Rezension von Friedrich Hagedorn - Rat für Nachhaltige Entwicklung

ADOLF GRIMME INSTITUT
"Nachhaltigkeit in 50 Sekunden"?
Bereits der Titel provoziert: Scheinbar Unversöhnliches, nämlich die Kurzatmigkeit
unserer Kommunikationsmedien, symbolisiert durch 50 Sekunden (die Länge eines
Werbe-Spots), mit der Generationen übergreifenden Zeitperspektive der Nachhaltigkeit
in Verbindung zu bringen. Doch hinter dem Titel verbirgt sich mehr als eine Provokation: Hervorgegangen ist diese Publikation nämlich aus dem Projekt "Nachhaltiger Filmblick", einem Berliner Studienprojekt, das es mit professioneller Unterstützung geschafft hat, eine Reihe kurzer Film-Spots zum Thema Nachhaltigkeit zu produzieren,
die auf hohe Resonanz gestoßen sind. Phantasievoll, kurzweilig und mit umgedeuteten
Werbebotschaften werden in insgesamt acht Episoden Aspekte und Verhaltensweisen
zum Thema Nachhaltigkeit präsentiert (als DVD dem Buch beigefügt).
Die Überlegungen, Diskussionen, theoretischen und praktischen Bezüge rund um dieses
Film-Projekt finden sich nun in dieser Publikation. Aufgegliedert in die drei Bereiche:
"Theoretisches", "Methodisches" und "Praktisches" können Leser und Leserinnen auswählen, welche Zugänge zum Thema sie interessieren: Ob Anmerkungen zum Konzept
der Nachhaltigen Entwicklung (als "Wert und regulative Idee"), zu deren Kommunikationsfähigkeit – u.a. mit Bezug auf Luhmann ("Was nicht kommuniziert wird, existiert
gesellschaftlich nicht...") und den Dalai Lama (über „Nachhaltigkeit und Lebensglück“)
– oder zu einer "Ästhetik der Nachhaltigkeit" (neues Naturverständnis mit soziale
Wahrnehmung verknüpfen). Ob strategische Kommunikationsplanung (Zielgruppenansprache, Corporate Design, Networking oder Medienwahl) oder ob schließlich praktische Hinweise – vom Drehbuch über Ausstattung und Regie bis hin zur Postproduktion
und zum Vertrieb. Für all diejenigen, die irgendwie mit Nachhaltigkeit, Kommunikation
oder auch "nur" konkreten Film-Projekten zu tun haben, findet sich hier ein immenses
Spektrum an Reflexionen, konzeptionellen Überlegungen und praktischen Anregungen,
die immer wieder konkret Bezug nehmen auf die realisierten Film-Spots.
Ein Blick auf die bislang vorliegende und eben nicht gerade üppige Literatur zur Frage
der Kommunikation von Nachhaltigkeit zeigt zudem, dass mit diesem Band erstmals
eine umfassende Annäherung an die Thematik geboten wird. Dies gilt auch dann, wenn
man sich in der Darstellung vielleicht öfter ein exemplarisches Vorgehen gewünscht
hätte und viele Aussagen und Annahmen sicherlich zu hinterfragen sind und weiterer
Diskussionen bedürfen.
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Hinzu kommt, dass der sprachliche Duktus, wie sonst oftmals bei solchen Themen, keineswegs von einem wehleidigen oder anklagenden Ton beeinträchtigt wird. Im Gegenteil: Man spürt das Engagement und die kreative Begeisterung derjenigen, die an diesem
Projekt beteiligt waren. Das Motto: Nachhaltigkeit lässt sich nicht nur über Katastrophen, sondern auch mit viel Lust und neuen Ideen kommunizieren. Und wer es anschaulich haben will, sollte – vielleicht auch vor dem Lesen – einen Blick in die beigefügte
DVD nicht versäumen. "50 Sekunden" dürften dafür, vor allem für die Lektüre der Publikation, allerdings nicht ausreichen.
Bibliographische Angaben:
Irmela Bittencourt, Joachim Borner, Albert Heiser (Hrsg.)
Nachhaltiger Filmblick
In Kooperation mit dem Rat für Nachhaltige Entwicklung
nachhaltigkeit in 50 sekunden
Kommunikation für die Zukunft
ökom verlag, München 2003
195 S. plus DVD
Preis: 29,80 €
Rezension von:
Friedrich Hagedorn
Adolf Grimme Institut GmbH
[email protected]
www.grimme-institut.de
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