Stellungnahme der Gesamtkonferenz der IGS Linden
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Stellungnahme der Gesamtkonferenz der IGS Linden
Stellungnahme der Gesamtkonferenz der IGS Linden im Rahmen der Anhörung zur Neufassung des „IGS-Erlasses“ und weiterer Verordnungen Die Gesamtkonferenz der IGS Linden hat am 23. 02. 2010 die folgende Stellungnahme einstimmig beschlossen: Die Einführung der neuen Erlasse und Verordnungen dient dazu, das Abitur nach dem 12. Jahrgang als Regelfall auch an den Gesamtschulen zu institutionalisieren. Dafür sind schwerwiegende Eingriffe in den Unterrichts- und Ganztagsbetrieb der Sek. I vorgesehen. Die neuen „untergesetzlichen Regelungen“ führen dazu, dass im Regelfall schon ab Klasse 7 in den dafür vorgesehenen Fächern mit äußerer Fachleistungsdifferenzierung Schülerinnen und Schüler auf drei Anspruchsebenen verteilt und sog. Z-, E- und G-Kursen zugewiesen werden; schon ab dem 7. Jg. für Z-Schülerinnen und -schüler gesonderte Stundenpläne mit Zusatzstunden zu gestalten sind, damit sie nach dem 9. Jg. in die gymnasiale Oberstufe wechseln können; die gemeinsame Schulzeit endgültig nach dem 9. Jahrgang aufhört. Demgegenüber halten wir an der Position fest, die die Gesamtschulleiter/innen aller niedersächsischen Gesamtschulen schon im März 2009 in ihrer Loccumer Erklärung und im November in der Stapelfelder Erklärung zum Ausdruck gebracht haben: „Die Änderungsabsicht der Landesregierung widerspricht der Zusage, die IGS im Sekundarbereich I in ihrer Anlage zu erhalten.“ (Loccumer Erklärung) „Die Gesamtschulen verstehen sich als Schule für alle Kinder, in der das längere gemeinsame Lernen und das Offenhalten der Schullaufbahnen konzeptionell verankert sind. Dieses Konzept des gemeinsamen Lernens und die pädagogische Grundausrichtung der Gesamtschulen wird durch die Beschlüsse ausgehöhlt.“ (Stapelfelder Erklärung) Der neue IGS-Erlass sieht „abweichend …vom Regelfall“ und nur nach Ausnahmegenehmigung durch die oberste Schulbehörde vor, dass eine Schule nach Vorlage eines eigenen Konzepts in den Jahrgängen 7 und 8 den Unterricht in einer „inneren Fachleistungsdifferenzierung“ durchführen kann. Wir sehen darin kein Entgegenkommen im Hinblick auf das IGS-spezifische Gesamtkonzept des gemeinsamen Lernens. Denn auf Grund der neuen Erlasslage wird auch bei innerer Differenzierung ab Klasse 7 durch die vorgeschriebene Klassifizierung aller SuS in Z-,E- und GSchüler/innen der trennende und abgrenzende Charakter des drei- bzw. viergliedrigen Schulwesens der Integrierten Gesamtschule aufgepfropft: Nur wer schon ab Klasse 7 als Z-Schüler/in bestimmte Voraussetzungen und Auflagen, z. B. die Absolvierung einer höheren Pflichtstundenzahl pro Woche, erfüllt, die ihn oder sie von Eund G-Schülerinnen und Schülern unterscheiden, kommt nach Klasse 9 für den Übergang in die Einführungsphase der Gymnasialen Oberstufe in Frage. Vor allem Gesamtschulen, die sich – ermutigt durch die Unterschrift der Bundesregierung unter die Behindertenrechtskonvention der UNO - auf den Weg zur Inklusion gemacht haben und sich damit gemäß ihrem Prinzip der Integration einer neuen Herausforderung stellen, können in diesem Erlass keinen Fortschritt erkennen. Unabhängig von diesen grundsätzlichen Bedenken ist über die Möglichkeit, von der Ausnahmebestimmung der inneren Fachleistungsdifferenzierung in der Praxis Gebrauch zu machen, so lange kaum etwas zu sagen, wie die drei Anspruchsebenen noch nicht einmal definiert sind. Um beurteilen zu können, ob über innere Differenzierung alle Ansprüche erfüllt werden können, müsste wenigstens ansatzweise bekannt sein, welche Ansprüche überhaupt gestellt werden. Die vorgesehenen Regelungen schreiben für alle Gesamtschulen vor, dass sie sowohl das Abitur nach dem 12. als auch nach dem 13. Jahrgang ermöglichen, und führen deshalb zwingend zu ab- und ausgrenzenden Strukturen innerhalb eines Systems, das der Integration dienen soll. Es hängt sehr von den konkreten Voraussetzungen vor Ort – Zusammensetzung der Schülerschaft, unterstützende oder erschwerende Voraussetzungen im Umfeld – ab, ob eine Gesamtschule diese neuen Vorgaben dennoch bewältigen kann. Angesichts dessen könnte eine Lösung darin bestehen, auch in dieser Grundsatzfrage – Abitur „nach 12“ oder „nach 13“ oder „nach 12 und 13“ / in der Sek. I äußere Fachleistungsdifferenzierung auf zwei oder drei Ebenen oder innere Fachleistungsdifferenzierung – das Prinzip der eigenverantwortlichen Schule anzuerkennen und jede Gesamtschule selbst entscheiden zu lassen, welches Konzept und welchen Weg sie anbietet. Auch das Prinzip des Elternwillens spielt in den Erlass- und Verordnungsentwürfen keine Rolle. Ob ein Kind Z-, E- oder G-Schüler wird und dann einem vorgeschriebenen Bildungsweg zu folgen hat, soll gemäß den neuen Erlassen und Verordnungen ohne Zustimmung der Eltern so verfügt werden. Möglicherweise würde eine Neuregelung, bei der eine Schule und „ihre“ Eltern sich für einen bestimmten Weg entscheiden können, der Qualität und Intensität der Bildungsprozesse zugute kommen, ganz gleich, wie die Entscheidung ausfällt.