30 Jahre Praxis der AGB-Verbandsklage
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30 Jahre Praxis der AGB-Verbandsklage
30 Jahre Praxis der AGB-Verbandsklage Gutachten im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes Juni 2008 Erstellt von Dr. jur. Friedrich Bultmann Rechtsanwalt in Berlin Kontakt: Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) Markgrafenstraße 66, 10969 Berlin Fachbereich Finanzdienstleistungen / Kollektiver Rechtsschutz [email protected] Übersicht I. Zusammenfassung des Gutachtens II. Gliederung III. Langfassung IV. Anhang mit den Gesetzestexten 11 Seiten 4 Seiten 123 Seiten 11 Seiten 1. Kapitel: Die Entstehung des AGB-Gesetzes I. Die Ausgangslage II. Reformbestrebungen und Gesetzgebungsverfahren III. Novellierungen des AGB-Gesetzes IV. Zusammenfassung des 1. Kapitels 1 3 5 6 2. Kapitel : Die Entwicklung des Vertragsrechts durch Verbandsklageverfahren I. Einleitung: Untersuchungsgegenstand und Methode 7 II. Neuwagen- und Gebrauchtwagenhandel 1. Rechtsprechung zu Klauseln in Gebrauchtwagenverträgen a) Gewährleistungsausschlussklauseln b) Lieferfristklauseln c) Klauseln mit Bezug auf Inzahlungnahme d) Vollmachtsbegrenzung und Nebenabreden e) Anzahlungsklauseln 2. Neuwagenverkaufsbedingungen a) Preisanpassungsklauseln b) Gewährleistungsklauseln c) Verzugsschaden / Zinsen d) Schriftformklauseln e) Lieferfristklauseln f) Haftungsbegrenzung 3. Auswertung und Zusammenfassung 9 9 9 11 11 12 12 12 13 15 17 17 18 19 20 III. AGB des Möbelhandels 1. Lieferfristen / Lieferverzug 2. Annahmeverzug des Käufers 3. Leistungsänderungsvorbehalte 4. Wertminderungs- und Gebrauchsüberlassungspauschale 5. Bestätigung zu Maßangaben 6. Rücktrittsvorbehalt des Verkäufers 7. Gewährleistungsregelung 8. Auswertung und Zusammenfassung 21 22 23 24 25 26 27 27 27 II IV. A) AGB der Pauschalreiseverträge 1. Zahlungsklauseln a) Anzahlungsklauseln b) Vorkasseklauseln c) Stornopauschalen 2. Preisänderungsklauseln 3. Leistungsänderungsklauseln 4. Haftungsbegrenzungsklauseln a) Haftungsbegrenzung auf den dreifachen Reisepreis b) Haftungsausschluss für Einzelleistungen c) Pass-, Visa- und Zollbestimmungen 5. Gewährleistungsklauseln a) Mängelanzeigeklauseln b) Mitwirkungsklauseln 6. Rücktrittsrecht des Reiseveranstalters 7. Auswertung und Zusammenfassung 28 29 29 30 31 31 33 35 35 36 37 37 38 38 39 40 IV. B) Beförderungsbedingungen der Fluggesellschaften 1. Haftungsbegrenzung 2. Leistungsänderung 3. Preisänderungsklauseln 4. Leistungseinschränkung 5. Auswertung und Zusammenfassung 41 42 43 43 44 45 V. Allgemeine Geschäftsbedingungen der Versicherungen 1. Laufzeitklauseln 2. Wissenschaftlichkeitsklausel 3. Prämienanpassungsklausel 4. Leistungsausschluss / Vorerkrankungen a) Restschuldversicherung b) Kreditlebensversicherung c) Reisekrankenversicherung 5. Untersuchungspflicht im Krankenversicherungsvertrag 6. Ausschlussfristen in der Unfallversicherung 7. Bedingungsanpassungsklauseln 8. Schweigepflichtentbindungserklärung 9. Bezugsrecht in der Lebensversicherung 10. Auslandsreisekrankenversicherung 11. Kündigung im Schadensfall 12. Auswertung und Zusammenfassung 45 47 49 50 51 51 51 52 53 53 54 55 55 56 57 58 VI. Banken AGB 1. Verrechnungsklauseln 2. Schufa-Klausel 3. Vorfälligkeit bei Zahlungsverzug 4. Stundungsklausel 5. Darlehensablösungsklausel 6. Bürgenklausel 7. Trennungsklausel bei Einwendungsdurchgriff 8. Lohnabtretungsklausel 9. Bevollmächtigungsklausel 59 60 60 61 61 62 62 63 63 64 III 10. Wertstellung im Überweisungsverkehr 11. Tilgungsverrechnungsklausel 12. Entgeltklauseln a) Mahnkosten b) Entgelt für die Bareinzahlung und Barauszahlung c) Gebühr für Ersatzsparbuch d) Kontopfändungsgebühr e) Bearbeitung von Freistellungsaufträgen f) Lastschriftrückgabe/ Nichtausführung eines Auftrages g) Gebühr für Löschungsbewilligung 13. Auswertung und Zusammenfassung 64 65 67 67 67 69 69 70 71 73 73 VII. AGB der neuen Medien 1. AGB der Mobilfunkverträge/ Internettelefonie a) Leistungsänderungsklausel/ Preisänderung b) Haftungsklausel c) Vertragsweitergabeklausel d) Bankauskunftsklausel e) Lastschrifteinziehungsermächtigung f) Deaktivierungsgebühr g) Verfall des Guthabens h) Anschlusssperre / Zahlungsverzug i) Onlinerechnung 2. AGB der Online-Dienste a) Leistungsänderung b) Nutzungsbeschränkungen c) Bedingungsänderung d) Haftungsregelungen e) Datenschutz und Urheberrecht 3. Auswertung und Zusammenfassung 74 74 75 76 78 78 79 80 80 82 83 83 84 85 86 86 87 89 VIII. AGB der Altenheim- und Pflegeheimverträge 1. Selbstbestimmungsrecht des Heimbewohners 2. Erstattung des Pflegegeldes bei Abwesenheit 3. Entgelttransparenz 4. Preisänderungsklausel 5. Haftungsbeschränkung 6. Kündigungsklausel 7. Auswertung und Zusammenfassung 90 91 92 94 96 97 97 97 IX. Von der Rechtsprechung zur Rechtssetzung 1. Verbandsklageverfahren, Schuldrechtsreform und Gewährleistung 2. AGB-Verbandsklage und Pauschalreiserichtlinie 3. Verbandsklageverfahren und VVG-Reform 4. Verbandsklageverfahren und Heimgesetz 98 98 99 101 102 X. Vertragsergänzung nach Unwirksamkeit einer Klausel 1. Geltungserhaltende Reduktion und teilbare Klauselgestaltungen 2. Ergänzende Vertragsauslegung XI. Zusammenfassung des 2. Kapitels 103 103 105 107 IV 3.Kapitel: Von der AGB-Verbandsklage zum Unterlassungsklagegesetz I. Novellierungen des Verfahrensrechts II. Klagebefugnis III. Abmahnung/ Wegfall der Wiederholungsgefahr/ Vertragsstrafe IV. Einstweilige Verfügung V. Zusammenfassung des 3. Kapitels 108 108 110 111 113 4. Kapitel: Ausblick und Perspektiven 1. AGB der Energieversorger Elektrizität, Gas, Wasser 2. AGB im Gesundheitsbereich 3. AGB für Finanzdienstleistungen 4. AGB der Bauverträge 5. Defizite der Verbandsklage 6. Zusammenfassung des 4. Kapitels 114 116 117 120 120 122 Kurzfassung des Gutachtens im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes 30 Jahre Praxis der AGB- Verbandsklage erstellt von Dr. jur. Friedrich Bultmann Rechtsanwalt in Berlin Juni 2008 Es gilt heute als weitgehend anerkannt, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen im Wirtschaftsleben unverzichtbar sind. Sie dienen der Rationalisierung von Vertragsabschlüssen und schaffen gleichbleibende, verlässliche Vertragsstandards, die auch im Interesse der Verbraucher sind. Dass damit eine Benachteiligung der Vertragspartner des Verwenders verbunden ist, ist nicht zwangsläufige Folge. Ausschlaggebend ist vielmehr der Inhalt. Mit dem AGB-Gesetz wird eine Kontrolle auf gesetzlicher Grundlage geschaffen. Die Entscheidung für eine Inhaltskontrolle mit Verbotskatalogen und einer Generalklausel erweist sich bis heute als problemadäquate Lösung, die bisher keiner Novellierung bedufte. Das gilt auch für die begleitenden Vorschriften zur Einbeziehung und Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und zum Vorrang der Individualabrede. Die Novellen des AGB-Rechts gehen vor allem auf den Einfluss des Gemeinschaftsrechts zurück, haben aber den Kern der Inhaltkontrolle zu keiner Zeit berührt. Im Gegenteil: Zwar wurden AGB-Probleme von Anfang an als Verbraucherschutzprobleme erkannt. Es hat aber nicht an Versuchen gefehlt, dem AGB-Gesetz den Charakter eines Verbraucherschutzgesetzes abzusprechen und darin nur die Normierung eines allgemeinen Vertragsrechtsproblems zu sehen. Dieser Tendenz wirkt die Richtlinie 93/13/EG entgegen, die ausdrücklich die Lösung der Vertragsprobleme im Zusammenhang mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen als Verbraucherproblem behandelt. Die Ergänzungen des AGB-Gesetzes durch den § 24a AGBG ist dafür Beleg. In die gleiche Richtung geht auch die Umsetzung der Richtlinie 98/27/EG zum kollektiven Rechtsschutz bei Verstößen gegen verbraucherschützende Rechtsvorschriften. Die Entscheidung für ein geeignetes Kontrollverfahren erwies sich schon in der Entstehungsgeschichte des AGB-Gesetzes als schwierig. Die vorgeschlagenen Modelle begegneten durchweg erheblichen Bedenken. Für die Aufstellung von Muster-AGB fehlten angeblich geeignete Akteure auf der Verbraucherseite. Muster-AGB sollen die Innovationen erschweren. Das Behördenmodell galt als ineffizient, weil die bereits vorhandenen Kontrollen durch Behörden die Verbreitung unangemessener Vertragsklauseln nicht verhindert hatten. Das schließlich Gesetz gewordene Verbandsklageverfahren ist gemeinsamer Nenner der politischen Akteure, fand aber auch die Zustimmung der Verbraucherseite und der Wirtschaft, nicht zuletzt auf Grund der Erfahrungen mit der Verbandsklage im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Deren angeblich missbräuchliche Ausnutzung durch sogenannte Gebührenvereine sollte mit den erhöhten Anforderungen an die Klagebefugnis im AGBGesetz begegnet werden. Bis heute ist aber die Kritik an der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung des Verbandsklageverfahrens nicht verstummt. 1 Insgesamt ist festzuhalten, dass das AGB- Gesetz in seiner Grundstruktur eine gelungene Problemlösung ist, die im Verfahren noch zu verbessern ist. Dazu einige Beispiele aus der Rechtsprechung. 1 Micklitz, MüKo UKlaG v. § 1 Rnr. 25 ff. ; Verf. Verklagen oder verhandeln, 1995, 158, 201 2 1) Eines der ersten Verfahren, das bis zum BGH geführt wurde, war für die Verbraucherseite ein Fehlschlag. Der BGH hat in diesem Verfahren den völligen Gewährleistungsausschluss im Gebrauchtwagenhandel erneut für zulässig erklärt und damit seine Rechtsprechung aus der Zeit vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes bestätigt. Der Gewährleistungsausschluss sollte als Ausdruck wirtschaftlicher Vernunft verstanden werden. Begründet wird dies vor allem damit, dass der Käufer eines Gebrauchtwagens ausreichend Möglichkeiten hat, sich gegenüber dem Verkäufer auf vielfältige Weise vor einer Übervorteilung zu schützen, indem er den Wagen Probe fährt, um eine Diagnose auf eigene Kosten bittet und darauf achtet, dass ihm wichtig erscheinende Angaben des Verkäufers zum Zustand des Fahrzeuges in den schriftlichen Vertrag aufgenommen werden. Der BGH legt seiner Entscheidung damit ein Verbraucherleitbild zugrunde, das über den mündigen Verbraucher hinausgeht. Auf die Vertragsgestaltung kann der Käufer eines Gebrauchtwagens bei einem Händler nur dann Einfluss nehmen, wenn er rechtskundig ist und verhandlungssicher auftreten kann. Mit der Schuldrechtsreform von 2002 ist das Problem dadurch entschärf worden, dass im Verbrauchsgüterkauf lediglich eine Verkürzung der Verjährungsfrist für den Gewährleistungsanspruch bei gebrauchten Waren auf ein Jahr zulässig ist. Durchgehend unzulässig sind Klauseln zur Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens. Hierfür gilt die Grundaussage des BGH, wonach der Preis des in Zahlung gegebenen Fahrzeuges individuell ausgehandelt und nachträglich nicht verändert werden dürfe. Damit sichert er den in Zahlung gebenden Gebrauchtwagenkäufer vor Inanspruchnahme aus §§ 364, 365 BGB. Im Neuwagenhandel stehen Regelungsbereiche im Preisänderungsrecht, Liefervereinbarungen und Gewährleistungsrechte im Vordergrund. Preisänderungsvorbehalte und Lieferfristen waren entsprechend der damaligen Marktsituation mit sehr langen Lieferfristen für bestimmte Automarken für Kfz- Händler von zentraler Bedeutung: Mit Preisänderungsvorbehalten sollten gestiegene Kosten zwischen Vertragsabschluss und Auslieferung aufgefangen werden. Lieferfristklauseln sollten die Möglichkeit zur Vertragsauflösung durch den Käufer einschränken. Für beide Bereiche hat der BGH enge Grenzen gesetzt. Bei Lieferfristen bis zu vier Monaten werden Preiserhöhungen gleich aus welchem Rechtsgrund ausgeschlossen. Für Verträge mit längeren Lieferfristen sind Preiserhöhungen im Grundsatz zulässig, aber nur aufgrund gestiegener Kosten, die in der Klausel anzugeben sind und unter Einräumung eines Rücktrittsrechts des Vertragspartners. Diese Grundsätze hat der BGH in der Folgezeit auf Preisänderungsklauseln in nahezu allen Bereichen übernommen. Soweit kommt den Entscheidungen zum Kfz-Handel die Funktion von Grundsatzentscheidungen zu. 2) Zentrale Bereiche in den Geschäftsbedingungen der Möbelkaufverträge betreffen Nachfristen bei Lieferverzug, Rechtsfolgen einer Nichtabnahme durch den Käufer und Gewährleistungseinschränkungen. Das Verbot unangemessen langer Nachfristen wird von der Rechtsprechung für den Möbelhandel dahin konkretisiert, dass Nachfristen von mehr als 4 Wochen in jedem Fall unangemessen sind. Bei Nichtabnahme der Möbel durch den Käufer werden Abstandszahlungen geregelt, die nach Auffassung des BGH mit 25 % des Kaufpreises angemessen sind. Dagegen haben die Vereinbarung von Lagergeld, Haftungsfreizeichnungen bei Annahmeverzug durch den Käufer und pauschalierte Wertminderungssätze in der Rechtsprechung keinen Bestand. Erfolglos bleiben dagegen die Versuche der Verbraucherseite, Gewährleistungseinschränkungen durch Klauseln in denen auf „handelsübliche Abweichungen“ oder „handelsübliche Qualität“ verwiesen wird, zu 3 verhindern. Die Entscheidung des BGH von 1987 2 , mit der diese Klauseln gebilligt werden, haben bis heute Bestand. Einschränkungen gelten lediglich für unrichtige Maßangaben. 3) Verbandsklageverfahren zu AGB in Reiseverträgen sind erfolgreich, wenn es um die Konkretisierung strittiger Rechtsfragen geht, vor allem zum gesetzlichen Haftungs- und Gewährleistungsrecht gemäß §§ 651 h, 651 c BGB. Daraus ist die Tendenz der Rechtsprechung abzulesen, den Leistungsanspruch des Reisenden auf die vertraglich vereinbarte Reise vor nachträglichen Einschränkungen und Verschlechterungen zu schützen. Dem gleichen Ziel entspricht die Rechtsprechung mit der Untersagung von Rücktrittsmöglichkeiten des Reiseveranstalters. Dagegen gelingt die Konkretisierung weder in Bezug auf Preisänderungen noch in Bezug auf Leistungsänderungen. Preisänderungsklauseln haben in den neueren Entscheidungen ein Ausmaß an Differenzierung angenommen, das mit der gebotenen Klarheit und Eindeutigkeit nicht in Einklang zu bringen ist. Welcher Reisende soll aus diesen Klauseln entnehmen können, ob eine ihm abverlangte Preisänderung zulässig ist? Die Rechtsprechung hilft mit Urteilen, in denen diese Klauseln für unwirksam erklärt werden, nicht wirklich weiter. Das gleiche gilt für Leistungsänderungen. Aus den Ergebnissen der Verbandsklageverfahren ist nicht zu erkennen, unter welchen Voraussetzungen, Leistungsänderungen für den Reisenden zumutbar und damit zulässig sein sollen. Preisklauseln werden zwar für unzulässig erklärt, scheitern in Verbandsklageverfahren aber, wenn es um konkrete Zahlen geht. In der Vorkassenetscheidung von 1987 ist der BGH der Argumentation der Verbraucherseite nicht gefolgt, wonach der Reisende einen Teil des Reisepreises bis zum Abschluss der Reise zurückbehalten können sollte. Stornopauschalen werden eher aus formalen Gründen für unzulässig erklärt, nicht wegen der absoluten Höhe der Prozentsätze. Klauseln, die eine Anzahlung in Höhe von bis zu 20 % des Reisepreises verlangen, sind nach neuester Rechtsprechung nicht zu beanstanden. Eine Reihe von Problemen des Reisevertragsrechts, die Gegenstand von Verbandsklageverfahren waren, sind durch Umsetzung der Reiserichtlinie 3 behoben worden. Die Behandlung des Vorkasseproblems im Verbandsklageverfahren hat zwar in der Entscheidung des BGH vom 12.03.1987 ein vorläufiges Ergebnis erreicht, konnte aber das Zentralproblem der Insolvenzabsicherung nicht befriedigend lösen. Weder die Zahlung einer Anzahlung von 10 % des Reisepreises und die Restzahlung kurz vor Reiseantritt, noch die Aushändigung qualifizierter Reiseunterlagen mit einem Leistungsanspruch gegen die Leistungsträger schützt Verbraucher davor, dass Reiseveranstalter nach Zahlung des Restreisepreises vor Reiseantritt insolvent werden und die Reise damit ausfällt. Die ausführliche Diskussion in der rechtwissenschaftlichen Literatur hat Eingang gefunden in die EU-Reiserichtlinie 4 vom 13.06.1990. Gemäß Artikel 7 der Richtlinie hat der Veranstalter nachzuweisen, dass im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder des Konkurses die Erstattung gezahlter Beträge und die Rückreise des Verbrauchers sichergestellt sind. Vergleichbare Insolvenzausfallsicherungen gab es zuvor schon in zahlreichen anderen europäischen Ländern. Nur in Deutschland hat der BGH sich darauf beschränkt, strenge Voraussetzungen an die Zulässigkeit der Vorauskasse zu formulieren, die das Kernproblem aber nicht lösen. 2 BGH v. 12 03.1987- VII ZR 37/86 NJW 1987, 1886 Richtlinie 90/314/EWG v. 13.06.1990 in ABl. EG Nr. L 158, S. 59 4 EG-Richtlinie 90314 EWG vom 13.06.1990 ABl. EG-Nr. L 158 , S. 59 ff 3 4 Der deutsche Gesetzgeber hat mit Gesetz vom 24.06.1994 5 den § 651 k BGB neu eingefügt und die Reiseveranstalter verpflichtet, sicherzustellen, dass dem Reisenden der gezahlte Reisepreis sowie Reiseleistungen infolge Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Reiseveranstalters, erstattet werden, sowie Aufwendungen, die dem Reisenden für die Rückreise entstehen. Die Absicherung kann durch Abschluss einer Versicherung oder über ein Kreditinstitut erfolgen. Zwei weitere Regelungsbereiche des Pauschalreiserechts sind nach Verbandsklageverfahren in Gesetzesregelungen über den Weg der Richtlinie übernommen worden. Gemäß § 651 a Abs. 3 BGB kann der Reisepreis nur erhöht werden, wenn dies mit genauen Angaben zur Berechnung des neuen Preises im Vertrag vorgesehen ist und die Erhöhung auf gesetzlich definierten Kostensteigerungen beruht. Diese Kostenfaktoren sind: • • • Erhöhung der Beförderungskosten Abgaben wie Hafen – oder Flughafengebühren Änderungen der Wechselkurse. Ab dem 20. Tag vor dem vereinbarten Abreisetermin kann eine Preiserhöhung, gleich aus welchem Rechtsgrund, nicht mehr verlangt werden. Diese Regelung entspricht der Argumentation der Verbraucherverbände Verbandsklageverfahren und den Urteilsgründen der Gerichte evident. in den Die gesetzliche Regelung des Leistungsänderungsrechts in § 651 a Abs. 4 BGB entspricht ebenfalls der Argumentation der Verbraucherverbände in Verbandsklageverfahren. Das Gesetz berücksichtigt, dass der Reisende nicht nur das Recht erhält, bei Preis- oder Leistungsänderungen vom Vertrag zurückzutreten (womit ihm in der Hauptreisezeit nicht geholfen ist), sondern, dass der Reiseveranstalter verpflichtet ist, dem Reisenden Alternativreisen anzubieten. Der Reisende hat das Recht die Teilnahme an einer mindest gleichwertigen anderen Reise zu verlangen. 4) Die AGB der Fluggesellschaften sind geprägt von ihrem Bezug zu internationalen Rechtsregeln und dem Bedürfnis der Fluggesellschaften nach Preisflexibilität. Wegen der sich ausbreitenden Angebote sogenannter Billigflieger kommt in den AGB der Fluggesellschaften den Klauseln zur Preisänderung ein besonderer Stellenwert zu. Trotz der grenzüberschreitenden und damit internationalrechtlichen Anknüpfung der Flugbeförderungsverträge ist das Bestreben der Rechtsprechung erkennbar, das nationale AGB-Recht zur Anwendung zu bringen, wie zuletzt in der Entscheidung des Kammergerichts in dem Verfahren des VZBV gegen Air Baltic. Ob angesichts der fortschreitenden EURechtsvereinheitlichung der vom BGH in Sachen Lufthansa im Jahre 1993 betonte Vorrang des nationalen Rechts heute noch gilt, ist fraglich6 . Die Frage der Rechtswahl und der Anwendung des AGB-Rechts berührt aber keinen Kernbereich der Inhaltskontrolle, soweit es um die Verträge mit Anbietern aus anderen Staaten der EU geht, die vergleichbaren 5 BGBl I S. 1322 EU Fluggastrechte VO trägt zu einer weitergehenden Vereinheitlichung verbraucherschützender Standards bei.(Fundst.) 6 5 Rechtsstandards unterliegen. Die Entscheidung des Kammergerichts hätte deswegen auch auf der Grundlage baltischen AGB-Rechts zum selben Ergebnis geführt. Nicht unproblematisch ist das Bemühen in AGB mit internationalem Bezug vollständige Aufzählung aller in Betracht kommenden Tatbestände des jeweiligen Regelungsbereichs, wie es insbesondere für das angloamerikanische Recht typisch ist. Gerade umfangreiche und detaillierte AGB-Regelungen sind dem Risiko ausgesetzt wegen einzelner Tatbestandsmerkmale die Verbotstatbestände des AGB-Rechts zu erfüllen. 5) Im Versicherungsbereich ist festzustellen, dass zentrale Bereiche des Vertragsrechts zu Vertragslaufzeit und Kündigung, Prämien- und Bedingungsänderung sowie zur Leistungseinschränkung in Verbandsklageverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt wurden. Uneinheitlich sind die Ergebnisse der Rechtsprechung zu Klauseln, die entweder einen Risikoausschluss oder eine Modifizierung der Leistung enthalten. Während die Wissenschaftlichkeitsklausel keinen Bestand hat, entscheiden die Oberlandesgerichte zu Vorerkrankungsklauseln unterschiedlich. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung steht hierzu soweit ersichtlich bisher aus. Grundpfeiler des Versicherungsvertragsrechts werden in Verbandsklageverfahren vom BGH nicht in Frage gestellt, dazu gehören die Fristenregelung der Unfallversicherung und die Inhaberklausel der Lebensversicherung. Unergiebig ist die Rechtsprechung, wenn zu zentralen Fragen des Versicherungsvertragsrechts die Revision nicht erreicht wird. Hier wirkt sich der dreigliedrige Instanzenweg für Verbandsklageverfahren negativ auf die schnelle und effiziente Klärung strittiger Fragen aus. Auffällig ist, dass jeweils in zeitlichen Zusammenhang mit Verbandsklageverfahren mit Gesetzesänderungen auf einige dieser Klageverfahren reagiert wurde. Die Laufzeitänderung in § 8 VVG wurde mehrfach geändert. Für Verträge, die bis zum 01.01.1991 geschlossen wurden, enthielt das Gesetz keine Bestimmung über eine zulässige Höchstlaufzeit. Dies war Grundlage der Verbandsklageverfahren. Für Verträge, die nach dem 01.01.1991 geschlossen wurden, regelte das in § 8 Abs. 3 VVG novellierte Gesetz 7 erstmals eine Laufzeitbeschränkung. Danach konnte ein Versicherungsverhältnis, das für eine Dauer von mehr als drei Jahren eingegangen wurde, zum Ende des dritten Jahres oder jedes darauf folgenden Jahres mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Dies galt allerdings dann nicht, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer schriftlich vor Abschluss des Vertrages auch Verträge für die Dauer von einem Jahr, drei, fünf und zehn Jahren angeboten hatte und dabei auf Verträge mit einer Dauer von 5 und mehr Jahren einen Prämiennachlass gewährte, dessen Vomhundertsatz mindestens der Dauer der Laufzeit entsprach. Nachdem der BGH Versicherungsverträge mit einer Laufzeit von fünf Jahren für mit dem AGB-Gesetz für vereinbar erklärt hatte, erfolgte eine erneute Novellierung von § 8 Abs. 3 VVG mit Gesetz vom 21.07.1994. 8 Danach galt für Verträge, die nach dem 24.06.1994 geschlossen wurden, die Fassung von § 8 Abs. 3 VVG bis zur VVG– Reform 2008. Danach kann ein Versicherungsverhältnis, das für die Dauer von mehr als fünf Jahren eingegangen worden ist, zum Ende des fünften und jedes darauf folgenden Jahres mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Dies gilt nicht für Lebens- und Krankenversicherungsverträge. 7 8 Gesetz vom 17.12.1990 BGBl I S. 2864 BGBl. I S. 1630 6 Die Kündigungsmöglichkeit des Versicherungsnehmers aufgrund einer Prämienerhöhung wurde erstmals mit Gesetz vom 17.12.1990 9 in § 31 VVG eingeführt. Zugleich wurde das Kündigungsrecht an die Bedingung geknüpft, dass das Entgelt pro Jahr nicht mehr als um 5 % des zuletzt gezahlten Beitrages oder um mehr als 25 % des Erstbetrages steigt. Mit einer erneuten Änderung von 1994 10 entfielen die Voraussetzungen für das Kündigungsrecht, soweit sie an bestimmte Prozentsätze geknüpft sind. 6) Die Ergebnisse der Rechtsprechung zu Banken AGB zeigen, dass Entgelte im weitesten Sinne zu den zentralen Problemen gehören. Entgelte i. d. S. sind nicht nur Gebühren, sondern auch Zinsberechnungsklauseln. Probleme bereitet in Verbandsklageverfahren, das für jede einzelne Entgeltart die Anwendbarkeit der Inhaltskontrolle erneut überprüft werden muss. Die Begründungen des BGH lassen allerdings folgende grundsätzliche Leitlinien erkennen: Der Begriff der Preisklauseln wird sehr eng gefasst, so dass nahezu alle Gebührentatbestände einer Inhaltskontrolle unterzogen werden. Wesentlicher Anknüpfungspunkt ist, ob die Bank tatsächlich eine eigene Leistung erbringt. Dabei verwendet der BGH rechtsdogmatisch unterschiedliche Begründungen. Entgeltklauseln, die als wirksam angesehen werden, sind entweder angemessen, weil sie keine Benachteiligung des Kunden i. S. v. § 307 Abs. 2 BGB enthalten (Stundungsklausel) oder weil sie als echter Preis für eine Bankleistung gemäß § 307 Abs. 3 BGB nicht der Inhaltskontrolle unterliegen (Gebühr für Ersatzsparbuch). Soweit der BGH die Klauseln einer Inhaltskontrolle unterzieht und mit Einschränkungen für wirksam erklärt, handelt es sich um Preisklauseln, die gleichwohl einer Angemessenheitskontrolle unterzogen werden. So hat der BGH die Postenpreise im Preisverzeichnis als Kontoführungsgebühren gewertet, aber mit der Wirksamkeitsbedingung verknüpft, dass für Ein- und Auszahlungen auf das eigene Girokonto unmittelbar im Preisverzeichnis 5 Freiposten vorzusehen sind. Die mit der Tilgungsverrechnung verbundene Zinsberechnung nach dem Stand des Kapitals am Ende des Vorjahres wird einerseits als berechtigte Zins- und Preisgestaltung bewertet. Wirksam ist sie aber nur, wenn dieser nicht offen ausgewiesene Preis für den Bankkunden hinreichend deutlich erkennbar ist, konkret durch Verknüpfung der Verrechnungsklausel mit der Ratenzahlungsvereinbarung. Gerade diese Bewertung dürfte im Hinblick auf die inzwischen gestiegenen Anforderungen an die Transparenz einer AGBKlausel kaum haltbar sein. Der Satz des BGH: „Preise für Bankleistungen sind offen auszuweisen“, kann hier als Grundsatz gelten 11 . Dieser Grundsatz führt aber nicht dazu, dass Preise jeder Art allein deshalb zulässig sind, weil sie offen ausgewiesen werden. Einschränkungen macht der BGH insoweit, als es sich um Entgelte handelt für eine Leistung, die entweder als Eigenleistung der Bank oder als Erfüllung vertraglicher oder gesetzlicher Verpflichtungen anzusehen ist. Zu den Eigenleistungen gehört die Pflicht der Bank, vor Ausführung einer Überweisung oder Einlösung einer Lastschrift, entsprechende Kontodeckung zu prüfen. Zu den (entgeltfreien) Vertragsleistungen gehört die Entgegennahme und Auszahlung von Bargeld auf das eigene Girokonto (Verwahrungsvertrag, bzw. Darlehenstilgung) und die Erteilung einer Löschungsbewilligung zu einem Hypothekendarlehen. Erfreulicherweise erteilte der BGH dem Versuch eine Absage, die missbilligten Entgelte durch interne Anweisungen und entsprechende Handhabung in der Vertragspraxis wieder einzuführen. Die entgeltfreie Erfüllung allgemeiner gesetzlicher Verpflichtungen liegt nach Ansicht des BGH in der Bearbeitung von Freistellungsaufträgen 9 BGBl I S. 2864 Gesetz vom 21.07.1994,BGBl I , S. 1630 11 vgl. Nobbe WM 2008, 185 ff 10 7 und Kontopfändungen. Ausgehend von diesen Leitlinien ist die Wirksamkeit von Entgeltklauseln in den Preisverzeichnissen der Banken und Sparkassen auf der Grundlage der Inhaltskontrolle zu beurteilen. 7) Vertragstypisch für die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Mobilfunk- und Internettelefonverträgen sind Leistungsänderungen, Preisänderungen, Klauseln zur Anschlusssperre und Klauseln zum Lastschrifteinziehungsverfahren. Soweit die Klauseln eine Übermaßregelung enthalten, werden sie von der Rechtsprechung durchgehend für unwirksam erklärt. Das gilt insbesondere für Bedingungen, die vermutlich auf eine Übersetzung von Vertragsbedingungen aus einem anderen Rechtsbereich ohne Anpassung an das Deutsche AGB-Recht zurückgehen. Leistungseinschränkungen sind grundsätzlich nicht wirksam, wenn sie als Grund der Änderung technische Gegebenheiten nennen. Zur Wirksamkeit einer Klausel bedarf der Begriff der technischen Gegebenheiten weiterer Konkretisierung. Klauseln, wonach ein Guthaben auf einer Telefonkarte nach Ablauf einer bestimmten Frist verfällt, sind nur wirksam, wenn die Frist für den Verfall nicht kürzer ist als die gesetzliche Verjährungsfrist. Die Sperre eines Telefonanschlusses kann nicht wegen eines geringfügigen Zahlungsrückstandes verfügt werden. Es sollte ergänzt werden, dass eine Sperre auch dann nicht in Betracht kommt, wenn der Teilbetrag aus einer Rechnung strittig ist. Sinn und Zweck der Anschlusssperre ist der Schutz des Anbieters vor Verlusten aufgrund einer nachhaltigen Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit seines Vertragspartners. Dieser Schutz kann nicht bereits dann einsetzen, wenn geringfügige Rechnungsbeträge rückständig sind (so die Ergebnisse der Verbandsklageverfahren). Der Schutz ist aber auch dann nicht angemessen, wenn der Kunde begründete Einwendungen gegen einzelne Rechnungsposten erhebt. Die Lastschrifteinziehungsermächtigung ist zwar kein Zahlungsverfahren, das auf Mobilfunkverträge beschränkt ist. Es zeichnet sich aber ab, dass je nach Art und Höhe der Geldschuld (geringe Beträge zu festen Terminen, hohe oder wechselnde Beträge zu unterschiedlichen Terminen) die Verpflichtung zur Erteilung einer wirksamen Einziehungsermächtigung an unterschiedliche Bedingungen geknüpft wird. Für Mobilfunkverträge gibt der BGH für die Wirksamkeit einer Klausel eine Karenzzeit von mindestens 5 Tagen zwischen Rechnungszugang und Abbuchungszeitpunkt vor. Diese Voraussetzungen dürften für andere Lastschrifteinziehungsermächtigungen ebenfalls gelten. 8) Die Bedingungen der Online-Dienste-Anbieter enthalten unzulässige Leistungseinschränkungen und Leistungsänderungen. Sie sind gekennzeichnet von dem Bestreben der Anbieter, ein höchstmöglichstes Maß an Leistungs-, Bedingungs- und Preisflexibilität zu erreichen. Zugleich ist die Nutzung von Downloads mit einer Verfügungsbeschränkung zu lasten des Verbrauchers verbunden, die als Leistungseinschränkung nur unter engen Voraussetzungen wirksam sein kann. Die Ergebnisse aus dem Abmahnverfahren des VZBV bieten Gelegenheit zu einer grundlegenden Klärung der damit verbundenen Rechtsfragen. Diese betreffen zunehmend urheber- und datenschutzrechtliche Fragen. 8 9) Die Ergebnisse der Verbandsklageverfahren zu den Bedingungen der Alten – und Pflegeheimverträge zeigen, dass in diesem Bereich vertragsrechtliche Regelungen durch öffentlichrechtliche Regelungen, insbesondere des Sozialrechts überlagert werden. Symptomatisch hierfür ist die Entscheidung des BGH vom 03.02.2005 zur Entgelttransparenz. Es fällt außerdem auf, dass die vertragsrechtlichen Inhalte der Heimverträge durch das Heimgesetz weiteren Gestaltungsmöglichkeiten enge Grenzen setzen. Die AGB-rechtliche Kontrolle bleibt letztlich auf die Einhaltung der Bestimmungen des Heimgesetzes begrenzt. Ob Verbraucherrechte in diesem Bereich noch gewahrt werden können, wenn die Leistungsträger der Pflegeversicherung den Inhalt der Heimverträge wesentlich bestimmen, ist zumindest fraglich. Da der Heimbewohner auch bei Inanspruchnahme der Leistung aus der Pflegeversicherung einen nicht unerheblichen Teil der Kosten selbst zu tragen hat und die Interessen der Heimbewohner nicht vollständig deckungsgleich sind mit den Interessen der Pflegeversicherung, muss befürchtet werden, dass eine sich fortsetzende Tendenz der Rechtsprechung, wie sie in dieser Untersuchung festgestellt wurde, zu einer weiteren Verkürzung der Rechte des Heimbewohners führt, die auch mit Mitteln der Inhaltskontrolle über entsprechende Vertragsgestaltungen kaum zu verhindern sind. Die Entscheidung des BGH vom 03.02.2005 12 wonach in den AGB der Heimverträge nicht die Verpflichtung besteht, die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung getrennt anzugeben, soweit die Entgelte aufgrund von Vereinbarungen mit der Pflegeversicherung zu tragen sind, hat inzwischen zu einer gesetzgeberischen Reaktion geführt. Mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz vom 14.03.2008 hat der Gesetzgeber die Gelegenheit genutzt, in § 87 S. 1 SGB IX die Wörter „für Unterkunft und Verpflegung“ durch die Wörter „für die Unterkunft und für die Verpflegung jeweils getrennt“ zu ersetzen. Damit haben die Partner der Pflegesatzvereinbarungen künftig die von den Pflegebedürftigen zu zahlenden Entgelte für die Unterkunft und für die Verpflegung jeweils gesondert auszuhandeln und zu vereinbaren. Die Regelung soll zur Harmonisierung mit den heimrechtlichen Vorschriften beitragen. In § 5 Abs. 3 S. 3 HeimG ist die Aufgliederung der Leistungsbestandteile ebenfalls vorgesehen, worauf sich der VZBV zur Begründung der Unwirksamkeit entsprechender Klauseln berufen hatte. Mit der Neufassung der Regelungen zur Pflegeversicherung und der damit verbundenen Harmonisierung der Bestimmungen über die Angabe von Pflegeentgelten sind die Bedenken des BGH gegen die Unwirksamkeit von Klauseln, die eine einheitliche Angabe des Entgeltes für Unterkunft und Verpflegung vorsehen, entfallen. Im Ergebnis ist damit dem Anliegen des VZBV Rechnung getragen. Mit der Gesetzesänderung zu § 87 S. 1 SGB IX sind Klauseln in Altenheimverträgen, die das Entgelt für Unterkunft und für Verpflegung nicht getrennt angeben, künftig unwirksam. Das Anliegen der Verbraucherverbände, Klauseln die Wirksamkeit zu versagen, die bei Abwesenheit des Bewohners bis zu drei Tagen keine Kostenerstattung vorsehen, konnte sich nicht durchsetzen. Die Erwägungen des BGH in seiner Entscheidung vom 27.10.2005 13 sind in das Pflegeweiterentwicklungsgesetz vom 14.03.2008 übernommen worden. Dort ist in § 87 a) Abs. 1 SGB IX ausdrücklich bestimmt, dass in den Rahmenverträgen gemäß § 75 nur für Abwesenheitszeiträume ab drei Tagen Abschläge von 25 von 100 der Pflegevergütung der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung vorzunehmen sind. Damit bleibt es bei der in der 12 13 BGH v. 03.02.2005 – III ZR 411/04 (Fundst) BGH vom 27.10.2005 – III ZR 59/05 in NJW 2005, 3632 9 Rechtsprechung des BGH bereits zugrunde gelegten Beurteilung, wonach eine Abwesenheit von bis zu drei Tagen keinerlei Erstattungspflicht auslöst, selbst dann nicht, wenn der Bewohner öfter nur kurzzeitig den Heimaufenthalt unterbricht. 10) Insgesamt zeigen die Ergebnisse der Rechtsprechung, dass es in Verbandesklageverfahren durchgehend gelungen ist, strittige Rechtsprobleme einer höchstrichterlichen Klärung zuzuführen. Dabei werden AGB-Klauseln inzwischen überwiegend anhand der Generalklausel (früher § 9 AGBG, jetzt § 307 BGB) beurteilt. Maßstab für die Beurteilung ist die Rechtslage nach Vertragsrecht, die auch gelten würde, wenn keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet werden. Damit ist ein wichtiges Ziel des AGB-Gesetzes erreicht, die Rückführung des Vertragsinhalts auf die gesetzlichen Bestimmungen. 11) Dieser Befund gilt mit zwei Ausnahmen: Klauseln, die Preisnebenabreden enthalten oder den Leistungsinhalt modifizieren und für die insoweit keine gesetzlichen Regelungen als Maßstab zur Verfügung stehen, werden einer Billigkeitskontrolle unterzogen, die im Kern auf den Gesichtspunkt von Treu und Glauben zurückgeht. Beispiele hierfür sind die Preisklauseln im Bankenbereich und Leistungsklauseln im Versicherungsbereich (Wissenschaftlichkeitsklausel) und im Bereich der Pauschalreisen (Leistungsänderungsklausel). Grenzen erreicht die Kontrollkompetenz in AGB-Verbandsklageverfahren, wenn es um konkrete Zahlen geht. Nur ausnahmsweise gelingt die Prüfung einer Schadenspauschale wegen der konkret genannten Höhe der Pauschale (Mahngebühr im Bankenbereich). In den meisten Verfahren werden derartige Klauseln nicht wegen der Höhe der konkret geregelten Pauschale beanstandet, sondern wegen nicht gesetzeskonformer Formalien (Stornopauschalen im Reisebereich, Abnahmeverzugspauschalen im Möbelhandel). Im Übrigen werden Zahlungsklauseln mit konkreten Euro- bzw. DM-Beträgen mit der Begründung für unwirksam erklärt, der Verwender habe darauf dem Grunde nach keinen Anspruch (Bearbeitung von Freistellungsaufträgen, Gebühr für Löschungsbewilligungen im Bankenbereich, Gebühr für Pfändungsbearbeitung). 12) Der relativ früh entwickelte Grundsatz der unangemessenen Benachteiligung gemäß § 9 AGBG wegen Intransparenz hat im Laufe der Zeit an Bedeutung ständig zugenommen. Im Bankenbereich sind unter Anwendung dieses Grundsatzes eine Reihe von Klauseln für unwirksam erklärt worden (Wertstellung, Tilgungsverrechnung). Unter diesem Gesichtspunkt werden auch Klauseln über Leistungsänderungen, Bedingungsanpassungen und Urheberrechts- bzw. Datenschutzregelungen in den AGB der neuen Medien beanstandet. 13) Soweit die Rechtsprechung auf der Grundlage der Generalklausel branchenübergreifende Standards geschaffen hat (Preisänderungen in Dauerschuldverhältnissen und Verträgen mit Lieferfristen über vier Monate), wäre zu überlegen, diese Standards in Klauselverbote mit oder ohne Wertungsmöglichkeiten in die §§ 308 oder 309 BGB zu übernehmen. Damit könnte erreicht werden, dass die Verbindlichkeit dieser Standards gesetzlich festgelegt wird und die Rechtssicherheit für AGB-Verwender erhöht wird. Mit dieser Transformation kann zugleich verhindert werden, dass die Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit im Laufe der Zeit leer laufen, weil deren Vorgaben weitgehend beachtet werden. Es ist aus der Studie zu erkennen, 10 dass in der Anfangsphase der Klageverfahren Klauseln häufiger wegen Verstoßes gegen §§ 10 oder 11 AGBG untersagt wurden, als in den zeitlich späteren Verfahren. 14) Zu den Ergebnissen der Verbandsklageverfahren gehört die Beobachtung, dass mehrfach die gesetzlichen Grundlagen nach dem Ergebnis von Verbandsklageverfahren gestaltet werden. Beispiele hierfür sind die Laufzeitklauseln im Versicherungsbereich und die Vorkasseklauseln im Pauschalreisebereich. Die generelle Ablehnung der geltungserhaltenden Reduktion hat sich weitgehend durchgesetzt, wird aber durch die von der Rechtsprechung, insbesondere durch die des Bundesgerichtshof, praktizierte Beurteilung zur Teilbarkeit von Klauseln teilweise wieder zurückgenommen. Für die Praxis der Verbandsklage ist dies solange ohne Auswirkung, wie den Entscheidungen die Reichweite einer Klauseuntersagung, eines Klauselteils oder eines Teilinhalts zu entnehmen sind. Dies führt gegebenenfalls zu einer gewissen Unkalkulierbarkeit des Prozesskostenrisikos, wenn wegen eines zu weitgehenden Klageantrags in Bezug auf den Klauseltext eine Teilabweisung erfolgt. 15) Wichtige Vertragsbereiche bedürfen aufgrund der Deregulierung und der Privatisierung weiterhin und verstärkt einer Kontrolltätigkeit in Bezug auf die in Verbraucherverträgen zugrunde gelegten Geschäftsbedingungen. Zu den deregulierten Märkten gehören die Energieversorger und die neuen Medien, insbesondere auch im grenzüberschreitenden Angebot von Dienstleistungen z. B. im Internet. Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen die Vertragsklauseln im Bereich der Finanzdienstleistungen vor allem wegen der Novelle des Versicherungsvertragsgesetzes und der vielfältigen Gesetzesänderungen zum Kapitalanlagerecht. Wegen der hohen finanziellen Risiken und der bekanntermaßen besonderen Konfliktanfälligkeit sind Maßnahmen erforderlich, gegebenenfalls auch durch Verbandsklageverfahren, um in Bauverträgen und Verträgen über den Verkauf von Fertighäusern die berechtigten Belange von Verbrauchern als Bauherren oder Käufer in AGB-Klauseln zu sichern. 16) Mit den Novellierungen der verfahrensrechtlichen Bestimmungen des AGB-Gesetzes und mit der Schaffung des UKlaG sind inzwischen eine Reihe von ursprünglich vorhandenen Defiziten des Kontrollverfahrens behoben worden. Dies betrifft die gesetzliche Regelung der Abmahnung und damit der Unterlassungserklärung als Voraussetzung für den Wegfall der Wiederholungsgefahr. Dazu gehört auch die Vereinfachung der Einleitung von einstweiligen Verfügungsverfahren und die Begrenzung des Prozesskostenrisikos durch die Einführung der Streitwertbegünstigung in § 5 UKlaG. 17) Zu den Defiziten gehört der Wegfall des Informationssystems gemäß § 20 AGBG ohne angemessenen Ersatz und die begrenzte Breitenwirkung selbst höchstrichterlicher Entscheidungen. Nachteilig ist auch, dass ein Verfahren zur Folgenbeseitigung und damit zum Ausgleich von Ansprüchen der durch unwirksame AGB-Klauseln benachteiligten Verbraucher bisher nicht geschaffen wurde. Zwar ist die ursprünglich in § 21 AGBG geregelte Drittwirkung auch in § 11 UKlaG übernommen worden. Eine Ausweitung dieser Drittwirkung etwa dahin, dass sich auch Vertragspartner anderer als des verurteilten Verwenders auf die gerichtlich festgestellte Unwirksamkeit einer Klausel berufen können 11 oder gar dahin, dass der verurteilte Verwender verpflichtet wird, seine Vertragspartner so zu stellen, als wäre die unwirksame Klausel nicht Vertragsbestandteil geworden, wurde nicht eingeführt. Die Wirksamkeit von Verbandsklageverfahren könnte durch weitere Änderungen erhöht werden. Zu überlegen sind eine Verkürzung des Instanzenzuges, die Aufstellung von Muster AGB mit Leitbildfunktion und eine größere Verbindlichkeit von höchstrichterlichen Entscheidungen. 18) Ob und inwieweit die Vorschriften über die Zuständigkeit deutscher Verbraucherverbände zur Einleitung von Unterlassungsverfahren bei grenzüberschreitender Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausreichend sind, bleibt abzuwarten. Mit der Einführung von § 4a UKlaG durch das Gesetz zur Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze bei innergemeinschaftlichen Verstößen 14 hat der Gesetzgeber auf der Grundlage der Verordnung 2006/2004 EG einen ersten Schritt in diese Richtung getan. Die Notwendigkeit die Kontrollkompetenz der klagebefugten Verbände, insbesondere der Verbraucherverbände in diese Richtung zu erweitern, ist bereits abzulesen an den Verfahren zu den Bedingungen der Fluggesellschaften und der Anbieter von Internetdienstleistungen. Sie wird in Zukunft noch verstärkte Bedeutung erlangen. 19) Besondere Schwierigkeiten bereitet die Folgenbeseitigung unwirksamer Klauseln. Anschauliche Beispiele hierfür liefern Preisnebenabreden und Klausen zu Rückkaufwertberechnungen im Versicherungsbereich. Sie sind Anschauungsmaterial für die vielfältigen Probleme, die bei Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beiträge auf der Grundlage unwirksamer Klauseln durch Verbraucher entstehen. Hiergegen bietet sich an, die Sammel- oder Einziehungsklage gemäß Art. 1 § 3 Nr.8 Rechtsberatungsgesetz (a. F.) ausdrücklich auf derartige Ansprüche auszudehnen. Allerdings müsste das Verfahren noch in mancher Hinsicht vereinfacht werden. Als Ergebnis bleibt festzustellen, dass die Kontrollfunktion der Verbraucherverbände im AGB-Bereich, durch wenige, aber nachhaltige gesetzgeberische Maßnahmen, um ein Vielfaches effizienter ausgestaltet werden könnte. Letztendlich wäre dann mit geringfügig höherem finanziellem Aufwand die Bereinigung des Rechtsverkehrs von Allgemeinen Geschäftsbedingung zu steigern. 14 BGBl. I, S. 3367 Vorwort Diese Studie zur Praxis der AGB-Verbandsklage wurde im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes erstellt. Der VZBV ist hervorgegangen aus der Verschmelzung der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV), der Stiftung Verbraucherinstitut (VI) und des Verbraucherschutzvereins (VSV). Als Nachfolgeorganisation des VSV nimmt der VZBV seit Ende 2000 das AGB-Klagerecht zusammen mit den Verbraucherzentralen der Bundesländer war. Ziel der Untersuchung ist eine Bestandsaufnahme zu Ergebnissen der Rechtsprechung in Verbandsklageverfahren zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen wichtiger Vertragsbereiche. Vorangestellt ist die historische Entwicklung zur Entstehung des AGB-Gesetzes. Die Studie dient zugleich der Dokumentation der Verbandsklagetätigkeit und der Entwicklung des Verfahrensrechts. Sie soll Grundlage sein für rechtspolitische Überlegungen zum weiteren Ausbau des kollektiven Rechtsschutzes im Interesse der Verbraucher. Soweit in dem Gutachten Vorschriften des AGB-Gesetzes angegeben werden, ist zu beachten, dass durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts seit 01.01.2002 das AGB-Gesetz aufgehoben wurde. Die materiellrechtlichen Vorschriften sind als §§ 305 bis 310 im Wesentlichen in das BGB übernommen worden. Die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des AGB-Gesetzes wurden Teil des neu geschaffenen Unterlassungsklagengesetzes (UklaG). Dem Gutachten ist als Anhang eine Synopse der Vorschriften des AGB-Gesetzes und des BGB bzw. des UklaG beigefügt. Die Vorschriften sind im Text mit der Bezeichnung benannt, die auch in den Urteilen verwendet werden. 1. Kapitel: Die Entstehung des AGB-Gesetzes I. Die Ausgangslage Die Entwicklung Allgemeiner Geschäftsbedingungen fällt zusammen mit den Veränderungen der Produktions- und Absatzbedingungen im ausgehenden 19. Jahrhundert. Die technische und wirtschaftliche Expansion setzt an die Stelle individueller Austauschverhältnisse das Phänomen des massenhaften Absatzes von Waren und Dienstleistungen. Ihren Anfang hatten Allgemeine Geschäftsbedingungen in den Verträgen der Versicherungswirtschaft, die für eine Vielzahl von Leistungsbeziehungen gleichbleibende Konditionen zugrunde legen mussten. Es folgten AGB der Verkehrsunternehmen und seit 1880 der Banken. Bereits zu Anfang des 20 Jahrhunderts hatte sich die AGB-Verwendung auch auf Produktions- und Handelsbetriebe, sowie Dienstleistungsunternehmen ausgedehnt. Damit wurden AGB auf allen Absatzstufen nicht nur gegenüber dem Endverbraucher zum vertraglichen Normalzustand. Dass Allgemeine Geschäftsbedingungen notwendig sind, war zu keiner Zeit ernsthaft in Frage gestellt. Als sogenanntes selbst geschaffenes Recht der Wirtschaft, erfüllen sie vielfältige Funktionen. Dienstleistungen etwa der Banken und Versicherungen sind aufgrund ihres unkörperlichen Leistungsgegenstandes ohne Beschreibung der Leistung in Textform gar nicht möglich. Aufgrund der Massenhaftigkeit von Vertragsabschlüssen mit standardisierten Leistungen, sowohl für Produkte wie für Dienstleistungen, sind Allgemeine Geschäftsbedingungen für eine rationelle Vertragsabwicklung unersetzlich. Für viele Vertragsbereiche genügt es nicht, die Standards des kodifizierten Vertragsrechts zugrunde zu 2 legen. 1 Dies liegt zum einen daran, dass das Vertragsrecht nach wie vor für einige Vertragstypen keine Rechtsnormen bereithält (z. B. Leasing, Factoring, Fitness-Verträge) und zum anderen daran, dass zahlreiche Vertragsbereiche einer Konkretisierung bedürfen (Preisund Leistungsänderung, Haftung, Schadens- und Aufwendungsersatz). Hierfür sind vertragliche Regelungen erforderlich. Das auf individuelle Austauschverhältnisse zugeschnittene Sozialmodell des BGB erfordert eine Übereinkunft der Vertragspartner, die aus Rationalisierungsgründen bei Massenverträgen nicht möglich ist. Damit schwindet zugleich der Einfluss des AGB- unterworfenen Vertragspartners, Einfluss zu nehmen auf die Vertragskonditionen. Häufig bleibt nur die Wahl, entweder einen Vertrag zu den Konditionen des Anbieters zu akzeptieren oder einen anderen Anbieter zu suchen. Mit der Rationalisierungsfunktion Allgemeiner Geschäftsbedingungen entwickelte sich zugleich das Bedürfnis der Anbieter, insbesondere in Vertragsabschlüssen mit Verbrauchern, die Konsequenzen gesetzlicher Regelungen, die als unangenehm empfunden wurden, vornehmlich im Haftungs- und Gewährleistungsbereich, zu ihren Gunsten abzuändern. Die rechtlichen Implikationen einer derartigen einseitigen Risikoverlagerung gerieten alsbald in das Blickfeld der rechtswissenschaftlichen Auseinandersetzung. Die erste, durchaus als Bahn brechend zu bezeichnende Publikation hierzu stammt von Ludwig Raiser aus dem Jahre 1935. 2 Auch die Rechtsprechung hatte sich mit dem Problem der Auswirkungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Vertragsverhältnissen zu befassen. Zwei Fragen standen dabei im Vordergrund: Wenn es eine besondere rechtliche Beurteilung für Allgemeine Geschäftsbedingungen geben soll, was ist unter Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verstehen? Und wie soll eine besondere rechtliche Behandlung aussehen? Ziel dieser Bemühungen war es, durch einen angemessenen Interessenausgleich die Folgen der einseitigen Risikoverlagerung abzumildern und dadurch ein höheres Maß an Vertragsgerechtigkeit zu schaffen. Das Reichsgericht beschränkte sich zunächst auf die restriktive Auslegung von Vertragsklauseln, die mit immer gleichem Inhalt verwendet wurden. Dabei spielte es noch eine Rolle, dass diese Vertragsklauseln in gedruckter Form in sogenannten Formularverträgen verwendet wurden. Der BGH ging sodann erstmals in einer Entscheidung aus dem Jahre 1956 3 zur offenen Inhaltskontrolle, gestützt auf § 242 BGB (Treu und Glauben) über. Der Unterschied zur lediglich restriktiven Auslegung ist evident. Die Grenze der Zulässigkeit einer AGB-Klausel, einer Regelung in Form von AGB, ist nicht mit ihrem Wortlaut erreicht, sondern durch den Inhalt bestimmt. Damit war zwar ein wesentlicher Schritt getan, um einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders begegnen zu können. Dennoch hatte diese Rechtsprechung eine Reihe von Schwächen. Die größte Schwäche bestand darin, dass die Urteile Einzelfall bezogen und in ihrer Wirkung auf das jeweils konkrete Vertragsverhältnis beschränkt waren. Andere Abnehmer desselben Anbieters kamen nicht in den Genuss einer Entscheidung, mit der eine AGB-Klausel für unwirksam erklärt wurde. Wegen der Einzelfallbezogenheit war die Wirksamkeit von AGB-Klauseln kaum vorhersehbar, d. h. es wurden Verträge mit Klauseln geschlossen, deren Bestand für alle Beteiligten unsicher war. Auf der Grundlage der Generalklausel des § 242 BGB und den 1 A.A. anscheinend Hensen in Festschrift für Peter Ulmer, S. 1135, 1143, für Kfz-Kaufverträge. Raiser, Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1935. 3 BGHZ 22,90,97 ff. 2 2 3 Regeln zur ergänzenden Auslegung von Verträgen und Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) ist die Bandbreite möglicher Beurteilungen immens. Im Zuge der in den westlichen Industrieländern sich entwickelnden Sensibilisierung für Verbraucherbelange und Verbraucherschutz, die einen ersten Höhepunkt in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts erreichte, geriet auch die Frage nach grundlegenden Mitteln zur Herstellung von Vertragsgerechtigkeit in Vertragsbeziehungen, die von Allgemeinen Geschäftsbedingungen geprägt sind, verstärkt in den Focus der rechtswissenschaftlichen Diskussion. 4 Der 50. Deutsche Juristentag im September 1974 in Hamburg befasste sich in der zivilrechtlichen Abteilung mit der Frage „Welche gesetzgeberischen Maßnahmen empfehlen sich zum Schutz des Endverbrauchers gegenüber Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Formularverträgen“. Das Gutachten hierzu erstattete Prof. Dr. Hein Kötz und Referate hierzu hielt u. a. Prof. Dr. Peter Ulmer. Die Notwendigkeit, ein AGB-Gesetz zu schaffen, wurde mit großer Mehrheit (328 Ja-Stimmen gegen 17 Nein- Stimmen und 27 Enthaltungen) bejaht. Mehrheitlich beschlossen wurde auch, dass die Vertragsgestaltungsfreiheit nicht durch die Verwendung unangemessener AGB missbraucht werden darf, dass die Regelung in ihrem persönlichen Anwendungsbereich unbeschränkt auszugestalten ist mit sachlich gebotenen Regelungen zum Schutz der Endverbraucher und dass für die Inhaltskontrolle neben einer Generalklausel Kataloge unzulässiger Klauseln aufzustellen seien. 5 II. Reformbestrebungen und Gesetzgebungsverfahren Zu Beginn der 70er Jahre erreichte die rechtswissenschaftliche Diskussion über die Zulässigkeit und Grenzen der Vertragsgestaltung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen auch Regierung und Parteien. Den Anfang machte der Bericht der Bundesregierung zur Verbraucherpolitik vom 18.10.1971. Darin wurde die Notwendigkeit eines wirksamen Schutzes der Verbraucher vor unangemessenen Vertragsbedingungen festgestellt und hierzu eine amtliche Untersuchung angekündigt. 6 In seiner Stellungnahme vom 9. Februar 1972 drängte der Bundesrat die Bundesregierung geradezu, Lösungen für das Verbraucherschutzproblem gegenüber Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu entwickeln. Nachhaltige Wirkung hatte der 3. rechtspolitische Kongress der SPD vom Mai 1972 7 . Die CDU/CSU begann in ihrem Arbeitskreis Christlich Demokratischer Juristen mit Arbeiten an einem eigenen Gesetzentwurf. 8 Das Bundesjustizministerium berief im Jahre 1972 eine Arbeitsgruppe ein aus Vertretern der Rechtswissenschaft, der Wirtschaft und der Verbraucherschaft sowie des Justiz- und Wirtschaftsressorts des Bundes und der Länder, mit der Aufgabe, Wege und Lösungen zu erarbeiten für eine Verbesserung des Schutzes der Verbraucher vor unangemessenen und missbräuchlichen AGB 9 . Die Arbeitsgruppe legte nach intensiven Beratungen im März 1974 4 Hensen, Festschrift für Helmut Heinrichs, 1998, S. 335, 336, berichtet über 146 wissenschaftliche Veröffentlichungen zu allgemeinen und speziellen AGB-Problemen von 1962 – 1972. 5 Sitzungsbericht des 50. DJT, S. H 231 f. 6 BT Drucksache VI/ 2724, S. 8. 7 Duden, Ramm u. a., Gerechtigkeit in der Industriegesellschaft, 1972. 8 vgl. Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe AGB beim Bundesminister der Justiz, S. 18 f; zur Entstehung des AGB-Gesetzes insgesamt (sehr lesenswert) Hensen in Festschrift für Helmut Heinrichs, 1998, S. 335, ff 9 Die Mitglieder der Arbeitsgruppe: Ministerialdirigent Dr. Max Dietlein (BMJ), Ministerialrat Burghard Klingsporn(BMJ), Ministerialrat Dr. Gerhard Rambow (BMWi), Richter am BGH Dr. Hans-Joachim Hiddemann ( VIII. Zivilsenat), Prof. Dr. Thilo Ramm ,( Uni Gießen), Prof. Dr. Manfred Rehbinder (Uni Bielefeld), Prof. Dr. Peter Schlosser (Uni Augsburg) , Ministerialrat Dr. Walter Löwe, (Bayer. 3 4 einen ersten Teilbericht mit Vorschlägen zu materiellrechtlichen Regelungen eines Gesetzes zum Schutz der Verbraucher vor AGB vor 10 . Die Vorschläge der Arbeitsgruppe sind im Wesentlichen unverändert übernommen worden in dem ersten Referentenentwurf des BMJ 11 . Aus den Anhörungen und Stellungnahmen von mehr als 150 Verbänden der Wirtschaft und der Verbraucher entstand Anfang 1975 ein zweiter Referentenentwurf, der nach einer Reihe weiterer Änderungen als Regierungsentwurf beschlossen und dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet wurde. Da dieser Regierungsentwurf zunächst nur den materiellrechtlichen Teil eines Gesetzes zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthielt, von Anfang an aber Konsens in der rechtswissenschaftlichen und politischen Diskussion bestand, dass es nicht genügt, materiellrechtliche Regelungen zu schaffen, sondern ein Verfahren zum Vollzug des AGB-Rechts notwendig sei, griff der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 11. Juli 1975 12 diesen Stand der Diskussion auf und sprach sich für eine Einbeziehung des Verfahrensrechts in das AGB-Gesetz aus. Nahezu zeitgleich mit dem ersten Referentenentwurf legte der Bundesarbeitskreis christlich demokratischer Juristen den Entwurf eines Gesetzes über die Regelung Allgemeiner Geschäftsbedingungen vor 13 , der im Wesentlichen Regelungen enthielt, die auch im Teilbericht I der Arbeitsgruppe vorgeschlagen wurden. Im Unterschied hierzu wurde im Entwurf der CDU-Juristen der Anwendungsbereich des Gesetzes auch auf Kaufleute ausgedehnt und enthielt bereits eine Verfahrensregelung in Form einer Verbandsklage. Dieser Entwurf wurde unverändert von der CDU/CSU Fraktion Ende Januar 1975 als „Entwurf eines Gesetzes über Allgemeine Geschäftsbedingungen“ in den Bundestag eingebracht. 14 Im März 1975 legte die Arbeitsgruppe beim BMJ in einem zweiten Teilbericht in 43 Thesen ein Verfahrensmodell zur Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen vor. 15 Das Modell bestand im Wesentlichen aus der Einrichtung einer zentralen Verbraucherschutzbehörde, einer nachträglichen gerichtlichen Kontrolle von AGB sowie einem Verfahren zur Aufstellung von Muster- AGB. Ende Mai 1975 brachte die Bundesregierung ihren Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein, bereits mit einer Stellungnahme des Bundesrats zur Einbeziehung eines Kontrollverfahrens und einer Gegenäußerung der Bundesregierung, die das Verfahrensrecht einem gesonderten Gesetzentwurf vorbehalten möchte. In den Stellungnahmen zum verfahrensrechtlichen Teil der AGB-Kontrolle zeichnete sich bereits zu dieser Zeit die Einführung einer Verbandsklage nach dem Modell des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ab. Der Rechtsausschuss befasste sich mit den Entwürfen der CDU/CSU Fraktion und dem Regierungsentwurf in vier Sitzungen im Mai/ Juni 1976 und stellte am 21. Juni 1976 den Antrag an den Bundestag, seinen Gesetzesentwurf anzunehmen. 16 Dieser Entwurf entsprach im Wesentlichen dem später verabschiedeten Gesetz. Es fehlte die in § 13 Abs. 4 AGBG geregelte Verjährung und die erstinstanzliche Zuständigkeit für Kontrollklagen war noch den Oberlandesgerichten zugewiesen. Justizministerium), Ministerialrat Dr. Herbert Zimmermann (Justizministerium NRW), Vizepräsident des OLG Horst Dieter Hensen (Hamburg), Ministerialrat Günter Zander (hess. Wirtschaftsministerium), Ministerialrat Heinz Büntig (BaWü Wirtschaftsministerium), Ministerialrat Dr. Ulrich Eicheler (Rheinlandpfälz. Wirtschaftsministerium), Justiziarin Dr. Gabriele Erkelenz (Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände), Rechtsanwalt Werner Junge (Stellvertretender Hauptgeschäftsführer des DIHT), Sekretär der Arbeitsgruppe: Regierungsdirektor Eberhard Rebmann (BMJ), zitiert nach Hensen a.a.O S. 336. 10 Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe AGB, März 1974. 11 Abgedruckt in DB 1974,BR –Drucksache 360/75 vom 30.05.1975. 12 BT Drucksache VII / 3919, S. 47 ff. 13 BB 1974, Beilage 9. 14 BT Drucksache VII / 3200 vom 31.01.1975. 15 Vorschläge zur Verbesserung des Schutzes der Verbraucher gegenüber Allgemeinen Geschäftsbedingungen – Zweiter Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, März 1975. 16 BT Drucksache VII / 5421 vom 21.06.1976 und BT Drucksache VII / 5422 vom 23.06.1976. 4 5 Am 24. Juni 1976 verabschiedete der Bundestag das AGB-Gesetz einstimmig. Es sollte am 1. April 1977 in Kraft treten. Der Bundesrat meldete allerdings Änderungswünsche an und rief den Vermittlungsausschuss an. Die Bedenken des Bundesrates richteten sich gegen die Rechtskrafterstreckung des § 21 AGBG und die erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberlandesgerichte. Der Vermittlungsausschuss schlug vor, die erstinstanzliche Zuständigkeit für Kontrollklagen den Landgerichten zuzuweisen und die Rechtskraftwirkung des § 21 AGBG beizubehalten. In dieser Fassung wird das AGB-Gesetz in der letzten Sitzung des siebenten Bundestages am 10.11.1976 verabschiedet. Der Bundesrat stimmte am 12.11.1976 zu. Das Gesetz trat wie vorgesehen am 1. April 1977 in Kraft. III. Novellierungen des AGB-Gesetzes Seit seinem Inkrafttreten ist das AGB-Gesetz in einigen Punkten geändert worden: Mit der AGB- Novelle von 1996 hat der Gesetzgeber die Vorgaben der EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen 17 umgesetzt, die am 25.07.1996 mehr als eineinhalb Jahre nach der in der Richtlinie vorgegebenen Umsetzungsfrist in Kraft trat. Modifiziert wurde in § 12 AGBG der internationale Anwendungsbereich des Gesetzes. Neu aufgenommen wurde § 24 a AGBG eine Regelung betreffend Verbraucherverträge, weil die EG-Richtlinie für Verbraucherverträge gesteigerte Schutzstandards verlangte. Diese Schutzstandards bezogen sich vor allem auf die Qualifizierung von Vertragsklauseln als AGB und auf die Berücksichtigung, den Vertragsabschluss begleitender Umstände bei der Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung nach § 9 AGBG. Im Übrigen hatte der deutsche Gesetzgeber den Vorteil, dass die EG-Richtlinie in ihrer Grundkonzeption dem deutschen AGB-Gesetz folgte, insbesondere hinsichtlich der Vorgaben zur Einbeziehung, Auslegung und Inhaltskontrolle von AGB. • Das Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz vom 17.12.1997 18 regelt die Nichtanwendung des § 2 AGBG auf die Einbeziehung amtlich veröffentlichter AGB in Verträgen über Telekommunikations- oder Postdienstleistungen in § 23 Abs. 2 Nr. 1 a) und b) AGB-Gesetz. • Mit dem Handelsrechtsreformgesetz von 22.06.1998 19 wird der persönliche Anwendungsbereich in § 24 AGBG bezüglich der Vorschriften der §§ 2, 10 und 11 und Artikel 29 a EGBGB über Kaufleute hinaus generell für „Unternehmer“ eingeschränkt, mit der Folge, dass nunmehr auch die genannten Bestimmungen nicht für AGB gelten, die gegenüber einem Gewerbetreibenden und/ oder Freiberufler verwendet werden. • Das Überweisungsgesetz vom 21.07.1999 20 erweitert die in § 27 AGBG geregelte Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen auf Allgemeine Bedingungen zur Entsorgung von Abwasser und führt in § 29 AGBG eine Schlichtungsstelle auch für Streitigkeiten zwischen Kreditinstituten und ihren Kunden aus der Anwendung der §§ 675 a – 676 g BGB ein. 17 Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen von 05.04.1993, ABl EG Nr. L 95 vom 21.04.1993, S. 29 ff , abgedruckt bei Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht 10. Aufl., S. 17 ff. 18 BGBl I . 3108. 19 BGBl. I 1474. 20 BGBl I 1642. 5 6 • Das Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf EURO vom 27.06.2000 21 erweitert den Anwendungsbereich der Verbandsklage aus § 13 AGBG gemäß § 22 AGBG auf Zuwiderhandlungen gegen dort genannte Verbraucherschutzgesetze (§ 22 Abs. 2 AGBG). Zugleich wird die Klagebefugnis in § 22 Abs. 3 und § 22 a AGBG neu geregelt und auf sogenannte qualifizierte Einrichtungen, sowie Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen modifiziert. Für Verbraucherverbände, wie die Verbraucherzentralen und den VSV, war dies mit der Notwendigkeit verbunden, sich als sogenannte qualifizierte Einrichtung in die beim Bundesverwaltungsamt geführte Liste eintragen zu lassen. Diese Novellierung diente der Umsetzung der EG-Richtlinie 98/ 27 / EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucher in das deutsche Recht (vgl. die Änderungen § 13 Abs. 2 und § 22 Abs. 3 AGBG). Weitere Änderungen bereits vor der AGB-Novelle von 1996 betrafen die §§ 10 Nr. 8, 11 Nr. 1, 23 Abs. 2 Nr. 1a, 16 Nr. 1 und 22 AGBG. Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts 22 wurden die materiellrechtlichen Vorschriften des AGB-Gesetzes nahezu unverändert als §§ 305 – 310 in das BGB übernommen. Weggefallen sind die Bestimmungen in §§ 11 Nr. 8b und 9 AGBG, weil hierfür aufgrund des veränderten Leistungsstörungsrechts im allgemeinen Schuldrecht des BGB kein Regelungsbedarf mehr bestand. Als Sonderbestimmung für zugesicherte Eigenschaften ist auch § 11 Nr. 11 AGBG nicht in die AGB-rechtlichen Bestimmungen des BGB übernommen worden. Ein gleichartiger Regelungsgegenstand findet sich jetzt in § 444 BGB. Mit der Einordnung der materiellrechtlichen Bestimmungen des AGB-Gesetzes in das BGB soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass das AGB-Recht ein wesentlicher Teil des Zivilrechts ist. Für die verfahrensrechtlichen Vorschriften der AGB-Verbandsklage (§§ 13 – 22 a AGBG) wurde das Unterlassungsklagengesetz neu geschaffen. IV. Zusammenfassung Es gilt heute als weitgehend anerkannt, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen im Wirtschaftsleben unverzichtbar sind. Sie dienen vor allen Dingen der Rationalisierung von Vertragsabschlüssen und schaffen damit gleichbleibende, verlässliche Vertragsstandards, die letztlich auch im Interesse der Verbraucher sind. Dass damit eine Benachteiligung der Vertragspartner des Verwenders verbunden ist, ist nicht zwangsläufige Folge der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr deren Inhalt, der mit dem AGB-Gesetz einer Kontrolle auf gesetzlicher Grundlage unterzogen wird. Die Entscheidung zur abgestuften Inhaltskontrolle mit und ohne Wertungsmöglichkeit und einer Generalklausel als Auffangtatbestand erweist sich bis heute als ausgesprochen problemadäquate Lösung, die bisher keiner Novellierung bedurfte. Das gilt auch für die begleitenden Vorschriften zur Einbeziehung und Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und zum Vorrang der Individualabrede. Dies ist als Ergebnis eines gelungenen Zusammenwirkens von Rechtswissenschaft und politischen Entscheidungsträgern festzuhalten. Die Novellen des AGB- Rechts gehen vor allem auf den Einfluss des Gemeinschaftsrechts zurück, haben aber den Kern der Inhaltskontrolle zu keiner Zeit berührt. Im Gegenteil: Auch wenn Probleme im Zusammenhang mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Anfang an in erster Linie als Verbraucherschutzprobleme erkannt wurden, hat es doch nicht an Versuchen gefehlt, dem AGB-Gesetz den Charakter eines 21 22 BGBl. I 897. Bekanntmachung vom 02.01.2002, BGBl. I, S. 42 berichtigt S. 2909 und BGBl. I 2003, S. 738. 6 7 Verbraucherschutzgesetzes abzusprechen und darin nur die Normierung eines allgemeinen Vertragsrechtsproblems zu sehen. Dieser Tendenz wirkt die Richtlinie 93/13/EG entgegen, die ausdrücklich die Lösung der Vertragsprobleme im Zusammenhang mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen als Verbraucherproblem behandelt. Die Ergänzungen des AGBGesetzes durch den § 24a AGBG ist dafür Beleg. Die gleiche Wirkung ist auch aus der Novellierung des AGB-Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 98/27/EG zum kollektiven Rechtsschutz bei Verstößen gegen verbraucherschützende Rechtsvorschriften abzulesen. Die Suche nach einem geeigneten Kontrollinstrument erwies sich schon in der Entstehungsgeschichte des AGB-Gesetzes als schwierig. Die dazu vorgeschlagenen Modelle begegneten durchweg erheblichen Bedenken. Für die Aufstellung von Muster-AGB fehlten angeblich geeignete Akteure auf der Verbraucherseite und außerdem sollen Muster-AGB Innovationen erschweren. Das Behördenmodell galt schon deshalb als ineffizient, weil die bereits vorhandenen Kontrollen durch Behörden die Verbreitung unangemessener Vertragsklauseln nicht verhindert hatten. Das schließlich Gesetz gewordene Verbandsklageverfahren kann als gemeinsamer Nenner der politischen Akteure bezeichnet werden, fand aber auch die Zustimmung der Verbraucherseite und der Wirtschaft, nicht zuletzt auf Grund der Erfahrungen mit der Verbandsklage im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Deren angeblich missbräuchliche Ausnutzung durch sogenannte Gebührenvereine sollte mit den erhöhten Anforderungen an die Klagebefugnis im AGBGesetz begegnet werden. Bis heute ist aber die Kritik an der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung des Verbandsklageverfahrens nicht verstummt. 23 Insgesamt ist festzuhalten, dass das AGB- Gesetz in seiner Grundstruktur als Vorbild einer gelungenen Problemlösung bezeichnet werden kann. Ob dennoch inzwischen Novellierungsbedarf besteht, bedarf der weiteren Untersuchung. 2. Kapitel: Die Entwicklung des Vertragsrechts durch Verbandsklageverfahren I. Einleitung: Untersuchungsgegenstand und Methode Die Entwicklung des Vertragsrechts, soweit es durch AGB gestaltet wird, ist aus den Ergebnissen der Verbandsklageverfahren der Verbraucherverbände abzulesen. In Wissenschaft und Literatur besteht darüber Einigkeit, dass Verbraucherverbände die meisten Verbandsklageverfahren im AGB-Recht durchgeführt haben. Hensen 24 hat erst kürzlich festgestellt, dass von 138 Verfahren vor dem BGH 120 Verfahren auf Klagen der Verbraucherverbände zurückgehen. Dieser zahlenmäßige Befund ist nicht nur auf die Verfahren vor dem BGH, sondern auf Verbandsklageverfahren insgesamt zu beziehen. Die Verbraucherzentralen, der Verbraucherschutzverein und der VZBV 25 führen zwar keine kongruente Statistik über den gesamten Zeitraum seit 1977. Insoweit lassen sich nur Anhaltspunkte aus den Angaben in den Jahresberichten des VSV, des VZBV und den für diese Studie eingeholten Auskünften der Verbraucherzentralen, sowie aus der Statistik von Micklitz im Münchener Kommentar entnehmen. Danach hat der VSV in den zwanzig Jahren von 1980 bis 2000 insgesamt 4366 Abmahnverfahren und 1061 Klageverfahren eingeleitet.26 Für den Zeitraum 2001 bis 2006 werden von den Verbraucherzentralen und dem VZBV nach 23 Micklitz, MüKo UKlaG v. § 1 Rn 25 ff. ; Verf. Verklagen oder verhandeln, 1995, 158, 201. Festschrift für Peter Ulmer, S. 1135, 1136. 25 Durch Verschmelzung ist der VSV im Jahre 2000 in den VZBV übergegangen. 26 Jahresberichte des VSV 1980 bis 2000 – Statistikanhang. 24 7 8 einer (wohl nicht vollständigen) Statistik 1.866 Abmahnverfahren und 451 Klageverfahren berichtet. 27 Das Zahlenmaterial rechtfertigt aber die These, dass die Verfahren der Verbraucherverbände wesentlich zur Entwicklung der Rechtsprechung im AGB-Recht beigetragen haben. Die Ergebnisse dieser Rechtsprechung werden nachfolgend exemplarisch dargestellt und ausgewertet. In Anbetracht der Fülle des Materials sind Beschränkungen erforderlich. Ausgewertet werden Urteile der Oberlandesgerichte und des BGHs, sowie einzelne erstinstanzliche Urteile der Landgerichte, soweit deren Streitgegenstand einerseits vertragstypische Klauseln betrifft, die andererseits nicht durch oberlandesgerichtliche oder höchstrichterliche Rechtsprechung behandelt werden. Der Untersuchung wird die These zugrunde gelegt, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen grundsätzlich branchenspezifisch entwickelt werden. Sie sind Ausdruck von branchenspezifischen Belangen im Vertragsrecht. Dabei haben sie zwei Funktionen: Regeln des dispositiven Rechts sollen zugunsten des Verwenders aus Gründen der Rationalisierung und der Risikobegrenzung abgeändert werden. Beispiele hierfür sind Haftungsbegrenzungen und Schadenspauschalen. Soweit das dispositive Recht keine Regelung enthält, werden diese Lücken durch entsprechende Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geschlossen. Beispiele hierfür sind Preisnebenabreden und Laufzeitklauseln. Da Allgemeine Geschäftsbedingungen branchenspezifisch entwickelt werden, werden sie auch branchenspezifisch untersucht. Aus der Vielzahl infrage kommender Bereiche sind folgende sieben Branchen ausgewählt worden, die für Verbraucher aus unterschiedlichen Gründen von besonderer Bedeutung sind: • Kraftfahrzeugkaufverträge – Neu- und Gebrauchtwagenhandel • Möbelkauf • Pauschalreisen- und Beförderungsverträge der Fluggesellschaften • Versicherungsverträge • Bankverträge • Verträge zur Nutzung der neuen Medien (Internet , Mobiltelefon) • Alten- und Pflegeheimverträge Die Bedeutung dieser Branchen für Verbraucher besteht vor allem darin, dass es sich um hochwertige Konsumgeschäfte (Reisen, Auto, Möbel) handelt, die über die Deckung des täglichen Lebensbedarfs hinausgehen und / oder um Bereiche, in denen Gestaltungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen den eigentlichen Leistungsinhalt beschreiben und begrenzen (Bankleistungen, Versicherungsleistungen). Ausgehend von einer Zielsetzung des AGB-Gesetzes, für Verbraucher benachteiligende Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu eliminieren, werden die Ergebnisse der Rechtsprechung zu typischen Klauseln jeder Branche dargestellt. Die Typik ist entweder auf den Regelungsgegenstand oder auf die Häufigkeit des Vorkommens der Klauseln bezogen. 27 entnommen der Statistik von Micklitz, MüKo UKlaG vor § 1 Rn 33. Erfasst sind Zahlen des VZBV und der Verbraucherzentralen Baden-Württemberg, Brandenburg, Berlin, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen. Die VZ Hamburg ist nicht aufgeführt und hat auf Nachfrage für diesen Zeitraum 441 Abmahnungen mitgeteilt. 8 9 II. KFZ Neuwagen- und Gebrauchtwagenhandel Im Kraftfahrzeughandel sind Regelungen in Kaufverträgen über Neufahrzeuge und der Verkauf von Gebrauchtwagen unterschiedlich gestaltet. Der wesentliche Unterschied besteht in der Bewertung von Mängelgewährleistungsrechten. Daneben sind für den Neuwagenhandel Klauseln über Lieferfristen und Lieferverzug von Bedeutung, die für den Gebrauchtwagenhandel eine eher untergeordnete Rolle spielen, weil die Fahrzeuge dort meistens sofort verfügbar sind. Grundsätzlich unterliegen beide Handelsbereiche den gleichen vertragsrechtlichen Vorschriften. In Bezug auf die Möglichkeit der Kfz-Händler, die Mängelgewährleistung zu beschränken, bestehen jedoch auch nach der Schuldrechtsreform von 2002 Unterschiede: Nach der bis zur Schuldrechtsreform geltenden Rechtslage waren die Vorschriften des Gewährleistungsrechts der §§ 459 ff BGB a. F. dispositiv, mit der Folge, dass die Gewährleistung für Gebrauchtwagen regelmäßig vollständig ausgeschlossen wurde. Mit dem AGB-Gesetz wurde zwar durch § 11 Nr. 10 AGBG die Möglichkeit des Gewährleistungsausschlusses begrenzt, soweit es um Vertragsregelungen in Form von AGB geht. Diese Begrenzung bezog sich aber nur auf die Gewährleistung für neu hergestellte Sachen. Während damit auf den Neuwagenkauf mit § 11 Nr. 10 AGBG eine detaillierte Regelung anzuwenden war, blieb es im Gebrauchtwagenhandel den Gerichten überlassen, Mängelgewährleistungsausschlüsse an der Generalklausel des § 9 Abs. 1 AGBG a. F. zu messen. Zahlenmäßig war der Kfz-Handel in der Abmahn- und Klagepraxis des VSV von eher untergeordneter Bedeutung. Zwischen 1980 und 2000 wurden 98 Abmahnungen verschickt und 24 Klageverfahren 28 eingeleitet. Der Grund hierfür dürfte in der nahezu branchenweiten Verbreitung der Konditionenempfehlung der Dachverbände der Automobilbranche zu finden sein. Der zahlenmäßige Schwerpunkt der Abmahnungen lag im Jahre 1983 (10 Abmahnungen). 1. Rechtsprechung zu Klauseln in Gebrauchtwagenverträgen a) Gewährleistungsausschlussklauseln aa) Vollständiger Gewährleistungsausschluss In der Zeit vor dem AGB-Gesetz hatte der BGH den Ausschluss jeder Sachmängelgewährleistung beim Kauf gebrauchter Kfz für angemessen gehalten und als Gebot der wirtschaftlichen Vernunft bezeichnet. 29 Der Verbraucherschutzverein hat mit Inkrafttreten des AGB-Gesetzes begründete Zweifel an der Zulässigkeit des vollständigen Gewährleistungsausschlusses für Gebrauchtwaren und somit auch für gebrauchte Kfz erhoben. In einem Verfahren gegen die Firma Michael Schuricke GmbH wurde die Frage geprüft, ob der vollständige Gewährleistungsausschluss im Gebrauchtwagenhandel mit § 9 AGB-Gesetz vereinbar ist. Die Zweifel an der Zulässigkeit werden insbesondere damit begründet, dass auch unter Berücksichtigung des eingeschränkten Fehlerbegriffs für Gebrauchtwaren wegen des Ausschlusses von Verschleißmängeln jedenfalls die Gewährleistung für Mängel, die sich auf die Fahrtüchtigkeit und die Verkehrssicherheit des Gebrauchtwagens auswirken, nicht ausgeschlossen werden kann. Nach Auffassung des 28 29 Jahresberichte des VSV 1980 bis 2000. BGH NJW 1970, 29. 9 10 Verbraucherschutzvereins ist die Fahrtüchtigkeit ein wesentliches Element für einen Gebrauchtwagen im Unterschied zu einem Bastlerfahrzeug und die Verkehrssicherheit gehört zu den gesetzlich geforderten Anforderungen an einen PKW. Der BGH ist dem jedoch nicht gefolgt. 30 Gegenstand des Verfahrens war die Klausel bzw. der Klauselbestandteil: Text: Gekauft wie besichtigt, unter Ausschluss jeder Gewährleistung. Der BGH verwies auf seine langjährige Rechtsprechung seit 1958 31 und begründete die erneute Ablehnung der Unwirksamkeit eines vollständigen Gewährleistungsausschlusses damit, dass der Gebrauchtwagenhändler nur dann eine Gewährleistungspflicht zu übernehmen hätte, wenn ihn zugleich eine allgemeine Untersuchungspflicht auferlegt würde. Mit einer allgemeinen Untersuchungspflicht würde man aber die Anforderungen an einen Gebrauchtwagenhändler, insbesondere wenn er über keine eigene Werkstatt verfügt, überspannen. Besteht keine allgemeine Untersuchungspflicht, so kann von einem Gebrauchtwagenhändler auch nicht verlangt werden, dass er ungefragt jeweils darauf hinweist, er habe den zum Verkauf angebotenen Wagen nicht untersucht und überprüft. Die Untersuchungspflicht kann auch nach Inkrafttreten des AGB-Gesetzes einem Gebrauchtwagenhändler nicht hinsichtlich der Verkehrssicherheit und Fahrtüchtigkeit des Gebrauchtwagens im Zeitpunkt des Gefahrüberganges auferlegt werden. Eine mit dem Gebot der Rechtssicherheit zu vereinbarende Abgrenzung zwischen besonderen und allgemeinen Mängeln lässt sich nicht treffen. Der Käufer eines Gebrauchtwagens werde durch den Gewährleistungsausschluss auch nicht rechtlos gestellt. Er könne das Fahrzeug Probe fahren, sich bestimmte Eigenschaften vertraglich zusichern lassen und sei im Übrigen geschützt durch Ersatzansprüche bei arglistigem Verschweigen eines Mangels, die auch durch einen Haftungsausschluss nicht unwirksam würden. Die Entscheidung beruht auf einer Abwägung der Rechte und Pflichten von Gebrauchtwagenhändler und Käufer beim Kauf eines gekauften Kraftfahrzeuges. Soweit und solange der Gebrauchtwagenhändler einen Gegenstand verkauft, dessen genaue Beschaffenheit ihm unbekannt ist, und solange und soweit er nicht verpflichtet wird, die Beschaffenheit des Gegenstandes Gebrauchtwagen im Einzelnen zu überprüfen, solange kann ihm eine Gewährleistungspflicht für Mängel nicht auferlegt werden. Aber auch mit einer Mängelgewährleistung wäre dem Käufer nicht wirklich geholfen. Er müsste nicht nur nachweisen, dass der an seinem Fahrzeug auftretende Defekt im Zeitpunkt des Gefahrenüberganges vorhanden war, was bei einem Gebrauchtwagen naturgemäß schwierig ist, sondern darüber hinaus die Frage nach der Abgrenzung zwischen einem der Sache innewohnenden Verschleißschaden eines Gebrauchtwagens und einem Mangel im Rechtssinne vornehmen. Mit der Begründung , dies sei im Einzelfall nicht wirklich zu leisten, behält der BGH auch in Ansehung der Inhaltskontrolle des AGB-Gesetzes seine bisherige Linie bei, wonach es Sache des Käufers ist, sich durch geeignete rechtswirksame Maßnahmen vor einer Übervorteilung durch den Gebrauchtwagenhändler zu schützen. 30 BGH, Urteil v. 11.06.1979, VIII ZR 224/78, NJW 1979, 1886 dagegen Löwe BB 1979, 1063 und 1318; wohl auch Staudinger/Schlosser AGBG § 9 Rn: 13 (12. Aufl. 1978). 31 Urteil vom 11.02.1958, VIII ZR 85/57 in BB 1958, 283. 10 11 bb) Teilausschluss der Gewährleistung Die Klausel Text: Für Unfallfreiheit und Kilometerstand wird nicht garantiert. verstößt gegen § 11 Nr. 11) AGBG a. F. Danach ist eine Bestimmung in AGB unwirksam, durch die bei einem Kauf-, Werk- oder Werklieferungsvertrag Schadensersatzansprüche gegen den Verwender nach den §§ 463, 480 Abs. 2, 635 BGB wegen Fehlens zugesicherter Eigenschaften ausgeschlossen oder eingeschränkt werden. Der § 11 Nr. 11 AGBG ist in das BGB nicht übernommen worden aufgrund der Änderungen zum kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht. b) Lieferfristklauseln Text: Der Verkäufer hat ein kostenloses Rücktrittsrecht, wenn er nachweist, dass die Nichteinhaltung des Liefertermins auf erhebliche Betriebsstörungen zurückzuführen ist. Der Verkäufer hat ein kostenloses Rücktrittsrecht, wenn er nachweist, dass die Nichteinhaltung des Liefertermins auf erhebliche Betriebsstörungen oder höhere Gewalt zurückzuführen ist. Die Klauseln sind unwirksam, weil für den Fall des Leistungsverzuges oder der vom Verwender zu vertretenden Unmöglichkeit das Recht des Käufers, Schadensersatz zu verlangen, ausgeschlossen oder eingeschränkt wird (§ 11 Nr.8 AGBG). Schadensersatz ist indirekt ausgeschlossen, weil dem Verkäufer ein Rücktrittsrecht eingeräumt wird, auch für den Fall, dass er den Rücktrittsgrund zu vertreten hat. Betriebsstörungen sind im Unterschied zu höherer Gewalt nicht grundsätzlich unverschuldet.32 Die Klauseln enthalten darüber hinaus einen Verstoß gegen § 10 Nr. 3 AGBG, weil sich der Verwender ein sachlich nicht gerechtfertigtes Rücktrittsrecht vorbehält. Betriebsstörungen liegen in seiner Verantwortung. 33 c) Klauseln mit Bezug auf eine Inzahlungnahme: Text: Sofern bei dieser Überprüfung derartige Mängel festgestellt werden, mindert sich der Inzahlungnahmepreis um die zur Behebung dieser Mängel erforderlichen Betrages. Sollte das Fahrzeug kein technisches Gutachten haben, ist der Verkäufer angewiesen, für die DM 650,00 ein Gutachten für mich einzuholen. Aufwendungen, die diesen Betrag überschreiten, werden mit Selbstkosten bzw. Rechnungspreis verrechnet. In diesen Klauseln sieht das Landgericht Berlin 34 eine unangemessene Benachteiligung des Gebrauchtwagenkäufers. Es werden Vertragsregeln vereinbart, die kein Äquivalent im dispositiven Recht haben. Die Klauseln sind unangemessen, weil der im Vertragsrecht 32 LG Berlin 26 O 194/89 vom 08.12.1989 (nicht veröffentlicht), Urteil LG Berlin vom 12.06.1991, 26 O 101/ 91 (nicht veröffentlicht). 33 LG Berlin vom 12.06.1991, 26 O 101/91 (nicht veröffentlicht). 34 LG Berlin v. 12.06.1991, 26 O 101/91 (nicht veröffentlicht). 11 12 gebotene und vom AGB-Gesetz gewollte Interessenausgleich verletzt wird 35 . Die Klausel über die Minderung des Inzahlungnahmepreises bei Feststellung von Mängeln enthält eine nachteilige Regelung, weil für einen gebrauchten PKW typischerweise unter Berücksichtigung seines technischen Zustandes der Preis ausgehandelt wird. Durch die Klausel soll der Verwender die Möglichkeit haben, diesen Preis nachträglich herabzusetzen. Die formularmäßige Auftragserweiterung für die Einholung eines technischen Gutachtens ist nach Ansicht des Landgerichts Berlin ebenfalls eine Verletzung vertragsrechtlicher Ausgewogenheit und deshalb gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam. d) Vollmachtsbegrenzung und Nebenabreden Text: Die Verkaufsangestellten des Verkäufers sind nur bei schriftlicher Ermächtigung zur Annahme von Zahlungen berechtigt. Nebenabreden, nachträgliche Änderungen dieses Auftrages und etwaige Zusicherungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Bestätigung des Verkäufers. Die Klausel, wonach Verkaufsangestellte nur bei schriftlicher Ermächtigung zur Annahme von Zahlungen befugt sind, enthält eine Beschränkung der Vertretungsmacht entgegen der durch das Auftreten von Handlungsbevollmächtigten gemäß §§ 56,54 HGB entstehenden Anscheins– und Duldungsvollmacht 36 . Das Risiko fehlender Vertragserfüllung durch Zahlungen an nicht geldempfangsberechtigte Verkaufsbevollmächtigte des Verwenders benachteiligt den Käufer unangemessen. e) Anzahlungsklausel Text: Der Käufer verpflichtet sich, eine Anzahlung von 50 % des Kaufpreises zu zahlen. Die Anzahlungsklausel in Höhe von 50 % kann ihrem Wortlaut nach so verstanden werden, dass bereits vor Bearbeitung des Angebots auf Abschluss des Vertrages eine Anzahlung fällig wird. Vor Vertragsabschluss kann in dessen eine Anzahlung nach allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsätzen nicht verlangt werden 37 . 2. Neuwagenverkaufsbedingungen Gegenstand von Gerichtsverfahren mit einem Bezug zu Neuwagenverkaufsbedingungen waren die Konditionenempfehlungen des VDA (Verband der Automobilindustrie), VdIK (Verband der Importeure von Kraftfahrzeugen) und ZdK (Zentralverband des Kraftfahrzeughandwerks). Während zwei Verfahren direkt gegen den VdA bzw. VdIK als Empfehler geführt wurden, betrafen zwei weitere Verfahren jeweils Autohäuser als Verwender. Die relativ geringe Anzahl der Verfahren ist mit dem hohen Umsetzungsgrad der von den Verbänden empfohlenen Verkaufsbedingungen zu erklären, die nahezu brancheneinheitlich verwendet werden. Dies ist zurückzuführen auf das Vertragshändlersystem in der Kraftfahrzeugbranche. 35 LG Berlin a.a.O. LG Berlin a.a.O. 37 LG Berlin a.a.O. 36 12 13 Die überwiegende Anzahl der eingeklagten Klauseln wurde wegen eines Verstoßes gegen § 9 AGBG beanstandet. Daraus ist zu erkennen, dass die Verbandsjuristen die Klauselverbote der §§ 10 und 11 AGBG sorgfältig berücksichtigt haben. Die strittigen Regelungen betreffen die Vertragsbereiche, die im dispositiven Vertragsrecht nicht geregelt sind. Dies gilt u. a. für Preisanpassungsklauseln. Der BGH hat mit Urteil vom 23.04.1980 38 eine Preisanpassungsklausel bei Mehrwertsteuererhöhungen für unwirksam erklärt. Im Jahre 1981 hat sich der BGH erneut mit den Neuwagenverkaufsbedingungen befasst. In seiner Entscheidung vom 07.10.1981 39 werden insgesamt vier Klauseln aus der Empfehlung des Zentralverbandes des ZdK, VdA und VdIK überprüft. Der VSV hatte dieses Verfahren aus Kostengründen nicht gegen die Empfehler direkt, sondern gegen einen Verwender geführt. Von den fünf eingeklagten Klauseln hält der BGH nur die Preisänderungsklausel und die Nachbesserungsklausel für unwirksam. a) Preisanpassungsklauseln Der BGH hat mit Urteil vom 23.04.1980 40 eine Preisanpassungsklausel mit folgendem Wortlaut für unwirksam erklärt: Text: Der Preis des Kaufgegenstandes versteht sich ohne Skonto und sonstige Nachlässe zuzüglich Umsatzsteuer. Preisänderungen sind nur zulässig, wenn zwischen Vertragsabschluss und vereinbarten Liefertermin mehr als vier Monate liegen, dann gilt der am Tag der Lieferung gültige Preis des Verkäufers. Bei Lieferungen innerhalb von vier Monaten gilt in jedem Fall der am Tag des Vertragsabschlusses gültige Preis. Änderungen im Umsatzsteuersatz berechtigen beide Parteien zu entsprechenden Preisanpassungen. Der BGH sieht – wie bereits die Vorinstanzen – in der Möglichkeit, den Preis wegen einer Umsatzsteuererhöhung auch innerhalb einer vereinbarten Lieferfrist von vier Monaten anzuheben, einen Verstoß gegen § 11 Nr. 1 AGBG. Zur Begründung verweist der BGH auf die Entstehungsgeschichte des § 11 Nr. 1 AGBG, der auf die Regelung in § 1 Abs. 5 Satz 1 Preisangabenverordnung zurückgeht, wonach für Angebot und Werbung ein Preisänderungsvorbehalt nur insoweit zulässig ist, als die Lieferfrist mehr als vier Monate beträgt. Bei kürzeren Fristen sind dagegen nach der PreisangabenVO die endgültigen Preise einschließlich Umsatzsteuer vom Verkäufer anzugeben. In dieser Regelung wird nicht nach den Gründen für eine Preiserhöhung differenziert. Deshalb ist § 11 Nr. 1 AGBG auch auf Preiserhöhungen anzuwenden, die auf die Einführung oder Anhebung von Steuern, Zöllen und steigenden Abgaben zurückzuführen sind. Dies folge aus der rechtssystematischen Ausgestaltung der Vorschrift, in der zwei Ausnahmen vom Verbot kurzfristiger Preiserhöhungen geregelt sind, nämlich für Dauerschuldverhältnisse und für bestimmte in § 99 Abs. 1 und Abs. 2 GWB aufgeführte Beförderungsentgelte. Ausnahmen für Steuern, Zölle und andere öffentliche Abgaben sind dagegen nicht vorgesehen. 38 BGH, Urteil v. 23.4.1980, VIII ZR 80/79, NJW 1980, 2133. BGH, Urteil v. 7.10.1981, VIII ZR 229/80, NJW 1982, 331 . 40 BGH, Urteil v. 23.4.1980, VIII ZR 80/79, NJW 1980, 2133. 39 13 14 In seiner Entscheidung vom 07.10.1981 41 behandelt der BGH die folgende Klausel: Text: Preisänderungen sind nur zulässig, wenn zwischen Vertragsabschluss und vereinbarten Liefertermin mehr als vier Monate liegen. Dann gilt der am Tag der Lieferung gültige Preis des Verkäufers. Dieses Urteil enthält die zweite höchstrichterliche Entscheidung zur Frage der Wirksamkeit eines Preisänderungsvorbehaltes außerhalb des Verbotstatbestandes von § 11 Nr. 1 AGBG. Der VSV hatte Preisänderungsklauseln einer systematischen gerichtlichen Überprüfung zugeführt, da für Verbraucher besondere Belastungen entstehen, wenn der vertraglich vereinbarte Preis erhöht wird. Der BGH stellt zunächst fest, dass Preisänderungsvorbehalte bei einer vereinbarten Lieferfrist von mehr als vier Monaten hinsichtlich ihrer Wirksamkeit nach § 9 AGBG zu beurteilen sind. Aus dem Verbot in § 11 Nr. 1 AGBG folge nicht, dass derartige Preisklauseln grundsätzlich zulässig seien. Es geht um die Frage, ob die hier verwendete Preisänderungsklausel unter Abwägung der beiderseitigen schutzwürdigen Interessen beim Neuwagenkauf den Käufer gegenüber dem Verkäufer unangemessen benachteiligt. Es folgt dann auf mehr als sechs Seiten der Urteilsgründe eine ausführliche Interessenabwägung, die wie folgt zusammengefasst werden kann. Neuwagenverkäufer haben wegen langer Lieferfristen grundsätzlich mit steigenden Materialkosten und Löhnen zu rechnen und deshalb ein berechtigtes Interesse daran, diese Mehrkosten auf den Endverbraucher nachträglich abwälzen zu können. • • • • • Eine vorsorgliche Einbeziehung in die Preiskalkulation würde sich durchgehend zum Nachteil der Käufer auswirken. Der Käufer der sich auf lange Lieferfristen einlässt, muss deshalb auch mit einer Veränderung des Preises rechnen. Für den Käufer sei aber eine Preisänderung und damit ein entsprechender Vorbehalt dann nicht mehr hinnehmbar, wenn dem Verkäufer ermöglicht werde, über die Abwälzung der Kostensteigerung hinaus den vereinbarten Kaufpreis ohne jede Begrenzung einseitig anzuheben. Die Schwierigkeit, preisändernde Faktoren in einer Klausel entsprechend anzugeben, rechtfertigt nicht eine so weit gehende Fassung des Preisänderungsrechts. Als Ausgleich besteht die Möglichkeit, den Käufer das Recht einzuräumen, sich vom Vertrag zu lösen, wenn die Preiserhöhung einen bestimmten Prozentsatz des Kaufpreises übersteigt. Das Urteil des BGH übernimmt wesentliche Teile aus der Argumentation des Verbraucherschutzvereins. Auch berechtigte Interessen des Verwenders bei langen Lieferzeiten, zwischenzeitlich eintretende Kostensteigerungen im Preis berücksichtigen zu können, rechtfertigen nicht, eine einseitige Befugnis zur Preisanhebung, ohne Ausgleich. Dabei sind kumulativ zwei Faktoren als Ausgleich erforderlich: Es muss gewährleistet sein, dass Preisänderungen nicht allein deshalb vorgenommen werden, weil der Verwender eine für ihn günstige Marktlage ausnutzen will, etwa durch eine gestiegene Nachfrage. Deshalb ist erforderlich, dass tatsächliche Kostensteigerungen die Grundlage einer Preiserhöhung sind und entsprechende Kostensteigerungen auch nachweisbar sind. Zum anderen ist die Möglichkeit der Preisanhebung dadurch zu begrenzen, dass dem Käufer ein Rücktrittsrecht 41 BGH, Urteil v. 7.10.1981, VIII ZR 229/80, NJW 1982, 331. 14 15 eingeräumt wird. Dann steht der Verwender vor dem Risiko, entweder auf die Preiserhöhung zumindest teilweise zu verzichten oder den Vertrag insgesamt zu verlieren. Mit einer ähnlichen Argumentation hatte der Verbraucherschutzverein bereits zuvor die Preisänderungsvorbehalte in Dauerschuldverhältnissen erfolgreich einer Überprüfung durch den BGH vorgelegt. 42 b) Gewährleistungsklauseln Ebenfalls in der Entscheidung vom 7.10.1981wird die Klausel für unwirksam erklärt, wonach bei Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit weiterer Nachbesserungsversuche der Käufer anstelle der Nachbesserung, Wandelung oder Minderung verlangen kann (Verstoß gegen § 11 Nr. 10b ABGB) Text: Wenn der Fehler nicht beseitigt werden kann oder für den Käufer weitere Nachbesserungsversuche unzumutbar sind, kann der Käufer anstelle der Nachbesserung Wandlung oder Minderung verlangen. Damit wird eine formale Anpassung an den Gesetzeswortlaut erreicht. Der gemäß § 11 Nr. 10b AGBG erforderliche Vorbehalt bei Fehlschlag oder Unzumutbarkeit der Nachbesserung, Rückgängigmachung des Vertrages oder Herabsetzung des Kaufpreises verlangen zu können, soll in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht in die juristische Begrifflichkeit „Wandlung oder Minderung“ verkürzt werden. Darin liegt keine materiellrechtliche Veränderung der Käuferrechte, wohl aber eine Verbesserung der Transparenz. Der Verbraucher als juristischer Laie kann mit den Begriffen „Wandlung und Minderung“ meist weniger verbinden als mit der Beschreibung „Rückgängigmachung des Vertrages oder Herabsetzung des Kaufpreises.“ Vier Klauseln des BGH-Urteils Gewährleistungsregeln. vom 27.9.2000 43 (VSV ./. VdA) betreffen Text: (Der Verkäufer leistet Gewähr für die Fehlerfreiheit während eines Jahres seit Auslieferung des Kaufgegenstandes.) Maßstab für die Fehlerfreiheit ist der Stand der Technik für vergleichbare Fahrzeuge des Typs des Kaufgegenstandes bei Auslieferung. Es liegt eine unangemessene Kundenbenachteiligung vor, wenn sich die Fehlerfreiheit nach dem Stand der Technik für vergleichbare Fahrzeuge richtet, obwohl sich der Kläger gerade im Einzelfall gerade wegen einer besonderen Werbung für ein bestimmtes Fahrzeug zum Kauf entschlossen habe und sich deshalb die Fehlerfreiheit nach dem in der Werbung versprochenen Standard beurteilen lassen muss. Die Klausel weicht auch bei kundenfeindlichster Auslegung von der sich aus § 243 Abs. 1 BGB a. F. ergebenden Bestimmung ab, wonach bei Kauf einer Gattung vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung mittlerer Art und Güte zu entsprechen hat. Text: Der Käufer hat Fehler unverzüglich nach deren Feststellung bei dem in Anspruch genommenen Betrieb entweder schriftlich anzuzeigen oder von ihm aufnehmen zu lassen. 42 43 BGH, Urteil v. 11. 6. 1980, VIII ZR 174/79, NJW 1980, 2518. BGH, Urteil v. 27.9.2000, VIII ZR 155/99, NJW 2001, 292. 15 16 Die Klausel, wonach der Käufer einen Fehler unverzüglich schriftlich anzuzeigen oder aufzunehmen lassen hat, verstößt gegen § 11 Nr. 10e AGBG, weil sie eine Ausschlussfrist enthält, die weder eine Unterscheidung zwischen offenen und verborgenen Mängeln vornimmt, noch der auch bei offenen Mängeln gebotenen Prüfungs- und Überlegungsfrist von mindestens einer Woche Rechnung trägt. Text: Schlägt unter Beachtung der vorstehenden Ziffer 2) die geltend gemachte Nachbesserung fehl…..kann der Verkäufer vom Vertrag…….Wandelung ….oder Minderung …verlangen. Die Klausel verstößt gegen § 11 Nr. 10 e) AGBG und ist wegen der Ausschlussgrunde bei nicht form- und fristgerechter Mängelanzeige unwirksam. Die in Bezug genommene Regelung der Ziff. 2 a) enthält die Verpflichtung den Fehler unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Text: (Für innerhalb der Gewährleistungsfrist geltend gemachte, aber nicht bis zu deren Ablauf beseitigte Fehler wird bis zur Beseitigung des Fehlers Gewähr geleistet; solange ist die Verjährungsfrist für diesen Fehler gehemmt.) In den Fällen des Satzes 2 endet die Verjährungsfrist jedoch drei Monate nach Erklärung des in Anspruch genommenen Betriebes, der Fehler sei beseitigt oder es liege kein Fehler vor.“ Die Verjährungsfrist aus einem Kaufvertrag über neu hergestellte Kraftfahrzeuge kann aus vielfältigen Gründen erheblich hinausgeschoben werden, u. a. dadurch, dass der Verkäufer eine Verpflichtung zur Nachbesserung oder Ersatzlieferung anerkennt oder sich bei Prüfung des Vorhandenseins eines Mangels und seiner Beseitigung unterzieht. Dies kann auch mehrmals nacheinander geschehen. Dieser Verlängerung der gesetzlichen Verjährungsfrist trägt die angegriffene Klausel bei kundenfeindlichster Auslegung nicht Rechnung. Einmal soll die Verjährungsfrist nach der Klausel spätestens drei Monate nach Abgabe der Erklärung über die Fehlerbeseitigung oder Fehlerfreiheit enden, und zwar ohne Einschränkungen. Dementsprechend hat es der in Anspruch genommene Betrieb in der Hand, ein absolutes Ende der Verjährungsfrist herbeizuführen. Die darin liegende Nichtberücksichtigung gesetzlicher Hemmungs- und Unterbrechungstatbestände stellt eine unzulässige Verkürzung der Verjährungsfrist im Sinne von § 11 Nr. 11f AGBG dar. Text: Für die bei der Nachbesserung eingebauten Teile wird bis zum Ablauf der Gewährleistung des Kaufgegenstandes Gewähr aufgrund des Kaufvertrages geleistet. Die Klausel verstößt nicht gegen § 11 Nr. 10f AGBG. Die im Wege der Nachbesserung eingebauten Ersatzteile lösen keine eigene neue Gewährleistungsfrist – wie etwa im Rahmen eines Reparaturvertrages – aus. Durch den Einbau werden die Ersatzteile eines vom Käufer erworbenen Kraftfahrzeuges als Sachgesamtheit angesehen und unterliegen damit der für das Kraftfahrzeug bestimmten Gewährleistung einschließlich der dafür geltenden Gewährleistungsfristen. 44 44 A.A. LG Zweibrücken VuR 1997, 281, 284; Wolf/Lindacher § 10 Nr. 11 Rn. 5; Reinking/Eggers Rn 552. 16 17 Text: Weist der angebotene Kaufgegenstand erhebliche Mängel auf, die nach Rüge während der Frist nach Ziffer 1 nicht innerhalb von 8 Tagen vollständig beseitigt werden, kann der Käufer die Abnahme ablehnen. Die Klausel benachteiligt den Kunden bereits deshalb nach § 9 AGBG unangemessen, weil der verwendete Begriff des erheblichen Mangels von dem gesetzlichen Begriff des Sachmangels im Sinne von § 459 BGB zum Nachteil des Käufers abweicht. Sachmangel im Sinne der §§ 459 ff BGB sind Fehler, die zur Aufhebung oder Minderung des Wertes oder der Gebrauchstauglichkeit der Kaufsache führen und auch das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft i. S. des § 459 Abs. 2 BGB. Das Vorliegen eines Sachmangels hängt grundsätzlich davon ab, ob die Minderung von Wert- oder Gebrauchstauglichkeit im Sinne von § 459 Abs. 1 Satz 1 BGB erheblich ist. Für das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft kommt es darauf aber nicht an, vor allem nicht darauf, ob es sich um eine wesentliche oder unwesentliche Eigenschaft handelt, die für den Wert- oder die Gebrauchstauglichkeit erheblich ist. Das Hessische Oberlandesgericht Zweibrücken hat in seiner Entscheidung vom 10.10.1979 (3 U 5/97) diese Klausel noch als wirksam erachtet, weil sie nicht eine Beweislaständerung im Sinne von § 11 Nr. 15 AGBG enthält und auch die Frist von 8 Tagen zur Mängelbeseitigung keine unangemessene Benachteiligung des Käufers darstellt. Die Frage, die der BGH seiner Entscheidung zugrunde legt, ob die Klausel wegen der Beschränkung auf erhebliche Mängel eine Einschränkung des Gewährleistungsrechts enthält, ist in der Entscheidung des OLG Zweibrücken nicht behandelt. c) Verzugsschaden/ Zinsen Die Verzugszinsklausel verstößt nicht gegen § 11 Nr. 5 AGB-Gesetz, wonach ein Verzugsschaden, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen pauschaliert, unzulässig ist, wenn er den üblichen Schaden übersteigt oder dem Verbraucher die Möglichkeit genommen wird, den Nachweis zu erbringen, dass ein geringerer oder gar kein Schaden entstanden ist 45 . Text: Verzugszinsen werden mit zwei Prozent p. a. über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank jeweils zuzüglich Umsatzsteuer berechnet. Sie sind höher oder niedriger anzusetzen, wenn der Verkäufer eine Belastung mit einem höheren Zinssatz oder der Käufer eine geringere Belastung nachweist. Ein Verzugsschaden von 2 % über dem Bundesbankdiskontsatz ist nach Ansicht des BGHs ein Schaden, der dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entspricht, weil Kraftfahrzeughändler in aller Regel mit Bankkrediten arbeiten. Der Vorbehalt des Nachweises eines geringeren Schadens ist in der Klausel ausdrücklich berücksichtigt. Die Klausel ist daher zulässig. d) Schriftformklausel Text: Liefertermine oder Lieferfristen, die verbindlich oder unverbindlich vereinbart werden können, sind schriftlich anzugeben. 45 BGH, Urteil v. 7.10.1981 a.a.O. 17 18 Die Schriftformklausel für Liefertermine ist wirksam und verstößt nicht gegen § 10 Nr. 1 AGB-Gesetz. Ob und inwieweit Individualabreden zu berücksichtigen sind, richtet sich nach § 4 AGB-Gesetz 46 (Vorrang der Individualabrede). Eine generelle Unwirksamkeit in Form einer unangemessenen Benachteiligung ist in einer Schriftformklausel nicht grundsätzlich zu sehen. Vielmehr kommt es auf die Ausgestaltung der Klausel im konkreten Fall an. Die hier streitgegenständliche Klausel befindet sich auf der Vorderseite des Bestellformulars unter der Unterschrift des Bestellers im Zusammenhang mit den Feldern, in denen angekreuzt wird, ob die Frist unverbindlich oder verbindlich sein soll. Bei dieser Vertragsgestaltung ist der Rechtsklarheit und Beweisbarkeit für individuell vereinbarte Lieferzeiten hinreichend genüge getan. Text: Sämtliche Vereinbarungen sind schriftlich niederzulegen. Dies gilt auch für Nebenabreden und Zusicherungen sowie für nachträgliche Vertragsänderungen. In einer Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2000 47 wird diese Klausel wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 AGBG für unwirksam erklärt. Danach kann der Eindruck erweckt werden, das Formerfordernis sei eine zwingende Voraussetzung, um eine rechtswirksame Vereinbarung herbeizuführen. Die Unangemessenheit der Klausel entfällt nicht dadurch, dass die Einhaltung der Schriftform den berechtigten Interessen beider Parteien dient, indem sie für Rechtssicherheit sorgt. e) Lieferfristklauseln Die Lieferverzugsklausel, wonach eine Nachfrist von sechs Wochen einzuräumen ist, bevor der Käufer den Verkäufer in Verzug setzen kann, hält der BGH im Jahr 1981 für wirksam 48 . Text: Der Käufer kann sechs Wochen nach Überschreitung eines unverbindlichen Liefertermins oder einer unverbindlichen Lieferzeit den Verkäufer schriftlich auffordern, binnen angemessener Frist zu liefern. Mit dieser Mahnung kommt der Verkäufer in Verzug. Ein Verstoß gegen § 10 Nr. 1 AGBG wegen nicht hinreichend bestimmter oder zu langer Lieferfristvereinbarung liegt nicht vor. Bei der Prüfung der Frage, ob diese Nachfrist unangemessen lang ist, sind die Besonderheiten des Kraftfahrzeughandels zu berücksichtigen. Der Händler bestellt den gewünschten Wagen bei dem Hersteller unter Angabe der besonderen Ausstattungswünsche des Käufers. Es entspricht dem Interesse des Käufers, dass das Kraftfahrzeug von vornherein in der gewünschten Ausstattung hergestellt wird. Angesichts des breit gefächerten Angebotes verschiedenartigster Ausstattungen ist es unvermeidlich, dass je nach Liefermöglichkeiten der Zulieferanten des Herstellers Verzögerungen in der Fertigstellung des Kraftfahrzeuges eintreten. Das nimmt der Käufer, wenn er sich mit einer unverbindlichen Lieferfrist einverstanden erklärt, hin. Eine Frist von sechs Wochen, die dem Verkäufer nach Ablauf der Lieferfrist zur Erbringung seiner Leistung noch verbleibt, ohne in Verzug geraten , erscheint dem Senat bei den Besonderheiten des Kraftfahrzeughandels nicht unangemessen lang. In einer weiteren Entscheidung zu Kraftfahrzeughandelsverträgen vom 27. September 2000 modifiziert und differenziert der 8. Zivilsenat diese Rechtsprechung teilweise. 46 Jetzt § 305 b BGB. BGH, Urteil v. 27.9.2000, VIII ZR 155/99, NJW 2001, 212 (57 Seiten). 48 BGH, Urteil v. 7.10.1981 a.a.O. 47 18 19 Text: Der Käufer kann sechs Wochen nach Überschreitung eines unverbindlichen Liefertermins oder einer unverbindlichen Lieferfrist den Verkäufer schriftlich auffordern, binnen angemessener Frist zu Liefern, mit dem Hinweis, dass er die Abnahme des Kaufgegenstandes nach Ablauf der First ablehne. Mit Zugang der Aufforderung kommt der Verkäufer in Verzug. Der BGH 49 sieht darin einen Verstoß gegen § 9 AGBG, weil für den Eintritt des Verzugs eine Ablehnungsandrohung in der Fristsetzung nicht erforderlich ist. Nur für die Geltendmachung sogenannter Sekundärrechte bei Lieferverzug wie Rücktritt oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung ist eine Ablehnungsandrohung als gesetzlicher Regelfall vorgesehen. f) Haftungsbegrenzung Die Haftungsbegrenzung wegen Unmöglichkeit der Vertragserfüllung erklärt der BGH 50 für unwirksam. Text: Wird dem Verkäufer, während er im Verzug ist, Lieferung durch Zufall unmöglich, so haftet er gleichwohl nach Maßgabe der Absätze 1 und 2, es sei denn, dass der Schaden auch bei rechtzeitiger Lieferung eingetreten sein würde. Die Klausel ist unwirksam gemäß § 9 AGBG, weil die hier in Bezug genommene Haftungsregelung gemäß Abs. 1 und 2 einen Ersatzanspruch in Höhe von 10 % des Kaufpreises vorsieht. Die Klausel enthält insoweit eine Freizeichnung für über die Höchstgrenze von 10 % des Kaufpreises hinausgehende Verzögerungsschäden. Selbst die Grenze von 10 % des Kaufpreises ist unangemessen, weil zu den Verzögerungsschäden auch Kosten für die Inanspruchnahme eines Mietwagens gehören können, die bei einer Verzögerung von einem Monat bereits höher sind als 10 % des durchschnittlichen Neuwagenpreises. Die Inanspruchnahme eines Mietwagens für einen Monat ist aber nahe liegend, wenn der Käufer wegen des Lieferverzugs vom Vertrag zurücktritt und wiederum einen Neuwagen mit entsprechend langer Lieferfrist bestellt. In seiner Entscheidung vom 27.09.2000 51 Haftungsbegrenzungsklauseln behandelt hat der BGH zwei weitere Text: Bei leichter Fahrlässigkeit haftet er beschränkt. Die Haftung besteht nur, soweit der Schaden Leistungen von Versicherungen übersteigt und Drittschaden nicht im Rahmen des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter ersetzt wird. Die Haftung beschränkt sich dabei der Höhe nach auf die jeweiligen Mindestversicherungssummen nach dem Gesetz über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter. Nicht ersetzt werden jedoch Wertminderung des Kaufgegenstandes, entgangene Nutzung, insbesondere Mietwagenkosten, entgangener Gewinn, Abschleppkosten, Wageninhalt sowie Ladung. 49 a.a.O. FN 21. BGH, Urteil v. 27.9.2000, VIII ZR 155/99, NJW 2001, 292. 51 BGH, Urteil v. 27.9.2000, VIII ZR 155/99, NJW 2001, 292. 50 19 20 Die Haftungsbeschränkung ist als Verstoß gegen § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG unwirksam, weil dabei nicht zwischen Hauptpflichten und untergeordneten Pflichten unterschieden wird und somit auch Kardinalpflichten des Verwenders erfasst werden. Fraglich ist schließlich auch, ob der Ausschluss der Haftung, soweit der Schaden Leistungen von Versicherungen übersteigt, auch für solche Versicherungsleistungen gilt, die dem Ersatzpflichtigen regelmäßig zugute kommen, nach den Grundsätzen über den Vorteilsausgleich. Unklar ist auch, in welchem Umfang der Kunde Versicherungsleistungen im Zusammenhang mit dem Schadensereignis einfordern muss, bevor er den Verwender in Anspruch nehmen kann. Der Ausschluss der Schäden für Wertminderung, entgangene Nutzung, Wageninhalt und Ladung trifft darüber hinaus typischerweise solche Schäden, die Folge von schuldhafter Verletzung vertragswesentlicher Pflichten des Verkäufers sind und daher zu den kaufrechtlichen Kardinalpflichten gehören. Dafür kann der Verkäufer seine Haftung nicht formularmäßig ausschließen oder begrenzen. 52 3. Auswertung und Zusammenfassung Der BGH hat einen völligen Gewährleistungsausschluss im Gebrauchtwagenhandel grundsätzlich akzeptiert und damit seine Rechtsprechung aus der Zeit vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes auch für die Zeit nach Einführung der Generalklausel in § 9 AGBG beibehalten. Dieser Gewährleistungsausschluss sollte als Ausdruck wirtschaftlicher Vernunft verstanden werden. Begründet wird dies vor allem damit, dass der Käufer eines Gebrauchtwagens ausreichend Möglichkeiten hat, sich gegenüber dem Verkäufer auf vielfältige Weise vor einer Übervorteilung zu schützen, indem er den Wagen Probe fährt, um eine Diagnose auf eigene Kosten bittet und darauf achtet, dass ihm wichtig erscheinende Angaben des Verkäufers zum Zustand des Fahrzeuges in den schriftlichen Vertrag aufgenommen werden. Der BGH legt seiner Entscheidung ein Verbraucherleitbild zugrunde, das über den mündigen Verbraucher hinausgeht. Einfluss auf die Vertragsgestaltung zur Sicherung seiner Rechte bei Mangelhaftigkeit des Gebrauchtwagens hat ein Verbraucher nur, wenn er in diesen Rechtsbereichen kundig ist und verhandlungssicher auftreten kann. Nach der Schuldrechtsreform von 2002 ist das Gewährleistungsrecht in Bezug auf Verbraucherverträge nur noch insoweit eingeschränkt dispositiv, als gemäß § 475 Abs. 1 BGB i. V. m. § 437 BGB das Gewährleistungsrecht des Verbrauchers weder für Neuwagen, noch für den Kauf von Gebrauchtwagen ausgeschlossen werden kann. Zulässig ist lediglich eine Verkürzung der Verjährungsfrist für den Gewährleistungsanspruch beim Gebrauchtwagenkauf gemäß § 475 Abs. 2 i. V. m. § 438 BGB auf mindestens ein Jahr. Wenn damit vielleicht das erste Verbandsklageverfahren zum Bereich des Kraftfahrzeughandels für den VSV ein Fehlschlag war 53 , so ist doch nicht zu übersehen, dass dieser Fehlschlag nicht folgenlos geblieben ist. Durchgehend unzulässig sind Klauseln zur Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens. Hierfür gilt die Grundaussage des BGH, wonach der Preis des in Zahlung gegebenen Fahrzeuges individuell ausgehandelt und nachträglich nicht verändert werden dürfe. Damit sichert er den in Zahlung gebenden Gebrauchtwagenkäufer vor Inanspruchnahme aus §§ 364, 365 BGB. Im Neuwagenhandel stehen Regelungsbereiche im Preisänderungsrecht, Liefervereinbarungen und Gewährleistungsrechte im Vordergrund. Preisänderungsvorbehalte und Lieferfristen 52 BGH, Urteil v. 29.10.1975, VIII ZR 103 / 74 = NJW 1976, 234, 235; BGH, Urteil v. 20.11.1996, VIII ZR 184/95, NJW 1997, 727; Reinking Eggert, Rn 875; Wolf/ Horn/ Lindacher § 9 Rn 14. 53 Hensen a.a.O, (FN 1), S. 1142. 20 21 waren entsprechend der damaligen Marktsituation mit sehr langen Lieferfristen für bestimmte Automarken für Kfz- Händler von zentraler Bedeutung: Mit Preisänderungsvorbehalten sollten gestiegene Kosten zwischen Vertragsabschluss und Auslieferung aufgefangen werden. Lieferfristklauseln sollten die Möglichkeit zur Vertragsauflösung durch den Käufer einschränken. Für beide Bereiche hat der BGH enge Grenzen gesetzt. Bei Lieferfristen bis zu vier Monaten werden Preiserhöhungen gleich aus welchem Rechtsgrund ausgeschlossen. Für Verträge mit längeren Lieferfristen sind Preiserhöhungen im Grundsatz zulässig, aber nur aufgrund gestiegener Kosten, die in der Klausel anzugeben sind und unter Einräumung eines Rücktrittsrechts des Vertragspartners. Diese Grundsätze hat der BGH in der Folgezeit auf Preisänderungsklauseln in nahezu allen Bereichen übernommen. Soweit kommt den Entscheidungen zum Kfz-Handel die Funktion einer Grundsatzentscheidung zu. Die Gewährleistungsklauseln enthalten den Versuch, die gesetzlichen Rechte des Kfz-Käufers punktuell zu beschränken. Durch Bezugnahme auf den „Stand der Technik“ , die Regelung von Formalien (schriftlich anzuzeigen) und Modifikationen der damals sechsmonatigen Verjährungsfrist. Zwar haben gesetzliche Gewährleistungsrechte des Käufers im Neuwagenhandel wegen der meist weit darüber hinaus gehenden Herstellergarantie eine eher untergeordnete Bedeutung. Sie setzen allerdings die Mindeststandards, die auch in den Garantiebedingungen nicht unterschritten werden können. Derartigen Versuchen erteilte der BGH mit den zwei grundlegenden Entscheidungen aus dem Jahre 1981 und erneut im Jahre 2000 eine Absage. III. Allgemeine Geschäftsbedingungen des Möbelhandels Bereits kurz nach Inkrafttreten des AGB-Gesetzes haben die Verbraucherverbände damit begonnen, die Vertragsklauseln in den Kaufverträgen über neue Möbel zu überprüfen. Gründe hierfür sind, dass Möbel zu den höherwertigen Konsumgütern gehören und damit die AGB, insbesondere zu Lieferfristen, Leistungsänderungen und Gewährleistung, für Verbraucher von besonderer Bedeutung sind. Außerdem wurde sehr bald festgestellt, dass die Möbelkaufverträge häufig eine Vielzahl bedenklicher Klauseln enthielten. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 26. Mai 1983 54 enthält 22 Klauseln. Im Urteil des OLG Celle vom 17.7.1985 55 werden 36 Klauseln behandelt. Von vier bis zum BGH betriebenen Verfahren betreffen eines fünf Klauseln 56 und ein weiteres 7 Klauseln 57 , zwei weitere je eine Klausel 58 .In den 14 OLG-Verfahren dieser Untersuchung sind in neun Verfahren weniger als fünf Klauseln streitig, in zwei Verfahren bis zu zehn Klauseln und in zwei weiteren mehr als 20 Klauseln. In der Statistik zur Anzahl der Abmahnungen und Klageverfahren nimmt die Möbelbranche von den in dieser Studie untersuchten Branchen aber eher einen Mittelplatz ein. Zwischen 1980 und 2000 hat der VSV 321 Abmahnungen an Möbelhändler verschickt und davon in 59 Fällen die Gerichte angerufen 59 . Der zahlenmäßige Schwerpunkt liegt im Jahre 1983 (32 Abmahnungen). Weder die Anzahl der Abmahnungen noch der Klageverfahren enthält eine Aussage zur Anzahl der unwirksamen Klauseln. Immerhin ist festzustellen, dass die Gerichte 54 6 U 109/82 ZIP 1983, 1213. 3 U 157/84. 56 BGH, Urteil v. 15.2.1995, VIII ZR 93/94, NJW 1995, 1488. 57 BGH, Urteil v. 31.10.1984, VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320. 58 BGH, Urteil v. 1.3. 1982, VIII ZR 63/81, NJW 1982, 1388; BGH, Urteil v. 26.5.1986, VIII ZR 229/85. 59 Jahresberichte des VSV 1980 bis 2000. 55 21 22 eine Vielzahl von Klauselgestaltungen für unwirksam erklärt haben. Ein Beispiel hierfür ist die Entscheidung des OLG Frankfurt 60 in Sachen VSV gegen Möbel Franz: Von 21 Klauseln werden 20 für unwirksam erklärt. Vor dem BGH hat die Beklagte mit ihrer Revision zu fünf Klauseln Erfolg, für weitere drei Klauseln schränkt der BGH den Unterlassungstenor ein. Im Möbelhandel besteht offenbar vor allem ein Bedürfnis zur Regelung der Bereiche • Lieferfrist / Lieferverzug , • Schadensersatz/ Gewährleistung, • Wertminderung und Rückgabe gekaufter Gegenstände Die Entwicklung der Rechtsprechung in diesen drei Bereichen ist uneinheitlich verlaufen und letztlich erst durch obergerichtliche und höchstrichterliche Entscheidung abschließend geklärt worden. 1. Lieferfristen / Lieferverzug Text: Sollte die Verkäuferin diesen Termin gleichwohl um mehr als 14 Tage überschreiten, so ist der Käufer berechtigt, eine Nachfrist von einem Monat zu setzen und nach fruchtlosem Ablauf vom Vertrag zurückzutreten. Wegen dieser Klausel hatte die Beklagte zunächst gegen das Urteil des Landgerichts Berlin 61 Berufung eingelegt. Das Landgericht hatte die Klausel als Verstoß gegen § 10 Nr. 2 AGBG wegen einer unangemessen langen Nachfrist untersagt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Kammergericht wurde die Berufung zurückgenommen. Text: Die Verkäuferin ist bemüht, zum vereinbarten Abnahmetermin zu leisten. Das Kammergericht 62 sieht darin keinen Verstoß gegen § 10 Nr. 1 AGBG, weil die Klausel lediglich eine Absichtserklärung der Beklagten darstelle. Der Senat vermag nicht zu erkennen, welchen Sinn eine derartige Erklärung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen habe. Text: Nach Ablauf der vereinbarten Lieferfrist ist der Käufer berechtigt uns schriftlich eine vierwöchige Nachfrist - beginnend vom Tag der schriftlichen Inverzugsetzung durch den Käufer – zur Lieferung zu setzen und bei Nichteinhaltung dieser Frist vom Vertrag zurückzutreten. Die Klausel verstößt gegen § 10 Nr. 2 AGBG, da die Nachfrist von einem Monat zu lang ist. 63 Text: Gerät die Verkäuferin in Lieferverzug, ist dieser schriftlich unter Ankündigung der Geltendmachung dem Käufer für den Fall des Fristablaufs zustehenden Rechte, eine Nachfrist von mindestens 6 Wochen zu setzen. 60 OLG Frankfurt/M. v. 26.5.1983 – 6 U 109/82 ZIP 1983, 1213. LG Berlin 26 o 374/78 v. 14.12.1978. 62 KG v. 11.3.1981- 23 U 5052/80. 63 KG v.4.7. 1979 – 23 U 624 / 79. 61 22 23 Die Nachfrist ist unangemessen lang. Die Klausel verstößt gegen § 10 Nr. 2 AGBG. 64 Text: Bei Lieferschwierigkeiten soll die Verkäuferin den Liefertermin vereinbarungsgemäß bis längstens drei Wochen überschreiten dürfen, bevor der Käufer die Verkäuferin in Verzug setzt und eine ausreichende Nachfrist unter Ablehnungsandrohung vornimmt. Diese Klausel verstößt nicht gegen § 10 Nr. 1 AGBG, da sich darin die Beklagte keine unangemessen lange Frist zur Erbringung ihrer Leistung vorbehält.65 Die Besonderheiten des Möbelhandels rechtfertigen eine Nachleistungsfrist von drei Wochen. Ein Verstoß gegen § 10 Nr. 2 AGBG liegt nicht vor, da sich die Beklagte nicht eine „Nachfrist“ von unangemessener Länge vorbehält. Im Hinblick auf die Nachleistungsfrist kann die Nachfrist entsprechend kurz sein. Text: Bei Lieferschwierigkeiten aller Art verlängert sich die Lieferfrist bis zu sechzig Tagen.“ Die Klausel erfüllt den Tatbestand des § 10 Nr. 1 AGBG, weil sich der Verwender eine unangemessen lange Nachfrist vorbehält 66 . Text: Kommt die Firma von Berg mit Lieferung der Ware in Verzug, so ist der Käufer berechtigt, eine Nachfrist von vier Wochen zu setzen. Die Klausel ist wegen Verstoßes gegen § 10 Nr. 2 AGBG unwirksam. Die Nachfrist ist unangemessen lang 67 2. Annahmeverzug des Käufers Für Möbelkaufverträge typisch sind Klauseln mit Regelungen zu Ersatzansprüchen des Verkäufers bei Nichtabnahme der gekauften Möbel. Text: Die Lagerung der gekauften Möbel wird nach Ablauf des vereinbarten Liefertermins auf Gefahr des Käufers einen Monat lang kostenlos übernommen. Die Klausel ist unzulässig und verstößt gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG i. V. m. § 324 BGB a. F. 68 Nach der gesetzlichen Regelung trägt bei Annahmeverzug der Käufer das Risiko, dass die Gegenstände ohne Verschulden beschädigt werden. Der Käufer hat also auch dann den Kaufpreis zu zahlen, wenn die Gegenstände beschädigt oder gar nicht geliefert werden können, allerdings nur, wenn den Verkäufer nicht ein Verschulden an der Beschädigung bzw. am Untergang der Sache trifft. Bei fahrlässiger oder vorsätzlicher Beschädigung der Kaufsache ist der Käufer von seiner Zahlungsverpflichtung selbst dann frei, wenn er sich in Annahmeverzug befunden hat. Die Klausel macht nicht hinreichend deutlich, dass sie nur die Fälle des unverschuldeten Unterganges der Kaufsache betrifft. 64 OLG Celle vom 17.7.1985 – 3 U 157/84. OLG Bamberg v.25.5.1983- 3 U 269/82. 66 OLG Hamm vom 04.03.1983 – 20 U 358/ 82. 67 OLG Zweibrücken vom 02.07.1990 – 4 U 22/90. 68 BGH, Urteil v. 31.10.2984, VII ZR 226/83, NJW 1985, 326. 65 23 24 Text: Die Abnahme der gekauften Ware durch den Käufer muss spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Liefertermin erfolgen. Danach können vom Verkäufer monatlich 2 % des Kaufpreises als Lagergeld verlangt werden. Die Klausel verstößt gegen § 11 Nr. 5 a AGBG. 69 Pauschalierte Schadensersatzansprüche sind in AGB nur zulässig, wenn sich die Pauschale am branchentypischen Durchschnitt orientiert. Die vorgesehene Pauschale ist abhängig vom Kaufpreis, der mit etwaigen Lagerkosten nichts zu tun hat. Die Entscheidung enthält eine nicht unumstrittene Rechtsansicht. Das OLG Celle 70 hat eine einprozentige Lagerkostenpauschale für üblich und deshalb für zulässig erklärt. Text: Bei Annahmeverzug des Käufers ist die Verkäuferin nach einer angemessenen Nachfristsetzung verbunden mit einer Ablehnungsandrohung berechtigt, Schadensersatz in Höhe von 25% der Kaufpreissumme des Bestellscheins zu verlangen. Die Klausel verstößt nicht gegen § 9 Abs. 1 AGBG und auch nicht gegen § 11 Nr. 5b AGBG und ist zulässig. 71 Sie bezieht sich erkennbar nur auf den Fall, dass der Kunde mit der Abnahme der Möbelgegenstände in Verzug gerät und der Gesamtkaufpreis deshalb nicht bezahlt wird. Hervorzuheben ist, dass bei Anwendung der vorstehenden Klausel jeweils 25 % des noch ausstehenden Kaufpreises verlangt werden. Im Übrigen hat sich im Möbelhandel als Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages eine Pauschale von 25 % des Kaufpreises als üblich herausgebildet. Der BGH 72 hält diese Pauschale für angemessen. Darüber hinaus gehende Pauschalen dürften gegen § 11 Nr. 5a AGBG verstoßen. Text: Nimmt der Käufer die Ware nicht ab, ist die Firma bei Vorliegen der Verzugsvoraussetzungen berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Höhe von 20 % des Verkaufspreises zu verlangen. Die Geltendmachung eines nachweislich höheren Schadens bleibt vorbehalten. Die Klausel ist zwar nicht wegen der Höhe der geregelten Pauschale von 20 % des Verkaufspreises unwirksam, wohl aber wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 4 AGBG 73 . Danach darf der Verwender in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht von der gesetzlichen Obliegenheit freigestellt werden, den anderen Vertragsteil zu mahnen oder ihm eine Nachfrist zu setzen. Die hier geregelte Schadenspauschalierung bezieht sich auf Fälle des Abnahmeverzuges und stellt den Verwender von der gesetzlichen Obliegenheit einer Nachfristsetzung frei. 3. Leistungsänderungsvorbehalte Zu den strittigen Klauseln des Möbelhandels gehören solche, die dem Verkäufer das Recht einräumen, Abweichungen der gelieferten Ware von der vertraglich vorgesehenen Ausstattung noch als vertragsgemäße Leistung zu bezeichnen. Typisch hierfür ist folgende Klausel: 69 LG Karlsruhe Bunte AGBG E Bd. I § 11 Nr. 30. Bunte AGBG E Bd. IV § 9 Nr. 133. 71 BGH NJW 1985, 320, 326. 72 BGH NJW 1985, 320. 73 BGH NJW 1985, 320. 70 24 25 Text: Abweichungen in Struktur und Farbe gegenüber dem Ausstellungsstück bleiben vorbehalten, soweit diese in der Natur der verwendeten Materialien liegen (Massivhölzer, Furniere, Natursteinplatten, Leder, textile Produkte) und handelsüblich sind. Der BGH 74 hält diese Klausel für zulässig, weil sie gegenüber einem unzulässigen Vorbehalt in dreifacher Hinsicht Einschränkungen enthält, nämlich durch die Art der Abweichung (Struktur und Farbe), ihre Ursache (materialbedingte Abweichungen) und das Ausmaß (handelsüblich). Damit sei gewährleistet, dass nur solche Abweichungen vorgenommen werden können, die für den Kunden zumutbar sind. Die völlige Übereinstimmung von Muster und gelieferter Ware ist oftmals nicht möglich, sodass der Kunde ohnehin nach Treu und Glauben geringe Änderungen hinnehmen muss. In der Klausel wird eine Risikoverlagerung vorgenommen. Der Käufer muss einerseits nachweisen und beurteilen, ob die Abweichung einer gelieferten Ware von einem Ausstellungsstück den mit der Klausel geregelten Bedingungen entspricht und insoweit als Vertragserfüllung hinzunehmen ist. Er muss außerdem bei besonderem Interesse an einer vollständigen Übereinstimmung zwischen Ausstellungsstück und Vertragsgegenstand eine entsprechende ausdrückliche Vereinbarung im Vertrag festhalten. Ob diese Risikoverlagerung unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes noch als angemessene Interessenabwägung zu bewerten ist, bedürfte näherer Untersuchung. 75 4. Wertminderungs- und Gebrauchsüberlassungspauschale Branchentypisch und nahezu in allen Möbelkaufverträgen enthalten ist folgende Klausel: Text Für die Vergütung von Gebrauchsüberlassung sollen die von der Industrie- und Handelskammer festgesetzten Wertsätze gelten, und zwar bei Rückgabe von • Polsterwaren 35 % 45 % 60 % 70 % 80 % 90 % innerhalb des 1. Halbjahres innerhalb des 2. Halbjahres innerhalb des 3. Halbjahres innerhalb des 4. Halbjahres innerhalb des 3. Jahres innerhalb des 4. Jahres. • Bei sonstigen Möbeln und Zimmern 25% 35% 45 % 55 % 60 % 70 % innerhalb des 1. Halbjahres innerhalb des 2. Halbjahres innerhalb des 3. Halbjahres innerhalb des 4. Halbjahres innerhalb des 3. Jahres innerhalb des 4. Jahres. Diese Klausel enthält eine unzulässige Pauschale für die Gebrauchsüberlassung und ist als Verstoß gegen § 11 Nr. 5a AGBG unwirksam. Die als Vorlage genutzten Pauschalsätze der Industrie- und Handelskammer Berlin sind als Ausgleich für die Gebrauchsüberlassung und eine inzwischen eingetretene Wertminderung entwickelt worden. Mit der Klausel wird allein 74 75 BGH v. 11.03.1987- VIII ZR 203/86, NJW 1987, 1886. BGH NJW 1987, 1886. 25 26 der Ausgleich einer Vergütung für die Gebrauchsüberlassung mit den gleichen Prozentsätzen versehen. 76 Die Rechtsprechung geht teilweise darüber hinaus und hält diese Pauschalsätze auch dann für unangemessen, wenn sie als Vergütung für Gebrauchsüberlassung und Wertminderung vorgesehen werden. 77 Text: Bei Rückgabe von Teppichen, Matratzen, Gardinen und Bettwäsche wird der Verkehrswert, höchstens 10 % vergütet, da diese nur bedingt zu gebrauchen sind. Die Regelung ist nach Ansicht des BGH nicht zu beanstanden, wenn die Klauselbestandteile „Teppiche“ und „höchstens 10%“ entfallen78 . Die Beklagte hatte ihre Revision mit dieser Maßgabe beschränkt und das Berufungsurteil wegen dieser Klauselbestandteile nicht angegriffen. Der BGH sieht in der Klausel eine Abweichung von § 2 Abs. 1 S. 2 AbzG (in der damaligen Fassung) auch ohne die in der Revision entfallenen Klauselteile und untersagt die Verwendung nur für Verträge, die dem Abzahlungsgesetz unterliegen. Bei Barzahlungsgeschäften, für die das AbzG nicht gilt, ist eine Regelung des Inhalts, dass der Käufer im Falle des Rücktritts den Kaufpreis nur in Höhe des Verkehrswerts der Sache zurückerhält, nicht zu beanstanden. Enthält die Klausel keine Beschränkung auf einen bestimmten Prozentsatz des Verkehrswerts, entfallen auch Bedenken wegen einer fehlenden Differenzierung nach der Art der Kaufgegenstände. In dieser Entscheidung nimmt der BGH sodann Stellung zur Frage der geltungserhaltenden Reduktion, die nicht vorliege, weil es nicht um die Aufrechterhaltung der Klausel gehe, sondern um das vollständige und ersatzlose Entfallen einzelner Klauselbestandteile79 5. Bestätigung zu Maßangaben In einer Entscheidung vom 26.5.1986 erklärt der BGH 80 eine Klausel für unwirksam, die im Möbelhandel erhebliche Auswirkungen für die Rechte des Käufers hat. Im Kern geht es um die Verantwortung für aufgenommene Maßangaben in einer Skizze zur Montage gekaufter Möbel: Text: Mit der unten stehenden Unterschrift bestätigt der Kunde die Richtigkeit der Skizze sowie alle Maßangaben, der Verkäufer, dass die Maßangaben am Montageort nachgemessen und für richtig befunden wurden. Die Klausel ist als Beweislast ändernde Tatsachenbestätigung gemäß § 11 Nr. 15 b) AGBG unwirksam. Von der Richtigkeit der Maßangaben hängt die Vertragsmäßigkeit der Lieferung entscheidend ab. Gegenstand der Verträge sind nicht nur die bestellten Möbelstücke, sondern auch, dass diese in ihren Maßen mit den räumlichen Gegebenheiten übereinstimmen. Ist dies nicht der Fall, weil die Maße der Räume oder der Möbel falsch in die Skizze eingetragen wurden, so ist die Lieferung nicht vertragsgemäß. Verweigert der Kunde die Abnahme, so müsste ohne Klausel der Verwender die Richtigkeit der Skizze und der Maße beweisen. Mit der Klausel verschafft er sich ein Beweismittel bis der Kunde die Unrichtigkeit bewiesen hat. 76 BGH vom 31.10.1984 -VIII ZR 226/83, NJW 1985, 326. OLG Celle vom 03.06.1980, 17 U 37 / 79. 78 BGH, Urteil v. 31.10.1984, VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320. 79 unter Verweis auf Urteil v. 7.6.1982 –VIII ZR 139/81 WM 1982,869 und v. 19.9.1983- VIII ZR 84/82 WM 1983, 1153; BGHZ 84, 109, 114 ff. 80 BGH, Urteil v. 26.5.1986, VIII ZR 229/85, IBRRS 59053. 77 26 27 6. Rücktrittvorbehalt des Verkäufers Zu den Klauseln mit einem Rücktrittsvorbehalt des Verkäufers entscheidet der BGH 81 unter Differenzierung der Rücktrittsgründe. Text: Der Verkäufer kann in schriftlicher Erklärung vom Vertrag zurücktreten , wenn der Käufer unrichtige oder unvollständige Angaben über seine Person, oder die seine Kreditwürdigkeit bedingenden Tatsachen gemacht hat. Die Klausel enthält einen Verstoß gegen § 10 Nr. 3 AGBG (Rücktritt ohne sachlichen Grund) soweit dem Verkäufer ein Rücktrittsrecht ohne Einschränkungen für den Fall zugestanden wird, dass der Käufer unrichtige Angaben über seine Person gemacht hat. Kein Verstoß gegen § 10 Nr. 3 AGB bei unrichtigen Angaben, die die Kreditwürdigkeit bedingen, wenn es um Abzahlungsgeschäfte geht. Mit diesem eingeschränkten Verbotstenor wird die Klausel für unwirksam erklärt. 7. Gewährleistungsregelungen Text: Der Käufer kann an die bestellten Waren qualitativ Ansprüche nur in einer Höhe stellen, wie sie billiger Weise oder handelsüblich bei Waren in der Preislage bestellten, gestellt werden können. Die Klausel verstößt nicht gegen § 9 AGBG i. V. m. §§ 243, 459 a. F. BGB. 82 Die Vorinstanz 83 hatte die Klausel untersagt. Der BGH sieht in der Klausel nicht nur eine Regelung der Warenbeschaffenheit in Relation zum Preis, sondern auch nach den Maßstäben der Billigkeit und der Handelsüblichkeit. Diese Maßstäbe haben sich an den gesetzlichen Wertungen der §§ 243 Abs. 1, 459 BGB a. F. auszurichten. Der Billigkeit ebenso wie der Handelsüblichkeit entspreche es, bei Sonderangeboten oder Räumungskäufen die berechtigten Qualitätsansprüche des Kunden nicht nur an einem günstigen Preis auszurichten, insbesondere, wenn trotz des günstigen Preises die gute Qualität in der Werbung herausgestellt wird. Der Kunde wird unter Verweis auf die Werbung seine Rechte geltend machen, wenn die Ware diesen Angaben nicht genügt. Vermerk: Die Entscheidung greift der Schuldrechtsreform zum Fehlerbegriff voraus unter Einbeziehung der Werbeaussagen, liegt aber quer zur damaligen Rechtslage, wonach Werbung keine Zusicherung darstellt. 8. Auswertung und Zusammenfassung Zentrale Bereiche in den Geschäftsbedingungen der Möbelkaufverträge betreffen Nachfristen bei Lieferverzug, Rechtsfolgen einer Nichtabnahme durch den Käufer und Gewährleistungseinschränkungen. Das in § 10 Nr. 2 AGBG geregelte Verbot unangemessen langer Nachfristen wird von der Rechtsprechung für den Möbelhandel dahin konkretisiert, dass Nachfristen von mehr als 4 Wochen in jedem Fall unangemessen sind. Dem entspricht, dass auch die anstelle einer 81 BGH, Urteil v. 31.10.1984, VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320. BGH, Urteil v. 31.10.10984, VIII ZR 226/83. NJW 1985, 320. 83 OLG Frankfurt v. 26.5.1983, ZIP 1983, 1213. 82 27 28 Nachfrist geregelte Nachlieferungsfrist bei Überschreiten eines unverbindlichen Liefertermins mit drei Wochen noch als angemessen angesehen wird. Diese Regelung ist angelehnt an eine vergleichbare Regelung im Kfz-Neuwagenhandel. Bei Nichtabnahme der Möbel durch den Käufer werden vor allem Abstandszahlungen geregelt, die nach Auffassung des BGH mit 25 % des Kaufpreises angemessen sind. Dagegen haben die Vereinbarung von Lagergeld, Haftungsfreizeichnungen bei Annahmeverzug durch den Käufer und pauschalierte Wertminderungssätze in der Rechtsprechung keinen Bestand. Erfolglos bleiben die Versuche, Gewährleistungseinschränkungen durch Klauseln in denen auf „handelsübliche Abweichungen“ oder „handelsübliche Qualität“ verwiesen wird, zu verhindern. Diese in der Entscheidung des BGH von 1987 84 erstmals höchstrichterlich gebilligten Klauseln sind auch in der Literatur auf Kritik gestoßen85 , haben aber bis heute Bestand. Einschränkungen gelten lediglich für unrichtige Maßangaben. IV. A. Allgemeine Geschäftsbedingungen der Pauschalreiseverträge Frühzeitig nach Inkrafttreten des AGB-Gesetzes haben die Verbraucherverbände einen Schwerpunkt ihrer Abmahn- und Klagetätigkeit in der Prüfung der Geschäftsbedingungen für Pauschalreiseverträge gesehen. In der Zeit von November 1979 bis Dezember 1991 hat der Verbraucherschutzverein 188 Abmahnverfahren 86 durchgeführt. Anlass für einen Schwerpunkt im Bereich der Pauschalreiseverträge, war das Inkrafttreten des Gesetzes über den Reisevertrag am 01.10.1979 87 . Unklarheiten und Unsicherheiten bei der Anwendung und Auslegung des damals neuen Reisevertragsrechts sollten einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden. Hinzukommt, dass die Reise als unkörperliche Leistung erst nach ihrer Durchführung auf Vertragsgemäßheit und Mangelfreiheit überprüft werden kann. Der Verbraucher hat aber den Reisepreis vor Beginn der Reise vollständig auszugleichen. Reiseveranstalter sind versucht, sich durch umfangreiche Regelungen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor den Unwägbarkeiten der Reise und damit ihrer Vertragserfüllung zu schützen. Dabei bleiben die Interessen der Reisekunden teilweise unberücksichtigt. Auch dies war ein Anlass für die Verbraucherverbände, eine gezielte Überprüfung der Reise-AGB durchzuführen. Vor diesem Hintergrund begann der VSV am 28.11.1979 eine planmäßige Überprüfung der Reise-AGB. Die Planmäßigkeit ist daran abzulesen, dass vier marktstarke Reiseunternehmen 88 abgemahnt und zum Teil verklagt wurden. Bis 1991 wurden bereits 45 Gerichtsverfahren eingeleitet. Insgesamt weisen die Jahresberichte des VSV von 1980 bis 2000 eine Anzahl von 418 Abmahnungen und 62 Klageverfahren aus. Der zahlenmäßige Schwerpunkt der Abmahnungen liegt in den Jahren 1987 (52 Abmahnung.) und 1988 (63 Abmahnung.). Das Verfahren, das mit Abstand die größte Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und in der Fachöffentlichkeit gefunden hat, betrifft die Reisebedingungen in der Konditionenempfehlung des Deutschen Reisebüroverbandes 89 . 84 BGH NJW 1987, 1886. Hensen in Ulmer/Brander/Hensen AGBG , 7. Aufl., Anhang §§ 9 – 11, Rn 442. 86 Tätigkeitsberichte des VSV 1979 bis 1991 und Verfasser in Verklagen oder Verhandeln? S. 80. 87 Gesetz v. 04.05.1979 BGBl I S. 509. 88 TUI, NUR Tjaerborg,Allkauf, IST; vgl. Heller/Tonner, Reiserecht in Europa S. 13. 89 BGH, Urteil v. 12.03.1978, VII ZR 37/86, NJW 1987, 1931. 85 28 29 Der Auswertung der Untersuchung liegen die folgenden fünf Regelungsbereiche in Allgemeinen Reisebedingungen zugrunde. • • • • • • Zahlungsklauseln Preisänderungsklauseln Leistungsänderungsklauseln Haftungsklauseln Gewährleistungsklauseln Rücktrittsrecht des Reiseveranstalters. 1. Zahlungsklauseln: Zu den Zahlungsklauseln gehören die Verpflichtung des Reisenden, bei Buchung oder kurz danach eine Anzahlung zu leisten, den gesamten rechtlichen Reisepreis vor Reiseantritt zu zahlen und für den Fall des Rücktritts vor Reiseantritt eine Stornopauschale zu zahlen. a) Anzahlungsklauseln Text: Mit Erhalt der schriftlichen Reisebestätigung und Aushändigung des Sicherungsscheins werden 20 % des Reisepreises als Anzahlung fällig. Bei Ferienwohnungen beträgt die Anzahlung 20 % des Reisepreises je Wohneinheit. Bis zur Neufassung des § 651 k BGB galt in der Rechtsprechung der Grundsatz, dass entsprechend der damals geltenden Gesetzeslage der Reiseveranstalter nur berechtigt ist, eine verhältnismäßig geringe Anzahlung zu vereinbaren 90 . Die Höhe dieser Anzahlung durfte 10 % des Reisepreises nicht übersteigen. 91 Für die Fälligkeit einer erheblich über 10 % des Reisepreises liegenden Anzahlung sei die Beschaffung und Aushändigung von Papieren zur Gewährleistung unmittelbarer Ansprüche gegen Leistungsträger Voraussetzung 92 . Die vom BGH geforderten Sicherheiten für den Reisenden wurden durch Novellierung des § 651 k Abs. 4 BGB geschaffen 93 . Danach darf der Reiseveranstalter Vorauszahlungen auf den Reisepreis verlangen, wenn er dem Reisenden einen Sicherungsschein aushändigt Anzahlungen von 20 % des Reisepreises werden inzwischen von der Rechtsprechung als zulässig angesehen. 94 Die Klausel verstößt nicht gegen die Inhaltskontrolle der §§ 307 ff BGB, insbesondere nicht gegen § 309 Nr. 2a) BGB. Danach ist eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, durch die das Leistungsverweigerungsrecht, das dem Vertragspartner des Verwenders nach § 320 BGB zusteht, ausgeschlossen oder eingeschränkt wird. Diese Vorschrift setzt nach ihrem Wortlaut voraus, dass überhaupt ein Leistungsverweigerungsrecht des Kunden besteht. Ein solches besteht indessen nicht, wenn der Kunde wie hier zur Vorleistung verpflichtet ist. In derartigen Fällen ist die eng auszulegende AGBG-Regel nicht anwendbar, weil es sich um ein Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit handelt. 95 90 BGH, Urteil v. 12.03.1987, VII ZR 37/86, NJW 1987, 1931. BGH, Urteil v. 09.07.1992, VII ZR 6/92, NJW 1992, 3158. 92 BGH, Urteil v. 09.07.1992, VII ZR 6/92, NJW 1992, 3158. 93 Novelle § 651 Abs. 4 BGB. 94 OLG Köln vom 11.04.2005- 16 U 12/05 NJW-RR 2007, 144. 95 Unter Bezug auf BGH NJW 1987, 1931 § 11 Nr. 2 a AGBG. 91 29 30 Die Klausel hält auch einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB stand. Sie weicht nicht von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab. Nach Abwägung der beiderseitigen Interessen ist nicht zu beanstanden, dass der Reisende verpflichtet ist, bei Übersendung der Reiseunterlagen eine Anzahlung in Höhe von 20 % zu leisten. Dies benachteiligt ihn nicht unangemessen. 96 Zwar weicht die Klausel mit der Verpflichtung des Reisenden zur Zahlung einer Anzahlung auf den Reisepreis vor Reisebeginn von der gesetzlichen Regelung an sich ab. Die Besonderheiten des Reisevertrages rechtfertigen nach allgemeiner Ansicht jedoch das grundsätzliche Verlangen des Reiseveranstalters an einer angemessenen Vorauszahlung. 97 Die grundsätzliche Zulässigkeit eines Anzahlungsverlangens nach Übersendung des Sicherungsscheins kann deshalb nicht mehr in Abrede gestellt werden. Dieses Erfordernis erfüllt die Klausel. Bei der Prüfung der Frage, in welcher Höhe der Reiseveranstalter nach Übersendung des Sicherungsscheins eine Vorauszahlung verlangen kann, sind die Interessen der Vertragsparteien gegeneinander abzuwägen. Die Interessenabwägung führt nach Auffassung des Senats zu einem Anspruch des Reiseveranstalters nach einer Anzahlung von 20 % des Reisepreises bei der Übersendung des Sicherungsscheins. b) Vorkasseklausel Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 12. März 1987 98 folgende Klausel für unwirksam erklärt: Text: Weitere Zahlungen werden zu den vereinbarten Terminen, die Restzahlungen spätestens bei Aushändigung oder Zugang der Reiseunterlagen fällig.“ Der 7. Senat des BGH setzt sich in dieser Entscheidung ausführlich mit den Argumenten der Verbraucherverbände und des Deutschen Reisebüroverbandes jeweils zur Unzulässigkeit bzw. zur Zulässigkeit der Klausel auseinander. Die Argumente der Verbraucherseite bestehen in den erheblichen Nachteilen für Reisekunden aus der Vorleistung des Reisepreises. Sie verlieren das Druckmittel des § 320 BGB für Beanstandungen während der Reise und für die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen ohne Prozess nach der Reise. Sie übernehmen bei uneingeschränkter Vorauszahlung des Reisespreises das volle Vergütungsrisiko ohne Rücksicht darauf, ob der Reiseveranstalter zum vereinbarten Reisetermin auch fähig und bereit ist, seine Reiseleistung zu erbringen. Demgegenüber halten die Reiseveranstalter die Regelung für zulässig. Der Gesetzgeber habe in den neu geschaffenen Vorschriften der §§ 651a – k BGB das Leitbild des Reisevertrages gegeben und dabei die eben bekannte Üblichkeit der Vorauszahlung gebilligt. Anderenfalls hätte er eine entsprechende gesetzliche Regelung geschaffen. Die Vorauszahlung sei angelehnt an die in Beförderungsmitteln – wie Straßenbahn, Bus oder Eisenbahn - übliche Vorauszahlung des Beförderungsentgeltes. Es sei für die Abwicklung von Reiseverträgen als Massenverträge nicht möglich, nach durchgeführter Reise ohne unvertretbaren Aufwand, Zahlungsansprüche durchzusetzen. 96 Unter Hinweis auf die Literatur Staudinger /Eckert BGB 2003, § 651 a Rn 128; Ulrich Reiserecht, 4. Auflage 2002 Rn 143 – 145 und 467; derselbe NJW 1994, 2449; Jauernig/ Teichmann BGB , 11. Auflage § 651 a Rn 13 (Stornokosten). 97 Palandt/Sprau BGB 64. Auflage § 651 k Rn 7; BGH NJW 1987, 1931 und BGH NJW 1992, 3158, 3168. 98 BGH, Urteil v. 12.3.1987, VII ZR 37/86, NJW 1987, 1931. 30 31 Der BGH hält den Hinweis auf die Vorschriften zum Pauschalreisevertrag im BGB für nicht einschlägig. Das Schweigen des Gesetzgebers bedeute keine Billigung. Auch der Hinweis auf die Üblichkeit der Vorleistung bei Beförderungsverträgen sei nicht zutreffend, da diese Beförderungsverträge üblicherweise anonym geschlossen werden, während Reiseverträge mit genauer Identifizierung des Reisenden mit Namen und Anschrift geschlossen werden. Nicht zu übersehen sei allerdings das Risiko für Reiseveranstalter, nach durchgeführter Reise nur mit erheblichem Aufwand den Reisepreis eintreiben zu können. Demgegenüber seien die Nachteile aus der Vorleistung für den Reisekunden gravierend, letztlich so gravierend, dass eine Vorauszahlung nur zulässig ist, wenn sie mit entsprechenden Sicherheiten verbunden werde. Sicherheiten könne nur der Gesetzgeber einführen. Bis dahin sei den Interessen des Reisenden dadurch Rechnung zu tragen, dass sie nur eine verhältnismäßig geringe Anzahlung leisten und die Restzahlung des Reisepreises erst sehr kurz vor Antritt der Reise und damit keineswegs wie in der Klausel geregelt, bereits mit Aushändigung der Reisepapiere. Nur auf diese Weise werde sichergestellt, dass der Reisende nicht nach Zahlung des Reisepreises mit einem völligen Ausfall der Reiseleistung rechnen müsse. Mit der streitgegenständlichen Klausel ist diesem berechtigten Interesse des Reisekunden nicht hinreichend Rechnung getragen. Die langjährige Üblichkeit der Klausel steht der Feststellung ihrer Unangemessenheit nicht entgegen. Sie ist gemäß § 9 AGBG unwirksam. c) Stornopauschalen Stornopauschalen wurden in mehreren Verfahren von dem VSV und den Verbraucherzentralen beanstandet, sowohl wegen der Höhe der Pauschalen, als auch wegen des fehlenden Vorbehalts, einen abweichenden Schaden nachweisen zu können gemäß § 11 Nr. 5b AGBG. Im Verfahren des VSV ./. NUR 99 wird folgende Klausel für unzulässig erklärt: Text: Die pauschalierten Rücktrittsgebühren betragen je angemeldeten Teilnehmer bis 30 Tage vor Reisebeginn 4 %. Ab 29. – 22. Tag vor Reisebeginn 8 %. Ab 21.- 15. Tag vor Reisebeginn25 %. Ab 14. – 7. Tag vor Reisebeginn 40 %. Ab 6. Tag vor Reise beginn 50 % des Reisepreises. Diese Klausel hält das OLG Frankfurt/M. für unwirksam gemäß § 11 Nr. 5 b) AGBG, weil nach dem Wortlaut der Reisende nicht erkennen kann, dass er den Gegenbeweis eines geringeren Schadens führen kann. Die ebenfalls vom VSV beanstandete Höhe der Pauschalen wird nicht als Unwirksamkeitsgrund herangezogen. 100 2. Preisänderungsklauseln Der VZBV hat in mehreren Verfahren Preisänderungsklauseln großer Reiseveranstalter gerichtlich überprüfen lassen. Text: Der Veranstalter behält sich vor, die ausgeschriebenen und mit der Buchung bestätigten Preise im Fall der Erhöhung der Beförderungskosten oder der Abgaben für bestimmte Leistungen wie Hafen- oder Flughafengebühren in dem Umfang zu ändern, wie sich deren 99 OLG Frankfurt vom 10.12.1981 - 6 U 26/81 WRP 1982, 275. LG München vom 22.09.1981 – 7 O 7694/81 OLG Frankfurt NJW 1982, 2198; LG Berlin vom 15.06.1993 – 26 O 596/86. 100 31 32 Erhöhung pro Person bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt, sofern zwischen Zugang der Reisebestätigung beim Kunden und dem vereinbarten Reisetermin mehr als vier Monate liegen. Im Falle der nachträglichen Änderung des Reisepreises oder einer nachträglichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung hat der Veranstalter den Reisenden unverzüglich, spätestens jedoch 21 Tage vor Reiseantritt davon in Kenntnis zu setzen. Preiserhöhungen nach diesem Zeitpunkt sind nicht zulässig. Bei Preiserhöhungen um mehr als 5 % oder im Falle einer erheblichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung ist der Reisende berechtigt, ohne Gebühren vom Reisevertrag zurückzutreten oder die Teilnahme an einer mindestens gleichwertigen anderen Reise zu verlangen, wenn der Veranstalter in der Lage ist, eine solche Reise ohne Mehrpreis für den Reisenden aus seinem Angebot anzubieten. Der Reisende hat diese Rechte unverzüglich nach der Erklärung des Veranstalters über die Preiserhöhung bzw. Änderung der Reiseleistungen diesem gegenüber geltend zu machen. Das OLG Celle 101 hält die Klausel wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB für unwirksam. Die Klausel stehe nicht im Einklang mit § 651 a Abs. 4 S. 1 BGB. Auf die Frage, ob die Klausel noch aufgrund anderer Gesichtspunkte unwirksam sei, käme es nicht an. In § 651 a Abs. 4 S. 1 BGB sei die Erlaubnis des Reiseveranstalters enthalten, unter bestimmten Bedingungen den Reisepreis in geschlossenen Verträgen zu verändern. Die Änderungsmöglichkeit sei an enge Vorgaben geknüpft, wozu gehöre, dass die Reisepreisänderung nur erfolgen darf, wenn dies mit genauen Angaben zur Berechnung des neuen Preises im Vertrag vorgesehen ist und damit einer Erhöhung der Beförderungskosten Rechnung getragen wird. Den gesetzlichen Vorgaben genügt die verwendete Klausel nicht, weil sie keine Angaben zur Berechnung des neuen Preises enthält. Die Klausel verweist nur darauf, dass beispielsweise die Beförderungskosten in dem Umfang geändert werden können, wie sich die Erhöhung pro Person oder pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt. Damit könne der Reisende aber nicht feststellen oder errechnen, ob der neue Preis richtig bestimmt ist. Ein derartiges Nachvollziehen der Ermittlung des neuen Preises soll mit den Anforderungen aus § 651 a Abs. 4 S. 1 BGB gerade ermöglich werden. 102 In einer Entscheidung vom 19.11.2002 hat der BGH 103 folgende Preisänderungsklausel für unwirksam erklärt. Text: …….. behält sich vor, die ausgeschriebenen und mit der Buchung bestätigten Preise im Falle der Erhöhung der Beförderungskosten oder der Abgaben für bestimmte Leistungen, wie Hafen- oder Flughafengebühren oder einer Änderung der für die betreffenden Reisen geltenden Wechselkurse in dem Umfang zu ändern, wie sich deren Erhöhung pro Person bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt, sofern zwischen Vertragsabschluss und dem vereinbarten Reisetermin mehr als vier Monate liegen. Im Fall einer nachträglichen Änderung des Reisepreises oder einer Änderung einer wesentlichen Reiseleistung setzt …….. den Reisenden unverzüglich, im Falle der Preiserhöhung spätestens 21 Tage vor Reiseantritt davon in Kenntnis. Preiserhöhungen nach diesem Zeitpunkt sind nicht zulässig. 101 102 103 OLG Celle v. 24.10.2002 – 11 U 331 / 01 LSK 2003, 020791. OLG Celle a.a.O. BGH, Urteil v. 09. 11.2002, NJW 2003, 507. 32 33 Bei Preiserhöhungen um mehr als 5 % oder im Fall einer erheblichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung ist der Reisende berechtigt, ohne Gebühren vom Reisevertrag zurückzutreten oder die Teilnahme an einer mindestens gleichwertigen Reise zu verlangen, wenn ………. in der Lage ist, eine solche Reise ohne Mehrpreis für den Reisenden aus seinem Angebot anzubieten. Der Reisende hat diese Rechte unverzüglich nach der Erklärung von ………. über die Preiserhöhung bzw. Änderung der Reiseleistung dieser gegenüber geltend zu machen.“ Das Landgericht hatte in erster Instanz die Klage des VZBV noch abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die beanstandete Klausel untersagt 104 . Der BGH hat die dagegen eingelegte Revision der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen. Aus § 651 a Abs. 4 S. 3 BGB (n. F.) kann nicht geschlossen werden, dass die getroffene Regelung einer Inhaltskontrolle nicht unterliegt. Die gesetzliche Regelung eröffne einen Regelungs- und Gestaltungsspielraum, der von der Beklagten mit der umstrittenen Klausel genutzt werde. Die Klausel enthalte eine Preisanpassung zur Ergänzung des dispositiven Rechts und weiche von dem Grundsatz der bindenden, vertraglichen Preisvereinbarung ab. Eine diesen Rahmen ausfüllende Klausel unterliege der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG (§ 307 Abs. 1 BGB). Die Klausel sei unwirksam, weil sie keine hinreichend genauen Angaben zur Berechnung des Preises enthalten. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 651 a Abs. 3 S. 1 BGB a. F. müssten Angaben zur Berechnung des neuen Preises bereits in der Preisanpassungsklausel und mithin vorab abstrakt formuliert sein. Dem werde die angegriffene Klausel nicht gerecht. Die Klausel verstoße insgesamt gegen das sich aus § 9 AGBG ergebende und durch § 651 a Abs. 3 S. 1 BGB a. F. (Abs. 4 S. 1 BGB n. F.) und benachteilige deshalb die Kunden. Es entspreche dem Grundsatz, dass es für die Wirksamkeit einer Preiserhöhungsklausel entscheidend darauf ankommt, dass der Vertragspartner des Verwenders den Umfang der auf ihn zu kommenden Preissteigerungen bei Vertragsschluss aus der Formulierung der Klausel erkennen und die Berechtigung einer von dem Verwender vorgenommenen Erhöhung an der Ermächtigungsklausel selbst entnehmen kann 105 . Dem Transparenzgebot für Preiserhöhungsklauseln des nationalen Rechts entspricht Artikel 4 Abs. 4 der Richtlinie für Pauschalreisen, der durch § 651 a BGB übernommen wurde. Danach ist dem Reiseveranstalter zwar die Möglichkeit eingeräumt, Preisänderungen vorzunehmen, die Möglichkeit aber unter Bedingungen gestellt, die aus Artikel 4 Abs. 4 der Richtlinie zu entnehmen sind. Die Klausel genüge schon deshalb nicht dem Transparenzgebot, weil sie mit der Formulierung, die Beklagte behalte sich eine Erhöhung der ausgeschriebenen und mit der Buchung bestätigten Preise vor, nicht nur Preiserhöhungen wegen nach Vertragsschluss gestiegener Kosten ermöglicht, sondern möglicherweise auch wegen solcher Kosten, deren Anstieg bei Vertragsschluss schon bekannt war. Dies schließt die Erlaubnis ein, Preiserhöhungen auch dann zu verlangen, wenn die mit der Klausel erfassten Kostensteigerungen nach Drucklegung der Prospekte aber bereits vor Vertragschluss eingetreten sind. Bei kundenfeindlichster Auslegung ist die angegriffene Klausel auch wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam. 3. Leistungsänderungsklauseln Mit Leistungsänderungsklauseln sollen vom Vertragsinhalt abweichende Leistungen als Erfüllung ermöglicht werden. Für den Reisenden besteht das Risiko darin, dass er gezwungen wird, eine Reise als Erfüllung zu akzeptieren, die mit seiner vertraglichen Vorstellung von der 104 105 RR-A 2002, 32. so schon BGH, Urteil v. 26.05.1986, VIII ZR 218 / 85, NJW 1986, 3134. 33 34 Reise nicht mehr übereinstimmt. In Reiseverträgen betreffen Leistungsänderungsklauseln vor allem zwei Bereiche: Zum einen wird bestimmt, dass Einzelleistungen vom Reiseveranstalter nach Vertragsschluss geändert werden können, soweit dadurch der „Gesamtzuschnitt“ der Reise nicht verändert wird; zum anderen sollen Reiseveranstalter berechtigt sein, nicht nur einzelne Teile der Leistung zu verändern, sondern insgesamt der Reise einen anderen Gesamtzuschnitt zu geben. Auf der Grundlage von § 10 Nr. 4 AGBG 106 versuchten die Verbraucherverbände die Grenzen der Zulässigkeit von unvermeidbaren Leistungsänderungen nicht durch generalklauselartige Formulieren dem Einzelkonflikt zu überlassen, sondern einen Standard für den Rahmen zulässiger Änderungen durch Verbandsklagen zu entwickeln. Die Rechtsprechung folgt im Wesentlichen den in den Klageverfahren geforderten hohen Anforderungen an die Zulässigkeit von Leistungsänderungsvorbehalten. Text: Treten sonstige Leistungsänderungen oder Abweichungen, die den Gesamtzuschnitt der gebuchten Reise erheblich verändern auf, so ist der Reiseveranstalter verpflichtet, den Reisenden von diesen Änderungen unverzüglich, soweit und sobald dies möglich ist, zu unterrichten. Der Kunde ist dann berechtigt, vor Antritt der Reise innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntnisnahme ohne Bezahlung eines Entgeltes vom Reisevertrag zurückzutreten, es sei denn, dass die Durchführung der Reise in veränderter Form für ihn zumutbar ist. Die Klausel enthält keine Konkretisierung der Kriterien für eine Änderung der Reiseleistung. Sie ist unzulässig, weil damit eine Änderung des Gesamtzuschnitts der Reise zugunsten des Reiseveranstalters vorgesehen ist. Die Unzulässigkeit wird nicht dadurch beseitigt, dass dem Vertragspartner ein Rücktrittsrecht eingeräumt wird. 107 Text: Änderungen und Abweichungen einzelner Reiseleistungen von dem vereinbarten Inhalt des Reisevertrages, die nach Vertragsabschluss notwendig werden und die vom Reiseveranstalter nicht wider Treu und Glauben herbeigeführt wurden, sind nur gestattet, soweit die Änderungen oder Abweichungen nicht erheblich sind und den Gesamtzustand der gebuchten Reise nicht beeinträchtigen. Das OLG Stuttgart 108 verwirft diese Klausel als Verstoß gegen § 10 Nr. 4 AGBG. Das Prinzip der Klarheit, Durchschaubarkeit und Überprüfbarkeit einer Leistungsänderung werde verletzt, weil der Kunde wegen des nebulösen Begriffs „Gesamtzuschnitt“ nicht erkennen könne, welche Änderungen oder Abweichungen als erheblich angesehen werden. Das LG Frankfurt 109 formuliert als Anforderung an einen zulässigen Leistungsänderungsvorbehalt, dass bereits die Klauseln erkennen lassen müsse, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Änderung vorgenommen werden kann. Außerdem sind die Gesichtspunkte anzugeben, die für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Änderung für den Reisenden gelten sollen. 106 jetzt § 308 Nr. 4 BGB. LG München vom 22.09.1981- 7 0 7694/81; LG Berlin v. 15.6.1983. 108 OLG Stuttgart v 22.12.1989 2 U 140 / 89. 109 LG Frankfurt/M. v. 21.03.1989, 2 / 13 O 536/ 88. 107 34 35 In keinem der ausgewerteten Verfahren wird von den Gerichten die Frage beantwortet, welche konkret in einer Klausel anzugebenden Änderungen, in welchem konkreten Ausmaß als Erfüllung der Vertragspflicht des Reiseveranstalters zu akzeptieren sind. Generalklauselartige Formulierungen werden zwar weitgehend verworfen, offen bleibt aber, welche konkret zu nennenden Änderungen zulässig sind. Die EG-Reiserichtlinie 110 regelt in Artikel 4 Abs. 5 vor allem die Rechtsfolgen solcher Änderungen, „ zu denen der Veranstalter vor der Reise gezwungen“ ist, ohne jedoch Kriterien für deren Zulässigkeit zu nennen. Der Tendenz nach entspricht das den Ergebnissen der Rechtsprechung, wonach nur Änderungen zulässig sind, die aufgrund fehlender Disponibilität für den Veranstalter unausweichlich sind, womit nicht ein quasi vertragliches Gestaltungsrecht eröffnet wird. Unbeantwortet bleibt dennoch die Frage inwieweit der Reisende eine geänderte Leistung als Vertragserfüllung akzeptieren muss. 4. Haftungsbegrenzungsklauseln Vertragstypisch für Pauschalreiseverträge sind Haftungsbegrenzungsklauseln, die vor allem für drei Bereiche die Haftung des Reiseveranstalters einschränken oder ausschließen: • • • Die grundsätzliche Haftungseinschränkung auf den dreifachen Reisepreis in § 651 h BGB, ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Auskünfte zu Pass-, Zoll- und Devisenfragen, der Ausschluss der Haftung für sogenannte Fremdleistungen. Die Verbandsklageverfahren des Verbraucherschutzvereins und der Verbraucherzentralen in diesem Bereich hatten vor allem zum Ziel, strittige Fragen zur Auslegung des § 651 h BGB zu klären und generell die Grenzen zulässiger Haftungsbeschränkungen in der Pauschalreise auszuloten. a) Haftungsbegrenzung auf den dreifachen Reisepreis gemäß § 651 h BGB Bis zur Entscheidung des BGH vom 12.03.1987 111 war strittig, ob die Haftungsbegrenzung aus § 651 h BGB a. F. nur für Ansprüche des Reisenden gemäß § 651 f BGB gilt oder generell auch andere vertragliche Schadensersatzansprüche und solche aus unerlaubter Handlung auf den dreifachen Reisepreis begrenzt werden können. 112 Die Klausel lautet: Text: Die Haftung des Reiseveranstalters ist auf den dreifachen Reisepreis beschränkt, soweit ein Schaden des Reisenden weder vorsätzlich noch grob fahrlässig herbeigeführt wird oder soweit der Reiseveranstalter für einen dem Reisenden entstehenden Schaden allein wegen eines Verschuldens eines Leistungsträgers verantwortlich ist. Der BGH folgt in seiner Entscheidung vom 12.03.1987 der überwiegend vertretenen Ansicht und lässt in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Haftungsbeschränkung zugunsten des Reiseveranstalters für alle vertraglichen Haftungsansprüche des Reisenden zu, soweit der Schaden leicht fahrlässig verursacht worden ist. Die Beschränkung betrifft nicht nur 110 Abl. EG Nr. L 158 vom 23.06.1990 in EuZW 1990, 413. BGH, Urteil v. 12.03.1987, VIII ZR 203/86, NJW 1987, 1931. 112 Zum Streitstand Löwe/ MüKo, 1. Auflage, § 651 h BGB Rn 4; Derleder AK BGB, § 651 h Rn 2; Grunewald NJW 1918, 1924; Tonner, Reiserecht § 651 h Rn 2 u. 3. 111 35 36 Haftungsansprüche aus § 651 f BGB a. F.. Ausgenommen werden lediglich deliktische Ansprüche. Für deliktische Ansprüche kann der Reiseveranstalter seine Einstandspflicht nicht begrenzen, weil - so der BGH - hierfür eine ausdrückliche Regelung im Gesetz hätte getroffen werden müssen. Die in der Entscheidung des BGH für die Haftungsbegrenzungen auf den dreifachen Reisepreis festgestellte Beschränkung auf vertragliche – nicht deliktische Schadensersatzansprüche hat der Gesetzgeber mit der Umsetzung der Richtlinie 90314 EWG vom 13. Juni 1990 für Pauschalreisen 113 nunmehr teilweise übernommen. Danach gilt die Haftungsbegrenzung nur für Schäden, „ die nicht Körperschäden sind“. Offen war auch die Streitfrage zur Auslegung von § 651 h Abs. 2 BGB a. F., wonach sich der Reiseveranstalter gegenüber dem Reisenden auf gesetzliche Vorschriften berufen kann, die für eine von einem Leistungsträger zu erbringende Reiseleistung gelten und nach denen ein Anspruch auf Schadensersatz nur unter bestimmten Voraussetzungen oder Einschränkungen geltend gemacht werden kann. Der Wortlaut der Norm erfasste bisher nur Haftungsbeschränkungen, nicht jedoch Haftungsausschlüsse. 114 Die Klausel lautet: Text: Ein Anspruch auf Schadensersatz gegen uns ist ausgeschlossen oder beschränkt, soweit aufgrund gesetzlicher Vorschriften, die auf die von einem Leistungsträger zu erbringenden Leistungen anzuwenden sind, deren Haftung ebenfalls ausgeschlossen oder beschränkt ist. Der BGH 115 folgt der insoweit herrschenden Meinung und erklärt einen völligen Haftungsausschluss für unwirksam. Der Gesetzgeber hat durch das zweite Seerechtsänderungsgesetz im Jahre 1986 dann jedoch klargestellt, dass § 651 h Abs. 2 BGB auch für gesetzliche Haftungsausschlüsse der Leistungsträger gilt und damit die Norm dem Athener Übereinkommen und der Begründung im Reisevertragsgesetz angepasst. 116 Die Haftungsbeschränkung gemäß § 651 h Abs. 2 BGB gilt aber grundsätzlich nicht, wenn der Reiseveranstalter aus eigenem Verschulden einen Schaden zu vertreten hat, also etwa aus Auswahl- oder Organisationsverschulden. 117 b) Haftungsausschluss für Einzelleistungen Die lange Zeit ungeklärte Frage, ob folgende Klausel unwirksam ist: Text: Wir haften nicht für Leistungsstörungen im Bereich von Fremdleistungen, die lediglich vermittelt werden und in der Reiseausschreibung ausdrücklich als solche gekennzeichnet werden, wurde durch Entscheidung des BGHs vom 30. September 2003 118 abschließend geklärt. Die Klausel verstößt gegen das Transparenzgebot und benachteiligt die Kunden der Reiseveranstalter unangemessen (§ 9 AGBG a. F., § 307 Abs. 1 BGB n. F.). Die Klausel 113 Abl. EG Nr. L 158, S. 59. H. M. Bartel, Reisevertragsgesetz Rn : 142; Löwe, Reiserecht, S. 141; Wolf u. a. § 9 Rn 94; Ulmer u . a. AGBG Anhang § § 9 – 11 , Rn 595 (5.Aufl.). 115 BGH, Urteil v. 14.04.1982, VII ZR 199/82, KG in NJW 1983, 1612. 116 Vgl. Tonner, Europäisches Reiserecht, S. 276, Fußnote 334. 117 Staudinger/Eckert § 651 h BGB Rn 36; Jauernig/Teichmann § 651 h BGB Rn 2 ; Palandt/ Sprau § 651 h BGB Rnr: 5. 118 BGH, Urteil v. 30.9.1990, X ZR 244/89. 114 36 37 erfasst Leistungsstörungen im Bereich von Fremdleistungen, die vom Verwender lediglich vermittelt werden. Fremdleistungen werden aber als solche nicht konkret in der Klausel angegeben, sondern alle Leistungen erfasst, die lediglich vermittelt werden und in der Reisebeschreibung als vermittelte gekennzeichnet sind. Durch Bezugnahme auf die Reiseausschreibung kann die Klausel nicht allein nach ihrem Wortlaut ausgelegt werden. Vielmehr ist zur Feststellung der Reichweite der Klausel auf Angaben im Katalog der Beklagten zurückzugreifen. Damit erlaubt die Klausel eine Auslegung dahin, dass von ihr alle - nach dem Kataloginhalt- als Fremdleistung zu betrachtende Leistungen und damit insbesondere auch die als Linienflüge im Rahmen von Pauschalreisen zu erbringende Beförderungsleistung, erfasst werden. Damit können von der Klausel Fälle erfasst werden, in denen die fragliche Leistung einerseits zur Gesamtheit der Pauschalreiseleistung gehört, andererseits als „Fremdleistung“ bezeichnet ist. Mit diesem Inhalt genügt die Klausel nicht den Anforderungen des Transparenzgebotes. Sie ist als unangemessene Benachteiligung unwirksam, weil sie dem Verwender die Möglichkeit eröffnet, die Haftung für die Erbringung der Beförderungsleistung auch dann auszuschließen, wenn nicht nur einzelne Flugtickets für Reisen vermittelt werden, sondern wenn Linienflüge Bestandteil einer Flugpauschalreise sind, weil dann die Beförderungsleistung zwar einerseits „Fremdleistung“ ist, aber gleichwohl zum Leistungsumfang der Pauschalreise gehört. c) Pass-, Visa- und Zollbestimmungen Zu den Haftungsbegrenzungen in Pauschalreiseverträgen gehört auch typischerweise eine Regelung zur Information des Reisenden durch den Reiseveranstalter über wesentliche Einreisebestimmungen für das Ziel. Die Klausel lautet: Text: Der Reiseveranstalter informiert über wesentliche Pass-, Visa-, Devisen- und Gesundheitsvorschriften für Deutsche Staatsbürger. Für die Einhaltung dieser Bestimmung ist der Reisende selbst verantwortlich. Diese Klauseln werden von der Rechtsprechung durchgehend für unwirksam erklärt. 119 Als wesentliche Begründung wird darauf abgestellt, dass die Klausel zu einer unangemessenen Benachteiligung des Reiseteilnehmers für den Fall führt, dass der Reiseveranstalter seine Informationspflichten nicht oder nicht im erforderlichen Umfang nachkommt oder gar den Reiseteilnehmer falsch informiert. In der Klausel fehlt eine Differenzierung danach, ob die unzureichende Information leicht oder grob fahrlässig verursacht wird. Darüber hinaus ist es zwar grundsätzlich Sache des Reisenden, Einreise- und Verhaltensbestimmungen in fremden Staaten einzuhalten. Zu den Hauptpflichten eines Reiseveranstalters gehöre aber, den Reisenden darüber zu informieren. Von dieser Verpflichtung und deren korrekter Erfüllung kann der Reiseveranstalter sich nicht wirksam frei zeichnen. Die Konditionenempfehlung des DRV vom 24.01.1986 enthält in Nr. 14 eine entsprechend differenzierte Regelung. 5. Gewährleistungsklauseln Im Zusammenhang mit Gewährleistungsklauseln waren vor allem zwei Regelungen in Pauschalreisebedingungen lange Zeit strittig: • ob die Nichtanzeige eines Mangels unmittelbar beim Reiseveranstalter zum Verlust zu Gewährleistungsansprüchen führt und 119 LG München VuR 1989, 137; KG v. 03.02.2982 - 23 U 3535/81; BGH, Urteil v. 17.01.1985, BB 1985, 616. 37 38 • ob der Reisende bei der Beseitigung Schadensminderungspflicht mitzuwirken hat. von Mängeln im Rahmen einer a) Mängelanzeigeklauseln Das Reisevertragsrecht schließt in § 650 d Abs. 2 BGB ein Minderungsrecht des Reisenden aus, wenn er die Mängelanzeige schuldhaft unterlässt. Die Konkretisierung des Verschuldens wurde in Reisevertragsbedingungen wie folgt geregelt: Texte: Unterbleibt die unverzügliche Anzeige des Mangels, entstehen dem Reisegast keine Gewährleistungsansprüche. Kann der Reiseleiter die Leistungsstörung nicht beheben, so müssen Beanstandungen unverzüglich sowohl den Leistungsträgern als auch dem Reiseveranstalter mitgeteilt werden. Der BGH hat in einer Entscheidung von 1989 120 folgende Mängelanzeigeklausel insgesamt für unwirksam erklärt: Text: Adressat der Anzeige bzw. des Abhilfeverlangens ist die örtliche Reiseleitung des Veranstalters. Die Sprechzeiten der Reiseleitung sind dem in Hotel angebrachten Aushang zu entnehmen. Sofern die Reiseleitung so nicht erreichbar ist, ist der Reisende verpflichtet, sich an die Kontaktadresse des Reiseveranstalters im jeweiligen Zielgebiet zu wenden. Die Kontaktadresse ist dem Hotel angebrachten Aushang zu entnehmen. Sofern auch unter der Kontaktadresse niemand erreicht werden kann, ist der Reisende verpflichtet, die Zentrale des Reiseveranstalters in N… zu informieren. Die Klausel benachteiligt den Reisekunden entgegen den Geboten von Treu- und Glauben unangemessen, weil die Rechtslage zur Mängelanzeige unzutreffend dargestellt wird und auf diese Weise dem Verwender der Versuch ermöglicht ist, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die Klausel abzuwehren. Es kann offen bleiben, ob der Reiseveranstalter verpflichtet ist, eine örtliche Reiseleitung einzurichten. Dies kann nach Art und Zielort und Umfang der jeweiligen Reise unterschiedlich sein. Unterhält der Verwender eine örtliche Reiseleitung, dann gehört es zu seinen Organisationspflichten, dafür zu sorgen, dass die Reiseleitung immer dann dem Reisenden zur Verfügung steht, wenn sie zur Abhilfe eines Reisemangels gebraucht wird. Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen könnte der Reisende im Rahmen von Treu- und Glauben verpflichtet sein, sich an die Zentrale der Beklagten in Deutschland zu wenden. Regelmäßig wird sich der Reisende mit dem Versuch begnügen dürfen, seine Beschwerden bei der örtlichen Reiseleitung oder der angegebenen Kontaktadresse anzubringen ohne dass ihm, wenn ihm das nicht gelingt, Nachteile entstehen. b) Mitwirkungsklausel Unwirksam in allgemeinen Reisebedingungen ist folgende Mitwirkungsklausel: Text: 120 BGH, Urteil v. 15.6. 1989, VII ZR 205/88, NJW-RR 1989, 1454. 38 39 Bei eventuell auftretenden Leistungsstörungen sind Sie verpflichtet alles Ihnen Zumutbare zu tun, um zu einer Behebung der Störung beizutragen und einen eventuell entstehenden Schaden so gering wie möglich zu halten. 121 Die Regelungen zum Reisevertrag im BGB sehen eine Mitwirkung bei der Mängelbeseitigung nicht vor. Die Reiseveranstalter berufen sich zur Begründung der Mitwirkungspflicht auf die Schadensminderungspflicht aus § 254 BGB, die auch bei Ansprüchen aus Mängelgewährleistung Anwendung findet. 122 Die Rechtsprechung hält in allgemeinen Reisebedingungen eine Mitwirkungspflicht des Reisenden in der hier geregelten Form grundsätzlich für nicht wirksam. 123 Die Klausel gebe nicht die allgemein bestehende Schadensminderungspflicht aus § 254 BGB wieder. Vielmehr wird neben der Abhilfe- und Leistungspflicht des Reiseveranstalters eine gleichwertige Mitwirkungspflicht des Reisenden gestellt. Diese Gleichförmigkeit geht über die Pflicht zur Schadensminderung erheblich hinaus. Die Klausel verstößt gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG i. V. m. § 651 c Abs. 3 BGB. 6. Rücktrittsrecht des Reiseveranstalters Die Einräumung von Rücktrittsrechten des Reiseveranstalters bei Leistungshindernissen dient der Vermeidung von Haftungs- und Gewährleistungsansprüchen des Reisenden. Eine ausdrückliche Kündigungsmöglichkeit ist für den Reiseveranstalter aber nur in § 651 j Abs. 1 BGB vorgesehen. Darüber hinaus gehende Rücktrittsklauseln nennen als Rücktrittsvoraussetzung die Nichterreichung einer Mindestteilnehmerzahl oder das Auftreten ungewöhnlicher Umstände, wie höherer Gewalt, Streik u. ä.. Die Rechtsprechung hält Rücktrittsklauseln wegen Nichterreichung einer Mindestteilnehmerzahl für unzulässig, wenn nicht die Mindestteilnehmerzahl in der Reiseausschreibung genannt ist. Es handelt sich um ein sachlich nicht begründetes Rücktrittsrecht i. S. v. § 10 Nr. 3 AGBG. 124 In der EG-Reiserichtlinie wird eine nicht ausreichende Teilnehmerzahl als Rücktrittsgrund ausdrücklich anerkannt (Art. 3 Abs. 3 lit. g und Anhang lit. d) unter der Bedingung, dass sowohl im Katalog als auch im Vertrag auf die Mindestteilnehmerzahl hingewiesen und eine Frist für die späteste Aufhebung des Reisevertrages vor Reisebeginn angegeben wird. Höhere Gewaltklauseln regeln einen Kündigungs- bzw. Rücktrittsrecht des Reiseveranstalters, das zum Teil nicht auf Fälle eigentlicher höherer Gewalt beschränkt wird, sondern allgemein gelten soll, bei Erschwernissen für die Durchführung der Reise infolge bei Vertragsabschluss nicht absehbarer außergewöhnlicher Umstände, wobei Krieg, Streik u. ä. als Beispiele genannt werden. Text: Der Reiseveranstalter kann vor Beginn von dem Reisevertrag zurückzutreten, wenn die Durchführung der Reise durch außergewöhnliche Umstände, die bei Vertragsschluss nicht vorhergesehen werden konnten, erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt wird (Streik von Fluggesellschaften, Krieg oder Leistungsträgern, Epidemien, innere Unruhen, Naturkatastrophen, Zerstörung von Unterkünften). 121 OLG Celle vom 29.04.1999- 11 U 270/98 LSK 1999, 430308. BGH NJW 1984 1677. 123 OLG Frankfurt vom 15.05.1986 – 6 U 45 / 85 LSK 1986, 460075. 124 Kammergericht vom 03.02.1982, 23 U 3535/81; LG München vom 14.07.1981 – 7 O 7015/81; LG Berlin vom 15.06.1983, 26 O 596 / 82 LSK 1984, 080055. 122 39 40 Die Rechtsprechung 125 sieht darin einen Verstoß gegen § 10 Nr. 3 AGBG. Gemäß § 651 j BGB müssen die Erschwerungen der Reise erheblich sein, während die Klausel alle außergewöhnlichen Umstände für einen Rücktritt als ausreichend rechtfertigt. Streiks und andere Umstände, die in die Einflusssphäre des Reiseveranstalters fallen, können nicht als höhere Gewalt qualifiziert werden. Die das Rücktrittsrecht des Reiseveranstalters rechtfertigenden „außergewöhnliche Umstände“ sind nicht gleichzusetzen mit den Voraussetzungen des § 651 j BGB. Als Ergebnis der Kontrollverfahren sind diese Klauseln reduziert worden in ihrer Reichweite auf Fälle höherer Gewalt im eigentlichen Sinne. Die Vereinbarung von Mindestteilnehmerzahlen ist in die Reiseausschreibung verlagert worden und wird in den Verträgen häufig inzwischen als auflösende Bedingung vereinbart. 7. Auswertung und Zusammenfassung Verbandsklageverfahren zu den AGB der Reiseverträge sind durchgehend erfolgreich, wenn es um die Konkretisierung strittiger Rechtsfragen geht. Dies betrifft vor allen Dingen das Haftungs- und Gewährleistungsrecht gemäß §§ 651 h, 651 c BGB. Daraus ist die Tendenz der Rechtsprechung abzulesen, den Leistungsanspruch des Reisenden auf die vertraglich vereinbarte Reise vor nachträglichen Einschränkungen und Verschlechterungen zu schützen. Dem gleichen Ziel entspricht die Rechtsprechung mit der Untersagung von Rücktrittsmöglichkeiten des Reiseveranstalters. Dagegen gelingt die Konkretisierung weder in Bezug auf Preisänderungen noch in Bezug auf Leistungsänderungen. Preisänderungsklauseln haben in den neueren Entscheidungen ein Ausmaß an Differenzierung angenommen, das mit der gebotenen Klarheit und Eindeutigkeit nicht in Einklang zu bringen ist. Welcher Reisende soll aus diesen Klauseln entnehmen können, ob eine ihm abverlangte Preisänderung zulässig ist. Die Rechtsprechung hilft mit Urteilen, in denen diese Klausel für unwirksam erklärt werden, nicht wirklich weiter. Das gleiche gilt für Leistungsänderungen. Aus den Ergebnissen der Verbandsklageverfahren ist nicht zu erkennen, unter welchen Voraussetzungen, Leistungsänderungen für den Reisenden zumutbar und damit Kraft einseitiger Erklärung des Reiseveranstalters zulässig sein sollen. Preisklauseln werden zwar für unzulässig erklärt, scheitern in Verbandsklageverfahren aber immer dann, wenn es um konkrete Zahlen geht. In der Vorkassenentscheidung hat der BGH ein Zurückbehaltungsrecht des Reisenden wegen eines Teiles des Reisepreises bis zum Abschluss der Reise nicht zur Wirksamkeitsvoraussetzung für die Vorauskasse erklärt. Stornopauschalen werden aus eher formalen Gründen für unzulässig erklärt, nicht wegen der absoluten Höhe der Prozentsätze. Anzahlungsklauseln sind jetzt jedenfalls bis zu einer Höhe von 20 % des Reisepreises nicht zu beanstanden. Auffällig ist, dass eine Reihe von Problemen des Reisevertragsrechts, die Gegenstand von Verbandsklageverfahren waren, durch den Gesetzgeber nachgebessert wurde, insbesondere im Zusammenhang mit der Umsetzung der Reiserichtlinie 126 (Vorkasse, Preiserhöhung, Leistungsänderung). 125 126 LG München vom 22.09.1981 – 7 O 7694/81; LG Frankfurt vom 11.03.1981 – 2 / 6 O 601 / 80. Richtlinie 90/314/EWG v. 13.06.1990 in ABl. EG Nr. L 158, S. 59. 40 41 IV. B. Beförderungsbedingungen der Fluggesellschaften Die Beförderungsbedingungen der Deutschen Lufthansa waren Gegenstand Verbandsklageverfahrens, das mit Urteil des BGH vom 20. Januar 1983 endete. 127 eines In neuerer Zeit hat der VZBV u. a. einzelne Bestimmungen der Beförderungsbedingungen von British Airways, Air Baltic und German Wings geprüft und einer gerichtlichen Klärung zugeführt. Nachfolgend werden die Grundsatzentscheidung des BGHs vom 20.01.1983 in Sachen Lufthansa sowie die inzwischen vorliegenden Entscheidungen British Airways und Air Baltic Corporation dargestellt. Während es in dem Verfahren gegen die Lufthansa vorrangig um Haftungsbegrenzung und Leistungsänderung in den AGB geht, sind die neueren Verfahren geprägt von Preisklauseln, insbesondere im internationalen Flugverkehr. Zu den grundlegenden Fragen bei der AGBrechtlichen Beurteilung von Klauseln in Beförderungsbedingungen der Fluggesellschaften gehört das Verhältnis der Rechtsgrundlagen in den internationalen Abkommen wie dem Warschauer Abkommen, dem Abkommen von Montreal, den Beförderungsbedingungen der IATA und dem nationalen Vertragsrecht. Zu diesen Fragen hat der BGH in seiner Entscheidung vom 20.01.1983 grundlegend festgestellt, dass die Beförderungsbedingungen nicht der Inhaltskontrolle durch das AGB-Gesetz entzogen seien, auch nicht gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 1 – 3 AGBG weil eine entsprechende Anwendung der Ausnahmevorschriften (für staatlich genehmigte Beförderungsbedingungen) nicht möglich sei. Die Bedingungen stimmten zwar – von redaktionellen Änderungen abgesehen – mit der IATA-Empfehlung (seinerzeit vom 01.04.1971) wörtlich überein. Diese Bedingungen sind aber keine Rechtsnormen. Als Zusammenschluss von Luftverkehrsunternehmen ist die IATA kein Völkerrechtssubjekt, sondern ein internationaler, nicht staatlicher Verband. Selbst wenn die Bedingungen der IATA in anderen Staaten, deren Luftverkehrsgesellschaften Mitglieder der IATA sind, unverändert gelten, besteht kein Anlass, sie als „internationale AGB“ von einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz auszunehmen. Der mit dem AGB-Gesetz bezweckte Schutz des Verbrauchers gebiete es, auch solche Klauseln einer gerichtlichen Kontrolle zu unterwerfen, die inhaltsgleich als Allgemeine Geschäftsbedingungen in anderen Ländern gelten. Das inländische Interesse an einem wirksamen und unbeschränkten Verbraucherschutz geht dem Streben nach internationaler Rechtseinheitlichkeit vor. Auch die Bezugnahme der Beförderungsbedingungen zum Warschauer Abkommen (z. B. hinsichtlich der Haftungsregelungen) ändert nichts an ihrem Rechtscharakter als AGB. Sie sind der Inhaltskontrolle auch nicht deshalb entzogen, weil sie durch Verfügung des Bundesministers für Verkehr genehmigt werden. Die streitgegenständlichen Klauseln sind unwirksam. Leistungsänderungen und Haftungsfreizeichnungen. 127 Es handelt sich um BGH, Urteil v. 20.01.1983, VII ZR 105/81, NJW 1983, 1322. 41 42 1. Haftungsbegrenzung Text: Die im Flugschein, Flugplan oder anderenorts angegebenen Verkehrszeiten werden jedoch nicht garantiert und sind nicht Bestandteil des Beförderungsvertrages. Der Luftfrachtführer übernimmt keine Verantwortung für das Erreichen von Anschlüssen. Text: Bei Hotelbestellungen oder anderen Abmachungen über Unterkunft und Verpflegung der Fluggäste oder über Ausflüge am Boden oder ähnliche Veranstaltungen , ob auf Kosten des Luftfrachtführers oder nicht, handelt der Luftfrachtführer nur als Agent des Fluggastes; er haftet nicht für Verluste, Schäden oder Aufwendungen jeglicher Art, die dem Fluggast durch die Inanspruchnahme der Unterkunft oder die Inanspruchnahme der entsprechenden Veranstaltung oder in Verbindung damit entstehen oder die dadurch entstehen, dass andere Personen, Gesellschafter oder Agenturen ihm die Inanspruchnahme verweigern. Text: Bei der Beförderung von Personen sowie von aufgegebenem Gepäck ist der Luftfrachtführer zum Schadensersatz nur dann verpflichtet, wenn ihm nachweislich Fahrlässigkeit zur Last fällt. Text: Die Haftung des Luftfrachtführers gegenüber einem Fluggast für Tod, Körperverletzung oder Gesundheitsbeschädigung ist auf den Betrag von 250.000 Goldfranken oder deren Gegenwert (ca. 20.000 US-Dollar) beschränkt; ist in dem anwendbaren Recht eine andere Haftungsbeschränkung vorgesehen, so findet jene Anwendung. Diese Haftungsbeschränkungen stehen mit den Normen des AGB-Gesetzes nicht im Einklang. Auch wenn die Fluggesellschaft aufgrund der Besonderheiten des Luftverkehrs keine Garantie für das Einhalten der Flugzeiten übernehmen kann, ist es gleichwohl nicht zulässig, jede Haftung für Verspätungsschäden auszuschließen. Der Fluggast bucht gerade deshalb einen im Flugplan aufgeführten Flug, um nach der vorgesehenen Ankunftszeit einen Termin wahrzunehmen oder einen bestimmten Anschluss zu erreichen. Es gehört deshalb zum Inhalt der geschuldeten Leistungspflicht, die Flugzeiten einzuhalten. Die Klausel verstößt gegen § 11 Nr. 8b AGBG, weil mit ihr auch der Anspruch auf einen Verzögerungsschaden ausgeschlossen ist. Der Haftungsausschluss für vermittelte Leistungen verstößt gegen § 11 Nr. 7 AGBG, weil auch grobfahrlässiges und vorsätzliches Verschulden von Erfüllungsgehilfen erfasst ist. Die Regelung zur Begrenzung des Anspruchs auf Schadensersatz bei Nachweis von Fahrlässigkeit durch den Fluggast verstößt gegen § 11 Nr. 15a AGBG. Dem Fluggast wird 42 43 eine Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich der Fluggesellschaft liegen. Die Haftungsbegrenzung auf 250.000 Goldfranken ist unwirksam als Verstoß gegen § 11 Nr. 7 AGB-Gesetz, weil sie grob fahrlässig und vorsätzlich verursachte Schäden nicht ausnimmt. 2. Leistungsänderung Text: Flugpläne unterliegen Änderungen ohne Vorankündigung. Der Luftfrachtführer kann, wenn die Umstände es erfordern, im Flugschein oder Flugplan genannte Zwischenlandepunkte ändern oder auslassen und kann ohne Vorankündigung andere Flugfrachtführer mit der Beförderung betrauen oder anderes Fluggerät einsetzen. Text: Wenn es die Umstände erfordern, kann der Luftfrachtführer ohne Ankündigung einen Flug absagen, beenden, umleiten, verschieben oder verspäten; in allen diesen Fällen wird der Luftfrachtführer nach pflichtgemäßem Ermessen, unter Berücksichtigung der Interessen des Fluggastes ihn entweder anderweitig befördern, umleiten oder eine Erstattung durchführen. Eine weitergehende Haftung ist ausgeschlossen. Die Klauseln enthalten Leistungsänderungsvorbehalte unter Verstoß gegen § 10 Nr. 4 AGBG. Bei Linienflügen sind unangekündigte Änderungen von Zwischenlandepunkten und die Verwendung eines anderen Flugzeugtyps erhebliche Leistungsabweichungen, die für Fluggäste auch unter Berücksichtigung der Interessen der Fluggesellschaft nicht ohne Weiteres zumutbar sind. Mit dem Vorbehalt, ohne Ankündigung einen Flug absagen oder ändern zu können, wenn die Umstände es erfordern, behält sich die Fluggesellschaft ein Leistungsänderungsrecht entgegen § 10 Nr. 4 AGBG und einen Rücktrittsvorbehalt gemäß § 10 Nr. 3 AGBG vor. Sachliche Gründe für Änderung und/ oder Rücktritt sind in der Klausel nicht angegeben. Aus der Formulierung „wenn die Umstände es erfordern“ ist nicht zu erkennen, aus welchem Grund ein Flug geändert oder abgesagt werden soll. Die entscheidende Frage, ob die Änderung für den Fluggast zumutbar ist, kann mit dem Wortlaut der Klausel nicht beantwortet werden. 3. Preisänderungsklausel In einem Verfahren des VZBV gegen Air Baltic, eine Fluggesellschaft mit Sitz in Lettland, geht es um die Frage, ob folgende Preisänderungsklausel nach den Regeln des Deutschen AGB-Rechts zu beurteilen ist. Text: Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass Steuern und Gebühren, die noch nicht berechnet wurden, bezahlt werden müssen. Das Landgericht Berlin128 hatte die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht ausreichend nachgewiesen habe, dass die Beklagte diese Geschäftsbedingungen im Inland verwendet habe. Die Klausel befindet sich in Beförderungsbedingungen der Fluggesellschaft, die im 128 LG Berlin v. 07.03.2007 - 26 O 323/06. 43 44 Internet aufgerufen werden können. Auf der Grundlage dieser Bedingungen ist die Buchung von Flügen im Internet möglich. Nach Ansicht des Landgerichts ist aber mit der bloßen Möglichkeit, die Internetadresse der Beklagten in Berlin aufrufen zu können, das Stadium einer Vertragsanbahnung noch nicht erreicht und damit liegt noch kein Verwenden der Klausel im Sinne von § 6 Abs. 1 Ziffer 1 UKlaG vor. Dieser Ansicht ist das Kammergericht 129 nicht gefolgt. Das anwendbare Recht bestimmt sich vorliegend nach Art. 27 - 30 EGBGB, dem Vertragsstatut. Dieses verweist auf deutsches Recht. Das Deliktstatut des Art. 40 EGBG ist nicht einschlägig. Gemäß Art. 31 Abs. 1 EGBG gehört zum Vertragsstatut die Einbeziehung von AGB und ihre Wirksamkeit nach der Inhaltskontrolle. Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegt der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er die engsten Verbindungen aufweist. Die widerlegliche Vermutung des Art. 28 Abs. 2 EGBGB, wonach grundsätzlich das Recht der gewerblichen Hauptniederlassung des Luftfrachtführers maßgeblich ist, gilt hier nicht, weil das Vertragsverhältnis durch den Transport charakterisiert wird. Charakteristische Leistung ist die von der Beklagten zu erbringende Beförderung. Die hier streitgegenständlichen Luftbeförderungsverträge weisen aufgrund der Gesamtumstände eine enge Verbindung mit Deutschland auf, gemäß Art. 28 Abs. 5 EGBGB: • • • • Die Vertragsabwicklung erfolgt überwiegend in Deutschland, die Toplevel Domain de richtet sich an in Deutschland lebende Kunden, für die Kunden ist der Bestimmungsort ein in Deutschland liegender Flughafen, der von der AGB-Kontrolle bezweckte Schutz der Verbraucher vor benachteiligenden Klauseln gebietet die Anwendung der Inhaltskontrolle . Hinzu kommt, dass die reale Leistungserbringung nicht nur in Lettland, sondern ebenso in Deutschland erfolgt, da die im Internet angebotenen Flüge von deutschen Flughäfen abgehen, bzw. dort ankommen. Nach dem anwendbaren deutschen Recht verstößt die Klausel gegen § 309 Nr. 1 BGB, weil sich die Beklagte das Recht vorbehält, nachträglich zum vereinbarten Ticketpreis eine zusätzliche Zahlung für Steuern und Gebühren zu verlangen. 4. Leistungseinschränkung Zu den aktuellen Problemen des AGB-Rechts von Luftbeförderungsverträgen gehört die Frage des sogenannten Cross Ticketing. In den Bedingungen von British Airways ist dazu folgende Regelung enthalten: Text: Wenn Sie nicht alle Flight-Coupons in der im Flugschein angegebenen Reihenfolge nutzen, wird der Flugschein von uns nicht eingelöst und verliert seine Gültigkeit. Mit dieser Regelung will die Fluggesellschaft verhindern, dass ihre Tarifstruktur unterlaufen wird. Sie bietet für Touristen Hin- und Rückflüge an, mit einer Mindestaufenthaltszeit , die preisgünstiger sind als Beförderungen, bei denen der Rückflug sofort angetreten werden kann. Die Klausel soll verhindern, dass ein Kunde den teuren Tarif umgeht, in dem er zwei preisgünstige Flugscheine mit Mindestaufenthalt günstig erwirbt und aus jedem Flugschein ein Segment abfliegt. 129 KG v. 17.12.2007 – 23 U 65/07. 44 45 Das Landgericht Frankfurt am Main hat diese Klausel für unwirksam erklärt, denn sie widerspricht den Grundsätzen des gesetzlichen Vertragsrechts. Es gibt keine gesetzliche Regelung wonach ein durch Teilleistung erfüllbarer Anspruch insgesamt verfällt, wenn er nur teilweise in Anspruch genommen wird. Eine Bestimmung ist sogar unwirksam, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme der Leistung, die Zahlung einer Vertragstrafe versprochen wird (§ 309 Nr. 6 BGB). Die Verfallklausel weicht zum Nachteil der Verbraucher von wesentlichen Grundgedanken des Vertragsrechts ab. „Niemand wird bezweifeln, dass es unangemessen wäre, wenn ein Gastwirt einem Gast, der ein Menü bestellt hat, den Hauptgang verweigert, oder nur gegen einen Aufpreis servieren will, weil er seine Suppe nicht aufgegessen hat.“ (wörtliches Zitat) 130 . 5. Auswertung und Zusammenfassung Die AGB der Fluggesellschaften sind geprägt von ihrem Bezug zu internationalen Rechtsregeln und dem Bedürfnis der Fluggesellschaften nach Preisflexibilität. Aufgrund der sich ausbreitenden Angebote, sogenannter Billigflieger kommt in den AGB der Fluggesellschaften den Klauseln zur Preisänderung ein besonderer Stellenwert zu. Trotz der grenzüberschreitenden und der damit internationalrechtlichen Anknüpfung der Flugbeförderungsverträge ist das Bestreben der Rechtsprechung erkennbar, das nationale AGB-Recht zur Anwendung zu bringen, wie zuletzt in der Entscheidung des Kammergerichts in Sachen Air Baltic. Ob angesichts der fortschreitenden EU-Rechtsvereinheitlichung der in der Entscheidung des BGH in Sachen Lufthansa im Jahre 1993 betonte Vorrang des nationalen Rechts heute noch gilt, ist aber fraglich131 . Die Frage der Rechtswahl und der Anwendung des AGB-Rechts berührt aber keinen Kernbereich der Inhaltskontrolle, soweit es um die Verträge mit Anbietern aus anderen Staaten der EU geht, die nach der EU-AGBRichtlinie vergleichbaren Rechtsstandards unterliegen. Die Entscheidung des Kammergerichts hätte deswegen auch auf der Grundlage baltischen AGB-Rechts zum selben Ergebnis geführt. Nicht unproblematisch ist, dass aus den Formulierungen der Lufthansa-Bedingungen bereits zu entnehmende Bemühen nach vollständiger Benennung aller in Betracht kommenden Tatbestände des jeweiligen Regelungsbereichs, wie es insbesondere für das angloamerikanische Recht typisch ist. Gerade umfangreiche und detaillierte AGBRegelungen sind dem Risiko ausgesetzt wegen einzelner Tatbestandsmerkmale die Verbotstatbestände des AGB-Rechts zu erfüllen. Neuestes Beispiel hierfür sind die Preisänderungsklauseln der Pauschalreiseveranstalter, die in ihrer Komplexität den Haftungsregeln der Lufthansa ähnlich sind. V. Allgemeine Geschäftsbedingungen der Versicherungen Die Vertragsbedingungen der Versicherungsgesellschaften sind erst spät in den Focus der Verbraucherverbände gelangt. Der Jahresbericht des Verbraucherschutzvereins weist erstmals für 1986 drei Abmahnungen in der Statistik auf, über die aber nicht weiter berichtet wird. Die Gründe dafür sind nicht ohne Weiteres auszumachen. Ein Grund dürfte sein, dass die Verbraucherverbände erst nach Wegfall der aufsichtsbehördlichen Genehmigung für AVB ab dem 29.07.1994 132 Veranlassung gesehen haben, sich den freigegebenen 130 LG Frankfurt/Main vom 14.12.2007 – 2 – 2 O 243/07 (nicht rechtskräftig). EU Fluggastrechte VO trägt zu einer weitergehenden Vereinheitlichung verbraucherschützender Standards bei. 132 Artikel 1 des dritten Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften BGBl . 19 94 I, 1630. 131 45 46 Versicherungsbedingungen mit größerer Aufmerksamkeit zuzuwenden. Damit wird aber zugleich deutlich, dass die gerichtliche Inhaltskontrolle, die auch für behördlich genehmigte AGB zugelassen ist, jedenfalls nicht von Anfang an höchste Priorität gehabt hat. Das AGBGesetz hat in § 23 Abs. 3 für Versicherungsbedingungen nur eine Vereinfachung der Einbeziehung vorgesehen, damit jedoch zugleich zum Ausdruck gebracht, dass die Vorschriften der Inhaltskontrolle ausnahmslos anzuwenden sind. Ein weiterer Grund könnte darin zu sehen sein, dass allgemeine Versicherungsbedingungen im Verbandsklageverfahren einer eingeschränkten Inhaltskontrolle unterliegen. Beschreibungen des abgesicherten Risikos und primäre Leistungsausschlüsse können nach derzeitiger Rechtslage nicht im Wege des kollektiven Verbraucherschutzes überprüft werden. Daraus ist abzuleiten, dass die Entwicklung der Versicherungsbedingungen nur zum Teil durch Verbandsklageverfahren geprägt ist. In weiten Bereichen sind Individualstreitigkeiten für die Entwicklung maßgeblich. Ab dem Jahr 1989 bis zum Jahre 2000 werden durch den Verbraucherschutzverein zahlreiche Klauseln in den unterschiedlichen Bereichen der Versicherungsbranche einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt. Die zahlenmäßige Entwicklung der Abmahnungen und Klageverfahren in diesem Zeitraum ist aus der nachfolgenden Statistik zu entnehmen: 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 03 Abmahnungen 01 Abmahnungen 05 Abmahnungen 10 Abmahnungen 01 Abmahnungen 62 Abmahnungen 23 Abmahnungen 11 Abmahnungen 10 Abmahnungen 09 Abmahnungen 10 Abmahnungen 13 Abmahnungen 40 Abmahnungen 15 Abmahnungen 01 Abmahnungen 00 Klageverfahren 00 Klageverfahren 00Klageverfahren 09 Klageverfahren 01 Klageverfahren 15 Klageverfahren 13 Klageverfahren 18 Klageverfahren 06 Klageverfahren 03 Klageverfahren 01 Klageverfahren 07 Klageverfahren 08 Klageverfahren 07 Klageverfahren 01 Klageverfahren Aus den Verfahren des Verbraucherschutzvereins zu den Versicherungsbedingungen sind die Laufzeitklauseln hervorzuheben. Der Verbraucherschutzverein hat im Jahre 1988 systematisch mit der Überprüfung von Laufzeitklauseln begonnen und dabei festgestellt, dass ein Großteil der Haftpflicht-, Unfall- und Sachversicherungsverträge mit einer Laufzeit von 10 Jahren ohne Kündigungsmöglichkeit abgeschlossen wurden 133 . Mit jeweils unterschiedlichen Gestaltungen in den Antragsformularen wird grundsätzlich eine zehnjährige Bindung des Verbrauchers an den jeweiligen Versicherungsvertrag festgelegt. Auch wenn dies bei Kranken- und Lebensversicherungsverträgen noch als sachgerecht und angemessen angesehen werden kann, so ist es im Bereich der Sachversicherungen die wesentliche Ursache für geringe Preisdifferenzierung und verhindert den Marktzutritt neuer Unternehmen. Dieser in dem Hauptgutachten der Monopolkommission für die damalige EU-Kommission ermittelte Befund, ist für die Verbraucherverbände Anlass für die Einleitung von Überprüfungsverfahren. 133 Heidemann, VuR 1997, 181 (182). 46 47 Neben Laufzeitklauseln geht es in den Klageverfahren zu Versicherungs- AGB um verdeckte Obliegenheiten, die Wissenschaftlichkeitsklausel in der privaten Krankenversicherung, um Leistungsausschlussklauseln in Kreditlebensversicherungen, die Inhaberklausel in Lebensversicherungsverträgen, um Bedingungsanpassungsklauseln und um die Leistungsbeschränkungen in Krankenversicherungsverträgen. 1. Laufzeitklauseln Vor dem Hintergrund der in dem EG-Richtlinienentwurf zur Koordinierung der Rechts- und Vermittlungsvorschriften über Versicherungsverträge in Artikel 10 enthaltenen Regelung, wonach Versicherungsverträge grundsätzlich für eine Dauer von drei Jahren abgeschlossen werden können und zum Ende des dritten oder jedes darauf folgenden Jahres kündbar sein sollen, begann der Verbraucherschutzverein im Jahre 1988 mit der systematischen Überprüfung von Laufzeitklauseln in Versicherungsverträgen. Abgemahnt wurde der im Antragsformular von zwei Unfallversicherungen enthaltene Text: Dauer der Versicherung: 10 Jahre. Die Klausel wurde als unangemessene Benachteiligung gemäß § 9 Abs. 1 AGBG beanstandet, da gemäß § 23 Abs. 6 AGBG die Laufzeitvorschrift für Dauerschuldverhältnisse in § 11 Nr. 12 a AGBG nicht anwendbar ist. Die seinerzeit einschlägige Vorschrift des § 8 Abs. 2 VVG regelt nur Kündigungsfristen von nicht weniger als einem und nicht mehr als drei Monaten, jedoch ohne Bestimmung der Vertragslaufzeit. Vorgesehen ist lediglich, dass die Parteien bei Versicherungsverträgen, die auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden, im gegenseitigen Einverständnis bis zur Dauer von zwei Jahren auf das Kündigungsrecht verzichten können. Ein ausdrückliches Verbot länger laufender Verträge enthält das VVG nicht. Ebenso wenig ist in der damals geltenden Fassung eine ausdrückliche Regelung des Kündigungsrechts des Versicherungsnehmers für den Fall länger laufender Verträge vorgesehen. Gleichwohl hält der VSV die Regelung des § 8 Abs. 2 VVG mit der Möglichkeit des Verzichts auf das Kündigungsrechts für die Dauer von nur zwei Jahren für eine Leitlinie des Gesetzgebers, die zum Ausgleich beiderseitiger Interessen einen darüber hinaus gehenden Kündigungsausschluss nicht vorsieht. Das Argument der Versicherer, mit länger laufenden Verträgen seien regelmäßig günstigere Prämien verbunden, wurde durch eine Untersuchung der Stiftung Warentest aus dem Jahre 1987 widerlegt. Danach hatten gerade die abgemahnten Versicherer mit 10-Jahres-Verträgen höhere Jahresprämien erhoben, als andere Versicherer mit gleichen Leistungen 134 . Das Landgericht Düsseldorf hat in einer ersten Entscheidung vom 05.07.1989 135 die Laufzeitklausel für unwirksam erklärt. Zeitgleich mit dem Urteil legte der Gesetzgeber einen Entwurf zur Änderung des Gesetzes über die Aufsicht des Versicherungswesens vor, der in Artikel 2 eine Änderung des § 8 VVG enthält. Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung in der Fassung vom 03.08.1989 136 sieht ein Kündigungsrecht für den Ablauf des dritten und jeden darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 10 Monaten vor, es sei denn, dass Versicherer dem 134 Stiftung Warentest, Untersuchung von 1987. LG Düsseldorf v. 5.7.1989 – 12 O 83/89 NJW-RR 1989, 1300. 136 BT-Drucksache. 135 47 48 Versicherungsnehmer bei Abschluss des Vertrages ein Wahlrecht von einem, zwei oder drei Jahren mit gestaffelter Prämie einräumen. Auch das Landgericht München I hält die Laufzeitklauseln mit Urteil vom 23.11.1989 137 für unwirksam. Beide Urteile werden zunächst nicht rechtskräftig. Allerdings nehmen Die Erste Allgemeine die Berufung zum OLG München und die ARAG Versicherung die gegen das Urteil des OLG Düsseldorf 138 eingelegte Revision zurück. Auf die in der nachfolgenden Zeit einsetzende Welle von Vertragskündigungen durch Versicherungsnehmer unter Hinweis auf die rechtskräftige Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf, reagieren die Versicherungsunternehmen jedoch durchgehend ablehnend. Zur Begründung weisen sie daraufhin, dass das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf ausschließlich die Prozessparteien binde, dass die Frage einer Zulässigkeit einer zehnjährigen Bindung höchstrichterlich noch nicht geklärt sei, dass die Entscheidung des OLG Düsseldorf zu einem Unfallversicherungsvertrag ergangen sei und daher auf andere Versicherungssparten wie Hausrat- oder Haftpflichtversicherungen nicht übertragbar wäre und unter Hinweis auf die unterschiedliche formularmäßige Gestaltung in dem jeweiligen Antragsformular, zum Teil durch Ankreuzen der Laufzeit, zum Teil durch Eintragen handschriftlich des Beginns und des Endes der Versicherungslaufzeit. Der Verbraucherschutzverein hat daraufhin in Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen sämtliche namhaften Versicherungsunternehmen abgemahnt. Dies belegt die Statistik für 1991 mit 62 Abmahnungen und 15 anschließenden Klageverfahren. Soweit die Laufzeit ausschließlich handschriftlich eingetragen wurde, hat der VSV durch eidesstattliche Versicherung des Versicherungsnehmers den Nachweis versucht, dass es sich auch hierbei um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, da dem Versicherungsnehmer nicht die Möglichkeit eröffnet wurde, eine kürzere Vertragsdauer zu vereinbaren. Bereits im Jahre 1992 ergingen zur Frage der vor gedruckten Laufzeitklauseln 17 weitere landgerichtliche Entscheidungen zu verschiedenen Sparten, vor allem Unfall-, Hausrat- und Haftpflichtversicherung. Untersagt werden nicht nur fest vorgegebene und eingedruckte Klauseln von 10 Jahren, sondern auch Vordrucke, mit denen die Laufzeit von 10 Jahren durch Ankreuzen in einem Kästchen vereinbart wird. Dem Tatbestandsmerkmal „vorformuliert“ des § 1 AGBG steht nicht entgegen, dass die vorgedruckte Erklärung durch Ankreuzen des dafür vorgesehenen Kästchens noch ausfüllbedürftig ist. Mit fünf überwiegend gleich lautenden Entscheidungen vom 13.07.1994 stellte der BGH 139 fest, dass eine Laufzeitvereinbarung von 10 Jahren in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam getroffen werden kann. Damit war in Bezug auf Haftpflicht-, Hausrat- und Unfallversicherungen ein vorläufiger Schlussstrich unter eine jahrelange Diskussion über die Angemessenheit langfristiger Vertragsbedingungen gezogen. Die Entscheidungen beziehen sich ausdrücklich nur auf vorgedruckte Laufzeitklauseln. Enthält das Formular dagegen offene Stellen, die vom Versicherungsnehmer selbstständig auszufüllen sind, so unterliegen diese Eintragungen nicht der Inhaltskontrolle 140 . Der BGH sieht in den Zehnjahresklauseln eine erhebliche Belastung der Versicherungsnehmer wegen der damit verbundenen Einschränkung der Dispositionsfreiheit bei Abschluss eines neuen Vertrages. Die 137 LG München I v. 23.11.1989- 7 O 7816/89 r + s 1990, 74. OLG Düsseldorf v. 15.3.1990– 6 U 167/89 NJW-RR 1991, 1024. 139 BGH, Urteil v. 13.07.1994, IV ZR 107/93, NJW 1994, 2693; BGH, Urteil v. 22.02.1995, IV ZR 44/94, NJW 1995, 1289. 140 BGH, Urteil v. 07.07.1996, IV ZR 16/95, NJW 1996, 1676; VersR 1997, 345 und 685. 138 48 49 streitgegenständlichen Antragsformulare sehen kürzere Laufzeiten auch nicht gegen Prämienaufschläge vor. Dem Versicherungsnehmer ist jede Möglichkeit genommen, die Antragsdauer an die schon im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gegebenen oder vorhersehbaren Umstände anzupassen. Noch schwerer wiegt, dass der Versicherungsnehmer auch nach Vertragsabschluss keine Möglichkeit hat, sich marktgerecht zu verhalten, was zu einer Wettbewerbsbeschränkung führt. Nachdem die erstinstanzlichen Entscheidungen zu 10-Jahres-Klauseln im Jahre 1993 im Wesentlichen durch die Oberlandesgerichte bestätigt wurden, ging der VSV dazu über, nunmehr auch Verträge mit einer fest vorgegebenen Laufzeit von fünf Jahren abzumahnen. In den Verfahren wegen einer Laufzeitdauer von 5 Jahren ist der VSV aber nicht erfolgreich. Mit Urteil vom 06.12.1995 wies der BGH 141 die Klage des VSV wegen 5-Jahres-Klausel in einer Unfallversicherung ab. Die formularmäßigen Bestimmungen einer zehnjährigen Laufzeit seien zwar unwirksam, weil hierdurch das Gleichgewicht zwischen den Vertragsparteien in einem Maße gestört wird, das mit den Geboten von Treu und Glauben nicht zu vereinbaren ist. Dieses Abwägungsergebnis ist aber auf eine Fünfjahresklausel nicht zu übertragen. Die den Versicherungsnehmer treffende Einschränkung seiner Dispositionsfreiheit ist nicht so belastend wie bei einem Vertrag mit doppelt so langer Laufzeit. Ein Zeitraum von fünf Jahren sei hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse überschaubar. Der Versichererwechsel bei Änderung der Marktverhältnisse führe zu keinem schweren Nachteil, wenn der Versicherungsnehmer noch für den Rest der fünfjährigen Laufzeit an den Vertrag gebunden bleibe. Dies gelte auch, wenn der Versicherungsnehmer während der Bindungsdauer den Versicherer deshalb wechseln will, weil z. B. dessen Service nicht seinen Vorstellungen entspricht. 2. Wissenschaftlichkeitsklausel Mit Urteil des BGH vom 23.06.1993 wurde die sogenannte Wissenschaftlichkeitsklausel aus § 5 Abs. 1 f) der Musterbedingungen des Verbandes der Privaten Krankenversicherungen aus dem Jahre 1976 für unwirksam erklärt. Die Klausel lautet: Text: Keine Leistungspflicht besteht für wissenschaftlich nicht Untersuchungen oder Behandlungsmethoden und Arzneimittel. allgemein anerkannte Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte der Berufung der beklagten Versicherung stattgegeben und das Unterlassungsurteil des Landgerichts aufgehoben. 142 Auf die Revision des Verbraucherschutzvereins hat der BGH die vorgenannte Klausel für unwirksam erklärt. Die Klausel unterliegt der Inhaltskontrolle, da sie das Hauptleistungsversprechen einschränkt, verändert und ausgestaltet und damit nicht lediglich eine Leistungsbeschreibung enthält. Nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse wird die Leistung für alle Methoden ausgeschlossen, die nicht zur sogenannten Schulmedizin gehören, in erster Linie also alle alternativen Heilmethoden. In diesem Verständnis schränkt die Klausel wesentliche Rechte des Versicherungsnehmers, die sich aus der Natur des Krankenversicherungsvertrages ergeben, so sehr ein, dass der Vertragszweck im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG gefährdet ist. Die Einschränkung der Leistung bezieht sich auf zwei Aspekte: Zum einem steht sie im Widerspruch zu den Tarifbestimmungen, in denen auch die Kosten für die Behandlung durch Heilpraktiker zu den versicherten Leistungen gehören. Zum anderen wird durch die Klausel 141 142 BGH, Urteil v. 6.12.1995, IV ZR 380/94, NJW 1995, 2710; VersR 1996, 177; ZIP 1997, 1343. OLG Stuttgart in VersR 1992, 183. 49 50 die Erstattung solcher Kosten ausgeschlossen, die durch Behandlung unheilbarer Krankheiten entstehen, in denen die Schulmedizin noch keine allgemein anerkannten Methoden zur Behandlung gefunden hat. Unter dem Begriff der medizinisch notwendigen Heilbehandlungen i. S. des § 1 Abs. 2 MBKK 76 ist jegliche ärztliche Tätigkeit versichert, die durch die betreffende Krankheit verursacht worden ist, sofern die Leistung des Arztes ihrer Art nach in den Rahmen der medizinisch notwendigen Krankenpflege fällt oder auf Heilung oder auch nur auf Linderung der Krankheit abzielt. Die Wissenschaftlichkeitsklausel beschränkt die Methoden zur Linderung einer Krankheit auf allgemein anerkannte Methoden, die sich an Heilerfolgen messen lassen, was bei unheilbaren Krankheiten gerade nicht möglich ist. Die Klausel geht deshalb erheblich über die berechtigten Interessen des Versicherers hinaus, die Kosten einer notwendigen Heilbehandlung niedrig zu halten und Aufwendungen für Scharlatanerie von der Erstattungspflicht auszuschließen. Es ist aber kein rechtliches Interesse des Versicherers erkennbar, Kosten für eine Behandlungsmethode der alternativen Medizin, die als erprobt und Erfolg versprechend angewandt wird, nicht zu erstatten. 3. Prämienanpassungsklausel Zu den relativ frühen Verfahren im Bereich des Versicherungsrechts gehört die Klage des VSV wegen der in den Hausratbedingungen (VHB 84 § 16) geregelten Prämienanpassungsklausel. Text: Die Versicherungssumme erhöht oder vermindert sich mit Beginn eines jeden Versicherungsjahres entsprechend dem Prozentssatz, um den sich der Preisindex für andere Verbrauchs- und Gebrauchsgüter ohne Nahrungsmittel und ohne normaler Weise nicht in der Wohnung gelagerte Güter aus dem Preisindex der Lebenshaltungskosten aller privaten Haushalte im vergangenen Kalenderjahr gegenüber dem davor liegenden Kalenderjahr verändert hat. Der Veränderungsprozentsatz wird auf eine ganze Zahl abgerundet. Maßgebend ist der vom Statistischen Bundesamt jeweils für den Monat September veröffentlichte Index…Die Prämie wird aus der neuen Versicherungssumme berechnet. Mit dieser Regelung wird eine Dynamisierung der Versicherungssumme festgelegt, ohne dass der Versicherungsnehmer der Anpassung widersprechen kann. Die eigentliche Prämienanpassung erfolgt dann gemäß § 16 Abs. 2 VHB 86 mit folgender Regelung: Text: Die Prämie pro 1000 DM pro Versicherungssumme, auch soweit sie für erweiterten Versicherungsschutz vereinbart ist (Prämiensatz), kann zu Beginn eines jeden Versicherungsjahres erhöht oder muss verringert werden, wenn sich das Verhältnis der Summe aller Schadenszahlungen aus Hausratversicherungen (ohne Schadensregulierungskosten) zum Gesamtbetrag der Hausratversicherungssummen im Durchschnitt der gemäß B maßgebenden drei Jahre um mindestens 5 % erhöht oder vermindert hat. Erhöht sich der Prämiensatz um mehr als 10 %, so kann der Versicherungsnehmer innerhalb eines Monats, nachdem ihm die Erhöhung mitgeteilt wurde, den Versicherungsvertrag mit Wirkung für den Zeitpunkt kündigen, in dem die Erhöhung wirksam werden sollte. Das Kündigungsrecht entsteht auch, wenn sich innerhalb von drei aufeinander folgenden Versicherungsjahren der Prämiensatz mehrfach erhöht hat und zwar auf einen Satz, der mehr als 20 % über dem Prämiensatz zu Beginn dieses Zeitraumes liegt. Kündigungen sind schriftlich zu erklären. 50 51 Die Ansicht des Verbraucherschutzvereins, dass die Klausel eine unangemessene Benachteiligung enthält, weil sie dem Versicherungsnehmer nicht ein außerordentliches Kündigungsrecht für jede Prämienerhöhung zugesteht, jedenfalls dann, wenn nicht zugleich die Versicherungsleistung durch Dynamisierung verändert wird, hatte zunächst vor dem Landgericht Hamburg keinen Erfolg. 143 Die Änderung des § 31 VVG durch das Gesetz vom 17.12.1990 144 regelt das Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers für den Fall einer Prämienerhöhung erstmals für Versicherungsverträge. Danach besteht ein Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers, wenn der Versicherer aufgrund einer Prämienanpassungsklausel das Entgelt um mehr als 5 von Hundert des zuletzt gezahlten Beitrages oder mehr als 25 von Hundert des ersten Beitrages erhöht. 4. Leistungsausschluss / Vorerkrankungen a) Restschuldversicherung Restschuldversicherungsverträge unterhielten die u. a. vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen bis 1994 genehmigten Allgemeinen Geschäftsbedingungen 145 mit folgender Klausel Text: Eine Leistungspflicht besteht nicht für Krankheiten und deren Folgen …, die vor Beginn des Versicherungsschutzes behandlungsbedürftig waren. Der Verbraucherschutzverein sah in dieser Klausel eine wesentliche Benachteiligung und eine Vertragszweckgefährdung im Sinne von § 9 AGBG, weil der Versicherungsnehmer bei Abschluss des Vertrages nicht abschätzen kann, welche Risiken im Einzelnen abgesichert werden. Die Frage, ob eine Krankheit behandlungsbedürftig ist, knüpft an kein äußeres Ereignis an, sondern bedarf einer Wertung, deren Ergebnis weder überprüfbar, noch vorhersehbar ist. Das LG Köln 146 hat die Klage des VSV mit der Begründung abgewiesen, der Leistungsausschluss sei notwendig, um das Versicherungsunternehmen vor Absicherung einer bereits eingetretenen Gefahr zu schützen. Die dagegen eingelegte Berufung blieb vor dem OLG Köln erfolglos. 147 Die Revision wurde nicht zugelassen. Zu einer vergleichbaren Klausel hat das Landgericht Berlin mit Urteil vom 17. Mai 1990 148 in einem Individualverfahren die Klausel für unwirksam erklärt und den Zahlungsanspruch des Versicherungsnehmers zugesprochen. Eine letztlich höchstrichterliche Klärung wurde in diesem Verfahren vor dem OLG Köln wegen der Nichtzulassung der Revision verhindert. b) Kreditlebensversicherungsvertrag 143 LG Hamburg v.1.12.1989- 74 O 308/89 r + s 1990, 423. BGBl .I, S. 2864. 145 Genehmigungspflicht weggefallen mit Gesetz vom 21.07.1994, BGBl. I, S 1630. 146 LG Köln 20. 09.1989 – 26 O 22/ 89. 147 OLG Köln v. 09.02.1990 – 6 U 239/89 LSK 1990, 300121. 148 LG Berlin v. 17.5.1990- 7 O 357/88. 144 51 52 Das Landgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 25.März 1998 149 die sogenannte Vorerkrankungsklausel für unwirksam erklärt, die zu einem partiellen Leistungsausschluss führt. Die Klausel lautet: Text: Ich bin damit einverstanden, dass sich der Versicherungsschutz nicht auf vorvertragliche Gesundheitsstörungen der jeweils versicherten Person erstreckt, die dieser bekannt sind und die sie auch in den letzten 12 Monaten vor Beginn des Versicherungsschutzes hatte, wenn der Versicherungsfall in den nächsten 24 Monaten seit Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten ist und mit dessen Gesundheitsstörungen in ursächlichem Zusammenhang steht. Die Klausel ist gemäß § 34 VVG a. F. i. V. m. § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam. Sie weicht zu ungunsten des Versicherungsnehmers von den Regelungen der §§ 16 ff VVG a. F. ab. Diese Vorschriften dienen einem Interessenausgleich zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer bei der Abschätzung des zu versichernden Risikos 150 . Dabei soll der Versicherungsnehmer keinen Wissensvorsprung behalten dürfen bezüglich der Umstände, die für die Risikoeinschätzung durch den Versicherer von Bedeutung sind. Die Nichtanzeige eines bekannten Risikoumstandes berechtigt den Versicherer zum Rücktritt, sofern der Versicherer vor Vertragsabschluss einen seinen praktizierten Risikoprüfungsgrundsätzen entsprechende Antragsprüfung durchführt. In der Klausel ist als Sanktion für die Nichtanzeige von Risikoumständen die Leistungsfreiheit des Versicherers vorgesehen. Sie weicht aber dadurch zu Ungunsten des Versicherungsnehmers von der gesetzlichen Regelung ab, dass eine Prüfung der vorvertraglichen Risiken bei Vertragsabschluss nicht stattfinden soll. Unerheblich ist, dass die Klausel die Leistungsfreiheit auf bekannte Gesundheitsstörungen beschränkt, die in den letzten 12 Monaten vor Antragstellung bestanden haben müssen und zu dem Eintritt des Versicherungsfalles in den ersten 24 Monaten nach Vertragsabschluss geführt haben. Diese zeitliche Begrenzung entspricht nicht einer Wartezeitregelung, denn der Versicherungsnehmer genießt trotz dieser zeitlichen Begrenzung Versicherungsschutz ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, weil die Konstruktion eines vereinfachten Annahme Verfahrens ohne Risikoprüfung gewählt wurde. Die Klausel unterliegt auch der Inhaltskontrolle, weil es sich um einen sekundären Risikoausschluss handelt, mit dem die Beklagte ihr Leistungsversprechen teilweise zurücknimmt. c) Reisekrankenversicherung In Verfahren zu Reisekrankenversicherungsverträgen hat der VSV folgende Klauseln abgemahnt: Text: Keine Leistungspflicht besteht für solche Krankheiten und Unfallfolgen, die bereits vor Beginn des Versicherungsschutzes akut behandlungsbedürftig waren. Die Klausel enthält eine unangemessene Benachteiligung unter Verstoß gegen Treu- und Glauben im Sinne von § 9 AGBG, weil der Versicherungsnehmer keine verlässliche Risikoabsicherung erhält, wenn er damit rechnen muss, dass bereits eine behandlungsbedürftige Krankheit, die er selbst nicht kannte, zum Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses vorlag. Das Landgericht Frankfurt 151 gab der Klage des Verbraucherschutzvereins statt. Der BGH 152 bestätigte letztinstanzlich unter Aufhebung der 149 LG Düsseldorf v. 25.3.1998- 12 O 460/97 VSV ./. CIV Lebensversicherungs AG. BGH NJW 1995, 1534. 151 LG Frankfurt/M v. 19.11.1991 – 2 / 13 O 126/91. 152 BGH, Urteil v. 2.3.1994, IV ZR 109/93, r + s 1994, 190. 150 52 53 Entscheidung des OLG Frankfurt/M 153 diese Rechtsansicht mit der Begründung, die Klausel enthalte einen sekundären Risikoausschluss der nicht wirksam ist, weil damit eine über §§ 16 ff VVG (a. F.) hinausgehende Leistungsfreiheit erreicht werden soll. 5. Untersuchungspflicht im Krankenversicherungsvertrag Im Jahre 1989 leitete der VSV ein Verfahren zu § 9 Abs. 3 MBKK 76 ein in Bezug auf eine Regelung, die den Versicherungsnehmer bzw. die versicherte Person verpflichtet, sich durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt untersuchen zu lassen. Text: Auf Verlangen des Versicherers ist die versicherte Person verpflichtet, sich durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt untersuchen zu lassen. Nach Ansicht des VSV liegt darin eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers, weil die Klausel an keinerlei Voraussetzungen gebunden ist für das Untersuchungsverlangen des Versicherers. Die Klausel begründet eine eigenständige Obliegenheit des Versicherungsnehmers im Rahmen der Auskunfts- und Nachweispflicht zur Duldung der Untersuchung durch einen Arzt, den der Versicherer ausgewählt hat. Sie geht ihrem Wortlaut nach über die Obliegenheiten aus § 34 VVG hinaus, wonach der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, dem Versicherer jede Auskunft zu erteilen, die zur Feststellung des Versicherungsfalles oder zum Umfang der Leistungspflicht erforderlich ist. Eine Beschränkung auf erforderliche Untersuchungen fehlt in der Klausel. Das Landgericht 154 hat die Klage des VSV abgewiesen. Auch die dagegen eingelegte Berufung vor dem Oberlandesgericht blieb erfolglos. 155 Die Revision wurde nicht zugelassen. Begründung: Die Regelung in § 9 Abs. 2 u. 3 MB/KK 76 sieht kein Regelausnahmeverhältnis dahingehend vor, dass dem Versicherer zunächst ein Auskunftsanspruch einschließlich eines Anspruchs auf Entbindung des behandelnden Arztes von der Schweigepflicht zusteht und er nur dann, wenn dieser seinen Zweck nicht erfüllt, den weitergehenden Untersuchungsanspruch geltend machen kann. Objektiver Inhalt der Klausel ist vielmehr, dass der Versicherer nach seiner Wahl Auskunft und / oder Untersuchung des Versicherungsnehmers durch einen Arzt verlangen kann. Die Würdigung der so verstandenen Klausel ergibt bei einer Gesamtbetrachtung des Regelungswerks unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht, dass die beanstandete Bestimmung unangemessen ist. Dafür, dass die Krankheit als Versicherungsfall eingetreten ist, trägt grundsätzlich der VN die Beweislast. Es liegt deswegen in seinem eigenen Interesse von den in Betracht kommenden Beweismöglichkeiten Gebrauch zu machen. Auch ein Verstoß gegen § 9 Abs. 1 AGBG aus dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit einer ärztlichen Untersuchung begründet nicht die Unwirksamkeit der Klausel. Die Klausel regelt lediglich eine Obliegenheit, deren Verletzung gemäß § 10 Abs. 1 MB/KK 76 i. V. m. § 6 Abs. 3 VVG nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit zur Leistungsfreiheit führen kann. Damit ist klargestellt, dass nicht jede Verweigerung einer Untersuchung den VR freistellt. 6. Ausschlussfristen in der Unfallversicherung 153 OLG Frankfurt/M v. 1.4.193 VersR 1993, 1515. LG Köln v. 4.4.1990- 26 0 105/89 inVersR 1990, 616. 155 OLG Köln v. 07.12.1990 – 6 U 137/90 in VersR 1991, 411. 154 53 54 Mit Urteil vom 19. November 1997 hat der BGH 156 die Klage des VSV abgewiesen zu den Ausschlussfristen in der Unfallversicherung. Text: Eine dauernde Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit (Invalidität) als Unfallfolge muss innerhalb eines Jahres vom Unfalltag an gerechnet eingetreten sein; sie muss spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten nach dem Unfalljahr ärztlich festgestellt und geltend gemacht sein (AUB 61 § 8 Abs. II s. 1) Der VSV hatte die Ausschlussfrist als zu kurz beanstandet, da hierdurch das Risiko , dass die Invalidität erst zu einem späteren Zeitpunkt festgestellt werden kann, weil ein Zusammenhang zwischen einem Unfall und einem später auftretenden Leiden nicht gleich erkannt wird oder weil Heilversuche sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, auf den Versicherungsnehmer abgewälzt wird. Der BGH hat die Regelung als angemessen erklärt. Der Versicherer kann nicht für Spätschäden, die in der Regel schwer aufklärbar und unübersehbar sind, eintreten. Eine Vertragszweckgefährdung liege darin nicht, weil Fälle der nicht versicherten Spätschäden relativ selten seien. Deshalb liege auch in möglichen Nachteilen für Versicherte noch keine unangemessene Benachteiligung i. S. v. § 9 Abs. 1 AGBG. 7. Bedingungsanpassungsklauseln In einem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf 157 wurde folgende in der Versicherungsbranche übliche Klausel als unwirksam erachtet: Text: Der Versicherer ist berechtigt, bei Änderung von Gesetzen, auf denen die Bestimmungen des Versicherungsvertrages beruhen, bei unmittelbar den Versicherungsvertrag betreffenden Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der Verwaltungspraxis des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen oder der Kartellbehörden, im Falle der Unwirksamkeit von Bedingungen sowie zur Abwendung einer Kartell- oder aufsichtsbehördlichen Beanstandung einzelne Bedingungen mit Wirkung für bestehende Verträge zu ergänzen oder zu ersetzen. Die neuen Bedingungen sollen den ersetzten rechtlich und wirtschaftlich weitestgehend entsprechen. Sie dürfen die Versicherten auch unter Berücksichtigung der bisherigen Auslegung in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht nicht unzumutbar benachteiligen. Die geänderten Bedingungen werden dem Versicherungsnehmer schriftlich bekannt gegeben und erläutert. Sie gelten als genehmigt, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich widerspricht. Hierauf wird er bei der Bekanntgabe besonders hingewiesen. Zur Fristwahrung ist die Absendung ausreichend. Bei fristgerechtem Widerspruch, laufen die Verträge mit den ursprünglichen Bedingungen weiter. Das Gericht begründet die Entscheidung damit, die Bedingungsanpassungsklausel verstoße bereits formal gegen das Transparenzgebot und benachteilige die Versicherten in unangemessener Weise. Sie verstoße gegen das Gebot der Klarheit und Bestimmtheit, weil die Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Bedingungsänderung nicht hinreichend beschrieben werden, so dass ungerechtfertige Beurteilungsspielräume entstehen. Diese Voraussetzungen und Rechtsfolgen müssten in AGB-Klauseln für den anderen Vertragsteil 156 157 BGH, Urteil v. 19.11.1997, IV ZR 348/96, r + s 1998, 79. OLG Düsseldorf v. 26.6.1997- 6 U 143/ 96 LSK 1997, 500107. 54 55 aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters nachprüfbar sein und dürften nicht irreführen. Die Voraussetzungen, unter denen die Beklagte das Recht haben soll, Bedingungen zu ergänzen und zu ersetzen, seien nicht hinreichend klar umschrieben. Die Unangemessenheit der Klausel folge auch aus dem Wortlaut, wonach die neuen Bedingungen den ersetzten rechtlich und wirtschaftlich weitestgehend entsprechen dürfen. Die Bestimmung erwecke bei den Vertragspartnern den Eindruck, sie hätten nur die Möglichkeit, entweder den einseitig bestimmten neuen Bedingungen nicht zu widersprechen oder die alte, ggf. unwirksame, Klausel weiter gelten zu lassen. Dieser Beurteilung ist der BGH mit Urteil vom 17.März 1999 158 gefolgt. Damit setzt der BGH Maßstäbe für die Überprüfung von Bedingungsanpassungsklauseln in langfristig angelegten Versicherungsverträgen. Auch wenn er die grundsätzliche Zulässigkeit einer Anpassung im Falle der Störung des Äquivalenzverhältnisses bejaht, hat der Versicherer gleichwohl sicher zu stellen, dass die neuen Bedingungen den Vertragspartner nicht schlechter stellen. Dieses Schlechterstellungsverbot erstreckt sich nicht nur auf eine unangemessene Benachteiligung, denn der vertraglich vereinbarte Versicherungsschutz kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgeändert werden. Die in der Klausel angegeben Gründe für eine Bedingungsanpassung stellt der BGH in Frage. Weder die Abwendung einer Kartell- und aufsichtsbehördlichen Beanstandung, noch die Beseitigung von Auslegungszweifeln genügen für eine Bedingungsanpassung. Auslegungszweifel sind ohnehin gemäß § 5 AGBG zu Lasten des Verwenders zu beseitigen. Mit der hiervon abweichenden Regelung in der Klausel wird zugleich ein wesentlicher Grundgedanke des AGB-Rechtes verletzt (Verstoß gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG). 8. Schweigepflichtentbindungserklärung In einem Verfahren vor dem Landgericht Hamburg 159 wurde folgende Schweigepflichtentbindungsklausel erstmals durch den VSV zur gerichtlichen Überprüfung gestellt: Text: Ich ermächtige alle Ärzte, Krankenanstalten , Behörden und die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte oder die Landesversicherungsanstalt sowie andere Versicherungsunternehmen, Sozialversicherungsträger und Berufsgenossenschaften, der …………..AG auf deren Verlangen jede von ihr gewünschte Auskunft zu erteilten. Die Personen und Institutionen, die gemäß dieser Erklärung durch die …………… AG befragt werden können, werden im vollem Umfang von der ihnen obliegenden Schweigepflicht entbunden. Die Klausel, die sich auf dem Antragsformular für eine Krankentagegeldversicherung befindet, ist nach Auffassung des VSV zu weitgehend formuliert und berücksichtigt nicht die gesetzlichen Regelungen zur Handhabung personenbezogener Daten. Die Ermächtigung geht so weit, dass die Versicherungsgesellschaft jede von ihr gewünschte Auskunft einholen kann, also auch solche, die mit dem konkreten Antrag nichts zu tun haben. Nach dem Grundsatz der kundenunfreundlichsten Auslegung fallen auch Auskünfte unter die Klausel, die nicht für die ordnungsgemäße Bearbeitung von Krankentagegeldanträgen erforderlich sind. Darüber hinaus 158 159 BGH, Urteil v. 17.3.1999, IV ZR 218/97, NJW 1999, 1865. LG Hamburg v. 07.02.1997- 324 O 647 / 96. 55 56 ist nicht sicher, ob die Klausel allein zur Antragsbearbeitung verwendet wird oder auch im Leistungsfall als Schweigepflichtentbindungsklausel eingesetzt werden kann. 9. Bezugsrecht in der Lebensversicherung Der BGH hat unter Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen die Klage des VSV wegen folgender Klauseln abgewiesen: Text: Der Inhaber des Versicherungsscheins ist berechtigt über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu verfügen, insbesondere Leistungen in Empfang zu nehmen. Die Klausel in Lebensversicherungsverträgen hält einer Kontrolle nach § 9 AGBG stand. 160 Der BGH legt diese Klausel dahin aus, dass dem Versicherer vertraglich die Berechtigung eingeräumt wird, an den Inhaber des Versicherungsscheins mit befreiender Wirkung zu leisten, ohne aber diesem gegenüber zur Leistung verpflichtet zu sein. Daneben wird der Versicherer für berechtigt erklärt, den Urkundeninhaber hinsichtlich anderer Verfügungen über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag als berechtigt anzusehen. Den Versicherungsschein mit dieser Klausel zu einem qualifizierten Legitimationspapier i. S. v. § 808 BGB zu erklären, sei kein Verstoß gegen § 9 AGBG, weil damit nicht von einer gesetzlichen Regelung i. S. v. § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG abgewichen werde. Die Ausgestaltung des Versicherungsscheins als Urkunde i. S. des § 808 BGB führe auch nicht zu einer Gefährdung des Vertragszwecks gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG in einer Lebensversicherung. Befreiende Wirkung komme der Leistung eines Schuldners zwar regelmäßig nur dann zu, wenn er an den materiellrechtlichen Forderungsinhaber leistet. Wenn die Klausel demgegenüber die Leistungsberechtigung des Schuldners erweitert, so liege darin keine wesentliche Beeinträchtigung von solchen Rechten und Pflichten, die sich gerade aus der Natur des Lebensversicherungsvertrages und ihrem typischen Vertragszweck ableiten. Denn der mit dem Lebensversicherungsvertrag versprochene und geschuldete Versicherungsschutz bleibt von einer solchen Regelung unberührt. Die durch die Klausel bewirkte Erweiterung der Leistungsberechtigung des Versicherers benachteilige den Versicherungsnehmer nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben, obwohl sie allein dem Interesse des Versicherers diene. Die Leistung an den Inhaber der Urkunde befreit den Versicherer von seiner Verbindlichkeit. Bedeutung komme dieser Erweiterung aber nur zu für den Ausnahmefall, dass der Urkundeninhaber nicht zugleich Inhaber der Forderung sei. 10. Auslandsreisekrankenversicherung Eine Reisekrankenversicherung darf in Deutschland lebenden Ausländern den Versicherungsschutz für Reisen in ihr Heimatland nicht mit folgender Klausel in den Versicherungsbedingungen verweigern: Text Als Ausland gilt nicht das Staatsgebiet, dessen Staatsangehörigkeit die versicherte Person besitzt oder in dem sie einen ständigen Wohnsitz hat. Der BGH 161 hat die Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot untersagt. Die Reisekrankenversicherung hat den Zweck, für die Kosten einer unvorhersehbaren medizinischen Behandlung während eines vorübergehenden Auslandsaufenthaltes 160 161 BGH, Urteil v. 22.03.2000, IV ZR 23/99, NVersZ 2001, 259. BGH, Urteil v. 11.11. 2000, IV ZR 235/99, NVersZ 2001, 121. 56 57 aufzukommen. Auch für in Deutschland lebende Ausländer sei die Reise in das Heimatland ein Auslandsaufenthalt i. S. dieser Krankenversicherung. Die sogenannte Schwangerschaftsklausel, wonach keine Leistungspflicht besteht für Untersuchungen und Behandlungen zur Schwangerschaftsüberwachung, Entbindung und Schwangerschaftsabbruch sowie deren Folgen ist in einer Auslandsreisekrankenversicherung unwirksam, weil sie die Versicherungsnehmerinnen unangemessen benachteiligt. Text: Eine medizinisch notwendige und nicht vorhersehbare Behandlung während einer Schwangerschaft ist vertragsnotwendiger Bestandteil einer Krankenversicherung, auch einer Auslandskrankenversicherung. 11. Kündigung im Schadensfall Die in der Schadensversicherung weit verbreitete Kündigungsklausel im Schadensfall , die in der nachfolgend dargestellten Form häufig in Rechtsschutzversicherungsverträgen zu finden ist, hat der BGH in seinem Urteil vom 27. März 1991 162 für unwirksam erklärt. Die Klausel lautet: Text: Bejaht der Versicherer seine Leistungspflicht für mindestens zwei in einem Kalenderjahr eingetretene Versicherungsfälle, ist er innerhalb eines Monats nach Anerkennung der Leistungspflicht für den zweiten oder jeden weiteren Versicherungsfall berechtigt, den Versicherungsvertrag mit einer Frist von einem Monat zu kündigen. Das Berufungsgericht 163 hatte in dieser aus § 19 Abs. 2 ARB 75 entnommenen Klausel weder eine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung noch eine Einschränkung der sich aus der Natur des Vertrages ergebenden Rechte und Pflichte gesehen, die zu einer Vertragszweckgefährdung führen können. Es hatte sich dabei auf eine aus den §§ 96, 113, 158 VVG a. F. bestehende außerordentliche Kündigungsmöglichkeit als Leitbildfunktion bezogen. Der BGH hält diese Ausführung für von „Rechtsfehlern beeinflusst“. Das Bürgerliche Gesetzbuch wie das Versicherungsvertragsgesetz kennen zwei Arten der fristlosen bzw. außerordentlichen Kündigung von Dauerschuldverhältnissen. Es gibt Rechte zur fristlosen Kündigung aus Anlass bestimmter Vertragsverstöße des Partners des Kündigenden und die Anknüpfung des Kündigungsrechts an eine Situation, die eine weitere Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für den Kündigungsberechtigten unzumutbar macht. Diesen Kündigungsmöglichkeiten ist es eigen, dass sie in gleicher Weise beiden Vertragsseiten offen stehen (§§ 627, 623 BGB). Allerdings darf auch eine Kündigung dieser Art nicht auf Umstände gestützt werden, die dem Gefahrenbereich des Kündigenden entstammen. Ein Kündigungsrecht hat auch nicht derjenige, der bei beiderseits verschuldeter Zerrüttung der Vertragsgrundlage das überwiegende Verschulden daran trägt. 164 Bei allen Möglichkeiten einer außerordentlichen Kündigung hat der Kündigende entweder den Vertragsverstoß seines Vertragspartners oder dessen überwiegendes Verschulden an einer Zerrüttung der Vertragsgrundlage zu beweisen. 162 BGH, Urteil v. 27.3.1991, IV ZR 130/90, NJW-RR 1991, 918. OLG Düsseldorf vom 29.03.1990 6 U 176/89 NJW-RR 1991, 435. 164 BGH NJW 1981, 1264. 163 57 58 Von dieser Rechtslage des BGB entfernen sich die verschuldensunabhängigen Möglichkeiten einer außerordentlichen Kündigung eines Versicherungsverhältnisses, soweit sie im VVG geregelt sind, beträchtlich (vgl. §§ 96, 113, 158 VVG a. F.). In keiner der drei Regelungen wird darauf abgestellt, ob ein wichtiger Grund tatsächlich gegeben ist. Es könne offen bleiben, ob diesen Regelungen Leitbildfunktionen zukomme. Die genannten Regelungen räumen beiden Vertragspartnern unter den jeweils genannten Voraussetzungen (Eintritt eines Versicherungsfalles) ein außerordentliches Kündigungsrecht ein. Mit der hier streitgegenständlichen Klausel beansprucht die Beklagte ein Kündigungsrecht, das sie ihrem Vertragspartner nicht gewährt. Jedenfalls nicht unter den gleichen Voraussetzungen. Mit dieser Regelung bekäme es die Beklagte in die Hand, ihre Versicherungsnehmer solange und zwar gerade solange am Versicherungsvertrag festzuhalten, wie es ihren Wünschen und Vorstellungen entspricht, ohne den Versicherungsnehmern die von ihr unbeeinflussbare Möglichkeit belassen zu müssen, dass sie sich vorzeitig aus dem Versicherungsverhältnis lösen. Damit benachteiligt die Beklagte ihre Versicherungsnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. 12. Auswertung und Zusammenfassung Im Versicherungsbereich ist festzustellen, dass zentrale Bereiche des Vertragsrechts zu Laufzeit und Kündigung, Prämienund Bedingungsänderung sowie zur Leistungseinschränkung in einzelnen Sparten in Verbandsklageverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt wurden. Auffällig ist, dass jeweils zeitlich oder mit geringer zeitlicher Verzögerung der Gesetzgeber auf einige dieser Klageverfahren reagiert hat. Die Laufzeitänderung in § 8 VVG wurde mehrfach geändert. Für Verträge, die bis zum 01.01.1991 geschlossen wurden, enthielt das Gesetz keine Bestimmung über eine zulässige Höchstlaufzeit. Dies war Grundlage der Verbandsklageverfahren. Für Verträge, die nach dem 01.01.1991 geschlossen wurden, regelte das in § 8 Abs. 3 VVG novellierte Gesetz 165 erstmals eine Laufzeitbeschränkung. Danach konnte ein Versicherungsverhältnis, das für eine Dauer von mehr als drei Jahren eingegangen wurde, zum Ende des dritten Jahres oder jedes darauf folgenden Jahres mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Dies galt allerdings dann nicht, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer schriftlich vor Abschluss des Vertrages auch Verträge für die Dauer von einem Jahr, drei, fünf und zehn Jahren angeboten hat und dabei auf Verträge mit einer Dauer von 5 und mehr Jahren einen Prämiennachlass gewährt, dessen Vomhundertsatz mindestens der Dauer der Laufzeit entspricht Nachdem der BGH Versicherungsverträge mit einer Laufzeit von fünf Jahren mit dem AGBGesetz vereinbar erklärt hatte, erfolgte eine erneute Novellierung von § 8 Abs. 3 VVG mit Gesetz vom 21.07.1994. 166 Danach galt für Verträge die nach dem 24.06.1994 geschlossen wurden, die Fassung von § 8 Abs. 3 VVG bis zur VVG– Reform 2008. Danach kann ein Versicherungsverhältnis, das für die Dauer von mehr als fünf Jahren eingegangen worden ist, zum Ende des fünften und jedes darauf folgenden Jahres mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Dies gilt nicht für Lebens- und Krankenversicherungsverträge. Die Kündigungsmöglichkeit des Versicherungsnehmers aufgrund einer Prämienerhöhung wurde erstmals mit Gesetz vom 17.12.1990 167 in § 31 VVG eingeführt. Zugleich wurde das 165 Gesetz vom 17.12.1990 BGBl I S. 2864. BGBl. I S. 1630. 167 BGBl I S. 2864. 166 58 59 Kündigungsrecht an die Bedingung geknüpft, dass das Entgelt pro Jahr nicht mehr als um 5 % des zuletzt gezahlten Beitrages oder um mehr als 25 % des Erstbetrages steigt. Mit einer erneuten Änderung von 1994 168 entfielen die Voraussetzungen für das Kündigungsrecht, soweit sie an bestimmte Prozentsätze geknüpft sind. Uneinheitlich sind die Ergebnisse der Rechtsprechung zu Klauseln, die entweder einen Risikoausschluss oder eine Modifizierung der Leistung enthalten. Während die Wissenschaftlichkeitsklausel keinen Bestand hat, entscheiden die Oberlandesgerichte zu Vorerkrankungsklauseln unterschiedlich. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung steht hierzu soweit ersichtlich bisher aus. Grundpfeiler des Versicherungsvertragsrechts werden auch in Verbandsklageverfahren vom BGH nicht in Frage gestellt, dazu gehören die Fristenregelung der Unfallversicherung und die Inhaberklausel der Lebensversicherung. Unergiebig ist die Rechtsprechung, insbesondere des OLG Köln, wenn zu zentralen Fragen des Versicherungsvertragsrechts die Revision nicht erreicht wird. Hier wirkt sich der dreigliedrige Instanzenweg für Verbandklageverfahren negativ auf die schnelle und effiziente Klärung strittiger Fragen aus. VI. Banken AGB Die Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen sind in zwei Phasen von den Verbraucherverbänden mit besonderer Aufmerksamkeit beobachtet worden. Zunächst ging es in den 1980er Jahren um die AGB der Teilzahlungsbanken im Zusammenhang mit der Diskussion um die Sittenwidrigkeit von Ratenkreditverträgen. Schwerpunkte waren vor allem Verrechnung- und Zinsklauseln. In den 1990ger Jahren wurden die Preisklauseln der Geschäftsbanken und Sparkassen einer Überprüfung unterzogen. Die in Preisverzeichnissen geregelte Entgeltlichkeit bestimmter Leistungen wurde in den Verfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt mit dem Ziel feststellen zu lassen, ob die Entgelte als Preisnebenabreden der Inhaltskotrolle unterliegen oder zum Bereich der kontrollfreien Hauptleistung gehören. Zum strategischen Vorgehen der Verbraucherverbände gehört, zunächst in wenigen Verfahren die grundsätzlichen Fragen einer gerichtlichen Klärung zuzuführen, um danach auf der Basis gesicherter Rechtsprechung die AGB branchenweit zu überprüfen. Dies ist der Statistik zur Anzahl der Abmahnungen abzulesen. Nachdem grundsätzliche Fragen zur Inhaltskontrolle von Entgeltklauseln im Bankenbereich höchstrichterlich geklärt waren, hat der VSV in den Jahren 1994 mit 85 Abmahnungen und 1995 mit 97 Abmahnungen nunmehr als unzulässig erkannten Klauseln branchenweit beanstandet. Der VZBV hat in einer konzentrierten Aktion 169 in Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen eine weitere Überprüfung von Banken-AGB im Jahre 2004 die Mehrwertsteuerregelung in den Preisverzeichnissen von insgesamt 42 Kreditinstituten beanstandet und abgemahnt. Dabei handelt es sich um Preisklauseln mit dem Zusatz „zuzüglich Mehrwertsteuer“. Die Abmahnungen führten ausnahmslos zur Korrektur der Preisverzeichnisse und zur Abgabe entsprechender Unterlassungserklärungen. 1. Verrechnungsklauseln 168 169 Gesetz vom 21.07.1994,BGBl I , S. 1630. Jahresbericht VZBV 2004. 59 60 In einer ersten Entscheidung aus dem Jahre 1984 hebt der BGH 170 die Urteile der Vorinstanzen auf und erklärt folgende Klausel für unwirksam: Text Zahlungen werden nach § 367 BGB verrechnet. Die Vorinstanzen hatten die Klauseln für wirksam erklärt, weil sie die gesetzliche Regelung wiederholt. Der VSV hatte beanstandet, dass in Ratenkrediten von Teilzahlungsbanken mindestens konkludent eine Verrechnung der Raten sowohl auf Zinsen als auch auf die Hauptforderung jeweils vereinbart ist. Der BGH unterzieht die Klausel der Inhaltskontrolle, weil sie trotz ihrer Verweisung auf eine gesetzliche Regelung einen echten eigenen Regelungsgehalt aufweist. Dies ergebe sich aus einem Vergleich der Rechtslage mit und ohne die streitige Klausel. Der Hinweis auf die Verrechnung gemäß § 367 BGB sei ohne Bedeutung, solange der Darlehensnehmer die Raten vereinbarungsgemäß zahle. Erst wenn die Ratenzahlung nicht vertragsgemäß erfolge, sei es, dass eine Rate nicht in voller Höhe gezahlt werde oder bei Rückstand mehrerer Raten die vorzeitige Fälligkeit der gesamten Restschuld eintrete, entsteht ein Anwendungsfall des § 367 BGB. Soweit die Klausel hierauf Bezug nehme, wirke sie nur deklaratorisch. Konstitutive Bedeutung komme der Klausel aber insoweit zu, als ihr zu entnehmen sei, dass auch bei vertragsgemäßer Zahlung eine vorrangige Tilgung der Kosten erfolgen solle. Dies sei u. a. dann der Fall, wenn bei vorzeitiger Gesamtfälligkeit aufgrund Verzugs alle bisherigen Zahlungen vorrangig auf die geschuldeten Kosten verrechnet werden, so dass bei kundenfeindlichster Auslegung die vorhergehenden Tilgungen nachträglich zur Kosten- und Zinstilgung verändert werden. Darin liege eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 9 AGBG. Der Vertragspartner müsse darauf vertrauen dürfen, dass ihm die Vorteile einer anteilmäßigen Verrechnung bis zum Zeitpunkt des Verzugseintritts erhalten bleiben. 2. Schufa-Klausel In den AGB nahezu aller geprüften Banken ist folgende Klausel enthalten Text: Die Bank ist berechtigt, der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (Schufa) und der KSV Kreditschutz Vereinigung Wiesbaden, Daten des Kreditnehmers und etwaiger Mitschuldner über die Aufnahme (Kreditbetrag, Laufzeit, Ratenhöhe) und Abwicklung dieses Kredites zur Speicherung zu übermitteln Die Schufa-Klausel wird mit Entscheidung des BGH 171 vom 19.9.1985 für unwirksam erklärt, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes nicht übereinstimmt. Grundsätzlich sei die Übermittlung bestimmter Kreditdaten an die Schufa zulässig, da es im Interesse der Allgemeinheit liege, dass eine Kreditvergabe an Kreditunwürdige verhindert werde. Die Bank müsse in jedem Einzelfall prüfen, welche Aussagekraft die Einzelmitteilung hat und ob hier nicht schutzwürdige Belange des betroffenen Bankkunden entgegenstehen. Mit der Klausel werde der Kreditgeber uneingeschränkt ermächtigt, jegliche Negativmerkmale wie Kündigung, Mahnung oder Mahnbescheide ohne Interessenabwägung an die Schufa zu übermitteln. Das Bundesdatenschutzgesetz untersagt zwar nicht schlechthin die Speicherung und Übermittlung solcher Daten, macht sie aber von einer Abwägung der berechtigten Interessen aller Beteiligten abhängig. Dies ist in der Klausel nicht ausreichend berücksichtigt. Die Klausel ist 170 171 BGH, Urteil v. 05.04.1984, III ZR 2 / 83, NJW 1984, 2161. BGH, Urteil v. 19.9.198, III ZR 213/83, NJW 1986, 46. 60 61 darüber hinaus auch unwirksam, soweit sie sich auf eine Datenweitergabe außerhalb des Anwendungsbereichs des Bundesdatenschutzgesetzes erstreckt. Eine unangemessene Benachteiligung des Kreditnehmers liegt in der uneingeschränkten Weitergabe von Kreditdaten auch dann, wenn sie vorher bei der weitergebenden Bank nicht gespeichert waren. Die Nachteile für den Kreditnehmer erwachsen aus der Speicherung bei dem Empfänger (Schufa, KSV) und aus der anschließenden Übermittlung an andere Kreditgeber. Schon der pauschale Verzicht auf das Bankgeheimnis führt zur Unwirksamkeit der Klausel gemäß § 9 AGBG. 172 3. Vorfälligkeit bei Zahlungsverzug Die Regelung, wonach der Kredit zur sofortigen Rückzahlung fällig sei, wenn der Kreditnehmer mit zwei aufeinander folgenden Kreditraten ganz oder teilweise in Verzug gerät, hat der BGH in der Entscheidung vom 19.9.1985 173 für unwirksam erklärt. Text: Der Kredit ist zur sofortigen Rückzahlung fällig, wenn der Kreditnehmer mit zwei aufeinander folgenden Raten teilweise in Verzug ist. Die Unbilligkeit der Klausel liege darin, dass der gesamte Restbetrag schon dann fällig werden solle, wenn sich der Kläger mit zwei aufeinander folgenden Raten auch nur teilweise in Verzug befindet. Der Bank sei die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses allerdings erst dann nicht mehr zuzumuten, wenn sich der Verzug auf zwei volle aufeinander folgende Raten erstrecke. Mit Recht hat das Berufungsgericht es abgelehnt, die gesamte Klausel für unwirksam zu erklären. Strittig ist insbesondere, ob derartige Verfallsklauseln als Vertragsstrafeversprechen i. S. v. § 339 BGB zu verstehen sind, die unter das Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit gemäß § 11 Nr. 6 AGBG fallen. Dies lehnt der Senat ab. Es gehe nur um eine besondere Form der Vertragsbeendigung, nicht um Vertragsstrafe. Die Klausel sei an § 9 AGBG zu messen. Die Vertragsverletzungen, die zur Kündigung führen müssen so schwerwiegend sein, dass sie ohne Rücksicht auf den Einzelfall eine schematische Vertragsbeendigung rechtfertigen. Unwirksam ist der Klauselbestandteil „oder teilweise“, weil der Verzug mit einer Teilrate nicht die Kündigung rechtfertigt. In der Teilunwirksamkeit liege keine geltungserhaltende Reduktion. 4. Stundungsklausel Die Stundungsklausel erklärt der BGH 174 mit Urteil vom19.9.1985 für wirksam. Text: Bei Stundung von Teilbeträgen berechnet die Bank auf den zu stundenden Betrag 21 % p.a. der Laufzeit zwischen alter und neuer Fälligkeit sowie eine einmalige Bearbeitungsgebühr von 8 DM. Es sei mit Treu und Glauben noch vereinbar, wenn eine Bank von einem Kreditnehmer, der die vereinbarten Termine nicht einhalten will oder kann und deshalb Stundung begehrt, für 172 Eine sehr lesenswerte Zusammenstellung zur Beurteilung von Datenschutzklauseln nach dem Maßstab von § 9 AGBG (§ 307 BGB) enthält der Beitrag von Heidemann-Peuser, Rechtskonforme Gestaltung von Datenschutzklauseln in DuD 2002, 389 ff. 173 BGH, Urteil v. 19.9.1985, III ZR 213/ 83, NJW 1986, 46 ff. 174 BGH, Urteil v. 19.9.1985, III ZR 213/83, NJW 1984, 46 ff. 61 62 die Zeit der Stundung 21 % Jahreszinsen verlange. Die Klausel sei nicht als reine Leistungsvereinbarung der Inhaltkontrolle gemäß § 8 AGBG entzogen. Wenn die Einigung über die Stundungsvergütung in einer AGB- Klausel versteckt werde, liege es nahe, dass der Kreditnehmer übersieht, welche Belastungen auf ihn zukommen, wenn er eine Stundung bewilligt bekommt. Das sei eine Gefahr, vor der das AGBG gerade bewahren soll. Die Höhe der Zinsen sei jedoch nicht zu beanstanden. 5. Darlehensablösungsklausel Die Klausel zur Ablösung eines bestehenden Kredits bei Aufnahme eines weiteren Darlehens wird in den Bedingungen der Teilzahlungsbanken wie folgt geregelt. Text: Ein gegebenenfalls bestehender Kredit soll mit diesem Kredit getilgt werden. In einer Entscheidung vom 19.09.1985 erklärt der BGH 175 diese Regelung für unwirksam. Die Klausel sei überraschend und unangemessen im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG, weil damit das vom Kreditnehmer verfolgte Vertragsziel, Bargeld zu erhalten, gefährdet wird. Der Darlehensnehmer braucht nicht damit zu rechnen, dass anstelle einer Barauszahlung der Darlehenssumme nunmehr eine Ablösung eines bestehenden Vorkredites durch Klauselvereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgenommen werde. Eine unangemessene Benachteiligung liege zusätzlich dann vor, wenn die für den Altkredit zu zahlenden Zinsen niedriger sind als die des neu aufgenommenen Darlehens, was letztlich zu einer Verteuerung des Altkredites führt. 6. Bürgenklausel Den formularmäßigen Verzicht des Bürgen auf die Einrede der Aufrechenbarkeit gemäß § 770 Abs. 2 BGB regelt folgende Klausel: Text: Die Einreden nach §§ 770 Abs. 2 und 776 BGB sind ausgeschlossen. Die Verpflichtungen aus der Bürgschaft sind also insbesondere zu erfüllen, wenn sich die Gläubigerin durch Aufrechnung ganz oder teilweise befriedigen kann oder einzelne von mehreren Kreditnehmern durch die Gläubigerin nicht in Anspruch genommen werden. Das hält der BGH in seiner Entscheidung vom 19.9.1985 176 noch für zulässig. Grundsätzlich setze die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft einen bestehenden Kreditvertrag voraus. Durch eine AGB-Klausel könne die Bank dem Bürgen auch keine Garantiepflicht unabhängig vom Bestand des Kreditvertrages auferlegen. Wirksam sei allerdings der formularmäßige Verzicht des Bürgen auf die Einrede der Aufrechenbarkeit gemäß § 770 Abs. 2 BGB, weil die Bank ein berechtigtes Interesse an einem solchen Verzicht habe. Diese Entscheidung ist inzwischen durch das Urteil des BGH vom 16. Januar 2003 177 überholt. Danach ist die formularmäßige Abbedingung der Rechte des Bürgen aus § 770 Abs. 2 BGB unwirksam, soweit nicht die Aufrechnung mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Ansprüchen von dem Verzicht ausgenommen wird. 175 BGH, Urteil v. 19.9.198, III ZR 214/ 83, NJW 1986, 43 ff. BGH, Urteil v. 19.9.1985, III ZR 214/83, NJW 1986, 43 ff. 177 BGH, Urteil v. 16.01.2003, IX ZR 171/00, NJW 2003, 1521. 176 62 63 7. Trennungsklausel bei Einwendungs- Durchgriff Unwirksam ist nach Auffassung des BGH lautet: 178 die sogenannte Trennungsklausel, die wie folgt Text: Auch bei Nichterhalt oder Erhalt mangelhafter Ware oder bei Löschung des Kaufvertrages oder Widerruf, der auf den Kaufabschluss gerichteten Willenserklärungen, müssen die Kreditnehmer (Käufer) den Kredit voll zurückzahlen. Es sei zwar zulässig davon auszugehen, dass ein Kreditvertrag und ein Kaufvertrag bei einem sogenannten finanzierten Abzahlungskauf zwei selbständige Verträge sind. Es sei aber unzutreffend, dass der Kunde in jedem Fall das Darlehen zurückzahlen müsse, wie die Klausel es vorsieht. Entsprechend der nach der Rechtsprechung geltenden Rechtslage für finanzierte Abzahlungskäufe können Einwendungen aus einem Kaufvertrag auch dem Kreditgeber gegenüber entgegengehalten werden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden und der Kaufvertrag nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt werde bzw. durch Anfechtung unwirksam werde. Diese Ausnahme sei in der Klausel nicht berücksichtigt. Darin liege ein Verstoß gegen den von der Rechtsprechung zugelassenen sogenannten Einwendungsdurchgriff 179 und zugleich eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 9 AGBG. 8. Lohnabtretungsklausel In einer Grundsatzentscheidung vom 22.06.1989 erklärt der BGH 180 die folgende Klausel für unwirksam: Text: Ich /wir treten hiermit zur Sicherung der Ansprüche der ……Bank dieser den jeweiligen pfändbaren Teil meiner / unserer Lohn - , Gehalts- , Provisions- oder sonstigen Ansprüche , sowie die gemäß §§ 53 Abs. 3, 54 Abs. 3 Ziffer 2 Sozialgesetzbuch (SGB I. Buch) abtretbaren Teile etwaiger Ansprüche auf Arbeitslosen-, Kurzarbeits- und Schlechtwettergeld sowie auf Arbeitslosenhilfe, Erwerbsunfähigkeits- und Hinterbliebenenrente gegen den jeweiligen Arbeitgeber, Dritte oder den jeweiligen Leistungsträger ab. Die ….Bank wird auf Verlangen – sofern alle ihre Forderungen ausgeglichen sind – die Ansprüche zurück übertragen. Die Lohnabtretungsklausel ist gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam. Im Grundsatz sei die Lohnabtretung als Sicherungsmittel für Kreditverträge zwar zulässig, entsprechende Klauseln müssten aber Zweck und Umfang der Abtretung sowie die Voraussetzungen, unter denen die Bank von ihr Gebrauch machen darf, hinreichend eindeutig bestimmen und einen vernünftigen, die schutzwürdigen Belange beider Vertragspartner berücksichtigenden, 178 BGH, Urteil v. 19.9.1985, III ZR 214 / 83, NJW 1986, 43 ff. BGH, Urteil v. 25.3.1982, III ZR 198 / 80, NJW 1982, 1634. 180 BGH NJW 1989, 2383. 179 63 64 Interessenausgleich vorsehen. Im Rahmen eines finanzierten Abzahlungskaufes führt die Verwendung der Klausel zu einer Übersicherung, wenn die Bank sich gleichzeitig den Kaufgegenstand zur Sicherheit übereignen lässt. Außerdem lässt die streitige Klausel nicht zweifelsfrei erkennen, ob nur Ansprüche aus dem jeweiligen Kreditvertrag oder auch Ansprüche aus anderem Rechtsgrund gesichert werden. In der Klausel wird nicht deutlich, unter welchen Voraussetzungen die Bank von der Abtretung Gebrauch machen darf. So fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass die Verwertungsbefugnis vom Zahlungsverzug des Darlehensnehmers abhängig ist. Eine Vorausabtretung ohne zeitliche und betragsmäßige Begrenzung ist geeignet, eine Übersicherung zu bewirken. Eine wirksame Lohnabtretungsklausel habe sich am Gesamtumfang des Darlehens einschließlich der Kreditkosten der Höhe nach zu orientieren, im angemessenen Umfang Rechtsverfolgungskosten einzubeziehen und mit einer geeigneten Freigabeklausel der Tatsache Rechnung zu tragen, dass das Sicherungsinteresse mit fortschreitender Tilgung des Darlehens abnimmt. Die vorliegende Klausel sei auch deshalb unzureichend, weil sie eine Rückübertragung erst nach vollständiger Tilgung der gesicherten Ansprüche vorsieht. 9. Bevollmächtigungsklausel In der Entscheidung vom 22.06.1989 erklärt der BGH 181 die folgende Klausel für unwirksam: Text: Der erste Kreditnehmer und der zweite Kreditnehmer übernehmen für diesen Kredit die gesamtschuldnerische Haftung und bevollmächtigen sich – bis auf schriftlichen Widerruf – gegenseitig zur Entgegennahme aller Erklärungen seitens der …….Bank, sowie zur Beantragung und Stundungen und Laufzeitverlängerungen. Die Klausel verstößt nach Auffassung des BGH gegen § 9 AGBG, da sie die gegenseitige Bevollmächtigung der Kreditnehmer ohne Einschränkung für alle Erklärungen der Bank vorsieht. Sie begründet die gegenseitige Vertretung der Kreditnehmer auch für den Empfang von vertragsändernden Erklärungen, wie z. B. Kündigungen. Außerdem soll die Bevollmächtigung unabhängig davon gelten, in welchem Verhältnis die Kreditnehmer zueinander stehen. Damit hat die Bank die Möglichkeit, das Darlehen einem Kreditnehmer gegenüber fällig zu stellen, ohne dass er hiervon Kenntnis erlangt. Die Klausel stehe nicht im Einklang mit dem Rechtsgedanken des § 10 Nr. 6 AGBG. Sie komme in ihrer Wirkung zu Lasten des Vertretenen einer Zugangsfiktion gleich. Ein schutzwürdiges Interesse der Bank am Fortbestand der Klausel sei nicht ersichtlich. Die Bank könne bei mehreren Darlehensnehmern nicht davon ausgehen, dass einzelne Erklärungen an andere Darlehensnehmer weitergeleitet werden. Die in der Klausel vorgesehene Möglichkeit, die Empfangsvollmacht jederzeit zu widerrufen, gleiche die benachteilige Wirkung nicht aus. 10. Wertstellung im Überweisungsverkehr Zu einer Grundsatzfrage der Zinsberechnung hat der BGH 182 auf eine von der VZ BadenWürttemberg unterstützte Individualklage am 17.1.1989 mit Bezug auf einen Girovertrag folgende Klausel für unwirksam erklärt: Text: 181 182 BGH NJW 1989, 2383. BGH, Urteil v. 17.01.1989, XI ZR 54/ 88, NJW 1989, 582. 64 65 Wertstellung: Einzahlungen einen Tag nach Einzahlung. Die Klausel verstößt gegen § 9 AGBG, weil sie sowohl formal das Transparenzgebot verletzte, als auch materiell den Inhaber von Girokonten unangemessen benachteiligte. Es werde nicht deutlich, dass durch die hinausgezögerte Wertstellung Sollzinsen für die Inanspruchnahme von Krediten verlangt werden. Durch die verzögerte Wertstellung werden die Inanspruchnahme eines Kredites fingiert und hierfür Zinsen berechnet, auch ohne dass tatsächlich ein Schuldsaldo besteht. Soweit die Bank ein Entgelt benötigt, um kostendeckend zu arbeiten, sind Gebühren offen auszuweisen. Als Konsequenz aus dieser BGH-Entscheidung werden außergerichtlich durch Abgabe von Unterlassungserklärungen folgende Klauseln als unwirksam erachtet: Text: Überweisungen: Buchungstag plus ein Arbeitstag. Nicht beanstandet hat der BGH dagegen Klauseln, die bei der Bank als Inkassostelle die Wertstellung für eingereichte Lastschriften um einen der durchschnittlichen Einziehungsdauer entsprechenden Zeitraum hinausschieben und für Schecks eine Wertstellung von drei bis fünf Tagen vorsehen 183 . 11. Tilgungsverrechnungsklausel Tilgungsverrechnungsklauseln gehören ebenfalls zu den Zinsklauseln in unterschiedlichen Ausgestaltungen. Nachdem der BGH im Jahre 1988 in zwei Individualrechtsstreitigkeiten zu den fraglichen Klauseln Stellung genommen hatte 184 , haben die Verbraucherverbände unterschiedliche Klauselgestaltungen in Verbandsklageverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt. Die Klauseln verstoßen gegen das Transparenzgebot gemäß § 9 Abs. 1 AGBG, da sie nach Ansicht des BGH die zinssteigernde Wirkung für den Kunden nicht deutlich erkennen lassen. In einem Hypothekenkredit ist folgende Klausel unwirksam: Text: Bei Bankkrediten und Hypotheken werden die Zinsen im Kalenderjahr der Auszahlung auf den zur Verfügung gestellten Betrag (zuzüglich eines etwaigen Disagios) und in den folgenden Jahren jeweils auf Kapitalbetrag per 31.12. des vorangegangenen Jahres berechnet. Aufgrund der üblicherweise unterjährigen Tilgung, die meist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen als vierteljährliche Ratenzahlung zur Tilgung von Darlehensbetrag und Zinsen vereinbart ist, sei für den juristischen Laien die durch die nachträgliche Zinsverrechnung eintretende zinssteigernde Wirkung nicht deutlich erkennbar. Das widerspricht dem Erfordernis einer eindeutigen Offenlegung der den Kunden belastenden Konsequenzen aus der vorgesehenen Zinsberechnung. Der VSV und die Verbraucherzentralen haben in einer gemeinsamen Aktion wegen dieser und ähnlicher Klauseln dreizehn Institute abgemahnt und bis zum Ende des Jahres 1989 in sechs Fällen Klage erhoben. Streitpunkt war jeweils, ob die konkrete Formulierung die 183 BGH, Urteil v. 06.05.1997, XI ZR 208/96, NJW 1997, 2042; BGH, Urteil v. 17.06.1997, XI ZR 239/96, NJW 1997, 3168. 184 Urteile vom 24.11.1988 III ZR 188/87 und III ZR 156/87. 65 66 zinssteigernde Wirkung der Zinsberechnung auf den Kapitalstand des Vorjahres hinreichend deutlich macht. Das Landgericht Berlin 185 hat folgende Klausel für unzulässig erklärt: Text: Die durch fortschreitende Tilgung ersparten Zinsen werden zusammen mit der Tilgung unter ganzjähriger Verrechnung am Ende des jeweiligen Kalenderjahres vom Darlehenskapital abgesetzt. Dagegen wurde von derselben Kammer des LG Berlin 186 folgende Klausel für wirksam gehalten: Text: Die Zinsen werden nach dem jeweiligen Stand des Kapitals am Schluss des vergangenen Kalenderjahres berechnet und sind in vierteljährlichen Tilgungsbeträgen am …zu zahlen. Hier ergebe sich nach Ansicht der Kammer die benachteiligende Wirkung der Klausel bereits unmittelbar aus dem Gesamtzusammenhang des dazu gehörigen Abschnitts, wobei die Klauseln über die vierteljährlichen Zins- und Tilgungsraten und die Klauseln über die Zinsberechnungen nach dem Kapitalstand am Schluss des Vorjahres in einem Satz logisch und optisch unmittelbar miteinander verknüpft seien, so dass auch ein Durchschnittskunde die für ihn ungünstige Abweichung von § 680 BGB eindeutig erkennen könne. Beide Urteile sind nicht rechtskräftig geworden. Als maßgebliche Richtungsentscheidung gilt das Urteil des BGH 187 , in einem Verfahren der VZ Baden-Württemberg, in dem folgender Klausel die Wirksamkeit versagt wird: Text: Die Zinsen werden im Kalenderjahr der Auszahlung aus dem Darlehensbetrag und in den Folgejahren aus dem Kapitalbetrag per 31.12. des Vorjahres berechnet. Die in den Monatsraten enthaltenen Tilgungsanteile werde nur zum Schluss des Kalenderjahres auf die Darlehensschuld verrechnet. Der BGH stellt hierzu fest, die derartigen Klauseln eigentümliche Intransparenz der Zinsbelastung sei als Grund für ihre Unwirksamkeit anzusehen. Ohne Effektivzinsangabe kann eine Tilgungsverrechnungsklausel die zinserhöhende Wirkung auch dann unzulässig verschleiern, wenn sie in zwei direkt aufeinander folgenden Sätzen formuliert ist. 188 Mit den grundlegenden Entscheidungen des BGHs von 1989 189 und 1990 190 und der daran anschließenden Rechtsprechung zu Einzelfragen der Formulierung 191 ist ein umfassendes Kapitel transparenter Klauselgestaltung mit preissteigernder Wirkung abgeschlossen. 12. Entgeltklauseln 185 LG Berlin v.06.12.1989- 26 O 399/89. LG Berlin v. 06.12.1989 -26 O 398/89, Unterlassungserklärung im Berufungsverfahren Kammergericht vom 17.04.1991 – 23 U 765/90. 187 BGH, Urteil v. 10.12.1991, XI ZR 119/91, MDR 1992, 368 oder NJW 1992, 1108 oder WM 1992,218. 188 BGH NJW 1992, 1108. 189 Individualprozess NJW 1989, 222. 190 BGH NJW 1990, 2383. 191 BGH NJW 1991, 1989; BGH NJW 1992, 179 BGH NJW 1992,1097; BGH NJW 1992, 1108. 186 66 67 Im Jahre 1987 leitete der VSV erstmals ein Verfahren gegen eine Entgeltklausel in den Preisverzeichnissen der Banken ein, die nach Ansicht des VSV nicht als Leistungsvereinbarung im Sinne von § 8 AGBG sondern als Preisnebenabrede zu qualifizieren ist und damit der Inhaltskontrolle des AGBG unterliegt. a) Mahnkosten Das Landgericht Frankfurt am Main 192 hält folgende Klausel für unzulässig: Text: Gebührenpflichtige Dienstleistungen, Gebührensatz Mahnschreiben wegen fälliger Rate, 1. Zahlungsaufforderung: DM 10, 2. Zahlungsaufforderung DM……. Die Klausel verstoße gegen § 11 Nr. 5 a und b AGBG. Es handele sich nicht um eine Leistungsvereinbarung, sondern um die Regelung von Verzugsschaden, der in dieser Höhe nicht angemessen ist. Für die Erstmahnung besteht keine Ersatzpflicht, wenn die Verzugsvoraussetzungen nicht vorliegen. Eine Differenzierung enthält die Klausel nicht. In der Klausel sei auch klarzustellen, dass der Gegenbeweis eines geringeren Schadens zulässig ist. b) Entgelt für die Barein- und Barauszahlung Mit Urteil vom 30.11.1993 193 hat der BGH nach zwei erfolglosen Vorinstanzen der Klage des VSV gegen die Deutsche Bank wegen eines Entgeltes für die Inanspruchnahme des Bankschalters bei Barein- und Barauszahlungen stattgegeben 194 . Die Klausel weiche von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab, weil das BGB als selbstverständlich davon ausgehe, dass jede Geldschuld durch Bareinzahlung des Nennwertbetrages erfüllt werde und der Gläubiger für die Entgegennahme von Bargeld keine gesonderte Vergütung verlangen könne. Zwar habe der Schuldner gemäß § 270 Abs. 1 BGB Geld auf seine Kosten an den Gläubiger zu übermitteln. Zu den Übermittlungskosten zählen aber die nur die Versendungs- und Zustellungskosten, nicht jedoch Kosten des Gläubigers bei der Entgegennahme von Bargeld. Für die Entgegennahme von Bargeld könne der Gläubiger keine Vergütung beanspruchen. Es handele sich auch nicht um eine bankeigene Leistung, so dass die Klausel nicht ein Leistungsentgelt zum Gegenstand habe. Das gleiche gelte auch für Barauszahlungen, denn bei Auszahlung am Schalter der kontoführenden Filiale erfülle die Bank ihre aus §§ 700 Abs. 1 Satz 3, 695, 697 BGB folgende Rückgabepflicht des ihr gemäß § 700 Abs. 1 BGB übergebenen Guthabens. Die Banken sind in der Folgezeit dazu übergegangen, anstelle des Entgeltes für Barein- und Barauszahlungen sogenannte Postenpreise zu erheben auch für die Verbuchung von Bareinund Barauszahlungen. Die Klauseln lauten: Text: Barverfügungen am Geldautomaten DM 0,25, alle nicht genannten Geschäftsvorfälle, DM 0,40. 192 LG Frankfurt/M v. 19.04.1988- 2/ 13 O 438/87, bestätigt durch BGH v. 07.05.1991 – XI ZR 244/90, WM 1991, 1113. 193 BGH, Urteil v. 30.11.1993, XI ZR 80/93, NJW 1984, 313 = VuR 1994, 7. 194 BGH, Urteil v. 30.11.1993, XI ZR 80/93, NJW 1984, 313 = VuR 1994, 7. 67 68 Diese Postenpreise werden berechnet für alle Geschäftsvorfälle außer Daueraufträgen, Barabhebungen am Geldautomaten und Einzugsermächtigungen. Die Auslegung dieser Regelung führt dazu, dass die Gebühren auch auf die vom Kunden vorgenommenen Bareinund Barauszahlungen anfallen, denn sie gelten ebenfalls als „Geschäftsvorfälle“. Zulässig ist dagegen die Erhebung eines Entgeltes für die Auszahlung durch Geldautomaten. Dies sei eine zusätzliche Serviceleistung 195 der Banken, für die Gebühren verlangt werden könnten. Aus den mehr als 85 Abmahnungen, die der VSV wegen der Berechnung der Gebühren für die Barein- und Barauszahlungsregelung im Anschluss an die Entscheidung des BGH vom 30.11.1993 eingeleitet hat, kristallisieren sich zwei Problemkreise heraus: • • Kann für Barverfügungen am Geldautomaten eine Gebühr erhoben werden? Können mit der Klausel zu Gebühren für „Geschäftsvorfälle“ ohne konkrete Bezeichnung auch Gebühren für die Ein- und Auszahlung berechnet werden? Am 7. Mai 1996 ergeht hierzu eine grundlegende Entscheidung des BGHs in dem Revisionsverfahren gegen die Stadt- und Saale Kreissparkasse Halle 196 . Danach ist die Berechnung von Postenpreisen für die Barein- und Barauszahlung am Schalter zulässig, aber nur unter der Voraussetzung, dass mindestens fünf Freiposten im Monat gewährt werden. Im Unterschied zu dem Fall, der dem Senatsurteil vom 30.11.1993 zugrunde lag, werden mit dieser Klausel nicht besondere Entgelte für die Inanspruchnahme der Kasse berechnet, sondern unter der Überschrift „Kontoführung“ sogenannte Postenpreise in Rechnung gestellt. Dabei geht es nicht allein um Entgelte für die Buchführung bzw. einzelne Buchungsposten als solche, sondern auch für die Tätigkeit der Bank, die sich in den verschiedenen Buchungsvorgängen widerspiegelt. Daraus folgt, dass Postenpreise im Zusammenhang mit Ein- und Auszahlungen auch ein Entgelt für Kassentätigkeiten darstellen. Das Kreditinstitut ist berechtigt, für seine Tätigkeit im Rahmen des Giroverhältnisses, Vergütungen zu verlangen und diese in Allgemeinen Geschäftsbedingungen festzulegen. Bei der Bemessung der Vergütung kann es grundsätzlich auch an die Kontoführung und deren von Fall zu Fall unterschiedlichen Umfang anknüpfen. Das Giroverhältnis zwischen einem Kreditinstitut und seinen Kunden steht jedoch im engen Zusammenhang mit anderen Rechtsbeziehungen der Beteiligten, die durch verschiedene über das Girokonto abzuwickelnde Geschäftsvorgänge entstehen können. So stellen ein Habensaldo des Kunden, eine Forderung aus unregelmäßiger Verwahrung nach § 700 BGB und ein Sollsaldo eine Darlehensverbindlichkeit i. S. d. § 607 BGB dar. Ein- und Auszahlungen auf das Girokonto sind daher in aller Regel auch Akte zur Begründung oder Erfüllung der genannten Schuldverhältnisse oder einzelner Pflichten aus ihnen. Daraus folgt, dass eine Entgeltregelung für Girokonten, die an die einzelnen Geschäftsvorgänge anknüpft, im Rahmen von § 9 AGBG daraufhin zu überprüfen ist, ob sie eine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung enthält, die für die verschiedenen Geschäftvorgänge gelten. Wenn auch die Preisklauseln für Privatkonten, die gezielt ein besonderes Entgelt für Ein- und Auszahlungen festlegen, als unangemessene Benachteiligung nach § 9 AGBG unwirksam seien, so gehe es im vorliegenden Fall doch um Klauseln, die als Postenpreise die Gebühren für eine Kontoführung festlegen und dabei Ein- und Auszahlungen mit Ausnahme der 195 196 So die erstinstanzliche Entscheidung zu dieser Rechtsfrage LG Halle vom 21.12.1994- 7 O 642/94. BGH, Urteil v. 070.5.1996, XI ZR 217 / 95, NJW 1996, 2032. 68 69 Barverfügungen am Geldautomaten nicht einmal gesondert erwähnen . Gleichwohl stellen die Postenpreise im Zusammenhang mit Ein- und Auszahlungen auch ein Entgelt für Kassentätigkeiten dar. Insoweit stellen die Klauseln eine Abweichung von gesetzlichen Vorschriften, etwa des Darlehens– und Verwahrungsrechts dar. Allerdings ist nicht jede Abweichung einer AGB-Klausel vom dispositiven Recht als Verstoß gegen § 9 AGBG unzulässig. Bei der erforderlichen Abwägung kommt der im Preisaushang enthaltenen Freipostenregelung eine entscheidende Bedeutung zu. Da die Bank nicht gehindert ist, für andere Geschäftsvorfälle als Ein- und Auszahlung besondere Vergütungen zu verlangen, können die unentgeltlichen Freiposten bei wertender Betrachtung der im Laufe eines Monats anfallenden Ein- und Auszahlungen berechnet werden. Durch fünf solcher Freiposten im Monat werden Ein- und Auszahlungen am Schalter in einem Umfang vergütungsfrei gestellt, den der erkennende Senat für erforderlich, aber auch für ausreichend hält, um der Vergütungsregelung den Makel der unangemessenen Benachteiligung zu nehmen. Der Bereich dessen, was bei verständiger Würdigung noch als normale Inanspruchnahme von Einund Auszahlungen im Rahmen eines Privatgirokontos angesehen werden kann, darf keine besonderen Vergütungspflichten auslösen. Soweit ein privates Girokonto darüber hinaus in Anspruch genommen wird, stellt die Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht keine gegen Treu und Glauben verstoßene unangemessene Benachteiligung dar. Wer Kassendienste in außergewöhnlichem Maße in Anspruch nimmt, wird nicht unangemessen behandelt, wenn er in maßvollem Umfang zu einem Entgelt hierzu herangezogen wird. c) Gebühr für Ersatzsparbuch Mit Urteil vom 07. Juni 1998 197 erklärt der BGH erstmals in einem Verfahren des VSV eine Entgeltregelung im Preisverzeichnis für eine nicht kontrollfähige Preisklausel für wirksam. Text: Die Ausstellung eines Sparkassenbuches ohne Kraftloserklärung gemäß § 7 MstVO, 5 DM pro angefangener 100 DM Guthaben – maximal 150,00 DM, minimal 15 DM. Bei dem durch die Klausel festgelegten Entgelt für die Ausstellung eines Ersatzsparbuches für das verloren gegangene handele es sich nicht um eine Erweiterung des ursprünglichen Vertragsrahmens, sondern um eine echte Zusatzleistung für den Fall des Abhandenkommens. Die Ausstellung eines Ersatzsparkassenbuches sei eine Sonderleistung und erfolge nicht in Erfüllung einer der Bank obliegenden Pflicht. Dass für die Ersatzausstellung einer verloren gegangene Legitimationsurkunde ein Entgelt zu entrichten sei, entspreche auch dann der allgemeinen Lebenserfahrung, wenn die Urkunde als solche zunächst kostenfrei zur Verfügung gestellt wurde. d) Kontopfändungsgebühr In zwei Grundsatzurteilen vom 18. Mai 1999 erklärt der BGH die Gebührenklausel bei Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen auf Girokonten für unwirksam 198 . Die Klausel lautet: Text: 197 BGH, Urteil v. 7.6.1998, XI ZR 351/ 97, MDR 1998,1172-1173 oder ZIP 1998,1391-1392 oder NJW-RR 1998,1661-1662. 198 BGH, Urteil v. 18.5.1999, XI ZR 219/98, ZIP 1999, 1090. 69 70 Bearbeitung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen: 30 DM pro Pfändung, einmalige Belastung kurzfristig nach Eingang des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Anschließend Überwachung pro angefangener 30 Kalendertage: 20 DM erstmals nach Ablauf der ersten 30 Kalendertage. Die Klausel sei als Verstoß gegen § 9 AGBG eine unangemessene Benachteiligung der Girokonteninhaber. Durch die Bearbeitung und Überwachung von Pfändungsmaßnahmen erbringe ein Kreditinstitut keine Dienstleistung für seine davon betroffenen Kunden. Die Bearbeitung und Überwachung lege weder im Auftrag des Kunden noch in ihrem Interesse. Die Bank als Drittschuldner ist verpflichtet, auf Verlangen des Pfändungsgläubigers unter anderem zu erklären, ob und inwieweit er die Forderung als begründet anerkenne und Zahlung zu leisten bereit sei. Wer dieser Erklärungspflicht nicht nachkomme, mache sich gegenüber dem Pfändungsgläubiger schadensersatzpflichtig. Diese staatsbürgerliche Erklärungspflicht sei im Interesse des Pfändungsgläubigers und einer funktionierenden Vollstreckung geschaffen worden. Ihre Erfüllung erfolgt zur Vermeidung einer Schadensersatzhaftung im eigenen Interesse, nicht aber im Interesse des Pfändungsschuldners. Das gleiche gelte für die anschließende Überwachung von Pfändungsmaßnahmen 199 . e) Bearbeitung von Freistellungsaufträgen Mit einer im Kern an die Entscheidung zur Pfändungsgebührenklausel angelehnten Begründung hat der BGH durch Urteil vom 15.07.1997 200 die Berechnung eines Entgeltes für die Verwaltung und Änderung von Freistellungsaufträgen für Sparkonten mit wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes für nicht vereinbar und damit als unangemessene Benachteiligung der betroffenen Sparer für unwirksam erklärt. Durch das Zinsabschlagsgesetz werden Kreditinstitute - ähnlich wie Arbeitgeber beim Lohnsteuerabzug oder bei der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen – zur unentgeltlichen Einziehung der Kapitalertragssteuer und damit zur Erfüllung staatlicher Aufgaben herangezogen. Unwirksam ist folgende Regelung: Text: Verwaltung von Freistellungsaufträgen pro Jahr DM 10, ab DM 100 Ertrag pro Jahr. Änderung eines Freistellungsauftrages DM 10. Kreditinstitute haben die Aufwendungen, die durch die Erfüllung einer dem Staat gegenüber bestehenden Pflicht erwachsen, als Teil ihrer Gemeinkosten selbst zu tragen. Sie können nicht durch Entgeltklauseln auf die Kunden abgewälzt werden. Im freien Wettbewerb sind sie wie andere Gemeinkosten durch erzielbare Leistungspreise zu erwirtschaften. Die dagegen von der Volksbank Sandhofen eingelegte Verfassungsbeschwerde ist ohne Erfolg geblieben. f) Lastschriftrückgabe/ Nichtausführung eines Auftrages Banken können in Preisverzeichnissen ihre Kunden nicht verpflichten im Falle einer Nichtausführung eines Überweisungsauftrages oder Dauerauftrages mangels Deckung bzw. für den Fall einer Scheck- oder Lastschriftrückgabe mangels Deckung ein Entgelt zu entrichten. Text: 199 200 BGH, Urteil v. 18.05.1999, XI ZR 219 /98, ZIP 1999, 1090. BGHZ 136,261 = NJW 1997, 2752; vgl. auch BGHZ 138, 380 und BGH NJW 1999, 2276. 70 71 Scheck, Scheckrückgabe, Scheckrückgabegebühr zu Lasten des Scheckeinreichers: Preis 10 DM. Lastschriftrückgabe, Rücklastschriftgebühr zu Lasten des Zahlungsempfängers: Preis 7,50 DM. Die Klausel ist unwirksam. Das ist das Ergebnis von zwei BGH-Entscheidungen vom 21.10.1997 201 . Bei Prüfung ausreichender Deckung vor Ausführung von Überweisung, Daueraufträgen oder Erfüllung von Lastschriften werde die Bank ausschließlich im eigenen Interesse tätig. Eine Verpflichtung der Bank zur Ausführung dieser Aufträge bestehe nur, wenn das Konto des Kunden ausreichende Deckung in Form eines entsprechenden Giroguthabens oder einer offenen Kreditlinie ausweist. Andererseits sei die Bank auch nicht gehindert, eine durch die Belastungsbuchung eintretende Überziehung des Kontos hinzunehmen. Entscheidet sie sich bei fehlender Deckung für die Nichtausführung, so liege in ihrer berechtigten Weigerung keine Leistung und folglich kein, einer Vergütungspflicht auslösender Sachverhalt. Bei der Nichteinlösung von Lastschriften komme hinzu, dass die Bank in dem die Regel bildenden Einzugsermächtigungsverfahren die Kontobelastung ohne entsprechende Einzelanweisung des Kunden vornehme, die Erfüllungsverweigerung sich also als die Nichtausführung des Auftrags der Gläubigerbank im Rahmen des Lastschriftabkommens darstelle. Es handele sich bei den Entgeltklauseln auch nicht um wirksame Schadenspauschalierungen, da dem Kunden der Nachweis eines geringeren Schadens im Sinne von § 11 Nr. 5 b AGBG abgeschnitten werde. Im Anschluss an diese Entscheidungen sind einige Institute dazu übergegangen, für die „Benachrichtigung des Kunden über die Nichteinlösung“ ein Entgelt zu erheben. Entsprechende Klauseln lauten: Text: Überweisung: Kundenbenachrichtigung wegen Nichtausführung: Preis DM 7,50 plus Barauslagen. Die Urteile des BGH sind Grundlage des weiteren Vorgehens des VSV gegen Klauseln mit diesem Regelungsgehalt. Zu einer besonders bemerkenswerten Entscheidung kommt der BGH mit Urteil vom 8. März 2005 in einem Verfahren der Verbraucherzentrale Nordrheinwestfalen 202 . Gegenstand des Verfahrens ist eine Anweisung der beklagten Bank in einem Rundschreiben vom 4. Mai 1998 gegenüber ihren Geschäftsstellen zur Behandlung von Lastschriftrückgaben mangels Deckung. In diesem Schreiben heißt es: Kostenerstattung bei Rückgaben von Lastschriften und Schecks mangels Deckung (BGHUrteil vom 21. Oktober 1997). Mit Rundschreiben Nr. 43 vom 23. Februar 1998 hatten wir Sie davon unterrichtet, dass aufgrund des BGH-Urteils vom 21. Oktober 1997 die Preisbelastung für Retourenbearbeitungen von Schecks und Lastschriften mangels Kontodeckung eingestellt wird. 201 202 BGH, Urteil v.21.10. 1997, XI ZR 5 / 97 und XI ZR 296 / 96, NJW 1998, 309. BGH, Urteil v. 08.03.2005, XI ZR 154/04, LSK 2005, 180347. 71 72 Zwischenzeitlich wurde festgestellt, dass die Kosten für unser Haus bei der Rückgabe von Lastschriften bzw. Schecks mangels ausreichender Deckung erheblich über dem bisher geforderten Entgelt liegen. Andere Kreditinstitute kamen zu gleichen Ergebnissen. Wir werden daher- auch im Interesse einer gegenüber unseren Kunden gerechten Preisgestaltung - einen Teil der anfallenden Kosten für Lastschrift- und Scheckübergaben ab sofort in Höhe von DM 15 belasten. Aufgrund des BGH-Urteils ist ein teilmodifizierter Arbeitsablauf notwendig, welchen wir in beigefügter Anlage I beschrieben haben. Wir bitten Sie, den Arbeitsablauf strikt einzuhalten. In Übereinstimmung mit der Vorinstanz sieht der BGH in dem Rundschreiben keine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB. Weder die interne Anweisung noch die Belastungsbuchungen aus den Kontoauszügen, noch die Schreiben an widersprechende Kunden, lassen sich als Allgemeine Geschäftsbedingungen qualifizieren. Im Gegensatz zum Berufungsgericht sieht der BGH in dem mit dem Rundschreiben vorgegebenen Verfahren einen Verstoß gegen das Umgehungsverbot aus § 306 a BGB. Ein solcher Verstoß liegt vor, wenn eine als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksame Regelung bei gleicher Interessenlage durch eine andere rechtliche Gestaltung erreicht werden soll, die nur den Sinn haben kann, dem gesetzlichen Verbot zu entgehen 203 . Mit dieser Vorgehensweise praktiziert die Beklagte die vom erkennenden Senat in seinen Urteilen vom 21.10.1997 für unzulässig und unwirksam erklärte Entgeltklausel bei der Rückgabe von Lastschriften mangels Deckung unter dem rechtlichen Deckmantel pauschalierten Schadensersatzes wirtschaftlich wirkungsgleich weiter. Die interne Anweisung der Beklagten ist ebenso effizient wie die Pauschalierung von Schadensersatz in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und hat deren typischen Rationalisierungseffekt. Der danach gegebene Verstoß gegen das Umgehungsverbot eröffnet die Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 BGB, die im Verbandsklageverfahren nach § 1 UKlaG geltend gemacht werden kann. Dieser hält die interne Anweisung und die darauf beruhende Geschäftspraxis der Beklagten nicht stand. Eine inhaltsgleiche Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die sich der Verwender pauschalen Schadensersatz bei Rückgabe einer Lastschrift mangels Deckung versprechen lässt, ist mit wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung unvereinbar. Ein Bankkunde ist gegenüber seiner Zahlstelle nicht verpflichtet, für die Einlösung von Lastschriften im Einzugsermächtigungsverfahren Deckung vorzuhalten. Eine solche Pflicht des Schuldners besteht nur gegenüber dem Gläubiger aufgrund der getroffenen Lastschriftabrede. Die Schuldnerbank wird nicht auf Weisung des Schuldners tätig, sondern greift im Auftrag der Gläubigerbank ohne Weisung ihres Kunden auf dessen Konto zu. Da der Kunde seiner Bank keine Weisung erteilt hat, ist er im Verhältnis zu ihr berechtigt, der Belastung seines Kontos ohne Angabe von Gründen zu widersprechen. Die Schuldnerbank prüft bei einer Lastschrift die Deckung des Kontos lediglich im eigenen und im Interesse der Gläubigerbank aber nicht im Interesse des Schuldners. Wenn die Beklagte bei Rückgabe einer Lastschrift mangels Deckung gleichwohl eine als Teilschadensersatz deklarierte Pauschale in das Konto ihres Kunden einstellt, unterstellt sie ohne nähere Kenntnis des Valutaverhältnisses nicht nur, der Kunde habe im Verhältnis zu seinem Gläubiger schuldhaft seine Pflicht zum Vorhalten von Deckung verletzt, leitet aus diesem Verdacht grundlos nicht nur unter Außerachtlassung des Rechts des Kunden, im Verhältnis zur Bank einer Lastschrift ohne Angabe von Gründen zu widersprechen, eine schuldhafte girovertragliche Pflichtverletzung ihr gegenüber ab, sondern schreitet auch nur zur Durchsetzung ihrer angeblichen Schadensersatzforderung durch Verrechnung im Kontokorrent, überlässt es also dem Kunden, sich gegen die auf einen bloßen Verdacht einer angeblichen schuldhaften Pflichtverletzung 203 Heinrichs in Palandt, § 306 a Rn 2, Borges ZIP 2005, 185, 187. 72 73 hin vorgenommene Belastung seines Kontos zu wehren. Diese Praxis ist selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn die Bank ihre Kunden nach einer vorausgegangenen Lastschriftrückgabe und Abmahnung nicht dafür gesorgt hätten, dass künftig ausreichend Deckung auf ihrem Konto vorhanden sei. Die im Einziehungsermächtigungsverfahren im Verhältnis zur Schuldnerbank nicht bestehende girovertragliche Kontodeckungspflicht kann nicht durch eine Abmahnung begründet werden. g) Gebühr für Löschungsbewilligung Auf Revision des Verbraucherschutzvereins hat der BGH mit Urteil vom 7. Mai 1991 204 untersagt, für die Ausfertigung von Löschungsbewilligungen bei Grundpfandrechten ein Entgelt zu erheben. Nach den vertragsrechtlichen Grundsätzen habe der Kunde, der seiner Bank zur Sicherung eines Kredites eine Hypothek oder eine Grundschuld eingeräumt hat, nach Tilgung des Darlehens einen Anspruch auf Löschung, um das Grundbuch berichtigen zu lassen. Kommt das Kreditinstitut seiner gesetzlichen Verpflichtung nach, diesen Anspruch zu erfüllen und die dafür erforderlichen Erklärungen abzugeben, dürfe für die Löschungsbewilligung in ihrem Preisverzeichnis keine besondere Gebühr vorgesehen werden. Allenfalls könne ein Aufwendungsersatz verlangt werden. Dieser Aufwendungsersatz sei aber mit dem Gesamtverwaltungsaufwand der Bank durch die Kreditzinsen oder eine im Darlehensvertrag vereinbarte Gebühr, abgegolten. 13. Auswertung und Zusammenfassung Die Ergebnisse der Rechtsprechung zeigen, dass Entgelte im weitesten Sinne zu den zentralen Problemen der Banken AGB gehören. Entgelte i. d. S. sind nicht nur Gebühren, sondern auch Zinsberechnungsklauseln. Probleme bereitet das für jede einzelne Entgeltart in Verbandsklageverfahren die Anwendbarkeit der Inhaltskontrolle erneut überprüft werden muss. Die Begründungen des BGH lassen allerdings folgende grundsätzliche Leitlinien erkennen: Der Begriff der Preisklausel wird sehr eng gefasst, so dass nahezu alle Gebührentatbestände einer Inhaltskontrolle unterzogen werden. Wesentlicher Anknüpfungspunkt ist, ob die Bank tatsächlich eine eigene Leistung erbringt. Dabei verwendet der BGH rechtsdogmatisch unterschiedliche Begründungen. Entgeltklauseln, die als wirksam angesehen werden, sind entweder angemessen, weil sie keine Benachteiligung des Kunden i. S. v. § 307 Abs. 2 BGB enthalten (Stundungsklausel) oder weil sie als echter Preis für eine Bankleistung gemäß § 307 Abs. 3 BGB nicht der Inhaltskontrolle unterliegen (Gebühr für Ersatzsparbuch). Soweit der BGH die Klauseln einer Inhaltskontrolle unterzieht und mit Einschränkungen für wirksam erklärt, handelt es sich um Preisklauseln, die gleichwohl einer Angemessenheitskontrolle unterzogen werden. So hat der BGH die Postenpreise im Preisverzeichnis als Kontoführungsgebühren gewertet, aber mit der Wirksamkeitsbedingung verknüpft, dass für Ein- und Auszahlungen auf das eigene Girokonto unmittelbar im Preisverzeichnis fünf Freiposten vorzusehen sind. Die mit der Tilgungsverrechnung verbundene Zinsberechnung nach dem Stand des Kapitals am Ende des Vorjahres wird einerseits als berechtigte Zins- und Preisgestaltung bewertet. Wirksam ist sie aber nur, wenn dieser nicht offen ausgewiesene Preis für den Bankkunden hinreichend deutlich erkennbar ist, konkret durch Verknüpfung der Verrechnungsklausel mit der Ratenzahlungsvereinbarung. Gerade diese Bewertung dürfte im Hinblick auf die inzwischen gestiegenen Anforderungen an die Transparenz einer AGB- 204 BGH, Urteil v. 07.05.1991, XI ZR 244 /90, WM 1991, 1113. 73 74 Klausel kaum haltbar sein. Der Satz des BGH: „Preise für Bankleistungen sind offen auszuweisen“, kann hier als Grundsatz gelten 205 . Dieser Grundsatz führt aber nicht dazu, dass Preise jeder Art allein deshalb zulässig sind, weil sie offen ausgewiesen werden. Einschränkungen macht der BGH insoweit, als es sich um Entgelte handelt für eine Leistung, die entweder als Eigenleistung der Bank oder als Erfüllung vertraglicher oder sonstiger gesetzlicher Verpflichtungen anzusehen ist. Zu den Eigenleistungen gehört die Pflicht der Bank, vor Ausführung einer Überweisung oder Einlösung einer Lastschrift, entsprechende Kontodeckung zu prüfen. Zu den (entgeltfreien) Vertragsleistungen gehört die Entgegennahme und Auszahlung von Bargeld auf das eigene Girokonto (Verwahrungsvertrag, bzw. Darlehenstilgung) und die Erteilung einer Löschungsbewilligung zu einem Hypothekendarlehen. Die entgeltfreie Erfüllung allgemeiner gesetzlicher Verpflichtungen liegt nach Ansicht des BGH in der Bearbeitung von Freistellungsaufträgen und Kontopfändungen. Ausgehend von diesen Leitlinien ist die Wirksamkeit von Entgeltklauseln in den Preisverzeichnissen der Banken und Sparkassen auf der Grundlage der Inhaltskontrolle zu beurteilen. VII. Allgemeine Geschäftsbedingungen der neuen Medien Neue Medien im Sinne dieser Untersuchung als Begriff wie er von den Verbrauchzentralen und VZBV verwendet wird, umfasst Verträge der Mobilfunkanbieter und der Online-Dienste. Der Begriff ist offen für neue Entwicklungen. Zu den Internet- Diensten gehört Online bzw. Internet Telefonie. Den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kommunikationsmedien hat sich der Verbraucherschutzverein erstmals mit einer Abmahnung der Anschluss- und Nutzungsbedingungen der Telekom im Jahre 1993 gewidmet. Auch wenn die netzgebundene Telefonie der Telekom nicht als „neues“ Medium i. S. der Definition zu verstehen ist, hat diese Abmahnung doch eine gewisse Pilotfunktion, weil damit nach der Privatisierung der Telefondienstleistung erstmals Nutzungsbedingungen für Telefondienstleistungen der Inhaltskontrolle des AGB-Gesetzes unterzogen wurden. Beanstandet wurden Entgeltklauseln, Haftungsbegrenzungen zu Gunsten der Telekom und eine Haftungsausweitung zu Lasten der Anschlusskunden. Die erste Abmahnung zu Mobilfunkverträgen wird für das Jahr 1995 mit einer Abmahnung des seinerzeit noch als Mannesmann Mobilfunk GmbH firmierenden Dienstleisters berichtet. Inzwischen sind alle großen Anbieter und Provider des Mobilfunkmarktes hinsichtlich ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen überprüft worden. Wenn man zum Recht der neuen Medien auch die Lieferung bzw. den Verkauf von Software rechnet, gehört die Abmahnung des Verbraucherschutzvereins vom 17.04.2000 gegen die Microsoft Incorporation Investment USA dazu. Dieses Verfahren endete im Oktober 2000 mit einer Unterlassungserklärung durch Microsoft. Beanstandet wurden vor allem Haftungsbegrenzungsklauseln für Schäden, die durch die Verwendung der von Microsoft gelieferten Software entstehen. Im selben Jahr hat das Landgericht Berlin ein erstes Urteil gegen das Internet Auktionshaus eBay GmbH verkündet 206 und darin zwei Klauseln für unwirksam erklärt. 205 206 vgl. Nobbe WM 2008, 185 ff. LG Berlin v. 20.12.2000- 26 O 397/00 LSK 2001, 320323. 74 75 1. AGB der Mobilfunkverträge/ Internettelefonie Verbandsklageverfahren wegen der Mobilfunkverträge wurden überwiegend Ende der 90iger Jahre eingeleitet. Insoweit verwundert es nicht, dass bisher wenige obergerichtliche oder höchstrichterliche Rechtsprechung zu diesem Themenbereich vorhanden ist. In einem Verfahren gegen De-Te-Mobile (jetzt: T-Mobile-GmbH) hat das Oberlandesgericht Köln mit Urteil vom 15.05.1998 207 insgesamt neun Klauseln für unwirksam erklärt. Die Revision war als Streitwertrevision nicht möglich und wurde ausdrücklich zugelassen nur hinsichtlich der Klausel: Text: Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. Diese Klausel hat der BGH auf Revision der Beklagten mit Urteil vom 14.10.1999 208 für zulässig erklärt und sich insoweit auf seine vorangegangene Rechtsprechung 209 berufen. Soweit die Beklagte gegen zwei weitere Klauseln, die ihr mit Urteil des Oberlandesgerichts Köln untersagt worden sind, ebenfalls Revision eingelegt hat, wurde die Revision wegen fehlender Zulassung als unzulässig verworfen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln wird nachfolgend als Grundsatzentscheidung im Bereich Mobilfunk AGB dargestellt. Eine neuere Abmahnung des VZBV v. 28.2.2008 betrifft Verträge über Internet-Telefonie durch die Firma Skype SARL/Luxemburg. In den AGB von Skype werden vom VZBV 210 Klauseln mit Preisänderungsvorbehalt, zum Guthabenverfall, Haftungsbeschränkungen und Rechtswahlklauseln beanstandet. Aus systematischen Gründen werden die AGB der InternetTelefonie den Mobilfunk AGB zugeordnet. a) Leistungsänderungsklausel/ Preisänderung Unwirksam ist der Vorbehalt einer Rufnummernänderung aus technischen und betrieblichen Gründen mit folgender Klausel: Text: De-Te-Mobile kann die Rufnummer aus technischen und betrieblichen Gründen ändern. Dieser Leistungsänderungsvorbehalt, mit dem die Beklagte sich die Möglichkeit offen hält, die Rufnummer aus nicht näher umschriebenen technischen und betrieblichen Gründen zu ändern, ist unwirksam, weil die Zumutbarkeit für den Vertragspartner nicht hinreichend gewährleistet ist. (Verstoß gegen § 10 Nr. 4 AGBG). Die Gegenüberstellung einerseits der Interessen des Kunden an einer ordnungsgemäßen Erfüllung der versprochenen Leistung – hier konkret der Beibehaltung der zugewiesenen Telefonnummern - und andererseits der Interessen der Beklagten in einer Änderung aus technischen oder betrieblichen Gründen, lässt ein überwiegendes oder auch nur gleichrangiges Interesse der Beklagten an der Änderung mithin an deren Zumutbarkeit nicht erkennen. Zutreffend ist, dass nach § 20 Abs. 3 Telekommunikationskundenschutzverordnung (TKV) in der Fassung vom 11. Dezember 207 OLG Köln v. 15.5.1998- 6 U 72/97 LSK 1999, 220407. BGH, Urteil v. 14.10.1999, III ZR 203/98, MMR 2000, 159. 209 BGH, Urteil v. 19. Juni 1985, VIII ZR 238/84, NJW 1985, 2329. 210 Abmahnung vom 28.02. 2008- Az: A 13992-1/08br. 208 75 76 1997 die Kunden der Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen Änderungen der Rufnummer hinnehmen müssen, wenn diese durch Maßnahmen oder Entscheidungen der Regulierungsbehörde gegenüber dem Anbieter nach Maßgabe von § 23 TKG veranlasst sind. Dies mag ein „triftiger Grund“ sein nach Maßgabe der Ziffer 1 k) des Anhangs zu Artikel 3 Abs. 3 der Verbraucherschutzrichtlinie 9313 EWG am 05.04. 1993 211 . Der Regelungsgehalt der hier in Rede stehenden Klausel geht über diese Gründe erheblich hinaus, insbesondere da der Begriff der betrieblichen Gründe ein breites Auslegungsspektrum abdeckt, der in einer unüberschaubaren Anzahl von Fällen einen Anlass für allein vom Willen der Beklagten abhängigen Änderung bieten könnte. Unwirksam ist auch die Leistungseinschränkungsklausel mit folgendem Wortlaut: Text: Die Verbindungen werden von der De-Te-Mobile im Rahmen der bestehenden technischen Möglichkeiten mit einer mittleren Durchlasswahrscheinlichkeit von 95 % - bei Netzüberlassung unter Umständen in der Dauer begrenzt – hergestellt. Aufgrund der technischen und wirtschaftlichen Dimensionierung des Netzes und in Abhängigkeit von den funktionstechnischen Ausbreitungsbedingungen (z. B. Funkschaltungen), muss der Kunde damit rechnen, dass eine Telefonverbindung nicht jederzeit und an jedem Ort hergestellt werden kann, bzw. beeinträchtigt oder unterbrochen wird. Die Klausel verstößt gegen § 9 Abs. 1 AGBG, weil sie eine dem Kunden unangemessene, benachteiligende, intransparente Vertragsgestaltung und Vertragsabwicklung festlegt. Sie verstellt den Blick auf die im Fall einer teilweisen oder völligen anfänglichen Unmöglichkeit der Leistung der Beklagten eintretende Rechtslage zum Nachteil der Verbraucher, weil sie eine klare, bestimmte und zutreffende Information über die dann eintretende Rechtslage nicht vermittelt. Diese dem Gebot der Transparenz entsprechende Anforderung 212 erfüllt die Klausel nicht und ist damit geeignet, Kunden von der Durchsetzung bestehender Rechte abzuhalten oder für den Verwender eine scheinbare Stütze für die Abwehr begründeter Ansprüche darzustellen. In den AGB von Skype ist in Bezug auf Verträge über Internet-Telefonie folgende Preisänderungsklausel vom VZBV abgemahnt worden Text: Skype kann die Tarife jederzeit durch eine entsprechende Ankündigung von 30 Tagen vor einer solchen Änderung auf der Website ändern oder im Fall von Skype oder Voicemail, in dem die neuen Tarife in Verbindung mit ihrem Kauf der jeweiligen Produkte angegeben werden. Der neue Tarif gilt für Ihren nächsten Kauf nach Veröffentlichung der Anpassung auf der Website. Durch die weitere Nutzung und den fortgesetzten Kauf von Skype-Produkten nach Anpassung der Tarife akzeptieren Sie die neuen Tarife. Die Klausel wurde vom VZBV als Verstoß gegen § 308 Nr. 5 BGB (fingierte Erklärung) abgemahnt. Je nach Vertragsgestaltung könnte es sich um einen unzulässigen Preis Änderungsvorbehalt handeln. b) Haftungsklausel 211 212 Palandt/ Heinrichs Anhang zu § 24 a AGBG. BGH NJW 1989, 3222; BGH NJW 1992, 2052. 76 77 Nicht zu beanstanden ist nach Auffassung des OLG Köln 213 folgende Klausel in den Mobilfunkverträgen: Text: Preise, die durch unbefugte Nutzung des Anschlusses entstanden sind, hat der Kunde zu zahlen, wenn und soweit er die unbefugte Nutzung zu vertreten hat, insbesondere wenn er eine der unter …. aufgeführten Pflichten schuldhaft verletzt hat. Nach Verlust oder Abhandenkommen der Karte hat der Kunde nur die Preise zu zahlen, die bis zur Meldung des Verlustes oder des Abhandenkommens angefallen sind. Die Klausel begründet keine verschuldensunabhängige Risikohaftung, sondern hält sich im Rahmen der Grundsätze zur Gefahren- und Risikoverteilung, wie sie bei der Beurteilung der positiven Vertragsverletzung von der Rechtsprechung zugrunde gelegt werden214 . Eine Überbürdung des Missbrauchsrisikos auf den Kunden tritt durch die Klausel nicht ein, da es insoweit keinen Anscheinsbeweis geben kann, solange Einwirkungen durch Dritte auf den von der Beklagten genutzten Leistungsweg zwischen Einheiten Zähler und Kundenanschluss keineswegs auszuschließen sind. Der Kunde haftet also nur für die Inanspruchnahme seines Anschlusses durch Dritte, wenn und soweit er dies zu vertreten hat. Beweislast trägt insoweit die Beklagte. Dagegen enthalten die AGB von Skype zur Internet-Telefonie mehrere Klauseln mit Haftungsbeschränkungen. Die nachstehenden Klauseln zur Haftungsbegrenzung von Skype werden als Verstoß gegen § 309 Nr. 7 b BGB in der Abmahnung des VZBV für unwirksam gehalten: Text: Skype kann nur für direkte Schäden haftbar gemacht werden, die sich aus der nachweisbaren Nichterfüllung seiner Verpflichtungen unter diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergeben. Direkte Schäden bedeuten in diesem Zusammenhang alle angemessenen Kosten die Sie hatten, damit Skype seine Verpflichtung den Allgemeinen Geschäftsbedingungen wahrnimmt oder um derartige Kosten zu begrenzen oder zu vermeiden. Die Klausel enthält einen mit den Vorschriften des AGB-Rechts nicht zu vereinbarenden Haftungsausschluss, weil die Haftung für entstandene Schäden unabhängig vom Verschuldensgrad des Verwenders eingeschränkt werden soll. Dies gilt auch für die nachfolgende Haftungsklausel: Text: Im größtmöglichen durch das anwendbare Recht gestatteten Umfang ist Skype nicht haftbar für jegliche indirekte Sonder- , Neben- oder Folgeschäden, insbesondere Schäden durch Verluste von Gewinnen oder vertraulicher oder anderer Informationen durch Geschäftsunterbrechungen, durch den Verlust von Datenschutz, wenn dieser sich aus der Verwendung oder der Unfähigkeit der Skype-Produkte ergibt, auch wenn Skype über die Möglichkeit solcher Schäden in Kenntnis gesetzt wurde. Der Ausschluss der Haftung auf das größtmöglich rechtlich gestattete Maß gewährleistet nicht, dass durch § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB geforderte Mindestmaß an Verständlichkeit. Der Vertragspartner wird unangemessen benachteiligt, da er nicht nur die gesetzlichen 213 214 OLG Köln v.15.5.1998- 6 U 72/97 LSK 2000, 420266. Unter Hinweis auf Palandt/ Heinrichs BGB 57. Aufl., § 282 Rn 8. 77 78 Vorschriften nicht kennt, sondern evtl. auch tatsächlich aufgefundene Vorschriften, wegen ihres rechtlich technischen Charakters und ihrer praktischen Tragweise für die in Rede stehende Vorschrift nicht einschätzen kann. Ein berechtigtes Interesse an der pauschalen Verweisung auf die gesetzlichen Regelungen ist nicht erkennbar. Die Klausel verstößt deshalb gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 BGB. Als Verstoß gegen § 307 BGB wird auch die zur Haftungsklausel weiter geregelte Einschränkung beanstandet mit folgendem Wortlaut: Text: Einige Gerichtsbarkeiten lassen die oben aufgestellten Ausschlüsse oder Beschränkungen nicht zu, so dass die Beschränkungen und Ausschlüsse auf Sie möglicherweise nicht zutreffen. In diesem Fall ist die Haftung im Rahmen der anwendbaren Gesetzgebung weitest möglich beschränkt. In der Klausel kommt zum Ausdruck, dass der Verwender die für internationale Rechtsbeziehungen geltenden Vorschriften nicht jeweils dem nationalen Recht entsprechend anpassen möchte und deshalb versucht, mit einer Generalklausel die weitest mögliche Haftungsbeschränkung zu erreichen. c)Vertragsweitergabeklausel Wirksam ist nach Auffassung des OLG Übertragungsklausel mit folgendem Wortlaut: Köln 215 in Mobilfunkverträgen die Text: Eine Übertragung der Rechte und Pflichte der De-Te-Mobile aus diesem Vertrag auf die Telekom oder eine Tochtergesellschaft der Telekom bzw. eine Beteiligungsgesellschaft von dieser ist auch ohne Zustimmung des Kunden zulässig. Dem Kunden steht auch für diesen Fall das Recht zu, den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen. Die Klausel ist mit § 11 Nr. 13 b AGBG vereinbar, denn dem Kunden ist eindeutig das unbeschränkte Recht eingeräumt, im Fall des Wechsels des Vertragspartners durch fristlose Kündigung sich vom Vertrag zu lösen, und der Dritte ist namentlich bezeichnet. d) Bankauskunftsklausel Nachdem die De-Te-Mobile bereits im Verfahren vor dem OLG Köln 216 eine Unterlassungserklärung bezüglich folgender Klausel abgegeben hatte: Text: Ich willige ein, dass die De-Te-Mobile die erforderlichen, banküblichen Auskünfte an meine oben angegebene Bank oder an eine Wirtschaftsauskunftei übermittelt, Auskünfte einholt und im Säumnisfall entsprechende Daten an ein Auskunfts- oder Inkassounternehmen zur Verarbeitung und Nutzung dort weiterleitet, wurde dieser Rechtsstreit für erledigt erklärt. In der Folgezeit verwendet De-Te-Mobile folgende Klausel: 215 216 a. a. O. FN 157. OLG Köln v. 15.05.1998 , 6 U 72/97 LSK 2000, 420266. 78 79 Text: Ich ermächtige meine kontoführende Bank widerruflich, T-Mobile bankübliche Auskünfte zur Bonitätsprüfung zu erteilen. Dazu zählen neben allgemein gehaltenen Feststellungen und Bemerkungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden, seine Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit, insbesondere auch die Überprüfung der Kundenangabe bezüglich Kontoverbindung, ec-Karte und/ oder Kreditkarte. Der BGH 217 begründet die Unwirksamkeit allerdings nicht mit der Ermächtigung der Bank Auskünfte zur Bonität des Kunden einzuholen 218 . Diese Berechtigung sei von wesentlichen Interessen der Telekommunikationsdienstleistungsanbieter getragen, weil sie im Allgemeinen vorleistungspflichtig sind und deshalb ein anerkanntes Interesse daran haben, die Bonität ihrer Kunden zu prüfen. Die übliche Bonitätsprüfungsklausel, sogenannte Schufa- Klausel, ist deshalb in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Telekommunikationsdienstleistungsunternehmens mit der Inhaltskontrolle vereinbar. Allerdings dürften erteilte Einwilligungen zur Erhebung und Verarbeitung von Daten nicht pauschal gefasst sein, sondern so hinreichend konkretisiert, dass der Kunde übersehen könne, auf welche Daten sich seine Einwilligung erstrecke, welche Daten gespeichert und an welche Stelle sie übermittelt werden 219 . Insbesondere ist dabei auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Daten hinzuweisen. In der hier streitgegenständlichen Klausel sind die Zwecke widersprüchlich und unklar, was die unangemessene Benachteiligung des Kunden im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB zur Folge hat. e) Lastschrifteinziehungsermächtigung In dem Verfahren des VZBV gegen die T-Mobile-Deutschland GmbH erklärt der BGH 220 die Lastschrifteinziehungsklausel für unwirksam: Text: Ich ermächtige T-Mobile widerruflich, die Rechnungsbeträge bei Fälligkeit von unten genanntem Konto im Lastschriftverfahren abzubuchen. Der XII. Zivilsenat des BGH hatte zwar mit Urteil vom 10.01.1996 221 die Regelung einer Lastschrifteinziehungsermächtigung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für grundsätzlich wirksam erachtet, in Dauerschuldverhältnissen jedoch an die Bedingung geknüpft, dass es sich um jeweils geringfügige Beträge in gleich bleibender oder jedenfalls von vornherein feststehender Höhe handelt. Das Urteil war seinerzeit zu den Geschäftsbedingungen eines Betreibers von Breitbandkabel Verteileranlagen, bezogen auf monatlich gleich bleibende Beträge von 11,40 DM ergangen. Offen geblieben war die Frage, ob auch größere Beträge in unregelmäßiger Höhe aufgrund von AGB-Klauseln eingezogen werden können. Gegen die Wirksamkeit einer entsprechenden Einzugsermächtigungsklausel bestehen Bedenken, weil der Kontoinhaber in einer u. U. 217 BGH, Urteil v. 23.1.2003, III ZR 54/02, MMR 2003, 389. Unter Hinweis auf Leitermann in Hiun, Handbuch Telekommunikationsrecht 2002, Teil V, Rnr 118, 138; Schmitz in Schuster, Vertragshandlung Telemedia 2001, S. 159, Rn. 107; Munz in: Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Telekommunikationsverträge - Dezember 1999 – Rn 66; Schöpflin BB 1997, 106, 107; Bordenhofen, K u. R 1999, 500 (Anm.: Die Zeitschrift heißt Kommunikation und Recht). 219 So auch Schaffland/Wiltfang, Bundesdatenschutzgesetz § 4 a Nr. 12. 220 BGH, Urteil v. 23.1.2003, III ZR 54/02, NJW 2003, 1237. 221 BGH, Urteil v. 10.1.1996, XII ZR 271/94, NJW 1996, 988. 218 79 80 wirtschaftlich unvernünftigen Weise gezwungen sein könnte, auf Dauer oder jedenfalls für einen längeren Zeitraum ein erhebliches Deckungsvolumen vorzuhalten, um jederzeit auf eine Lastschrift vorbereitet zu sein. Diesen Bedenken folgt der BGH in seiner Entscheidung vom 23.01.2003 222 und erklärt die Lastschrifteinziehungsklausel in den Bedingungen eines Mobilfunkanbieters mit der Maßgabe für unzulässig, dass dem Kunden durch entsprechende Gestaltung der Klausel eine bestimmte Frist ab dem Tag des Rechnungsdatums einzuräumen sei, die so bemessen ist, dass zwischen Zugang der Rechnung und Einzug des Rechnungsbetrages ausreichend Zeit – mindestens 5 Werktage – verbleibt, die Rechnung zu prüfen und ggf. für ausreichende Deckung seines Girokontos zu sorgen 223 . Da das Antragsformular der Beklagten und ihre AGB diesen Vorgaben nicht entsprechen, kann der Kläger die Unterlassung der beanstandeten Lastschriftklausel verlangen. Die ebenfalls beantragte Veröffentlichungsbefugnis lehnt der BGH aber ab, weil sich die Veröffentlichung allein auf die Urteilsformel bezieht und der Tenor des Senatsurteils mit der Untersagung der weiteren Verwendung der beanstandeten Klausel im Kontext mit den weiteren AGBRegelungen, dies nicht hinreichend zum Ausdruck bringt, sondern viel eher den insoweit unzutreffenden Anschein erweckt, derartige Klauseln dürften in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Mobilfunkunternehmens regelmäßig nicht verwendet werden. f) Deaktivierungsgebühr Auf Regelungen über Kosten für die Deaktivierung des Anschlusses sind Vorschriften der Inhaltskontrolle anwendbar, da sie nicht die vertraglichen Hauptleistungen festlegen. Text: Deaktivierung DM 74,75 mit MWSt. Als Verstoß gegen §§ 10 Nr. 7 b und 9 AGB-Gesetz sind derartige Klauseln unwirksam 224 . In der Klausel fehlt eine Differenzierung über die Gründe des Vertragsverhältnisses. Außerdem wird dem Kunden nicht die Möglichkeit eröffnet, im konkreten Fall nachzuweisen, dass der angemessene Betrag wesentlich niedriger als die vereinbarte Pauschale ist. Wird das Vertragsverhältnis aus Gründen beendet, die der Verwender zu vertreten hat, so besteht insgesamt kein Anspruch auf die Deaktivierungskosten 225 . g) Verfall des Guthabens Mit Bezug auf Prepaid- Karten für den Mobilfunkverkehr wird in den AGB geregelt, dass ein vorhandenes Guthaben nach einer bestimmten Frist verfällt. Die Klauseln lauten wie folgt: Text: Ein Restguthaben auf Ihrer Free and easy-Card können Sie ganz einfach durch erneutes Aufladen des Zeitfensters in das nächste Guthabenzeitfenster mitnehmen. Erfolgt kein erneutes Aufladen innerhalb des Zeitfensters verfällt das Restguthaben. Diese Klausel hat das Landgericht Potsdam 226 noch für zulässig erklärt, weil es sich um eine Leistungsbeschreibung handele, die gemäß § 8 AGBG der Inhaltskontrolle entzogen sei. 222 BGH, Urteil v. 23 1.2003, III ZR 54/ 02, NJW 2003, 1237. Unter Hinweis auf Hahn MMR 1999, 586, 588 und Munz in Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGBKlauseln in Telekommunikationsverträgen, Dezember 1999, Rn 37. 224 LG Potsdam v. 18.2.1998- 2 O 491/97. 225 LG Potsdam v. 18.02.1998 - 2 O 491 / 97. 226 LG Potsdam v. 24.09.1998 - 3 O 66/98. 223 80 81 Das Brandenburgische Oberlandesgericht hob das Urteil auf 227 . Die Klausel enthalte keine reine Leistungsbeschreibung, sondern vielmehr eine Regelung, die über die Preisbestimmung hinausgehe und daher der Inhaltskontrolle unterworfen sei. Sie verstoße gegen § 10 Nr. 4 AGBG, weil die Befugnis, ein Guthaben nach einer bestimmten Zeit verfallen zu lassen, das Recht des Verwenders zur Änderung der versprochenen Leistung begründet. Mit der Klausel behalte sich der Verwender das Recht vor, den Anspruch des Kunden auf Nutzung des Mobiltelefons nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr zu erfüllen, selbst dann, wenn noch das volle Guthaben zur Verfügung steht. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch das LG Düsseldorf 228 , das folgende Klausel für unwirksam erklärt hat: Text: Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer wird die Vodafone Card zur Nutzung gesperrt, d. h. die Zugangsberechtigung zu VFD2–Diensten vollständig und endgültig unterbrochen. (Permanente Deaktivierung). Ein eventuell noch vorhandenes Restguthaben verfällt und kann vom Kunden auch nicht wieder nutzbar gemacht werden. Die Klausel verstoße gegen §§ 307 Abs. 1 Nr. 1 und 305 Abs. 2 Nr. 2, sowie § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der mögliche Verfall des Guthabens führe indirekt zu einer Mindestumsatzverpflichtung 229 . Das vertragliche Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung werde entgegen der gesetzgeberischen Konzeption weitgehend eingeschränkt durch den Verfall des Guthabens als solches und die Dauer der Verfallfrist von maximal 15 Monaten, sowie die unbegrenzte Höhe des verfallbaren Guthabens. Die von der Beklagten angeführten Probleme bei der Rückzahlung des Guthabens und die damit verbundenen Kosten vermögen den Verfall des Guthabens nicht zu rechtfertigen. Eine Rückzahlung, auch durch Rücküberweisung auf ein im Vertrag angegebenes Konto, sei ohne nennenswerte Kosten möglich. Den Kosten stehen zudem die Einnahmen der Beklagten aus nicht zurückgeforderten Restguthaben und der Zins- und Liquiditätsgewinn entgegen, der dadurch entsteht, dass die Kunden das Guthaben aufladen und erst über einen späteren Zeitraum hinweg verbrauchen. Soweit die Klausel die Möglichkeit zu einer Nummernsperre enthalte, müsse dem Verbraucher vor Vertragsabschluss diese Möglichkeit transparent gemacht werden. Die Begrenzung der Laufzeit wird erst im Rahmen der später abrufbaren AGB der Beklagten angesprochen und die genaue Laufzeit lässt sich erst anhand von Angaben errechnen, die in einer Preisliste niedergelegt sind, die nicht Bestandteil der AGB ist. Die vertragliche Konzeption sei für den Verbraucher unklar bzw. undurchschaubar. In den AGB zur Internet-Telefonie sind ebenfalls Klauseln zum Verfall eines Guthabens zu finden: Text: Ein Skype-Guthaben in Ihrem Nutzerkonto verfällt 180 Tage nach der letzten gebührenpflichtigen Nutzung des Skype-Guthabens. Guthaben das während dieses Zeitraumes von 180 Tagen nicht aufgebraucht wird, verfällt. 227 OLG Brandenburg v. 1.12.1999-3 U 251/98. LG Düsseldorf v. 23.8. 2006 -12 O 458/05. 229 Unter Hinweis auf OLG München vom 22.06.2006, 29 U 2294 / 06, NJW 2006, 2416 und OLG Köln vom 07.03.2004, 6 U 137 / 02, sowie hinsichtlich der Telefonkarten für öffentliche Telefone , BGHZ 148 / 74. 228 81 82 Die Klausel verstößt gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB i. V. m. § 194 ff. BGB. Im Unterschied zur gesetzlichen Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB wird hier der Leistungsanspruch des Vertragspartners auf 180 Tage begrenzt und soll danach verfallen. Dies ist eine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner des Verwenders, insbesondere da die Höhe des verfallenden Guthabens nicht begrenzt ist. Es gelten hier die gleichen Rechtsgrundsätze wie zu den AGB der Mobilfunkverträge. h) Anschlusssperre/ Zahlungsverzug Die AGB der Telefonanbieter sehen bei Nicht- oder nicht rechtzeitiger Zahlung fälliger Gebühren das Recht des Anbieters zu Sperrung des Anschlusses vor. Die Voraussetzungen der Sperrung sind unterschiedlich geregelt und deshalb die AGB-rechtliche Bewertung jeweils auf den konkreten Wortlaut zu beziehen: Text: Der Diensteanbieter behält sich unbeschadet seiner gesetzlichen Rechte vor, bei Nichteinlösung der Lastschrift oder, sofern eine andere Zahlungsweise schriftlich vereinbart worden ist, bei Nichtbezahlung der Gebührenrechnung 5 Werktage nach Rechnungsstellung den Telefonanschluß bis zum Eingang der fälligen Gebühren zu sperren und eine Gebühr für den Wiederanschluss gemäß Preistabelle zu erheben, wenn die Nichteinlösung bzw. Nichtbezahlung im Verantwortungsbereich des Kunden liegt. Das Landgericht Itzehoe 230 hat die erste Alternative der Klausel (Sperrung des Telefonanschlusses) für unwirksam erklärt, die zweite Regelung zur Erhebung einer Gebühr für den Wiederanschluss für wirksam. Das OLG Schleswig 231 weist die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten zurück (Regelung der Sperre) und gibt der Berufung des VSV zur Wiederanschlussgebühr statt. Die Klausel verstößt wegen der Sperrung des Anschlusses gegen § 9 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AGBG, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung aus § 320 Abs. 2 nicht zu vereinbaren ist. Danach kann die Gegenleistung, wenn von einer Vertragspartei teilweise nicht geleistet worden ist, insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen , insbesondere wegen eines verhältnismäßig geringfügigen rückständigen Teils gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Dies berücksichtigt die Klausel nicht. Bei kundenfeindlichster Auslegung kann die Beklagte den Anschluss auch sperren, wenn der Kunde lediglich einen sehr geringfügigen Betrag der Rechnung nicht bezahlt hat. Die Erhebung einer Wiederanschlussgebühr verstößt gegen § 11 Nr. 4 AGBG. Die Beklagte nimmt als Anspruchsgrundlage für die Erhebung der Gebühr eine positive Vertragsverletzung an. Die Klausel regelt die Folge einer verspäteten Zahlung und ermöglicht die Erhebung einer Wiederanschlussgebühr auch ohne dass der Vertragspartner im Verzug ist. Die Beklagte nimmt Rechtsfolgen für sich in Anspruch, die nach dem Gesetz erst nach Mahnung oder Fristsetzung eintreten. Unwirksam ist nach Ansicht des OLG Köln 232 die Zahlungsverzugsklausel mit folgendem Wortlaut: Text: 230 LG Itzehoe v. 12.6.1996- 2 O 19/96. OLG Schleswig v. 29.5.1997- 2 U 42/96. 232 a.a.O. FN 157. 231 82 83 Bei Zahlungsverzug des Kunden ist De-Te-Mobile berechtigt, den Mobilfunkanschluss D1 auf Kosten des Kunden zu sperren. Der Kunde bleibt in diesem Fall verpflichtet, die monatlichen Preise zu zahlen. Die in der Klausel begründete Zahlungspflicht trotz Sperre ist als Gegenleistung durch den von der Beklagten weiterhin für den Kunden bereit gehaltenen im Falle der Beseitigung der Sperre zu aktivierenden Anschluss keine unangemessene Benachteiligung. Die Unwirksamkeit ergibt sich jedoch nach Treu und Glauben aus der Berechtigung der Beklagten den Mobilfunkanschluss bei Zahlungsverzug mit jeglichem Betrag, also auch nur bei geringfügig rückständigen Beträgen jederzeit anordnen zu können. Mit der Möglichkeit zur Sperre des Anschlusses verschafft sich die Beklagte ein erhebliches Druckmittel, säumige Kunden zur Zahlung anzuhalten. Die Nutzung dieses Druckmittels kann dann unberechtigt sein, wenn nur Kleinstbeträge aus einer Rechnung rückständig sind und dem Kunden auch die Möglichkeit genommen wird, sich mit beachtlichen Argumenten gegen seine Zahlungspflicht in der durch die Beklagte in Rechnung gestellten Höhe zu verteidigen. i) Onlinerechnung In einem neueren Verfahren des VZBV wird folgende Klausel in den AGB der E-PlusService GmbH & Co. KG zur gerichtlichen Überprüfung gestellt: Text: Mit diesen Tarifen akzeptiert der Kunde, dass er eine Online – Rechnung erhält. Es erfolgt kein Versand der Rechnung per Briefpost an den Kunden. Die Online Rechnung ist rechtlich unverbindlich. Gesetzliche Anforderungen an Beweis, Aufbewahrung und Dokumentation und ähnliches werden nicht erfüllt. Das Verfahren liegt zur Entscheidung in der zweiten Instanz beim OLG Brandenburg 233 . Die Klausel verstößt nach Auffassung des VZBV gegen §§ 307 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 BGB 286 ff BGB, § 257 HGB. Die Klausel sei mit wesentlichen Grundgedanken des Verzugs aus §§ 286 ff BGB und zur handelsrechtlichen Aufbewahrungsfrist gemäß § 257 HGB nicht zu vereinbaren. Nach der Regelung hätte der Kunde für Verzugsfolgen auch dann aufzukommen, wenn eine fälligkeitsbegründene Rechnung ihm nicht zugegangen ist, etwa aufgrund von Netzwerkproblemen. Diese Regelung entspricht den Voraussetzungen für den Verzugseintritt. Dafür ist erforderlich, dass eine Rechnung den gesetzlichen Anforderungen an Beweis und Dokumentation entspricht. 2. AGB der Online-Dienste Seit Ende der 90er Jahre werden die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der OnlineDienstanbieter einer mehr systematischen Kontrolle unterzogen. Im Jahresbericht für 1997 weist der VSV Abmahnungen von vier Anbieterfirmen aus. Hier konnten drei Verfahren außergerichtlich durch Abgabe der Unterlassungserklärung abgeschlossen werden. In dem Verfahren gegen AOL wurde außergerichtlich eine Änderung für 19 Klauseln angekündigt. Gegen die Firma Compuserve Incorporation hat der VSV wegen 23 Klauseln Klage vor dem Landgericht Berlin erhoben 234 . Das Verfahren gegen die Firma Compuserve vor dem Landgericht Berlin endete mit einem Versäumnisurteil. Im Wesentlichen geht es um Klauseln 233 234 Berufung vom 21.02.2008-7 U 29 / 08 voraussichtlicher Verhandlungstermin 08.10.2008. LG Berlin v.02.06.1998, 26 O 364 /97. 83 84 mit Haftungsbegrenzungen und zur Regelung des jeweils anwendbaren Rechts. Eine Reihe von Verfahren des VZBV ist zurzeit im Abmahnstadium bzw. in laufenden Gerichtsverfahren. a) Leistungsänderung Gegen die Firma AOL ist ein Berufungsverfahren des VZBV vor dem Kammergericht in Berlin am 13. März 2008 entschieden worden. In dem Verfahren geht es um folgende Klausel: Text: AOL behält sich deshalb das Recht nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen vor. Die Nutzungsbedingungen und die Tarife und Leistungen zu ändern, sofern die Änderung unter Berücksichtigung der Interessen von AOL für Sie zumutbar ist (dies ist insbesondere der Fall, wenn die Änderung im wesentlichen ohne rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile ist, z. B. bei Veränderung im Registrierungsprozess, Änderung von Kontaktinformationen, Aufnahme zusätzlicher Dienste oder Ähnlichem). Im Übrigen wird AOL Sie vor einer Änderung dieser Nutzungsbedingungen, einer wesentlichen Änderung einer Leistung oder eines Tarifs mit angemessenem Vorlauf, mindestens jedoch einen Monat vor dem beabsichtigten Inkrafttreten, informieren. Vor einer wesentlichen Vertrags-, Preis- oder Leistungsänderung eines bestehenden Vertrages über einen AOL Bezahldienst, wird AOL Sie mindestens einen Monat vor Inkrafttreten per e-mail informieren. Sollten Sie mit einer von AOL beabsichtigten Änderung nicht einverstanden sein, haben Sie das Recht, der Änderung innerhalb eines Monats widersprechen. Ihre Einwilligung gilt als erteilt, wenn Sie innerhalb eines Monats nach Mitteilung nicht widersprochen haben.“ Das Landgericht Berlin235 hat diese Klausel für wirksam gehalten. Das Kammergericht 236 ist dieser Ansicht im Hinblick auf die Entscheidung des BGH 237 vom 11.10.2007 nicht gefolgt und sieht in der Änderungsklausel einen Verstoß gegen §§ 308 Nr. 4, 307 Abs. 1 i. V. m Abs. 2 Nr. 1 BGB und mit §§ 145 ff BGB. In der Klausel wird das Recht des Verwenders vereinbart, eine Leistung zu ändern auch für den Fall, dass dies dem anderen Vertragsteil nicht zumutbar ist. Die Klausel erlaubt die Änderung wesentlicher Leistungen eines Tarifs oder der Nutzungsbedingungen ohne Begrenzung. Sie enthält insoweit einen unwirksamen Änderungsvorbehalt. Diese Begründung ist allerdings nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens, weil die Parteien sich am 13.03.2008 dahin verglichen haben, dass die wegen der streitgegenständlichen Klauseln eine entsprechende Beklagte Unterlassungsverpflichtung abgibt und der Kläger hierfür eine Umstellungsfrist bis zum 4. April 2008 gewährt. Mit dem Vergleich ist der Rechtsstreit beendet, ohne Entscheidung des Kammergerichts 235 LG Berlin v. 30.05.2007 -26 O 303/06 FD-MietR 2007, 225846. KG v. 13.3.2008. 237 BGH, Urteil v. 11.10.2007, III ZR 63/07, MIR 2007, Dok. 400. 236 84 85 Diese Grundsätze gelten auch für die in der Abmahnung von iTunes enthaltene nachstehende Änderungsklausel: Text: Wir sind damit einverstanden, dass Sie, wenn iTunes einen Teil der Dienstleistung ändert oder die Dienstleistung einstellt, wozu iTtunes nach eigenem freien Ermessen berechtigt ist, die Produkte nicht mehr in dem gleichen Umfang wie vor der Änderung der Einstellung der Dienstleistung nutzen zu können. b) Nutzungsbeschränkungen Abgemahnt wurde vom VZBV die Firma iTunes SARL Luxemburg wegen folgender Klausel: Text: Die Nutzung der Dienstleistung setzt ein kompatibles Gerät, einen Internetzugang und bestimmte Software voraus, für die jeweils Gebühren anfallen können. Die Klausel verstößt nach Auffassung des VZBV in dem Vertrag über den Music-Download gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil sie intransparent ist. Der Nutzer wird verpflichtet, über ein kompatibles Gerät zu verfügen ohne dass ausgeführt wird, was ein nutzungskompatibles Gerät ist. Tatsächlich ist ein unmittelbares Herunterladen der digitalen Inhalte nur auf I-pods möglich, während das Herunterladen auf einen anderen MP3 Player nur nach vorherigem Brennen der digitalen Inhalte auf eine CD möglich ist, was nicht nur mit einem zusätzlichen Zeit– und Kostenaufwand verbunden ist. Die faktische Bindung an eine bestimmte Hardware führt im Ergebnis zu einer unangemessenen Einschränkung, der nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzungsmöglichkeiten, der aus dem Internet gegen Entgelt herunter geladenen Musikstücke. Unwirksam ist auch folgende Klausel nach Auffassung des VZBV: Text: Der Weitervertrieb, die Weitergabe oder Unterlizensierung ist vorbehaltlich abweichender zwingender gesetzlicher Regel nicht gestattet. Die Bestimmung steht nicht im Einklagen mit § 17 Abs. 2 UrHG, wonach sich das Recht die Weiterverbreitung von Werkexemplaren zu kontrollieren, sich mit dem ersten Inverkehrbringen erschöpft. Der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz schützt den Erwerber eines urheberrechtlich geschützten Werks in seinen eigentumsrechtlichen Interessen. Durch das Weiterveräußerungsverbot in den Dienstleistungsbedingungen von i-Tunes werden die Käufer von Musikstücken aus dem i-Tunes-Musicstore in ihrer Verfügung erheblich beschränkt. Die Kunden von i-Tunes werden hierdurch unangemessen benachteiligt. Bezüglich dieser Klausel hat der VZBV Klage zum Landgericht Berlin erhoben 238 . Als Verstoß gegen das Transparenzgebot wird vom VZBV auch folgende Klausel beanstandet: Text: Sie erklären sich damit einverstanden, dass Sie weder selbst versuchen, noch andere Personen dazu ermutigen oder dabei zu unterstützen, Software, die zur Nutzung der 238 LG Berlin 16 O 67/08 am 05.02.2008. 85 86 Dienstleistung erforderlich ist oder diese Nutzungsbedingungen zu umgehen oder in die Informationen zur Verwaltung von Rechten an den Produkten einzugreifen, diese zu entfernen oder zu verändern. In der Klausel wird nach Auffassung des VZBV nicht hinreichend deutlich, welche Handlungen der Kunde zu unterlassen hat, insbesondere im Umgang mit Dritten „weder ermutigt, noch unterstützt“ zur Umgehung der Nutzungsbedingungen oder der Software. c) Bedingungsänderung Der in den AGB von iTunes enthaltene Änderungsvorbehalt ist nach Ansicht des VZBV unwirksam. Die Klausel lautet: Text: …..iTunes behält sich das Recht vor, die Nutzungsbedingungen jederzeit zu ändern. Die Klausel verstößt gegen §§ 308 Nr. 4, 307 Abs. 1 BGB, da Änderungsvorbehalte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen an strenge Voraussetzungen gebunden sind, die hier nicht eingehalten werden. Bezüglich dieser Klausel gab iTunes eine Unterlassungserklärung ab. Mit einer weiteren Klausel in den Bedingungen wird das Recht von iTunes begründet, die Vereinbarung zu aktualisieren, zu überarbeiten, zu ergänzen oder zu verändern: Text: iTunes behält sich das Recht vor, von Zeit zu Zeit diese Vereinbarung zu aktualisieren, zu überarbeiten, zu ergänzen oder zu verändern und neue oder zusätzliche Vorschriften, Grundsätze, Bedingungen oder Konditionen für Ihre Nutzung der Dienstleistung zu bestimmen. Solche Aktualisierungen, Überarbeitungen, Ergänzungen, Veränderungen und Zusatzvorschriften, Grundsätze, Bedingungen oder Konditionen (insgesamt Zusatzbedingungen) sind ab sofort gültig und werden integraler Bestandteil dieser Vereinbarung. Auch diese Klausel wurde als unzulässiger Änderungsvorbehalt abgemahnt. Bezüglich dieser Klausel gab iTunes eine Unterlassungserklärung ab. d) Haftungsregelungen Der VZBV beanstandet in der Abmahnung iTunes Haftungsfreistellungsklauseln wie folgende: Text: Durch die Nutzung der Dienstleistung erklären Sie sich damit einverstanden, iTunes, ihre Direktoren, leitenden Angestellten, Arbeitnehmern, verbundenen Unternehmen, Erfüllungsgehilfen, Subunternehmern und Lizenzgebern, von allen Ansprüchen frei zu stellen, die wegen Verstoßes gegen diese Vereinbarung oder wegen der Ermittlung durch iTunes wegen eines vermuteten Verstoßes oder als Ergebnis einer Entscheidung, dass eine Verletzung dieser Vereinbarung stattgefunden hat, geltend gemacht werden. Die Klausel ist nach Auffassung des VZBV unbestimmt formuliert und enthält eine Vielzahl von nicht nachvollziehbaren Anwendungsfällen. Dem durchschnittlichen verständigen 86 87 Kunden ist es unmöglich, seine Rechte und Pflichten und die Folgen seines Handels zu erkennen. Die Klausel sei als Verstoß gegen das Transparenzgebot insgesamt unwirksam. Überdies würde mit der Klausel eine Haftungsverlagerung eintreten, wenn die Kunden von iTunes die genannten Personen von der Haftung freizustellen haben, weil das bedeutet, dass sie selbst haften. Das Landgericht Hamburg 239 hat in einem Verfahren des VZBV gegen die Valve Corporation, Washington, USA folgende Haftungsklausel für unwirksam erklärt: Text: Valve garantiert nicht den dauerhaften, fehlerfreien, virusfreien oder sicheren Betrieb oder Zugang auf Steam, die Steam-Software, Ihr Benutzerkonto und/ oder Ihre Abonnements. Die Beklagte vertreibt u. a. Computerspiele. Den Zugang zu den Spielern kann der Interessent auf zwei Arten erreichen: Der Spieler kann sich über das Internet anmelden, die Software auf seinem Computer installieren und einen Softwarelizenzvertrag abschließen oder er erwirbt in einem Ladengeschäft die DVD-ROM, legt diese in einen Computer ein, der über einen Internetzugang verfügt und folgt den auf der DVD gespeicherten Handlungsanweisungen. In den Handlungsanweisungen auf der DVD ist die zitierte Klausel enthalten. Die Klausel ist unwirksam gemäß § 309 Nr. 7 b BGB, weil sie einen unzulässigen Haftungsausschluss enthält. Sie ist geeignet, bei Kunden die irrige Vorstellung hervorzurufen, dass sie keine Gewährleistungsansprüche gegen die Beklagte haben, falls das Programm in ihren Computern Schäden verursacht. Das Gericht wendet deutsches Recht an aufgrund der Zuständigkeitsregelung in § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UKlaG. Daraus ist zu entnehmen, dass jedenfalls dann, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen im Geltungsbereich des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches verwendet werden, nicht nur ein deutsches Gericht zuständig, sonder auch deutsches Recht anwendbar ist. Das muss jedenfalls dann gelten, wenn das Angebot des Verwenders sich gezielt auch an deutsche Verbraucher richtet und von Verbrauchern im Geltungsbereich deutschen Rechts auch wahrgenommen werden kann. In diesem Fall werden die Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Bereich des deutschen Rechts verwendet. e) Datenschutz und Urheberrecht In einer Abmahnung vom 31.03.2008 beanstandet der VZBV insgesamt 29 Klauseln in den Nutzungsbedingungen der Google Inc., Mountain View USA. Neben Haftungsbegrenzungen und Rechtswahl bzw. Gerichtsstandklauseln werden vor allem Regelungen zum Urheberrecht und zum Datenschutz beanstandet. Hintergrund ist, dass Google einen Service anbietet, mit dem der Nutzer eigene Inhalte auf dem Google-Server hinterlegen kann auf einem eigenen Nutzerkonto. In den Nutzungsbedingungen erklärt sich der Nutzer damit einverstanden, dass Google eine dauerhafte, unwiderrufliche, weltweite und kostenlose Lizenz zur Nutzung der Kundenkontoinhalte gewährt wird. Die Klausel lautet: Text: (Ihre Urheberrechte sowie alle anderen Rechte, die Sie bezüglich der von Ihnen in den oder über die Services übermittelten, eingestellten oder dargestellten Inhalte innehaben, verbleiben bei Ihnen). Durch Übermittlung, Einstellung oder Darstellung der Inhalte gewähren Sie eine dauerhafte, unwiderrufliche, weltweite, kostenlose und nicht exclusive 239 LG Hamburg vom 29.09.2007- 324 O 871/06. 87 88 Lizenz zur Reproduktion, Anpassung, Modifikation, Übersetzung, Veröffentlichung, öffentlichen Wiedergabe oder öffentlichen Zugänglichmachung und Verbreitung der von Ihnen in oder durch die Services übermittelten, eingestellten oder dargestellten Inhalte. Diese Lizenz gilt ausschließlich dem Zweck, Google in die Lage zu versetzen, die Services darzustellen, zu verbreiten und zu bewerben; sie kann für bestimmte Services, wie in den Zusatzbedingungen für die entsprechenden Services festgelegt, widerrufen werden. Die Klausel verstößt nach Ansicht des VZBV gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, weicht ab von wesentlichen Grundgedanken des Urheberrechts gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB i. V. m. § 31 Abs. 5 UrhG und führt deshalb zu einer unangemessenen Benachteiligung der Vertragspartner von Google. Nutzer können aus dem Wortlaut der Klausel nicht entnehmen, was im Einzelnen mit ihren Daten und Dokumenten geschieht und unter welchen Bedingungen Google diese verwenden oder benutzen kann. Bei kundenfeindlichster Auslegung können sämtliche in Satz 2 dargestellten Urheberrechte zeitlich, örtlich unbegrenzt durch Google nutzbar sein. Der Nutzer verliert das Recht zur ausschließlichen Reproduktion. Er kann die beliebige Vervielfältigung durch Google und Dritte nicht verhindern. Der Nutzer kann auch eine Bearbeitung und Umgestaltung der Inhalte durch Google oder Dritte nicht verhindern. Durch die Übertragung im Wege einer kostenlosen Lizenz wird bei kundenfeindlichster Auslegung mit der Klausel gegen §§ 31 ff. UrhG verstoßen. Danach hat der Urheber Anspruch auf eine angemessene Vergütung, die vertraglich nicht einfach abbedungen werden kann. Als unzulässig angesehen werden auch die in der Datenschutzerklärung von Google weitgehend eingeräumten Rechte zur Nutzung der Kundendaten: Text: Wir können die Daten, die sie unter Ihrem Account angeben, mit Daten von anderen GoogleServices oder anderen Unternehmen kombinieren, um unser Angebot für Sie und die Qualität unserer Services zu verbessern. Für bestimmte geben wir Ihnen die Möglichkeit, diese Kombination von Daten abzulehnen. Die Klausel ist als Verstoß gegen das Transparenzgebot nach Ansicht des VZBV unwirksam. Dem Nutzer wird durch die Klausel nicht klar, was es bedeutet, wenn Google seine Daten mit anderen Services und Unternehmen kombiniert, um das Angebot zu verbessern. Bei kundenfeindlichster Auslegung werden die Daten ohne die gemäß § 13 TMG (Telemediengesetz) erforderliche Einwilligung zu Werbezwecken verwendet. Text: Personenbezogene Daten, die Sie diesen Websides zur Verfügung stellen, können an Google gesendet werden, um den Service auszuführen. Die Regelung führ zu einer unangemessenen Benachteiligung gemäß § 307 BGB i. V. m. §§ 12, 13 TMG. Danach dürfen personenbezogene Daten zur Bereitstellung von Telemedien nur erhoben und verwendet werden, soweit das Gesetz es zulässt oder der Nutzer einwilligt. Bei kundenfeindlichster Auslegung wird nicht gewährleistet, dass diese Voraussetzungen eingehalten werden. Aus den gleichen Gründen wird auch folgende Klausel beanstandet: Text: Wir können personenbezogene Daten verarbeiten, um unsere Dienste bereit zu stellen, können jedoch solche Daten auch für Dritte und nach deren Anweisungen verarbeiten. 88 89 Sie können jederzeit davon absehen, personenbezogene Daten für unsere Dienste anzugeben. In diesem Fall kann Google Ihnen allerdings diese Services gegebenenfalls nicht zur Verfügung stellen. Ebenfalls als Verstoß gegen das Transparenzgebot hält der VZBV folgende Klausel für unwirksam: Text: Google gibt personenbezogene Daten nur unter den nachfolgend beschriebenen Voraussetzungen an Dritte außerhalb von Google weiter: • wenn solche Daten an unsere Tochtergesellschaften, verbundenen Unternehmen oder andere vertrauenswürdige Unternehmen oder Personen zum Zwecke der Verarbeitung personenbezogener Daten in unserem Auftrag weitergegeben werden. Wir verlangen von diesen Parteien, dass sie solche Informationen gemäß unseren Anweisungen und im Einklang mit diesen Datenschutzbestimmungen und sonstigen geeigneten Geheimhaltungs- und Sicherheitsmaßnahmen verarbeiten. Für den Nutzer ist weder erkennbar, welche Unternehmen Google als „vertrauenswürdig“ ansieht, noch was unter Geheimhaltungs- und Sicherheitsmaßnahmen zu verstehen ist 240 . 3. Auswertung und Zusammenfassung Vertragstypisch für die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Mobilfunk- und Internettelefonverträgen sind Leistungsänderungen, Preisänderungen, Klauseln zur Anschlusssperre und Klauseln zum Verfall eines Guthabens. Soweit die Klauseln eine Übermaßregelung enthalten, was insbesondere für die Skype- Bedingungen gilt, die vermutlich auf eine Übersetzung von Vertragsbedingungen aus einem anderen Rechtsbereich ohne Anpassung an das Deutsche AGB-Recht zurückgehen, werden sie von der Rechtsprechung durchgehend für unwirksam erklärt. Leistungseinschränkungen sind grundsätzlich nicht deshalb wirksam, weil sie sich auf technische Gegebenheiten beziehen. Der Begriff der technischen Gegebenheiten bedarf weiterer Konkretisierung. Die Sperre eines Telefonanschlusses kann nicht wegen eines geringfügigen Zahlungsrückstandes verfügt werden. Es sollte ergänzt werden, dass eine Sperre auch dann nicht in Betracht kommt, wenn der Teilbetrag aus einer Rechnung strittig ist. Sinn und Zweck der Anschlusssperre ist der Schutz des Anbieters vor Verlusten aufgrund einer nachhaltigen Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit seines Vertragspartners. Dieser Schutz kann nicht bereits dann einsetzen, wenn geringfügige Rechnungsbeträge rückständig sind (so die Ergebnisse der Verbandsklageverfahren). Der Schutz ist aber auch dann nicht angemessen, wenn der Kunde begründete Einwendungen gegen einzelne Rechnungsposten erhebt. Die Verfallklausel führt zu einem Leistungsverlust. Maßstab für die Angemessenheit der Verfallsfristen sind die gesetzlichen Verjährungsfristen. Die Lastschrifteinziehungsermächtigung ist kein Zahlungsverfahren, das auf Mobilfunkverträge beschränkt ist. Es zeichnet sich aber ab, dass je nach Art und Höhe der Geldschuld (geringe Beträge zu festen Terminen, hohe oder wechselnde Beträge zu unterschiedlichen Terminen) die Verpflichtung zur Erteilung einer wirksamen Einziehungsermächtigung an unterschiedliche Bedingungen geknüpft wird. Für Mobilfunkverträge setzt der BGH für die Wirksamkeit eine in der Klausel geregelte Karenzzeit von mindestens 5 Tagen zwischen 240 zum Problem rechtskonformer Gestaltung von Datenschutzklauseln vgl. Heidemann-Peuser, DuD 2002, 389 ff. 89 90 Rechnungszugang und Abbuchungszeitpunkt als Bedingung. Diese Voraussetzungen dürften für andere Lastschrifteinziehungsermächtigungen ebenfalls gelten, wenn es sich um unterschiedliche Beträge zu wechselnden Einzugsterminen handelt. Die Bedingungen der Online-Dienste-Anbieter enthalten unzulässige Leistungseinschränkungen und Leistungsänderungen. Sie sind gekennzeichnet von dem Bestreben der Anbieter, ein höchstmöglichstes Maß an Leistungs-, Bedingungs- und Preisflexibilität zu erreichen. Zugleich ist die Nutzung von Downloads mit einer Verfügungsbeschränkung zu Lasten des Verbrauchers verbunden, die als Leistungseinschränkung nur unter engen Voraussetzungen wirksam sein kann. Die Ergebnisse aus dem Abmahnverfahren des VZBV gegen iTunes bieten Gelegenheit zu einer grundlegenden Klärung der damit verbundenen Rechtsfragen. Diese betreffen zunehmend urheber- und datenschutzrechtliche Fragen. VIII AGB der Altenheim- und Pflegeheimverträge Im Jahre 1983 hat der VSV eine Studie in Auftrag gegeben, deren Ziel es war, die Regelung der Leistungsbeziehungen insbesondere in Allgemeinen Krankenhausbedingungen und den Bedingungen von Alten- und Pflegeheimen näher zu untersuchen. Beide Regelungsbereiche unterliegen der Inhaltskontrolle des AGB-Gesetzes. Die Verfasser Hanne Holch-Treu und Arnold Hilken (Universität Bremen) kamen zu dem Ergebnis, dass die jeweiligen Klauselwerke in zahlreichen Bedingungen einer Inhaltskontrolle nicht Stand hielten. Ausgehend von diesen Feststellungen hat der Verbraucherschutzverein im Jahre 1986 241 erstmals die Bedingungen der Alten- und Pflegeheime mit einem Schwerpunkt bearbeitet in Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen und den Landeskartellbehörden. Insgesamt 21 Abmahnungen sind für diesen Berichtszeitraum registriert, allerdings ohne Differenzierung nach Altenheimen und Krankenhäusern. Unterlassungsklagen wurden im Jahre 1986 noch nicht eingeleitet. Erstmals für das Jahre 1987 242 werden 5 Klageverfahren wegen der Bedingungen der Alten- und Pflegeheime berichtet. Bei einem Verfahren handelt es sich um eine Unterlassungsklage gegen den Bundesverband privater Alten- und Pflegeheime. Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 23.01.1987 243 zu zwei Kündigungsklauseln wurde rechtskräftig. Ebenso wurden zwei Urteile des Landgerichts Dortmund rechtskräftig 244 . In diesen Verfahren ging es um die Wirksamkeit von Haftungsklauseln für eingebrachte Wert- und Schmuckgegenstände, sowie eine Haftungsbegrenzung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz. Beide Regelungen wurden für unzulässig erklärt. Im Jahre 1995 hat der Verbraucherschutzverein erneut die Bedingungen der Alten- und Pflegeheime überprüft und Abmahnverfahren gegen 10 Verwender eingeleitet 245 . Eine 241 Jahresbericht VSV 1986, S. 69. Jahresbericht VSV 1987, S 112. 243 LG Hamburg v. 23.1.1987- 74 O 462/86. 244 LG Dortmund v. 14. 07.1987 -8 O 115 / 87; LG Dortmund v. 05.11.1987- 8 O 249 / 87. 245 Tätigkeitsbericht 1995 , S. 73 ff. 242 90 91 Abmahnung betraf die Konditionenempfehlung des Bundesverbandes privater Alten – Pflegeheime e. V. Es wurde eine Klage eingereicht 246 . Zu den Klauseln, die mit einer Unterlassungserklärung als unwirksam akzeptiert wurden gehört u. a. folgende: Text: In einem Altenpflegeheim mit hauptamtlich tätigem Heimarzt wird die freie Arztwahl ausgeschlossen 247 . Nach Ansicht des VSV widerspricht der Ausschluss der freien Arztwahl dem in Artikel 2 des GG gewährleisteten Selbstbestimmungsrecht und kommt einer Entmündigung des Heimbewohners gleich. Dieser Wertung hat sich der abgemahnte Verwender durch Abgabe der Unterlassungserklärung angeschlossen. Auch in weiteren Verfahren ging es um Klauseln, die zu einer Einschränkung der freien Willensentschließung des Heimbewohners führen. Diese Verfahren werden nachfolgend dargestellt: Der VZBV hat ab Herbst 2002 eine konzentrierte Aktion zur Überprüfung der Heimbedingungen der Alten- und Pflegeheime eingeleitet. Hintergrund ist das Inkrafttreten des Dritten Gesetzes zur Änderung des Heimgesetzes am 1. Januar 2002. Das Heimgesetz wurde insgesamt neu gefasst mit dem Ziel einer Stärkung des Schutzes von Heimbewohnern und einer Verbesserung der Qualität von Pflege und Betreuung sowie Herstellung größerer Transparenz bei Leistungen und Entgelten. Überprüft wurden in Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen die Vertragsbedingungen von 75 Heimverträgen. Es handelt sich dabei um Verträge, in denen die Neuregelungen des Heimgesetzes bereits berücksichtigt werden sollten. Dabei stellte es sich heraus, dass der überwiegende Teil der Anbieter nach Auffassung des VZBV die im Heimgesetz vorgesehenen Verbesserungen des Bewohnerschutzes in der vertragsrechtlichen Gestaltung nicht ausreichend berücksichtigen. In 70 Fällen wurden Unterlassungsverfahren eingeleitet. Zentrale Regelungen, die nach Auffassung des VZBV nicht den Vorgaben des Heimgesetzes standhalten, betreffen: • • • • • • Eine Aufgliederung der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung (Transparenz) Regelungen zur Entgelterhöhung Regelungen zur Abwesenheitsvergütung Regelungen zur Beendigung des Heimvertrages beim Ableben des Heimbewohners Sonstige Kündigungsregelungen und Regelungen zur Räumung des Heimzimmers und zu eingebrachten Sachen der Bewohner. Der VZBV hat im Rahmen der Aktion „Heimvertrag AGB“ 30 Unterlassungserklärungen erhalten und 15 Gerichtsverfahren eingeleitet. In zwei Grundsatzfragen zu diesen Regelungsbereichen sind höchstrichterliche Entscheidungen ergangen. 1. Selbstbestimmungsrecht des Heimbewohners 246 247 LG Hildesheim v. 01.12.1995- 468 / 95. Tätigkeitsbericht VSV 1995, S. 76. 91 92 Das Landgericht Hamburg hat mit Urteil vom 15.08.1997 248 folgende Klausel für unwirksam erklärt: Text: Bei vorübergehender Erkrankung, die nicht auf Pflegebedürftigkeit beruht, kann der Bewohner im Heim verbleiben, sofern der behandelnde Arzt die Versorgungsmöglichkeiten des Heims für ausreichend erachtet. Auf Verlangen des Heimes kann ein Arzt darüber entscheiden, ob eine Krankenhauseinweisung erforderlich ist. Das Gericht hält diese Regelung für nicht vereinbar mit wesentlichen Grundgedanken des Heimgesetzes und für einen Verstoß gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG. Zweck des Heimgesetzes ist es u. a. die Interessen und Bedürfnisse der Heimbewohner vor Beeinträchtigungen zu schützen, insbesondere ihre Selbständigkeit und ihre Selbstversorgung zu bewahren. Oberster Grundsatz in diesem Zusammenhang ist die Gewährleistung der freien Entfaltung der Persönlichkeit i. S. d. Artikels 2 GG. Damit unvereinbar ist es, wenn sich das Heim ausbedingt, einen Arzt darüber entscheiden zu lassen, ob eine Krankenhauseinweisung erforderlich ist. Damit wird nicht nur das Recht des Heimbewohners auf freie Arztwahl verletzt. Der Verwender behält sich vielmehr mit dieser Klausel die vertragliche Möglichkeit vor, eine für nicht sachgerecht gehaltene Entscheidung des behandelnden Arztes durch die Entscheidung eines anderen Arztes zu ersetzen. Ein rechtliches Interesse für diese Vorgehensweise ist nicht ersichtlich. Will der Heimbewohner im Krankheitsfall aufgrund eigener oder im Einvernehmen mit seinem behandelnden Arzt getroffene Entscheidung im Heim verbleiben, genügt es nicht, einen zweiten Arzt letztlich verbindlich entscheiden zu lassen. Dadurch würde das Recht des Heimbewohners, über seinen Aufenthaltsort bestimmen zu können, in nicht hinnehmbarer Weise eingeschränkt. Eingriffe in sein Selbstbestimmungsrecht können nach dem gesetzlichen Leitbild des Heimgesetzes nur in der auch sonst von der Rechtsordnung vorgesehenen Form - also grundsätzlich nach Einbeziehung des Vormundschaftsgerichts – erfolgen. Auf diese Weise wird das Recht des Heimbewohners auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit gewährt. Das Urteil wurde rechtskräftig. Das Kammergericht hat in seinem Urteil vom 28.05.1997 249 folgende Klausel für unwirksam erklärt und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Text: Der Bewohner ist mit dem Umzug in einen anderen Raum einverstanden, falls dies nach begründeter Erklärung des Heims aus zwingendem betrieblichem Anlass erforderlich ist. Die Klausel verstößt gegen § 10 Nr. 4 AGBG, weil sie die Vereinbarung enthält, die versprochene Leistung zu ändern und ihr abzuweichen. Die versprochene Leistung, um die es hier geht, besteht in der vertragsgemäßen Überlassung eines bestimmten Appartements oder Zimmers oder Heimplatzes in einem Mehrbettzimmer. Der Leistungsänderungsvorbehalt ist für den Heimbewohner nicht ohne weiteres zumutbar. Die Beschränkung auf betrieblich zwingende „Umzugsanlässe“ genügt für die Zumutbarkeit nicht, weil die Einschränkung zu unbestimmt formuliert ist und der Beklagten einen zu großen Beurteilungsspielraum belässt. 2. Erstattung des Pflegegeldes bei Abwesenheit 248 249 LG Hamburg v. 15.8.1997-324 O 354 / 97. KG v. 28.5.1997- Kartellsenat U 50 68/96. 92 93 Bereits in einer ersten Entscheidung vom 23.11.2000 250 hat das OLG Celle folgende Klausel für unwirksam erklärt: Text: Volles Betreuungsgeld bei Abwesenheit bis 3 Tagen. Das Gericht hält die Klausel für unwirksam wegen Verstoßes gegen § Abs. 1 AGBG, weil der Heimbewohner ein gesetzlich geschütztes Interesse daran habe, dass bei vorübergehender Abwesenheit von Anfang an ersparte Aufwendungen des Heimbetreibers erstattet werden. Die Ersparnis des Heimträgers könne schon bei dreitägiger Abwesenheit des Heimbewohners erheblich sein, etwa wenn ein Heimbewohner regelmäßig an Wochenenden oder Feiertagen seine Familie besucht. Das Interesse des Heimbetreibers, den Verwaltungsaufwand niedrig zu halten, könne dadurch berücksichtigt werden, dass es ihm nach dem Betreuungsvertrag gestattet ist, seine Kalkulation für ersparte Aufwendungen pauschal anzusetzen. Der BGH hat mit Urteil vom 5.Juli 2001 251 die dagegen eingelegte Revision zurückgewiesen mit Hinweis auf mietrechtliche und dienstvertragsrechtliche Bestimmungen. Nutzt der Mieter aus einem in seiner Person liegenden Grund die Mietsache nicht, oder nimmt der Dienstberechtigte die ihm angebotenen Leistungen des Dienstverpflichteten nicht entgegen, bleibt der Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Entgeltes unberührt (§§ 552 a. F., 615 BGB). Allerdings hat sich der andere Teil den Wert ersparter Aufwendungen anrechnen zu lassen (§§ 552 Abs. 2 a. Fa., 615 S. 2 BGB). Soweit die hier in Rede stehende Klausel daher das volle Betreuungsentgelt als geschuldet bezeichnet, läuft dies im Ergebnis auf eine Abbedingung des in den zitierten Vorschriften enthaltenen Grundgedankens hinaus. Ist danach davon auszugehen, dass die hier zu beurteilende Klausel diese dispositiven Bestimmungen verdrängt, hängt ihre Wirksamkeit davon ab, ob sie den Heimbewohner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Der Senat ist mit dem Berufungsgericht der Auffassung, dass die vom Kläger beanstandete Klausel Selbstzahler dann unangemessen benachteiligt, wenn sie im nennenswerten Umfang von der Möglichkeit einer Beurlaubung über das Wochenende Gebrauch machen. Eine Differenzierung zwischen Heimbewohnern, deren Kosten nach dem BSHG aus öffentlichen Mitteln getragen werden, und Selbstzahlern, sieht der BGH zwar schon in dieser Entscheidung, hält aber die in den Landesrahmenverträgen gemäß § 93 d Abs. 2 BSHG (in der damaligen Fassung) und aus den Rahmenverträgen gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI sich ergebenden Pflegesatzvereinbarungen, die eine Erstattung teilweise bei Abwesenheit von mehr als drei Tagen vorsehen für keinen geeigneten Maßstab, der auf Selbstzahler übertragen werden könne. Diese Rechtsprechung hat der VZBV in seiner Aktion ab 2002 erneut aufgegriffen und u. a. folgende Klausel-Gestaltungen abgemahnt und eingeklagt: Text: Bei Abwesenheit bis zu drei Tagen wird der volle Pflegesatz erhoben. Text: Bei vorübergehender Abwesenheit eines Bewohners bis zu drei Tagen ist das volle Entgelt weiter zu zahlen. Text: 250 251 OLG Celle v. 23.11.2000 -13 U 73/2000 BeckRS 2000 30145364. BGH, Urteil v. 05.07.2001, III ZR 310/00, NJW 2001, 2971. 93 94 Bei Abwesenheit des Bewohners von mehr als drei Tagen erstattet das Heim vom ersten Tag an 40 % des Heimkostensatzes. Die Verbandsklageverfahren zu derartigen Klauselgestaltungen waren in den instanzgerichtlichen Entscheidungen nicht erfolgreich. Mit Urteil vom 27.10.2005 252 ist der BGH der instanzgerichtlichen Rechtsprechung gefolgt und hat die Klausel: Text: Bei Abwesenheit des Bewohners von mehr als drei Tagen erstattet das Heim vom ersten Tag an 40 % des Heimkostensatzes. für wirksam erklärt. Der Senat bezieht sich auf sein vorangegangenes Urteil vom 5. Juli 2001 253 zu einer vergleichbaren Klausel in einem Heimvertrag der Behindertenhilfe. In dieser Entscheidung hatte der Senat die Klausel für unwirksam erklärt, weil sie mit den maßgeblichen Bestimmungen des §552 Satz 2 BGB a. F. (jetzt § 537 Abs. 1 Satz 2 BGB) und des § 615 Satz 2 BGB nicht in Einklang stehen, wonach sich der Vermieter und der Dienstverpflichtete den Wert ersparter Aufwendungen anrechnen lassen müssen, wenn der Mieter oder Dienstberechtigte, die angebotenen Leistungen nicht entgegennehmen, bzw. der Mieter aus einem in seiner Person liegenden Grund die Mietsache nicht nutzt. Nach der Novellierung des Heimgesetzes durch das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene 3. Gesetz zur Änderung des Heimgesetzes vom 5. November 2001 hält der Senat an dieser Entscheidung nicht mehr unverändert fest. Über die Frage der Angemessenheit der hier beanstandeten Klausel sei entscheidend auf § 5 Abs. 8 Heimgesetz abzustellen. Nach Satz 1 dieser Bestimmung wird dem Heimträger zur Pflicht gemacht, im Heimvertrag für Zeiten der Abwesenheit der Bewohner eine Regelung vorzusehen, ob und in welchem Umfang eine Erstattung ersparter Aufwendungen erfolgt. Aus der Begründung des Regierungsentwurfes sei zu entnehmen, dass den Träger ein breiter vertraglicher Gestaltungsspielraum eröffnet werde. Er könne für Abwesenheitszeiten der Bewohner unter Berücksichtigung der anfallenden Vorhaltekosten einen angemessenen Erstattungsbetrag vorsehen. Er könne aber auch von der Festlegung eines Erstattungsbetrages absehen. In diesem Fall müsse der Heimvertrag aber eine ausdrückliche Regelung darüber enthalten, dass eine Erstattung ersparter Aufwendungen nicht erfolge. Die Regelung des Heimgesetzes diene in erster Linie der Verbesserung der Transparenz. Der Gesetzgeber habe den Gestaltungsspielraum nicht abschließend festgelegt. Es sei Aufgabe der Rechtsprechung, die Unangemessenheit von Klauseln anhand § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu prüfen. Dabei sei davon auszugehen, dass eine Klausel, die eine Nichtanrechnung ersparter Aufwendungen in Fällen lang andauernder Abwesenheit vorsieht, keinen Bestand haben könnte. In einer zeitlich so eng gefassten Klausel wie der vorliegenden, könne aber keine unangemessene Benachteiligung des Heimbewohners liegen. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass anderenfalls der Gesetzgeber in der Neufassung des Heimgesetzes dies berücksichtigt hätte, dessen Novellierung in Kenntnis des weit verbreiteten Gebrauchs derartiger Klauseln erfolgt ist. In dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz vom 14. März 2008, das am 01.07.2008 in Kraft tritt, wird die Entscheidung dahin konkretisiert, dass gemäß § 75 Heimgesetz eine Erstattung von Pflegekosten bei Abwesenheit von bis zu drei Tagen nicht erforderlich ist. 3. Entgelttransparenz 252 253 BGH, Urteil v . 27.10.2005-III ZR 59/05 in NJW 2005, 3632. BGH, Urteil v. 5.7.2001, III ZR 310/00, BGHZ 148, 233, NJW 2001, 2971. 94 95 Bereits vor der Novellierung des Heimgesetzes hatte der Verbraucherschutzverein bzw. die Verbraucherzentrale Bundesverband Entgeltklauseln im Hinblick auf die sogenannten Hotelkosten beanstandet, in denen das Entgelt für Unterkunft und das Entgelt für Verpflegung nicht getrennt angegeben werden. Die insoweit formularmäßigen Formulierungen lauten wie folgt: Text: Das Entgelt für Unterkunft und Verpflegung beträgt täglich/monatlich …. Klauseln mit diesem Inhalt waren in 12 der 15 Verfahren, die der VZBV zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Heimverträgen geführt hat, insoweit erfolgreich, als hierzu die Instanzgerichte mit Ausnahme des OLG Celle 254 die Klauseln für unwirksam erklärt haben bzw. die Beklagten Heimbetreiber durch Vergleich oder Unterlassungserklärung die Unwirksamkeit anerkannt haben. Die Instanzgerichte sahen in der Klausel einen Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, da sie mit wesentlichen Anforderungen des § 5 Abs. 3 Heimgesetz nicht zu vereinbaren seien und die Heinbewohner unangemessen benachteiligten. In der Entscheidung des BGHs vom 3.2.2005 255 zur Revision gegen das Urteil des OLG Celle werden die Urteile der Vorinstanzen bestätigt und die Revision des VZBV abgewiesen. Die Regelung in den Musterbedingungen (§ 15 Abs. 1), wonach das Entgelt für Unterkunft ohne weitere Aufgliederung festgelegt wird, hält der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG stand. Zwar würde eine Aufspaltung in jeweils gesonderte Entgelte für Unterkunft und für Verpflegung zu einer höheren Transparenz führen. Diesen Grad von Transparenz fordert das Heimgesetz jedoch nicht. Nachdem der Gesetzgeber mit der Novellierung des Heimgesetzes in § 5 Abs. 3 bestimmt hat, dass im Heimvertrag die Leistungen des Trägers, insbesondere Art, Inhalt und Umfang der Unterkunft, Verpflegung und Betreuung einschließlich der auf die Unterkunft, Verpflegung und Betreuung entfallenden Entgelte anzugeben seien, hat der VZBV die Klauseln erneut beanstandet und sich hierbei vor allem auf die Begründung des Gesetzgebers zu § 5 Abs. 3 Heimgesetz bezogen. Darin heißt es: „Heimverträge seien in der Praxis nicht hinreichend transparent, weil z. B. eine Zuordnung von Entgelten zu Leistungen oft nur schwer möglich sei.“ In der Einzelbegründung hierzu heißt es sogar: „Für den Bewohner muss ersichtlich sein, welche einzelnen Leistungen des Heimträgers Gegenstand des individuellen Heimvertrages sind und wie hoch das Entgelt gegliedert nach den Kostenblöcken Unterkunft, Verpflegung und Betreuung für diese Einzelleistungen ist.“ Neben dem Gesichtspunkt der Transparenz und damit der Vergleichbarkeit der Kosten für einzelne Leistungen liegt das Interesse der Heimbewohner vor allem in der Möglichkeit, das Entgelt gegebenenfalls um einen auf die jeweilige Leistungsart entfallenden Betrag bei Schlechtleistung zu mindern. Dieses Recht ist erschwert, solange die Einzelpreise für Unterkunft und für Verpflegung in einem Gesamtbetrag angegeben werden. Im Unterschied zu seiner früheren Entscheidung 256 stellt der BGH nicht in Frage, dass das Heimgesetz nach der Novellierung nunmehr in § 5 Abs. 3 durchaus eine höhere Transparenz bezüglich der Einzelentgelte regelt. Gleichwohl soll die Zusammenfassung der sogenannten Hotelkosten in einer Preisangabe zulässig sein, weil nach Auffassung des BGH ein Normenkonflikt mit § 82 Abs. 1 SGB XI entstehe, wenn man die Aufspaltung von Unterkunft 254 OLG Celle v. 4.3.2004 -13 U 194 / 03 BeckRS 2004 05847. BGH, Urteil v. 3.2.2005, III ZR 411 / 04, NJW-RR 2005, 777. 256 BGH, Urteil v. 8.11.2001, III ZR 14/01, NJW 2002, 507. 255 95 96 und Verpflegungskosten mit § 5 Abs. 3 Satz 3 auch in Verträgen mit Leistungsempfängern der Pflegeversicherung verlangt. In § 82 Abs. 1 SGB XI wird der Kostenblock Unterkunft und Verpflegung zusammengefasst. Die öffentlich rechtliche Vorgabe sei für die Leistungen des Heims, die von der Pflegeversicherung bezahlt würden, bindend. Eine entsprechende Aufteilung der Kosten habe der Gesetzgeber für Leistungen aus der Pflegeversicherung nicht gewollt. Vielmehr seien die Pflegekassen als Sachwalter im Interesse der Heimbewohner verpflichtet, angemessene Entgelte für Unterkunft und Verpflegung auszuhandeln und zwar ohne Aufgliederung in die Einzelsegmente. Es sei Sache des Gesetzgebers, in einer Novellierung des SGB XI für eine entsprechende Transparenz bezüglich der Kosten von Unterkunft und Verpflegung zu sorgen. Die Leitsätze der BGH-Entscheidung vom 03.02.2005 257 weisen aber darauf hin, dass der VZBV zwar mit seinem Anliegen in der Verbandsklage nicht durchdringen konnte, gleichwohl aus § 5 Abs. 3 Satz 3 Heimgesetz eine Verpflichtung besteht, das Entgelt für Betreuung, Unterkunft und Verpflegung für jeden dieser Leistungsbestandteile im Heimvertrag aufzugliedern. In der Praxis hat dies zur Folge, dass Heimbetreiber beim Abschluss mit Selbstzahlern eine Differenzierung der Hotelkosten vornehmen müssen, nicht jedoch bei Leistungsempfängern der Pflegeversicherung und auch nicht bei Leistungsempfängern der Sozialhilfe (§ 5 Abs. 6 Heimgesetz i. V. m. § 76 Abs. 2 SGB XII) Damit konnte der VZBV zumindest insoweit einen Teilerfolg erringen, als für Selbstzahler bei Schlechtleistung die Möglichkeit der Preisminderung für einzelne Leistungsarten eröffnet wird. Inzwischen hat der Gesetzgeber mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz vom 14.03.2008 auch den § 87 SGB XI dahin geändert, dass grundsätzlich die Kosten für Unterkunft, Pflege und Verpflegung in Heimvertragsvereinbarungen gesondert anzugeben sind. 4. Preisänderungsklauseln Nach § 7 Abs. 1 Heimgesetz kann der Träger eines Heims eine erhöhtes Entgelt verlangen, wenn sich die bisherige Berechnungsgrundlage verändert und sowohl die Erhöhung als auch das erhöhte Entgelt angemessen sind. Diese als doppeltes Angemessenheitserfordernis bezeichnete Voraussetzung ist im Wortlaut von Entgelterhöhungsklauseln zu berücksichtigen. Allein die Bezugnahme auf Veränderungen in der Berechnungsgrundlage reichen nicht aus. Unwirksam sind daher folgende Klauseln: Text: Die Erhöhung der nicht geförderten Investitionskosten und Zusatzleistungen ist zulässig, wenn sich ihre bisherige Berechnungsgrundlage verändert hat und das erhöhte Entgelt angemessen ist. 258 Text: Die Einrichtung ist berechtigt, Entgelterhöhungen zu verlangen, wenn sich bestehende Berechnungsgrundlagen verändern oder betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen zu tätigen sind, die nicht durch öffentliche Förderung gedeckt werden 259 . Text: 257 BGH, Urteil vom 03.02.2005, III ZR 411/04, NJW-RR 2005, 777. LG Lüneburg v. 02.10.2003 – 4 O 4/03. 259 LG Berlin v. 23.07.2003 - 26 O 13/03. 258 96 97 Bei einer Änderung der Situation für die vom Bewohner zu tragenden Kosten ist die Einrichtung berechtigt, das Entgelt durch einseitige Erklärung anzupassen 260 . Nach Auffassung der Gerichte sind die Klauseln als Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 1 Heimgesetz abweichen. 5. Haftungsbeschränkung Soweit in den Vertragsregelungen der Alten- und Pflegeheime Haftungsbeschränkungen geregelt werden, sind sie zum Teil wegen fehlender Differenzierung nach dem Verschuldensmaßstab unwirksam. Text: Für Wertgegenstände und Geld haftete die Einrichtung nur in dem Fall, wenn sie ihr zur besonderen Verwahrung gegen Quittung übergeben worden sind. Die Klausel ist als Verstoß gegen § 309 Nr. 7 BGB unwirksam, weil sie eine Haftungsfreizeichnung auch für vorsätzliches und grob fahrlässiges Verhalten des Heimbetreibers und seiner Erfüllungsgehilfen zulässt 261 . 6. Kündigungsklauseln Das Heimgesetz sieht in § 8 differenzierte Regelungen für die Vertragskündigung durch den Heimbewohner und den Heimträger vor. Gemäß § 8 Abs. 2 Heimgesetz, kann der Bewohner den Heimvertrag spätestens am 3. Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des selben Monats schriftlich kündigen. Für den Heimbetreiber besteht gemäß § 8 Abs. 3 die Kündigungsmöglichkeit nur aus wichtigem Grund. Ein wichtiger Grund liegt z. B. vor, wenn die Fortsetzung des Vertrages für den Träger eine unzumutbare Härte bedeuten würde, weil der Betrieb des Heims eingestellt, wesentlich eingestellt oder in seiner Art verändert wird. Klauseln, die diese gesetzlichen Vorgaben nicht beachten, sind unwirksam. Zu den gesetzlichen Vorgaben gehört auch, dass in den Klauseln das Kündigungsrecht des Heimbetreibers dahin konkretisiert wird, welche Umstände als unzumutbare Härte gelten sollen. Text: Der Heimbewohner kann das Vertragsverhältnis mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende kündigen 262 . Text: Der Träger ist berechtigt, das Vertragsverhältnis spätestens zum 3. Werktag für den Ablauf des nächsten Monats zu kündigen, wenn der Betrieb des Hauses eingestellt, wesentlich eingestellt oder in seiner Art verändert wird und die Fortsetzung des Vertrages für den Träger eine unbillige Härte bedeuten würde. 263 260 LG Düsseldorf v. 07.01.2004 – 12 O 144/03. LG Magdeburg v. 17.07.2003 – 7 O 3057/02. 262 LG Lüneburg v. 02.10.2003 – 4 O 4/03. 263 LG Hannover v. 02.11.2004 – 14 O 35 / 03. 261 97 98 Die Klauseln entsprechen nicht den gesetzlichen Vorgaben des Heimgesetzes und sind deshalb gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 unwirksam. 7. Auswertung und Zusammenfassung Die Ergebnisse der Verbandsklageverfahren zu den Bedingungen der Alten– und Pflegeheimverträge zeigen, dass in diesem Bereich vertragsrechtliche Regelungen durch öffentlich-rechtliche, insbesondere des Sozialrechts überlagert werden. Symptomatisch hierfür ist die Entscheidung des BGH vom 03.02.2005 zur Entgelttransparenz (s. o. Ziffer 3). Es fällt außerdem auf, dass die vertragsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Heimverträge durch das Heimgesetz bestimmt werden. Die AGB-rechtliche Kontrolle bleibt letztlich auf die Einhaltung der Bestimmungen des Heimgesetzes begrenzt. Ob Verbraucherrechte in diesem Bereich noch gewahrt werden können, wenn die Leistungsträger der Pflegeversicherung den Inhalt der Heimverträge wesentlich bestimmen, ist zumindest fraglich. Da der Heimbewohner auch bei Inanspruchnahme der Leistung aus der Pflegeversicherung einen nicht unerheblichen Teil der Kosten selbst zu tragen hat und die Interessen der Heimbewohner nicht vollständig deckungsgleich mit den Leistungsträgern der Pflegeversicherung sind, muss befürchtet werden, dass eine sich fortsetzende Tendenz der Rechtsprechung, wie sie in dieser Untersuchung festgestellt wurde, zu einer weiteren Verkürzung der Rechte des Heimbewohners führt, die auch mit Mitteln der Inhaltskontrolle über entsprechende Vertragsgestaltungen kaum zu verhindern ist. IX Von der Rechtsprechung zur Rechtssetzung Die Rechtsprechung insbesondere des BGHs hat in der Gesetzgebung an mehreren Stellen einen entsprechenden gesetzlichen Niederschlag gefunden. Dieser Zusammenhang zwischen Verbandsklageverfahren, Rechtsprechung und gesetzgeberischen Entscheidungen soll nachfolgend an vier Beispielen dargestellt werden. Gemeint ist die öffentliche Wahrnehmung von Verbraucherproblemen durch höchstrichterliche Rechtsprechung in Verbandsklageverfahren, die in gesetzgeberische Entscheidungen einfließt. Wie die Beispiele zeigen werden, sind die Ergebnisse durchaus offen. Nicht in allen Fällen löst der Gesetzgeber das von den Verbraucherverbänden in Verbandsklageverfahren artikulierte Problem in deren Sinne. Nachzuweisen ist allerdings, dass durch Gesetzesänderungen Verbraucherprobleme, die Inhalt der Verbandsklageverfahren waren, einer Regelung durch den Gesetzgeber zugeführt wurden. 1. Verbandsklageverfahren, Schuldrechtsreform und Gewährleistung Mit der Schuldrechtsreform von 2002 264 hat der Gesetzgeber im neuen Kaufrecht einen Untertitel 3 zum Verbrauchsgüterkauf eingeführt. Mit diesem Untertitel werden die Vorschriften der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie vom 25. Mai 1999 umgesetzt 265 . Der Untertitel 3 des Kaufrechts (§§ 474 – 479 BGB) enthält diejenigen Vorschriften, deren Anwendung auf Verbraucherverträge beschränkt ist. Im Zusammenhang mit dieser Untersuchung ist von Interesse die Vorschrift des § 475 Abs. 2 BGB, wonach die Verjährung der in § 437 BGB bezeichneten Ansprüche (Gewährleistungsansprüche des Käufers) vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer nicht durch Rechtsgeschäft erleichtert werden kann, wenn die Vereinbarung zu einer Verjährungsfrist von weniger als zwei Jahren bei neu hergestellten Sachen, bzw. bei gebrauchten Sachen von weniger als einem Jahr ab dem 264 265 BGBL. Teil I/ 2001 S. 3138-3218. Richtlinie 1999/ 44 / EG, ABl. EG 1999, Nr. L 171, S. 12. 98 99 gesetzlichen Verjährungsbeginn führt. Die Frist für die Verjährung der Mängelansprüche beträgt gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB beim üblichen Verbrauchsgüterkauf zwei Jahre. Diese Verjährungsfrist kann gemäß § 309 Nr. 8 b ff BGB in Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich nicht auf weniger als ein Jahr verkürzt werden. Eine entsprechende Gestaltungsmöglichkeit in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird durch die Regelung des § 475 Abs. 2 BGB für den Verbrauchsgüterkauf ausgeschlossen. Die Regelung entzieht die gesetzlichen Verjährungsvorschriften für Gewährleistungsansprüche beim Verbrauchsgüterkauf der Disposition der Vertragsparteien. Die Regeln des Verbrauchsgüterkaufs gelten auch für den Gebrauchtwagenkauf allerdings nur, soweit es sich um einen Verbrauchsgüterkauf i. S. des § 474 BGB handelt, also um den Kauf eines Kraftfahrzeuges durch einen Verbraucher von einem Unternehmer. Für den privaten Kraftfahrzeugverkauf kann die Gewährleistung der §§ 434, 437 BGB vollständig ausgeschlossen werden, soweit nicht der Privatverkäufer den Kaufvertrag unter Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen abschließt. Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. des § 305 Abs. 1 BGB sind auch Standardverkaufsformulare, die z. B. von Formularverlagen oder Automobilclubs verbreitet werden. Hier stellt sich erneut die Frage, ob der generelle Gewährleistungsausschluss gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung der §§ 434, 437 vereinbar ist und die Verjährungsfrist gemäß § 438 BGB generell ausgeschlossen, bzw. auf „0“ reduziert werden kann. Das Verbot, die Verjährungsfrist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 309 Nr. 8 b ff BGB auf weniger als ein Jahr zu verkürzen, gilt nur für neu hergestellte Sachen. Insoweit ist die mit Entscheidung des BGH vom 11.06.1979 in Sachen VSV ./. Michael Schuricke zugelassene Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit einem völligen Gewährleistungsausschluss für den Verbrauchsgüterkauf gemäß § 475 Abs. 2 BGB außer Kraft gesetzt. Ein völliger Gewährleistungsausschluss wäre als Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB i. V. m. § 475 Abs. 2 BGB unwirksam. Bedeutung behält die Entscheidung des BGH für den Ausschluss der Gewährleistung beim Verkauf eines Gebrauchtwagens von Unternehmer zu Unternehmer oder von Verbraucher zu Verbraucher. Beide Vertragsarten unterliegen nicht dem Verbrauchsgüterkaufrecht gemäß §§ 474 ff BGB. Die Frage, ob in diesen Vertragsbeziehungen der völlige Gewährleistungsausschluss als unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. §§ 433, 438 BGB einzuordnen ist, dürfte weiter nach den von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Kriterien zu beurteilen sein. Im Ergebnis hat der Gesetzgeber den in Verbandsklageverfahren formulierten Bedenken der Verbraucherverbände gegen die Zulässigkeit des vollständigen Gewährleistungsausschlusses beim Kauf eines gebrauchten Kfz von einem Händler an einen Verbraucher durch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und deren Umsetzung in §§ 474 ff BGB, Rechnung getragen. 2. AGB-Verbandsklage und Pauschalreiserichtlinie Die Behandlung des Vorkasseproblems im Verbandsklageverfahren gegen die Konditionenempfehlung des DRV hat zwar in der Entscheidung des BGH vom 12.03.1987 ein vorläufiges Ergebnis erreicht, konnte aber das Zentralproblem der Insolvenzabsicherung nicht befriedigend lösen. Die Zahlung einer relativ geringen Anzahlung in Höhe von 10 % des Reisepreises, die Restzahlung kurz vor Reiseantritt und die Aushändigung qualifizierter Reiseunterlagen mit einem Leistungsanspruch gegen die Leistungsträger schützt Verbraucher nicht davor, dass Reiseveranstalter nach Zahlung des Restreisepreises aber vor Reiseantritt insolvent werden und die Reise damit ausfällt. Qualifizierte Papiere mit einem Anspruch gegen die Leistungsträger sind in der Praxis nicht geeignet, die Durchführung der Reise sicherzustellen. Zum einen würde dies voraussetzen, dass die Reisenden ihren Anspruch ggf. 99 100 im Klagewege gegen Leistungsträger durchsetzen müssten, zum andren steht den Leistungsträgern der Einwand des nicht erfüllten Vertrages zu und damit ein Leistungsverweigerungsrecht, solange sie ihrerseits für ihre Leistungen vom Reiseveranstalter nicht bezahlt werden. Eine Verlagerung des Insolvenzrisikos vom Reisenden auf die Leistungsträger war damit nicht zu erreichen. Die ausführliche Diskussion in der rechtwissenschaftlichen Literatur hat Eingang gefunden in die EU-Reiserichtlinie 266 vom 13.06.1990. Gemäß Artikel 7 der Richtlinie hat der Veranstalter nachzuweisen, dass im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder des Konkurses die Erstattung gezahlter Beträge und die Rückreise des Verbrauchers sichergestellt sind. In einer ursprünglichen Entwurfsfassung war sogar ausdrücklich vorgesehen, einen Garantiefonds zu schaffen und Veranstalter zu verpflichten, eine Insolvenzausfallversicherung abzuschließen 267 . Vergleichbare Insolvenzausfallsicherungen gab es zuvor schon in zahlreichen anderen europäischen Ländern. Nur in Deutschland hat der BGH sich darauf beschränkt, strenge Voraussetzungen an die Zulässigkeit der Vorauskasse zu formulieren, die das Kernproblem aber nicht lösen. Dem Gesetzgeber ist diese Umsetzung offensichtlich schwer gefallen, denn die bis zum Ende des Jahres 1992 laufende Umsetzungsfrist wurde nicht eingehalten. Erst mit Gesetz vom 24.06.1994 268 wurde der § 651 k BGB neu eingefügt und der bisherige § 651 k BGB wurde zu § 651 l BGB. Die neue Regelung in § 651 k BGB verpflichtet die Reiseveranstalter sicherzustellen, dass dem Reisenden der gezahlte Reisepreis sowie Reiseleistungen in Folge Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Reiseveranstalters, erstattet werden, sowie Aufwendungen, die dem Reisenden für die Rückreise entstehen. Die Absicherung kann durch Abschluss einer Versicherung oder über ein Kreditinstitut erfolgen. Der Reiseveranstalter hat dem Reisekunden einen Sicherungsschein auszuhändigen, der einen direkten Anspruch gegen den Träger der Reisegeldabsicherung begründet. Ohne Aushändigung des Sicherungsscheins dürfen Zahlungen nicht verlangt werden. Das gilt auch für Anzahlungen. Zwei weitere Regelungsbereiche aus AGB des Pauschalreisevertragsrechts sind nach Verbandsklageverfahren in Gesetzesregelungen über den Weg der Richtlinie übernommen worden. Dies betrifft Preisänderungsvorbehalte und Leistungsänderungsvorbehalte. Gemäß § 651 a Abs. 3 BGB kann der Reisepreis nur erhöht werden, wenn dies mit genauen Angaben zur Berechnung des neuen Preises im Vertrag vorgesehen ist und die Erhöhung auf gesetzlich definierten Kostensteigerungen beruht. Diese Kostenfaktoren sind: • • • Eine Erhöhung der Beförderungskosten Abgaben wie Hafen – oder Flughafengebühren Änderungen der Wechselkurse. Ab dem 20. Tag vor dem vereinbarten Abreisetermin kann eine Preiserhöhung, gleich aus welchem Rechtsgrund, nicht mehr verlangt werden. 266 EG-Richtlinie 90314 EWG vom 13.06.1990 ABl. EG-Nr. L 158 , S. 59 ff. vgl. Tonner , Reiserecht in Europa , S. 280. 268 BGBl I S. 1322. 267 100 101 Vergleicht man diese Tatbestandsvoraussetzungen für eine wirksame Preiserhöhung mit der Argumentation der Verbraucherverbände in Verbandsklageverfahren und den Begründungen in der Entscheidungspraxis der Gerichte, so ist die Übereinstimmung evident. Die genaue Angabe der Preis ändernden Faktoren und die Beachtung einer Karenzzeit vor Reiseantritt hatten die Verbraucherverbände zur Bedingung für die Zulässigkeit einer Preisänderung in Reiseverträgen erklärt: Die Angabe der Preis ändernden Faktoren, um sicher zu stellen, dass Reiseveranstalter nicht zur Ausnutzung von Marktchancen aufgrund hoher Nachfrage bereits vertraglich vereinbarte Preise ändern; die Einführung einer Karenzzeit, um den Reisenden nicht kurz vor Beginn der Reise vor den Konflikt zu stellen, entweder den erhöhten Reisepreis zu zahlen oder das bei Preisänderungen eingeräumte Rücktrittsrecht zu nutzen und auf die Reise zu verzichten. Damit verbunden ist das Risiko, auf eine Urlaubsreise gänzlich zu verzichten, wenn während der Hauptreisezeit die Buchung einer Ersatzreise aussichtslos ist. Das Leistungsänderungsrecht des Reiseveranstalters aus § 651 a Abs. 4 BGB entspricht in seiner Struktur ebenfalls der Argumentation der Verbraucherverbände in Verbandsklageverfahren. Das Gesetz berücksichtigt, dass der Reisende nicht nur das Recht erhält, bei Preis- oder Leistungsänderungen vom Vertrag zurückzutreten (womit ihm aus den vorerwähnten Gründen während der Hauptreisezeit häufig nicht geholfen ist), sondern, dass der Reiseveranstalter verpflichtet ist, dem Reisenden Alternativreisen anzubieten. Der Reisende hat das Recht die Teilnahme an einer mindest gleichwertigen anderen Reise zu verlangen. 3. Verbandsklageverfahren und Versicherungsvertragsgesetz Im Versicherungsbereich ist festzustellen, dass jeweils zeitlich oder mit geringer zeitlicher Verzögerung der Gesetzgeber auf Verbandklageverfahren reagiert hat. Die Laufzeitregelung in § 8 VVG wurde mehrfach geändert. Für Verträge, die bis zum 01.01.1991 geschlossen wurden, enthielt das Gesetz keine Bestimmung über eine zulässige Höchstlaufzeit. Dies war Grundlage der Verbandsklageverfahren. Für Verträge, die nach dem 01.01.1991 geschlossen wurden, regelte das in § 8 VVG novellierte Gesetz 269 in § 8 Abs. 3 VVG erstmals eine Laufzeitbeschränkung. Danach konnte ein Versicherungsverhältnis, das für eine Dauer von mehr als drei Jahren eingegangen wurde, zum Ende des dritten Jahres oder jedes darauf folgenden Jahres mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Dies galt allerdings dann nicht, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer schriftlich vor Abschluss des Vertrages auch Verträge für die Dauer von einem Jahr, drei, fünf und zehn Jahren angeboten hat und dabei auf Verträge mit einer Dauer von 5 und mehr Jahren einen Prämiennachlass gewährt, dessen vom Hundertsatz mindestens der Dauer der Laufzeit entspricht. Nachdem der BGH Versicherungsverträge mit einer Laufzeit von fünf Jahren für mit dem AGB-Gesetz vereinbar erklärt hatte, erfolgte eine erneute Novellierung von § 8 Abs. 3 VVG mit Gesetz vom 21.07.1994 270 . Danach kann ein Versicherungsverhältnis, das für die Dauer von mehr als fünf Jahren eingegangen wird, zum Ende des fünften und jedes darauf folgenden Jahres mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Ausgenommen hiervon sind Lebens- und Krankenversicherungsverträge. Diese Regelung galt für Verträge, die nach dem 269 270 Gesetz vom 17.12.1990 BGBl I S. 2864. BGBl. I S. 1630. 101 102 24.06.1994 geschlossen wurden die Fassung von § 8 Abs. 3 VVG bis zur VVG– Reform 2008. Die Kündigungsmöglichkeit des Versicherungsnehmers aufgrund einer Prämienerhöhung wurde erstmals mit Gesetz vom 17.12.1990 271 in § 31 VVG eingeführt. Zugleich wurde das Kündigungsrecht an die Bedingung geknüpft, dass das Entgelt pro Jahr nicht mehr als um 5 % des zuletzt gezahlten Beitrages oder um mehr als 25 % des Erstbetrages steigt. Mit einer erneuten Änderung von 1994 272 entfielen die Prozentsätze als Voraussetzungen für das Kündigungsrecht. 4. Verbandsklageverfahren und Heimgesetz Die Entscheidung des BGH vom 03.02.2005 273 wonach in den AGB der Heimverträge nicht die Verpflichtung besteht, die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung getrennt anzugeben, soweit die Entgelte aufgrund von Vereinbarungen mit der Pflegeversicherung zu tragen sind, hat inzwischen zu einer gesetzgeberischen Reaktion geführt. Mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz vom 14.03.2008 hat der Gesetzgeber die Gelegenheit genutzt, in § 87 S. 1 SGB IX die Wörter „für Unterkunft und Verpflegung“ durch die Wörter „für die Unterkunft und für die Verpflegung jeweils getrennt“ zu ersetzen. Damit haben die Partner der Pflegesatzvereinbarungen künftig die von den Pflegebedürftigen zu zahlenden Entgelte für die Unterkunft und für die Verpflegung jeweils gesondert auszuhandeln und zu vereinbaren. Die Regelung soll zur Harmonisierung mit den heimrechtlichen Vorschriften beitragen. In § 5 Abs. 3 S. 3 HeimG ist die Aufgliederung der Leistungsbestandteile ebenfalls vorgesehen, worauf sich der VZBV zur Begründung der Unwirksamkeit entsprechender Klauseln berufen hatte. Mit der Neufassung der Regelungen zur Pflegeversicherung und der damit verbundenen Harmonisierung der Bestimmungen über die Angabe von Pflegeentgelten mit dem Heimgesetz sind die Bedenken des BGH gegen die Unwirksamkeit von Klauseln, die eine einheitliche Angabe des Entgeltes für Unterkunft und Verpflegung vorsehen, entfallen. Im Ergebnis ist damit dem Anliegen des VZBV Rechnung getragen. Mit der Gesetzesänderung zu § 87 S. 1 SGB IX sind Klauseln in Altenheimverträgen, die das Entgelt für Unterkunft und für Verpflegung nicht getrennt angeben, künftig unwirksam. Das Anliegen der Verbraucherverbände, Klauseln die Wirksamkeit zu versagen, die bei Abwesenheit des Bewohners bis zu drei Tagen keine Kostenerstattung vorsehen, ist nicht nur in der Entscheidung des BGH vom 27.10.2005 274 nicht durchgedrungen, sondern hat inzwischen auch eine gesetzgeberische Reaktion hervorgerufen. Mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz vom 14.03.2008 ist in § 87 a Abs. 1 SGB IX ausdrücklich bestimmt, dass in den Rahmenverträgen gemäß § 75 für die dort bestimmten Abwesenheitszeiträume Abschläge von 25 von 100 der Pflegevergütung der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung vorzunehmen sind, und zwar ausdrücklich erst für Zeiträume, soweit drei Kalendertage überschritten werden. Damit bleibt es bei der in der Rechtsprechung des BGH bereits zugrunde gelegten Beurteilung, wonach eine Abwesenheit von bis zu drei Tagen keinerlei Erstattungspflicht auslöst, selbst dann nicht, wenn der Bewohner öfter nur kurzzeitig den Heimaufenthalt unterbricht. Entsprechende Klauseln, die im Einklang mit 271 BGBl I S. 2864. Gesetz vom 21.07.1994,BGBl I , S. 1630. 273 BGH, Urteil v. 03.02.2005, III ZR 411/04, NJW-RR 2005, 777. 274 BGH, Urteil v. 27.10.2005, III ZR 59/05, NJW 2005, 3632. 272 102 103 SGB IX eine Erstattungspflicht erst bei Abwesenheiten von mehr als drei Tagen vorsehen, bleiben danach wirksam. X. Vertragsergänzung nach Unwirksamkeit einer Klausel Das AGB-Gesetz bestimmte in § 6 die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit von AGB-Klauseln. Gemäß § 6 Abs. 1 AGBG führte die Unwirksamkeit einzelner Klauseln nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages insgesamt; dieser blieb vielmehr wirksam. Entstand durch die Unwirksamkeit einer Klausel eine regelungsbedürftige Lücke, so richtete sich gemäß § 6 Abs. 2 AGBG der Inhalt des Vertrages nach den gesetzlichen Vorschriften. Eine Gesamtunwirksamkeit war gemäß § 6 Abs. 3 AGBG nur vorgesehen, wenn das Festhalten an dem Vertrag für eine Vertragspartei auch unter Anwendung der gesetzlichen Vorschriften eine unzumutbare Härte darstellte. Diese Regelung ist unverändert in § 306 BGB übernommen worden. Die Rechtsprechung hat zu diesem Problemkreis frühzeitig grundsätzliche Entscheidungen getroffen. Im Ausgangspunkt wurde zunächst bestimmt, dass eine sogenannte geltungserhaltende Reduktion nicht in Betracht kommt. Soweit das dispositive Recht angemessene Regeln zu einer Klauselersetzung nicht zur Verfügung stellt, kann die durch Unwirksamkeit einer Klausel entstandene Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gefüllt werden. Im engen Zusammenhang mit der geltungserhaltenden Reduktion steht die Frage, ob eine unwirksame Klausel nach Wortlaut und Gestaltung so teilbar ist, dass sie noch einen vollständigen wirksamen Regelungsgehalt aufweist, wenn der unwirksame Teil der Klausel entfällt. 1. Geltungserhaltende Reduktion und teilbare Klauselgestaltungen In einer Grundsatzentscheidung vom 17.05.1982 hat der BGH 275 die geltungserhaltende Reduktion für AGB abgelehnt und dies seitdem vielfach bestätigt 276 . Unter geltungserhaltender Reduktion wird ein Verfahren verstanden, das den Unwirksamkeitsgehalt einer Klausel durch Rechtsprechung auf ihren gerade noch zulässigen Inhalt zurückführt und damit zur Wirksamkeit beiträgt. Die Frage der Anwendbarkeit des Instruments der geltungserhaltende Reduktion ist kein Sonderproblem des AGB-Rechts, sondern wird als Vertragsergänzung im Zusammenhang mit sittenwidrigen Verträgen diskutiert 277 . Die Rechtsprechung hat die Anwendung einer Reduktion in Bezug auf sittenwidrige Verträge und Vertragsteile unterschiedlich behandelt. Eine Reduktion sittenwidrig hoher Zinsen auf einen noch üblichen und sittengemäßen Satz hat der BGH abgelehnt 278 . Dagegen sind übermäßig lange Vertragslaufzeiten auf eine noch zulässige Dauer von der Rechtsprechung reduziert worden. 275 BGH Z 84, 109 = ZiP 1982, 109. BGH NJW 1982, 178; BGH NJW 1982, 2309; BGH NJW 1982, 2311 ; BGH NJW 1983 , 1320; BGH NJW 1983, 1322; BGH NJW 1984, 48; BGH NJW 1984, 2687; BGH NJW 1985, 53; BGH NJW 1985, 315 ; BGH ZiP 1986, 32; BGH ZiP 1986, 1121; BGH WM 1998, 732; BGH WM 2000, 629; BGH NJW RR 2004, 1498; BGH NJW 2005, 1574. 277 Zimmermann, Richterliches Moderationsrechts oder Totalnichtigkeit 1979, Hager , Gesetztes- und sittenkonforme Auslegung und Aufrechterhaltung von Rechtsgeschäften , 1983; derselbe AcP 181, (1981), 447 f.; Bürge , Rechtsdogmatik und Wirtschaft, das richterliche Moderationsrecht , 1987. 278 Vgl. BGH ZiP 1981, 369. 276 103 104 Die von der Rechtsprechung vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes zur Vermeidung unangemessener Benachteiligungen praktizierte restriktive Auslegung von AGB ist nach Einführung der Inhaltskontrolle in den §§ 9 – 11 AGB-Gesetz zu modifizieren. Zwar gehen gemäß § 5 AGBG (§ 305 c Abs. 2 BGB) Zweifel bei der Auslegung bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders, Klauseln also so auszulegen sind, dass sie den Vertragspartner möglich nicht benachteiligen. Dies gilt aber nicht in Verbandsklageverfahren und auch nicht, soweit die Unwirksamkeit im Individualverfahren die Rechtsstellung des Vertragspartners gegenüber einer Klauselauslegung verbessert 279 . Es ist frühzeitig einhellig anerkannt worden, dass die Auslegung mehrdeutiger Klauseln zur effizienten Anwendung in Verbandsklageverfahren in ihrem kundenfeindlichsten Sinne zu verstehen ist. Eine Auslegung gemäß § 5 AGBG im Verbandsklageverfahren hätte die präventive, auf Beseitigung unangemessener Geschäftsbedingungen gerichtete Funktion der Verbandsklage wesentlich erschwert, wenn nicht vereitelt. Die direkte Anwendung der Unklarheitenregelung gemäß § 5 AGBG im Verbandsklageverfahren hätte zur Folge, dass nachteilige Klauseln bei kundenfreundlicher Auslegung die in den §§ 9 – 11 AGBG festgesetzten Angemessenheitsschranken noch einhalten. In Rechtsprechung und Literatur war deshalb von Anfang an nicht strittig, dass im Verbandsprozess die kundenfeindlichste Auslegung gilt und die Klausel in dieser Auslegung einer Angemessenheitskontrolle zu unterziehen ist 280 . Deshalb ist es nur konsequent, auch der Geltung erhaltenden Reduktion eine Absage zu erteilen. Die Rechtsprechung des BGH ist diesen Weg allerdings in letzter Konsequenz nicht gegangen. Eine gewisse Nähe zur geltungserhaltenden Reduktion hat die Möglichkeit, die Unwirksamkeit von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch Teilung zu begrenzen. Im Kern geht es um die Frage, was unter einer „Bestimmung“ i. S. v. §§ 305 c, 306 Abs. 2, 307 bis 309 BGB zu verstehen ist (§§ 9 – 11 AGBG). Teilbare Formulierungen von Klauseln enthalten Bestimmungen, die in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil aufgespalten werden können mit der Folge, dass ein Unterlassungsgebot im Tenor eines Urteils nur einen Teil einer Klausel bezeichnet. Strittig und bis heute wenig nachvollziehbar ist allerdings, nach welchen Kriterien der BGH die Teilbarkeit einer Klausel beurteilt. So können zum Beispiel Laufzeiten von mehr als zwei Jahren, die gemäß § 11 Nr. 12 a AGBG bzw. § 309 Nr. 12 a BGB unwirksam sind, nicht auf die zulässige Dauer von zwei Jahren reduziert werden (geltungserhaltende Reduktion). Nicht eindeutig ist allerdings, dass in einer Klausel zur Unwirksamkeit eines unwiderruflich erteilten Überweisungsauftrags nur das Wort „unwiderruflich“ zur Unwirksamkeit führt und insoweit für unzulässig erklärt wird 281 . In seiner Entscheidung vom 31.10.1984 ist der BGH 282 zur Beschränkung des Verkehrswertes auf 10 % bei Erstattung des Kaufpreises für die Rückgabe von Teppichen, Matratzen und anderen in den AGB des Möbelhandels ebenso verfahren. In dieser Entscheidung wird nur die Verkehrswertbeschränkung auf „höchstens 10 %“ für unwirksam erklärt, der Klausel im Übrigen die Wirksamkeit aber nicht versagt. Mit Recht konstatiert Medicus 283 , dass sich dieses Verfahren einer geltungserhaltenden Reduktion annähert. Fasst man als „Bestimmung“ 279 Heinrichs in Palandt § 305c RN 20. BGH NJW 1980, 831; BGH NJW 1983, 1671; BGH NJW 1984 , 2161; BGH NJW 1985, 320; BGH NJW 1985, 855; BGH NJW 1985 , 2271; BGH NJW 1986, 43 und 46; BGH NJW 1988, 1726: BGH NJW 1991, 1886, BGH NJW 1993, 657; BGH NJW 1993 , 2369; BGH NJW 1994, 1060, BGH NJW 2003, 1237;MünchenerKommentar/ Basedow, BGB § 305 c ,Rnr: 34;Ermann / Roloff BGB § 305 c ,Rn 29; Staudinger/Schlosser AGBG § 5, Rn 7; Wolf/Lindacher AGBG § 5 Rn 41;Löwe AGBG § 13 Rn 28; Bunde ZiP 1982. 281 BGH NJW 1984, 2816. 282 Vgl. oben Fußnote 50. 283 Heinrichs/Löwe/Ulmer, 10 Jahre AGB-Gesetz, S. 83,90. 280 104 105 im Sinne der Inhaltskontrolle den inhaltlich zusammengehörenden Satz über die Erstattung des Verkehrswertes auf, so wird dieser durch die Streichung des Satzteiles „höchstens 10 %“ auf seinen gerade noch zulässigen Inhalt reduziert. Der BGH verlässt damit den von ihm entwickelten Grundsatz, wonach jeweils inhaltlich selbstständige Regelungen Gegenstand gesonderter Wirksamkeitsprüfungen sein können, auch wenn sie in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang mit anderen Klauseln stehen 284 . Der Satzteil „höchstens 10 %“ ist kein inhaltlich trennbarer Teil der Bestimmung, der aus sich heraus verständlich ist. Dieses Verfahren ist vielmehr eine versteckte geltungserhaltende Reduktion. Anders zu beurteilen sind Klauseln, die aufgrund ihrer sprachlichen Fassung tatsächlich mehrere Alternativen enthalten, wenn nur hinsichtlich einzelner dieser Alternativen die Unwirksamkeit festgestellt wird. Beispiel: Eine Rücktrittsklausel enthält mehrere alternative Rücktrittsgründe, die jede für sich der Inhaltskontrolle unterliegen, aber nur ein Rücktrittsgrund ist sachlich nicht gerechtfertigt i. S. v. § 308 Nr. 3 BGB. Hier kann von einer Teilung der Klausel durchaus gesprochen werden, weil die Klausel in ihrer Ausgangsfassung den Inhalt mehrerer Rücktrittsgründe sprachlich zusammenfasst und damit tatsächlich mehrere „Bestimmungen“ vorliegen. Das gleiche gilt, wenn eine Klausel ein Zurückbehaltungsrecht unter Verstoß gegen § 309 Nr. 2 b BGB und ein nicht gegen § 309 Nr. 3 BGB verstoßendes Aufrechnungsrecht des Verwenders enthält. Auch hier könnte man aus der sprachlich zusammengefassten Regelung zwei abgeschlossene aus sich heraus verständliche Einzelklauseln formulieren und jeweils gesondert beurteilen. Die Verbraucherverbände haben versucht, diesem Problem von Anfang an dadurch Rechnung zu tragen, dass in Verbandsklagen der Verbotsantrag hinsichtlich des nicht beanstandeten und damit für wirksam gehaltenen Teils in Klammern gesetzt wurde. Dieses Verfahren ist aber nur in Bezug auf wirklich teilbare Klauseln einzuhalten, nicht in Bezug auf einzelne Wörter oder Satzbestandteile, die aus sich heraus nicht verständlich sind wie im Beispiel zum Verkehrswert in den AGB des Möbelhandels mit „höchstens 10 %“. Der BGH ist in seiner Rechtsprechung wie dargestellt dem nicht gefolgt, sondern hat zum Teil nur einzelne Wörter in einer sprachlich in sich geschlossenen und nicht teilbaren Formulierung für unwirksam erklärt. 2. Ergänzende Vertragsauslegung Die in § 6 Abs. 2 AGBG Anwendung der gesetzlichen Vorschriften des dispositiven Rechts anstelle einer unwirksamen Klausel setzt voraus, dass das Vertragsrecht entsprechende Regelungen bereithält. Das Problem stellte sich erstmals als Folge der Unwirksamkeit der Tagespreisklausel. In seiner Entscheidung vom 07.10.1981 285 hatte der BGH (vgl. oben S.14) die Tagespreisklausel in den Neuwagenverkaufsbedingungen für unwirksam erklärt, wonach der am Tag der Lieferung gültige Preis des Verkäufers gelten sollte, wenn zwischen Vertragsabschluss und vereinbarten Liefertermin mehr als vier Monate liegen. Die Unwirksamkeit dieser Klausel hatten zahlreiche Kraftfahrzeugkäufer (insbesondere der Marke Daimler-Benz) zum Anlass genommen, den bei Lieferung nach z. T. mehrjähriger Lieferzeit bezahlten Mehrpreis als ungerechtfertigte Bereicherung zurückzufordern. Gegenstand der 284 BGH NJW 1982, 178; BGH NJW 1982, 3211; BGH NJW 1983, 1320, BGH NJW 1985, 623, BGH NJW 1984, 2687, BGH WM 1996, 1322; BGH WM 1997, 581; BGH WM 2005, 2153; BGH NJW 2003, 2899;BGH ZIP 1986, 32. 285 BGH, Urteil v. 07.10.1981, VIII ZR 229 / 80, ZIP 1982, 71. 105 106 sogenannten zweiten Tagespreisklausel-Entscheidung des BGH 286 war die Forderung eines Mercedeskäufers, der zweieinhalb Jahre nach seiner Bestellung bei der Auslieferung einen um 3.250,00 DM erhöhten Kaufpreis gezahlt hatte. Der BGH hat den Rückforderungsanspruch des Klägers scheitern lassen mit folgender Erwägung: Durch die Regelung in § 6 Abs. 2 AGB werde für die Behandlung eines Vertrages nach Unwirksamkeit von AGB-Klauseln die Anwendung des Gesetzesrechts vorgeschrieben. Dazu gehörten auch die Regelungen zur ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 157, 133 BGB. Bei Vertragsabschluss seien die Parteien übereinstimmend davon ausgegangen, dass wegen der langen Lieferzeit nicht der Vertragspreis bis zur Auslieferung geltend könne. Dem Käufer sei also bewusst gewesen, dass er ggf. einen höheren als den vertraglichen Preis zu zahlen habe. Andererseits sei die Tagespreisklausel gerade deshalb unwirksam, weil dem Verkäufer nicht gestattet werden könne, bei Auslieferung jeden nach seinem Belieben festzusetzenden Preis zu verlangen. Davor müsse der Käufer bewahrt werden. Dieser Schutz könne erreicht werden, wenn die Tagespreisklausel zwar in der bisherigen Form unwirksam sei, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung aber die Vertragslücke so zu schließen sei, wie die Vertragsparteien bei verständiger Würdigung ihres mutmaßlichen Willens von Anfang an bei Kenntnis der Unwirksamkeit vereinbart hätten. Damit sei der Käufer darauf vorbereitet, bei Auslieferung einen Preis zu bezahlen, der im Rahmen der Steigerung der allgemeinen Lebenshaltungskosten höher sei als der Vertragspreis. Sollte sich der Tagespreis des Verkäufers nicht in diesem Rahmen halten, so sei der Käufer nicht verpflichtet, einen höheren Preis zu bezahlen und könne vom Vertrag zurücktreten. Wenn auch im Schrifttum inzwischen die Zustimmung zur ergänzenden Vertragsauslegung überwiegt, ist in Teilen diese Rechtsprechung in der Folgezeit vielfacher Kritik ausgesetzt gewesen 287 . Die Kritik reicht von einer grundsätzlichen Ablehnung mit Hinweis auf die faktische Normqualität von AGB und damit das Fehlen eines für die Vertragsauslegung gemeinsamen Regelungsplanes bis hin zu dem Vorhalt, im Individualprozess letztlich doch eine Geltung erhaltende Reduktion zu praktizieren und damit den Verwender vor den Folgen der Unwirksamkeit einer AGB-Klausel zu bewahren 288 . So verständlich das Bemühen der Rechtsprechung ist, die Totalnichtigkeit des Vertrages gemäß § 6 Abs. 3 AGBG (§ 306 Abs. 3 BGB) zu vermeiden, der Weg dahin ist nicht immer plausibel: Ergänzende Vertragsauslegung zur Lückenfüllung in AGB-Verträgen setzt voraus, dass durch Unwirksamkeit oder Nichteinbeziehung einer Klausel eine ausfüllungsbedürftige Lücke entsteht. Unklar ist aber, wann eine Lücke ausfüllungsbedürftig ist 289 . Einigkeit besteht darüber, dass eine ergänzende Vertragsauslegung nicht in Betracht kommt, wenn mehrere gleichwertige Ergänzungen des Vertrages denkbar und möglich sind und das Gericht eine dieser Möglichkeiten auszuwählen hätte 290 . Abgelehnt wird die ergänzende 286 BGH ZIP 1984, 330. vgl. die Darstellung von Medicus in Heinrichs/Löwe/Ulmer, 10 Jahre AGB-Gesetz, S. 83, 94 und bei Ulmer/Brandner/Hensen AGBG 6. Aufl., § 6 Rn 33 – 38. 288 Medicus a.a.O zitiert Schlosser in JURA 1984, 637, der vermutet, dass die Tagespreis II Entscheidung des BGH der Daimler-Benz AG einen dreistelligen Millionen Betrag (DM) erspart haben dürfte. 289 Vgl. Rspr. zur Unwirksamkeit der Gewährleistungsbürgschaft „auf erstes Anfordern“ im Baurecht BGH WM 2002, 1976; BGH WM 2004, 1179; BGHZ 153, 311,316; abgelehnt von BGH WM 2002, 133; BGH WM 2005, 268; BGH WM 2005, 1188. 290 Locher AGBG, S. 57; Kötz MüKo AGBG § 6 Rnr 19; Basedow MüKo BGB § 306 Rn. 28;Trinkner BB 1983, 1876; derselbe BB 1984, 491. 287 106 107 Vertragsauslegung auch dann, wenn dem Verwender die Unangemessenheit der Klausel bekannt oder für ihn doch voraussehbar war 291 . XI. Zusammenfassung des 2. Kapitels Die Ergebnisse der Rechtsprechung zeigen, dass es durchgehend gelungen ist, strittige Rechtsprobleme einer höchstrichterlichen Klärung zuzuführen. Dabei werden AGB-Klauseln grundsätzlich anhand der Generalklausel, früher § 9 AGBG, jetzt § 307 BGB, beurteilt. Maßstab für die Beurteilung ist in vielen Entscheidungen formal der Gesichtspunkt von Treu und Glauben, tatsächlich aber die jeweils geltende Rechtslage nach dem materiellem Vertragsrecht, die auch gelten würde, wenn keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet werden. Damit ist ein wichtiges Ziel des AGB-Gesetzes erreicht, nämlich die Rückführung des Vertragsinhalts auf die gesetzlichen Bestimmungen. Dieser Befund gilt mit zwei Ausnahmen. Klauseln, die Preisnebenabreden enthalten oder den Leistungsinhalt modifizieren und für die insoweit keine gesetzlichen Regelungen als Maßstab zur Verfügung stehen, werden einer Billigkeitskontrolle unterzogen, die im Kern auf den Gesichtspunkt von Treu und Glauben zurückgeht. Beispiele hierfür sind die Preisklauseln im Bankenbereich und Leistungsklauseln im Versicherungsbereich (Wissenschaftlichkeitsklausel) und im Bereich der Pauschalreisen (Leistungsänderungsklausel). Grenzen erreicht die Kontrollkompetenz in AGB-Verbandsklageverfahren, wenn es um konkrete Zahlen geht. Nur ausnahmsweise gelingt die Prüfung einer Schadenspauschale wegen der konkret genannten Höhe der Pauschale (Mahngebühr im Bankenbereich). In den meisten Verfahren werden derartige Klauseln nicht wegen der Höhe der konkret geregelten Pauschale beanstandet, sondern wegen nicht gesetzeskonformer Formalien (Stornopauschalen im Reisebereich, Abnahmeverzugspauschalen im Möbelhandel). Im Übrigen werden Zahlungsklauseln mit konkreten Euro- bzw. DM-Beträgen mit der Begründung für unwirksam erklärt, der Verwender habe darauf dem Grunde nach keinen Anspruch (Bearbeitung von Freistellungsaufträgen, Gebühr für Löschungsbewilligungen im Bankenbereich, Gebühr für Pfändungsbearbeitung). Mit diesem Gesichtspunkt werden umgekehrt Preisklauseln dann für wirksam erklärt, weil sie der Anwendung der Inhaltskontrolle entzogen sind, wenn der Verwender dem Grunde nach einen Anspruch auf Bezahlung geltend machen kann. Der relativ früh entwickelte Grundsatz der unangemessenen Benachteiligung gemäß § 9 AGBG wegen Intransparenz hat im Laufe der Zeit an Bedeutung ständig zugenommen. Im Bankenbereich sind unter Anwendung dieses Grundsatzes eine Reihe von Klauseln für unwirksam erklärt worden (Wertstellung, Tilgungsverrechnung). Unter diesem Gesichtspunkt werden auch Klauseln über Leistungsänderungen, Bedingungsanpassungen und Urheberrechts- bzw. Datenschutzregelungen in den AGB der neuen Medien beanstandet. Soweit die Rechtsprechung auf der Grundlage der Generalklausel branchenübergreifende Standards geschaffen hat (Preisänderungen in Dauerschuldverhältnissen und Verträgen mit 291 Ulmer NJW 1981, 2031; Lindacher BB 1983, 158; Bunte NJW 1984, 1147; von Hippel BB 1985, 1631; Schmidt in Ulmer u. a. AGB-Recht 10. Aufl. § 306 Rn 37. 107 108 Lieferfristen über vier Monate), wäre zu überlegen, diese Standards in Klauselverbote mit oder ohne Wertungsmöglichkeiten in die §§ 308 oder 309 BGB zu übernehmen. Damit könnte zum einem erreicht werden, dass die Verbindlichkeit dieser Standards gesetzlich festgelegt wird und zum anderen die Rechtssicherheit für AGB-Verwender erhöht wird. Mit einem solchem Transformationsmechanismus wird zugleich verhindert, dass die Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit im Laufe der Zeit leer laufen, weil deren Vorgaben weitgehend beachtet werden. Es ist bereits jetzt aus der Studie zu erkennen, dass in der Anfangsphase der Klageverfahren im Bereich AGB des Kraftfahrzeughandels und des Möbelhandels, die Klauseln häufiger wegen Verstoßes gegen §§ 10 oder 11 AGBG untersagt wurden, als in den zeitlich späteren Verfahren wegen der AGB von Banken und Versicherungen. Zu den interessanten Phänomenen der Verbandsklageverfahren gehört die Beobachtung, dass nicht immer Klauseln an das Gesetzesrecht angepasst werden, sondern die gesetzlichen Grundlagen nach dem Ergebnis von Verbandsklageverfahren gestaltet werden. Beispiele hierfür sind die Laufzeitklauseln im Versicherungsbereich und die Vorkasseklauseln im Pauschalreisebereich. Die generelle Ablehnung der geltungserhaltenden Reduktion hat sich weitgehend durchgesetzt, wird aber durch die von der Rechtsprechung, insbesondere durch die des BGH praktizierte Beurteilung zur Teilbarkeit von Klauseln teilweise wieder zurückgenommen. Für die Praxis der Verbandsklage ist dies solange ohne Auswirkung, wie den Entscheidungen die Reichweite der Untersagung einer Klausel, eines Klauselteils oder eines Teilinhalts zu entnehmen ist. Dies führt gegebenenfalls zu einer gewissen Unkalkulierbarkeit des Prozesskostenrisikos, wenn wegen eines zu weitgehenden Klageantrags in Bezug auf den Klauseltext eine Teilabweisung erfolgt. 3. Kapitel: Von der AGB-Verbandsklage zum Unterlassungsklagengesetz I. Novellierungen des Verfahrensrechts Mit der Übernahme der materiellrechtlichen Bestimmungen des AGB-Gesetzes in das BGB im Zuge der Schuldrechtsreform musste für die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des AGB-Gesetzes, die nicht in das BGB passen, eine neue Gesetzesform gefunden werden. Von einer Übernahme in die ZPO hat der Gesetzgeber Abstand genommen im Hinblick auf die Besonderheiten des Verbandsklageverfahrens. Stattdessen wurde mit dem 292 (UKlaG) eine neue verfahrensrechtliche Kodifikation Unterlassungsklagengesetz geschaffen, die am 01.01.2002 in Kraft getreten ist. Die damit verbundenen Änderungen gegenüber dem vorherigen Rechtszustand sind im AGB-Bereich allerdings gering. Weggefallen ist die Verjährungsvorschrift des § 13 Abs. 4 AGBG und die Vorschrift zum Verfahrensregister in § 20 AGBG 293 . Für die Reform der AGB-Verbandsklage wesentlicher war die Novelle vom 27.06.2000 294 zur Umsetzung der Richtlinie 98/27/EG über missbräuchliche Klauseln. Mit dieser Reform wurde die Grundlage der Klagebefugnis gemäß § 13 AGBG verändert und die Einführung der Verbandsklagebefugnis bei verbraucherschutzwidrigen Vertragspraktiken eingeführt. Weitere Änderungen betrafen die Erleichterung der Voraussetzungen für den Erlass einstweiliger Verfügungen und die Möglichkeit einer Streitwertherabsetzung, wie sie bereits das UWG kennt. 292 SMG Art. 9. Heidemann-Peuser in v. Westphalen u. a. , Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz. 294 Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts in BGBl. 2000 I S. 897. 293 108 109 II. Klagebefugnis Mit der der Verbandklage in § 13 AGBG wurde nach Erweiterung der Klagebefugnis in § 13 UWG im Jahre 1965 ein weiteres Mal für Verbraucherverbände die Möglichkeit eines rechtsförmigen Verfahrens zur Prüfung und Kontrolle von Rechtsverletzungen zum Nachteil von Verbrauchern eröffnet. Das Verbandsklagemodell des UWG- Modells wurde allerdings in wesentlichen Punkten modifiziert. Während die Klagebefugnis in der 1976 geltenden Fassung des UWG lediglich eine verbandsorganisatorische Struktur als Verbraucherverband voraussetzte, wurde das Klagerecht in § 13 Abs. 2 Nr. 1 AGBG an die zusätzliche Voraussetzung geknüpft, dass die Verbände, entweder 75 natürliche Personen oder andere Verbraucherverbände als Mitglieder haben. Diese Verschärfung war einer angeblich missbräuchlichen Klagetätigkeit von Abmahnvereinen im Wettbewerbsrecht geschuldet, die sich in AGB-Kontrollverfahren nicht wiederholen sollte. In kritischen Stellungnahmen war schon frühzeitig darauf hingewiesen worden, dass diese Beschränkungen der Effizienz der Verbandsklage nicht förderlich sind295 . Diese Frage ist durch die in der Richtlinie über missbräuchliche Klauseln verankerte Registrierung klagebefugter Verbände nicht erledigt. Mit der erstmals in § 13 Abs. 2 AGBG in der vom 13. Juni bis 31. Dezember 2001 296 geltenden Fassung geregelten Klagebefugnis, wird der Anspruch auf Unterlassung und Widerruf von unzulässigen AGB „qualifizierten Einrichtungen“ übertragen, die nachweisen können, dass sie in die Liste qualifizierter Einrichtungen oder das Verzeichnis der Kommission der Europäischen Gemeinschaft nach Art. 4 der Richtlinie 98/27/EG eingetragen sind. Betroffen davon sind nur Verbraucherverbände, nicht Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen, die keiner Registrierpflicht unterliegen. Damit wird eine behördliche Kontrolle der Klagebefugnis von Verbraucherverbänden durch das Bundesverwaltungsamt eingeführt. Das Bundesverwaltungsamt führt die Liste der qualifizierten Einrichtungen. Entscheidungen über die Eintragungen erfolgen gemäß § 22 a Abs. 3 AGBG (Fassung 2000) durch Bescheid. Das Bundesverwaltungsamt steht gemäß § 22 a Abs. 5 AGBG unter der Fachaufsicht des Bundesministeriums der Justiz. Gleichsam zur doppelten Sicherung gegen Missbräuche hat der Gesetzgeber in § 22 Abs. 4 AGBG (Fassung 2000) noch eine dem § 8 Abs. 4 UWG entsprechende Regelung eingeführt. Unverändert geblieben ist aber die Mitgliedschaft von entweder 75 natürlichen Personen oder anderer Verbraucherverbände. Die Klagebefugnis der Verbraucherzentralen, des Verbraucherschutzvereins und des VZBV war durch die unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen zu keiner Zeit gefährdet. Für die Klagebefugnis der Verbraucherzentralen und des VZBV, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, besteht gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 UKlaG eine unwiderlegliche Vermutung. Die Klagebefugnis der Verbraucherzentralen und des VZBV wird solange unwiderleglich vermutet, wie nicht ihre öffentliche Förderung vollständig gestrichen wird 297 . Ob die Erzielung von Eigeneinnahmen und der damit verbundene teilweise Wegfall der öffentlichen Finanzierung die unwiderlegliche Vermutung als Eintragungsvoraussetzungen gefährdet, ist unsicher. Eine nur geringe öffentliche Finanzierung bei im Übrigen auf Einnahmeerzielung ausgerichteter Tätigkeit dürfte der Vermutung entgegenstehen 298 . 295 Gerlach MüKo 1. Aufl. vor § 13 Rnr .15 , Axmann, Die praktische Bedeutung und Effizienz der Verbandsklage nach § 13 AGBG, 1984, S. 104. 296 BGBl. I 2000, S. 946. 297 Micklitz MüKo § 24 Rn 24. 298 a.A. Micklitz a.a.O. 109 110 In diesem Zusammenhang stellt sich für die mit öffentlichen Mitteln geförderten Verbraucherorganisationen eine weitere Frage: Lässt sich aus der EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln die Verpflichtung für den deutschen Gesetzgeber ableiten, für ein effektives Kontrollinstrument Sorge zu tragen mit der weiteren Verpflichtung, die Einrichtung und Finanzierung qualifizierter Einrichtungen sicherzustellen? Mit Einführung des § 22 a AGB-Gesetz, der unverändert in § 4 UKlaG übernommen wurde, ist die Überprüfung der Klagebefugnis nicht mehr (primär) Sache der Zivilgerichte, sondern des Bundesverwaltungsamtes. Gegen Entscheidungen des Bundesverwaltungsamtes ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Die Zivilgerichte sind im Rahmen von Verbandsklageverfahren nur gehalten, einen Nachweis des Klägers über die Eintragung in die Liste qualifizierter Einrichtungen zu überprüfen. Ergeben sich in einem Rechtsstreit begründete Zweifel an dem Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen bei einer eingetragenen Einrichtung, so kann das Gericht gemäß § 4 Abs. 4 UKlaG das Bundesamt für Justiz (vorher Bundesverwaltungsamt) zur Überprüfung der Eintragung auffordern und die Verhandlung bis zu dessen Entscheidung aussetzen. Die beim Bundesamt für Justiz geführte Liste klagebefugter Einrichtungen wird gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UKlaG mit dem Stand zum ersten Januar eines jeden Jahres im Bundesanzeiger bekannt gemacht und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften unter Hinweis auf Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 98/27 EG über Unterlassungsklagen zum Schutze der Verbraucherinteressen 299 zugeleitet. Damit soll sichergestellt werden, dass die Klagebefugnis europaweit anerkannt werden kann. Der mit der Richtlinie 93/13 beabsichtigte Zweck, grenzüberschreitende Kontrollverfahren zur Unterbindung verbrauchergesetzwidriger Praktiken und unzulässiger AGB zu untersagen, war zunächst mit der in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 98/27 EG statuierten Berichtspflicht über Namen und Zweck der qualifizierten Einrichtung an die EG-Kommission bezweckt worden. Inzwischen hat der Gesetzgeber in § 4 a UKlaG den Unterlassungsanspruch qualifizierter Einrichtungen auf innergemeinschaftliche Verstöße erweitert. Damit sollte die von Teilen der Rechtsprechung bezweifelte Klagebefugnis deutscher Verbraucherverbände unter Anwendung ausländischen Rechts korrigiert werden 300 . Die Klagebefugten können nunmehr Unterlassungsansprüche bei innergemeinschaftlichen Verstößen gegen Verbraucher schützende Gesetze geltend machen. Das Kammergericht hat unter Anwendung von § 4 a UKlaG die Klagebefugnis des VZBV in dem Verfahren gegen Air Baltic (vgl. oben Seite 109) nicht in Frage gestellt, ist dann aber nach den allgemeinen Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung deutschen Rechts gelangt, so dass sich die Klagebefugnis direkt aus § 3 UKlaG ergibt. III. Abmahnung / Wegfall der Wiederholungsgefahr / Vertragsstrafe Eine Abmahnung war ursprünglich weder im UWG noch im AGBG als Voraussetzung einer Klage gesetzlich geregelt. Im Wettbewerbsrecht 301 diente die Abmahnung zur Vermeidung von Prozesskostenrisiken. Der Kläger einer Unterlassungsklage muss damit rechnen, dass ihm gemäß § 93 ZPO die Verfahrenskosten auferlegt werden, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt und keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat. Mit einer außergerichtlichen Abmahnung soll diesem Kostenrisiko vorgebeugt werden. Nach dem Modell der UWG-Verbandsklage und aus den gleichen sachlichen Gründen wie dort ist das 299 ABl.EG Nr L 166, S 51. Micklitz MüKo UKlaG , § 4 a Rn 2. 301 Pastor, Der Wettbewerbsprozess; Baumbach/Hefermehl, UWG. 300 110 111 Institut der Abmahnung auch in das Verfahren gegen unzulässige AGB-Klauseln übernommen worden. Inzwischen hat das Institut der Abmahnung mehrfach eine gesetzliche Regelung erfahren. Die Novelle 2004 des UWG 302 enthält in § 12 Abs. 1 die Empfehlung, dass die zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten den Schuldner vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben sollen, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungserklärung beizulegen. Korrespondierend hiermit wurde den Unterlassungsverpflichteten in § 12 Abs. 1. S. 2 UWG die Verpflichtung auferlegt, dem Abmahnenden, die für die Abmahnung erforderlichen Aufwendungen zu ersetzen. In welcher Höhe dieser Aufwendungsersatz verlangt werden kann, ist bisher unsicher 303 . Die Richtlinie über grenzüberschreitende Unterlassungsklagen 304 empfiehlt den Mitgliedsstaaten in Artikel 5 ebenfalls, den Gerichtsverfahren ein gesondertes Verfahren vorzuschalten 305 . Mit der Verweisung in § 5 UKlaG auf die Anwendung des § 12 Abs. 1, 2 und 4 UWG hat der deutsche Gesetzgeber die Empfehlung aus der Unterlassungsklagenrichtlinie aufgegriffen und die Abmahnung für das AGB-Verbandsklageverfahren übernommen. Die Verbraucherzentralen, der Verbraucherschutzverein und der VZBV haben von Anfang an die Unwirksamkeit von Klauseln gegenüber AGB- Verwendern und Empfehlern grundsätzlich und – soweit bekannt – ausnahmslos in Form einer außergerichtlichen Abmahnung beanstandet und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Nach den veröffentlichten Statistiken 306 wurden und werden die weitaus meisten Beanstandungen außergerichtlich durch Abgabe einer Unterlassungserklärung erledigt. Mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wird die Wiederholungsgefahr als materiellrechtliche Voraussetzung für eine Unterlassungsklage ausgeräumt. Umgekehrt besteht die Wiederholungsgefahr bis zur Abgabe einer Unterlassungserklärung fort. Von diesem Grundsatz hat der BGH lediglich eine Ausnahme zugelassen: Auch ohne Abgabe der Unterlassungserklärung entfällt die Wiederholungsgefahr, wenn der Verwender von Anfang an die Berechtigung der Beanstandungen nicht bestreitet und seinen Vertragspartnern ausdrücklich mitteilt, er werde aus den unzulässigen Klauseln keine Rechte mehr herleiten 307 . Gesetzliche Vorgaben zu Inhalt und Form einer Abmahnung oder Unterlassungserklärung bestehen nicht. Da die Unterlassungserklärung die einem Urteil im Verbandklageverfahren entsprechende Wirkung entfalten soll, ist der Inhalt der Unterlassungserklärung an §§ 9, 11 UKlaG auszurichten. Dementsprechend gelten für den Inhalt der Abmahnung die Vorgaben aus § 8 UKlaG für den Klageantrag. IV. Einstweilige Verfügung Zu den frühen Kontroversen in Bezug auf die Verbandsklageverfahren des AGB-Gesetzes gehört die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen einstweilige Verfügungen gemäß §§ 935, 940 ZPO zur Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs zulässig sind. Die Kontroverse hat ihren Ursprung in einer Kehrtwendung des Gesetzgebers. Mit der Übernahme 302 Gesetz vom 03.04.2004, BGBl. I S. 1414. Das LG Flensburg – 6O 134/07- hat am 03.03.2008 200 € des VZBV als zulässig angesehen. 304 Richtlinie 98/27/EG ABl. Nr. L 166, S. 51 f. vom 19.05.1998. 305 Micklitz/Rott in Grabitz/Hilf/Wolf, A25 Art. 5 Rn 10. 306 Vgl. Jahresberichte des VSV 1978 bis 2000; des VZBV 2000 bis 2006 und Micklitz MüKo vor § 1 Rn 33. 307 BGH NJW 1981, 2412 BB 1982 , 703. 303 111 112 des Verbandsklagemodells aus dem UWG hätte es nahe gelegen, eine dem § 25 UWG (a. F.) entsprechende Regelung in das AGB- Verfahren aufzunehmen. Danach wird für Unterlassungsansprüche im Wettbewerbsrecht die für einstweilige Verfügungen gemäß §§ 935, 940 ZPO erforderliche Dringlichkeit vermutet und entfällt allenfalls, wenn der anspruchsberechtigte Antragsteller zwischen Kenntnis des Wettbewerbsverstoß und Antragstellung im Verfügungsverfahren längere Zeit abwartet. Im Teilbericht II 308 der Arbeitsgruppe des Bundesjustizministers war eine dem § 25 UWG entsprechende Vorschrift zur Erleichterung der Voraussetzungen für die Durchführung einstweiliger Verfügungsverfahren vorgesehen. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde diese Vorschrift allerdings nicht übernommen, was den Bundesrat zur Anrufung des Vermittlungsausschusses 309 veranlasste, jedoch ohne Erfolg. Nach Einführung des AGB-Gesetzes wurde die Zulässigkeit einstweiliger Verfügungen in Verfahren nach § 13 Abs. 2 AGBG uneinheitlich beurteilt. Die Befürworter sahen den Nutzen einstweiliger Verfügungen vor allem in der raschen Durchsetzung einer Unterlassung eindeutig unwirksamer Klauseln und damit einer breiten wirksamen Durchsetzung höchstrichterlich als unwirksam festgestellter Klauseln 310 . Die Gegner verwiesen vor allem darauf, dass eine dem § 25 UWG entsprechende Regelung im AGB-Gesetz nicht verwirklicht worden sei und das die Wirkungen des § 21 AGBG nur durch ein Urteil im Klageverfahren nicht aber durch Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren herbeizuführen seien. In der Rechtsprechung waren die jeweiligen Instanzen gegenteiliger Ansicht. Während die Landgerichte in zahlreichen Verfahren die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Dringlichkeit allein aus der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und dem Interesse des Anspruchsberechtigten an möglichst rascher Untersagung als gegeben ansehen 311 , sind die Oberlandesgerichte dieser Rechtsprechung nahezu durchgehend nicht gefolgt und haben Anträge auf einstweilige Verfügung abgewiesen 312 . Soweit ersichtlich hat lediglich das OLG Hamburg mit Urteil vom 10.06.1981 313 in einem einstweiligen Verfügungsverfahren der Verbraucherzentrale Hamburg gegen einen Reiseveranstalter eine Stornopauschale für unwirksam erklärt. Zur Begründung verweisen die Oberlandesgerichte darauf, dass zwar auch in Verbandsklageverfahren nach § 13 AGBG einstweilige Verfügungen zulässig seien. Die Dringlichkeit als Verfügungsgrund gemäß §§ 935, 940 ZPO werde jedoch nicht vermutet, weil eine dem § 25 entsprechende Regelung im AGBG nicht besteht. Die Dringlichkeit könne auch nicht aus der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen generell begründet werden, sondern sei für jeden einzelnen Gesetzesverstoß vom Antragsteller nachzuweisen. Damit haben die Oberlandesgerichte die Hürden für die Durchführung einstweiliger Verfügungsverfahren zur Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs bei AGB-Verstößen so hoch gelegt, dass die Verbraucherverbände in der Folgezeit von diesem Instrument keinen Gebrauch mehr gemacht haben. 308 Teilbericht II S. 57. BT Drucks. 7/ 3919 S. 47 ff. 310 Ulmer/Brandner/Hensen AGBG 3. und folgende Auflagen ab 1982 , § 15 Rnr 13 u. 14; Löwe u. a. AGBG 1. Auflage 1977, § 15 Rn 19. 311 LG Bremen vom 04.11.1987 – 1 O 2981/ 1987; LG Frankfurt/Main vom 25.08.1987 – 2 / 13 O 299/87 NJW 1988, 499; LG Koblenz vom 23.01.1986 - 3 HO 14 /86, LG Bamberg vom 04.09.1985 – 1 O 256 /; LG Frankfurt /Main vom 20.08.1985 - 2/ 13 O 275/85; LG Düsseldorf vom 08.05.1985 – 12 O 163/ 85. 312 OLG Hamm vom 06.02.1986 – 17 U 201/85; OLG Frankfurt/Main vom 27.09.1988 – 6 W 98/88 NJW 1989, 1489; OLG Düsseldorf vom 29.12.1988- 6 U 206/88 BB 1989, 1078; KG vom 09.03.1988 – 23 W 1114/ 88. 313 OLG Hamburg vom 10.06.1981 – 5 U 78/81 – in NJW 1981, 2420. 309 112 113 Eine Änderung dieser Rechtslage ist ein weiteres Mal auf den Einfluss des Gemeinschaftsrechts zurückzuführen. In Art. 2 Abs. 1 b der Richtlinie 98/27/ EG zur grenzüberschreitenden Verbandsklage wurde ausdrücklich geregelt, dass zu den Unterlassungsklagen auch diejenigen Rechtsbehelfe gehören, die im Rahmen eines Dringlichkeitsverfahren dazu dienen, einen Rechtsverstoß einzustellen oder zu verbieten. Der Gesetzgeber hat mit der Novelle des AGB-Gesetzes aus dem Jahre 2000 diese gemeinschaftsrechtliche Vorgabe mit einem Verweis auf die Anwendung des §§ 25 UWG in § 15 Abs. 1 AGBG reagiert. Inzwischen finden sich die entsprechenden Regelungen in § 5 UKlaG, der auf § 12 Abs. 2 UWG verweist. Ob die geänderte Gesetzeslage seit dem Jahre 2000 eine spürbare Zunahme von einstweiligen Verfügungen in AGB Unterlassungsverfahren bewirkt hat, ist bisher nicht festzustellen. V. Zusammenfassung des 3. Kapitels Mit den Novellierungen der verfahrensrechtlichen Bestimmungen des AGB-Gesetzes und mit der Schaffung des UKlaG sind inzwischen eine Reihe von ursprünglich vorhandenen Defiziten des Kontrollverfahrens behoben worden. Dies betrifft die gesetzliche Regelung der Abmahnung und damit der Unterlassungserklärung als Voraussetzung für den Wegfall der Wiederholungsgefahr. Dazu gehört auch die Vereinfachung der Einleitung von einstweiligen Verfügungsverfahren und die Begrenzung des Prozesskostenrisikos durch die Einführung der Streitwertbegünstigung in § 5 UKlaG. Zu den Defiziten gehören der Wegfall des Informationssystems gemäß § 20 AGBG ohne angemessenen Ersatz und die begrenzte Breitenwirkung selbst höchstrichterlicher Entscheidungen. Nachteilig ist auch, dass ein Verfahren zur Folgenbeseitigung und damit zum Ausgleich von Ansprüchen der durch unwirksame AGB-Klauseln benachteiligten Verbraucher bisher nicht geschaffen wurde. Zwar ist die ursprünglich in § 21 AGBG geregelte Drittwirkung auch in § 11 UKlaG übernommen worden. Eine Ausweitung dieser Drittwirkung etwa dahin, dass sich auch Vertragspartner anderer als des verurteilten Verwenders auf die gerichtlich festgestellte Unwirksamkeit einer Klausel berufen können oder gar dahin, dass der verurteilte Verwender verpflichtet wird, seine Vertragspartner so zu stellen, als wäre die unwirksame Klausel nicht Vertragsbestandteil geworden, wurde nicht eingeführt. Ob und inwieweit die Vorschriften über die Zuständigkeit deutscher Verbraucherverbände zur Einleitung von Unterlassungsverfahren bei grenzüberschreitender Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausreichend sind, bleibt abzuwarten. Mit der Einführung von § 4a UKlaG durch das Gesetz zur Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze bei innergemeinschaftlichen Verstößen 314 hat der Gesetzgeber auf der Grundlage der Verordnung 2006/2004 EG einen ersten Schritt in diese Richtung getan. Die Notwendigkeit die Kontrollkompetenz der klagebefugten Verbände, insbesondere der Verbraucherverbände in diese Richtung zu erweitern, ist bereits abzulesen an den Verfahren zu den Bedingungen der Fluggesellschaften und der Anbieter von Internetdienstleistungen. Sie wird in Zukunft noch verstärkte Bedeutung erlangen. 4. Kapitel: Ausblick und Perspektiven Die Geschichte des AGB-Gesetzes geht weiter. Die Verbandsklageaktivitäten der Verbraucherzentralen und des VZBV in den letzten Jahren zeigen, dass die Notwendigkeit gerichtlicher Überprüfung von AGB-Klauseln in vielen sensiblen Verbraucherbereichen eher 314 BGBl. I, S. 3367. 113 114 zugenommen hat. Zu diesen sensiblen Bereichen gehören u. a. die Energieversorgung, der Gesundheitsbereich, der Finanzdienstleistungsbereich und der Bereich Bauen und Wohnen. Es handelt sich um Bereiche, in denen fraglich ist, ob Verbraucher nachteiligen AGB durch Anbieterwechsel überhaupt entgehen können. Umso wichtiger ist die gezielte Inhaltskontrolle anhand der von der Rechtsprechung in den letzten 30 Jahren entwickelten Maßstäbe zur Inhaltkontrolle. 1. AGB der Energieversorger Elektrizität, Gas , Wasser Die Musterverfahren zu Preiserhöhungen der Gasversorgungsunternehmen, die von mehreren Verbraucherzentralen geführt werden, sind durchweg erfolgreich. Das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen hat mit Urteil vom 16.11.2007 315 in einer von der Verbraucherzentrale Bremen organisierten Sammelklage festgestellt, dass die Preiserhöhungen des örtlichen Gasversorgungsunternehmens zwischen dem 01.10.2004 und dem 30.09.2006 ohne vertragliche Grundlage vorgenommen wurden und deshalb unzulässig sind. Der beklagte Gasversorger hatte sich auf eine Preiserhöhungsklausel in seinen AGB zur Begründung für die Zulässigkeit der von ihm verlangten Preiserhöhung berufen. In der dagegen von den Gasvertragskunden als Sonderabnehmer in Form einer Sammelklage von 59 Erdgaskunden erhobenen Feststellungsverfahren hatte bereits das Landgericht Bremen im Mai 2006 316 die Unwirksamkeit der Preisänderungsklauseln festgestellt und der Klage stattgegeben. Die Feststellung der Unwirksamkeit bezog sich auf unterschiedliche Fassungen von Preiserhöhungsklauseln, die die Beklagte zwischen 1990 und 2002 mehrfach geändert hatte. Das OLG Bremen bestätigt diese Entscheidung und begründet die Unwirksamkeit der Klauseln damit, dass sie entgegen den Geboten von Treu und Glauben den Vertragspartner des Gasunternehmens unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 BGB). Die Kläger könnten den Umfang der auf sie zukommenden Preissteigerungen aus den Formulierungen der Preisänderungsklausel nicht erkennen. Den von der Beklagten verwendeten Klauseln fehle es an einer hinreichend klaren und nachvollziehbaren Beschreibung der für eine Preiserhöhung maßgeblichen Bezugsfaktoren und deren Gewichtung für die Kalkulation des Gaspreises. Eine Preisänderung im Wege der einseitigen Leistungsbestimmung durch die Beklagte gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ABVGasV bzw. § 315 BGB komme ebenfalls nicht in Betracht. Daraus folge, dass den Verträgen eine wirksame Vereinbarung über die Preisanpassung fehle. Besonders bemerkenswert ist an dieser Entscheidung, dass das OLG Bremen auch eine Preiserhöhung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nicht vornimmt 317 . Es fehle zwar für Gaspreiserhöhungen an einer dispositiven gesetzlichen Regelung, die anstelle der unwirksamen Preisänderungsklauseln treten könnte. Für eine ergänzende Vertragsauslegung im Sinne der Rechtsprechung der BGH fehle aber der objektiv generalisierende Maßstab dafür, welche Regelungen die Parteien getroffen hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Klausel bei Vertragsabschluss bekannt gewesen wäre. Da sich das beklagte Gasversorgungsunternehmen in dem Verfahren geweigert hat, seine Kalkulation zur Begründung der Preisänderung vorzulegen, fehle es auch an den erforderlichen Anknüpfungstatsachen, um im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine Preisänderung zu ermitteln, die den Interessen beider Parteien entspricht. Der ersatzlose Wegfall der angefochtenen Klauseln führe nicht zu derart unbilligen Vorteilen der Kläger, die das Vertragsgefüge in nicht mehr vertretbarer Weise einseitig zu Lasten der Beklagten verschiebe. Die Beklagte habe die Möglichkeit, das Vertragsverhältnis mit einer Frist von drei Monaten vor Ablauf der jeweiligen Laufzeit zu kündigen und Verträge mit wirksamen Klauseln 315 OLG Bremen vom 16.11.2007 – 5 U 42/06 BeckRS 2007 19172. LG Bremen vom 24.05.2006- 8 O 1065/05 LSK 2006, 310458. 317 dazu Halfmeier VUR 2006, 417 / 418. 316 114 115 abzuschließen. Aus diesem Grund scheidet auch eine Gesamtnichtigkeit der Verträge gemäß § 306 Abs. 3 BGB aus. Diese Rechtsprechung hat sich noch nicht durchgesetzt. Das OLG Celle 318 hat mit Urteil vom Januar 2008 in einem Verbandsklageverfahren der Verbraucherzentrale Bremen, die Preiserhöhungsklauseln eines weiteren kommunalen Gasversorgers für wirksam erklärt. Die Klausel unterscheidet sich allerdings von den Preisänderungsklauseln im Verfahren vor dem OLG Bremen dadurch, dass sie ein Kündigungsrecht zugunsten der Abnehmer für den Fall einer Preiserhöhung vorsieht. Beide Entscheidungen sind nicht rechtskräftig. Beim Kammergericht in Berlin ist eine Klage, organisiert von der VZ Berlin, anhängig, in einem Verfahren, in dem bereits das Landgericht Berlin die Preiserhöhungsklausel in den Vertragsbedingungen für Sonderkunden für unwirksam erklärt hatte. Der BGH hat in dem Sammelklageverfahren, das die Verbraucherzentrale Sachsen organisiert hat, mit Urteil vom 29. April 2008 319 , die Preiserhöhung des beklagten Gasversorgungsunternehmens zwischen Juli 2005 und April 2006 für unzulässig erklärt. Die in diesen AGB enthaltene Preiserhöhungsklausel ist nach Auffassung des Kartellsenats des BGHs als Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Bei Anwendung der kundenfeindlichsten Auslegung berechtige die Klausel die Beklagte zwar zur Preiserhöhung, verpflichte sie aber nicht, bei einem veränderten Gaseinkaufspreis den Lieferpreis anzupassen. Damit sei die Beklagte nicht verpflichtet, die Bezugspreise ihrer Sonderabnehmer, nach gleichmäßigen Maßstäben zu bestimmten Zeitpunkten an den Einstandspreis anzupassen, unabhängig davon, in welcher Richtung sich der Einstandspreis ab Vertragsschluss oder seit der letzten Preisanpassung entwickelt habe. Dass diese Entscheidungspraxis nicht auf Preiserhöhungen in Gasbezugsverträgen beschränkt bleibt, ist der Entscheidung des OLG Schleswig vom 15.11.2007 320 in dem Verfahren des VZBV gegen Eon-Hanse AG zu entnehmen. Darin wird die Preiserhöhungsklausel in Stromlieferverträgen für Elektrospeicherheizungen als Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB für unwirksam erklärt. Mit der Klausel hatte sich die Beklagte das Recht vorbehalten, die Preise anzupassen, sofern sich die Kosten für die Beschaffung und Verteilung der elektrischen Energie ändern. Das OLG Schleswig erklärt auch eine andere Fassung der Preisänderungsklausel für unwirksam, mit der sich die Beklagte das Recht vorbehält, den Strompreis zu erhöhen oder zu ermäßigen, wenn nach Vertragsabschluss erlassene Gesetze oder sonstige behördliche Maßnahmen, die Wirkung haben, dass die Erzeugung, der Bezug, die Fortleitung, die Verteilung oder die Abgabe von elektrischer Energie unmittelbar verteuert oder verbilligt wird. Ob in Ansehung des BGH-Urteils vom 29.04.2008 zur Gaspreisklausel, diese Klausel auch vor dem BGH keinen Bestand hätte, ist unsicher. Notwendig ist mithin zu unterschiedlichen Klauselgestaltungen jeweils eine höchstrichterlicher Klärung. Das Verfahren enthält einen weitergehenden Aspekt, weil es zeigt, dass nicht nur Preisänderungsklauseln, sondern auch andere Regelungsbereiche in den Tarifbedingungen der Energieversorger für Verträge mit Sonderkunden der Inhaltskontrolle nicht Stand halten. Eine Leistungsänderungsklausel, in der sich Eon-Hanse das Recht vorbehält, bei sich ändernden Belastungsverhältnissen in der Energiebeschaffung, die Heizstromleistung anzupassen ist ebenfalls unzulässig (Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB). Daraus ist zu entnehmen, dass Klärungsbedarf in Bezug auf die AGB der Energieversorger auch 318 OLG Celle vom 17.01.2008 – 13 U 152/07 NJOZ 2008, 1466. KZR 2 /07 d. 320 OLG Schleswig Beschluss vom 15.11.2007- 2 U 1 /07. 319 115 116 bezüglich anderer Klauseln besteht. Zu denken ist insbesondere an Freizeichnungsklauseln. Ob sich die Rechtsprechung des BGH zu den Haftungsbestimmungen der AVBElt für Verträge mit Tarifkunden 321 auch auf den Sonderkundenbereich übertragen lässt, ist nicht sicher und bedarf näherer Prüfung. Laufzeitklauseln dürften dagegen nach der hierzu ergangenen Rechtsprechung 322 keine benachteiligenden Regelungen mehr enthalten. Soweit § 310 Abs. 2 BGB die Anwendung der §§ 308 und 309 BGB auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme und Wasserversorgungsunternehmen mit Sonderabnehmern ausschließt, soweit diese nicht zum Nachteil der Abnehmer von den entsprechenden Verordnungen abweichen, ist daraus eine Beschränkung der Inhaltskontrolle nicht zu befürchten. Zum einen ist die Anwendung von § 307 BGB nicht beschränkt und bleibt anwendbar, wenn die Bedingungen von den AVBVO nicht abweichen. Dies folgt aus der besonderen Vertragsbeziehung zwischen Unternehmen und Sonderkunden, auf die die AVBVO nicht zugeschnitten sind. Zum anderen bleiben die §§ 308 und 309 BGB anwendbar, soweit von den AVB zu Lasten der Tarifkunden abgewichen wird. In diesem Fall markieren die AVBVO den vertragsrechtlichen Mindeststandard. Eine Überprüfung der AGB in Verträgen mit Sonderabnehmern ist nach Liberalisierung des Energiemarktes 1998 im Prüfspektrum der Verbraucherverbände. 2. AGB im Gesundheitsbereich Im Gesundheitsbereich ist, soweit ersichtlich bisher die Wirksamkeit von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor allem Gegenstand von Individualverfahren gewesen. Zum Gesundheitsbereich gehören Verträge mit Ärzten über Privatleistungen, Chefarztverträge und Krankenhausverträge. Die Rechtsprechung in Individualrechtsstreitigkeiten hat sich zur Wirksamkeit einer Abtretungsklausel in einer Honorarvereinbarung, zur Abrechnung durch eine ärztliche Abrechnungsstelle geäußert 323 und zum Honoraranspruch des Arztes für einen vereinbarten aber vom Patienten nicht eingehaltenen Termin 324 sowie zu den Krankenhausentgelten für Wahlleistungen 325 . Dass aufgrund eines Pflegekostentarifs für Wahlleistungen der Aufnahme- und Entlassungstag voll zu bezahlen ist, unterliegt nach Auffassung des BGH nicht der Inhaltskontrolle 326 und würde im Übrigen auch einer Inhaltskontrolle standhalten 327 . Unzulässig ist dagegen, die zugunsten des Krankenhauses in AGB eröffnete Möglichkeit eine Wahlleistungsvereinbarung jederzeit fristlos kündigen zu können 328 . In Chefarztverträgen ist die Wirksamkeit sogenannter Vertreterklauseln umstritten 329 . Mit derartigen Klauseln soll der Anspruch für das Chefarzthonorar auch dann fällig werden, wenn die Leistung durch andere leitende Ärzte erbracht wird. Unwirksam dürfte eine 321 BGH NJW 2004, 2161; BGH NJW 2005, 2919. BGH NJW 1987, 1622; OLG Hamm DB 1996, 2608; zur Kartellrechtlichen Kontrolle von Fernwärme AGB nach § 22 GWB a. F.: BGH WM 1985, 490. 323 BGH NJW 1991, 2955; BGH NJW 1992, 2348. 324 AG Bremen, NJW –RR 1996, 818. 325 BGH NJW 1996, 781; BGH NJW 1998, 1778. 326 BGH NJW 1999, 864. 327 Wolf u. a. AGBG § 9 Rn K 23. 328 OLG Düsseldorf NJW- RR 1988, 884. 329 Schwabe ZRP 1987, 270; Kubis NJW 1989, 1512, Kramer NJW 1996, 2398, Kuhla NJW 2000, 841, Miebach/Patt NJW 2000, 3377. 322 116 117 Vertreterklausel jedenfalls dann sein, wenn sie sich auf eine Vielzahl von Krankenhausärzten als Vertreter bezieht, da das erhöhte Honorar für die persönliche Leistung des Chefarztes geschuldet ist 330 . Klauseln über die Erfüllung der ärztlichen Aufklärungspflicht können als unzulässige Tatsachenbestätigungen gegen § 309 Nr. 12 b BGB verstoßen. Zulässig ist allenfalls eine gesonderte Bestätigung darüber, dass überhaupt ein Aufklärungsgespräch stattgefunden hat 331 . Das Recht des Patienten auf Einsicht in die Krankenunterlagen und auf Überlassung von Kopien gemäß § 810 BGB kann durch AGB nicht beschränkt werden 332 . Zu prüfen sind in den Krankenhausbedingungen insbesondere Haftungsbeschränkungen 333 auch für verwahrte Sachen des Patienten und für die ordnungsgemäße ärztliche und pflegerische Leistung 334 . Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat im Jahre 2003 die vierte Fassung ihrer Allgemeinen Vertragsbedingungen für Krankenhäuser als Konditionenempfehlung angemeldet 335 . AGB-rechtliche Fragen stellen sich im Hinblick auf die Entgeltabrechnung (§ 5 AVB), die Vorauszahlungsklausel, die Obduktionsklausel (§ 12 AVB) und die Regelung der Verbindlichkeit über die Hausordnung in § 14 AVB. Zweifelhaft ist auch, ob die Regelung in § 15 Abs. 4 AVB wirksam ist, wonach im Krankenhaus zurückgelassene Sachen (außer Wertsachen) in das Eigentum des Krankenhauses übergehen, wenn sie nicht innerhalb von 12 Wochen nach Aufforderung abgeholt werden. Nicht zu beanstanden ist dagegen wohl die vom BGH bereits gebilligte Klausel zum Haftungsausschluss, bei leichter Fahrlässigkeit für Schäden an eingebrachten Sachen des Patienten, die in seiner Obhut verbleiben 336 . Dagegen ist die Zahlungspflicht des Patienten, bei Nichtbestehen einer gesetzlichen Krankenversicherung oder tatsächlicher Inanspruchnahme von Wahlleistungen zumindest bedenklich, wenn hierüber nicht bei Aufnahme in das Krankenhaus bzw. bei Inanspruchnahme der Wahlleistung ausdrücklich aufgeklärt wird. Insgesamt besteht Prüfbedarf für die AGB in Krankenhaus- und Arztverträgen, die auch zum Gegenstand von Verbandsklageverfahren gemacht werden können. 3. AGB für Finanzdienstleistungen Im Bereich der Finanzdienstleistungen haben die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken und Versicherungen eine besondere Bedeutung für Verbraucher, weil sie einerseits das Produkt beschreiben und andererseits die Rechte und Pflichten der Vertragspartner festlegen. Die Bedeutung der Inhaltskontrolle durch AGB- Verbandslageverfahren in diesem Bereich erschließt sich bereits aus dem im 2. Kapitel dargestellten Ergebnissen der Rechtsprechung zu Versicherungs- und Bankbedingungen. Zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen ist mit dem Wegfall des Erfordernisses einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung ab dem 29.07.1994 die nur für behördlich genehmigte AGB gemäß § 23 Abs. 3 AGBG a. F. vorgesehene Vereinfachung der Einbeziehung in den 330 OLG Stuttgart, VUR 2002, 218; LG Konstanz VersR 2003, 867; LG Mosbach VersR 2003 ,870, AG Tübingen RuS 2002, 434. 331 BGH NJW 1985, 1399. 332 Wasserburg NJW 1980,617. 333 BGH NJW 1990 , 761. 334 OLG Köln VersR 1989, 372, OLG Düsseldorf NJW –RR 1988, 884. 335 BAnz. 2003, 647. 336 BGH NJW 1990, 761. 117 118 Versicherungsvertrag gegenstandslos geworden. Die für Krankenversicherungen- und Pflichtversicherungen gemäß § 5 Abs. 5 Nr. 1 VAG vorgesehene Verpflichtung zur Einreichung der Versicherungsbedingungen beim Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFinA) ist kein Genehmigungserfordernis bezogen auf die Vertragsbedingungen. Die gerichtliche Inhaltskontrolle hat nach Wegfall der präventiven Genehmigungspflicht eine noch größere Bedeutung gewonnen. Eine zusätzliche Bedeutung erhält die Prüfung der Versicherungsbedingungen durch die VVG-Reform 2008 337 . Das geänderte Versicherungsvertragsgesetz ist am 1. Januar 2008 in Kraft getreten. Auf Altverträge, die bis zum Inkraftreten des Gesetzes abgeschlossen wurden, ist im bis zum 31. Dezember 2008 das Versicherungsvertragsrecht in der früheren Fassung anzuwenden. Entscheidend für die AGB-Kontrolle ist, dass die Versicherer bis zum 1. Januar 2009, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Altverträge mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 ändern können, soweit sie von den Vorschriften des neuen Versicherungsvertragsgesetzes 2008 abweichen (EG VVG Art. 1 Abs. 3). Die Änderungen gelten dann mit Wirkung ab 1. Januar 2009. Sie sind unter Kenntlichmachung der Unterschiede, spätestens einen Monat vor diesem Zeitpunkt dem Versicherungsnehmer in Textform mitzuteilen. Das EG VVG regelt nicht die Rechtsfolgen einer unterbliebenen Anpassung der AVB an die neue Rechtslage. Es ist davon auszugehen, dass Klauseln, die nach dem 01.01.2009 nicht mit den neuen gesetzlichen Bestimmungen des VVG im Einklang stehen, als Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sind. Einer gezielten Überprüfung bedürfen auch die Änderungen der Versicherer aus mehreren Gründen: Soweit das VVG 2008 ausfüllungsbedürftige Bestimmungen enthält, ist im Rahmen der Inhaltskontrolle zu überprüfen, ob die geänderten AVB den gesetzlichen Rahmen einhalten. Nicht auszuschließen ist auch, dass Versicherer über die mit Artikel 1 Abs. 3 EG VVG eröffnete Befugnis zur einseitigen Änderung der AVB hinaus, andere Teile der AVB ändern. Die Inhaltskontrolle Allgemeiner Versicherungsbedingungen ist dadurch erschwert, dass in Deutschland mit dem Prinzip der benannten Gefahren gearbeitet wird. Versichert wird nur das, was in den Versicherungsbedingungen ausdrücklich benannt wird. Somit die Klauseln sind, die einen Leistung beschreibenden, Risiko begrenzenden Inhalt haben, der Inhaltskontrolle entzogen. Darunter werden Klauseln verstanden, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann 338 . Abhilfe könnte die Schaffung eines neuen gesetzlichen Leitbildes im VVG bringen. In Großbritannien geht man gesetzlich vom Prinzip der Allgefahrenabsicherung aus. Danach ist das versicherte Objekt zunächst gegen sämtliche Gefahren abgesichert. Möchte der Versicherer von diesem Grundsatz abweichen, muss er den Verbraucher ausdrücklich auf die Einschränkungen im Versicherungsschutz hinweisen. Damit wären primäre Leistungsausschlüsse unter dem Blickwinkel der Transparenz oder dem Aspekt der Begrenzung von Kardinalpflichten auch im Wege des kollektiven Verbraucherrechtsschutzes überprüfbar. 337 gemäß Beschluss des Deutschen Bundestages vom 05.07.2007 BT-Drucksache 583/07. BGH VersR 1987, 712; BGH VersR 1993, 830; BGH VersR 1993, 957; BGH NJW-RR 1996, 595; Weber VersR 1986, 1; Dreher VersR 1995, 245; Schirmer: Symposion 80 Jahre VVG , S. 553;Reinhard VersR 1996, 497. 338 118 119 Bis dahin muss auf die bisherigen Instrumentarien zurückgegriffen werden, wobei sich der Anwendungsbereich einer möglichen inhaltskontrolle durch das neue VVG erweitert hat. Zu prüfen sind insbesondere Klauseln über Obliegenheitsverletzungen, Fristenklauseln, Sicherheitsvorschriften in der Sachversicherung, Prämienund Bedingungsanpassungsklauseln, Regelungen zur Überschussbeteiligung in der Lebensversicherung, Mitwirkungspflichten des VN in der Krankenversicherung, Tarifausschlüsse- und Leistungsbeschränkungen, soweit sie den oben dargestellten kontrollfreien Bereich überschreiten. Bankbedingungen hatten in der bisherigen Kontrollpraxis der Verbraucherverbände ihren Schwerpunkt in den Entgeltklauseln, vor allem bei Entgelten für Einzelleistungen in Sparund Giroverträgen. Andere Bankbereiche, insbesondere des Anlagengeschäftes, waren - von Ausnahmen abgesehen (Depotgebühren) - bisher, erst in neuerer Zeit Gegenstand von Verbandsklageverfahren. Der VZBV hat im Jahre 2005 Klauseln in den Bedingungen einer Bank für telefonische oder per Fax erteilte Aufträge und für die Erteilung von bankseitigen Informationen per Fax oder e-mail abgemahnt. Es geht dabei um Haftungsfreizeichnungsklauseln für Verzögerungen in der Auftragsausführung beim Kauf von Wertpapieren aufgrund von zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen oder aufgrund eines der Bank entstehenden Fälschungsverdachts. Das Verfahren wurde mit einer Unterlassungserklärung abgeschlossen. In einem weiteren Verfahren geht es um die Geschäftsbedingungen für DWS-Depots. Hier beanstandet der VZBV eine Regelung zur Vertriebsvergütung als Verstoß gegen § 31 d Abs. 1 und Abs. 3 WpHG. Als unwirksam beurteilt werden außerdem Klauseln, wonach Vertriebsvergütungen der Emittenten von Wertpapieren der depotführenden Stelle verbleiben sollen und ein Anspruch des Anlegers gegen die depotführende Stelle auf Herausgabe der Vertriebsvergütung nicht entsteht. Darin liegt eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB durch Abweichung von der gesetzlichen Grundregel in § 667 BGB, wonach der Beauftragte verpflichtet ist, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. Das Verfahren ist inzwischen beim Landgericht Frankfurt/ Main anhängig. In einem weiteren Verfahren vor dem Landgericht Hannover wird die Wirksamkeit von Haftungsbegrenzungsklauseln und Verjährungsklauseln aus den Bedingungen des AWD zur Vermittlung eines geschlossenen Immobilienfonds überprüft. Das Landgericht Hannover hat die Haftungsklausel für wirksam und die Verjährungsklausel für unwirksam erklärt 339 . Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Zu denken ist hier insbesondere an Haftungsklauseln, für die Ausführung von Aufträgen und für Anlageempfehlungen. Zum Bereich des Anlagengeschäftes gehören nicht nur die AGB der Banken, sondern auch Kapitalbeteiligungen an Fonds in Form einer KG oder als atypisch stille Gesellschaftsbeteiligung. Zwar ist die Anwendung der Inhaltskontrolle gemäß § 310 Abs. 4 BGB auf Gesellschaftsverträge ausgeschlossen 340 . Die Reichweite dieses Ausschlusses ist aber nicht gesichert. Für Publikumsgesellschaften, die einer großen Zahl von Mitgliedern offen stehen, ist die Nichtanwendung der AGB-Vorschriften nicht mit gleicher Eindeutigkeit zu verneinen 341 . In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird zum Teil vertreten, dass auf Verträge über die Beteiligung von Verbrauchern an Immobilienfonds und anderen Kapitalanlagegesellschaften abweichend von § 310 Abs. 4 BGB die Anwendung der 339 LG Hannover v. 08.04.2008- 18 O 256/07. BGH, Urteil v. 10.10.1994, II ZR 32/94 zu § 23 Abs. 1 AGBG in Bezug auf eine stille Gesellschaftsbeteiligung NJW 1995, 192. 341 Vgl. Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht, 10. Aufl., § 310 Rn 120. 340 119 120 Vorschriften des AGB-Rechts aufgrund richtlinienkonformer Auslegung geboten sei 342 . Auch die Rechtsprechung einzelner Oberlandesgerichte tendiert in diese Richtung 343 . Da der Bereich der Kapitalanlagen im sogenannten grauen Kapitalmarkt mit erheblichen Belastungen für Verbraucher verbunden ist (Schrottimmobilien und atypisch stille Beteiligungen) wäre es de lege ferenda wünschenswert, Ausnahmen von der Nichtanwendungsregel des § 307 Abs. 4 BGB für bestimmte Kapitalanlagen in gesellschaftsrechtlicher Form zuzulassen. 4. AGB der Bauverträge Der Vertragsinhalt von Bauverträgen ist weitgehend durch Allgemeine Geschäftsbedingungen geprägt. Zu den Bauverträgen gehören die Fertighausverträge und Werkverträgen über einzelne Baumaßnahmen als Aufbau- oder Umbaumaßnahmen. Die Verträge unterliegen uneingeschränkt der Inhaltskontrolle, soweit sie nicht die VOB/B insgesamt und unverändert zugrunde legen. Die Baubranche ist nach Einschätzung des VZBV dazu übergegangen in der überwiegenden Zahl der Fälle, geschätzt 70 bis 80 % aller privaten Bauvorhaben, die VOB/B zugrunde zu legen. In diesen Fällen sind die Klauseln nach ständiger Rechtsprechung nicht überprüfbar. Diese von der Rechtsprechung praktizierte Freistellung der VOB/B als sogenanntes ausgewogenes Klauselwerk, dürfte nicht im Einklang stehen mit der Richtlinie 93/13/ EWG 344 . Der vom VZBV in dem Verfahren gegen den Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss wegen der Unwirksamkeit von insgesamt 24 Klauseln der VOB/B geführte Rechtsstreit liegt zurzeit zur Entscheidung beim BGH 345 . Die entscheidende Frage, ob die VOB/B nach der Legalausnahme des Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 von der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 – 309 BGB auszunehmen sei, wurde von den Vorinstanzen346 verneint. Außerhalb der VOB/B werden in zahlreichen Fertighaus- und Bauverträgen Klauseln verwendet, die für Verbraucher nachteilig sind. Dies betrifft Preis- und Zahlungsregelungen, Gewährleistungs- und Haftungsklauseln, Kündigungsregelungen und Klauseln zur Modifizierung des Vertragsinhalts in Form von Leistung - Änderungen bzw. Preisänderungen aufgrund fiktiver Vereinbarungen über geänderte Leistungen. Beispiele hierfür sind Klauseln, die Änderungen erlauben, die nicht zu den Wünschen des Auftraggebers im Widerspruch stehen 347 . Die Rechtsprechung hatte in der Vergangenheit vielfältig Gelegenheit vor allem in Individualrechtsstreitigkeiten die Wirksamkeit einzelner Klauseln in Bauverträgen zu überprüfen 348 . Wegen der großen wirtschaftlichen Bedeutung von Bauverträgen für Verbraucher ist eine systematische Auswertung der bisherigen Rechtsprechung mit entsprechenden Schlussfolgerungen für eine gezielte Überprüfung einzelner Regelungsbereiche in AGB-Verbandsklageverfahren angezeigt. 342 Grundmann JZ 1996 , 274; Heinrichs NJW 1996, 2190 und NJW 1998, 1447. Vgl. Kammergericht WM 1999, 731; OLG Oldenburg NZG 1999, 896; OLG Frankfurt WM 2004, 991 344 Micklitz Bauverträge mit Verbrauchern und die VOB Teil B, Zur Bedeutung der Richtlinie 93/13 EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, Schriftenreihe der Verbraucherzentrale Bundesverband zur Verbraucherpolitik Band II, 2005. 345 VII ZR 55/07. 346 Kammgericht vom 15.02.2007 – 23 U 12/06-; LG Berlin vom 07.12.2005- 26 O 46 / 05 NZBau 2006, 182. 347 LG Itzehoe in Bunte AGBE I, 569. 348 vgl. Rechtsprechungsnachweise von Christensen in Ulmer/Brandner/ Hensen AGB-Recht (10. Auflage), Anhang § 310 BGB , Rn 192 – 195. 343 120 121 5. Defizite der AGB- Verbandsklage Trotz einiger wesentlicher Nachbesserungen des Gesetzgebers in den Regelungen zum AGBVerbandsklageverfahren, ist nicht zu übersehen, dass nach wie vor mit den Verfahren in der bisherigen gesetzlichen Ausgestaltung das angestrebte Ziel einer breitenwirksamen Bereinigung des Rechtsverkehrs von unwirksamen Klauseln nicht oder jedenfalls nicht mit einem vertretbaren Aufwand zu erreichen ist. Man kann dafür die sehr zurückhaltende Kontrolltätigkeit der Wirtschaftsverbände und die unangemessen geringe finanzielle Ausstattung der Verbraucherverbände als Ursache benennen 349 , damit allein ist das Problem aber nicht ausreichend beschrieben. Vielmehr ist das verfahrensrechtliche Instrumentarium noch immer nicht auf den Verfahrenszweck einer überindividuellen Kontroll- und Prüffunktion im Interesse der Allgemeinheit zugeschnitten 350 . Als erstes und wichtigstes Problem ist auch an dieser Stelle erneut auf die fehlende Breitenwirksamkeit gerichtlicher Entscheidungen hinzuweisen. Anschauliches Beispiel dafür sind die Verfahren des VSV wegen der Laufzeitklauseln in Versicherungsverträgen und wegen der Preisklauseln der Banken. Selbst höchstrichterliche Entscheidungen verpflichten nur den jeweiligen Beklagten und werden nicht ohne weiteres auf inhaltsgleiche Klauseln auch nur der gleichen Branche übertragen. Zwar ist mit der Einführung der Dringlichkeitsvermutung bei Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (jetzt § 5 UKlaG unter Verweis auf § 12 UWG) ein Hindernis für den schnellen Rechtsschutz beseitigt und damit die Möglichkeit zur breitenwirksamen Durchsetzung höchstrichterlicher Rechtsstandards verbessert worden. Gleichwohl bleibt natürlich die Notwendigkeit für diese Rechtsdurchsetzung wiederum gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Als Lösungen bieten sich verschiedene Maßnahmen an. Nach wie vor nicht endgültig zu den Akten gelegt, ist der Vorschlag, der schon von der AGB-Kommission aus der Entstehungsphase des AGBGesetzes stammt, Muster-AGB mit Leitbildfunktion branchenspezifisch aufzustellen. Als Institutionen hierfür könnten Kommissionen gebildet werden aus Vertretern der jeweiligen Branche, der Verbraucherverbände, der Rechtswissenschaft und den oberen Gerichten. Als Anreiz für die Verwendung dieser Muster-AGB käme eine zumindest zeitlich begrenzte Freistellung von einer gerichtlichen Kontrolle in Betracht. Dies hat die Rechtsprechung zur VOB Teil B bisher praktiziert, obwohl erhebliche Zweifel daran bestehen, dass die VOB/ B ein in sich ausgewogenes und angemessenes Vertragsgefüge für Bauverträge darstellt. Verbesserungsbedürftig ist im Interesse einer größtmöglichen Breitenwirkung die Verkürzung des Instanzenzuges, die im Übrigen auch zur Einsparung von Justizkosten beiträgt. Auch hierfür könnte der Vorschlag der AGB-Kommission aufgegriffen werden und die erstinstanzliche Zuständigkeit den Oberlandesgerichten zugewiesen werden. Der zu behandelnde Tatsachenstoff nötigt nicht zu zwei Tatsacheninstanzen. Auch der Vorschlag von Löwe 351 zumindest höchstrichterliche Entscheidungen mit einer einem Rechtsentscheid ähnlichen Bindungswirkung auszugestalten, sollte erneut geprüft werden. Damit könnte, bei entsprechender Ausgestaltung erreicht werden, dass höchstrichterliche Entscheidungen zumindest branchenweit verbindlich werden und weder in Individualverfahren noch in Verbandsklageverfahren abweichende Entscheidungen zu den einmal für unwirksam erklärten Klauseln, möglich sind. In einem weiteren Schritt wäre zu 349 Löwe, Instrumente der abstrakten Kontrolle in Heinrichs u. a. , 10 Jahre AGB-Gesetz, 1987; Micklitz, MüKo UKlaG vor § 1, Rn 25 ff, 37. 350 so auch Micklitz a.a.O. 351 Löwe, Instrumente der abstrakten Kontrolle in 10 Jahre AGB-Gesetz, S. 99, 116. 121 122 überlegen, ob die weitere Verwendung identischer Klauseln durch andere Unternehmen derselben Branche nicht mit Vertragsstrafen oder Ordnungsgeldern ohne vorherige Abmahnung zu belegen sind. Dazu gehören weitere rechtliche Vorkehrungen: Es muss ein lückenloses Informationssystem mindestens für höchstrichterliche und obergerichtliche Urteile aus Verbandsklageverfahren eingerichtet werden, damit jeder Verwender, jederzeit die Möglichkeit hat, den aktuellen Rechtszustand seiner AGB zu überprüfen. Dass das bisher gemäß § 20 AGB-Gesetz beim Bundeskartellamt geführte Register diese Funktion nicht oder nicht ausreichend erfüllt hat, spricht nicht gegen ein derartiges Informationssystem sondern zeigt vielmehr, dass dessen Nutzen von einer effizienzorientierten Ausgestaltung abhängt. Wenige und überschaubare Informationen sind hierbei eher geeignet, als größtmögliche Detailgenauigkeit. Als Schwäche der bislang bestehenden Verbandsklagebefugnis ist vielfach auf die fehlende Nachkontrolle hingewiesen worden 352 . Dafür ist eine entsprechende personelle und finanzielle Ausstattung der klagebefugten Verbände erforderlich. Das allein genügt aber nicht. Ebenso notwendig ist die gesetzlich statuierte und sanktionsbewährte Verpflichtung eines AGB-Verwenders, nach festgestellter Unwirksamkeit einer AGB-Klausel die beabsichtigte künftige Klausel zur Überprüfung dem jeweils abmahnenden bzw. klagenden Verband vorzulegen. Nur dadurch kann sichergestellt werden, dass nicht im Gefolge abgegebener Unterlassungserklärungen oder gerichtlich verhängter Unterlassungsgebote erneut bedenkliche Klauseln mit anderem, aber ebenfalls gesetzwidrigem Inhalt in den Rechtsverkehr gebracht werden. Hier gegen schützt bisher nicht einmal die Drohung mit Ordnungsgeldern oder Vertragsstrafen. Schließlich ist festzustellen, dass der bisher für Wettbewerbsverstöße geprägte Lehrsatz „unlauterer Wettbewerb lohnt sich“ auch für die Verwendung unwirksamer AGB-Klauseln gilt. Anschauliche Beispiele hierfür liefern die Klauseln im Bankenbereich und die Klauseln für Rückkaufwertberechnungen im Versicherungsbereich. Sie sind geeignetes Anschauungsmaterial für die vielfältigen Probleme, die bei Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beträge auf der Grundlage unwirksamer Klauseln durch Verbraucher entstehen. Hiergegen bietet sich an, die Sammel- oder Einziehungsklage gemäß Art. 1 § 3 Nr. 8 Rechtsberatungsgesetz ausdrücklich auf derartige Ansprüche auszudehnen. Allerdings müsste das Verfahren noch in mancher Hinsicht vereinfacht werden. Als Ergebnis bleibt festzustellen, dass die Kontrollfunktion der Verbraucherverbände im AGB-Bereich, durch wenige, aber nachhaltige gesetzgeberische Maßnahmen, um ein Vielfaches effizienter ausgestaltet werden könnte. Letztendlich wäre dann mit geringfügig höherem finanziellem Aufwand die Bereinigung des Rechtsverkehrs von Allgemeinen Geschäftsbedingung zu steigern. 6. Zusammenfassung des 4. Kapitels Wichtige Vertragsbereiche bedürfen aufgrund der Deregulierung und der Privatisierung weiterhin und verstärkt einer Kontrolltätigkeit in Bezug auf die in Verbraucherverträgen zugrunde gelegten Geschäftsbedingungen. Zu den deregulierten Märkten gehören die Energieversorger und die neuen Medien, insbesondere auch im grenzüberschreitenden Angebot von Dienstleistungen z. B. im Internet. 352 Verfasser, Verklagen oder Verhandeln? 1994, S. 160,161; Micklitz ,MüKo UKlaG vor § 1 Rn 36. 122 123 Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen die Vertragsklauseln im Bereich der Finanzdienstleistungen vor allem wegen der Novelle des Versicherungsvertragsgesetzes und der vielfältigen Gesetzesänderungen zum Kapitalanlagerecht. Wegen der hohen finanziellen Risiken und der bekanntermaßen besonderen Konfliktanfälligkeit sind Maßnahmen erforderlich, gegebenenfalls auch durch Verbandsklageverfahren, um in Bauverträgen und Verträgen über den Verkauf von Fertighäusern die berechtigten Belange von Verbrauchern als Bauherren oder Käufern in AGB-Klauseln zu sichern. Schließlich ist rechtspolitisch nach Lösungen zu suchen für die noch immer vorhandenen und bereits vielfach diskutierten Defizite des Verbandsklageverfahrens zur effizienten (d. h. auch kostengünstigen) und breitenwirksamen Bereinigung des Rechtsverkehrs von unwirksamen Klauseln. Gutachten Ende Berlin, d. 30. Mai 2008 123 1 Anhang zum Gutachten zur Praxis der AGB-Verbandsklage Gesetzestexte BGB § 307 Inhaltskontrolle (1) 1Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. 2Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. (2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung 1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder 2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. (3) 1Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. 2Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein. § 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam 1. (Annahme- und Leistungsfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufs- oder Rückgabefrist nach § 355 Abs. 1 und 2 und § 356 zu leisten; 2. (Nachfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält; 3. (Rücktrittsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse; 4. (Änderungsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist; Anhang zum Gutachten zur Praxis der AGB-Verbandsklage Juni 2008 2 5. 6. (Fingierte Erklärungen) eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass a) dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und b) der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen; dies gilt nicht für Verträge, in die Teil B der Verdingungsordnung für Bauleistungen insgesamt einbezogen ist; (Fiktion des Zugangs) eine Bestimmung, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt; 7. (Abwicklung von Verträgen) 8. eine Bestimmung, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt, a) eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen oder b) einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann; (Nichtverfügbarkeit der Leistung) die nach Nummer 3 zulässige Vereinbarung eines Vorbehalts des Verwenders, sich von der Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags bei Nichtverfügbarkeit der Leistung zu lösen, wenn sich der Verwender nicht verpflichtet, a) den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und b) Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten. § 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam 1. (Kurzfristige Preiserhöhungen) eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsieht, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss geliefert oder erbracht werden sollen; dies gilt nicht bei Waren oder Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen geliefert oder erbracht werden; 2. (Leistungsverweigerungsrechte) 3. eine Bestimmung, durch die a) das Leistungsverweigerungsrecht, das dem Vertragspartner des Verwenders nach § 320 zusteht, ausgeschlossen oder eingeschränkt wird oder b) ein dem Vertragspartner des Verwenders zustehendes Zurückbehaltungsrecht, soweit es auf demselben Vertragsverhältnis beruht, ausgeschlossen oder eingeschränkt, insbesondere von der Anerkennung von Mängeln durch den Verwender abhängig gemacht wird; (Aufrechnungsverbot) Anhang zum Gutachten zur Praxis der AGB-Verbandsklage Juni 2008 3 eine Bestimmung, durch die dem Vertragspartner des Verwenders die Befugnis genommen wird, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen; 4. (Mahnung, Fristsetzung) eine Bestimmung, durch die der Verwender von der gesetzlichen Obliegenheit freigestellt wird, den anderen Vertragsteil zu mahnen oder ihm eine Frist für die Leistung oder Nacherfüllung zu setzen; 5. (Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen) 6. 7. die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn a) die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt oder b) dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale; (Vertragsstrafe) eine Bestimmung, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird; (Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden) a) (Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit) ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen; b) (Grobes Verschulden) ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen; die Buchstaben a und b gelten nicht für Haftungsbeschränkungen in den nach Maßgabe des Personenbeförderungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr, soweit sie nicht zum Nachteil des Fahrgastes von der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27. Februar 1970 abweichen; Buchstabe b gilt nicht für Haftungsbeschränkungen für staatlich genehmigte Lotterieoder Ausspielverträge; 8. (Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung) a) (Ausschluss des Rechts, sich vom Vertrag zu lösen) eine Bestimmung, die bei einer vom Verwender zu vertretenden, nicht in einem Mangel der Kaufsache oder des Werkes bestehenden Pflichtverletzung das Recht des anderen Vertragsteils, sich vom Vertrag zu lösen, ausschließt oder einschränkt; dies Anhang zum Gutachten zur Praxis der AGB-Verbandsklage Juni 2008 4 gilt nicht für die in der Nummer 7 bezeichneten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften unter den dort genannten Voraussetzungen; b) (Mängel) eine Bestimmung, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen aa) (Ausschluss und Verweisung auf Dritte) die Ansprüche gegen den Verwender wegen eines Mangels insgesamt oder bezüglich einzelner Teile ausgeschlossen, auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränkt oder von der vorherigen gerichtlichen Inanspruchnahme Dritter abhängig gemacht werden; bb) (Beschränkung auf Nacherfüllung) die Ansprüche gegen den Verwender insgesamt oder bezüglich einzelner Teile auf ein Recht auf Nacherfüllung beschränkt werden, sofern dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zu mindern oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Mängelhaftung ist, nach seiner Wahl vom Vertrag zurückzutreten; cc) (Aufwendungen bei Nacherfüllung) die Verpflichtung des Verwenders ausgeschlossen oder beschränkt wird, die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, zu tragen; dd) (Vorenthalten der Nacherfüllung) der Verwender die Nacherfüllung von der vorherigen Zahlung des vollständigen Entgelts oder eines unter Berücksichtigung des Mangels unverhältnismäßig hohen Teils des Entgelts abhängig macht; ee) (Ausschlussfrist für Mängelanzeige) der Verwender dem anderen Vertragsteil für die Anzeige nicht offensichtlicher Mängel eine Ausschlussfrist setzt, die kürzer ist als die nach dem Doppelbuchstaben ff zulässige Frist; ff) (Erleichterung der Verjährung) die Verjährung von Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels in den Fällen des § 438 Abs. 1 Nr. 2 und des § 634a Abs. 1 Nr. 2 erleichtert oder in den sonstigen Fällen eine weniger als ein Jahr betragende Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn erreicht wird; dies gilt nicht für Verträge, in die Teil B der Verdingungsordnung für Bauleistungen insgesamt einbezogen ist; 9. (Laufzeit bei Dauerschuldverhältnissen) bei einem Vertragsverhältnis, das die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand hat, a) eine den anderen Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrags, b) eine den anderen Vertragsteil bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses um jeweils mehr als ein Jahr oder c) zu Lasten des anderen Vertragsteils eine längere Kündigungsfrist als drei Monate vor Ablauf der zunächst vorgesehenen oder stillschweigend verlängerten Vertragsdauer; dies gilt nicht für Verträge über die Lieferung als zusammengehörig verkaufter Sachen, für Versicherungsverträge sowie für Verträge zwischen den Inhabern Anhang zum Gutachten zur Praxis der AGB-Verbandsklage Juni 2008 5 10. urheberrechtlicher Rechte und Ansprüche und Verwertungsgesellschaften im Sinne des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten; (Wechsel des Vertragspartners) 11. eine Bestimmung, wonach bei Kauf-, Dienst- oder Werkverträgen ein Dritter anstelle des Verwenders in die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten eintritt oder eintreten kann, es sei denn, in der Bestimmung wird a) der Dritte namentlich bezeichnet oder b) dem anderen Vertragsteil das Recht eingeräumt, sich vom Vertrag zu lösen; (Haftung des Abschlussvertreters) 12. eine Bestimmung, durch die der Verwender einem Vertreter, der den Vertrag für den anderen Vertragsteil abschließt, a) ohne hierauf gerichtete ausdrückliche und gesonderte Erklärung eine eigene Haftung oder Einstandspflicht oder b) im Falle vollmachtsloser Vertretung eine über § 179 hinausgehende Haftung auferlegt; (Beweislast) 13. eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er a) diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen, oder b) den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt; Buchstabe b gilt nicht für Empfangsbekenntnisse, die gesondert unterschrieben oder mit einer gesonderten qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind; (Form von Anzeigen und Erklärungen) eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden. AGB-Gesetz (in der Fassung der Bekanntmachung vom 29.06.2000, BGBl. I. S. 946, außer Kraft seit dem 26. November 2001) § 9 Generalklausel (1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. (2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung 1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist, oder 2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Anhang zum Gutachten zur Praxis der AGB-Verbandsklage Juni 2008 6 § 10 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam 1. (Annahme- und Leistungsfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufs- oder Rückgabefrist nach §§ 361a Abs. 1, 361b Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu leisten; 2. (Nachfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung entgegen § 326 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält; 3. (Rücktrittsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse; 4. (Änderungsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist; 5. (Fingierte Erklärungen) eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass a) dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und b) der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen; 6. (Fiktion des Zugangs) eine Bestimmung, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt; 7. (Abwicklung von Verträgen) Anhang zum Gutachten zur Praxis der AGB-Verbandsklage Juni 2008 7 eine Bestimmung, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt, a) eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen oder b) einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann; 8. (Nichtverfügbarkeit der Leistung) die nach Nummer 3 zulässige Vereinbarung eines Vorbehalts des Verwenders, sich von der Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags bei Nichtverfügbarkeit der Leistung zu lösen, wenn sich der Verwender nicht verpflichtet, a) den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und b) Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten. § 11 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist unwirksam 1. (Kurzfristige Preiserhöhungen) eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsieht, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsabschluss geliefert oder erbracht werden sollen; dies gilt nicht bei Waren oder Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen geliefert oder erbracht werden; 2. (Leistungsverweigerungsrechte) eine Bestimmung, durch die a) das Leistungsverweigerungsrecht, das dem Vertragspartner des Verwenders nach § 320 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zusteht, ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, oder b) ein dem Vertragspartner des Verwenders zustehendes Zurückbehaltungsrecht, soweit es auf demselben Vertragsverhältnis beruht, ausgeschlossen oder eingeschränkt, insbesondere von der Anerkennung von Mängeln durch den Verwender abhängig gemacht wird; 3. (Aufrechnungsverbot) eine Bestimmung, durch die dem Vertragspartner des Verwenders die Befugnis genommen wird, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen; 4. (Mahnung, Fristsetzung) Anhang zum Gutachten zur Praxis der AGB-Verbandsklage Juni 2008 8 eine Bestimmung, durch die der Verwender von der gesetzlichen Obliegenheit freigestellt wird, den anderen Vertragsteil zu mahnen oder ihm eine Nachfrist zu setzen; 5. (Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen) die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn a) die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt, oder b) dem anderen Vertragsteil der Nachweis abgeschnitten wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale; 6. (Vertragsstrafe) eine Bestimmung, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird; 7. (Haftung bei grobem Verschulden) ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für einen Schaden, der auf einer grob fahrlässigen Vertragsverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Vertragsverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruht; dies gilt auch für Schäden aus der Verletzung von Pflichten bei den Vertragsverhandlungen; 8. (Verzug, Unmöglichkeit) eine Bestimmung, durch die für den Fall des Leistungsverzugs des Verwenders oder der von ihm zu vertretenden Unmöglichkeit der Leistung a) das Recht des anderen Vertragsteils, sich vom Vertrag zu lösen, ausgeschlossen oder eingeschränkt oder b) das Recht des anderen Vertragsteils, Schadensersatz zu verlangen, ausgeschlossen oder entgegen Nummer 7 eingeschränkt wird; 9. (Teilverzug, Teilunmöglichkeit) eine Bestimmung, die für den Fall des teilweisen Leistungsverzugs des Verwenders oder bei von ihm zu vertretender teilweiser Unmöglichkeit der Leistung das Recht der anderen Vertragspartei ausschließt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit zu verlangen oder von dem ganzen Vertrag zurückzutreten, wenn die teilweise Erfüllung des Vertrags für ihn kein Interesse hat; 10. (Gewährleistung) Anhang zum Gutachten zur Praxis der AGB-Verbandsklage Juni 2008 9 eine Bestimmung, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und Leistungen a) (Ausschluss und Verweisung auf Dritte) die Gewährleistungsansprüche gegen den Verwender einschließlich etwaiger Nachbesserungs- und Ersatzlieferungsansprüche insgesamt oder bezüglich einzelner Teile ausgeschlossen, auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränkt oder von der vorherigen gerichtlichen Inanspruchnahme Dritter abhängig gemacht werden; b) (Beschränkung auf Nachbesserung) die Gewährleistungsansprüche gegen den Verwender insgesamt oder bezüglich einzelner Teile auf ein Recht auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung beschränkt werden, sofern dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nachbesserung oder Ersatzlieferung Herabsetzung der Vergütung oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Gewährleistung ist, nach seiner Wahl Rückgängigmachung des Vertrags zu verlangen; c) (Aufwendungen bei Nachbesserung) die Verpflichtung des gewährleistungspflichtigen Verwenders ausgeschlossen oder beschränkt wird, die Aufwendungen zu tragen, die zum Zweck der Nachbesserung erforderlich werden, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten; d) (Vorenthalten der Mängelbeseitigung) der Verwender die Beseitigung eines Mangels oder die Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache von der vorherigen Zahlung des vollständigen Entgelts oder eines unter Berücksichtigung des Mangels unverhältnismäßig hohen Teils des Entgelts abhängig macht; e) (Ausschlussfrist für Mängelanzeige) der Verwender dem anderen Vertragsteil für die Anzeige nicht offensichtlicher Mängel eine Ausschlussfrist setzt, die kürzer ist als die Verjährungsfrist für den gesetzlichen Gewährleistungsanspruch; f) (Verkürzung von Gewährleistungsfristen) die gesetzlichen Gewährleistungsfristen verkürzt werden; 11. (Haftung für zugesicherte Eigenschaften) eine Bestimmung, durch die bei einem Kauf-, Werk- oder Werklieferungsvertrag Schadensersatzansprüche gegen den Verwender nach den §§ 463, 480 Abs. 2, 635 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen Fehlens zugesicherter Eigenschaften ausgeschlossen oder eingeschränkt werden; 12. (Laufzeit bei Dauerschuldverhältnissen) Anhang zum Gutachten zur Praxis der AGB-Verbandsklage Juni 2008 10 bei einem Vertragsverhältnis, das die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand hat, a) eine den anderen Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrags, b) eine den anderen Vertragsteil bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses um jeweils mehr als ein Jahr oder c) zu Lasten des anderen Vertragsteils eine längere Kündigungsfrist als drei Monate vor Ablauf der zunächst vorgesehenen oder stillschweigend verlängerten Vertragsdauer; 13. (Wechsel des Vertragspartners) eine Bestimmung, wonach bei Kauf-, Dienst- oder Werkverträgen ein Dritter an Stelle des Verwenders in die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten eintritt oder eintreten kann, es sei denn, in der Bestimmung wird a) der Dritte namentlich bezeichnet oder b) dem anderen Vertragsteil das Recht eingeräumt, sich vom Vertrag zu lösen; 14. (Haftung des Abschlussvertreters) eine Bestimmung, durch die der Verwender einem Vertreter, der den Vertrag für den anderen Vertragsteil abschließt, a) ohne hierauf gerichtete ausdrückliche und gesonderte Erklärung eine eigene Haftung oder Einstandspflicht Oder b) im Fall vollmachtsloser Vertretung eine über § 179 des Bürgerlichen Gesetzbuchs hinausgehende Haftung auferlegt; 15. (Beweislast) eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er a) diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen; b) den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt; Buchstabe b gilt nicht für gesondert unterschriebene oder gesondert qualifiziert elektronisch signierte Empfangsbekenntnisse; 16. (Form von Anzeigen und Erklärungen) eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden. Anhang zum Gutachten zur Praxis der AGB-Verbandsklage Juni 2008 11 Anhang zum Gutachten zur Praxis der AGB-Verbandsklage Juni 2008