Segeberger Zeitung vom 29.05.2013
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Segeberger Zeitung vom 29.05.2013
24 Bad Bramstedt Mittwoch, 29. Mai 2013 Nr. 122 KURZ NOTIERT Sportausschuss verschoben Bad Bramstedt. Die für heute Abend angesetzte Sitzung des Ausschusses für Kultur, Bildung und Sport wurde kurzfristig auf Mittwoch, 5. Juni, verschoben. Sie beginnt um 20 Uhr. Grund ist, dass viele Kommunalpolitiker ortsabwesend sind. Der Ausschuss will unter anderem über die Anlage eines Kunstrasenplatzes auf dem Schäferberg beraten. ben Diskussion über Wahlwerbung Bad Bramstedt. Die Wahlschlacht ist zwar geschlagen, doch wird sie ein Nachspiel im Hauptausschuss haben, der am Dienstag, 6. Juni, ab 19 Uhr im Saal des Schlosses tagt. Thema ist die Wahlwerbung vor den Wahllokalen, mit der Parteien versuchen, Unschlüssige noch in letzter Minute umzustimmen. ben Kinderbetreuung Hand in Hand Großenaspe. Wer die Kindertagespflege „Hand in Hand“ in Großenaspe in Anspruch nehmen möchte, über die die Segeberger Zeitung am Montag berichtet hatte, kann diese unter Tel. 01573/9017367 erreichen. Auch die Diakonie Altholstein in Bad Bramstedt gibt Auskunft über das neue Angebot unter Tel. 04192/1250. Bei „Hand in Hand“ betreuen Tagesmütter Kinder im Alter von drei bis zwölf Jahren in Räumen der Grundschule Großenaspe. ben Politikerin Thissen sucht das Gespräch Bad Bramstedt. Die SPDBewerberin für die Bundestagswahl im September im Wahlkreis Steinburg/ Dithmarschen-Süd/Bad Bramstedt, Karin Thissen, ist am Sonnabend, 1. Juni, ab 11.30 Uhr Gast im Café Landsalon im Landweg 6. In der Reihe „Karin Thissen im Gespräch“ will sie mit den Bürgern die medizinische Versorgung im ländlichen Raum erörtern. Eingeladen dazu ist auch Ralph Baum, Betriebsratsvorsitzender des Klinikums Bad Bramstedt. ben Die Jüngsten Dr. Andreas Schult und Dag Meholm kamen in Anspielung auf den König Günter Pfeiffer als Taxis verkleidet zum Festkommers (Foto oben). Ein strenges Auge warfen gestern Vormittag Ältermann Jürgen Schümann (Foto rechts, von rechts) und Hauptmann Gerd Kiel auf die Kleidung ihrer Gildebrüder. Zum Abschied eine gekrönte Unterhose für König Günter Vogelschützen feierten zwei Tage - Seit gestern gibt es einen neuen König: Werner Hamann Bad Bramstedt. Kondition müssen die Aktiven der Vogelschützengilde von 1695 schon mitbringen. Zwei Tage wurde gefeiert, gestern Abend stand der neue Vogelschützenkönig fest: Tischlermeister Werner Hamann. Neben dem Königsschießen im Herrenholz war der Festkommers am Montagabend ein Höhepunkt der Festtage. Von Uwe Straehler-Pohl Schon am Montagmorgen hatte sich der Gildevorstand auf Inspektionsgang durch die Stadt begeben und dabei so manches hochprozentige Getränk ausgeschenkt. Hoch her ging es dann im voll besetzten Kaisersaal beim Festkommers. Eine bunte Mischung aus Musik, launigen Reden und der Verpflichtung neuer Mitglieder prägte den Abend. Manche Beiträge hätten einem strafferen Zeitplan geopfert werden können, doch wahre Lachsalven riefen wieder Hauptmann Gerd Kiel und Reimer Fülscher, „Gastredner“ der Fleckensgilde, hervor. „So gute Geschichten kannst Du Dir gar nicht ausdenken, wie sie das Leben schreibt“, sagte Fülscher. Ihm reicht ein kleiner Zettel in der Hand, um mit der Beschreibung seiner Mitmenschen und deren Eigenarten den Saal zum Kochen zu bringen, immer gewürzt mit einer Prise Selbstironie. Der Vorstandsjüngste, Dag Meholm, stand dem kaum nach: Er muss allerdings bloß plattdeutsch reden, schon johlt das Publikum. Meholm ist Norweger. Zu Ende ging gestern die einjährige Regentschaft des Vogelschützenkönigs Günter Pfeiffer. „Dein Name wird sogar fett gedruckt in Erinnerung bleiben“, lobte ihn der ehemalige Hauptmann Claus Bornhöft während des Festkommers’. Taxi-Unternehmer Pfeiffer hatte in seiner Amtszeit nicht nur seine Autos mit silbernen Königskronen versehen. Bis hin zum Toilettenpapier sei bei ihm zu Hause alles mit einer Krone verziert, berichteten einige Gildebrüder und -schwestern, die die Gastfreundschaft von Pfeiffer und seiner Ehefrau Anja lobten. Lediglich eine Unterhose mit Krone habe er nicht bekommen können, hatte Pfeiffer unlängst bedauert. Bürgervorsteherin Annegret Mißfeldt schuf Abhilfe. Im Kaisersaal hielt sie ein schwarzes Exemplar mit Krone in die Luft und überreichte es der noch amtierenden Majestät. „Anziehen, anziehen!“, skandierte der Saal. Günter Pfeiffer reagierte in ganz ungewohnter Weise: sprachlos und leicht verlegen. Der Aufforderung kam er nicht nach. Als Abschiedsgeschenk übergab Pfeiffer dem Vorstand eine Truhe mit zwölf silbernen Bechern und Serviettenringen, auf denen die je- Bürgervorsteherin Annegret Mißfeldt hatte dem scheidenden König, Günter Pfeiffer, eine Unterhose mitgebracht - standesgemäß mit Krone. Fotos osp weilige Funktion im Vorstand eingraviert ist. Claus Bornhöft verließ nach 34 Jahren, davon 19 als Hauptmann, den Vorstand der Vogelschützengilde. Zum Abschied erhielt einen großen Holzvogel, so einen, wie die Gildebrüder alljährlich im Herrenholz von der Stange schießen. Der Saal stand geschlossen auf und applaudierte lang anhaltend. Gestern ging es mit dem Feiern schon um 6.30 Uhr weiter, beim Königsfrühstück im Kaisersaal, zu dem sich Gildevorstand und Majestät trafen. Anschließend der Kleiderappell auf dem Bleeck: Streng kontrollierte Hauptmann Gerd Kiel, assistiert von Ältermann Jürgen Schümann, ob die Vogelschützen würdig gekleidet waren, um auf dem Schießplatz im Herrenholz auf den Holzvogel anzusetzen. Es hagelte Strafzahlungen. Der eine war zu dick, der andere zu dünn, die Schuhe waren nicht geputzt, das Lächeln zu süffisant. Perfekt angetreten war eigentlich nur Karl Wagner. „An dem können wir gar nichts verdienen“, winkte Schümann ab. Auf die Geldstrafen, das ist ein offenes Geheimnis, kann die Gilde nicht verzichten. Davon wird die Musik ebenso bezahlt wie die silbernen Löffel, die es beim Vogelschießen zu gewinnen gibt – und natürlich die silberne Schöpfkelle, die der Ältermann um Mitternacht der Frau des neuen Königs übergibt. Sie soll ein Fruchtbarkeitssymbol sein. Der neue König wurde auch dieses Jahr wieder nach alter Sitte und undurchschaubaren Regeln ausgeschossen. Jeder Schütze schießt für einen anderen, den er aber nicht kennt. Stundenlang legten die Gildebrüder auf den Holzvogel an, gegen 17 Uhr fiel das letzte Stück, doch es dauerte noch ein bisschen bis der König ausgerufen wurde – Spannung gehört zum Ritual. 쐽 Fotos vom Vogelschießen und der Königsproklamation folgen morgen in der SZ. Vaskulitis: Vor 40 Jahren tödlich, heute normale Lebenserwartung Klinikum ist bei der Behandlung führend in ganz Deutschland Von Jann Roolfs Bad Bramstedt. „Es gibt also Hoffnung.“ Julia Holle hatte gute Nachrichten für knapp 300 Patienten, Angehörige und Ärzte, die mit einer seltenen Krankheit zu tun haben, der Vaskulitis. Holle leitet in Bad Bramstedt gemeinsam mit Frank Moosig das einzige Vaskulitis-Zentrum in Deutschland. Sie stellte die Ergebnisse einer neuen Studie vor: Wenn Vaskulitis-Patienten die Standardtherapie erhalten und sorgfältig ihre Kontrolltermine wahrnehmen, haben sie eine normale Lebenserwartung. Das ist bei dieser Erkrankung ein gewaltiger Fortschritt: „In den 1970er Jahren starben noch innerhalb von zwei Jahren 95 Prozent der Vaskulitis-Patienten“, erläuterte Holle am Rande der 13. Vaskulitis-Tagung im Klinikum. Zu diesem zweijährlichen Treffen in Bad Bramstedt reisten Teilnehmer aus ganz Deutschland und dem Ausland an. Die Krankheit ist sehr selten, darum zieht Bad Bramstedt als Fachzentrum Menschen aus weitem Umkreis an. Bei einer Vaskulitis attackiert das Immunsystem die eigenen Blutgefäße. Die Folgen können vielfältig sein: Hautausschlag, Schnupfen, rheumatische Beschwerden in den Gelenken, unerträgliche Kopfschmerzen oder Herzinfarkt bei jungen Leuten. Das Problem: Viele Ärzte erkennen die Krankheit nicht, an der pro Jahr in Deutschland nur rund 4000 Menschen erkranken; diese Zahl teilt sich auch noch auf fünfzehn verschiedene Formen der Vaskulitis auf. Katja Brodersen aus Ahrensburg lief mehr als zwei Jahre lang zu verschiedenen Fachärzten, sie wurde auf Nasennebenhöhlenentzündung und Allergien behandelt, sie war mit ihren Gelenkbeschwerden beim Orthopäden und mit Sehstörungen beim Augenarzt. „Hätte ich mal einen vernünftigen Hausarzt gehabt“, seufzte sie im Rückblick; der hätte ihre Krankheit vielleicht erkannt, bevor sie 2009 mit Nierenversagen „sehr dramatisch“ nach Bad Bramstedt kam. Brodersen leidet an Morbus Wegener, einer Vaskulitis-Form. Wenige Wochen vor Beginn der Tagung erlitt Brodersen einen Rückfall. Den behandelten die Bramstedter Mediziner mit einem neuen, gerade zugelassenen Medikament, einem Biologicum. Das Mittel besteht aus gentechnisch hergestellten Antikörpern gegen bestimmte Hormone, die eine bestehende Entzündung an- Tauschten sich während der Vaskulitis-Tagung aus: Klaus Kutzner (von links), Ärztlicher Direktor des Klinikums, Julia Holle, Leiterin Vaskulitis-Klinik und Patientin Katja Brodersen. Foto ro heizen. Eine Kur mit diesem Medikament besteht aus vier Infusionen, die jeweils rund 2000 Euro kosten – plus die Kosten für die stationäre Behandlung, fürs Labor und für Nachkontrollen. „Die Krankenkassen waren nie glücklich“, kommentierte Ärztin Holle die enormen Kosten. Klassische Behandlungsmethode bei Vaskulitis ist eine Chemotherapie. Die kann üble Nebenwirkungen entfalten, von Krebs bis zur Zerstörung weiblicher Eizellen. Das neue Biologicum soll schonender sein, aber ein Effekt bleibt: Beide Medikamente unterdrücken das körpereigene Immunsystem; die Chemotherapie generell, das Biologicum selektiv. In der Folge sind die Patienten anfälliger für Infekte aller Art. Die Bramstedter VaskulitisKlinik, vor Kurzem aus der Klinik für Rheumatologie und Immunologie ausgegründet, setzt bei der Behandlung der Krankheit auf Kommunikation. Täglich werden dort Patienten geschult, um sie über die möglichen Komplikationen ihrer Vaskulitis-Form zu informieren und darüber, auf welche Warnsignale sie achten müssen, um frühzeitig einen Rückfall zu erkennen. Im Sommer veranstalten die Bramstedter jeweils eine Summer School, bei der Medizinstudenten die seltene Krankheit aus eigener Anschauung kennen lernen. Außerdem gibt es jährlich eine Sommerakademie als Fortbildung für Ärzte.