Rechtsfragen zur Grundstücksgrenze

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Rechtsfragen zur Grundstücksgrenze
Rechtsfragen zur Grundstücksgrenze
Im Zuge meiner Beratertätigkeit für den Österreichischen Siedlerverband werde ich immer wieder mit
Rechtsfragen zur Zaunerrichtung und -erhaltung konfrontiert. Die Regelungen finden sich in den §§ 854 bis
858 ABGB, ich fasse diese (mit Erläuterungen aus der Judikatur) wie folgt zusammen:
1. Grundsätzlich steht ein Zaun, eine Mauer, eine Hecke und dergleichen, die sich genau an der
Grundstücksgrenze befinden, im Miteigentum der Nachbarn, sie gehören also beiden gemeinsam. Beim
Miteigentum hat jeder der beiden Nachbarn ein „Benutzungsrecht“ bis zur Hälfte der Dicke, dessen Ausübung
freilich nicht in die Rechte des Nachbarn eingreifen darf. Auch Erhaltungsarbeiten müssen sich die
Miteigentümer teilen.
2. Wenn sich aber der Zaun, die dazugehörige Grundmauer etc. zur Gänze im Grundstücksbereich eines
Nachbarn befindet, ist er Alleineigentümer und trägt auch die Erhaltung alleine. Erhaltungspflichten gehen
aber nur soweit, als vom Nachbarn ein drohender Schaden abgewendet werden muss, wenn also der Zaun so
alt oder brüchig oder teilweise entfernt ist, sodass der Nachbar das Eindringen von Tieren oder Personen zu
befürchten hat, Verletzungsgefahr besteht oder die Gefahr eines Schadens auf dem Grundstück besteht, etwa
durch herabfallende Mauerteile.
3. Die Frage, wo nun die Grenze verläuft, ist natürlich eine Sache der Vermessung und ist bei Vorliegen alter
Pläne oft nicht eindeutig nachvollziehbar. Möchte man hier endgültige Klarheit, müsste eine Neuvermessung
durchgeführt werden. Als ersten Schritt empfehle ich hier Erhebungen bei der Baubehörde.
4. Die Regelung mit der „rechten Zaunseite“ befindet sich in § 858, Satz 2 ABGB: Sie betrifft aber zunächst
die Verpflichtung des Grundeigentümers zur „Einfriedung“ des Grundstückes, also die Ersterrichtung des
Zaunes. Die Einfriedung ist auch nur dann vorzunehmen, wenn diese nötig ist, also von Seiten des
Nachbargrundstückes ein Bedürfnis danach vorhanden ist. Ein solches ist nach der Judikatur etwa bei
freiliegenden Äckern oder Wiesen nicht gegeben, es kann aber einen anderslautenden Ortsgebrauch geben.
Die „rechte Seite“ ist im Übrigen aus der Sicht des in den Haupteingang Eintretenden zu bestimmen.
Da diese Einfriedung auf dem Grundstück des Verpflichteten Eigentümers stattzufinden hat, wird er also
Alleineigentümer und gilt daher das oben gesagte: Er hat für die Instandhaltung des „rechten Zaunes“ zur
Schadensabwehr (und nur zu dieser) aufzukommen.
Für Rücksprachen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Dr. Susanne Freyer
Wollzeile 25/27, 1010 Wien
E-Mail: [email protected],
www.freyer.at