Ausbildung von Lehrer/innen für berufsbildende Schulen in
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Ausbildung von Lehrer/innen für berufsbildende Schulen in
29.04.2013 Ausbildung von Lehrer/innen für berufsbildende Schulen in Thüringen; Problemaspekte und Lösungswege Die wichtigsten rechtlichen Grundlagen für die Ausbildung und Prüfung von Studierenden für ein Lehramt an berufsbildenden Schulen in Thüringen enthalten das Hochschulgesetz, die Verordnungen und Beschlüsse der Kultusministerkonferenz, die Gesetze und Verordnungen des Landes Thüringen (insbesondere das Thüringer Lehrerbildungsgesetz) und die Studien- und Prüfungsordnungen der ausbildenden Hochschulen. Die reguläre Ausbildung von Berufsschullehrern und -lehrerinnen in Thüringen gliedert sich in zwei Phasen. In einer ersten Phase wird ein Studium an einer Hochschule (lehramtsbezogener Bachelor- und Masterstudiengang oder Lehramtsstudiengang) einschließlich schulpraktischer Studien absolviert. Daran schließt sich die zweite Phase mit der pädagogisch-praktischen Ausbildung in einem schulartbezogenen Vorbereitungsdienst an. Diese wird in Thüringen ergänzend zu den Staatlichen Studienseminaren durch Ausbildungsschulen, die Aufgaben eines schulartbezogenen Studienseminars allein (Seminarschule) oder als Verbund im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung (Seminarschulverbund) wahrnehmen, durchgeführt. [1] Ein wissenschaftliches Studium zur Befähigung für ein Lehramt an berufsbildenden Schulen ist in Thüringen derzeit in den beruflichen Fachrichtungen Elektrotechnik, Metalltechnik, Bautechnik und Wirtschaft möglich. Die zu absolvierenden Studienschwerpunkte umfassen dabei Inhalte der Fachwissenschaft der jeweiligen beruflichen Fachrichtung, eines allgemeinbildenden zweiten Unterrichtsfachs, der Berufspädagogik, der Fachdidaktik und schulpraktische Übungen. Ein Bachelor- und Masterstudium für das Lehramt im Fach Wirtschaft ist an der FSU Jena möglich. Lehramtsbezogene Studiengänge für die drei anderen beruflichen Fachrichtungen werden in Kooperation der Universitäten TU Ilmenau (Elektrotechnik und Metalltechnik), Bauhausuniversität Weimar (Bautechnik) und Universität Erfurt (Berufspädagogik) umgesetzt. Seit Jahren deutschlandweit zu verzeichnen ist ein Defizit von Angebot und Nachfrage an Absolventen lehramtsbezogener Studiengänge für berufsbildende Schulen unterschiedlichster Fachrichtungen. Eine Folge sind Probleme bei der Besetzung offener Stellen. Es ist zu erwarten, dass sich diese Situation im Zuge der fortschreitenden demografischen Veränderungen, u. a. einhergehend mit einer in den nächsten Jahren zu erwartenden starken Verrentungswelle von zur Zeit im Schuldienst befindlichen Lehrpersonal in Thüringen, noch verschärfen wird. [2], [3] Gesetzliche Basis Phasen der Lehrerbildung Studienmöglichkeiten, Iststand Problem Fachkräftesicherung Untersuchungen verweisen auf eine Vielzahl an Gründen für das bestehende Angebots-Nachfrage-Defizit. [4] Ein Grund ist auch darin zu sehen, dass sich zu wenige Abiturienten nach dem Schulabschluss für eine Tätigkeit an einer berufsbildenden Schule interessieren. Häufig bildet sich ein Interesse von Personen Dieses Vorhaben wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und aus dem Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union gefördert. erst nach einem Studium in einem Berufsfeld und einigen Jahren der Berufstätigkeit heraus. Dies trifft in besonderem Maße auf gewerblich-technische Fachrichtungen zu. Ein häufig begangener Weg der Länder dem Mangel an Bewerbern mit einem grundständig absolvierten Lehramtsstudium zu begegnen, so auch in Thüringen, ist die Einstellung von sogenannten Seiteneinsteigern in den Schuldienst. Als Seiteneinsteiger werden Personen bezeichnet, welche über keine grundständige Lehramtsausbildung verfügen, in der Regel aber über ein Hochschulstudium in einer zumindest affinen beruflichen Fachrichtung sowie Praxiserfahrungen aus einer beruflichen Tätigkeit. Für die Betroffenen bestehen allerdings bisher nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten die für eine Laufbahn als Berufsschullehrer/in erforderlichen Qualifikationen in der Berufspädagogik, der Fachdidaktik und für ein zweites Unterrichtsfach nachträglich zu erwerben. Hiervon betroffen sind insbesondere Absolventen von Fachhochschulstudiengängen. Für diese besteht bisher so gut wie keine Chance für einen Aufstieg. Der nicht nur in Thüringen sondern in ganz Deutschland zu verzeichnende dauerhafte Mangel an Absolventen grundständiger Lehramtsstudiengänge für eine Einstellung in den Schuldienst erfordert ein Umdenken. Eine mögliche Lösungsalternative ist darin zu sehen, mehr Bachelorstudiengänge als bisher polyvalent zu gestalten, d. h. mit der Option auszurichten, dass die Absolventen anschließend ein Masterstudium für das Lehramt an berufsbildende Schulen anschließen können, welches für eine Laufbahn als Berufsschullehrer/in berechtigt. Eine Sichtung von Studienangeboten in Thüringen, mit für eine berufliche Fachrichtung an beruflichen Schulen interessanter Studienrichtung en, erbrachte das Ergebnis, dass eine Vielzahl an Ansätzen gegeben ist. Alternative Seiteneinstieg Neue Lösungsansätze Legende: Gemessen an den Referenzstudiengängen (polyvalenter BA-Studiengang) der Universitäten Weimar und Ilmenau bedeutet „+“ sehr hohe inhaltliche Übereinstimmung und „+/-“ inhaltliche Übereinstimmung zu ca. 50%. Eine andere Alternative wird darin gesehen, Wege von Seiteneinsteigern in den Schuldienst so zu institutionalisieren, dass Möglichkeiten eines (berufsbegleitenden) Nacherwerbs von fehlenden Laufbahnvoraussetzungen für Personen mit unterschiedlichen Einstiegsvoraussetzungen geschaffen werden. Eine notwendige Basis hierfür ist eine verbindliche Klärung der Voraussetzungen für die Anerkennung von Abschlüssen mit einer ebenso verbindlichen Festlegung von zu Klärungsbedarf Dieses Vorhaben wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und aus dem Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union gefördert. erbringenden Auflagen für den Zugang zu einer Laufbahn als Berufsschullehrer/-in bezogen auf die jeweilige Person. Abgestimmt auf erteilte Auflagen werden bedarfs- und anforderungsgerechte Maßnahmen der Fort- und Weiterbildung benötigt. Hier gefordert sind vor allem Studienformate, welche begleitend zu einer beruflichen Tätigkeit absolviert werden können und beruflich erfahrenen Studierenden gerecht werden. Von wesentlicher Relevanz dabei sind zum einen Fragen der Anrechnung von bereits in anderen Qualifizierungsmaßnahmen und in der beruflichen Praxis erworbenen Kompetenzen, zum anderen die räumliche und zeitliche Organisation und didaktische Gestaltung von Lehr-/Lernprozessen. Angebotsentwicklung Die Anrechnung von Vorleistungen kann dazu führen, die Studiendauer bzw. zumindest die Studienbelastung für die Studierenden zu reduzieren. So besteht z. B. die Möglichkeit, Prüfungsleistungen, die in einem anderen Studiengang erworben wurden, ggf. anzurechnen, sofern sie mit den zu erbringenden Studienleistungen gleichwertig sind. Eine Einschätzung der Gleichwertigkeit erfolgt in der Regel anhand der: ˚ Modulbeschreibung (Inhalt) ˚ Semesterwochenstunden (SWS) ˚ Leistungspunkte Nachfolgende Beispielrechnung beinhaltet mögliche Eckdaten für einen Vergleich der Modulinhalte und Leistungspunkte für das Zweitfachstudium Mathematik an der Universität Erfurt mit techn. Bachelorstudiengängen an der Fachhochschule Jena. Bsp. Anrechnung Als Angebot für Seiteneinsteiger/-innen sind derzeit ein Studiengang zum Master Dieses Vorhaben wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und aus dem Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union gefördert. Lehramt berufsbildende Schulen sowie ein Zertifikatsstudium in dem Fach Mathematik oder Sozialkunde in einem berufsbegleitend studierbaren Format in der Erarbeitung. Vorgesehen ist die Umsetzung eines Blended-Learning Konzeptes, bestehend aus Präsenz- und Selbststudienphasen. Orientierend an einem Grundmodell zum Ablauf von Studienmodulen (vgl. nachfolgende Abbildung) kommen je nach Sinnfälligkeit/Eignung unterschiedliche Modellvarianten zum Ansatz. Grundmodell Einführung Inhalt Modell V1 Modell V2 Modell V3 Moduleinordnung, Ablaufplanung/Organisation, Anforderung an Prüfungsleistungen Einführungsveranstaltung Einführungsveranstaltung, Bildung von Lerngruppen Einführungsveranstaltung Video-Vorlesung + ergänzendes Literaturstudium Literaturstudium Literaturstudium Selbststudienphase Präsenzphase Gruppenarbeitsphase Präsenzphase Projektarbeit, Forschungsaufgabe etc. (selbstorganisiert) Projektpräsentation, Klärung offener Fragen, Fachdiskussionen Seminar zur Klärung offener Fragen Nachbereitungsphase Vorbereitung auf Prüfung Prüfungsleistung Klausur Erarbeiten von Referaten, Unterrichtsentwürfen Seminar mit Referaten bzw. Erprobung von Unterrichtsentwürfen, Gruppendiskussion Portfolio erstellen Portfolio Bsp. Studienformate Vertiefung, Diskussion zu Inhalten des Literaturstudium Projektarbeit Projektpräsentation Projektbericht erstellen Projektbericht Literatur: [1] http://www.thueringen.de/de/tmbwk/bildung/einrichtungen/seminarschulen/content.html, entnommen: 28.03.2012 [2] Postl, Dieter; Matthäus, Sabine; Schneider, Matthias (2005): Direkteinsteiger als Lehrer an beruflichen SchulenNotmaßnahme oder Qualifizierungschance? In: lernen & lehren Elektrotechnik-Informatik und Metalltechnik, Heft 79, 20. Jahrgang [3] http://www.kmk.org/fileadmin/pdf/Statistik/BERICHT_MODELLRECHNUNG_online.pdf, entnommen: 30.01.2013 [4] Rothe, Georg (2006): Lehrerbildung für gewerblich-technische Berufe im europäischen Vergleich. Vorschläge für eine Umstrukturierung der Studiengänge samt Konsequenzen für das nationale Berufsbildungssystem, Universitätsverlag Karlsruhe Dieses Vorhaben wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und aus dem Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union gefördert.