Von Verdi dazu folgende Auskunft

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Von Verdi dazu folgende Auskunft
Für geregelte Arbeitszeiten auch für Zusteller
Am 17.09.2011 hat die BeG in ihrer Sitzung beschlossen, ein Gutachten in Auftrag zu geben,
dass klären soll, ob die beiden Betriebsvereinbarungen 16.1 und 1 zu den Arbeitszeiten der
Zusteller mit den Regelungen aus dem Manteltarifvertrag und denen des Entgeltarifvertrags
übereinstimmen.
Mittlerweile liegt das Ergebnis vor. Danach stimmen die Arbeitszeitregelungen wie die
Regelungen zur Mehrarbeit besonders in der BV 16.1 nicht mit den Bestimmungen der
Tarifverträge MTV § 22 und ETV § 14 überein.
Arbeitszeit und Überstunden sind in den Tarifverträgen, so auch ein Urteil des
Arbeitsgerichtes Essen, abschließend geklärt. Über beide Punkte dürfen
Niederlassungsleitungen und örtliche Betriebsräte nicht mehr substanziell verhandeln, da
ver.di und die Deutsche Post AG als Tarifvertragspartner dazu schon eindeutige Aussagen
getroffen haben. Öffnungsklauseln für die Zusteller gibt es in ihnen nicht.
Die Arbeitszeit beträgt danach 38,5 Std. in der Woche und ist in einem Dienstplan
darzustellen, der zwar über mehrere Wochen gehen kann, aber im Durchschnitt pro Woche
38,5 Stunden betragen muss. Nach den Dienstplänen gibt es für jeden Tag einen festen
Arbeitsbeginn und ein festes Arbeitsende. Das kann auch über die Mitbestimmung von
lokalen Betriebsparteien nicht ausgehebelt werden.
Arbeitszeiten, die über den Dienstplan hinausgehen, so das Rechtsgutachten und das Urteil
aus Essen, sind von der ersten Stunde an Überstunden. Ihre Einforderung seitens des
Arbeitgebers ist an Bedingungen geknüpft, die der ETV klar definiert. Für Begriffe wie
Mehrarbeit, Istzeit, viermonatige Frist für die Umbuchung von Mehrarbeit in Überstunden,
spezielle Buchungsregelungen bei der Abwicklung von Überstunden, etc. kommen in den
Tarifverträgen nicht vor. Das alleine wäre noch nicht schlimm, aber sie hebeln so wie sie in
der BV 16.1 und ihren Ergänzungen gefasst sind, die Tarifverträge aus. Und genau das ist
auch ihr Zweck: Die Schaffung neuen Rechts.
Solche Regelungen kann es nach dem Gutachten in einer Betriebsvereinbarung ebenso wenig
geben wie prinzipiell mitbestimmungsfreie Überstundenkontigente.
Das Gutachten führte in der BeG Sitzung vom Februar zu einer spannenden Diskussion.
Daraufhin lud der Landesbezirk den Rechtsanwalt und die Kanzlei Hummel & Partner, die in
der Regel die Prozesse von ver.di FB 10 führt und die Betriebsvereinbarungen rechtlich
begleitet, die BeG und die Betriebsräte sowie interessierte Mitglieder zu einer Diskussion in
das Gewerkschaftshaus ein. Alle Beteiligten waren sich einig, dass die zentralen Aussagen
des Gutachtens richtig seien. Nur über den Weg der Durchsetzung gab es leicht
unterschiedliche Vorstellungen.
Derzeit versuchen die Betriebsräte der Berliner Niederlassungen neue Betriebsvereinbarungen
zur Arbeitszeit der Zusteller abzuschließen. Alle mussten in das Einigungsstellenverfahren
gehen. In Nord gibt es bereits einen Spruch und in Südost auch, in Zentrum ist er noch nicht
gefällt. Geht man von dem in Nord aus, den wir kennen, so besteht wenig Anlass zu der
Hoffnung, dass der in Zentrum für die Zusteller zu einem Durchbruch führt. Zwar gibt es in
Nord einige Verbesserung im Detail, aber eine tarifvertragskonforme Regelung von
Arbeitszeit und Überstunden wird hier nicht erreicht, geht man vom Rechtsgutachten aus.
Da man aber nie vor Überraschungen sicher ist, werden wir ein endgültiges Urteil über diesen
erst fällen, wenn er vorliegt. Wir wollen aber schon hier die Kriterien benennen, nach denen
wir ihn beurteilen werden. Dabei stützen wir uns wieder auf das Rechtsgutachten und Urteil
aufs Essen:
• Eine tarifvertragskonforme Regelung zur Arbeitszeit muss einen klaren Anfang und
ein klares Ende der Arbeitszeit enthalten. Danach darf der Zusteller grundsätzlich nach
Hause gehen, wenn die täglich geschuldete Arbeitszeit erreicht ist, es sei denn,
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Überstunden werden angesetzt. Die derzeitige Rahmendienstplanregelung erfüllt
dieses Kriterium nicht, aber auch nicht die IST-Zeit Regelungen. Die ist zwar ein
Fortschritt gegenüber dem Rahmendienstplan, weil sie die Überstunden bezahlt. Sie ist
aber genau besehen nur eine Variante des Rahmendienstplanes. Das Arbeitszeitende
ist offen bis zur täglichenHöchstarbeitszeit laut Arbeitszeitgesetz und ggf. bis zur
bestehenden Sperrstundenregelung. Das Arbeitszeitende wird nicht durch den
Tarifvertrag, d. h. durch die täglich laut Dienstplan zu leistende Arbeitszeit bestimmt,
sondern durch die einseitig vom Arbeitgeber vorgesetzte Arbeitsmenge. Nach der
Istzeitregelungen wird erst am Ende des Arbeitstages entschieden, was Arbeitszeit und
Über- bzw. Minderstunden sind, bei einer tarifvertragskonformen Regelungen steht
dies schon vor Beginn des Arbeitstages fest
Überstunden lassen sich grundsätzlich nicht vermeiden. Laut Tarifvertrag (ETV § 14)
sind sie hinsichtlich ihres Entstehungsgrundes zu differenzieren und danach einem
spezifischen Mitbestimmungsverfahren zu unterziehen. Während man etwa bei nicht
vom Arbeitgeber zu beeinflussenden Überstunden (z. B. Stau bei der Rückkehr zum
Arbeitsplatz, Fahrrad kaputt) kein Genehmigungsverfahren einleiten kann, ist dies zwingend
bei vorhersehbaren Überstunden (Weihnachten, Großauflieferung Vattenfall) durchzuführen.
Ein anlassunspezifisches und mitbestimmungsfreies Überstundendeputat kann es nicht geben
Arbeitsleistungen über das im Dienstplan für den jeweiligen Tag festgesetzte Ende hinaus sind
immer Überstunden. In der BV 16.1 waren sie zunächst Mehrarbeit und wurden erst nach drei
Monaten in Überstunden umgebucht. Diese Regelung gehört eben so in die Tonne wie
Vereinbarungen zum Abzug von Abwicklungsstunden, die aber noch nicht genommen wurden
Ein Grund für dieses Konstrukt war, die Zahlung von Überstundenzuschlägen zu
vermeiden. Die stehen jedem nach der ersten Überstunden laut Tarifvertrag zu. Auch
wenn die „Auszahlung“ sprich Freizeitgewährung derselben zunächst bis Ende 2015
ausgesetzt ist, sollte eine tarifvertragskonforme Regelung in die zukünftige BV
aufgenommen werden
Zu den einzelnen Punkten ließe sich sicher noch mehr sagen, aber angesichts des
begrenzten Platzes, den wir hier im Blitzer zur Verfügung haben, belassen wir es beim
Wesentlichen.
Sollte die BV in einzelnen oder gar mehreren Punkten nicht den aufgestellten Kriterien
entsprechen, sollte unserer Ansicht ver.di die Tarifvertragskonfomität der BV
arbeitsgerichtlich überprüfen lassen, notfalls bis zum Bundesarbeitsgericht. Dies ist dann
eine Auseinandersetzung, die nicht nur juristisch geführt werden muss. Dann sind alle
gewerkschaftlichen Gremien wie die Betriebsratsfraktionen von ver.di gefordert, eine
öffentliche Kampagne für die Rechte der Zusteller zu führen. Wir brauchen nicht
Lobreden auf Tarifverträge, sondern eine Gewerkschaft, die bei der Durchsetzung
derselben nicht schwächelt oder gar davor kapituliert. Unterstützen wir alle, die dies
versuchen.
AGA der BeG Berlin Zentrum