Erwartungen des Kunden an den Verkäufer
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Erwartungen des Kunden an den Verkäufer
1 Erwartungen des Kunden an den Verkäufer, das Geschäft und das Produkt Fallbeispiel Eine Fachzeitschrift für Mitarbeiter des Einzelhandels enthält folgenden Text: Künftige Erfolge im Einzelhandel werden von einem Verbraucher bestimmt, der gut informiert ist, auf Qualität achtet, kritisch ist und sich mit seinem Einkommen individuelle Wünsche erfüllen wird. Kunden wollen umworben sein, legen Wert auf individuelle, hoch qualifizierte Beratung, größtmögliche Bequemlichkeit beim Einkauf sowie auf eine ansprechende Kaufatmosphäre. Speziell für den Fachhandel ergibt sich die Notwendigkeit, sich stärker darauf einzustellen! Auswertung 1. Welche Erwartungen haben Kunden an Einzelhandelsgeschäfte? 2. Welche Verhaltensweisen werden im Text vom Kunden heute und auch künftig im beratungsintensiven Einzelhandel erwartet? 3. Worin zeigt sich kundenorientiertes Verhalten von Verkäufern? Sachdarstellung 1.1 Kundenorientierung, Schlüssel zum Erfolg Eines der wichtigsten Ziele eines Einzelhändlers besteht darin, Gewinne zu erwirtschaften. Erst durch die Bereitschaft des Kunden, Güter und Dienste gegen Entgelt in einem bestimmten Geschäft zu erwerben, können Gewinne entstehen. Deshalb richtet der erfolgreiche Einzelhändler seine unternehmerische Aktivität an den individuellen Wünschen seiner Kunden aus und zeigt „Kundenorientierung“. Er stellt Leistungen bereit, die den Wünschen und Erwartungen der Kunden entsprechen. Im Mittelpunkt des unternehmerischen Tuns und Handelns steht der Kunde. Hier ein Überblick kundenorientierter Leistungen: Leistungen des Einzelhandels · · · · · · · · Beispiele für Leistungen gute Auswahl an Produkten hochwertige Produkte qualifizierte Beratung freundliche Verkäufer günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis nützliche Serviceleistungen informative Werbung attraktive Warenpräsentation Erwartungen der Kunden 13 Anbieten von Leistungen Leistungen des Einzelhandels Geschäft Verkäufer Erwartungen des Kunden Kunde kauft erwartete Leistungen Man erkennt: Die Kundenorientierung bezieht sich auf • Leistungen, die das Geschäft anbietet, • Verhaltensweisen der Verkäufer im Umgang mit Kunden. Kundenorientierung ist das wichtigste Ziel eines Geschäfts und gilt als Schlüssel zum Erfolg. Geschäfte und deren Mitarbeiter, welche kundenorientierte Leistungen anbieten, • erfreuen sich der Zufriedenheit der Kunden, • bewirken Kundenbindung (neue Kunden zu gewinnen ist wesentlich „teurer“ als Stammkunden zu halten), • sind erfolgreich. Deshalb ist es für das Unternehmen nützlich zu wissen: • Wie zufrieden sind die Kunden, bzw. weshalb sind sie unzufrieden? • Warum wurden z. B. bei Reklamationen keine kundenfreundlichen Lösungen gefunden? • In welcher Hinsicht entspricht der Service nicht den Erwartungen? Stimmt die Kundenorientierung nicht, kehrt der Kunde dem Geschäft den Rücken und wendet sich dort hin, wo er glaubt, bessere Leistungen zu finden. Natürlich erwartet der Kunde nicht alle möglichen Leistungen gleichzeitig, deshalb haben sich unterschiedliche Verkaufs- und Betriebsformen entwickelt (vgl. Kapitel 2). 1.2 Erwartungen an den Verkäufer 1.2.1 Sympathische äußere Erscheinung Der erste Eindruck, den der Kunde vom Verkäufer gewinnt, geht von seiner äußeren Erscheinung aus. Diese wird vor allem durch Kleidung und Körperpflege bestimmt. 14 Die Kleidung des Verkäufers Damit ein positiver, sympathischer Eindruck entsteht, werden im Allgemeinen folgende Anforderungen an die Kleidung gestellt. Sie soll • sauber, gepflegt, zweckmäßig sein; • zum Stil des Hauses bzw. der Abteilung passen; • zur Person des Verkäufers passen (Alter, Figur und Typ). Deshalb sind Verkäufer im Jeans-Shop und in der Abteilung für festliche Kleidung unterschiedlich gekleidet. Körperpflege macht sympathisch Gepflegtes Aussehen erleichtert die Kontaktaufnahme und macht uns sympathisch. Darauf wollen wir nicht verzichten. Wir achten auf • • • • ansprechende Frisur; gepflegte Hände und Fingernägel; angenehme Körperfrische; pflegendes oder dekoratives Make-up, das zum Typ passt. Zur Erhaltung der körperlichen Fitness und als Ausgleich zum langen Stehen trägt entsprechender Sport bei, z. B. Gymnastik, Schwimmen, Skating, Rad fahren, Reiten. 1.2.2 Gute Umgangsformen schaffen eine positive Verkaufsatmosphäre Gute Umgangsformen sind Ausdruck der Sozialkompetenz, der Achtung und Wertschätzung gegenüber Mitmenschen. Dadurch tragen wir selbst zur positiven, verkaufsfördernden Atmosphäre bei, schaffen Sympathie und Vertrauen. Wer andere „gewinnen“ will, braucht gute Umgangsformen. Wenn zwei Einzelhandelsgeschäfte die gleichen Artikel zum gleichen Preis anbieten, wird das positive Verhalten des Verkäufers den Ausschlag zum Kauf in einem der Geschäfte geben. Kunden wollen positive Erfahrungen im Umgang mit Verkäufern beibehalten. Grundsätze im Umgang mit Menschen Im Umgang mit Menschen gilt folgender Grundsatz: Jeder Mensch strebt danach, belohnt und nicht bestraft zu werden. Hinsichtlich des Umgangs mit Kunden gibt es viele Verhaltensweisen, mit denen Verkäufer belohnende oder bestrafende Wirkungen ausüben. Die belohnenden schaffen eine positive Verkaufsatmosphäre, die bestrafenden eine negative (geringere Verkaufschancen). Folgende Tabelle gibt einen Überblick über solche Verhaltensweisen. Beobachten Sie bei Ihnen und Ihren Kollegen ähnliche? 15 Verhaltensweisen im Umgang, die belohnend oder bestrafend wirken Verhaltensweisen des Verkäufers, die belohnend wirken Verhaltensweisen des Verkäufers, die bestrafend wirken • • • sich dem Kunden zuwenden, Blickkontakt aufnehmen freundlich grüßen, höflich und behilflich sein • • Engagement, Interesse • • zuhören, zustimmen • • wahrhaftig, redlich, ehrlich, zuverlässig, korrekt, sorgfältig, pünktlich sein • herumstehen, Privatgespräche weiterführen, Kunden warten lassen bzw. sich von ihm abwenden mangelnde Höflichkeit, Kunden unfreundlich anstarren, Blickkontakt unterlassen, plumpe Komplimente machen, Hilfe unterlassen mangelndes Engagement und Desinteresse, Lustlosigkeit, Gleichgültigkeit weghören, überhören, ins Wort fallen, widersprechen besserwisserisch, abfällige Werturteile abgeben, mit „Tricks“ arbeiten, aufdringlich sein, unwahre Auskünfte geben, Notlügen und Ausreden vorbringen Gesichtsausdruck, Blickkontakt und Höflichkeit Die beiden Bilder zeigen dieselbe Person mit unterschiedlichem Gesichtsausdruck: freundlich und einladend, unfreundlich und abweisend. Kein Kunde verlangt vom Verkäufer ein ständiges Lächeln (wirkt unnatürlich und unecht). Ein kurzes, freundliches Lächeln zeigt Charme und lässt uns sympathisch erscheinen. Wir halten Blickkontakt zum Kunden, ohne ihn anzustarren. 1.2.3 Konfliktfreie, verkaufsfördernde Sprache Unsere Sprache ist das wichtigste Mittel der Verständigung (⫽ Kommunikationsmittel). Geschulte Verkäufer • vermeiden Gesprächsstörer, die das Verkaufsgespräch abwürgen; • verwenden Gesprächsförderer, die Vorstellungen von Kunden offenlegen; • wenden Formulierungen an, die auf Vorteile der Ware hinweisen; • formulieren positiv und anregend, was verkaufsfördernd wirkt; • nutzen die Fragetechnik, um das Verkaufsgespräch weiterzubringen. 16 1.2.4 Individuelle Beratung Produkt- und Warenkenntnisse Viele Produkte, die der Einzelhandel anbietet, sind beratungsintensiv, z.B. festliche Kleidung. Kunden sind zunehmend informierter und interessierter, aber auch kritischer. Wir beraten auf Wunsch umfassend über Eigenschaften, Vorteile, Einsatz, Verwendung, Qualitätsmerkmale, Pflege u. Ä. Durch gründliche Produkt- und Warenkenntnisse und verkaufskundliches Wissen erhalten wir fachliche Kompetenz und die nötige Sicherheit für das Verkaufsgespräch. Wir sind dadurch in der Lage, Produkte zu erklären bzw. vorzuführen. „Fachsimpeleien“ will der Kunde nicht, er ist vielmehr an einer individuellen und qualifizierten Beratung interessiert. Dazu brauchen wir Fachwissen! Waren- und Produktkenntnisse erwerben wir z. B. • in der schulischen und betrieblichen Unterweisung; • durch Fachbücher, Fachzeitschriften, Fachschulen; • durch Prospekte und Warenbeschreibung des Herstellers; • durch Beobachtungen des Verkaufsvorgangs bei erfahrenen Kollegen und durch Erfahrungsaustausch mit ihnen. Sortimentskenntnisse Unter Sortiment versteht man die Gesamtheit aller Waren, welche ein Geschäft anbietet. Sortimentskenntnisse helfen uns, im Verkaufsgespräch Auskunft zu geben, welche Artikel der verschiedenen Hersteller wir führen, wo die gewünschte Ware im Geschäft zu finden ist, welche Artikel sinnvoll miteinander kombiniert werden können, welche Preislagen und Qualitäten wir führen, welche Werbeaktionen gerade laufen usw. Je genauer wir darüber Bescheid wissen und diese Kenntnisse richtig anwenden, desto besser können wir den Kunden bedienen und beraten. 1.3 Erwartungen an das Geschäft Jeder Kunde hat unterschiedliche Erwartungen an das Geschäft. 1.3.1 Bedarfsorientiertes Sortiment Kunden erwarten bei ihren Einkäufen stets eine Auswahl an Produkten. Will ein Kunde sich z. B. Jeans kaufen (⫽ Bedarf), so erwartet er stets eine Auswahl an verschiedenen Schnitten, Preislagen, Qualitäten, Größen, Farben, Formen unterschiedlicher Hersteller. 1.3.2 Attraktive Warenpräsentation und interessante Verkaufsatmosphäre Wirkungsvolle Präsentation und Platzierung wollen • das Warenangebot dem Kunden vorstellen (Bedürfnisse wecken), • Produktinformationen geben, • Kunden rational und/oder emotional ansprechen, • Kaufentscheidungen auslösen. 17 Der Kunde erwartet insbesondere beim Einkauf höherwertiger Gebrauchsgüter, z.B. bei festlicher Kleidung, edlem Schmuck, eleganten Schuhen, eine angenehme Kaufatmosphäre, die positive Gefühle und Empfindungen hervorruft und das Einkaufen zum Erlebnis werden lässt (vgl. Kapitel Produktpräsentation). 1.3.3 Verlässliche Informationen und qualifizierte Beratung Der Verbraucher ist wählerisch, kritisch und mündig. Medien wie Zeitungen, Kataloge, Prospekte, Testberichte, Verbrauchersendungen, Internet u. Ä. versorgen ihn mit Produktwissen. Vielfach ist er gut informiert und interessiert. Deshalb verlangt er verlässliche Informationen und eine qualifizierte, situationsgerechte Beratung, möglichst verbunden mit einer Produktvorführung. 1.3.4 Nützlicher Service Viele Geschäfte bemühen sich, das Einkaufen so angenehm wie möglich zu gestalten. Dazu tragen z. B. Parkplätze, eine übersichtliche, klar gegliederte Raumgestaltung, eine zweckvolle oder dekorative Ladeneinrichtung, kurze Einkaufswege im Geschäft, Rolltreppen, Fahrstühle, Klimaanlagen bei. Typische Serviceleistungen, die der Einzelhändler anbietet, sind z. B.: • • • • • Änderung Auswahlsendung Umtausch Ausmessen Zuschneiden • • • • • Zustellen Verlegen Montage Kreditgewährung telefonische Bestellung • • • • Kartenzahlung Kundenkarten Kredit gewähren Telefonische Bestellung Bei vielen technischen Artikeln löst der Einzelhändler im Auftrag des Herstellers die Garantieverpflichtung ein, z. B. Reparatur in eigener Werkstatt. 1.4 Erwartungen an das Produkt Der Kunde, der ein Produkt (Textil) kauft, will durch dieses seine Bedürfnisse befriedigen. Verschiedene Kunden haben unterschiedliche Bedürfnisse. Deshalb stellen Käufer vielfältige Erwartungen/Ansprüche an das gewünschte Produkt. Beispiel: Ein Kunde wünscht einen sportlichen Mantel, der gut passt, schön aussieht und viele nützliche Gebrauchseigenschaften besitzt. Vielleicht könnte dieser Trenchcoat den Erwartungen entsprechen? 18 Nützliche Gebrauchseigenschaften: Schönes Aussehen: wetterfester, imprägnierter Oberstoff sportlicher Schnitt (Trenchcoat) angenehmes, geringes Gewicht Schulterklappen winddichter Popelinestoff breites Revers weite Öffnungen verbessern die Atmungsaktivität Koller Rundgurt haltbar durch Fasermischung Polyester/Baumwolle Leistentasche wasch- und reinigungsbeständig Ärmeltaschen gute Passform (exakte Größe) Günstiger Preis Umweltfreundliches Produkt 1.4.1 Hoher Gebrauchswert Unter dem Gebrauchswert versteht man die nützlichen Eigenschaften eines Produkts in einem bestimmten Einsatzbereich. Beispiel: Der Mantel ist Wasser abweisend ausgerüstet, hält den Wind ab, ist warm und durch den weiten Schnitt sehr bequem. 1.4.2 Hoher Geltungswert Unter dem Geltungswert versteht man die Eigenschaften eines Produkts, die z. B. schönes Aussehen, Aufmerksamkeit, Geltung und Ansehen (⫽ Prestige) bewirken. Geltungswerte sind also gefühlsmäßige Werte. Beispiel: Der Trenchcoat sieht gut aus, ist Ausdruck eines sportlichen Lebensstils und wirkt gepflegt. 1.4.3 Qualität Unter Qualität versteht man eine Vielzahl nützlicher Eigenschaften, die der Kunde bei der Verwendung des Produkts erwartet. Beispiel: „Der Trenchcoat ist leicht, sieht gut aus, ist imprägniert und somit bei Regen unempfindlich …“ 19 1.4.4 Günstiger Preis Der Kunde erwartet, dass die Ware ihren Preis wert ist. Der Fachverkäufer kennt den Wert seiner Ware und kann diesen dem Kunden verständlich machen. Der Kunde stellt dann z. B. fest, dass der Preis des gewünschten Produkts angemessen ist, und wird sein Kaufverhalten danach ausrichten. 1.4.5 Umweltfreundliches Produkt Eine wichtige Aufgabe unserer Zeit ist der Umweltschutz. Textilindustrie und Handel sind gefordert, Textilien aus umweltfreundlichen Rohstoffen mit umweltgerechter Ausrüstung, umweltgerecht verpackt herzustellen. Wertvolle Textilrohstoffe sollen wiederverwertet werden. Übungsaufgaben: Kapitel 1, Seite 279 20