08 Glarner Mosaik
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08 Glarner Mosaik
Donnerstag, 7. Juli 2011 Seite 8 Glarner Mosaik J ahresmotto des glarnersteg war «Wir arbeiten vernetzt». So ist dem 18-seitigen bunt gestalteten und bebilderten Jahresbericht 2010 zu entnehmen, der in alle Haushaltungen verteilt worden ist. «... vernetzt leben und arbeiten, vernetzt denken und handeln, vernetzt kommunizieren ...» waren die Maximen des Gesamtleiters Franz Horat. Für die Präsidentin Susy Zobrist-Trümpy war das vergangene Jahr «ein sehr wichtiges in der Betriebsgeschichte des glarnersteg». Wohl ein wackerer Brocken ist der Erwerb der Liegenschaft Mühle-Areal in Schwanden und das auserkorene Projekt «Fridolin» der Architekten Th. Aschwanden und D. Schürer, Zürich, das aus 31Interessenten und 23 eingereichten Projektvorschlägen von einer 16-köpfigen Jury ausgewählt wurde. Eine saubere Übersicht der Bilanz und der Erfolgsrechnung, ergänzt durch den Bericht der Revisionsstelle, gewährt Einblick in die materiellen Verhältnisse dieser Glarner Stiftung für Menschen mit Behinderung. E rschienen ist das Programmheft der sechs Einsiedler Orgelkonzerte jeweils am Dienstag, ab 19. Juli 20.15 Uhr. Es kann angefordert werden beim Wallfahrtsbüro, Kloster, 8840 Einsiedeln oder per E-Mail: wallfahrt@kloster-einsiedeln. ch. S ich nach der Decke strecken ist ein uraltes Glarner Motto unserer Existenz. Am 17. Mai 2011 unterzeichnete Bundesrat Johann N. Schneider-Ammann in Brüssel ein bilaterales Abkommen, das die Bezeichnung von Schweizer Qualitätsprodukten aus dem Agrar- und Lebensmittelbereich im EU-Raum schützt. Dabei gibt es zwei Kategorien: a) AOC (Appéllation d’origine controlée), das sind Erzeugnisse, die in einem abgegrenzten Gebiet hergestellt, verarbeitet und veredelt werden, b) IGP (Indication géographique protégée). Im Gegensatz zu AOC genügt es für IGP, wenn ein einziger Erzeugungsschritt im begrenzten Gebiet stattfindet. Natürlich interessierte mich, ob die Produkte Glarner Schabziger, Glarner Kalberwürste, Glarner Pastete und Glarner Birnbrot auf dieser Liste enthalten sind. Und siehe, auf einer Grafik befindet sich auf dem Glarner Kantonsgebiet gähnende Leere. Auf der Liste der «Kandidaten» fand ich dann «Glarner Alpkäse» und «Glarner Kalberwurst». Auf Anfrage stellte mir das Integrationsbüro des EDA/EVD Bern die Liste geschützter Produkte zu. Man gestatte mir den sanften Hinweis, dass wir Glarner uns für solche Listen interessieren sollen, weil sie europaweit beste Gratiswerbung sind. Sowohl die Wirtschaftsförderung wie in erster Linie die Produzenten von Glarner Produkten selber dürften sehr daran interessiert sein, dass diese «Schaufenster» benutzt werden. Interessenten lesen «Schweizer Ursprungsbezeichnungen EU-weit anerkannt», in: Suisseurop, Juli 2011, herausgegeben vom Integrationsbüro EDA/EVD, Seite 3 oder www.europa.admin.ch. E s gibt Patienten des Kantonsspitals Glarus, die ihre Zufriedenheit und Dankbarkeit auf besondere Weise ausdrücken. Einer von ihnen ist der verstorbene Bildhauer Fritz Heid (1916 – 2010). Er hat dem Kantonsspital noch zu Lebzeiten die Plastik «Sonnenrad» im Foyer vermacht. Nun sind durch die Initiative seiner rührigen Lebenspartnerin Armida Tschudi-Spälti zwei weitere Skulpturen in Holz von Fritz Heid schon seit letztem Jahr bei den Rosenbeeten vor der Cafeteria aufgestellt, ferner ist die Collage «Mondflug» von Julia Ris, der ersten Frau von Fritz Heid, dem Spital geschenkt und für die Frauenabteilung im siebten Stock bestimmt worden. Dr. Kaspar Nicolas von Rechenberg, der Präsident der Kunstkommission des Kantonsspitals, hat die Standorte so evaluiert, dass sowohl das Bild wie die Skulpturen optimal zur Geltung kommen. Fritz Heid, der das Glarnerland als zweite Heimat gefunden und verehrt hat, liegt auf dem Friedhof in Netstal begraben. Sein Grab ziert ebenfalls eine Skulptur seines Schaffens. M it der Schülerzeitung «Schneggen-Post» machen die Schülerinnen und Schüler der 3. Sek. B Näfels, gecoacht von ihrem Lehrer Eugen Rusterholz, erneut auf sich und interessante Themen aufmerksam. Die 48-seitige Postille, in einer Auflage von 550 Exemplaren, gedruckt in einer ortsansässigen Druckerei, unterstützt von über 40 Inserenten, ist als Projektarbeit im Fach Deutsch entstanden. Die 19-köpfige Sekundar- Dies + Das klasse konnte die Beiträge selber bestimmen und gestalten. Sie befassen sich mit klasseninternen Berichten, mit Freizeitthemen, Porträts, aber auch Polemiken um den Sinn des Schwimmunterrichts, der Umfahrung Näfels und dem Fachmarkt Krumm und laden obendrein zu einem gewinnbringenden Kreuzworträtsel ein. Die zwölf Girls und sieben Jünglinge beenden ihre Schulzeit und werden entweder in eine Lehre oder weiterführenden Schule eintreten. Sie hinterlassen mit der «Schneggen-Post» eine vorzügliche Abschieds-Visitenkarte. D avid Buck überraschte zur Finissage seiner Ausstellung in der Cafeteria der Alterswohnungen Letz das Publikum mit seinem brandneuen 38-Minuten-Film «Näfelser und Näfels im Bild, mit den Augen eines Künstlers gesehen». Er hat diesen aus dreieinhalb Stunden Aufnahmen in zeitraubender Arbeit als einmaliges Dokument geschnitten, vertont, betitelt, gestaltet und Staunen und Verwunderung ausgelöst. Die reiche Vielfalt der Natur, der Fauna und Flora und der Menschen, Bäche und Bächlein, Bilder aus der Vogelschau und versteckte Winkel in Quartieren, Details, die Einheimische kaum mehr sehen, auch Unschönheiten und Folgen rasanten Fortschritts, Trouvaillen und Stimmungen aus dem Obersee- und Schwändital zeigen ein Dorf und seine Menschen, gesehen mit den Augen eines erfahrenen Künstlers. Das kulturforum brandluft glarus nord überreichte David Buck den zweiten «goldenen Gärbihund» als Trophäe. Den ersten hatte Claudio Landolt für seine Videoreportagen vor Jahresfrist erhalten. Im nächsten Jahr wird David Buck aus dem reichen Aufnahmematerial einen weiteren Filmabend anbieten. U nvergesslich, unvergleichlich, mitreissend war der FilmmusikKonzertabend letzten Sonntag – erst in voller Sonne bis hinein in die fröstelnde Dämmerung im Freulerpalastgarten. Eine Taube auf dem Dach hörte mit. Ein buntes Publikum, querbeet durch alle Gemeinden und Bevölkerungsschichten war dabei, mit von der Partie der frischgebackene Landratspräsident This Auer und Parlamentspräsident Glarus Nord Adrian Hager. Dirigent Mathias Elmer und dem ganzen «con brio» sei Dank mit einem Limerick: Im Garten des Freulerpalastes, gab’s Filmmusik, [und hieher passt’ es! con brios Orchester riss mit, o mein Bester, belohnt mit Applaus jeden Gastes. ● Fridolin FRIDOLIN-Leser Werner Biedermann grüsst aus Madeira Frisch vum Fridli Zäch! Gad iätz sind Gschtrüpper [graglet voll und g Greser nämli au! Etz triibed’s d Zächä wider toll und mached Zächä-Schtau. Si luured uf die bluttä Bäi und au uf Mändschäbluät und chänd sogar dä mit-dr häi und findet daas dä guät. Si nischted-si dä gmüätli ii und suuged, was-s’ nu chänd; das chaa dä-n-ebä gfährli sii, wänn-s’ nuch Erreger händ. ● -y. Sage mir wie du riechst . . . oder Wie ein «Number One»-Mann zum «Pitralon»-Mann wurde! Wer jahrelang dasselbe After Shave verwendet, muss nicht unbedingt ein Rasierwassermuffel sein. Im Gegensatz zur Krönung der Schöpfung, den Frauen, die sich immer wieder neue Duftwolken aussuchen, um die Männerwelt zu betören, sind Männer oft selbstzufriedene Gewohnheitstiere. Es ist schwierig, sich unter den vielen grossen Namen zurechtzufinden. Gucci, Rossellini, Versace, Gaultier, Calvin Klein, Jil Sander, Joop und was immer prangen aufgetürmt auf den Regalen in Parfümerien in raffinierter Verpackung und smartem Design. Sie heben sich ab vom einstigen «Pitralon» unserer Väter. F ragt man, warum sich Männer nach der Rasur ein After Shave auf die Wangen reiben, antwortet die Werbung: «Duftkompositionen der Parfümerie dienen häufig dem persönlichen Wohlbefinden und der Selbstdarstellung.» Vielleicht ist die Duftnote wirklich ein Markenzeichen für die Persönlichkeit wie Kleidung und Frisur. V or wohl 25 Jahren begegnete ich nach dem Kauf eines Boss-Vestons einer schwarzen Verpackung mit grauen Streifen und schneeweissen Lettern «BOSS, Hugo Boss», «NUMBER ONE» und in diskretem Grau «AFTER SHAVE LOTION APRES RASAGE». Auch die «Ingredients» waren deklariert, Fachbegriffe, die nur der Profi-Parfümör oder KosmetikChemiker versteht. Es wäre eine Zumutung die über 20 Ingredienzien hier aufzuzählen. F achbücher definieren: «Hauptbestandteile von Rasierwässern sind Wasser, Ethanol (Alkohol) zwischen 40 und 60 Prozent, und Duftstoffe. Gelegentlich kommen auch Farbstoffe zum Einsatz. Bei den kosmetisch anspruchsvolleren Aftershave-Produkten werden verschiedene Pflegestoffe eingesetzt. Häufig finden sich Zusätze aus Eichenrinde, Hamamelis, Salbei und Aluminiumsalzen, die entspannend und adstringierend (und damit blutstillend) wirken. Menthol und Kampfer werden oft zur Erfrischung beigefügt und Panthenol, Allantoin, Azulen und Bisabolol gelten als reizlindernd. Milchsäure unterstützt den Erhalt des Haut-pH-Wertes .. . » ... bla, bla, bla. W as immer, dieses After Shave gefiel mir. Es hob sich auch preislich von anderen ab. Den Wangenduft besingt die Werbung des Produzenten: «Der Klassiker von HUGO BOSS. Kreiert für den klassischen, anspruchsvollen Mann. Der Duft: Muskatnuss und Cardamomens akzentuieren die belebende Frische der Kopfnote. Patchouli und Sandelholz bilden das Herz dieser Kreation. Balsamisch-animalische Elemente runden die unverwechselbare Note ab.» Tönt recht geschwollen. Einfacher liest sich: «Den Zeitgeist der Rasur erleben – ‹BOSS NUMBER ONE › – ein anspruchsvoller Duft für den trendorientierten Mann, der selbstbewusst und zielstrebig seinen Weg geht. Das After Shave schützt die Haut nach der Rasur und spendet langanhaltende Frische. Ein belebendes Gefühl für einen guten Start in den Tag.» Was sich die Minnesänger der Kosmetik alles einfallen lassen! Immerhin, es stützte unterschwellig mein Selbstbewusstsein und passte in den Jahrmarkt der Eitelkeiten. Positive Reaktionen wie «Mmmm, du riechst aber gut!» – «Aaa, welch ein Duft!» und mein eigenes Wohlgefallen daran wurden zur maskulinen Illusion, jemand zu sein, den es noch gar nie gab. Nachzutragen ist die Erklärung der erwähnten «Noten»: Die «Kopfnote» ist unmittelbar in den ersten Minuten nach dem Auftragen des Parfüms auf der Haut wahrnehmbar. Da sie für den ersten Eindruck und die Kaufentscheidung wichtig ist, ist sie meist intensiver als die anderen und wird von leichtflüchtigen Duftstoffen geprägt. Die «Herznote» ist in den Stunden, nachdem sich die Kopfnote verflüchtigt hat, zu riechen und bildet den eigentlichen Duftcharakter (das Herzstück). In der Herznote finden sich meistens Blütennuancen, die mit anderen Aromen kombiniert werden. Sie wird häufig auch als Mittelnote bezeichnet. Die «Basisnote» ist der letzte Teil des Duftablaufes und enthält lang haftende und schwere Bestandteile. So viel zur «Kopf», «Herz» und «Basis». D ann kam der Tiefschlag. Mein After Shave verschwand von den gläsernen Etalagen der Parfümerien. E-Mails an die Verteilerorganisation wurden gar nicht beantwortet, dafür kamen ungefragt «Newsletters» mit neuesten Trends und Angeboten. Telefonisch war im Dickicht des internationalenVerbundnetzes, derjenige, der «BOSS NUMBER ONE» abgesetzt hatte, nicht zu finden. Man tröstete mich, etwa 1100 Düfte seien im Handel. Jährlich würden 200 neue Düfte eingeführt, davon 60 bis 80 Luxusdüfte. 97 Prozent der Neuerscheinungen würden allerdings innert drei Jahren wieder eingestellt, da sie sich nicht durchsetzten. Mein Produkt sei möglicherweise so vom Markt genommen worden. Unglaublich, mein After Shave! Einfach weg vom Fenster! D a begegnete ich Natascha, einer pfiffigen Parfümerieverkäuferin im bekannten Warenhaus im kleinsten Hauptort. Ihr Freund hatte internationale Beziehungen. Am 18. Dezember 2009 um 10.43 Uhr, so der Kassabon, knallte sie mir freudestrahlend drei Flacons meines gesuchten Rasierwassers, das nirgendwo mehr erhältlich gewesen war, auf den Ladentisch. Zugegeben, zu einem stolzen Preis. Aber, hurra, ich war wieder mit dem Duft des «klassischen, anspruchsvollen Mannes» ausgerüstet. Gerade richtig für das klassische Konzert in der Kanti-Aula. M eine Tochter spielte mit ihren Freundinnen Ramona, der Posaunistin, und Wiborada, der Querflötenspielerin, als Instrumentalistin mit. Da wir uns schon lange kannten und freundschaftlichen Umgang pflegten, kam es zur Begrüssung in der Pause. Zuerst hatte ich die Ehre, Ramona mit einer unkomplizierten Wangen-Links-RechtsLinks-Kombination kurz zu begrüssen. Wenig später tauchte Wiborada auf. Gleiche Szenerie, wie gehabt. T ags darauf erfuhr ich, die beiden hätten sich auf der Toilette vor dem Spiegel getroffen. Beim Nachziehen des Lippenstifts und Nachbessern des Make-ups meinte die eine: «He, du riechst nach Pankraz!» und die andere «Tatsächlich, du auch!» Belustigtes Gekicher ... Dann kam der absolute K.-o.Schlag! Beide fanden: «Der Duft ist aber gar nicht mehr so «in»!» – Waass!? Der «anspruchsvoller Duft für den trendorientierten Mann, der selbstbewusst und zielstrebig seinen Weg geht», soll nicht mehr «in» sein? Ich war als alter Knacker am Boden zerstört. Ich fühlte mich wie ein «Pitralon»-Mann, mit dem wir unsere Vorfahren verhöhnt hatten! Eins tröstete mich: Immerhin hatte ich eine Duftmarke hinterlassen, offenbar die «Kopfnote». Doch, Ramona hin, Wiborada her, der absolute Heuler kommt erst: Seit wenigen Monaten gibt es das After Shave wieder in einer Glarner Parfümerie, obwohl «NUMBER ONE» auf der Boss-Homepage schon längst durch andere ersetzt worden ist… ● Bis bald! Auf Wiederriechen! Ihr Pankraz