2009-Algermissen (20,9 KiB)
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2009-Algermissen (20,9 KiB)
Julia Algermissen Erfahrungsbericht als Pharmaziepraktikantin an der University of Florida, Gainesville, USA Zeitraum: 01. April 2009 bis 30.September 2009 1. Planung und Kontaktaufnahme Aufgrund guter Erfahrungen bei meinem Schulbesuch in England (11. Klasse) hatte ich während meines Pharmaziestudiums in Erlangen stets die feste Absicht, spätestens nach Studienabschluss ein Ergänzungsstudium/-semester im (englischsprachigen) Ausland zu absolvieren. Da ich schon frühzeitig mein praktisches Jahr in zwei verschiedenen Apotheken in Deutschland vertraglich vereinbart hatte, konnte ich meinen Auslandsaufenthalt erst nach dem 3. Staatsexamen antreten. Das Pharmaceutics Department der Unversity of Florida in Gainesville, Florida (Leitung/chairman: Prof. Dr. Derendorf) gab mir die Gelegenheit, dort für einen Zeitraum von 6 Monaten neue Erkenntnisse in deren spezifischen Forschungsschwerpunkten der Pharmazie zu gewinnen. Von der Möglichkeit, ein Internship (Praktikum) für einen festgelegten Zeitraum in Gainesville zu machen, habe ich durch einen Studienkollegen erfahren. Allerdings wurde mir auch gleichzeitig mitgeteilt, dass man das normalerweise im praktischen Jahr machen sollte. Daraufhin kontaktierte ich Prof. Dr. Derendorf direkt und bewarb mich um ein Praktikum bei ihm. Er ist der Ansprechpartner, der sich um die Vermittlung der internationalen Praktikanten kümmert. Er teilte mir mit, dass ein Praktikum jederzeit möglich sei, auch als bereits approbierte Apothekerin. Meine Bewerbung umfasste ein kurzes deutschsprachiges Anschreiben, ein Empfehlungsschreiben eines Professors meiner deutschen Universität, ein Lebenslauf in englischer Sprache sowie eine Zeugniskopie des zweiten Staatsexamens. Alle Unterlagen habe ich per Email versandt. Bereits nach wenigen Tagen erhielt ich eine Zusage von Prof. Dr. Derendorf zum Praktikumsbeginn am 1.April 2009. 2. Visum und Einreisemodalitäten Unbedingte Voraussetzung für eine Einreise in die USA ist ein Visum, dessen Beantragung sehr viel Zeit in Anspruch nahm. Es ist viel „Papierkram“ zu erledigen und man darf dieses auf keinen Fall unterschätzen. Um meine Visumsvorbereitungen zu beginnen, musste ich auf eine Bestätigung der UFl (University of Florida) und diverse andere Unterlagen (z.B. Zahlungsnachweis der Visumsgebühr) warten, die ich für die Beantragung der Einreise bei der amerikanischen Botschaft in Deutschland brauchte. Nach Erhalt des Briefes kümmerte ich mich um folgende wichtige Unterlagen für mein sog. J1-Visum : - Reisepass, - Bezahlung der SevisService-Gebühr und Zahlungsbestätigung, - Quittung für die Bezahlung der Visums-Gebühr, - Termin bei der amerikanischen Botschaft (online möglich); Hinweis: Terminabsprache unbedingt früh genug machen, da es schwierig ist, einen passenden Termin fristgerecht zu bekommen. - Bürgschaft der Bayerischen Apothekerkammer, - ein Passfoto mit speziellen Format für das Visum, - Rückflugticket aus den USA. Mit den vollständigen Unterlagen war ich bei der amerikanischen Botschaft in Frankfurt und hatte eine Woche später mein J1 Visum im Briefkasten, mit dem ich dann problemlos in die USA einreisen konnte. Auch wichtig - zwar nicht für die Einreise - aber für die University of Florida ( UFl) ist eine deutsche Auslandskrankenversicherung, die den gesamten Zeitraum abdeckt. Ich habe mich bei der Allianz Private Krankenversicherungs-AG mit Sitz in München versichert. Verlangt wird eine englischsprachige Versicherungsbestätigung, in der einzeln aufgelistet ist, was diese abdeckt. Diese ist durch einen Anruf bei der Allianz-AG problemlos anzufordern und am ersten Tag an der UFl im International Center vorzulegen. Häufigstes Zahlungsmittel in den USA ist die Kreditkarte (z.B. Mastercard, Visa). Ich würde jedem empfehlen, in Deutschland bei einem Bankinstitut eine Kreditkarte anzufordern und möglichst gute Konditionen auszuhandeln. Normalerweise betragen die Gebühren bei Auslandseinsatz 1% des Umsatzes; das ist regelmäßig billiger als mit Bargeld zu bezahlen. Allerdings muss man berücksichtigen, dass man die Miete in dem Apartment-Komplex, in dem nach Möglichkeit alle Interns während ihres Praktikums wohnen können, jeden Monat per Money Order bezahlen muss, d.h. dass man zu einer Post Office oder ähnliches gehen und dort die Miete in bar einbezahlen. Dafür bekommt man einen „Gutschein“, den man dann bei dem Office des Apartment-Komplexes zu Beginn jeden Monats als Zahlungsnachweis vorlegen muss. 3. Wohnungssituation Herr Prof. Dr. Derendorf gab mir einen Kontakt zu einem Ph.D. Studenten in Gainesville und teilte mir mit, dass dieser für die Vermittlung der Apartments zuständig sei. Mir wurde das Angebot unterbreitet, mit einer anderen deutschen Studentin in einer Wohngemeinschaft innerhalb eines Apartment-Komplexes zu wohnen. Diese Wohnung lag etwa 10 Fahrradminuten entfernt von meinem Praktikumsplatz (Shands Hospital). Die Wohnungen waren alle mit den wichtigsten Möbeln (einschließlich TV) ausgerüstet. Wir hatten jeder ein eigenes Zimmer sowie gemeinsam eine Küche, ein großes Wohnzimmer und ein Badezimmer. Was ich in den heißen Sommermonaten auch sehr zu schätzen lernte, waren die beiden Pools, die zum Apartment-Komplex dazugehörten und von uns regelmäßig genutzt werden konnten. In unmittelbarer Nähe der Wohnanlage gibt es ausreichende Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf (z.B. Supermarkt). 4. Praktikum Das Pharmaceutics Department ist in das Shands Hospital integriert, d.h. Pharmazeuten, Mediziner und Zahnmediziner arbeiten auch räumlich eng zusammen. Hinzu kommt eine rege Anzahl an Patienten. Auch Studenten der Zahnmedizin oder Medizin haben im Shands-Hospital ihre Praktika zu absolvieren. Diese Mischung aus Berufsausbildung und Berufsausübung in Kombination mit Patienten schafft eine besondere Atmosphäre, die man in deutschen Krankenhäusern so nicht kennt. Als soziale Kontaktpunkte existieren diverse Geschäfte, Cafeterien (z.B. Starbucks) und Restaurantketten (z.B. Subways). Zu Beginn meiner Tätigkeit wurden mir alternative Forschungsgruppen genannt, an denen ich mich beteiligen konnte und unter denen ich wählen sollte. Ich habe mich daraufhin selbstständig bei allen mir vorgeschlagenen Professoren vorgestellt und ihre Forschungsschwerpunkte angehört. Anschließend entschied ich mich für die internationale Forschungsgruppe von Frau Prof. Dr. Butterweck, eine deutsche Professorin, die im Gebiet der pharmazeutischen Biologie tätig ist. Die Arbeitsgruppe bestand aus Amerikanern, Schweizern, Österreichern, Indern und Chinesen und war somit international geprägt; die Laborsprache war englisch. Anfangs wurde mir die Möglichkeit eingeräumt, mich in ihrer Forschungsgruppe einzuarbeiten, indem ich bei jedem Mitarbeiter mitarbeiten durfte und mir Informationen über die Arbeit einholen konnte. Da eine Ph.D. Studentin Hilfe brauchte, um ihre in-vivo Versuche fristgerecht durchzuführen, entschied ich mich zusammen mit einer Diplomandin aus der Schweiz, dieses zu unterstützen. Wir sollten eine Methode etablieren, um die pharmakokinetischen Parameter von alpha-Mangostin, einem Hauptinhaltsstoff von der Stammpflanze Garcnina mangostana L., zu bestimmen. Diese Pflanze kommt ursprünglich aus Südostasien und hat in den USA als Antioxidans eine große Bedeutung auf dem Dietary-Supplement Markt. Wir führten zwei verschiedene Versuchsreihen durch: Einen intravenösen Versuch und einen peroralen Versuch mit jeweils angepassten Dosen und bestimmten die alphaMangostin Konzentrationen mittels HPLC. Alpha Mangostin wird vor allem in den USA antioxidative, antiinflammatorische, antiallergische und antitumorale Eigenschaften zugesprochen und so wird diese als Allheilmittel vermarket. Pharmakokinetische Studien liegen aber auch in den USA von dieser Pflanze noch nicht vor. Um selbstständig arbeiten zu können, bekamen eine andere deutsche Praktikantin und ich von Frau Prof. Dr. Butterweck ein eigenes Projekt auch auf dem Gebiet der in-vivo Versuche. Wir hatten die Möglichkeit, die Versuche komplett eigenständig zu planen und durchzuführen. Unser Thema belief sich auf die Untersuchung von verschiedenen gewonnenen Extrakten einer Stammpflanze auf ihre blutzuckersenkenden Wirkung. Hierzu bestimmten wir nach verschiedenen Zeitintervallen (0,30,60,120,180 min) den Blutzuckerspiegel nach peroraler Dosierung. Damit wir die Aussagekraft der Ergebnisse abschätzen konnten, wählten wir als Referenzsubstanz Glibenclamid mit angepasster Dosis, ein orales Antidiabetikum, welches auch in Deutschland bei Diabetes angewendet wird. Natürlich testeten wir auch das Suspensionsmittel des Extraktes (2% Ethanol) und schauten, wie sich der Blutzuckerspiegel nur nach Gabe des Ethanols verhielt. 5. Rahmenprogramm Die USA und besonders der „Sonnenstaat“ Florida bieten zahlreiche Freizeitaktivitäten und touristische Attraktionen an. Direkt in Gainesville gibt es den LaChua Trail, einen „Wanderpfad“, auf dem man freilebende Gators (Alligatoren), Schildkröten und viele andere exotische Tier- und Pflanzenarten beobachten kann. Die ungewohnte und völlig unterschiedliche Flora und Fauna Floridas ist sehr beeindruckend. Ich habe dort die Erfahrung gemacht, dass ein Alligator von 2m Länge direkt am Wegesrand lag und ca. 1m von mir weg war. Da ich zu dem Zeitpunkt gerade mal 2 Wochen in Gainesville war, war ich dieser Situation noch nicht gewachsen und habe einen großen Schreck bekommen. Später habe ich mich über das Verhalten von Alligatoren sehr intensiv informiert und mir wurde versichert, dass seit Jahren kein Angriff auf einen Menschen mehr stattgefunden hat. Es ist bei einer Geldstrafe von 500 $ streng verboten, Gators zu füttern (woran sich jeder Amerikaner hält). Diese Tiere verlieren bei einer Fütterung nämlich sehr schnell ihre natürliche Scheu vor dem Menschen und werden dann unberechenbar gefährlich. Für Sportfreunde empfehlenswert ist der Besuch eines Football Spieles der sog. „Florida Gators“, d.h. der Studenten-Mannschaft der University of Florida. Der strategisch wichtigste Spieler ist der Quaterback, der wie ein Superstar bejubelt wird. Aktueller Quaterback ist Tim Tebow, ein College Football Spieler, der wahrscheinlich ab der nächsten Saison in die NFL (National Football League) wechselt und dort natürlich ProfiFootballer werden wird. Das Football Stadium namens „Ben Hill Griffin“ ist mit rd. 100.000 Plätzen beeindruckend groß. Es ist größer ist als die Allianz Arena in München und ist bei jedem College Football Spiel ausgebucht fast nur von Studenten, die den Gators entgegen fiebern. Wenn man an den verschiedenen Landschaftsformen und Städten des Sunshine State Florida interessiert ist, sollte man auf jeden Fall einen Roadtrip über Miami nach Key West und zurück über die Everglades machen. Von den Städten ist vor allem Miami sehr beeindruckend, denn es ist durch das Viertel „Little Havanna“ erkennbar kubanischspanisch geprägt. Dadurch erhält die Stadt gegenüber anderen amerikanischen Städten ein unverwechselbares kubanisch-spanisches Flair. Miami, vor allem South Beach mit seinem bekannten Ocean Drive, sollte man mindestens einmal besuchen. Interessant fand ich das ehemalige Versace Haus, was mittlerweile zu einem Luxushotel umgebaut wurde und die Strasse durch seine Pracht verschönert. Auch sehenswert ist St. Augustine, eine Stadt an der Ostküste Floridas. Von Gainesville durch einen Tagestrip schnell erreichbar und für mich persönlich die schönste Stadt, die Florida zu bieten hat, da die Altstadt spanisch angehaucht ist und diese als die älteste Stadt Amerikas gilt. Dieser Aufenthalt war für mich eine Erfahrung, die ich nicht mehr missen möchte, da ich über das amerikanische Studentenleben und die Mentalität viele Erfahrungen sammeln konnte. Auch habe ich viele nette Menschen verschiedener Nationalitäten kennengelernt und konnte unterschiedliche Sprachen und Kulturen erleben. Wichtige Adressen University of Florida, Pharmaceutics Department : http://www.cop.ufl.edu/departments/PC/ Auslandskrankenversicherung: https://www.allianz.de/ Sunisland Apartment Anlagen http://www.sunisland.info/ amerikanische Botschaft Frankfurt: http://frankfurt.usconsulate.gov/ UFl Football: http://www.gatorzone.com/football/ Hiermit erkläre ich mein Einverständnis, dass sich Interessenten für gleichartige Projekte mit Fragen unter folgenden Kontaktadresse an mich wenden können. 12. Oktober 2009, gez. Julia Algermissen, [email protected]