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1 Speicherung von erneuerbaren Energien Norbert Mertzsch Da die
Speicherung von erneuerbaren Energien Norbert Mertzsch Da die „Erneuerbaren Energien“, insbesondere Elektroenergie aus Photovoltaik und Windenergie, nicht bedarfsgerecht zur Verfügung stehen, ist die Schaffung von Speichermöglichkeiten von Wärme und Strom von entscheidender Bedeutung. Dafür werden die unterschiedlichsten Technologien entwickelt. Elektroenergie Für die Speicherung großer Mengen von Elektroenergie sind vorwiegend mechanische und chemische Speicher vorgesehen. Zu den mechanischen Speichern von Elektroenergie zählen Druckluftspeicher und Pumpspeicherkraftwerke. Als ein Pumpspeicherkraftwerk kann auch der Ringwallspeicher gelten (vgl. Popp 2012). Für einen solchen Ringwallspeicher sind ein Außendurchmesser von 11,4 km und eine Ringwallhöhe von 215 m vorgesehen. In Kombination mit ca. 2000 großen Windenergieanlagen in der Region, Solarenergieanlagen im Oberbecken und auf Dächern des Versorgungsgebiets, soll ein Ringwallspeicher-Hybridkraftwerk etwa zwei Gigawatt Durchschnittsleistung liefern. Wenn man bedenkt, dass die höchste Erhebung des Landes Brandenburg der Hagelberg im Fläming 201 m über NN misst, zeigt das die Dimensionen bei der Speicherung der „Erneuerbaren Energien“, sicher aber auch die Grenzen der Machbarkeit. Zur chemischen Speicherung von Elektroenergie werden vorrangig zwei Wege beschritten. Zum einen ist das die Speicherung von Elektroenergie in Batterien (Akkumulatoren) und zum anderen die Umwandlung von elektrischer Energie in chemische Bindungsenergie von Gasen (Wasserstoff, Methan oder schwerere Kohlenwasserstoffe) bzw. von flüssigen Stoffen (Kohlenwasserstoffe). Bei den Batteriespeichern werden vor allem Systeme für kleinere Anlagen (Ein- bzw. kleinere Mehrfamilienhäuser) besonders in Zusammenhang mit Photovoltaikanlagen betrachtet. Für größere Speichermengen (bis zu 10 MW) werden Redox-Flow-Zellen entwickelt (vgl. Frauenhofer Umsicht 2012). Bis solche Zellen zu bezahlbaren Preisen zur Verfügung stehen ist der Weg noch weit. Auch das Problem der Verfügbarkeit der notwendigen Rohstoffe ist zu beachten (vgl. Angerer et. al. 2009). Weiterhin wird die Möglichkeit der Speicherung von Elektroenergie in Autobatterien diskutiert. Die Machbarkeit wird derzeit in Forschungsprojekten untersucht (vgl. BTU Cottbus 2012). Für die Umwandlung von Elektroenergie in gasförmige bzw. flüssige Energieträger existieren derzeit nur kleinere Pilotanlagen zur Erzeugung von Wasserstoff. In diesen wird überschüssige Solar- oder Windenergie durch Elektrolyse von Wasser in Wasserstoff überführt. Die Technologie ist prinzipiell bekannt. Problematisch sind die benötigten Dimensionen, wenn ein merklicher Beitrag für die Stabilisierung der Versorgung mit Elektroenergie geleistet werden soll. Der entstehende Wasserstoff kann gespeichert werden und bei Bedarf dem Gas eines Gasmotors zugemischt werden (vgl. Enertrag 2012) oder als Kraftstoff für Fahrzeuge genutzt werden. Die derzeit favorisierte Variante der Erzeugung von Wasserstoff und dessen Einspeisung in das Erdgasnetz (vgl. Masterplan 2012) ist jedoch zu hinterfragen. So sind vor der Einspeisung von Wasserstoff in das Erdgasnetz die Auswirkungen auf alle Nutzer zu prüfen. Probleme könnten z.B. bei Ammoniakanlagen (Änderung der Zusammensetzung des Sythesegases) und LNG-Anlagen (Wasserstoff lässt sich bei diesen Temperaturen nicht mit verflüssigen), die für die Bereitstellung von Flüssigerdgas für Schiffsantriebe interessant werden (vgl. DNV Germany 2011), auftreten. Auch zu erwartende messtechnische Probleme 1 bei ständig wechselnden Wasserstoff- und damit Energiegehalten des angebotenen Erdgases sind zu berücksichtigen. Ein anderer Weg ist die Umsetzung von Wasserstoff mit Kohlenstoffdioxid zu Methan. Dieser Weg wurde unter dem Konzept „Erneuerbares Methan“ vorgestellt (vgl. Sterner et al. 2010). Die Reaktion ist als Sabatier-Prozess bekannt (vgl. Remy 1960 S. 512). Zu Problemen bei der Reaktionsführung wird auf den Abschnitt Kohlenstoffdioxidkreislaufwirtschaft verwiesen. Derzeit besteht die Notwendigkeit, die benötigte Kapazität, die von Photovoltaik und Windenergieabgedeckt werden kann, in Reserve auf Basis fossiler Energie zu halten. Da die bisher eingesetzten Kraftwerke auf Kohlebasis nur bis zu einer Mindestlast von ca. 40 % der projektierten Leistung gedrosselt werden können wenn viel Sonnen- und Windenergie im Netz sind (vgl. Wikipedia 2012a), sind diese Kraftwerke für den Ausgleich von Schwankung im Stromnetz durch „Erneuerbare Energien“ schlecht geeignet. Günstiger dafür sind, solange keine geeigneten Speicher für Elektroenergie verfügbar sind, Gasturbinenkraftwerke bzw. GUD-Kraftwerke. Problematisch ist allerdings, dass die Wirtschaftlichkeit dieser Kraftwerke aufgrund des Vorrangs der „Erneuerbaren Energien“ stark eingeschränkt ist. Wärme Die überwiegend im Sommer gewonnene solarthermische Energie wird vor allem in der kälteren Jahreszeit zum Heizen genutzt. Dazu eignen sich sensible und latent Wärmespeicher sowie Sorptionsspeicher und chemische Speicher (vgl. Schossig, Haussmann 2011; Golbs et. al. 2011), wobei sich chemische Speicher noch in der Grundlagenforschung befinden. Für diese Speicher werden größere Volumina benötigt. Ein anderer Weg solare Wärme zu nutzen, ist die Nutzung oberflächennaher Erdwärme unter Einsatz von Wärmepumpen (vgl. Wikipedia 2012b), da in Deutschland ab einer Tiefe von 10 m unter der Erdoberfläche die Temperatur ständig etwa 10 °C beträgt. Bei dieser Variante der Nutzung der solarthermischen Energie kann die beim ausreichenden Angebot an „Erneuerbarer Energie“ mittels Wärmepumpe gewonnene Wärme bis zur Nutzung zwischengespeichert werden (vgl. Wolf 2009). Kohlenstoffdioxidkreislaufwirtschaft Analog dem Konzept „Erneuerbares Methan“ (vgl. Sterner et al. 2010) zur Speicherung von elektrischem Strom lässt sich auch eine vollständige Kohlenstoffdioxidkreislaufwirtschaft entwerfen (vgl. Möller 2011). Analog dem Sabatier-Prozess lassen sich über die FischerTropsch-Synthese auch flüssige Kohlenwasserstoffe mit hoher Energiedichte erzeugen (vgl. sunfire 2012). Diese können in der vorhandenen Infrastruktur ohne weitere Anpassungen genutzt werden. Da durch die schwankende Bereitstellung der Energie für die durchzuführenden Prozesse keine kontinuierliche Reaktionsführung möglich sein wird, sind entweder für Wasserstoff oder Kohlenstoffdioxid Zwischenspeicher vorzuhalten. Des Weiteren ist zu Erwarten, dass die Anlagentechnik durch den diskontinuierlichen Betrieb stärkeren Belastungen ausgesetzt ist, was sich auf deren Lebensdauer negativ auswirken wird. Die erzeugten Produkte können problemlos in die vorhandenen Vertriebswege eingespeist werden und in den Vorhandenen Speichern gespeichert werden. Bei Anwendung dieser Technologien könnte auf die Schaffung einer zusätzlichen Wasserstoff-Infrastruktur verzichtet werden. Als Quelle für Kohlenstoffdioxid könnten zumindest in einer Übergangszeit kontinuierlich laufende Prozesse mit entsprechendem Kohlenstoffdioxidanfall genutzt werden (z.B. Roheisenerzeugung, Zementwerke). Hierzu wäre die Kohlenstoffdioxidabtrennung zu entwickeln. Bei Nutzung von Kohlenstoffdioxid aus Biogasanlagen, die Biogas in Erdgasqualität liefern, wäre dieses 2 Problem bereits gelöst. Mit fortschreitender Umstellung der Wirtschaft müsste das Kohlenstoffdioxid aus der Luft gewonnen werden. Die Umsetzung dieses Konzeptes wird nur unter Nutzung sehr großer Mengen an „Erneuerbarer Energie“ realisierbar sein. Deshalb ist vor der Umsetzung zu klären, ob diese ausreichend zur Verfügung stehen. Literatur Angerer, G.; Marscheider-Weidemann, F.; Lüllmann, A.; Erdmann, L.; Scharp, M.; Handke, V.; Marwede, M. (2009): Rohstoffe für Zukunftstechnologien. Stuttgart. – URL: http://publica.fraunhofer.de/eprints/urn:nbn:de:0011-n-910079.pdf BTU Cottbus (2012): Centrum für Energietechnologie Brandenburg (CEBra) – e-SolCar. URL: http://www.tu-cottbus.de/einrichtungen/de/cebra/forschung/e-solcar.html DNV Germany (2011): LNG als Schiffsantrieb: DNV Germany: LNG-Info Dezember 2011, URL: http://www.dnv.de/Binaries/DNV_LNG-Kompaktinformation_tcm70-486640.pdf Enertrag (2012): Das Hybridkraftwerk – URL: https://www.enertrag.com/projektentwicklung/hybridkraftwerk.html Frauenhofer Umsicht (2012): Redox-Flow-Batterien speichern Strom aus erneuerbaren Quellen. Fraunhofer-Gesellschaft: Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik – Projekt. URL: http://www.umsicht.fraunhofer.de/de/geschaeftsfelder/energie-effizienztechnologien/projekte/redoxflow-batterien.html Golbs, A., Weber, S., Werner, P. (2011): Innovative Speichertechnologie als Grundlage einer Neugestaltung der Energieversorgung im individuellen Wohnbereich. In: LIFIS ONLINE (31.05.11) – Internetzeitschrift des Leibniz-Instituts für interdisziplinäre Studien e.V. (LIFIS). – URL: www.leibniz-institut.de/archiv/golbs_31_05_11 Masterplan (2012): Die Region voller Energie: Energietechnologien als Motor der Hauptstadtregion – Masterplan für das Cluster Energietechnik Berlin-Brandenburg: Clustermanagment Energietechnik Berlinbrandenburg 2012, S. 101 Möller, D. (2011): Das SONNE-Konzept: Die Kohlendioxid-Wirtschaft. In: LIFIS ONLINE (15.08.11) – Internetzeitschrift des Leibniz-Instituts für interdisziplinäre Studien e.V. (LIFIS). – URL: www.leibniz-institut.de/archiv/moeller_15_08_11 Popp, M. (2012): Ringwallspeicher-Hybridkraftwerk. URL: http://www.poppware.de/Ringwallspeicher/index.htm Remy (1960): Lehrbuch der Anorganischen Chemie. Remy, H. (Hg.). Leipzig, Bd. 1, S. 512 Schossig, P.; Haussmann. Th. (2011): Wärme und Kältespeicherung – Stand der Technik und Ausblicke. In: LIFIS ONLINE (11.04.11) – Internetzeitschrift des Leibniz-Instituts für interdisziplinäre Studien e.V. (LIFIS). – URL: www.leibniz-institut.de/archiv/schossig_11_04_11 Sterner, M.; Saint-Drenan, Y.-M.; Gerhardt, N.; Specht, M.; Stürmer, B.; Zuberbühler, U. (2010): Erneuerbares Methan. Ein innovatives Konzept zur Speicherung und Integration Erneuerbarer Energien sowie zur regenerativen Vollversorgung. In: LIFIS ONLINE. Internet-Zeitschrift des Leibniz-Instituts für interdisziplinäre Studien e.V. (LIFIS) [09.07.2010]. – URL: http://www.leibnizinstitut.de/archiv/sterner_09_07_10.pdf sunfire (2012): URL: http://www.sunfire.de/ Wikipedia (2012a): Kraftwerksmanagment. – URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Kraftwerksmanagement [12.07.2012] Wikipedia (2012b): Wärmepumpe. – URL: https://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4rmepumpe [27.07.2012] 3 Wolf, B. (2009): Wohnen und Mobilität – Die Energieversorgung der Zukunft. Beitrag zur 29. Tagung Elektronik im Kraftfahrzeug 23.-24. Juni 2009, Dresden. URL: http://www.eaenergiearchitektur.de/index.php?topic=Unternehmen&subtopic=Publikationen Download: Wolf_Wohnen_Mobilitaet_Paper.pdf 4