Praktikum als Deutschlehrer in Manipal
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Praktikum als Deutschlehrer in Manipal
Bericht Von 14. Februar bis 14. Juli 2014 war ich in Indien und die fünf Monate bedeuteten für mich verschiedene Erfahrungen, die ich durchweg als positiv sehe. Ermöglicht wurde mir ein relativ sorgloser Aufenthalt unter anderem durch das Stipendium, wofür ich sehr dankbar bin. Ich bekam es für meine Arbeit in Manipal/ Karnataka/ Südindien von 17. Februar bis 30. Juni. An der Manipal University of Technology unterrichtete ich Deutsch als Fremdsprache (DaF) an einige Maschinenbaustudenten des ‚International Centre of Applied Sciences‘, welche für ihre Zukunft an einer Hochschule in Bayern vorbereitet werden. Warum ich nach Indien ging, lag also einerseits an diesem super Jobangebot, von dem ich per Mail dank des Lehrstuhls für DaF an meiner Universität in Regensburg erfuhr: Ich konnte mein Wissen aus der DaF-Ausbildung endlich im Ausland anwenden, noch dazu in einem nicht europäischen Land, Indien interessiert sich in wissenschaftlicher und sprachlicher Hinsicht aktuell für Deutschland und außerdem lerne ich gern Menschen, Sitten und Landschaften fremder Kulturen kennen. ‚Indien‘ sprach in mir Neugier an; ich hatte die Assoziationen, man würde die armen Menschen dort tagtäglich sehen, das heißt die Wahrheit über die Gesellschaft wäre greifbar. Der Hinduismus als sehr alte Religion, im Zusammenspiel mit den anderen vorkommenden Religionen Islam und Christentum, interessierte mich sehr. Manipal selbst ist eine hoch angesehene Universitätsstadt in Indien, auch für Medizin, und hat einen hervorragenden Ruf als Ort, wo sich Menschen verschiedener Nationalitäten zum Studieren treffen, wo Indien sich von seiner saubersten Seite und mit vielen kulinarischen Angeboten zeigt. Die Hochschule Hof sandte mich als Deutschlehrerin für ein Semester und vor Ort kümmerten sich zwei indische Hochschullehrer um alles – vom Flughafen, über Hostelzimmer, bis zum eigenen Büro! Ich witterte von Anfang an eine angenehme Arbeitsstelle, die dann, vor allem wegen der netten, humorvollen und aufgeschlossenen Lerner, meine Vorstellungen noch übertraf. Wir sprachen viel über Indien und Deutschland, was Meinungen aus erster Hand und Diskussionen ergab, die für beide Seiten, vielleicht sogar für Indien und Deutschland wichtig sind. Auch in der Freizeit gewonnene Freunde aus verschiedenen Ländern verschönerten meinen Aufenthalt. Mit ihnen konnte ich an den Wochenenden oft in Südindien herumreisen, sah viel und bekam Antworten auf immer neue Fragen. Interkulturelle Projekte sind wohl immer gewinnbringend; doch mir wurde schnell mein Glück in Manipal bzw. Indien bewusst, weil es so vielseitig ist, die Geschichte derart weit zurückreicht, Traditionen aber noch so lebendig sind, sodass man beim Reflektieren und Vergleichen mit dem „Deutsch-Sein“ Erkenntnisse erlangen kann. Ich nenne nur als Beispiel, dass ich nun denke, eine Mischung zwischen dem indischen In-den-Tag-leben und dem deutschen Stress-in-Kauf-nehmen-für-Sicherheit uns Menschen besser tun würde. Mein Körper und Geist erholten sich in Manipal von meinem Alltag als Studentin (ich habe den Bachelor in Deutscher Philologie beendet). Mir wurde von Schülern das System von „Baichara“ – alle helfen zusammen in Indien – erklärt. Gleichzeitig bewunderten diese Schüler die Perfektion deutscher Wissenschaft und Industrie und ich selber lernte von ihnen, etwas eigenen Patriotismus zu bilden. Hygiene und Müllentsorgung usw. bieteten mir immer 1 wieder Momente eines Kulturschocks, den ich gesucht hatte. Ich bekam so viele irrsinnige, verrückte Vorgänge zu sehen, die in Indien einfach nicht unmöglich scheinen; eine lebendige Ziege hinten am Motorrad, unzählige Familienmitglieder in und an einem Gefährt, Kühe, die den Hochzeitsschmuck von Autos fressen…! Organisatorisch bereitete ich mich in aller Eile unter der Prüfungszeit vor. Die No-BiteMückensprays von Amazon bewährten sich. Ich entschied, Hepatitisimpfungen aufzufrischen, sowie gegen Typhus und auch gegen die japanische Enzephalitis impfen zu lassen. Die Krankenkasse übernahm dann einen Großteil. Ich nahm Malariatabletten mit. Wichtig war auch Imodium. Ich besitze keinen Schutz gegen Tollwut, weil ich das Risiko der u.U. kompliziert verlaufenden Impfung auf den letzten Drücker nicht eingehen wollte. Ich kam aber auf Reisen, etwa in Hampi oder in Jaipur am Ende, in Situationen, wo mich mit Pech ein Affe unerwartet beißen hätte können. Auch mit Impfung müsste man in solch einem Fall aber schleunig in ein Krankenhaus. Ich schloss eine Auslandskrankenversicherung (außereuropäisch wird nicht von allen übernommen) für den Zeitraum ab. Kleidung und sogar Kosmetika konnte man gut in Indien nachkaufen. Sonstige praktische Tipps: Das Visum bekam ich problemlos, obwohl ich mir zuvor Gedanken gemacht hatte, beispielsweise ob mein einfacher Kontoauszug mit der Gebührenüberweisung akzeptiert würde. Außerdem muss man echt aufpassen, beim OnlineAntrag nicht zu früh die endgültige Version zu speichern, bei der man dann nichts mehr ändern kann. Geldtechnisch brauchte ich fast überall Bargeld, das ich mit meiner Kreditkarte (ING-DiBa eignet sich für Studenten) an den zahlreich vorhandenen Automaten abhob. Ich holte immer gleich 10000 indische Rand, ca. 120 Euro, wobei ich das Geld dann verstaute und nur mit circa 1000 Rand pro Tag herumlief. Das Essen war unterschiedlich billig. Mittlerweile schätze ich es auf durchschnittlich 600 Rand pro Tag. Hinzu kommen außerordentliche Ausgaben für Obst, Kleidung, Handyzahlungen u.m. Als weiteren Rat kann ich mitgeben, bevor man sich auf unübersichtlichen Internetseiten über Sehenswürdigkeiten oder Zugverbindungen und -zeiten zu informieren abmüht, fragt man lieber indische Angestellte und Bekannte. Die im Internet vorhandenen oder eben auch nicht angegebenen Daten führen oft zu langen Wartezeiten etc. Zugzeiten können zum Beispiel in einem Regenmonat grundsätzlich vom Plan abweichen. Ein bestimmter Zug kommt vielleicht generell eine Stunde später. Ein Wildpark war mal nach zwei Stunden Taxifahrt geschlossen. Dann half uns der Taxifahrer mit einem Ersatzprogramm in der Nähe aus – also Leute fragen! Aber aufpassen, Inder geben oft nicht gern Unkenntnis zu oder verstehen zu schlecht (unser) Englisch; d.h. ein „Yes“ bedeutet nicht immer, dass das Gegenüber auch wirklich verstanden hat und Ja meint. Und Derartiges kann in allen Gesellschaftsschichten vorkommen und auch in Läden wie Coffee Day… Was ich empfehlen kann, ist Cleartrip für Inlandsflüge und Hotels; dabei die Bewertungen von TripAdvisor, wo die Kunden so treffliche Rezensionen geben. 2 Meine Arbeit: Meine Deutschkursteilnehmer und ich am Ende in einem Unterrichtsraum Ursprünglich war der Job als Praktikum ausgeschrieben, aber wegen Mangel an einer anderen Lehrerin übernahm ich schließlich freudig alleine. Ich hatte DaF als Zusatzausbildung gemacht und arbeite in München als DaF-Lehrerin; das ist aber nur nebenher als Mini-Job gedacht, weil ich eigentlich Germanistik ohne Lehramt studiere. Es war eine sehr angenehme Lehrerstelle, das Arbeitsklima sehr höflich und respektvoll und die Chefs vertrauen uns deutschen Lehrern. Vor mir hatte ein Semester Deutschkurs stattgefunden. Wir machten insgesamt Einheiten im Umfang eines studio-d-Buches; zuerst die zweite Hälfte des A1-Buches. Es beanspruchte viel Zeit, um wieder ins Deutsche hereinzukommen und viel grundsätzliche Grammatik durchzunehmen, während ungefähr wöchentlich Stunden aufgrund anderer Kurse der vier Lerner ausfielen. Die Studenten sind bei aller Freundlichkeit nicht immer diszipliniert. Und die vielen anderen Examen unterm Semester gingen vor. Weil sie nach Deutschland gehen werden, sind die 17- bis 20-jährigen Jungen sehr motiviert und an Landesinformationen interessiert, versuchen zu sprechen und machen schnell Fortschritte. Das machte Spaß, weil alles Gesagte ernstgenommen wurde (bis auf Tagträumereien, was aber verständlich ist. Der Kurs ist so intensiv, dass es auch anstrengend 3 für die Konzentration sein kann). Wir hatten regulär zehn Stunden pro Woche, unterschiedliche Zeiten und Unterrichtsdauer. Ich fügte mich in die leeren Stellen des sehr gefüllten Stundenplans und kam immer wieder spontan, wenn sich eine Freistunde ergeben hatte. Zum Ende hin begriffen die Studenten, dass viele Stunden ausgefallen waren und wir das (auch an Samstagen) nachholen sollten. Abgeschlossen wird jedes Semester mit einem von der Lehrkraft konzipierten Test. Ich beschloss, den Test über A1 Kapitel 7-12 und A2 Kapitel 1-3 zu schreiben. Kapitel 4 bis 6 wollte ich so kurzfristig nach Besprechung nicht prüfen. Ich forderte die Schüler mit der Klausur sehr heraus, weil ich finde, dass sie sehr weit gekommen sind und das mit dem Test zeigen will. Aber darin machten sie noch relativ viele Fehler und ich bewertete dann gütig. Dies dient im Grunde den Hochschullehrern als Zeugnis über den Sprachkurs und den Teilnehmern zur Selbstevaluation. Auch mündliche Punkte und Kommentare gab ich ihnen. Ich wohnte in einem für Indien guten Hostelzimmer im Old Chandrashekar Girls Hostel, das auf dem Campus Manipal liegt, aber eher bei den Medizinern, nahe des Verwaltungsgebäudes und gegenüber eines besseren Foodcourts (Mensa) als beim „MIT“, wo ich arbeitete. Das heißt, man geht 15 Minuten zum Büro, hat aber eine bessere Wohnsituation und kommt bisschen unter niederländische Medizinstudenten, mit denen man am Wochenende reisen kann. Das Einzelzimmer mit eigenem Bad wurde gezahlt. Es handelte sich um eines mit Klimaanlage und Fan im sechsten Stock, mit kleinem, eher unbetretbaren Balkon und Blick auf das nächste Hochhaus, aber großem Fenster und relativ viel Licht (kein Fenster im Bad). Die Ausstattung bestand aus Schreibtisch, Bett, ein paar Kommoden, einem Kleiderschrank und einem Waschbecken. Leider musste ich mangels Küche immer auswärts essen – relativ billig, aber es summiert sich; sehr schöne Dinners, aber Kochen vermisste ich trotzdem. Das W-LAN ging nicht sehr gut im Zimmer, aber das Kabelinternet bei mir sehr gut und auch im Büro wurde dies bald eingerichtet. Das alles, sowie eine indische SIM-Karte für mein Handy und Sportausweis sind am Anfang zu organisieren. Sehr kompliziert verlaufen die bürokratischen Wege über Schecks von bestimmten Banken und, indem man viel mit Helfern telefoniert und immer wieder zu Treffpunkten, etwa in die Bibliothek kommt, wobei man nicht selten danach genauso wenig weitergekommen ist wie zuvor. Das ist eine lehrsame Geduldsprobe. Ich finde es nicht so schlimm: Immerhin bekommt man früher oder später, was man will; man wird fast nie enttäuscht, sondern alles ist möglich (zum Beispiel ein Studenteninternetpasswort zu bekommen, obwohl ich dort kein Student war usw.). Manipal: Im Bundesland Karnataka gelegen, ist das Klima von Februar an zunehmend warm (ca. 2339° C), es scheint regelmäßig stark die Sonne, gibt aber auch Wolken tagsüber, jedoch regnet es nie – bis sich das dann im Mai ändern kann. Sehr langsam verändert sich das Klima – höhere Luftfeuchtigkeit, manchmal Sommerregen und Schauer. Anfang Juni kann mit dem Monsun gerechnet werden, wo es dann täglich heftig und lang andauernd regnet. Dieses Jahr jedoch hatte Südindien der Monsun selbst im Juli noch nicht vollkommen erreicht. Am 4 wärmsten war der April; am schwülsten für mich der Juli (Temperaturen um 40°C), den ich unter anderem nahe Chennai, also an der Ostküste verbrachte. Alles in allem bin ich nicht hitzeempfindlich und genoss meine Fußwege in der knallenden Sonne vor und nach der Arbeit sogar. Ich muss aber zugeben, dass auch ich zuletzt über eine Klimaanlage zum Abkühlen heilfroh war. In Manipal gibt es die typischen Verkehrsmittel: Rickshaws/ Tuktuks für den Alltag, Taxen, lokale Busse, zu bestimmten Zeiten zu buchende Fernbusse. Man hatte ein großes Angebot an kleinen, billigen Reisebüros. Im Umkreis von ungefähr einer halben Stunde Rickshawfahrt fand man schöne Strände vor. Die nächstgrößere Stadt ist Udupi, wo sich auch ein Bahnhof mit Zügen Richtung Mangalore südlich und Richtung Goa nördlich befindet. Dort steht der Krishna-Tempel, eine bekannte Stätte für Hindus und eine schöne Sehenswürdigkeit. Eindrücke zum Leben in Indien: Es ist nicht leicht, wirklich bleibende Kontakte zu indischen Studenten zu knüpfen. Aber ein paar indische Freunde kamen immer mit den ausländischen Gruppen zum Essen und auch zu Wochenendausflügen mit. Das finde ich extrem wichtig, sich nicht zu isolieren, sondern das Internationale zu fördern. So konnte ich mehr über indische Denkweisen lernen und auch einfach sehen, dass wir doch so ähnlich sind. Ich laufe in Deutschland auch meistens an unseren ausländischen Kommilitonen vorbei und nehme mir keine Zeit für eine interessante, interkulturelle Konversation. Doch wie lustig und spannend das sein kann, wussten ein paar meiner indischen Bekanntschaften zu gut. Diese waren nun aber auch die fortschrittlich denkenden, nicht in alten Gesellschaftsstrukturen oder distanzierten Verhaltensweisen verhafteten jungen Menschen. Mit älteren Indern ergab sich nur selten eine Gelegenheit, etwas ihrer Meinung zu erfahren. Doch einige „Homestays“ auf Reisen wurden von sympathischen, traditionellen Familien geführt. Eine private Führung über die eigene Kaffeeplantage und Insider über die indische Küche erfreuten uns Europäer sehr. Die Inder sind sehr liebenswert. Sie genießen das Leben und haben gern Spaß in Gesellschaft. Arbeitszeiten sind entweder rund um die Uhr, oder aber – wie an der Universität – von ca. 9 a.m. bis 5 p.m. Dazwischen machen die meisten Angestellten und Chefs eine fast zweistündige Mittagspause, fahren oft heim und die Studenten schlafen sogar kurz nach dem Essen. Zusammenhängend mit dem Klima und meinem Alltag gewöhnte ich mich auch an die häufig mögliche Siesta. Selbst wenn trotz des Samstag-Werktags wohl quantitativ weniger gearbeitet wird, ist qualitativ hochwertige Arbeit zu sehen. Zumindest empfand ich die relativ entspannten Studenten als konzentrationswillig und leistungsfähig in der kurzen Zeit, in der es darauf ankam. Insgesamt zeigte sich mir die indische Wirtschaft aber als ineffizient, viel zu umständlich und unhinterfragt. Das traditionell indische Essen „macht glücklich“. Für mich bedeutete das mehr Zucker in allen Getränken – selbst im Kaffee und Tee trank ich ihn irgendwann, weniger Schokolade, weniger Joghurt, dafür zum Beispiel „Sweet Lassi“, also süße Buttermilch; und kein Schwarzbrot, weniger Nudeln, dagegen mehr Reis und indisches Brot, wie Naan und Chapati. Zusammen mit den einzigartigen, fast immer etwas scharfen Currys schmeckt das eigentlich jedem sehr gut. Wenn man sich eingefunden hat und etwas genauer hinsieht, gibt es auch 5 genug Abwechslung. Allein die überall aus religiösen Gründen vorhandenen vegetarischen Gerichte (ohne Ei) bestehen aus verschiedenstem Gemüse. Inder tolerieren übrigens unsere gewürzempfindlichere Zunge mit einem Lächeln und auch zwischen Nicht-Vegetariern und Vegetariern gibt es keine Unhöflichkeiten oder Ähnliches. Wo ich noch einmal auf die Religionen zurückkommen kann: Eine derartige Vielseitigkeit der Gesellschaft stößt auf ein hohes Akzeptanzgefühl. Ein Nebeneinander verschiedener Kleidungsvorschriften und Bräuche ist in Indien selbstverständlich und normal. Fazit: Ich bildete mir, glaube ich, ein differenziertes Bild über eine unüberblickbare Bevölkerung und ein großes Land. Das war weniger anstrengend als schön. Ich hatte gesundheitlich und beruflich viel Glück, war aber auch vorsichtig und fleißig. In bestimmter Hinsicht wurde ich zeitweise zu einer Inderin, was Essen, Mittel gegen Moskitos (die ich dennoch mit deutschen kombinierte – und ich schlief immer lieber unter meinem Mückennetz) und vor allem meinen Tagesablauf und meine Lebenseinstellung betraf. Ich machte ab der dritten Woche, zuerst in einem einmonatigen Kurs, nachher selbständig, oft jeden Werktag Yoga. Ich nahm mir Zeit für Soziales und gemeinsames Essen. Ich las auch viel und schrieb viele Briefe über meine Geschichten in Indien. Was ich dazu lernte? Wie man mit allen Verkehrsmitteln und möglichst sicher vorwärts kommt, wie man in einem solchen Land beim Shoppen verhandelt, wie man Hotels im Internet bucht und das alles. Weniger praktisch gesehen: Ich lernte, dass die Inder so oft viel lieber sein können als Menschen westlicher Kulturen; dass es natürlich nicht nur die schlimmen Kriminellen der Missbrauchsfälle gibt. Ich bekam aber auch Wind von den starrenden, viel zu vielen, viel zu sehr von Anderen unterdrückten Männern. Ich hörte Erzählungen von Ehepaaren verschiedener Kasten, die vor den „arranged marriages“ wegliefen. Ich lernte über Kasten, dass diese in Manipal schon ironisch belächelt, in Nellore in Andhra Pradesh auf dem Land aber z.B. unausrottbar seien. Ich wurde überrascht, dass die Hälfte meiner Deutschschüler die von den Eltern arrangierten Hochzeiten für positiv hält und das einer schon mit seiner Mutter ausmachte, nach der Zeit in Deutschland die Frau ihrer Wahl zu heiraten. Dann lernt man sich kennen und beide wollen das Beste und das Gute sehen und so sind anscheinend diese Ehen weniger scheidungsgefährdet als die Liebesehen, wo die Partner vielleicht enttäuscht sind. Ob diese Statistik nicht daran liegt, dass in solchen Familien eine Scheidung mehr geächtet würde? Über das Verhältnis zu anderen Ländern lernte ich zum Beispiel, dass die Inder von ihren korrupten Reichen wissen, aber ihr Indien trotzdem über alles lieben. Dort wollen viele auch letztendlich leben. Also heißt es im Ausland zu studieren, Geld zu verdienen, es nach Indien mitzunehmen, wo es viel mehr wert ist, vor allem aber Erfahrung im Job in Deutschland zu sammeln und wegen dieser Erfahrenheit dann zurück in Indien großes Geld zu machen. Ob es so ablaufen wird? Die Lerner waren schon jetzt in Deutschland verliebt. Inder sind sehr emotional, wenn auch manchmal schüchtern. Freunde umarmen sich. Autoritäten werden die Füße geküsst. Die Familie wird vergöttert. 6 Sprachen wie Hindi wurden mir nähergebracht und das Englische noch flüssiger. Ich lernte wieder einmal mehr über mich; wie ich innerhalb einer Gruppe von jungen Welterkundern bin, aber auch als Lehrerin. Und ich lernte eine Menge über fremde Länder und Leute, ganz besonders dieses wahnsinnige „Incredible India“. In meinem Saree zu Besuch bei Näherinnen 7