Umsatzsteuer-News-06-2014

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Umsatzsteuer-News-06-2014
www.pwc.de/de/steuern/umsatzsteuerberatung.jhtml
Aktuelles rund um das
Umsatzsteuerrecht
Umsatzsteuer-News
Ausgabe 6,
Juni 2014
Inhalt
Aus der Rechtsprechung ....................................................................................................... 1
Zur zeitlichen Grenze der Option zur Steuerpflicht und ihrer Rücknahme ........................ 1
Zum Zeitpunkt, zu dem das Recht auf Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als
Vorsteuer auszuüben ist....................................................................................................... 2
Aus der Finanzverwaltung ................................................................................................... 3
Erneut: Voraussetzungen des Übergangs der Steuerschuldnerschaft bei
Bauleistungen und Gebäudereinigungsleistungen ............................................................. 3
Aus dem Ausland ................................................................................................................. 4
China: Ausweitung der Mehrwertsteuer auf den Telekommunikationssektor .................. 4
Großbritannien: Reverse-Charge-Verfahren auf die Lieferung von
Gas und Elektrizität ............................................................................................................. 4
Ihre Ansprechpartner ...........................................................................................................5
Bestellung und Abbestellung ................................................................................................5
Aus der Rechtsprechung
Zur zeitlichen Grenze der Option zur Steuerpflicht
und ihrer Rücknahme
Bisher sieht die Verwaltungsauffassung vor: Eine Option zur Steuerpflicht
kann – ebenso wie ihre Rücknahme – nur bis zur formellen Bestandskraft
der jeweiligen Jahressteuerfestsetzung erfolgen. Dabei beruft sich die
Finanzverwaltung auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem
Jahr 2008. Der BFH hat in zwei Urteilen überraschend klargestellt, dass
er so nicht verstanden werden wollte – selbst entgegen einer vermeintlich
klaren Aussage in dem erwähnten Urteil, die er nicht als verbindlich
ansieht.
Der Sachverhalt eines dieser Urteile (der Sachverhalt des anderen Urteils ist ähnlich)
war folgender: Eine GmbH (deren Gesamtrechtsnachfolgerin die Klägerin war) erwarb
1991 ein mit einem Hotel bebautes Grundstück. Der Verkäufer verzichtete auf die Steuerbefreiung und wies Steuer auf der Rechnung aus. Die Klägerin und der Verkäufer verabredeten aber 1997, die Option zur Steuerpflicht wieder rückgängig zu machen. Daraufhin
wurde die Rechnung korrigiert, es kam zu einer entsprechenden Kürzung des Vorsteuerabzugs, und zwar (irrigerweise) im Jahr 1997. 2004 reichte die Klägerin eine korrigierte
Jahreserklärung für 1997 mit der Begründung ein, die Vorsteuerkürzung hätte nicht für
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das Jahr 1997, sondern für das Jahr 1991 erfolgen müssen. Das Finanzamt erließ einen
Änderungsbescheid für 1997, in dem es antragsgemäß die Vorsteuer heraufsetzte.
Entsprechend setzte es für das Jahr 1991 den Vorsteuerabzug herab. Der Unternehmer
war der Auffassung, dass das Finanzamt die Veranlagung für 1991 nicht mehr hätte
ändern dürfen.
Der BFH stimmte dem Finanzamt zu, wobei er ausführlich auf die Voraussetzungen
der Option nach § 9 UStG und ihrer Rücknahme einging. Werde die Option dadurch
ausgeübt, dass in einer Rechnung Steuer ausgewiesen wird, so müsse die Rücknahme
der Option dadurch erfolgen, dass eine berichtigte Rechnung ohne Umsatzsteuer erteilt
wird. Die Option zur Steuerpflicht konnte noch rückgängig gemacht werden: Zeitlich sei
es möglich, dass sowohl die Option ausgeübt als auch der Verzicht zurückgenommen
werden kann, solange die Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung (hier
1991) anfechtbar oder aufgrund eines Vorbehalts der Nachprüfung (§ 164 AO) noch
änderbar ist. Die Rechtsprechung des V. Senats in Hinblick auf die Ausübung der Option
sei nicht so zu verstehen, dass die Rücknahme des Verzichts nur bis zur formellen
Bestandskraft (d. h. bis zum Ende der Rechtsbehelfsfrist) der Umsatzsteuerfestsetzung
zulässig sei. Dagegen spreche auch nicht das Urteil des XI. Senat des BFH vom
10. Dezember 2008, der sich dort lediglich mit einem nicht bindenden „obiter dictum“
geäußert habe.
Mit diesem Urteil sind ein Verzicht auf eine Steuerbefreiung sowie die Rücknahme dieses
Verzichts theoretisch länger möglich als bisher; das Finanzamt kann entsprechend
seinerseits die entsprechenden Korrekturen tätigen. Bitte beachten Sie, dass der Verzicht
auf die Steuerbefreiung von bestimmten weiteren Voraussetzungen abhängen kann – vor
allem bei der Lieferung von Grundstücken, wo es einer Erklärung im nach § 311b Abs. 1
BGB notariell zu beurkundenden Kaufvertrag bedarf.
Fundstellen: BFH V R 6/12 und V R 7/12, Urteile vom 19. Dezember 2013, sowie
XI R 1/08 vom 10. Dezember 2008, abrufbar unter www.bundesfinanzhof.de;
Abschnitt 9.1 Abs. 3 Satz 1 UStAE
Zum Zeitpunkt, zu dem das Recht auf Abzug der
Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer auszuüben ist
Im Falle von Rechnungen ist geklärt: Das Vorsteuerabzugsrecht ist grundsätzlich für den Zeitraum auszuüben, in dem beide nachfolgenden Voraussetzungen zusammen vorliegen: die Leistung wurde bewirkt und der
Steuerpflichtige besitzt eine Rechnung oder ein Dokument, das nach den
von den Mitgliedsstaaten festgelegten Kriterien als Rechnung angesehen
werden kann. Für den Vorsteuerabzug aus Zollbescheiden hat der BFH
nun entschieden, dass in diesem Falle sinngemäß das Gleiche gelte.
Die Klägerin war Inhaberin eines Zolllagers. Aufgrund von Fehlern bei der Bestandsführung wurden gegen die Klägerin im Jahr 2008 Einfuhrabgaben, einschließlich Einfuhrumsatzsteuer (EUSt), festgesetzt. Die Klägerin machte die EUSt-Beträge im Jahr
2009 als Vorsteuer geltend. Das Finanzamt lehnte den Vorsteuerabzug aber ab. Der
BFH entschied: Nach Rechtsprechung des EuGH sei es für den Vorsteuerabzug nicht
erforderlich, dass die EUSt auch entrichtet wurde; der Steuerpflichtige müsse, um das
Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, aber ein die Einfuhr bescheinigendes
Dokument besitzen, das ihn als Einführer oder Importeur ausweist und aus dem sich
der geschuldete Steuerbetrag ergibt oder aufgrund dessen seine Berechnung möglich ist.
Da aber die Bescheide 2008 ausgestellt wurden, lagen sie nicht erst im Streitjahr 2009,
sondern bereits im Vorjahr vor. Es sei jedoch nicht möglich, die Vorsteuer alternativ in
einem späteren Besteuerungszeitraum geltend zu machen, so der BFH.
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Der BFH ging hier leider nicht auf die interessante Frage ein, ob der Kläger, der als
Lagerhalter weder Eigentümer der betreffenden Gegenstände war noch über sie
Verfügungsmacht hatte, überhaupt zum Abzug der EUSt als Vorsteuer berechtigt war.
Fundstelle: BFH V R 8/13, Urteil vom 13. Februar 2014, abrufbar unter
www.bundesfinanzhof.de
Aus der Finanzverwaltung
Erneut: Voraussetzungen des Übergangs der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen und Gebäudereinigungsleistungen
Bereits im vergangenen Jahr hat der Bundesfinanzhof die Verwaltungsauffassung zu den Voraussetzungen des Übergangs der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen in mehreren zentralen Punkten zurückgewiesen.
Am 5. Februar 2014 reagierte das Bundesministerium der Finanzen (BMF)
mit einem ersten Schreiben auf die neue Rechtslage (siehe Ausgabe 1 von
„Umsatzsteuer aktuell“ vom Februar 2014). Nun hat es mit einem zweiten
Schreiben weitere Regelungen veröffentlicht: So sollen eine neue Nachweismöglichkeit und weitere Nichtbeanstandungsregelungen für mehr
Rechtssicherheit sorgen. In Fällen, in denen sich der Leistungsempfänger
auf die geänderte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs beruft, ist aber
noch offen, welchen Vertrauensschutz das BMF zu gewähren bereit ist.
Mit einer Bestätigung des Leistungsempfängers über das Vorliegen der (neuen)
Voraussetzungen des Übergangs der Steuerschuldnerschaft wird für Bauleistungen
und Gebäudereinigungsleistungen ein Nachweis geboten, für den das BMF – jedoch nur
bei Bauleistungen – grundsätzlich einen Vertrauensschutz vorsieht, sollte sich später
herausstellen, dass die Voraussetzungen des Übergangs der Steuerschuldnerschaft tatsächlich nicht vorliegen. Die Regelungen zur Organschaft werden (in aller Kürze) dahin
gehend präzisiert, dass Innenleistungen der Organschaft für die Prüfung der Voraussetzungen des Übergangs der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen und Gebäudereinigungsleistungen nicht relevant sind. Die Nichtbeanstandungsregelung für Altfälle
wird um Fälle erweitert, in denen vor dem Stichtag 15. Februar 2014 mit dem Bau
begonnen wurde, sowie um Fälle, in denen die Parteien bereits vordem einvernehmlich
davon ausgingen, dass der leistende Unternehmer Steuerschuldner blieb (Letzteres ist
besonders für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers von Bedeutung). Außerdem
sieht das Schreiben Nichtbeanstandungsregelungen in Hinblick auf vor dem Stichtag
vereinnahmte Abschlagszahlungen vor – daneben bleibt aber auch die Vertrauensschutzregelung möglich, wonach die Parteien nach dem Stichtag übereinkommen, auch
weiterhin einvernehmlich die alte Rechtslage anzuwenden. Für Einzelheiten zu diesen
und anderen Regelungen im neuen BMF-Schreiben siehe Ausgabe 3 unseres Newsflashs
Umsatzsteuer aktuell vom Mai 2014.
Im Schreiben wird die Frage nicht behandelt, was gelten soll, wenn die Parteien nicht
einvernehmlich an der alten Rechtslage festhalten, weil zum Beispiel der Leistungsempfänger – ohne Vorsteuerabzugsmöglichkeit – sich auf die neue Rechtslage beruft
und die gezahlte Steuer zurückfordert, während der leistende Unternehmer unter
Umständen keine Möglichkeit hat, die Steuer vom Leistungsempfänger nachzufordern.
Hierzu soll ein drittes BMF-Schreiben ergehen.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber in absehbarer Zeit reagiert und den
Übergang der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen im Detail regelt. Das könnte in
der Weise erfolgen, dass im Ergebnis die alte Rechtslage im UStG festgeschrieben wird.
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Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers könnte sich dann auch auf Bauträgerfälle (Lieferung eines bebauten Grundstücks) erstrecken. Außerdem könnten die
Bindungswirkung einer Bescheinigung sowie eine Nichtbeanstandungsregelung ausdrücklich im Umsatzsteuergesetz verankert werden. Eine rückwirkende Anwendung ist
dem bisher vorliegenden Gesetzesvorschlag allerdings nicht zu entnehmen. Ob und in
welcher Form dieser Gesetzesvorschlag umgesetzt wird, lässt sich derzeit noch nicht
absehen.
Fundstellen: BMF-Schreiben vom 8. Mai 2014, abrufbar unter
www.bundesfinanzministerium.de; Bundesrat-Drucksache 184/14
(Beschluss) vom 13. Juni 2014, abrufbar unter www.bundesrat.de
Aus dem Ausland
China: Ausweitung der Mehrwertsteuer
auf den Telekommunikationssektor
Der Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer in China wurde zum
1. Juni 2014 auf die Leistungen der Telekommunikationsbranche ausgeweitet. Die anwendbaren Steuersätze belaufen sich auf 11 Prozent für
Basisleistungen und 6 Prozent für bestimmte andere Leistungen.
Unter Basisleistungen sind in diesem Zusammenhang zum Beispiel Telefonate über das
Telekommunikationsnetz und die Übertragung von Rechten zur Nutzung bestimmter
Frequenzen und Netzwerke zu verstehen. Andere Leistungen in diesem Sinne sind zum
Beispiel die Übertragung von SMS/MMS und der Zugang zum Internet. Der Erlass der
chinesischen Finanzbehörden regelt auch die Abgabe von Paketen wie etwa die Lieferung
kostenloser Endgeräte in Verbindung mit dem Abschluss eines Vertrags. Während
in China ansässige Unternehmer Telekommunikationsleistungen steuerfrei an ausländische Unternehmer erbringen können sollen, ist dasselbe für den umgekehrten
Fall offenbar nicht vorgesehen. Allerdings ist unklar, ob es tatsächlich beabsichtigt ist,
diese Leistungen der chinesischen Mehrwertsteuer zu unterwerfen. Unternehmer, die
bestimmte Leistungen erbringen, können sich bis Ende 2015 der vereinfachten Steuerberechnungsmethode bedienen.
Großbritannien: Reverse-Charge-Verfahren auf die
Lieferung von Gas und Elektrizität
Zum 1. Juli 2014 plant Großbritannien, die Lieferung von Gas und
Elektrizität im Großhandel durch Steuerpflichtige, die ihrerseits mit Gas
und Elektrizität handeln, dem Reverse-Charge-Verfahren zu unterwerfen.
Steuerpflichtige, deren Lieferungen dem Reverse-Charge-Verfahren unterfallen, müssen
bestimmte Angaben auf der Rechnung wie zum Beispiel einen Hinweis auf den Übergang
der Steuerschuld anbringen; die britische Finanzbehörde HMRC führt dazu einige
Beispiele auf. In einem Schreiben macht HMRC Angaben zu der Frage, für welche
Transaktionen nunmehr das Reverse-Charge-Verfahren gelten soll. Das Schreiben
enthält ferner eine Anzahl von Beispielen.
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