Beschluss 8 BV 7 07A - Arbeitsgericht Cottbus
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Beschluss 8 BV 7 07A - Arbeitsgericht Cottbus
Verkündet am: 26.06.2007 Arbeitsgericht Cottbus Geschäftsnummer: 8 BV 7/07 xxx, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Im Namen des Volkes Beschluss In dem Beschlussverfahren mit den Beteiligten 1. xxx Antragstellerin und Beteiligte zu 1. Verfahrensbevollmächtigte: xxx 2. xxx Beteiligte zu 2. 3. xxx Beteiligter zu 3. Verfahrensbevollmächtigter zu 2, 3: xxx hat die 8. Kammer des Arbeitsgerichts Cottbus aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2007 durch die Richterin am Arbeitsgericht Seidel als Vorsitzende sowie die ehrenamtlichen Richter Frau xxx und Herr xxx beschlossen: Der Antrag wird zurückgewiesen. 2 Gründe: I. Die Parteien streiten über die Zustimmungsersetzung zur außerordentlichen Änderungskündigung mit sozialer Auslauffrist eines Betriebsratsmitglieds. Der Beteiligte zu 3., F.xxx, ist Mitglied des bei der Antragstellerin gebildeten Betriebsrates. Die Arbeitgeberin beabsichtigt zum Zwecke der Kostenreduzierung die Arbeitszeit aller Mitarbeiter um 15 % linear zu kürzen und das Arbeitsentgelt entsprechend anzupassen. Sie versucht dies durch Änderungsvereinbarungen und Änderungskündigungen zu erreichen. Mit Schreiben vom 16.03.2007 beantragte sie bei dem Betriebsrat die Zustimmung zur außerordentlichen Änderungskündigung mit sozialer Auslauffrist des F.xxx. Zwischen den Betriebsparteien fand ein Einigungsstellenverfahren statt, im Zuge dessen ein Interessenausgleich versucht wurde. Unter dem 25.01.2007 unterzeichneten die Parteien einen Interessenausgleich und Sozialplan. Darin nahm der Betriebsrat die beabsichtigte Maßnahme des Arbeitgebers zur Kenntnis ohne ihr zuzustimmen. Auf den Interessenausgleich und Sozialplan, Blatt 39 bis 42 der Akte, wird Bezug genommen. Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung vom 19.03.2007 beschlossen, der Änderungskündigung des Herrn F.xxx nicht zuzustimmen. Dies wurde der Arbeitgeberin am 19.03.2007 mitgeteilt. Auf Blatt 74 der Akte wird Bezug genommen. Daraufhin beantragte der Arbeitgeber mit Schriftsatz vom 21. März 2007, beim Gericht am 22. März 2007 eingegangen, die Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Änderungskündigung. Die Arbeitgeberin legt die der Kostensenkung und Arbeitszeitkürzung aller Mitarbeiter zugrunde liegenden Überlegungen dar. Sie ist der Auffassung, dass die betriebswirtschaftliche Erforderlichkeit ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung auch eines Betriebsratsmitgliedes darstelle. 3 Wegen des weiteren Vorbringens der Antragstellerin wird auf die in der Akte befindlichen Schriftsätze nebst Anlagen und Protokollerklärungen verwiesen. Die Arbeitgeberin beantragt, die mangelnde Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Änderungskündigung mit sozialer Auslauffrist des Betriebsratsmitglieds F.xxx zu ersetzen. Der Betriebsrat und das Betriebsratsmitglied F.xxx beantragen die Zurückweisung des Antrages. Sie sind der Auffassung, die beabsichtigte Maßnahme der Arbeitgeberin verstoße gegen die für den Betrieb geltenden Gesamtbetriebsvereinbarungen. Sie sei zudem nicht durchführbar. Der Betriebsrat sei nicht vollständig über die Kostenanpassung informiert worden. Nach Ansicht des Betriebsrates und seines Mitgliedes F.xxx liege zudem kein wichtiger Grund für die Kündigung vor; die Frist des § 626 Absatz 2 BGB sei verstrichen. Wegen des weiteren Vorbringens des Betriebsrates und seines Mitgliedes F.xxx wird auf die in der Akte befindlichen Schriftsätze nebst Anlagen und Protokollerklärungen verwiesen. II. Der zulässige Antrag ist unbegründet. 1. Die Arbeitgeberin hat den Zustimmungsersetzungsantrag zur Kündigung des Betriebsratsmitgliedes F.xxx rechtzeitig gestellt. Die Arbeitgeberin hatte den Betriebsrat mit Schreiben vom 16.03.2007 um Zustimmung zur Änderungskündigung des Herrn F.xxx ersucht. Zuvor war ein Einigungsstellenverfahren vorangegangen, in dem der Betriebsrat umfassend über die geplante Maßnahme informiert wurde. Dem Betriebsrat wurden auch ausreichend Zahlenmaterial in Bezug auf die beabsichtigten Einsparungen vorgelegt. Im Hinblick auf den Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans ist von einer hinreichenden Information des Betriebsrates auszugehen. 4 Die Arbeitgeberin hat auch rechtzeitig am 22. März 2007 die Ersetzung der Zustimmung beim Arbeitsgericht beantragt, nachdem der Betriebsrat seine Zustimmung mit Schreiben vom 19.03.2007 verweigert hatte. 2. Der Antrag der Arbeitgeberin hat keinen Erfolg, denn der Betriebsrat konnte seine Zustimmung zur außerordentlichen Änderungskündigung des Herrn F.xxx zu Recht verweigert. Als Mitglied des Betriebsrates ist Herr F.xxx grundsätzlich gemäß § 15 KSchG vor ordentlichen Kündigungen geschützt. Es kann daher nur eine außerordentliche Kündigung bzw. Änderungskündigung regelmäßig mit notwendiger Auslauffrist nach § 626 BGB ausgesprochen werden. Für eine solche Kündigung bedarf es eines wichtigen Grundes. Spricht der Arbeitgeber betriebsweit oder zumindest gegenüber einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern betriebsbedingte Änderungskündigungen aus, so können die geltend gemachten betriebsbedingten Gründe für die Vertragsänderung je nach ihrem Gewicht an sich geeignet sein, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung bzw. Änderungskündigung gegenüber dem Mandatsträger nach § 15 KSchG darzustellen (BAG vom 21.06.1995, 2 ABR 28/94, AP Nr. 36 zu § 15 KSchG 1969; BAG vom 07.10.2004, 2 AZR 81/04, AP Nr. 56 zu § 15 KSchG 1969). Prüfungsmaßstab ist dabei, ob es dem Arbeitgeber zumutbar ist, den Mandatsträger bis zum Ende des Sonderkündigungsschutzes einschließlich des Nachwirkungszeitraums und der daran anschließenden Kündigungsfrist zu beschäftigten. Der Prüfungsmaßstab entspricht insoweit dem bei einem vertraglich oder tarifvertraglich unkündbaren Arbeitnehmer. Eine Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen ist dem Arbeitgeber nur dann unzumutbar, wenn ohne die Änderung der Arbeitsbedingungen ein sinnlos gewordenes Arbeitsverhältnis über einen erheblichen Zeitraum nur durch Gehaltszahlungen fortgesetzt werden müsste und der Arbeitgeber möglicherweise sogar eine unternehmerische Entscheidung bestimmte Arbeitsplätze einzusparen, wegen des Beschäftigungsanspruchs des Mandatsträgers nicht vollständig umsetzen könnte (BAG vom 07.10.2004, 2 AZR 81/04, AP Nr. 56 zu § 15 KSchG 1969). Diese Voraussetzungen liegen vorliegend nicht vor. 5 Die Arbeitsplätze der Mandatsträger sollen durch die geplanten arbeitgeberischen Maßnahmen weder wegfallen noch wesentlich verändert werden. Die geplanten Einsparungsmaßnahmen kann der Arbeitgeber auch ohne die Mandatsträger erreichen. Notfalls muss er die Arbeitszeit anderer Arbeitnehmer weiter reduzieren. Das unternehmerische Konzept ist durch den Schutz der Mandatsträger in keiner Weise gefährdet. Die Herausnahme der Mandatsträger aus der Arbeitszeit- und Lohnkürzung ist zwar eine Besserstellung. Diese entspricht jedoch der gesetzlichen Regelung des § 15 Absatz 1 KSchG, die lex specialis zu § 78 Absatz 2 BetrVG ist. Der Gesetzgeber wollte mit dem besonderen Schutz der Betriebsratsmitglieder erkennbar erreichen, dass der Betriebsrat als Gremium geschützt ist und seine Mitglieder unabhängig von einer eventuellen eigenen Betroffenheit bei Maßnahmen der Betriebsänderung mit entscheiden können. Der gesetzgeberisch gewollte besondere Kündigungsschutz der Mandatsträger darf aber nicht durch die Hintertür der außerordentlichen Kündigung ausgehöhlt werden. Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss kann von der Antragstellerin und Beteiligten zu 1. Beschwerde eingelegt werden. Für die Beteiligten zu 2. und 3. ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben. Die Beschwerde ist beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Magdeburger Platz 1, 10785 Berlin einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss von einer bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwältin oder einem solchen Rechtsanwalt unterzeichnet werden; an ihre/seine Stelle können auch Vertreterinnen oder Vertreter von Gewerkschaften oder von Vereinigungen von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, 6 wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind; Mitglieder von Gewerkschaften oder Arbeitgebervereinigungen können sich auch durch Vertreterinnen und Vertreter eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung vertreten lassen. Die Beschwerde kann auch durch Bevollmächtigte unterzeichnet sein, die als Angestellte juristischer Personen handeln, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer Gewerkschaft oder einer Arbeitgebervereinigung stehen. Voraussetzung ist dann aber, dass die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt und dass die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet. Die Anteile der juristischen Person müssen dabei nicht notwendig im wirtschaftlichen Eigentum des Verbandes stehen, dem die Partei angehört. Es ist ausreichend, wenn sie einem anderen Verband oder Zusammenschluss mit vergleichbarer Ausrichtung angehören. Die Beschwerdeschrift muss innerhalb einer Notfrist (eine Notfrist ist unabän- derlich und kann nicht verlängert werden) von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingegangen sein, bei fehlender oder fehlerhafter Beschlusszustellung spätestens fünf Monate nach Verkündung. Dabei ist zu beachten, dass bei einer Zustellung durch Niederlegung bei der Post die Frist bereits mit der Niederlegung in Lauf gesetzt wird, also nicht erst mit der Abholung der Sendung. Das Zustellungsdatum ist auf dem Umschlag vermerkt. Die Beschwerde ist gleichzeitig oder innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Beschlusses in gleicher Form schriftlich zu begründen. Die Begründungsfrist beginnt spätestens fünf Monate nach Verkündung der Entscheidung. Seidel Hinweis der Geschäftsstelle: Das Landesarbeitsgericht bittet, alle Schriftsätze mit zwei weiteren Abschriften bzw. Kopien zur Unterrichtung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter einzureichen, insgesamt also fünffach