Kadertag der St.Galler Staatsverwaltung 2012 Liebe

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Kadertag der St.Galler Staatsverwaltung 2012 Liebe
Es gilt das gesprochene Wort
Kadertag der St.Galler Staatsverwaltung 2012
Pfalzkeller, 11. Dezember 2012
Liebe Kadermitarbeiterinnen und Kadermitarbeiter
Im Namen der Regierung begrüsse ich Sie alle ganz herzlich zum Kadertag, der dieses Jahr
unter dem Titel "Geld und Geist" steht.
Ich weiss nicht, woran Sie jetzt gerade bei diesem Begriffspaar denken, ob mehr an "Geist"
oder mehr an "Geld". Aber ich kann mir vorstellen, dass Sie ein ziemlich genaues Bild davon
haben, woran ich bei diesem Begriffspaar in erster Linie denke. Eigentlich müsste dies bei
einem Vorsteher des Finanzdepartementes ja auch sonnenklar sein – an den "Geist" natürlich.
Dies ist auch klar: Der Kanton steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Also haben wir kein
Geld. Folglich brauchen wir viel Geist – ich würde sogar behaupten "Geistesblitze" –, um
aus der Misere raus zu kommen.
Aber ganz so einfach ist es natürlich nicht – auch heute Nachmittag nicht. Kaum jemand
wird sagen, "Geld" und "Geist" gehören zwingend zusammen. Im Gegenteil, die meisten
nehmen "Geld" und "Geist" eher als Gegensätze wahr. Darum ist auch das Klischee weitverbreitet, dass man nicht Geisteswissenschaften studieren soll, wenn man das grosse Geld
machen will. Damit stellt sich auch die Frage, was wichtiger ist: Geld oder Geist.
Dazu gibt es verschiedene Meinungen. Oscar Wilde schreibt zum Beispiel in einem seiner
Bücher: "Als ich klein war, glaubte ich, Geld sei das wichtigste im Leben. Heute, da ich alt
bin, weiss ich: Es stimmt."1 Auf der anderen Seite hat Bob Marley in einem seiner Lieder
gesungen: "Gewinne nicht die Welt und verliere deine Seele; Weisheit ist besser als Silber
und Gold."2
Geht man dem Ursprung des Begriffspaares "Geld und Geist" nach, dann landet man bei
Jeremias Gotthelf. Er hat einem seiner Romane – etliche sind der Meinung, es sei sein
schönster – den Titel "Geld und Geist" gegeben. Worum geht es in dieser Geschichte? Auf
dem Liebiwyl-Hof leben der Bauer Christen und seine Frau Änneli mit ihren Kindern einträchtig zusammen. Die Harmonie wird allerdings gestört, als sich Christen vom hinterlistigen Gemeindeschreiber verleiten lässt, mit Mündelgeldern zu spekulieren. In der Folge geht
das ganze Geld verloren, und der geprellte Bauer muss der Gemeinde den Schaden aus
1 Oscar Wilde, Das Bildnis des Dorian Gray, Kapitel 3 / Lord Fermor, Lord Henry
2 Bob Marley, "Zion Train"
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der eigenen Tasche begleichen. Darüber geraten sich die Änneli und Christen in die Haare,
was schliesslich in eine veritable Ehekrise mündet.
Vielleicht haben Sie bei dieser Geschichte rund um "Spekulation", "das ganze Geld geht
verloren", "Schulden begleichen" und "Krise" sofort den Bezug in die heutige Zeit gemacht.
Irgendwie kommt uns dies alles doch ziemlich bekannt vor, einfach ein paar Schuhnummern
grösser. Auch in der aktuellen Situation scheint der Schaden durch einen zu starken Fokus
auf das Geld angerichtet worden zu sein.
Aber wie geht die Geschichte von Jeremias Gotthelf weiter? Änneli und Christen haben das
gemacht, was uns vielleicht auch manchmal gut tun würde. Sie gingen in die Kirche, an
Pfingsten. Und bei der Predigt kam offenbar der Geist – der Heilige Geist – über sie. Jedenfalls haben sie sich danach wieder versöhnt. Darum heisst der Roman von Jeremias Gotthelf auch nicht nur "Geld und Geist", sondern genau genommen: "Geld und Geist oder Die
Versöhnung".
Übertragen auf uns, brauchen wir wohl beides: Geld und Geist. Nur kommt das Geld nicht
von allein; wir brauchen zwangsläufig Geist, Ideen, Phantasie. Über diese Attribute verfügen
Sie. Sonst wären Sie nicht im Kader. Unsere Bevölkerung erwartet es auch von uns, dass
wir Geist und Ideen haben. Und Ihre Ideen und Ihr Geist sind gefragt, wenn es darum geht,
in den kommenden Wochen und Monaten aufzuzeigen, wie wir aus der Talsohle kommen
können.
Diese Aufgabe kann die Regierung nicht allein machen. Wir brauchen dazu Sie alle, Ihre
Ideen und Ihren Geist. Auch wenn Sie vielleicht von der Leistungsüberprüfung nicht so begeistert sind. Gefordert sind Sie trotzdem. Es kann keiner und keine ausscheren und zurücklehnen und darauf hoffen, dass andere gute Ideen haben. Wir alle – Sie und ich – müssen
gute Ideen, guten Geist haben. Dies sind wir den St.Gallerinnen und St.Gallern schuldig.
Keine Angst: wir schlagen uns heute Nachmittag nicht mit dem Entlastungsprogramm 2013
auseinander. Dennoch gehen wir verschiedenen Fragen rund um das Geld und den Geist
etwas nach. Und hoffentlich finden wir die eine oder andere Antwort auf unsere Fragen. Helfen werden uns dabei hochkarätige Referenten, die ich dann später vorstellen werde.
Bevor wir aber ins Thema einsteigen, lassen wir uns musikalisch einstimmen, und zwar von
einem riesengrossen Jungtalent, von Joshua Uhland. Er spielt uns auf der Violine das Rondo in C-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart vor. Begleitet wird er am Flügel von Tamara
Chitadze.
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Referate und Rahmenprogramm
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Schlusswort
Dank Robert Huber vom Amt für Kantonsentwicklung wissen wir nun, "was vom Tag
übrigbleibt?" Ich hoffe, Sie haben etwas von dem mitnehmen können, was Sie heute Nachmittag erlebt und gehört haben. Ich darf Sie nun zum Imbiss einladen, jedoch nicht ohne
vorher allen Referenten und Organisatoren dieses Kadertags 2012 herzlich zu danken.
Mein Dank geht an die Referenten Prof. Urs Müller, Lukas Stücklin und Prof.Dr. Ulrich Felber alias Robert Huber alias Thomas Götz. Für die virtuosen musikalischen Einlagen bedanke ich mich bei Joshua und David Uhland sowie Tamara Chitadze. Ein spezieller Dank
geht an Kantonsrichterin Dr. Beatrice Uffer für die gelungene Moderation des Talks mit meinen beiden neugewählten Regierungskollegen Martin Klöti und Fredy Fässler. Sodann bedanke ich mich herzlich beim OK der Staatskanzlei, speziell bei Sarah Hauser und Joel Keller.
Mein ganz herzlicher Dank gilt aber in erster Linie Ihnen, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Regierung schätzt sich glücklich, auf so engagierte und gute Mitstreiterinnen und
Mitstreiter zählen zu dürfen. Wir wissen Ihren Einsatz, den Sie über das ganze Jahr geleistet
haben, sehr zu schätzen. Wir danken Ihnen dafür.
Das vergangene Jahr war hektisch und erlangte uns allen viel ab, Ihnen genauso wie uns
Regierungsmitgliedern. Das Jahr war stark von unseren finanziellen Problemen überschattet. Ein Sparpaket jagte das andere, eine Saldovorgabe die vorherige. Dabei die eigene
Aufgabe im Auge zu behalten und so gut als möglich zu erfüllen, ist nicht immer einfach. Ich
weiss, dass das Jahr über vieles auf der Strecke blieb, was Sie sich vorgenommen hatten.
Vielleicht war Ihnen nicht immer klar, weshalb Sie diesen oder jenen Auftrag erhielten. Und
vielleicht dachten Sie auch, dass Ihre Vorschläge und Inputs ausser Hektik, Stress und
Frust sowieso nichts bringen. Und vielleicht ist ob dieser Anspannung tatsächlich da und
dort ein Dankeschön auf der Strecke geblieben. Lassen Sie mich dieses Dankeschön an
dieser Stelle im Namen der Regierung, aber insbesondere im Namen der Bevölkerung
nachholen: Herzlichen Dank! Ich wünsche Ihnen und Ihren Angehörigen frohe Adventstage,
frohe Weihnachten und ein gutes 2013. Lassen Sie es mich so sagen:
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Ich frage dich am Schluss des Jahres:
Sag, mein Freund, das Jahr, wie war es?
So so la la, nun gut, es geht.
Wie's halt so geht mit Sparpaket.
Und wenn man meint, es sei vorüber,
da lassen sie dich nochmals drüber.
Das Ganze sei zwar angeheizt,
doch letztlich noch nicht ausgereizt.
Da ruft doch Gehrer leicht gestresst:
"Die Zitrusfrucht ist ausgepresst."
Es bleibe faktisch nur die Schale;
das sage er schon viele Male.
Die SVP erkennt Gefahren,
denn die Regierung will nicht sparen.
Laut SP, Grünen hat's Methode,
denn dieser Staat spart sich zu Tode.
Das sorgt beim Freisinn nur für Spott,
die CVP macht hütt und hott.
So nimmt's wie üblich seinen Lauf
und die Steuern gehen rauf.
Zuletzt der Rat, auch wenn er schmollte,
macht doch, was die Regierung wollte.
Beim Personal rumort's mitunter,
denn alle Löhne sollen runter.
So haut man mächtig auf den Putz
und hofft beim Rat auf "Artenschutz".
Im Rat obsiegt ob dieser Wut
die Angst vor seinem eignen Mut.
Die Löhne bleiben ungekürzt,
doch das Süppli wird gewürzt
mit Federstrich pauschal-global
um ein Prozent – wie, ist egal.
"Residual" heisst die Devise.
Nur versteht in dieser Krise
kaum einer, was damit gemeint,
auch wenn es ganz vernünftig scheint.
Das Kader fragt sich, was das heisst.
Fehlt nebst dem Geld auch noch der Geist?
Urs Müller klärt das Kader auf,
Herr Stücklin gibt noch einen drauf
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und warnt vor Gen-Technologie
und "Nuklear-Theologie".
Man könnte sich daran gewöhnen
und sich mit Geld und Geist versöhnen.
Prof. Felber macht es vor
und Robert Huber mit Humor.
Herr Klöti scheint es zu gefallen.
Kunststück, wohnt er jetzt doch in St.Gallen.
Hier fühlt er sich im Paradiesli;
im Thurgau gibt's kein Lokremisli.
Er sucht im Staatsarchiv nach Werten;
ich hoffe nur, nicht nach verkehrten.
Er will ja nun "ästhetisch" sparen;
wir schauen dann in ein, zwei Jahren.
Kollege Fässler ist begeistert,
wie die Regierung alles meistert.
Man hört ihm zu, er fühlt sich gut;
man spürt, wie gut ihm Demut tut.
Er fragt sich nun – und das ganz sacht –,
was er den ganzen Tag lang macht.
Das Diktafon, es ist nicht seines.
Man sagt ihm: "Überhaupt, du brauchst hier keines."
So denkt ja wohl das ganze Kader,
sonst lädt er dann den Hinterlader.
Dies ist kaum nötig, weil's nun heisst:
"Prosit Neujahr, auf Geld und Geist!"
Martin Gehrer, Regierungspräsident

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