Richtig umstellen - biomed
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Richtig umstellen - biomed
©: Fotolia Die Zeitumstellung kann als „Mini-Jetlag“ spürbar sein Biorhythmus und Gesundheit Richtig umstellen Die Zeitumstellung von Winter- auf Sommerzeit kann von manchen Menschen als belastend empfunden werden und Symptome wie Tagesmüdigkeit und Gereiztheit zur Folge haben. Geben Sie Ihrem Körper daher ausreichend Zeit, um sich an diese Veränderung anzupassen. A lle Jahre wieder erfolgt im Frühjahr die Umstellung von der Winterzeit auf die Sommerzeit. Zu diesem Zweck wird die Uhr um eine Stunde vorgestellt. Die Einführung der Sommerzeit fand während des Ersten Weltkriegs im Jahre 1916 statt. Der primäre Zweck dieser Regelung war eine effizientere Nutzung des Tageslichts. Durch das Vorstellen der Uhr in den Sommermonaten sollte weniger Energie für die Erzeugung von künstlichem Licht verbraucht werden. Der Nutzen der Zeitumstellung ist heftig umstritten. Aktuellen Studien zufolge wird durch diese Regelung keine Energie eingespart. Dafür hat die Zeitumstellung einen nachhaltigen Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden, weil sie sich störend auf die sogenannte innere Uhr, welche den circadianen Rhythmus regelt, auswirkt. Innerhalb der ersten Tage nach der Umstellung von Winterzeit auf Sommerzeit können Symptome auftreten, die an einen Jetlag erinnern. Viele Reisende klagen nach Langstreckenflügen über Beschwerden wie Schlafstörungen in der Nacht, ausgeprägte Tagmüdigkeit, verminderte Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit, Gereiztheit, Appetitlosigkeit oder Verdauungsprobleme. Diese Symptome werden von Betroffenen auch nach der Umstellung auf die Sommerzeit beschrieben, allerdings in abgeschwächter Form, weshalb dieses Phänomen auch als „Mini-Jetlag“ bezeichnet wird. Fast ein Viertel der Bevölkerung, also ungefähr 1,7 Milliarden Menschen, ist von der Umstellung auf die Sommerzeit, welche einer Zeitzonenverschiebung um eine Stunde gleichkommt, betroffen. Durch eine groß angelegte Studie mit über 50.000 ProbandInnen konnte belegt werden, dass diese Zeitumstellung den Tag-Nacht-Rhythmus spürbar beeinflusst. In manchen Fällen kann es sogar bis zu zwei Wochen dauern, bis sich der Organismus an die neue Zeit gewöhnt hat (1). biomed austria sommer 2014 Funktion und Bedeutung der inneren Uhr Alle Lebewesen auf der Erde, von Mikrobe bis zum Menschen, stehen unter dem Einfluss sogenannter innerer oder biologischer Uhren, welche für die Aufrechterhaltung des circadianen Rhythmus sorgen. Als circadiane Rhythmen werden alle periodisch wiederkehrenden Schwankungen mit einer Periode von annähernd 24 Stunden bezeichnet. Das bedeutet, dass es sich dabei um Abläufe im Körper handelt, welche sich täglich wiederholen. Beim Menschen drücken sich circadiane Rhythmen in unterschiedlichen physiologischen und biochemischen Funktionen aus. Dazu gehören neben dem SchlafWach-Rhythmus die Synthese wichtiger Für eine Störung der cirHormone wie z. B. Melatonin oder Kor- cadianen Rhythmik ist tisol, die Regulation des Blutdrucks und der bereits die ZeitverschieKörpertemperatur, die Geweberegeneration, bung von einer einzigen der Fett- und der Kohlenhydratstoffwechsel Stunde ausreichend. und die Reparatur von DNA-Schäden (2). Jede Zelle des menschlichen Körpers besitzt eine eigene innere Uhr. Somit ticken in unserem Organismus Milliarden eigener Zeitmesser, welche einem übergeordneten Schrittmacher unterstehen, der ähnlich wie ein Dirigent den Takt vorgibt. Diese sogenannte „Master Clock“ ist in einem Abschnitt des Hypothalamus lokalisiert, welcher als Nucleus suprachiasmaticus, kurz SCN, bezeichnet wird. Diese dominante Zentraluhr hat die Oberaufsicht über alle zirkadianen Abläufe im Körper (3, 4). Die Hauptaufgabe des circadianen Systems ist die optimale Anpassung des Organismus auf sich ständig ändernde Umweltbedingungen. Das Ziel ist die Optimierung des Stoffwechsels und Energieverbrauchs während der Aufrechterhaltung wichtiger Lebensprozesse. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass alle biologischen Uhren im richtigen Takt laufen, welcher vom SCN vorgegeben wird. Der wichtigste Zeitgeber für den SCN ist der Hell-Dun13 wissenschaft & praxis kel-Zyklus. Lichtinformationen werden über spezielle Rezeptoren in der Netzhaut aufgenommen und an den SCN weitergeleitet. Dieser verarbeitet diese Impulse und gibt sie anschließend an die peripheren inneren Uhren weiter. Auf diese Weise weiß der Körper immer, wann es Zeit ist, bestimmte Aktionen auszuführen (5). kommt der inneren Uhr entgegen, weil auf diese Weise ein verlängerter 25-Stunden-Tag geschaffen wird, welcher dem natürlichen Rhythmus sehr nahe kommt. Deswegen kommen die meisten Menschen mit der Zeitumstellung im Herbst besser zurecht als mit der Umstellung auf Sommerzeit im Frühjahr. Molekulare Mechanismen circadianer Uhren Tipps für die Anpassung an die Sommerzeit Auf molekularer Ebene besteht jede circadiane Uhr aus einem Kanon sogenannter Uhrengene, welche ähnlich wie Zahnrädchen die Funktion des inneren Uhrwerks gewährleisten. In miteinander gekoppelten Rückkopplungsschleifen regulieren diese Moleküle ihre eigene Synthese in einem 24-Stunden-Rhythmus. Die positiven Elemente dieser Rückkopplungsschleife bilden zwei Transkriptionsfaktoren, die als CLOCK und BMAL1 bezeichnet werden. Diese beiden Proteine bilden Heterodimere Besonders empfindlich und aktivieren im Zellkern die Transkription von sogenannten Period- und Chrypauf die Zeitumstellung tochrome-Genen. In weiterer Folge werreagieren Menschen, den im Zytoplasma vermehrt PER- und die abends spät zu CRY-Proteine gebildet, welche nach ÜberBett gehen und morschreiten eines bestimmten Schwellenwerts gens länger schlafen. in den Zellkern wandern und dort an die CLOCK-BMAL1-Heterodimere binden. Auf diese Weise blockieren sie die Expression ihrer eigenen Gene. Die Folge ist ein starker Abfall der PER- und CRY-Konzentrationen, wodurch die Autorepression wegfällt und ein neuer Zyklus der Transkription beginnen kann. Diese periodische Aktivierung und Deaktivierung der Transkription erfolgt im 24-Stunden-Takt (4, 6, 7). Etwa zehn Prozent aller humanen Gene weisen ein solches zirkadianes Expressionsmuster auf, welches durch die circadiane Uhr gesteuert wird. Unter den gesteuerten Genen finden sich Moleküle verschiedener funktioneller Gruppen wie Transkriptionsfaktoren, Enzyme und Hormone (8). Ein funktionierendes zirkadianes System ist somit für die Aufrechterhaltung der Homöostase unterschiedlicher biologischer und physiologischer Prozesse von großer Bedeutung. Störung der circadianen Uhr Eine nachhaltige Störung der inneren Uhr, welche zur Folge hat, dass sich der Organismus nicht mehr optimal an äußere Bedingungen anpassen kann, wird als Chronodisruption bezeichnet. Die bekannteste Chronodisruption ist der Jetlag, welcher durch das Überspringen von Zeitzonen auf Langstreckenflügen bedingt ist. Für eine Störung der circadianen Rhythmik ist bereits die Zeitverschiebung von einer einzigen Stunde ausreichend. Aus diesem Grund zeigen viele Menschen nach der alljährlichen Umstellung von Winterzeit auf Sommerzeit Symptome des Jetlags. Dies resultiert daraus, dass die biologische Uhr weiterhin auf Winterzeit bleibt, während alle sozialen Aktivitäten um eine Stunde vorgestellt werden. Diese plötzliche Änderung der Uhrzeit stimmt nicht mehr mit der tatsächlichen Zeit der Dämmerung überein. Es kann mehrere Tage dauern, bis sich der Organismus an die veränderten Lichtverhältnisse angepasst hat (1). Da die innere Uhr nicht exakt im 24-Stunden-Rhythmus läuft, sondern eine etwas längere Periode aufweist, fällt es den meisten Menschen leichter, länger aufzubleiben als früher aufzustehen. Die Umstellung auf die Winterzeit 14 Besonders empfindlich auf die Zeitumstellung im Frühjahr reagieren Menschen, die abends spät zu Bett gehen und dafür morgens länger schlafen. Daher empfiehlt es sich an den Tagen vor der Umstellung früher schlafen zu gehen – zehn bis 15 Minuten pro Tag reichen schon aus, um die Anpassung zu erleichtern. In der Umstellungsphase ist es ratsam, lange Spaziergänge an der frischen Luft zu unternehmen, um dem Körper die Möglichkeit zu geben, möglichst viel Licht zu tanken. Die Kombination aus Bewegung, frischer Luft und natürlichem Licht wirkt sich sehr positiv auf das Wohlbefinden aus und unterstützt den erholsamen Schlaf. Zusätzlich sollte vor allem abends auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung geachtet werden. Üppige Mahlzeiten sowie übermäßiger Konsum von Kaffee, Alkohol und Nikotin sollten in den Abendstunden vermieden werden. Wer unter Einschlafproblemen leidet, kann auf einfache Hausmittel wie ein entspannendes Bad, ein warmes Fußbad, warme Milch mit Honig oder pflanzliche Mittel wie zum Beispiel Baldrian zurückgreifen. Damit sich der Körper besser an den neuen Hell-Dunkel-Zyklus anpassen kann, sollte man vor dem Schlafengehen grelles, künstliches Licht meiden. Besser ist es, sich bei Kerzenlicht zu entspannen. Auf die Einnahme von Beruhigungsmitteln und Schlaftabletten sollte verzichtet werden. Stattdessen ist es wichtig, dem Körper die nötige Zeit zu geben, sich an die Veränderung anzupassen. Die Anpassungsphase dauert von Mensch zu Mensch unterschiedlich lang. In den meisten Fällen reichen vier bis fünf Tage aus. Manchmal kann es aber auch bis zu zwei Wochen dauern, bis sich die innere Uhr an den neuen Rhythmus gewöhnt hat (9). n Alisa Coric, MSc. Literatur 1) Kantermann, T. et al.: The Human Circadian Clock’s Seasonal Adjustment Is Disrupted by Daylight Saving Time. Current Biology, Vol. 17, pp. 1996-2000 (2007). 2) Hastings, M., O’Neill, J.S. & Maywood, E.S. Circadian clocks: regulators of endocrine and metabolic rhythms, J. Endocrinol. 195, 187–198 (2007). 3) Dunlap, J.C. Molecular bases for circadian clocks, Cell 96, 271–290 (1999). 4) Reppert, S.M. & Weaver, D.R. Coordination of circadian timing in mammals, Nature 418, 935–941 (2002). 5) Hattar, S., Liao, H.W., Takao, M., Berson, D.M. & Yau, K.W. Melanopsin-containing retinal ganglion cells: architecture, projections, and intrinsic photosensitivity, Science 295, 1065–1070 (2002). 6) Hastings, M.H., Reddy, A.B. & Maywood, E.S. A clockwork web: circadian timing in brain and periphery, in health and disease, Nat. Rev. Neurosci. 4, 649–661 (2003). 7) Brown, S.A. et al. PERIOD1-associated proteins modulate the negative limb of the mammalian circadian oscillator, Science 308, 693–696 (2005). 8) Lowrey, P.L. & Takahashi, J.S. Mammalian circadian biology: elucidating genome-wide levels of temporal organization, Annu Rev Genomics Hum Genet 5, 407–441(2004). 9) Amman-Jenson G.W: Schlaf-Tipps zur Zeitumstellung, URL: http:// www.schlafcoaching.com/de/nach-der-zeitumstellung-winter-aufsommerzeit-wieder-rasch-auf-trab-kommen.html (17.02.2014). sommer 2014 biomed austria