Intermittierende pneumatische Kompression der Bei

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Intermittierende pneumatische Kompression der Bei
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lich weniger Schlaganfälle jeder Genese auf als unter ASS
(8,2% vs. 11,7%; p < 0,001). Die Reduktion wird bereits innerhalb der ersten Behandlungstage erreicht. Die Rate an Todesfällen, TIAs und Herzinfarkten bleibt unbeeinflusst. Kleinere Blutungen sind in der ASS/Clopidogrel-Gruppe numerisch häufiger (2,3% vs. 1,6%), schwere oder intrakranielle
Blutungen jedoch gleich häufig wie unter ASS. Subgruppeneffekte sind nicht feststellbar (WANG, Y. et al.: N. Engl. J. Med.
2013; 369: 11-9). Bei Annahme einer ähnlichen Pathogenese
wie beim akuten Koronarsyndrom erscheint eine kurzzeitige
duale Plättchenhemmung zwar auch bei nichtembolischen
ischämischen zerebralen Ereignissen grundsätzlich plausibel.
Zweifel bestehen jedoch an der Übertragbarkeit der Ergebnisse: In CHANCE wird ein stark selektiertes Patientenkollektiv
mit begrenzter klinischer Symptomatik untersucht. Die chinesische Bevölkerung weist zudem im Vergleich zur europäischen eine andere Prävalenz von Polymorphismen der Zytochrom-P450-Isoenzyme auf, die für die Aktivierung von Clopidogrel verantwortlich sind. In CHANCE erhalten die Patienten von Tag 22 bis 90 statt ASS Clopidogrel, dessen Stellenwert in der subakuten Phase nach dem Ereignis unklar ist. Bevor ggf. aktuelle Therapieempfehlungen geändert werden,
müssen die Ergebnisse dringend durch weitere Studien bestätigt werden. Clopidogrel ist auch für die kurzzeitige Kombination mit ASS nach akutem Schlaganfall nicht zugelassen. Bei
längerfristiger Einnahme nach Schlaganfall erhöht die Kombination die Rate lebensbedrohlicher Blutungen, ohne einen Zusatznutzen zu bieten (MATCH*-Studie; a-t 2004; 35: 62 und
85), –Red.
Intermittierende pneumatische Kompression der Beine nach Schlaganfall? Die großen Studien CLOTS**-1 und
-2 lieferten keine hinreichenden Belege dafür, dass oberschenkellange Kompressionsstrümpfe nach Schlaganfall vor tiefen
Beinvenenthrombosen schützen (a-t 2009; 40: 65-6 und 2010;
41: 105-6). Nun erscheint die CLOTS-3-Studie, in der eine intermittierende pneumatische Kompression geprüft wird. An
der in Großbritannien durchgeführten Untersuchung nehmen
2.876 hospitalisierte im Mittel 75 Jahre alte Patienten mit akutem immobilisierenden Schlaganfall (13% hämorrhagisch)
teil, die keine Kontraindikation für die Intervention wie Beinulzera, schwere Ödeme oder Herzinsuffizienz haben. Zusätzlich zur üblichen Versorgung werden Ober- und Unterschenkel beider Beine randomisiert tags und nachts intermittierend
pneumatisch komprimiert oder aber nicht. Primärer Endpunkt sind innerhalb von 30 Tagen mittels Screening durch
Kompressionsduplexsonografie entdeckte asymptomatische
oder bildgebend bestätigte symptomatische proximale tiefe
Venenthrombosen. Nur 31% der Patienten in der experimentellen Gruppe wenden das Kompressionssystem wie geplant
an, bis sie mobil oder entlassen sind bzw. maximal für 30 Tage
oder bis zu einer ggf. erst später durchgeführten abschließenden Kompressionsduplexsonografie der Beine. 17% der Patienten in beiden Gruppen erhalten prophylaktisch unfraktionierte oder niedermolekulare Heparine.*** Die Rate der Patienten mit einem Ereignis des primären Endpunkts liegt unter intermittierender pneumatischer Kompression mit 8,5%
versus 12,1% um 3,6% niedriger als in der Kontrollgruppe
(95% Konfidenzintervall [CI] 1,4-5,8). Symptomatische proximale tiefe Venenthrombosen (2,7% versus 3,4%), Lungenembolien (2,0% vs. 2,4%) und Mortalität (10,8% vs. 13,1%)
innerhalb von 30 Tagen unterscheiden sich jedoch nicht signifikant zwischen den Gruppen. Für die Autoren unerwartet, errechnet sich eine Senkung der Mortalität innerhalb von sechs
Monaten (weiterer sekundärer Endpunkt: Hazard Ratio 0,86;
95% CI 0,74-0,99). Zumindest zum Teil könnte der Überle*
MATCH = Management of Atherothrombosis with Clopidogrel in High-risk
patients
** CLOTS = Clots in Legs Or sTockings after Stroke
*** Leitlinien empfehlen zwar, Heparine risikostratifiziert anzuwenden, eine positive Nutzen-Schaden-Bilanz bei akutem ischämischen Schlaganfall ist in randomisierten Studien jedoch nicht belegt (WHITELEY, W.N. et al.: Lancet
Neurol. 2013; 12: 539-45).
arznei-telegramm® 2013; Jg. 44, Nr. 8
bensvorteil durch die Intervention bedingt sein. Als wahrscheinlichster Mechanismus erscheint den Autoren eine Minderung tödlicher, jedoch nicht diagnostizierter Lungenembolien. Hinreichende Angaben zu den Todesursachen fehlen ihnen jedoch. Auch für symptomatische Beinvenenthrombosen
unter Einschluss distaler tiefer Venenthrombosen ergibt sich
ein signifikanter Vorteil für die Kompression (4,6% vs. 6,3%).
Bei der Vielzahl getesteter sekundärer Endpunkte steht die Validität dieser Effekte jedoch infrage. In der Interventionsgruppe werden zudem häufiger Hautschäden (3,1% vs. 1,4%) und
Verletzung durch Sturz (2,3% vs. 1,7%) berichtet (CLOTS
Trials Collaboration; Lancet 2013; 382: 516-24). Bevor die
Kompressionssysteme, deren Preis laut Anbieter „im Klinikbereich in der Regel deutlich unter 1.000 € pro Gerät” liegt (Covidien Deutschland: Schreiben vom 6. August 2013), nach
akutem Schlaganfall verwendet werden, sollten die positiven
Effekte und die Senkung der Mortalität in einer weiteren Studie bestätigt werden, –Red.
Warenzeichen in
Österreich
und Schweiz
(Beispiele)
Laktobazillen,
lebende
Keime:
ANTIBIOPHILUS
(A)
Sildenafil:
VIAGRA
(A, CH)
Hunderte Nahrungsergänzungsmittel enthalten bedenkliche Sildenafil-Varianten: Zunehmend warnen die
Überwachungsbehörden einiger Staaten vor gepanschten Nahrungsergänzungsmitteln – vor Produkten, die als natürlich
und rein pflanzlich angepriesen werden, in denen jedoch bei
der Überprüfung im Labor chemische Wirkstoffe nachgewiesen wurden. Die Datenbank „Gepanschtes” der Verbraucherzeitschrift Gute Pillen – Schlechte Pillen* (www.gp-sp.de 
Gepanschtes) nennt inzwischen rund 1.000 auffällig gewordene Nahrungsergänzungen – und dennoch wohl nur die Spitze
des Eisbergs. In mehr als 40% dieser Produkte wurden Phosphodiesterase (PDE)-5-Hemmer wie Sildenafil (VIAGRA, Generika) entdeckt – zum Teil in höheren Dosierungen als medizinisch verwendet. Vor allem Männer, die solche Wirkstoffe
meiden müssen, etwa weil sie Nitropräparate gegen Angina
pectoris einnehmen, dürften bei Erektionsstörungen auf Produkte ausweichen, die als „natürlich” angeboten werden. Und
gerade diese Männer sind besonders gefährdet, weil die Kombination PDE-Hemmer plus Nitropräparat bedrohlichen Blutdruckabfall bewirken kann. Panschende Firmen verwenden
immer häufiger chemische Varianten von Phosphodiesterasehemmern, die nicht als Arzneimittel verwendet werden und
für die Routinemethoden fehlen. Damit wollen sie den analytischen Nachweis der Beimischungen und deren juristische
Bewertung erschweren. Rund 50 verschiedene Varianten sind
inzwischen in Nahrungsergänzungsmitteln nachgewiesen worden. Mit (unerwarteten) Störwirkungen ist zu rechnen, beispielsweise wenn die Selektivität gegenüber PDE 5 geringer ist
als bei üblichen PDE-5-Hemmern. So fällt Azetildenafil durch
Sehstörungen auf. Es hemmt das in der Retina vorkommende
PDE 6 deutlich stärker als Sildenafil. Toxikologische Bedenken
bestehen unter anderem auch wegen potenziell bei der Verstoffwechselung entstehender alkylierender Verbindungen,
beispielsweise bei Chlorodenafil (VENHUIS, B.J., De KASTE,
D.: J. Pharm. Biomed. Anal. 2012; 69: 196-208). Angesichts
der unkalkulierbaren Risiken empfiehlt es sich, potenziellen
Nutzern folgende Faustregel mitzuteilen: Es gibt nur zwei
Arten von Nahrungsergänzungsmitteln gegen Impotenz,
solche, die wahrscheinlich verträglich sind, aber nicht wirken
und solche, die möglicherweise wirken, aber riskant sind (COHEN, P.A., VENHUIS, B.J.: JAMA Intern. Med. 2013; 173:
1169-70).
Probiotika ohne Einfluss auf Antibiotika- oder Clostridien-assoziierten Durchfall: Nach Metaanalysen mindern Probiotika, Zubereitungen mit lebenden Keimen wie
Laktobazillen (INFECTODIARRSTOP LGG u.a.), die die
Darmflora beeinflussen sollen, das Risiko von Antibiotika-assoziierten Durchfällen einschließlich Clostridium-difficileDiarrhö. Die in diesen Arbeiten gefundenen Effekte sind groß,
mit relativen Risikoreduktionen von 40% bis 70%. Die ausgewerteten Studien sind aber durchweg klein bis sehr klein,
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