Fachgruppe Computeralgebra Ellwangen 22.04.06
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Fachgruppe Computeralgebra Ellwangen 22.04.06
Fachgruppe Computeralgebra Ellwangen "MuPAD 3 und GeoGebra in der linearen Algebra“ Schwerpunkt: Abbildungen und Basisbegriff Prof. Dr. Dörte Haftendorn, Universität Lüneburg, 22.04.06 linalg-cas.doc 15.03. 2006 Schulbeherrschend in der linearen Algebra ist die Betrachtung des geometrisch gedeuteten Vektorraumes in 2D oder 3D und als Problemstellungen werden vor allem Lagebeziehungen von Geraden und Ebenen betrachtet. Computerwerkzeuge werden hierbei kaum eingesetzt, obwohl es sogar für die graphische Demonstration für Schulen entwickelte Tools gibt wie z.B. von Pieper: „Analytische Geometrie“. Nah am schulmäßigen Vorgehen sind in solchen Werkzeugen Visualisierungen programmiert, die schon eine enorme Hilfe bieten. Hier wird nun aber vorgestellt, wie Lernende schon während der Bildung der Begriffe und Vorgehensweisen eigenständig interaktiv erkunden können und auf diese Weise nicht nur nachträglich visualisieren. Als Werkzeuge werden in diesem Aufsatz GeoGebra (www.geogebra.at) und das CAS MuPAD 3 (www.mupad.de) angesprochen. In Teilen leisten auch andere DMS wie Euklid-Dynageo, Cinderella und Cabri-Geomètre Ähnliches, wobei aber GeoGebra weiterreichende Möglichkeiten in der Koppelung mit der Analysis hat. Anstelle von MuPAD könnten als CAS auch Maple, Mathematica oder Derive genommen werden. Die überragenden Stärken von MuPAD 3 liegen in der Graphik und der Dokumentierbarkeit eines erforschenden Vorgehens. Unter dem Aspekt der Verfügbarkeit bieten auch Handheld-CAS wie TI-voyage und Casio-Classpad gute Möglichkeiten. Alle hier vorgestellten Elemente und die eingesetzten Dateien sind unter http://haftendorn.uni-lueneburg.de im Bereich Lineare Algebra zu finden. Adressaten sind Lehrende und Lernende an Schulen und vor allem auch Hochschulen. Gerade Studierende stehen in der Gefahr, unverstandenes Theoriewissen aufzuhäufen, das in ihrem Beruf nicht fruchtbar werden kann. Es werden drei Bereiche angesprochen ¾ Grundlagen, Vektorräume, Lineare Unabhängigkeit, Begriffszugänge ¾ Der Basis-Begriff und seine Ausprägungen in Funktions-Vektorräumen o Lagrange- und Newton-Interpolationspolynome o Bernsteinpolynome und Bezier-Splines o DGLn und Störfunktions-Ansatz ¾ Affine Abbildungen im 2D-Anschauungsraum o Schulabbildungen in Matrizen-Schreibweise o Allgemeine affine Abbildungen o Eigenwerte und Eigenvektoren ¾ Der Bereich Geraden und Ebenen wird aus Zeit- und Platzgründen ausgeblendet. ¾ Den Bereich der eigentlichen Analytischen Geometrie (Kurven, Kegelschnitte, Quadriken...) habe ich an anderer Stellen breit ausgeführt. (siehe Website) Den Abschuss bildet eine Betrachtung zum Lernen von Mathematik in diesem Thema. Allgemeine Vorbemerkung Naturgemäß lassen sich in einem Druckwerk nicht Bewegungen und Interaktionen der Lehrenden oder Lernenden mit dem Werkzeug darstellen. Gemeint ist, dass nicht die starren Bilder vorgestellt werden, sondern dass mit beweglichen oder mindestens beeinflussbaren Bildern oder Elementen der jeweilige Begriff ausgeschärft wird, so dass er in seiner Notwendigleit und Konstruktion erst entwickelt und dann verstanden wird. Grundlagen, VR, Lineare Unabhängigkeit, Begriffszugänge Vektorraum und lineare Abhängigkeit Auch schon bei den elementaren Gesetzen kann man mit CAS arbeiten. Die 3D-Graphik lässt sich „anfassen“ und bei dauernder Sichtbarkeit in alle Richtungen drehen. Dabei ist nicht nur der Zusammenhang mit dem Strahlensatz ins Auge fallend, sonder auch, dass sich alles in einer Ebene abspielt. Das ist z.B. beim Assoziativgesetz der additiven Gruppe (V,+) nicht der Fall. Nimmt man diese Graphik „in die Hand“, kann man i.a. eine Dreieckspyramide von allen Seiten betrachten. Durch andere Eingabe oder durch passen Animation lassen sich auch Sonderfälle durchspielen, in denen das Problem eben wird oder entartet. (mit MuPAD3). Eine andere wichtige Stelle im Lernprozess ist der Begriff der linearen Unabhängigkeit. Bei der hier gezeigten GeoGebra-Datei lassen sich die Vektoren a,b,und c beliebig wählen. Mit den Schiebereglern kann man nun versuchen, deren Linearkombination u zum Nullvektor zu machen. Die Einsicht, dass das immer geht, ist gerade entscheidend für das Verstehen. Funktionen-Vektorräume und ihre Basen. Lagrange-Interpolationspolynom Gegeben sind Stützpunkte, durch die exakt ein Polynom gelegt werden soll. Bei n+1 Punkten, die nicht auf einer Geraden liegen und die paarweise verschiedene Stützstellen haben, geht das mit einem Polynom n-ten Grades, denn die Polynome bis zum n-ten Grad bilden einen n+1-dimensionalen Polynom-Verktorraum. Nun konstruiert Lagrange für 4 Punkte eine Basis in dem VR mit 4 Polynomen, die an jeweis 3 der vier Stützstellen Nullstellen haben. Diese 4 Polynome sind linear unabhängig, da man mit Sicherheit aus denen, die eine gemeinsame Nullstelle haben, das Polynom, das dort keine Nullstelle hat, nicht linear kombinieren kann. Andererseits reichen auch 4 Polynome als Basis, so dass man sicher sein kann, das gesuchte Polynom aus diesen 4 als Linearkombination p(x) zu erhalten. Heißen die Skalare ci, so erhält man diese ohne Gleichungssystem aus den Stützwerten: Newton-Interpolationspolynom Auch Newton wählt in demselben Polynomraum eine Basis, allerdings haben seine Basispolynome steigenden Grad. Vom Grad 0 ist die waagerechte Gerade durch 1. Die anderen erzeugt er aus den Stützstellen durch Linearfaktoren. Hier also : Diese sind wieder linear unabhängig. Für die Skalare der Linearkombination ergibt sich hier ein „pyramidenförmiges“ Gleichungssystem, das man sukzessive leicht löst. Das so erzeugte Interpolationspolynom ist dasselbe wie das von Lagrange, denn in einem VR lässt sich die eindeutige Darstellung bezüglich einer Basis in die einer anderen Basis umrechnen. Hier kann man sich durch Vergleich der beiden Darstellungen in der Standardbasis von diesem tiefliegenden Satz überzeugen. Original kommen natürlich lange Klammerausdrücke aus vier Summanden heraus. Es existieren Lehrende, die diese dann von Hand ausmultiplizieren lassen und den Eindruck erwecken, erst die Standardform sei die Lösung. Das ist ein numerisch unsinniges Verhalten. Stellt man sich statt der „pädagogischen“ kleinen ganzen Zahlen wirklich Daten mit größeren numerischen Werten vor, so bleiben beim späteren Einsetzen von x-Werten in derselben Größenordnung (schließlich heißt es „Inter“-polation) durch die Linearfaktoren diese Klammerausdrücke numerisch stabil. Dagegen kommt es in der ausmultiplizierten Form zu Effekten, die in der Numerik als „Differenzkatastrophe“ bezeichnet werden. Nicht selten ist die dabei nötige Termumformungskompetenz klausurrelevant und man fragt sich, wessen mathematische Kompetenz dann anzuzweifeln ist. Fragt man aber, bei welchem der beiden Verfahren leichter noch ein Datenpunkt hinzugefügt werden kann, ob die Reihenfolge der Daten eine Rolle spielt, welche Polynombasis verwendet wird, ob sich beide –oder noch andere- Verfahren in ihrer numerischen Stabilität unterscheiden, warum man den Grad erhöhen müsste, wenn die n+1 auf einer Geraden lägen, warum dann aber diese Gerade natürlich das beste Polynom ist, u. s. w. , dann stellt man relevante und für jede Ausbildung, in die man das Thema Interpolation einbringt, sinnvolle Fragen. Diese berücksichtigen, dass Computerwerkzeuge existieren ohne dass diese in der Prüfungssituation vorliegen müssen. Bernsteinpolynome und Beziér-Splines In Mal-Programmen am Computer gibt es unter den Zeichenwerkzeugen „Punkt zu Punkt - Bézier-Kurven“. Ganz rechts sieht man Steuer-elemente an den gesetzen Eckpunkten. Auch in Notensatz-Programmen erscheinen an den Bindebögen Steuerelemente, mit denen man den Bogen passend setzen und formen kann. Die Bézier-Kurven sind Splines mit zwei Eckpunkten und zwei Steuerpunkten deren Koordinaten direkt und ohne Umrechnungen in zwei Linearkombinationen der Bernsteinspolynome eingehen. Damit wird eine Parameterdarstellung der Kurve gegeben. B0 (t ) = (1 − t )3 B1 (t ) = 3 t (1 − t ) 2 x(t ) = x0 B0 + x1 B1 + x2 B2 + x3 B3 B2 (t ) = 3 t 2 (1 − t ) y (t ) = y0 B0 + y1 B1 + y2 B2 + y3 B3 B3 (t ) = t 3 Rechts ist eine interaktive Realisierung der BézierSplines mit GeoGebra gezeigt. Der Parameter t markiert auf einer Folge von Vektoren Teilungspunkte im Verhältnis t :(1-t) . Aus diesem Ansatz können die Bernsteinpolynome und die oben genannte Darstellung vektoriell hergeleitet werden. Siehe http://haftendorn.uni-luebeurg.de im Bereich Numerik, gezeigt mit MuPAD. Lineare Differenzialgleichungen mit Störfunktion y ''+ k y '+ m y = g ( x ) mit konstanten Koeffizienten Zunächst bestimmt man die allgemeine Lösung der homogenen DGL und sucht dann eine spezielle Lösung der inhomogenen DGL. Dafür macht man einen Ansatz G, in den „der Typ“ der Störfunktion eingeht. Einschlägige Bücher stellen Listen zur Verfügung, wie dieser Ansatz zu machen ist. Solche Listen sind eigentlich unnötig, wenn man verstanden hat, dass man nur ein allgemeines Element aus dem Funktions-Vektorraum, dem g und die Ableitungen von g angehören, wählen muss. g ( x) = x G ( x) = a + b x g ( x) = x 2 G ( x) = a + b x + c x 2 g ( x ) = sin(2 x ) G ( x ) = a sin(2 x ) + b cos(2 x ) g ( x ) = e3 x + x 2 G ( x ) = r e 3 x + a + bx + cx 2 Auch hier zeigt es sich, dass es sich lohnt und sehr hilfreich ist, wenn man verstanden hat, was Funktions-Vektorräume sind und was darin eine Basis ist. Affine Abbildungen im 2D-Anschauungsraum Schulabbildungen in Matrizen-Schreibweise Leicht herzuleiten sind die JG cos(ϕ ) Abbildungsmatrizen für Drehungen um p ' = sin(ϕ ) den Ursprung und Spiegelungen an den Koordinatenachsen. Schwieriger wird es, wenn man die Spiegelung an einer Ursprungsgeraden mit der Steigung m angeben will. Ein Versuch „von Hand“ geometrisch auf etwas passendes zu kommen erweist sich als völlig schwerfällig. Besser ist die Idee, um den Steigungswinkel gw zur x-Achse zurückzudrehen, an dieser zu spiegeln und dann wieder um gw vor zu drehen. Mit gw = arctan( m) sind − sin(ϕ ) JG ⋅p cos(ϕ ) die Lernenden verblüfft, dass MuPAD für das dreifache Matrizenprodukt so eine Matrix ganz ohne trigonometrische Funktion ausgibt. Es ist sehr lehrreich, das nochmals unter Einsatz von Additionstheoremen und Umschreibungen in Tangensterme nachzuvollziehen. 1 − m 2 Spm := 2 m + 1 2 m 1 2m 2 m − 1 JG G G Mit dieser Grundidee kann man JG nun auch Spiegelungen an p ' = Spm ⋅ p − b + b Geraden bewerkstelligen, die nicht durch den Urspung verlaufen sondern auch durch einen Punkt B. Addiert man nun noch einen Vektor parallel zu Spiegelgerade, hat man eine Gleitspiegelung in der strengen Form. ( An dieser Stelle ist es angebracht zu erläutern, wie man auf einfache Weise stets das Standard-L abbildet. Anstelle eines Punktes P setzt man eine ganze Matrix ein, die aus allen Punkten des Urbildes gebildet wird. Nun muss man nur die Translationsvektoren ebenfalls „aufblähen“, damit die Abbildungsgleichungen dimensionsmäßig passen. Mit JG JG G p n+1 = k ⋅ Dϕ p n + t ist hier rechts eine Aufgabenstellung für die Klausur erzeugt. ) Allgemeine affine Abbildungen Durch JG JG G p' = A p + t wird eine „Lineare Transformation“ definiert. Im Anschauungsraum 2D und 3D sagt man auch „affine Abbildung“. Sie ist • parallelentreu • teilverhältnistreu Den Beweis dieser Eigenschaften und ihre Äquivalenz zur Linearität kann man gut visualisieren. Eigenwerte und Eigenvektoren Das übliche Vorgehen „von Hand“ lässt sich natürlich nachbilden. Allerdings haben alle CAS, sogar der TI-voyage, auch passende Befehle: Vorn steht jeweils der Eigenwert, dann seine Vielfachheit und der zughörige Eigenvektor. Zeichnet man das Parallelogramm aus den Eigenvektoren und sein Bild, so sieht man, was die vorgelegte Abbildung wirklich bewirkt. In diesem Fall kann man sie beschreiben als Schrägspiegelung mit einer 4-fachen Vergrößerung. Wie immer kann man in einer Datei, die dieses leistet, dann beliebige Matrizen eingeben und mit „evaluiere alle Eingaben“ viele Beispiele erkunden. Es ergeben sich auch Anlässe für allgemeine Aussagen wie: „Ist genau ein Eigenwert negativ, ist es eine gegensinnige Abbildung.“ oder „Ist ein Eigenwert 1, so gibt es eine Fixpunktgerade,“ oder „Zentrische Streckungen mit Faktor k haben k als doppelten Eigenwert und einen zweidimensionalen Eigenraum (in 2D).“. Auch im 3D-Anschauungraum kann man mit MuPAD 3 sehr gut arbeiten, da man die 3DObjekte und ihre Bilder leicht von allen Seiten betrachten kann. Man kann auch visuell die Erkenntnis gewinnen, dass bei den Quadriken die Eigenvektoren die Richtung der Hauptachsen angeben. Natürlich läßt sich auch die Hauptachsentransformation durchführen und visualisieren. Sebstverständlich ist die Berechnung von Eigenvektoren auch in höherdimensionalen Anwendungen wie z.B. Markow-Ketten möglich. Fazit: Der Einsatz von Computerwerkzeugen, insbesondere von CAS, ist im Thema Lineare Algebra ganz besonders hilfreich, da die schnell erzeugten Darstellungen und Rechnungen das eigenständige Erkunden befördern und das Verstehen unterstützen. Weiteres: http://haftendorn.uni-lueneburg.de