Niederurnen - Historisches Lexikon der Schweiz

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Niederurnen - Historisches Lexikon der Schweiz
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26/10/2016 |
Niederurnen
Ehemalige politische Gemeinde GL, seit 2011 mit Bilten, Filzbach, Mollis, Mühlehorn, Näfels, Oberurnen und
Obstalden Teil der neuen Gemeinde Glarus Nord. Industriedorf im Glarner Unterland, am Ausgang des
Niederurner- oder Alpentals, umfasste die nordöstlich gelegene, durch die Autobahn A3 abgetrennte
Industriesiedlung Ziegelbrücke. Vor 1045 oder zwischen 1077 und 1101 Niter Urnnen. 1543 ca. 200 Einw.;
1701 532; 1799 770; 1850 1'505; 1900 1'873; 1950 2'931; 2000 3'741.
Ab ca. 1030 gehörte N. nachweislich zur Kirche Schänis sowie ab dem 12. Jh. zur Grundherrschaft des Klosters
Schänis. 1386 zerstörten die Glarner die 1265 erstmals erw. Burg Oberwindegg, die vorgelagert auf einem
Felssporn des Hirzli über dem Dorf stand, und nahmen N. in ihr Landrecht auf. Auf der Burg sassen bis 1288
die Meier von Windegg als Ministerialen des Klosters von Säckingen, anschliessend erhielten die Hzg. von
Habsburg das Meieramtslehen und erwarben später auch die Burg. 1528 wurden aus der St. Verenakapelle
Bilder und Altäre entfernt und die Bewohner N.s mehrheitlich reformiert, doch war die kirchl. Trennung von
Schänis erst 1605 abgeschlossen. 1659 baute N. die Kapelle zur Kirche aus. Die 1937 neu erbaute kath.
Kirche St. Josef löste sich 1956 von der Mutterkirche in Oberurnen und bildete neu die Kirchgem. N.-Bilten.
Im MA wurde weitgehend eine subsistenzorientierte Land- und Alpwirtschaft betrieben. Wohl die zunehmende
Alpsömmerung von Grossvieh führte in den 1540er Jahren zur Gründung der Alpgenossenschaft. Auch die
Korporationsgenossen der 1667 neu gegr. Alt-Schatzkorporation und der 1756 gegr. Neuen Evang.
Schatzkorporation verwalteten als erbl. Mitglieder gemeinsam ihre Alpbesitzungen. Der heute grösste Glarner
Rebberg unterhalb der Ruine Oberwindegg ist um 1640 erstmals belegt. Dank der vorhandenen Wasserkraft
und der Blüte des bis ins 20. Jh. benutzten Mineralbads existierten im 17. Jh. zahlreiche Gewerbe. Aus der
Mitte des 18. Jh. stammte die 1991 restaurierte ehem. Seidenbandweberei, die sog. Bandfabrik. Durch die
Linthkorrektion gewann die Gem. Kultur-, Bau- und Industrieland. In den Räumen der um 1830 gegr. ersten
Stoffdruckerei (1896 geschlossen) nahm 1903 die Asbestzementfabrikation ihren Anfang (heute Eternit AG).
1851 kaufte die 1834 in Ziegelbrücke entstandene Spinnerei Enderlin & Jenny eine Weberei in N. hinzu. 1875
erhielt die Gem. Anschluss an die Eisenbahnlinie der Nordostbahn von Ziegelbrücke nach Glarus. Nach der
verheerenden Überschwemmung N.s durch den Dorfbach 1886 wurde dieser 1888-92 verbaut und 1904 das
Elektrizitätswerk in Betrieb genommen. 1963 erhielt die Gem. einen Autobahnanschluss an die A3 und 1973
die kant. Kehrichtverbrennungsanlage. 2005 stellte der 2. Sektor 40%, der 3. Sektor 57% der insgesamt 2'008
Arbeitsplätze in Niederurnen.
Literatur
– J. Elmer, Beitr. zur Gesch. der Gem. N., 1974
– J. Elmer, Die Korporationen in N. und ihre Geschlechter, 1983
– 600 Jahre freies N., 1386-1986, 1986
– J. Elmer, «Die Gesch. der evang.-ref. Kirchgem. N.», in JbGL 80, 2000, 7-79
Autorin/Autor: Karin Marti-Weissenbach
URL: http://www.hls-dhs-dss.chD779.php
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