackgasse. Endstation.
Tatsächlich ein Grund, vom Glauben abzufallen
und daran irre zu werden.
Ist uns das fremd?
Vom Glauben abfallen - und sei es für eine gewisse Zeit?
Jesus fürchtet, dass es seinen Freunden so gehen wird,
weil sie seinen Weg nicht begreifen,
nicht verstehen können.
Ist uns das fremd?
‚Könnt ihr‘, fragt Jesus die, die ganz nah bei ihm sein wollen,
‚könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde?‘ (Mt 20,22)
Das Vertrauen der Freunde.
Petrus und die Anderen - wie sie alle heißen:
Ihr Vertrauen ist groß. Sagen sie.
Am größten scheint ihr Vertrauen auf ihre eigenen Kräfte zu sein.
‚Wir können jeden Kelch trinken,
auch den, den du trinken musst‘:
„... und wenn ich mir dir sterben müsste!“
Dann kommen sie in den Garten,
Jesus - stell‘ ich mir vor - in Gedanken,
die Worte seiner Jünger noch im Ohr.
Ihre Entschlossenheit - hat sie ihn gestärkt?
Es ist gut und tut wohl,
in schwierigen Situationen
und vor einem schweren Gang
Menschen um mich zu haben,
die einfach da sind und die mein Leben teilen, nicht wahr?
Ja, es ist gut, dass sie dabei sind.
Er braucht und sucht ihre Gemeinschaft kommt er nicht drei Mal zu ihnen,
weil er ihrer Begleitung sicher sein möchte?
Jesus geht weiter hinein in den Garten.
Er nimmt drei Jünger mit - nur drei.
Die schwierigen Erlebnisse gehören nicht
und passen nicht in die große Runde,
brauchen den vertrauten „kleinen Kreis“.
Er nimmt die Drei mit sich,
die früher schon mit ihm auf dem Berg gewesen sind,
wo Gottes Stimme Jesus „mein[en] Sohn“ genannt hat die drei erinnern sich gut.
Jetzt wieder: dieser kleine Kreis.
In diesem Kreis,unter den vertrauten Freunden,
kann Jesus seine Gefühle
nicht länger bei sich behalten;
„Angst und tiefe Traurigkeit“ kommen über ihn:
„Meine Seele ist betrübt bis zum Tod...“ (Ps 42,6)
Er sagt es mit einem Satz aus den Psalmen.
Für die Todesangst fehlen die eigenen Worte:
Wenn es uns die eigene Sprache verschlägt gut, wenn dann biblische Worte da sind,
die unser Erleben und Empfinden ausdrücken,
die uns helfen,
wenigstens irgendwie damit umzugehen,
indem wir aus-drücken
und nicht in uns hinein-fressen.
Jesus erzählt seine Angst,
gut, wenn jemand da ist,
der diese Zeit mit ihm aushält.
„Bleibet hier und wachet mit mir...“.
Manchmal ist es nicht wichtig, viel zu reden.
Da genügt es - schwer genug -, nicht wegzulaufen.
„Bleibet hier und wachet mit mir...“ bis dahin war er „mit“ den Jüngern.
Nun sollen - umgekehrt - diese drei Vertrauten
ihn nicht im Stich lassen.
Keine übertriebene Bitte.
Waren sie nicht eben noch bereit,
notfalls mit ihm zu sterben?
Singen: „Bleibet hier und wachet mit mir ...“
Jesus geht weiter. Ein paar Schritte.
Betet. Wirft sich nieder: Zeichen der Hingabe an Gott.
„Muss ich diesen Kelch trinken...?“
Er hält ihn - sozusagen - in der Hand,
den Kelch seines Lebens.
Und ist ganz und gar menschlich.
Wer kann ihn - mit allem, was drin ist einfach so und völlig ungerührt trinken,
den Kelch seines Lebens?
Möchten wir nicht lieber selber darüber bestimmen,
was überhaupt drin sein darf,
im Kelch unseres Lebens?
Selber entscheiden, was zum Leben gehört und was nicht,
anstatt ihn zu halten, zu erheben, zu trinken den Kelch unseres Lebens?
„Viele Menschen wollten Götter sein,
aber nur ein Gott wollte Mensch sein“.
Wir ahnen die Tiefe dieses Satzes,
wenn wir unseren Blick und unser Empfinden
auf Jesus richten,
der da im Garten liegt,
den Kelch seines Lebens in seinen Händen,
mit dem er sich nicht abfinden kann,
zu viel Pein gilt es zu ertragen,
zu viel Leid zu umarmen,
zu viel Todesqual zu erleiden.
Spürt er, dass er diesen bis zum Rand
mit Schmerzen gefüllten Kelch
alleine nicht trinken kann?
Jesus betet, obwohl er weiß, was ihn erwartet.
Ist das nicht sinnlos?
Wie und warum findet er schließlich ein „Ja“ und die Kraft, aufzustehen?
Wir werden das nicht beantworten,
nicht erklären können.
Wir nehmen wahr:
Auch in dieser unsäglich schweren,
in dieser unerträglichen Situation
betet Jesus,
ist er im Geist verbunden mit dem,
den er “Vater” und “Papa” nennt:
sein Vertrauen größer als aller Verrat,
seine Hingabe größer als alle Verzweiflung,
seine Liebe größer als alle Angst und Traurigkeit.
Aus seiner Verzweiflung, aus Angst und Trauer
wird ein Gebet ...
... ist es die innige Verbundenheit,
das lange gewachsene, bewährte und bewahrheitete Vertrauen,
die das möglich macht?
Es ist ein langer Weg bis dorthin,
wo wir voll Vertrauen beten:
„... im finstern Tal fürchte ich doch kein Unglück“.
Der Kelch des Lebens.
Unser - und dann mein ganz persönlicher Kelch:
Können wir ihn halten in unseren Händen?
Können wir ihn hoch halten, ihn erheben, dass andere ihn sehen?
Und können wir ihn bis zur Neige trinken?
‚Könnt ihr den Kelch trinken...?
Henri Nouwen, Theologie-Professor in Yale und Harvard,
dann geistlicher Leiter einen kleinen Gemeinschaft
in der schwerstbehinderte
und andere Menschen zusammenleben,
berichtet von einer Abendmahlsfeier
in dieser „Daybreak“-Gemeinschaft.
Lesung war der Text,
in dem Jesus diese Frage stellt:
„Könnt ihr den Kelch trinken ...?“
Die Frage kann unser Leben von Grund auf verändern.
Das ist Nouwens Erfahrung:
„Könnt ihr den Kelch trinken...?“
Die Kraft dieser Frage kann
„ein verhärtetes Herz aufbrechen
und die Stützen des geistlichen Lebens erschüttern [...]
Könnt ihr den Kelch trinken?
Könnt ihr ihn bis auf den Grund leeren?
Seid ihr bereit, ihn mit allen Leiden und Freuden,
die er enthält, auszukosten?
Seid ihr bereit, euer Leben mit allem,
was immer es bringen mag, anzunehmen?“
Dieses Fragen trifft,
denn es be-trifft uns!
Aber auch: Warum sollen wir ihn den trinken?
Gibt es nicht „so viel Leid, so viel Angst und Not,
so viel Gewalt“?
„Wäre es nicht viel einfacher,
ein ganz normales Leben
mit einem Minimum an Leid
und einem Maximum an Vergnügen zu führen?“
Mit solchem Fragen ringt Jesus im Gebet.
Petrus, Jakobus, Johannes schlafen.
Der letzte Ernst der Situation,
der letzte Ernst dieses Ringens berührt sie nicht,
sie lassen es nicht an sich heran sie hätten sonst nicht einschlafen können.
Sie schaffen, was wir auch kennen:
Wer will schon die ganze Wirklichkeit seines Lebens
sehen, wahrnehmen, an sich heran lassen, es spüren?
Lieber nicht!
Nur darum können sie überhaupt schlafen.
Den Schlaf finden, den Jesus nicht findet.
„Können wir den Kelch unseres Lebens
in unseren Händen halten?
Können wir ihn erheben,
damit andere ihn sehen?
Und können wir ihn bis zur Neige trinken?
Singen: „Bleibet hier und wachet mit mir ...“
»Konntet ihr nicht eine einzige Stunde mit mir wach bleiben?«
Ihr Schlaf zerbricht die Gemeinschaft,
Sie teilen sein Leiden nicht nehmen an seinem Leiden nicht teil
und nehmen nicht wahr,
dass sein Leiden ebenso ihr eigenes Leiden,
dass sein Weg auch ihr Weg ist.
Sicher - auch das: jeder Weg kennt
den Punkt, an dem der eine Schritt
entscheidend ist,
den ich alleine gehen muss.
Machen wir uns nichts vor:
In unserem Kelch ist auch diese letzte Einsamkeit,
in der wir alleine vor Gott stehen,
in der niemand uns vertreten kann.
Deswegen soll, nein: muss jeder Christ
seines eigenen Glaubens gewiss werden.
Aber wie gut tut es, auch dann zu wissen und zu spüren:
da ist jemand, der an mich denkt,
der für mich betet,
der mich begleitet und - so weit das möglich ist - mit geht.
Singen: „Bleibet hier und wachet mit mir ...“
Eine gute Flasche Wein wird geöffnet,
in feine Gläser gegossen.
Mit Bedacht wird das Glas genommen,
geschwenkt, der Duft des Weines genussvoll
mit der Nase eingezogen.
Ein Blick zu den Tischgästen
wird das Glas erhoben,
ein kleiner, prüfender und schlürfender Schluck,
schließlich der Blick auf‘s Etikett der Flasche,
ein Kommentar ...
Ein Glas Wein trinken ist mehr als bloß trinken.
Es ist wichtig, zu wissen, was wir trinken
und etwas darüber sagen zu können.
Und so ist es „mit unserem Leben:
Nur zu leben ist nicht genug.
Wir müssen wissen, wie wir leben und was wir erleben [...]
Lohnt sich unser Leben?
Ist es gut? Ist es schlecht?
Ist es rückständig? Ist es fortschrittlich?
Wie ist es überhaupt?“
Die größte Freude und der größte Schmerz
kommen nicht aus den Umständen,
sondern daraus, wie wir das eigene Leben wahrnehmen:
Wie empfinden wir unsere Lebensweise?
Armut und Wohlstand,
Erfolg und Versagen,
Schönheit und Hässlichkeit ... Wirklichkeiten, die von verschiedenen Menschen
ganz verschieden erlebt werden.
„Den Kelch des Lebens in unseren Händen halten
bedeutet unser Leben kritisch in den Blick zu nehmen“.
Mut, viel Mut braucht das:
Betrachten wir bewusst unser Leben,
könnten wir erschrecken über das, was wir sehen.
Und es heißt auch: den Durst zu zügeln
und zuerst genau hinzusehen:
„Was ist in meinem Kelch? Was wurde mir eingeschenkt?
Ein ungefährlicher Trank? Bekommt er mir?“
Wie es eine unübersehbare Vielfalt von Weinen gibt,
so sind auch keine zwei Leben gleich.
Und vergleichen hilft wenig:
Jede und jeder muss das eigene Leben leben:
“Das ist mein Leben,
das Leben, das mir geschenkt worden ist.
Dieses Leben habe ich zu leben, so gut ich kann.
Mein Leben gibt es nur einmal.
Niemand anderer lebt es und wird es je leben.
Ich habe meine eigene Herkunft, meine eigene Familie,
meinen eigenen Körper, meinen eigenen Charakter,
meine eigenen Fähigkeiten, meine eigenen Freunde,
meine eigene Art zu denken und zu fühlen und zu handeln ja, ich habe meine eigenes Leben zu leben
und kann es niemand anderem übertragen.
Ich bin allein, weil es mich nur einmal gibt.
Viele können mir helfen,
mein Leben in die richtige Bahn zu lenken.
Wenn alles gesagt und getan ist,
muss ich aber selber entscheiden:
Wie will ich leben?”
Wir spüren in den Fragen die Einsamkeit Jesu im Garten.
Und spüren:
Wenn ich den Kelch meines Lebens in die Hand nehme,
dann ist darin beides: Freude und Leiden.
Und wie viel Leiden gibt es ...
Ich will es nicht aufzählen:
wir kennen genug Leid,
wir kennen Angst und Traurigkeit
aus unserem eigenen Leben.
Und das Leid der Welt füllt die Zeitungen und Nachrichten.
Und wir sehen es - verkörpert in dem,
der mit ausgestreckten Armen am Kreuz hängt.
In diesem Gekreuzigten ist das Leiden und Leid
unserer Welt verkörpert ... wie geht es uns damit?
Die Angst, die Jesus befallen hat,
die ihn im Gebet mit Gott ringen läßt ...
... er weiß, ahnt zumindest, was ihn erwartet.
Wahrhaftig ein Grund, Angst zu haben.
Das Kreuz dieses Folterinstrument ist oft als Thron dargestellt:
hier besiegt der “Herr der Welt”
die Macht des Todes.
Der Tod hat nicht mehr das letzte Wort.
Diese tiefe Freude erfährt,
wer den Kelch bis zur Neige trinkt.
Erfülltes Leben schließt beides ein:
das Schwere und die Freude nicht den oberflächlichen Spaß,
sondern die Freude, die uns tief berührt,
weil sie unsere Traurigkeit nicht überpinselt,
sondern gelten lässt.
Niemand kann sich das selber sagen,
wir müssen einander daran erinnern:
der Kelch des Leids
ist auch der Kelch der Freude,
der Grund unserer Traurigkeit
kann der fruchtbare Boden
unserer Fröhlichkeit sein.
Das braucht Gemeinschaft.
Hat Jesus nicht gerade dazu seine Jünger gebraucht?
Singen: „Bleibet hier und wachet mit mir ...“
Und er geht noch einmal. Betet.
„Wenn es nicht anders sein kann
und ich diesen Kelch trinken muss ...“
- wie schwer ist es oft, den eigenen Weg zu gehen.
Wie viel schwerer scheint er zu sein als der der Anderen!
Scheint es uns nicht,
als hätten es alle Anderen besser, leichter...?
Nur mir gelingt nicht alles...
... nur ich fühle mich immer wieder minderwertig und unterlegen ...
... nur ich mach‘ mir viele Gedanken ...
... nur ich kann nicht einfach drauf los leben ...
... nur meine Eltern verbieten das, was alle dürfen ..
... nur meine Kinder können oder wollen nicht, was alle tun ...
Kann es tatsächlich wahr sein,
dass jede und jeder von uns den bittersten Trank
in seinem eigenen Kelch hat?
Könnten die Jünger einschlafen
wenn jeder das Gefühl hätte: mir geht es am Schlechtesten?
Sie schlafen, weil sie nicht spüren,
wie dringend der Nächste ihre Nähe braucht.
Sie spüren seine Not nicht.
Lassen sich mindestens nicht von ihr berühren
und spüren darum auch ihre eigene Not nicht.
Nur das lässt sie einschlafen.
Und am andern Tag das eigene,
vermutlich schwerste Los beklagen.
Spüren wir die Not unseres Nächsten?
Oder blenden wir sie aus, damit unsere eigene Not
nicht an uns heran kommt?
In der „Daybreak“-Gemeinschaft haben
die vermeintlich Gesunden
angesichts des Leidens ihrer Nächsten
das eigene Leid und Leiden wahrnehmen gelernt.
Haben es lernen müssen.
Und konnten es nur so bejahen - irgendwann.
Gemeinschaft - unverzichtbar für das Leben.
Voneinander wissen.
Henri Nouwen nennt das:
den Kelch erheben. Einander zeigen, was darin ist.
Wer einen guten, wertvollen Wein miteinander teilt,
erhebt sein Glas um miteinander zu trinken,
miteinander diese Gemeinschaft zu bejahen.
Den Kelch unseres Lebens in Händen halten
und ihn erheben, das gemeinsame Leben bejahen
und es als Gottes Geschenk annehmen und feiern:
wenn wir alle unseren Kelch fest in den Händen halten,
wenn jede und jeder den eigenen Kelch
mit allen Freuden und Leiden
sich zu eigen machen und irgendwann,
so schmerzlich es ist, bejahen kann,
dann ermutigt diese Gemeinschaft auch andere,
das eigene Leben „zu erheben“ und sichtbar zu machen,
und einander auf unserem Weg stützen:
daraus wächst Gemeinschaft.
Nicht Gemütlichkeit oder Unverbindlichkeit:
Gemeinschaft schaffen Menschen,
die ihre Freude und ihr Leid vor einander nicht verbergen,
sondern sie einander zeigen und dieses Zeigen ist eine Geste der Hoffnung:
den Kelch gemeinsam trinken ...
die Wunden unseres persönlichen Lebens die unerträglich scheinen, wenn wir allein bleiben sie können zu einer heilenden Quelle werden
in einer Gemeinschaft von Menschen
die füreinander da sind.
„Gemeinschaft ist wie ein großes Mosaik“:
Mit einem einzelnen Steinchen ist nicht viel anzufangen.
Zu einem Mosaik zusammengefügt
können die einzelnen Steine das Angesicht Christi darstellen.
„Das ist Gemeinschaft:
eine Gruppe kleiner Menschen,
die zusammen Gott in der Welt sichtbar machen“.
Unseren Kelch erheben:
andere an unserem Leben teilnehmen lassen,
andere in unser Leben Einblick nehmen lassen.
Ein Risiko. Es braucht Vertrauen
und vertraute Menschen:
Jesus nimmt von seinen Freunden die drei mit,
mit denen er schon besondere Erfahrungen teilt.
Den Kelch des Lebens trinken,
und ihn bis zur Neige trinken,
das braucht andere, die bereit sind,
ihren Kelch mit uns zu trinken.
Und wenn wir einander so “not-wendend” brauchen kann Glaube dann Privatsache sein?
Muss er - zurückgedrängt in‘s Private - nicht oberflächlich,
saft- und kraftlos werden?
Soll unser Glaube seine Kraft bewähren,
dann müssen wir den Kelch
auf das wirkliche Leben erheben:
auf das Leben, in dem Freude und Leid beieinander sind.
Wir spüren es: ein endloses Thema,
weit wie unser Leben,
vielfältig, wie unsere Erfahrungen.
Wir werden damit nicht fertig,
können es nicht abschließend behandeln oder erklären.
Vieles bleibt offen: braucht Lebenspraxis
und nicht bloß Nachdenken.
Wie gerne erheben wir uns über das,
was wir manchmal die „Niederungen des Lebens“ nennen.
Aber das hieße:
dem Leben ausweichen,
den Kelch stehen lassen,
mein Leben nicht leben.
„Viele Menschen wollten Götter sein,
nur ein Gott wollte Mensch sein“.
Der Weg zu einem erfüllten und erfüllenden Leben
führt uns auf den Weg, den Jesus gegangen ist:
Leben im vollen Sinn des Wortes
ist das, was wir an ihm beobachten
und wahrnehmen können:
den Kelch halten, erheben und ihn schließlich trinken.
Indem wir ihn bis zur Neige trinken,
werden wir gewahr:
der Herr, der Mensch geworden ist,
damit wir Menschen werden können,
hat unseren Kelch mit ewigem Leben gefüllt.
Wer ihn trinkt, Schluck für Schluck,
entdeckt Schritt für Schritt einen Weg,
heraus aus engen Grenzen
in die Weite des Lebens und aus kurzer Sicht wird Zuversicht.
Einen Weg, auf dem unsere Ohnmacht
und das, was uns beugt und lähmt,
sich als Stärke erweist,
auf dem aus verlorenem Zutrauen und Ängstlichkeit
Wärme wird,
und aus unserer Sehnsucht nach Geborgenheit Heimat.
Aus der tiefen Verbundenheit mit und zu Gott
hat Jesus seinen Weg, seinen Kelch bejaht.
Gerade in dieser Situation ist er ganz menschlich.
Er wurde Mensch. Wie oft sagen und hören wir das!
Hier sehen wir, was das bedeutet!
Mensch werden - wer will das nicht?
Jesus wurde Mensch
und schenkt uns so diese Verbundenheit mit Gott,
damit wir unseren Kelch trinken können.
Amen.
Lied
EG 589,1-4 Meine engen Grenzen
Beichte
(Bitte erheben Sie sich.)
Lasst uns vor Gott bekennen, daß wir mit leeren Händen vor ihm stehen und schuldig geworden
sind und laßt uns um seine Vergebung bitten (aufstehen)
Ich bedenke mein Leben vor Dir, mein Gott und Herr:
Vater im Himmel, was kann ich dir sagen,
was du nicht schon weißt?
Ich habe anderen das Leben schwer gemacht,
und es waren doch oft nur Kleinigkeiten, um die es da ging:
Ich wollte Recht behalten, aber ich habe bei Liebe vergessen,
die du geboten hast.
Ich bin unfair gewesen, ich bin böse geworden,
wo ich hätte Geduld aufbringen müssen.
Ich war so mit mir selber beschäftigt,
daß ich kein Ohr und kein Herz hatte für die,
die Verständnis und Liebe von mir erwartet haben.
Ich habe geschwiegen, wo ich hätte reden sollen,
ich habe den Dingen ihren Lauf gelassen,
weil meine Angst größer war als mein Vertrauen zu dir.
Deinen Geboten habe ich wenig Gewicht gegeben
und deine Güte missachtet. Ich habe dich vergessen,
Gott, bei vielem, was ich getan und gedacht habe.
Ich lasse mich gefangennehmen
von meinen Wünschen und Ängsten
und sehne mich doch danach,
frei und geborgen zu sein bei dir.
Herr, ich bin erschrocken, wie schwierig es ist,
im Alltag aus dem Glauben an dich zu leben.
Ich bekenne dir mein Unvermögen und meine Schuld.
Und ich bitte dich um Jesu Christi willen:
vergib mir, erneuere mich und nimm mich an.
Ist dies euer Bekenntnis und eure Bitte, so sprecht:
Herr, erbarme dich.
Gemeinde: Herr, erbarme dich!
Freut euch. Der allmächtige Herr hat sich über euch erbarmt und vergibt euch alle eure Schuld.
Euch sind eure Sünden vergeben. In Jesus Christus ist er bei uns, leitet und begleitet uns. Durch
Christus schenkt Gott uns neue Gemeinschaft mit sich und untereinander. Alles, was gewesen ist,
darf euch nicht mehr beschweren. Was kommt, darf euch nicht schrecken. Diese Gnade Gottes
um Jesu Christi willen ist unseres Lebens Kraft und tiefe Freude. Amen.
MAHLFEIER
Gebet
Herr Jesus Christus, du bist das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Du machst uns
satt und schenkst uns deine Gemeinschaft. Du bist der Weinstock, wir sind die Reben. Erfülle uns
mit deiner Kraft und laß uns in dir sein. Wer in dir bleibt, der bringt viel Frucht. Dazu hilf uns.
Amen.
Einsetzungsworte
Hört die Worte der Einsetzung des Heiligen Abendmahls:
Der Herr Jesus in der Nacht, da er verraten ward und mit seinen Jüngern zu Tische saß, nahm das
Brot, sagte Dank und brach's, gab's seinen Jüngern und sprach: "Nehmet hin und esset; das ist
mein Leib, der für euch gegeben wird. Das tut zu meinem Gedächtnis."
Desgleichen nach dem Mahl nahm er den Kelch, sagte Dank, gab ihnen den und sprach: "Trinket
alle daraus; das ist mein Blut des Neuen Bundes, das für euch und für viele vergossen wird zur
Vergebung der Sünden. Das tut zu meinem Gedächtnis."
Abendmahlsbitte
EG 190.2 Christe, du Lamm Gottes
Austeilung
[... Anweisungen ...] Und nun kommt, denn es ist alles bereit.
Nehmet und esset vom Brot des Lebens!
Nehmet und trinket vom Kelch des Heils!
Entlaßworte
- Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist. Wohl dem, der auf ihn traut.
- So spricht der Herr: Du hast Gnade vor meinen Augen gefunden, und ich kenne dich mit Namen.
- So spricht der Herr: Ich will mit dir sein und dich segnen.
- Christus spricht: Siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis diese Weltzeit sich vollendet.
- Christus spricht: In der Welt habt ihr Angst; doch seid getrost, ich habe den Sieg über die Welt
errungen.
- Christus spricht: Frieden lasse ich euch zurück: Meinen Frieden gebe ich euch. Ich gebe nicht so,
wie die Welt gibt: Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.
- Christus spricht: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige.
- Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unsern
Herrn Jesus Christus.
immer nach Entlaßwort ⇒ Geht hin im Frieden!
Dank- und Fürbittgebet
Lasst uns nun Gott für seine Gabe danken:
Pfarrer Lobe den Herrn, meine Seele,
und was in mir ist seinen heiligen Namen.
Lobe den Herrn, meine Seele,
und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!
Der dir alle deine Sünden vergibt
und heilet alle deine Gebrechen.
Der dein Leben vom Verderben erlöst,
der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit
Gott unser Schöpfer und Vater,
du schenkst uns Leben und du willst, dass wir erfülltes Leben spüren.
Im Vertrauen auf die Gegenwart Jesu Christi
bitten wir dich um die Kraft,
den Kelch unseres Lebens
zu halten, zu erheben und zu zeigen und ihn bis zur Neige zu trinken.
Segne uns mit der lebensbejahenden Erfahrung,
dass Freude wächst, wo wir das Schwere nicht aussparen,
sondern miteinander teilen.
Lass uns erleben, dass du dann ganz nahe bei uns bist.
Wir danken dir, Gott des Lebens,
für das Versprechen der Gemeinschaft mit dir und untereinander,
für die Zusage, dass alles weggenommen ist,
wodurch wir uns von dir entfernt oder getrennt haben.
Lass uns im Vertrauen darauf unser Leben gestalten:
Im Kleinen unseres Alltags und
im Großen unseres gesellschaftlichen Miteinanders und
im ganz Großen unseres Einstehens
für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung.
Lass uns als deine Jüngerinnen und Jünger leben.
Und verändere durch uns deine Erde und unsere Welt.
Wir beten gemeinsam:
Vaterunser
Schlusslied
EG 488,1-5 Bleib bei mir, Herr
Abkündigungen
Segen
Der Herr segne(t) euch und behüte(t) euch. Der Herr lasse/läßt sein Angesicht leuchten über euch
und sei/ist euch gnädig. Der Herr hebe/hebt sein Angesicht über euch und gebe/gibt euch seinen
Frieden. (Dreifaches) Amen.
Nachspiel