Grundlagen der Ernährungstherapie

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Grundlagen der Ernährungstherapie
Grundlagen der Ernährungstherapie
Inhalt
1. Indikationen
2. Kontraindikationen
3. Ernährungsbeginn
4. Zugangsweg (von oral bis parenteral)
5. Präparate
6. Substratbedarf
7. Komplikationen der Ernährungstherapie
8. Beendigung der Ernährungstherapie
9. Effektivität der Ernährungstherapie
10. Kardinalfehler der Ernährungstherapie
ERNÄHRUNGS-EMPFEHLUNGEN  Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Linz,18.01.2012
Dokumenten-Identifikation: VG01-25-1875
Version: 1.0
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GRUNDLAGEN DER ERNÄHRUNGSTHERAPIE
1. Indikationen
Welcher Patient soll ernährt werden?
Alle Patienten mit einem Risiko für Mangelernährung sollen bzgl. ihrer
Nahrungszufuhr überwacht und entsprechend ihrem Bedarf ernährungstherapeutisch
versorgt werden.
Dieses Risiko ist abhängig von der Ausgangssituation, der Krankheitsschwere
und der voraussichtlichen Dauer der Nahrungskarenz. Dies wird mit einer hohen
Treffsicherheit durch ein Ernährungsscreening erfasst. Aus den Fragen nach dem
aktuellen Gewicht, der Größe, dem Gewichtsverlust, der Nahrungszufuhr der letzten
Wochen sowie dem Grund der Krankenhausaufnahme bzw. des Ambulanzbesuches
wird anhand einer Bepunktung das Risiko berechnet
Daraus ergeben sich:
Ein
Symbol bei 0 – 4 Punkten. = geringes Risiko für Mangelernährung
Ein
Symbol bei 5 – 7 Punkten. = mittleres Risiko
Ein
Symbol bei 8 – 13 Punkten. = hohes Risiko
Aus der Punkteanzahl bzw. der Farbe alleine lässt sich noch nicht automatisch eine
geeignete Therapie ableiten. Das bedarf immer der klinischen Beurteilung
2. Kontraindikationen
Wann soll nicht ernährt werden?
-
bis 12 Stunden nach einer OP
-
im Schock, bei Hypoxie,
-
bei akuter STOFFWECHSEL- Entgleisung (Azidose, BZ,...)
Details siehe AKE- Empfehlungen im Intranet
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3. Ernährungsbeginn
Wann soll mit der Ernährungstherapie begonnen werden?

Wenn die Indikation zur Ernährungstherapie gestellt ist, soll möglichst
frühzeitig damit begonnen werden.
1. Mangelernährung vorzubeugen ist leichter, als sie aufzuholen!
2. Verhindern der Darmzottenatrophie erleichtert den Nahrungsaufbau!
CAVE: Auch übergewichtige und adipöse Patienten können mangelernährt sein.
Wie rasch kann die Ernährungstherapie aufgebaut werden?

Individuell sehr unterschiedlich!
Der Ernährungsaufbau muss in Schritten erfolgen,
eine regelmäßige Überwachung der Verträglichkeit
(klinisch und laborchemisch) ist notwendig.
Details siehe unter Aufbauschemata enteral und parenteral.
4. Zugangsweg (von oral bis parenteral)
Auf welchem Weg soll ernährt werden?

Wann immer möglich enteral ernähren!
Die enterale Ernährung ist physiologisch, nebenwirkungsarm und billig.
Gelegentlich auftretende Nebenwirkungen wie Durchfall und Erbrechen sind durch
einfache Maßnahmen oft zu vermeiden. (siehe Komplikationen)

Oft führen auch Kombinationen zum Ziel;
d.h. es muss nicht ausschließlich enteral oder parenteral ernährt werden. Auch
ein geringer Anteil an enteraler Ernährung erhält die Darmfunktion und bietet
Vorteile.

Rein parenterale Ernährung nur bei Vorliegen von Kontraindikationen gegen
eine enterale Ernährung;
dann aber möglichst vollständig und nicht in
"homöopathischer Dosierung"!
Z.B. hat Aminoven 3,5 GE nur 170 kcal auf 500 ml
Trimix perikal hingegen 720 kcal auf 600 ml
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
Stufenschema der Ernährungstherapie :
orale Normalkost
spezielle Kostformen (evtl. + Zusatznahrung, evtl. + parenterale Ergänzung)
Trink- und Zusatznahrungen (evtl. + parenterale Ergänzung)
Sondenernährung (evtl. + parenterale Ergänzung)
vollständige parenterale Ernährung
Dem Krankheitsverlauf angepasst soll zwischen unterschiedlichen Möglichkeiten
variiert werden.
5. Präparate
Womit soll ernährt werden?

Meist genügen sogenannte Standardprodukte, entscheidend ist die korrekte
Zufuhr (Menge und Art).
Eine tabellarische Auflistung aller im Haus verfügbaren Kostformen und Produkte
finden Sie im Intranet unter
„Ernährungsteam/ hausinterne Ernährungs-Empfehlungen“.
6. Substrat-(Kalorien)bedarf

Der stoffwechselstabile Patient
Der Basisbedarf beträgt 25kcal/kg KG des Ist-Gewichts bzw. bei Übergewicht des
Sollgewichts.
Das sind bei 70 kg ca. 1700-2000 kcal/Tag
Zusätzlicher Bedarf entsprechend der körperlichen Aktivität bzw. der
Regeneration (ca. 500 kcal)

Der akut kranke stoffwechselinstabile Patient:
Der Energieverbrauch entspricht im Wesentlichen dem normalen Ruheumsatz,
allerdings kann die zugeführte Energie oft nur eingeschränkt verstoffwechselt
werden.
Die Zufuhr orientiert sich daher an der Nährstoffverwertung, weswegen ein
engmaschiges Labormonitoring notwendig. (EST groß, EST klein)
siehe auch Aufbauschemata: enteral / parenteral / kombiniert
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7. Komplikationen der Ernährungstherapie:
Jede effektive Therapie ist prinzipiell auch mit potentiellen Nebenwirkungen verbunden.
Diese betreffen einerseits den Zugangsweg,
andererseits metabolische sowie gastrointestinale Probleme.
Bei Beachtung einiger Grundsätze sind diese oft zu vermeiden oder zu beherrschen.
Eine Gegenüberstellung zwischen enteraler und parenteraler Ernährung bietet die folgende
Tabelle.
Komplikation
enteral
parenteral
Zugangsweg
X
Sonde, PEG
XX
Cavakatheter
metabolisch
X
gastrointestinal
XX
Erbrechen, Durchfall
XXX
--
Häufige Probleme beim parenteralen Ernährungsaufbau:
Hyperglykämie
→ Dosisreduktion, evtl. Insulinzufuhr kontinuierlich
bis max. 4 IE/h
Hypertriglyceridämie
→ Dosisreduktion, evtl. fettfreie Ernährung
Elektrolytverschiebung
→ bedarfsgerechte Zufuhr
Seltenere Probleme: Refeedingsyndrom
Lactatacidose durch Thiaminmangel (z. B. Alkoholiker) → Vit B1 – Zufuhr
(Vit B1 Ratiopharm Amp. 50 mg/ml)
Hypophosphatämie (zu Beginn vermehrter Bedarf )
→ Phosphatzufuhr
Probleme beim enteralen Kostaufbau:
Diarrhoe/ Erbrechen ->
Ursachen können sein:
Nahrung zu kalt
Nahrungsmenge zu schnell verabreicht
Antibiotika oder andere Medikamente
Sondenlage nicht korrekt
zu rascher Nahrungsaufbau
falsche Sondennahrung
Ziel ist die Ursachenbehebung und nicht die Beendigung der
Ernährungstherapie!
Oftmals hilft es, in der Therapie wieder einen Schritt zurückzugehen.
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8. Beendigung der Ernährungstherapie

Wenn die Indikation zur Ernährungstherapie besteht, soll diese erst wieder beendet
werden, wenn der Patient sich ausreichend selber ernähren kann, das heißt,
75-100% seines Bedarfs selbst wieder zu sich nehmen kann und auch behält.

Auch ethische Gründe können für eine Beendigung der Ernährungstherapie
sprechen.
Zu bedenken ist aber vor allem, dass die Ernährungstherapie gerade im palliativen
Bereich weniger die Lebenserwartung verlängert, aber oft die Lebensqualität
entscheidend verbessert.
9. Effektivität der Ernährungstherapie

Die Effektivität der Ernährungstherapie ist neben dem subjektiven Empfinden des
Patienten, im Allgemeinen anhand der Verlaufstabelle im Rahmen des
Ernährungsscreenings ersichtlich.

Anhand der „Ernährungsscreening- Historie“ kann die Therapie bei Bedarf rasch
adapiert werden.

Die Bestimmung von Laborwerten (Ernährungsstatus groß und klein) kann zusätzlich
Informationen liefern.
10. Kardinalfehler der Ernährungstherapie

zu später Beginn
- wertvolle Zeit wird verloren

zu geringe Zufuhr
- Vorschreibung einer nicht ausreichenden Menge
Nichtverabreichen der verordneten Menge
(z.B. Ernährungspausen für Untersuchungen)
Deshalb ist die Erhebung und Dokumentation der tatsächlich verabreichten Menge, bzw. der
zugeführten Kalorien unerlässlich (siehe Tellerprotokoll)!
Eine ungenügende Motivation des Patienten und auch eventuelle Unannehmlichkeiten, die
mit einer Ernährungstherapie verbunden sind, können zu einer ablehnenden Haltung beim
Patienten führen Mittelfristig bringt eine Ernährungstherapie aber viele Vorteile. Wir müssen
diesbezüglich also Überzeugungsarbeit leisten! Das Patienteninfoblatt kann hier als
Unterstützung dienen!
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