und Herstellungskosten zum Erhaltungsaufwand

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und Herstellungskosten zum Erhaltungsaufwand
Die Abgrenzung von aktivierungspflichtigen Anschaffungs- und Herstellungskosten zum
Erhaltungsaufwand
1. Quellennachweise
IDW ERS IFA 1 – Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Gebäuden
WP-Praxis 02/2014 S. 37 ff. – WP/StB Klaus Wiechers, „Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und
Herstellungskosten bei Gebäuden“ (zitiert WP Praxis)
IDW Fachnachrichten 03/2014 S. 246 ff – WP StB Dr. Ute Stiebler, IDW Stellungnahme zu IDW RS IFA
1 „Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Gebäuden in der Handelsbilanz“
(zitiert IDW FN)
Beck‘scher Bilanzrechtskommentar insbesondere § 255 HGB
BMF-Schreiben vom 18.07.2003 IV C 3
2. Kernaussagen
Bauliche Maßnahmen im Sinne einer Erweiterung oder wesentlichen Verbesserung sind als
nachträgliche Herstellungskosten aktivierungspflichtig.
Das Kriterium wesentliche Verbesserung muss eine Verbesserung des gesamten
Vermögensgegenstandes umfassen, reine Modernisierungsmaßnahmen sind regelmäßig unabhängig
von Ihrer betragsmäßigen Größenordnung Erhaltungsaufwand.
Führen bauliche Maßnahmen (insbesondere auch im energetischen Bereich) zu einem sogenannten
Standardsprung betreffend mehrerer wesentlicher Teilbereiche, liegt in der Regel gleichfalls eine
wesentliche Verbesserung des ursprünglichen Zustandes vor.1
3. Aktivierungsvoraussetzungen (rechtlicher Hintergrund)
Nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sind Aufwendungen als Herstellungskosten zu aktivieren wenn eine der
folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
-
1
2
Herstellung eines Vermögensgegenstandes
Erweiterung eines Vermögensgegenstandes
Wesentliche Verbesserung eines Vermögensgegenstandes, die über dessen ursprünglichen
Zustand hinausgeht2.
WP-Praxis, S. 37
IDW FN, S. 247
Die Abgrenzung von aktivierungspflichtigen Anschaffungs- und Herstellungskosten zum Erhaltungsaufwand
4. Herstellung eines Vermögensgegenstandes
Die Herstellung eines neuen Vermögensgegenstandes ist in der durzuführenden Abgrenzungsprüfung
zum Erhaltungsaufwand meist unproblematisch.
Bauliche Maßnahmen an einem bestehenden Bauwerk sind hierunter zu subsumieren, wenn
wesentliche Bauwerksteile durch Verschleiß oder andere Einflüsse (z.B. Brand, Hochwasser oder
Sturm) so sehr abgenutzt waren, dass die Anlage unbrauchbar geworden ist (technischer
Vollverschleiß) und durch die vorgenommenen Maßnahmen unter Verwendung der noch nutzbaren
Teile ein neues Bauwerk hergestellt wird3.
Voraussetzung ist, dass Bauwerk aus bautechnischer Sicht als neu anzusehen ist, als dass alle
verschlissenen Teile ersetzt werden, die für die Nutzungsdauer des Bauwerkes bestimmend sind.
Demzufolge ist von einer Herstellung eines neuen Bauwerkes nur bei schweren Substanzschäden
(z.B. Fundamente, tragende Wände, Geschossdecken oder Dachkonstruktionen) auszugehen.4
Neben technischen Vollverschleiß kommt auch wirtschaftlicher Vollverschleiß in Betracht (Gebäude
ist in seiner bisherigen Funktion nicht mehr nutzbar und wesentliche verbrauchte Teile werden
ersetzt)
Beispiel:
Die A eG ist Eigentümerin einer Stahlträgerhalle. Aufgrund von Korrosion sind die Stahlträger
verschlissen und die Standfestigkeit gefährdet. Die Betonfundamente sind in einem noch
sehr guten Zustand. Das Unternehmen beschließt auf die bestehenden Fundamente eine
neue Halle zu errichten.
In diesem Fall handelt es sich um die Herstellung eines neuen Gebäudes. Durch den
Verschleiß der Stahlträger ist die Halle unbrauchbar geworden. Ebenso ist die neu errichtete
Halle als neues Gebäude anzusehen. Die Wiederverwendung der bereits bestehenden
Fundamente hat auf die Zuordnung zum Neubau keinen Einfluss, da alle verschlissenen
Bauteile die für die Nutzungsdauer bestimmend sind ausgetauscht wurden.
Weiteres Beispiel:
o
Brandschäden und anschließende Wiederherstellung (Teilzerstörung) führen zu
Herstellungskosten
5. Erweiterung eines Vermögensgegenstandes
Erweiterungen führen zu einer Substanzvermehrung (Aufstockung, Anbau, Vergrößerung der
nutzbaren Fläche). Diese Aufwendungen sind als Herstellungskosten zu aktivieren.
Werden jedoch selbstständig verwertbare Anlagen geschaffen (PV-Anlagen, BHKW), stellen diese
eigene zu aktivierende Vermögensgegenstände dar.
3
4
IDW ERS IFA 1, Nr. 2.1
WP Praxis, S. 38
Die Abgrenzung von aktivierungspflichtigen Anschaffungs- und Herstellungskosten zum Erhaltungsaufwand
6. Wesentliche Verbesserung über den ursprünglichen Zustand hinaus
Der ursprüngliche Zustand wird grundsätzlich definiert als der Zustand, mit dem das Unternehmen
den Vermögensgegenstand in sein Vermögen aufgenommen hat (Zustand zum Zeitpunkt der
Anschaffung oder Herstellung). Wurden nachträgliche Anschaffungs- und Herstellungskosten
aktiviert ist aufgrund der Veränderungen der Zustand nach der Investition maßgebend.
Ebenso sind Substanzverluste (durch Abbruch, Brand oder Hochwasser) zu verzeichnen, so gilt
insoweit der Zustand nach Substanzverlust als ursprünglicher Zustand.
Eine wesentliche Verbesserung liegt dann vor, wenn über eine substanzerhaltende Instandhaltung
hinaus, die Gebrauchsmöglichkeit (Nutzungspotenzial) im Ganzen deutlich erhöht wird.5
Eine wesentliche Verbesserung muss den Vermögensgenstand im Ganzen betreffen. Eine
Verbesserung nur von Teilen führt daher immer zu Instandhaltungsaufwand (z.B.
Modernisierungsmaßnahmen in einem Teil eines Gebäudes, auch bei Werterhöhungen.
Beispiel:
In einem Verwaltungsgebäude wird die alte Heizungsanlage entfernt und durch die Abwärme
aus der unternehmenseigenen Biogasanlage ersetzt. Im Rahmen dieser Maßnahme wird auch
eine raumindividuelle Temperaturregelung eingebaut.
Trotz der deutlichen Verbesserung in Richtung Arbeitsplatzkomfort handelt es sich
handelsrechtlich um einen funktionsgleichen Austausch (Heizung alt gegen Heizung neu). Die
gesamten Kosten sind daher als Erhaltungsaufwendungen zu behandeln.
7. Besonderheit Stallausrüstungen bei landwirtschaftlichen Unternehmen
In der Landwirtschaft stellt sich derzeit die Frage, ob es sich bei notwendigen Umbauten in den
Stallanlagen
aufgrund
EU-rechtlicher
Normen
um
Instandhaltungsaufwand
oder
aktivierungspflichtige Herstellungskoten handelt. Da die „alten“ Stalleinbauten in Ihrer
ursprünglichen Bestimmung nicht mehr nutzbar sind, liegt hier ein sogenannter wirtschaftlicher
Vollverschleiß vor. Also sind die neuen Einbauten als Betriebsvorrichtung zu aktivieren und die
„alten“ Stalleinbauten als Anlagenabgang zu erfassen.
5
IDW ERS IFA 1 Nr. 2.3.1 und 2.3.2
Die Abgrenzung von aktivierungspflichtigen Anschaffungs- und Herstellungskosten zum Erhaltungsaufwand
8. Anschaffungsnahe Herstellungskosten
Die Abgrenzung ob es sich um Herstellungskosten oder Instandhaltungsaufwendungen handelt stellt
sich insbesondere dann, wenn bereit kurze Zeit nach dem Erwerb oder der Fertigstellung erhebliche
Aufwendungen in den Vermögensgegenstand fließen.
Herstellungskosten liegen nur dann vor, wenn die Maßnahmen die o.g. Anforderungen erfüllen.
Jedoch ist aufgrund des zeitlich engen Zusammenhanges zwischen Abschaffung und Sanierung, dass
die Aufwendungen nicht nur den Zustand erhalten, sondern bereits zu diesem Zeitpunkt erheblicher
Bedarf an Maßnahmen zur Substanzerhaltung vorlag. Insbesondere dann, wenn im Verhältnis zum
Kaufpreis hohe Aufwendungen vorliegen kann man in der Regel davon ausgehen, dass es sich um
Herstellungskosten handelt.
9. Besonderheiten bei beweglichen Vermögensgegenständen
Bei beweglichen Anlagevermögen stellt sich die Frage insbesondere bei zusammengesetzten
Vermögensgegenständen (z.B. PC mit Drucker, Tastatur und Monitor). Wird dort lediglich ein
defekter Bestandteil ausgetauscht, ist von Instandhaltungsaufwand auszugehen. Erfolgt jedoch mit
dem Austausch eine wesentliche Verbesserung des Vermögensgenstandes liegen Herstellungskosten
vor. Zu beachten ist, dass bei einer solchen Nachaktivierung der Abgang des defekten Gerätes als
Teilabgang aus dem Anlagevermögen zu berücksichtigen ist und die Nutzungsdauer nach der
Aktivierung neu zu mitteln ist.6
Die Betrachtung von Anbauteilen für Maschinen ist oftmals nicht eindeutig, ob es sich um einen
eigenen Vermögensgegenstand oder einen Bestandteil eines anderen Vermögensgenstandes
handelt. Sind die Anbauteile einer bestimmten Maschine zwingend zugeordnet (Anbauteil lässt sich
nur an einem bestimmten Typ anbringen und ist in dem Unternehmen nur ein solches vorhanden z.B.
Spezialschaufel für einen bestimmten Teleskoplader) ist dieses zwingend als Anschaffungskosten zu
dem Hauptgerät zu aktivieren. Für die Beurteilung ob es sich bei einer Neuanschaffung des
Anbauteiles um Erhaltungsaufwand oder Anschaffungskosten handelt ist dann wieder auf die obigen
Ausführungen zurückzugreifen.
Handelt es sich um Anbauteile die an mehrere, im Unternehmen vorhandene Geräte angebracht
werden können (z.B. Schiebeschild welches an mehrere Traktorentypen passt), kann man von einer
selbstständigen Nutzbarkeit ausgehen und eine eigene Aktivierung durchführen. Der Ersatz eines
solchen Anbauteiles stellt dann einen Anlagenabgang mit einer Neuinvestition dar.
6
EStR 7.2
Die Abgrenzung von aktivierungspflichtigen Anschaffungs- und Herstellungskosten zum Erhaltungsaufwand
10. Steuerliche Problematik
Bereits 2003 hat das Bundesfinanzministerium Stellung zu anschaffungsnahen Herstellungskosten bei
Gebäuden bezogen. Diese Regelung ist immer noch von der Finanzverwaltung anzuwenden. Wenn
die Aufwendungen in den ersten drei Jahren nach der Anschaffung 15% der Anschaffungskosten
nicht übersteigen, kann unabhängig von einer Anhebung des Standards im Grundsatz auf eine
Aktivierung verzichtet werden.7
Obwohl es zu der handelsrechtlichen Regelung keine abweichende steuerliche gesetzliche Regelung
gibt, ist die Praxis der Finanzbehörden, insbesondere der Betriebsprüfer meist daraufhin
ausgerichtet, möglichst viele Aufwendungen als Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu aktivieren.
Dieses Ziel ist daher geschuldet, um kurzfristig ein höheres Steueraufkommen zu realisieren. Daher
ist es erforderlich bei größeren Instandhaltungsmaßnahmen die Sachverhalte ausreichend zu
dokumentieren um nachträglich eine größere Änderung der Besteuerungsgrundlagen und der damit
verbundenen Steuermehrbelastung (insbesondere auch durch Zinsen) zu umgehen.
Mit freundlichen Grüßen
Lars Schubert
Wirtschaftsprüfer
7
BMF 18.07.2003 Rn. 38
Marco Steinicke
Steuerabteilung