Gefährliches Insekt für Mensch und Tier

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Gefährliches Insekt für Mensch und Tier
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Pflanze
BAUERNBLATT l 16. Juni 2012 ■
Der Eichenprozessionsspinner ist in Schleswig-Holstein angekommen
Gefährliches Insekt für Mensch und Tier
chenfraßgesellschaft zählen außerdem der Große und der Kleine Frostspanner, der Eichenwickler, der Ringelspinner, Schwammspinner und
verschiedene andere Wickler-, Eulen- und Blattwespenarten.
Und nicht jedes Gespinst an Gehölzen wird zwangsläufig durch
den EPS hervorgerufen. Die zurzeit
häufig zu beobachtenden Gespinste an Traubenkirschen, Kirschen,
Pflaumen, Schlehen, Weißdorn, Apfel und Pfaffenhütchen sind nicht
durch den EPS, sondern auf Gespinstmotten der Gattung Yponomeuta zurückzuführen. Diese Gespinste sind für den Menschen ungefährlich.
Im Kreis Herzogtum Lauenburg hat
er die Landesgrenze überschritten.
Der Nachtfalter selbst ist harmlos,
allerdings bilden seine Raupen ab
dem dritten Larvenstadium Brennhaare aus, die das Nesselgift Thaumetopoein enthalten. Dieses ist als
Auslöser irritativer und entzündlicher Reaktionen bei Mensch und
Tier bekannt.
Die stark behaarten Raupen des Eichenprozessionsspinners (EPS) schlüpfen im Mai und befressen die austreibenden Knospen und Blätter. Sie sind
zunächst gelblich-braun gefärbt, später nehmen sie eine bläulich-schwarze
Färbung an. Sie sind maximal 5 cm
lang. Sie leben auf den befallenen
Bäumen in Gruppen, die zur Nahrungssuche die namensgebende Prozession bilden. Ende Mai/Anfang Juni
werden die mikroskopisch kleinen
Brennhaare ausgebildet. Diese sind
leicht brüchig und können durch Luftströmungen über weite Strecken getragen werden. In der Umgebung befallener Eichen sind die Brennhaare
auch nach Jahren in Gespinstnestern
im Unterholz und im Bodenbewuchs
zu finden. Sie behalten ihre giftige
Wirkung und können sich an Kleidern
und Schuhen anheften und immer
neue Reaktionen auslösen.
Juckreiz
und Nesselsucht
Kommen die Brennhaare mit der
Haut in Kontakt, wird ein unangenehmer Juckreiz ausgelöst, die Haut
entzündet sich in Form von insektenstichähnlichen Flecken bis hin zur
Nesselsucht. Werden Augen kontaminiert, kommt es häufig zu Reizungen in Form von Bindehautentzündungen. Eingeatmete Brennhaare
können zu einer Reizung der oberen
Atemwege, bei entsprechender Vorbelastung auch zu Atemnot führen.
Auch Allgemeinsymptome wie
Schwindelgefühl und Fieber sind
möglich.
Durch die trockenen Frühjahre der
vergangenen Jahre begünstigt, erweitert der EPS sein Verbreitungsareal zunehmend vom Waldstandort
in die Erholungs- und Siedlungsbereiche des Menschen hinein. Die Verbreitungskarte der letzten Jahre
zeigt, dass sich das Verbreitungsgebiet auch in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen stetig ausgeweitet hat.
Zur Bekämpfung
durch Spezialisten
EPS am 30. Mai 2012 im Straßenbegleitgrün in Lauenburg. Die Raupen legen
ab dem fünften Larvenstadium typische Gespinstnester am Stamm und in Astgabeln an, die sie in langen, mehrreihigen Prozessionen zur Nahrungsaufnahme verlassen.
Der EPS besiedelt alle Gattungen
und Arten der Eiche (Quercus) in
warmtrockenen Regionen, an anderen Gehölzgattungen tritt er in der
Regel nicht auf. Die Eichenblätter
werden von den Raupen bis auf die
Mittelrippe vollständig abgefressen.
Aber nicht jeder Kahlfraß an der Eiche wird zwangsläufig durch den
EPS hervorgerufen sein. Zu der Ei-
In der freien Landschaft fallen zurzeit Gespinste an Pfaffenhütchen, Traubenkirsche, Schlehe und Weißdorn auf. Sie werden durch Raupen der Gespinstmotten der Gattung Yponomeuta hervorgerufen. Für den Menschen sind diese
Gespinste harmlos.
Fotos: Martina Adamo
Wird ein Befall mit dem EPS vermutet oder festgestellt, sollte dieses
der betroffenen Gemeinde gemeldet werden, die dann die erforderlichen Maßnahmen ergreifen kann.
Spezialfirmen mit ausgebildetem
Fachpersonal, die über die notwendigen Gerätschaften, Arbeitsschutzkleidung und Atemschutzgeräte
verfügen, werden mit den Bekämpfungsmaßnahmen betraut. Aus gesundheitlichen Gründen erfolgt eine Behandlung mit Insektiziden
gleich nach Austrieb der Eichen vor
dem dritten Larvenstadium. Weitaus schwieriger als die Insektizidanwendung ist die Beseitigung bereits
gebildeter Gespinstnester. Auch
diese Arbeiten sind den Spezialfirmen vorbehalten. Nicht empfehlenswert ist das Entfernen mit einem Wasserstrahl oder das Abflammen, denn dabei werden die Brennhaare verwirbelt und verbreiten
sich stark. Bewährt hat sich hingegen die Fixierung der Brennhaare
mit Bindemitteln und Pflanzenölen,
bevor die Nester abgenommen
oder abgesaugt werden. Für diese
Arbeiten sind vollständig abgeschlossenen Schutzanzüge und ein
Atemschutz notwendig.
Nach Kontakt mit Raupenhaaren
empfiehlt sich intensives Duschen
und Waschen der Kleidung. Befallsareale sollten grundsätzlich gemieden werden.
Heike Nitt
Landwirtschaftskammer
Tel: 0 41 20-70 68-207
[email protected]