Haartrockner im Sicherheitsgurt „Faszination Auto“

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Haartrockner im Sicherheitsgurt „Faszination Auto“
Haartrockner im Sicherheitsgurt
„Faszination Auto“- unter diesem Motto stand die IAA, die vor wenigen Tagen mit einem
Besucherrekord endete. Sicherlich konnten auch in diesem Jahr viele Besucher der Faszination, die von
den strahlenden, unbefleckten Neuwagen ausging, zur Freude der Automobilindustrie nicht
widerstehen und haben daher den Entschluss gefasst, ein neues Auto zu kaufen. Trotz des
unbestreitbaren beträchtlichen Wertverlustes, den der PKW in den ersten Jahren erleidet, entscheiden
sich dennoch viele Verbraucher für den Kauf eines Neufahrzeugs. Häufig wird diese Entscheidung von
der Meinung getragen, dass der Kauf eines Neuwagens, im Unterschied zum Gebrauchtwagenkauf,
garantiere, dass man keine unliebsamen Überraschungen mit dem Auto erlebt und auch keine
Streitigkeiten mit dem Verkäufer führen muss, um seine Rechte durchzusetzen. Auch wenn diese
Vorstellung in aller Regel erfüllt wird, ereignen sich leider nicht selten Fälle, in denen diese Erwartung
bitter enttäuscht wird.
Der Käufer einer fabrikneuen Luxus-Limousine klagte zum Beispiel darüber, dass aus den Schlitzen, in
denen die Sicherheitsgurte eingelassen waren, ein derart starker Luftzug herausströmte, dass man sich
ohne weiteres die Haare daran föhnen könne. Unabhängig hiervon fiel der gesamte Inhalt der
eingebauten „Cocktailbar“ auf den Boden, da diese sich zwar vollautomatisch, jedoch grundlos
selbständig geöffnet hatte.
Dieser Fall ist selbstverständlich als ungewöhnlich zu betrachten. Häufiger sind die Gerichte mit
Rechtsstreitigkeiten befasst, in denen der Käufer vorträgt, der Neuwagen erfülle nicht die
Leistungsmerkmale, die in dem Verkaufsprospekt aufgeführt waren. In der Tat werden
Prospektangaben über das Fahrzeug grundsätzlich Inhalt des Kaufvertrages. Hierbei spielt es keine
Rolle, ob diese Angaben aus dem Prospekt in den Kaufvertrag ausdrücklich einbezogen wurden bzw.
auf welche Weise der Käufer den Prospekt erhalten hat. Weicht die tatsächliche Beschaffenheit des
Fahrzeugs von den in dem Prospekt beschriebenen Eigenschaften ab, so ist das Neufahrzeug mit einem
Mangel behaftet. Typisches Beispiel hierfür ist ein Kraftstoffverbrauch, der über demjenigen liegt, der
in dem Verkaufsprospekt genannt ist. Da der Kraftstoffverbrauch die Wertschätzung eines Fahrzeugs
nachhaltig beeinflusst, kann ein erhöhter Verbrauch zu Ansprüchen des Käufers gegenüber dem
Verkäufer führen.
Darüber hinaus müssen sich Richter oftmals mit der Frage beschäftigen, was
unter einem „fabrikneuen“ Auto zu verstehen ist. In diesen Prozessen geht es
stets um das Problem, dass zwischen der Herstellung des Wagens und dessen
Verkauf ein längerer Zeitabstand lag. In den zahlreichen Urteilen zu diesem
Thema kann man zumindest die Tendenz erkennen, dass eine Lagerzeit des
Fahrzeugs von mehr als einem Jahr zur Folge hat, dass man es nicht mehr als „fabrikneu“ verkaufen
darf. Unabhängig von der Lagerzeit besteht ein weiteres Kriterium für die Fabrikneuheit darin, dass das
Fahrzeug keinerlei Änderungen in der Technik und in der Ausstattung aufweist. Der Bundesgerichtshof
hat in einer aktuellen Entscheidung die Rechte des Käufers gestärkt, indem er bestätigt, dass ein als
Neuwagen verkaufter PKW nicht mehr „fabrikneu“ ist, wenn das betreffende Modell im Zeitpunkt des
Verkaufs nicht mehr unverändert hergestellt wird (BGH Entscheidung vom 16.07.2003, AZ.:VIII ZR
243/02).
Ist der Neuwagen tatsächlich mangelhaft, kann der Käufer vom Verkäufer nach seiner Wahl entweder
die Beseitigung des Fehlers oder die Lieferung eines neuen typgleichen Fahrzeugs mit gleicher
Ausstattung verlangen. Die Kosten, die hierbei entstehen, sind in vollem Umfang von dem Verkäufer
zu tragen. Der Käufer ist auch nicht verpflichtet, einen Reparaturauftrag für die
Mängelbeseitigungsarbeiten zu unterschreiben. Dieser Grundsatz gilt selbst dann, wenn der
Autohändler versichert, keine Kosten für die Arbeiten zu berechnen.
Erfüllt der Verkäufer diese Ansprüche nicht, ohne hierfür einen rechtfertigenden Grund zu haben,
stehen dem Käufer wiederum verschiedene Handlungsalternativen zur Verfügung. Er kann entweder
vom gesamten Kaufvertrag zurücktreten oder das Auto behalten und den Kaufpreis mindern. Daneben
können ihm noch zusätzliche Geldansprüche zustehen, falls ihm durch die Pflichtverletzung
Vermögensschäden entstanden sind.
Sachmängelansprüche des Käufers verjähren in 2 Jahren nach Ablieferung des Neufahrzeugs, wenn er
dieses in seiner Eigenschaft als Verbraucher gekauft hat. Hiervon zu unterscheiden sind die
sogenannten kaufbegleitenden Neuwagengarantien, die selbständig zugunsten des Käufers gewährt
werden und meistens eine Haltbarkeit verschiedener Autoteile für einen mehrjährigen Zeitraum
zusichern.
Diese stark vereinfachte Darstellung der Rechte des Käufers beim
Neuwagenkauf, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieses
Rechtsgebiet durchaus kompliziert ist. Vor diesem Hintergrund und der
Tatsache, dass es in diesen Fällen stets um erhebliche Geldbeträge geht, sollte
man bereits im frühzeitigen Stadium einen Anwalt aufsuchen. Der Käufer läuft
nämlich stets Gefahr, dass er sich selbst empfindlichen Ansprüchen des
Verkäufers aussetzt, wenn er die genannten Rechte in unzulässiger oder
unverhältnismäßiger Weise ausübt. Dieser Gefahr kann nur durch eine sorgfältige Beratung
vorgebeugt werden. Übrigens in dem eingangs geschilderten Ausgangsfall war sogar der Hersteller der
Limousine nicht in der Lage, die „Funktion Haartrockner“ fristgerecht zu beheben. Seitdem steht auf
dem Gelände des Herstellers ein Luxusauto mit einer wirklichen „Sonderausstattung“.

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