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Unterwegs
Sonntag, 11. November 2012 / Nr. 46 Zentralschweiz am Sonntag
nützliche informationen
Anreise: Zum Beispiel mit British
Airways über London und Johannesburg nach Harare, der Hauptstadt
Simbabwes, Ethiopian Airlines (www.
ethiopianairlines.com) fliegt über Addis Abeba nach Harare. Wilderness
Safaris (www.wilderness-air.com)
bringt seine Gäste von dort aus mit
dem Kleinflugzeug an den Sambesi,
von Lusaka auch alternativ auf dem
Landweg.
Kanu-Safaris auf dem Sambesi:
Das Ruckomechi Camp an der Grenze zum Mana-Pools-Nationalpark liegt
bar. In Wahrheit sind sie die gefährlichsten Tiere der Savanne.»
Die Geduld zahlt sich aus
Henrys angespannte Gesichtszüge weichen langsam einem breiten Lächeln:
«Wie gehts, Leute? Noch fit für die Elefanten?» Nur zehn Minuten später hat er
sie tatsächlich im Schatten eines wilden
Mangobaums entdeckt. Es sind vier ausgewachsene Bullen mit besonders beeindruckenden Stosszähnen. Aber sie stehen
auf vier Beinen. «Geduld, Geduld», meint
Henry verschmitzt. Vielleicht 20 Minuten
warten wir schweigend im Schatten eines
Mopanebuschs. Dann richtet sich der
grösste Bulle tatsächlich auf die Hinterbeine auf, um mit dem Rüssel nach einem
breiten Ast des Baums zu greifen. Zwei
Schritte geht er dabei nach vorne. Schon
gibt ein grosser Ast krachend nach. Der
Riese lässt sich das rare Grün sichtlich
schmecken. «Nur hier im Mana-PoolsNationalpark haben Elefanten gelernt, auf
direkt am Flussufer (www.ruckomechi.
com). Von dort aus starten zwischen
Mai und November zweimal wöchentlich 4-tägige Kanu-Expeditionen (ab
899 €). Die Toka Leya Lodge auf der
sambischen Seite des Sambesi bietet
auch kürzere Kanu-Safaris an (www.
tokaleya.com).
Veranstalter: Wilderness Safaris
kombiniert Reisen zu verschiedenen
Safarizielen im südlichen Afrika, darunter auch Kanu-Expeditionen in Simbabwe und Botswana (www.wilderness.travel).
Karlsruhe: Liebe auf
den dritten Blick
zwei Beinen zu gehen, um an frisches
Grün zu kommen», erklärt uns Henry,
«in anderen Nationalparks Afrikas wurde
dies fast noch nie beobachtet.» Henry
hat uns wieder einmal nicht zu viel versprochen.
Und selbst ein Löwe kommt uns am
Ende der Kanu-Safari noch näher, als wir
uns das hätten wünschen können. Am
Morgen vor der Rückkehr ins Basislager
zeigt Henry uns die Spuren von gewaltigen Pranken im Staub – unweit von
unseren am Flussufer aufgereihten Zelten.
Uns stockt erneut der Atem. Wir hätten
der Raubkatze schutzlos im Schlaf zum
Opfer fallen können. Henry lächelt. «Kein
Grund zur Panik! Löwen haben hier noch
nie einen Touristen aus dem Zelt geholt.
Er war einfach nur neugierig, wer da in
seinem Revier campiert. Ich habe ihn die
ganze Nacht brüllen hören und lag mit
dem Gewehr auf der Lauer.» Auch dieses
Mal konnte Henry sich seine Patronen
sparen.
Hier trifft man sich: Der Ludwigsplatz ist einer der
geselligsten Orte in Karlsruhe.
Bild Monika Neidhart
DeutschlanD Karlsruhe
ist kaum als Touristenstadt
bekannt, obwohl sie viel
spannende Architektur, Kultur und grüne Oasen bietet.
Der Fächergrundriss der
Stadt ist weithin einzigartig.
mOniKA neiDhArT
[email protected]
Der Kanu-Guide Henry zeigt die Reste
einer Löwenmahlzeit – ein Büffelskelett.
Bild Winfried Schumacher
Flusspferden sollte man
nicht zu nahe kommen.
So etwas sieht man ganz selten:
Elefanten auf zwei Beinen.
Getty
Getty
Karl ruht. Er träumt von einem
Schloss, von dem 32 Alleen wie Sonnenstrahlen ausgehen. Der Marktgraf
Karl Wilhelm von Baden-Durlach war
in der Realität absolut kein Träumer.
1715 legte er den Grundstein für
seinen neuen Herrschersitz. Die barocke Stadtanlage gilt heute noch als
perfektes Bild des absolutistischen
Herrschaftssystems. Die Zentriertheit
auf den Regenten wird deutlich, wenn
man den 50 Meter hohen Schlossturm
immer wieder am Ende einer der
Alleen erblickt. Die Ausrichtung ist
klar – und bietet den Touristen heute eine Orientierungshilfe. Der Platz
vor dem hellgelben Schloss ist weit
geöffnet. Lindenalleen, Marmorsäulen und leicht erhöhte Rasenflächen
führen auf das Schloss zu. Der Rasen
darf betreten werden. Es wird Boule
gespielt, gegessen, die friedliche Atmosphäre genossen. Auf dem Turm
ist man mitten im Zentrum dieser 32
Strahlen. In südlicher Richtung liegt
die Stadt. Hinter dem Schloss liegt
der Schlosspark mit grossen, alten
Bäumen und einem kleinen See. Der
blaue Strahl aus Keramikfliesen, der
einem der 32 Wege folgt, sticht darin
heraus. Er führt direkt zur MajolikaManufaktur mit Produktion von Tonware, Ausstellung und Bistro. Weiter
nördlich öffnet sich die weite Landschaft bis zum Schwarzwald und in
die Pfälzer Berge.
Barocke stadtanlage
Wenn nicht gerade ein Krokodil in der Nähe herumschwimmt,
ist die Kanu-Fahrt ganz gemütlich.
Bild Winfried Schumacher
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Von hier oben wird sichtbar, warum
Karlsruhe den Beinamen «Fächerstadt» erhielt: Wie ein geöffneter
Fächer liegt die Stadt da, gezeichnet
durch die vom Schloss wegführenden
Strassen. Die Bauordnung des Marktgrafen ist auch heute noch erkennbar.
Dies erstaunt. Um 1800 waren umfangreiche Erweiterungen nötig, da
Karlsruhe zur Hauptstadt des Grossherzogtums Baden wurde. Dem Einheimischen Friedrich Weinbrenner
gelang es, die barocke Idee der Stadtanlage beizubehalten und mit seinen
Vorstellungen des Klassizismus zu
verbinden. Seine Handschrift prägt
heute noch die Innenstadt. Besonders
deutlich wird das am Marktplatz, den
er als Gegenstück zum Schlossplatz
plante, um die Wandlung von der Fürstenstadt zur Bürgerstadt zu zeigen. Die
monumentale Platzanlage wird durch
die bauliche Beziehung von Rathaus
und evangelischer Stadtkirche geprägt.
Der Autodidakt, der in Rom die antike
Baukunst studierte, macht an diesen
zwei Gebäuden auch seine Ideen von
Säulengestaltung sichtbar. Und mitten
drin die gut sechs Meter hohe Pyramide aus Stein, die die Gruft des Stadtgründers überdeckt.
Im Zweiten Weltkrieg wurden die
Innenstadt und das Schloss zerbombt,
weil der Rheinhafen damals schon ein
Wie ein geöffneter
Fächer liegt die stadt
da, gezeichnet durch
die vom schloss
wegführenden
strassen.
bedeutender Binnenhafen war. Innerhalb von zwei Jahrzehnten wurde die
Stadt wieder aufgebaut. Sie erhielt ihr
charakteristisches Gesicht zurück. Dies
zumindest an den Fassaden. So wurde
das Schloss äusserlich wiederhergestellt.
Innen aber wurde es der Nutzung für
das Badische Landesmuseum angepasst.
spannende Baugeschichte
«Karlsruhe ist auf den zweiten, vielleicht sogar erst auf den dritten Blick
schön», meint die Berliner Professorin,
die vier Tage in der Woche in dieser
Stadt lehrt und lebt. «Anfänglich dachte ich immer wieder, wie beim botanischen Garten, der an die Schlossanlage
grenzt: Hübsch, schnuckelig – doch wo
geht er weiter?»
Die Stadt will entdeckt werden. Am
«Tor des Wissens» bei der Badischen
Landesbibliothek weisen Tafeln auf die
Baugeschichte hin. Das Gebäude wurde
1991 aus glatten, roten Sandsteinquadern erbaut. Das Baukonzept beruht auf
dem Raster des Quadrates. Der geschlossene Innenhof ist durch grosse Bäume
schattig. Vier Skulpturen von zeitgenössischen Künstlern nehmen durch ihre
Formen den Dialog mit der Architektur
auf. Die Anlage wirkt fast klosterähnlich
klar. Der Kölner Architekt Unger erklärt
seine Gedanken: «Der Gebäudekomplex
soll eine Hommage an das klassizistische
Erbe der Stadt Karlsruhe und im Besonderen an die architektonische Sprache
Friedrich Weinbrenners sein.»
Die seele baumeln lassen
Wer nach so viel Architektur und
Kunst einfach seine Seele baumeln lassen möchte, bummelt durch die Fussgängerzone, findet am Ludwigsplatz viel
Geselligkeit in Cafés und Biergärten oder
lässt sich im Stadtgarten oder im Zoologischen Garten mit einem GondolettaBoot durch die Anlage mit über 300
Rosenarten schaukeln.
Im Schlossgarten kann man ausgedehnte Spaziergänge machen. Verkehr
und Grossbaustellen (durch die Untertunnelung des Schienenverkehrs) sind
so weit weg, dass man sogar ein Eichhörnchen den Baumstamm hinaufklettern hört. Wer doch etwas kleinstädtische Idylle mit verwinkelten Seitengässchen und Fachwerkhäusern
sucht, nimmt am Marktplatz das Tram
und ist in gut 20 Minuten in der alten
Residenzstadt Durlach. Dort ist die «Alte
Schmiede» bekannt für ihr badisches
Essen und den lokalen Wein. Auf der
Speisekarte, die es nur in Badisch oder
in der Übersetzung auf Englisch gibt,
stehen unter anderem acht verschiedene Maultaschen. Eine Standseilbahn
bringt Wandersleute und Ausflügler auf
den gut 270 Meter hohen Durlacher
Turmberg. Um die Fächerstadt auch auf
eine süsse Art zu geniessen, gibt es bei
der Konditorei Brenner eine Fächertorte, die durch ihre Kombination von
verschiedenen Lagen handwerklich und
kulinarisch überzeugt.
Gut zu wissen
Stadt: Knapp 300 000 Einwohner.
Anreise: Mit dem Zug ab Luzern
etwa 3 Std.; umsteigen in Basel.
Unterkunft: City-Partner-Hotel Berliner Hof, Douglasstrasse 7. Mittelklasshotel mit freundlichem Personal, Fussgängerzone und Schloss zu
Fuss gut erreichbar.
Jugendherberge, Moltkestrasse 24.
Im Universitätsbezirk; Nähe Schloss.
Essen: Konditorei und Café Brenner,
Karlstrasse 61; Alte Schmiede, Ochsentorstrasse 4, Durlach.
Sehenswürdigkeiten: Stadtanlage
und Bauten Friedrich Weinbrenners
in der Innenstadt, wie der Marktplatz
oder die Karlsruher Münze, Stephanienstrasse 28a.
Badisches Landesmuseum, Schlossbezirk 10 (Schloss), u. a. mit bedeutender Sammlung islamischer
Kunstwerke. Schlossturm: Zugang
über das Badische Landesmuseum;
freitags ab 14 Uhr gratis.
Dammerstocksiedlung, im Karlsruher Stadtteil Weiherfeld-Dammerstock (im Süden der Stadt);
mustergültige Wohnsiedlung aus der
Bauhaus-Zeit von Walter Gropius
(1928/1929).
Literatur: Sibylle Lauth; «Nordbaden», Dumont Kunstreiseführer.
Angelika und Ulrich Solibieda;
«Karlsruhe – Spaziergänge durch die
Fächerstadt»; Info Verlag.