Kritik Bünder Tagblatt November 2015
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Kritik Bünder Tagblatt November 2015
KULTUR Fre i t a g , 2 0. Nove m b e r 2 0 1 5 «Wir sind froh, dass Sie da sind und nicht gleich wieder gehen» Die erste Staffel des aktuellen Coirason-Programms geht zu Ende. Das Duo ist noch heute und morgen in der Churer Klibühni zu sehen – im Januar gibt es drei Zusatzvorstellungen. D ▸ CORNELIUS RAEBER Den Anfang im Programm macht das doppelte Wortspiel über den Anfang, der anfängt (oder schon angefangen hat), sowie ein Lied über das Liedersingen. Und Lieder singen sie denn auch einige in der Churer Klibühni: Damian Bläsi und Christian Stalder vom Comedy-Duo Coirason. Lieder über ihre Freude, überhaupt da zu sein, über einen schweigenden Fusspilz, über Falten und Pickel und die Selbstfindung, Lieder über die Schönheit der Berge, über FKK am Balaton und solche, die man besser aus dem Programm kippen sollte. In ihren Texten reimt sich Ranzen auf Pflanzen, Wurm auf Turm, Chanson auf Croissant, Brand auf Strand oder verbergen auf «in den Bergen». Unter Einsatz minimaler Hilfsmittel – einmal ist es eine Sambagurke, dann ein Drumbesen oder sonst ein perkussives Element – holen die beiden gefitzten Alltagsbetrachter und Plaudertaschen ein Optimum aus ihrem neuen Programm «Spielzweispiel». Aber auch die Po-Po-Politik, rote Hosen und nach der Selbstfindung das Selbstmitleid sind die Inhalte ihrer gut 20 Songs – allesamt zwischen Tiefund Blödsinn. Einer der Höhepunkte des Abends: der österreichischshufflige Selbstmitleid-Blues mit einem hochgradig verzweifelten Stalder. Umwerfende Komik, listige Mimik Wort-Pingpong, witzige Kürzestgeschichten und Gedichte sind das eine, das beim aufgeräumten Publikum auf den frisch gepolsterten Klibühni-Sesseln bestens ankommt. Zum anderen tänzeln und scharwänzeln Bläsi und Stalder quicklebendig und spontan mit umwerfen- Für den Churer Werkbeitrag läuft die Eingabefrist CHUR Autoren und Autorinnen, Komponisten und Komponistinnen sowie Drehbuchautoren und Drehbuchautorinnen sind derzeit aufgerufen, sich an der Ausschreibung für den literarischen Werkbeitrag 2016 der Stadt Chur zu beteiligen. Das teilte die Standeskanzlei gestern mit. Bewerben können sich professionelle Kulturschaffende, die das Churer Bürgerrecht besitzen, in Chur aufgewachsen oder wohnhaft sind. Der mit 10 000 Franken dotierte Werkbeitrag wird je nach Anzahl und Qualität der Eingaben einer Person oder auch mehreren Projekten zugesprochen. Das Dossier mit Motivationsschreiben, Lebenslauf sowie einem Projektbeschrieb (inhaltliche/ konzeptionelle Beschreibung des Projekts, Exposé, Inhaltsangabe, Zeitplan) ist bis am 15. Dezember 2015 (Datum Poststempel) an die Kulturfachstelle der Stadt Chur, Klostergasse 11, Postfach 660, 7002 Chur, einzureichen oder per E-Mail an [email protected] zu senden. Der Entscheid wird im Februar 2016 bekannt geben, heisst es abschliessend. (BT) Lieder über Lieder und doch nicht liederlich: Christian Stalder (links) und Damian Bläsi verbinden als Duo Coirason in der Klibühni Tief- und höheren Blödsinn. (FOTO MARCO HARTMANN) der Komik durch den Abend (Pianist Bläsi fällt nur einmal vom Hocker) und unterlegen ihr heiteres Liedgut mit listiger Mimik, punktgenau gesetzten Gesten und komödiantischem Tun. Hochspannung pur, wenn Stalder jeweils seine Büchse der Schlaghölzer öffnet – um doch wieder nur zur schon erwähnten Sambagurke zu greifen. Kalauer auch im Rap-Format Musikalisch wildert das Duo gekonnt in Swing-, Pop-, Funk- und Klassikgefilden und vergisst auch nicht, einen Abstecher ins nahe gelegene volkstümliche Genre zu unternehmen. Im Tempo variierend, in feinen Klangnuancen, mit Bläsis vielseitigem und stilvollem Tastenspiel sowie Stalders perkussiver Lust tanzen Coirason durch die Sahara, freuen sich über Licht im Kühlschrank, kalauern munter im Rap-Format, erinnern sich an das Schlagermäuschen Günther und jagen Caveltis Kuh. Wer mehr Schaden nimmt, sei an dieser Stelle nicht verraten. Apropos Fleisch: Auch das Bestellen eines präparierten, nicht garnierten Wurstsalats bereitet nicht immer nur Freude. Freude hingegen hatte das Publikum am Mittwochabend. Nach rund 100 Minuten lebhaften Klamauks und würzigen Spasses (der letzte Song drehte sich um den Geschmacksveredler Aromat) zeigten sich die Klibühni-Besucher begeistert und entsprechend applaudierfreudig. Zu zweit noch spontaner Nach dem Ausstieg von Gitarrist Roberto Suter im Herbst 2014 sind Stalder und Bläsi nun im Duo unterwegs. Und sie präsentieren sich als bestens eingespieltes ComedyPaar, das in einem kurzweiligen und temporeichen Programm mit einer hohen Bühnenpräsenz brilliert. Man ist geneigt zu sagen: Damian reimt sich auf Christian, und zu zweit haben Coirason zuweilen noch mehr Schwung als zu Trio-Zeiten. Christian Stalder bestätigt dies: «Die Auftritte zu zweit können wir noch spontaner gestalten und auch besser auf das Publikum eingehen.» «Spielzweispiel» ist bereits das siebte Coirason-Programm. Für die verbleibenden Vorstellungen in der Klibühni gibt es nur noch wenige Restkarten. Coirason-Fans – oder solche, die es werden wollen – müssen sich also sputen, wenn sie für heute oder morgen noch ein Ticket ergattern wollen. Die gute Nachricht lautet jedoch: Coirason werden im Januar kommenden Jahres noch drei Zusatzvorstellungen in Chur geben. Gleicher Ort, gleiche Uhrzeit. Infos unter www.klibuehni.ch. Sogar der Himmel zeigt Humor Das herrliche Spätherbst-Wetter spielt auch den Organisatoren des Arosa- Humor-Festivals in die Hände, wie diese gestern mitteilten. «Bei den aktuellen Temperaturen läuft der Aufbau des rot-blauen HumorFestival-Zelts bei der Tschuggenhütte optimal», sagt Projektleiter Markus Markwalder. «Das Zelt konnte bereits am Freitag auf trockenen Grund gestellt werden, und das Wetter erlaubt es uns, die Materialtransporte zurzeit noch per Fahrzeug durchzuführen.» Nun gehe es an die Inneneinrichtung. Die Organisatoren hoffen auf den angekündigten Wetterumschwung und explizi auch auf ausgiebige Schneefälle – «damit das rot-blaue Erkennungszeichen des Events Anfang Dezember aus der weissen Schneelandschaft heraus sticht», sagt Projektleiter Markwalder. Das Arosa-Humor-Festival findet in diesem Jahr vom 3. bis 13. Dezember statt. Auf vier Bühnen werden innerhalb von elf Tagen 28 Vorstellungen gespielt. Bekannte Schweizer Kabarettisten, deutsche ComedyStars und vielversprechende Newcomer sollen für Lacher und Schenkelklopfen in der Winterlandschaft von Arosa sorgen. (BT/ZVG) B ü n d n e r Ta g b l a tt 11 KONZERTKRITIK Eine Reverenz an den grossen Monk ▸ DOMENIC BUCHLI I m Rahmen seiner Reihe «Welt in Chur» hat das Theater Chur am Mittwochabend die Jazzperformance «An old Monk» präsentiert. Angekündigt war die Veranstaltung von und mit dem Schauspieler Josse De Pauw und dem Kris Defoort Trio (Kris Defoort, Piano; Nicolas Thys, E-Bassgitarre; Lander Gyselinck, Schlagzeug) als «deutsche Erstaufführung». Die Formulierung irritierte ein wenig. Gemeint war natürlich die Erstaufführung im deutschen Sprachraum, immerhin ein Gütezeichen für das Theater Chur. Gespielt wurde dann in französischer Sprache – und für beschränkt Kundige unserer zweiten Landessprache wurde der deutsche Text gut lesbar an eine zerknitterte Leinwand projiziert. Bereits bei der kurzen Einführung zum Stück mit Theaterdirektorin Ute Haferburg und dem Pianisten Defoort wurde deutlich hervorgehoben, dass es nicht um das Leben von Thelonious Monk (1917– 1982) gehe, diesem ganz besonderen US-Jazzpianisten. Monk, gewissermassen als farbiger Hofnarr von der vornehmlich weissen Gesellschaft in Amerika geduldet, spielte und lebte diese Rolle auf seine Art und Weise. Sein ungewöhnliches Klavierspiel bleibt nachhaltig als Markenzeichen lebendig. Die Direktorin hatte es vorweg genommen: Im Vordergrund dieser 70-minütigen «Jazzperformance» stand das Theatralische, eindrücklich als Solo und im Monolog gespielt von Josse De Pauw. Und wo blieb die Musik, der Jazz in der Performance? Diskret als Marginalie. Zwar gut gespielt und interpretiert, doch eher kanten- und eckenlos, Monk dem Erkennungswert ein Stück weit gerecht werdend, weniger seiner Eigenheit und Musik. Im Gesamten eine fulminante, schräge wie auch sehr offene Auseinandersetzung mit dem Leben: über die Unbekümmertheit im Tanz, zu den nagenden Gedanken beim Älterwerden, sich Entfernen – bis zum Willen, mit aller Freude zurück ins das Leben zu gehen. Der eindringliche Schlussteil hielt einen der stärksten Eindrücke parat. Als die letzte Note gespielt, der letzte Tanz getanzt worden war, blieb das Bild: De Pauw frank und frei als Akt (mit feinen Retuschen versehen) – und damit die Performance aus Theater, Tanz und Musik abschliessend ins bleibende Bild gesetzt. Jenins lädt zur Komödie «Die Irre von Chaillot» JENINS In Grossbesetzung tritt der Theaterverein Jenins heute Freitagabend um 20.15 Uhr zur Premiere seiner neusten Produktion an. Gespielt wird eine märchenhafte Komödie frei nach dem französischen Schriftsteller Jean Giraudoux (1882–1944). In dem Stück «Die Irre von Chaillot» steht das Weltgefüge für einmal auf dem Kopf: Die scheinbar Irren sind die einzig Vernünftigen, die gegen die Entmenschlichung der modernen Gesellschaft aufbegehren. Beherzt schliessen sie sich zusammen, um gegen die Ausbeutung aufzubegehren. Wie die Organisatoren mitteilen, wird das Stück nach der Premiere heute Abend im Gemeindehaus Jenins noch vier Mal gezeigt: morgen Samstag, 21., sowie 27. und 28. November (jeweils 20.15 Uhr) und am Sonntag, 22. November, um 17.15 Uhr. (BT) Widmer wird neuer Leiter BRIGELS Die Chorwoche in Brigels hat einen neuen Leiter: Roger Widmer. Dies teilte Surselva Tourismus gestern mit. Widmer kann auf eine rege Konzerttätigkeit zurückblicken, unter anderem an der Staatsoper Stuttgart am Zürcher Opernhaus. Die nächste Chorwoche in Brigels soll vom 17. bis 21. Juli 2016 stattfinden. Geprobt und aufgeführt werden unter anderem die beliebten Lieder «La sera sper il lag» (Gion Balzer Casanova) und «Mondaufgang» (Johannes Brahms). (BT) KORRIGENDA In der Liste der Kulturpreisträger seit 1969 (Ausgabe vom 14. November) sind vier der 44 Geehrten leider verloren gegangen: Räto Tschupp (2001), Grytzko Mascioni (1985) sowie Adolf Nadig und Rudolf Olgiati (beide 1981). Die Redaktion dankt einer aufmerksamen Leserin und bittet um Kenntnisnahme. (BT)