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PDF, 637KB - Bundesamt für Bevölkerungsschutz und
Michael Kretz
Humanitäre Hilfe im Ausland durch das Technische Hilfswerk
Eine Darstellung am Beispiel der Rehabilitation der Trinkwasserversorgung
nach der Libanon-Krise 2006
Diplomarbeit im Fach Politikwissenschaft
Themensteller: Univ.-Prof. Dr. Th. Jäger
Vorgelegt in der Diplomprüfung
im Studiengang Volkswirtschaftslehre sozialwissenschaftlicher Richtung
der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln
Köln, im Dezember 2007
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ................................................................................................I
Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................... IV
1
Einleitung .....................................................................................................1
1.1
Überblick über die Literatur und ergänzende Quellen ..............................2
1.2
Fragestellung und Hypothesen ................................................................4
1.3
Das Untersuchungsdesign .......................................................................5
1.3.1
Die Quellen- und Dokumentenanalyse .................................................5
1.3.2
Das Experteninterview..........................................................................6
2
Definition und Abgrenzung der Einsatzgebiete ............................................9
2.1
Die Katastrophe und der Katastrophenschutz..........................................9
2.2
Der Zivilschutz........................................................................................10
2.3
Die humanitäre Hilfe...............................................................................11
2.4
Die Entwicklungshilfe .............................................................................13
3
Die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk .................................................15
3.1
Die Geschichte des Technischen Hilfswerks..........................................15
3.2
Der Aufbau der Bundesanstalt ...............................................................17
3.3
Das Leitbild der Einsatzorganisation ......................................................18
3.4
Überblick über die Einsatzoptionen des THW im Inland.........................19
3.5
Auslandseinsätze des THW seit dem Jahr 1953....................................20
3.6
Die drei Säulen des THW in der humanitären Hilfe................................24
3.7
Ausbildung der THW-Experten für Auslandseinsätze ............................24
3.8
Die Auftraggeber für humanitäre Hilfe durch das THW ..........................25
4
4.1
Der Libanonkrieg im Sommer 2006 ...........................................................27
Die Vorgeschichte ..................................................................................27
Seite I
4.2
Die Eskalation bis zum Juli 2006............................................................28
4.3
Der Verlauf des Kriegs bis zum Waffenstillstand....................................30
4.4
Die Kriegsfolgen, die Schäden und der Wiederaufbau...........................34
5
Die Chronologie der Libanon-Mission des THW ........................................38
5.1
Vorbereitende Schritte für eine Erkundung ............................................38
5.2
Die operative Erkundung........................................................................39
5.3
Die Alarmierung und Zusammenstellung des Teams.............................40
5.4
Der Einsatzauftrag .................................................................................41
5.5
Verlegung des Teams in das Einsatzgebiet ...........................................42
5.6
Reparaturarbeiten im Südlibanon...........................................................44
5.6.1
Start der Instandsetzung.....................................................................44
5.6.2
Eingesetztes Personal ........................................................................45
5.6.3
Ausstattung, Fahrzeuge und Baumaterial...........................................46
5.6.4
Das Trinkwasserlabor .........................................................................46
5.6.5
Regionale Ausweitung der Instandsetzungsarbeiten ..........................47
5.7
Die Sicherheitslage in der Einsatzregion................................................48
5.8
Internationale Koordination im Libanon ..................................................50
5.9
Die Verlängerung des THW-Einsatzes...................................................51
5.10
Abschluss der Mission............................................................................52
5.11
Folgeprojekte des Technischen Hilfswerks im Libanon..........................53
6
Analyse und Bewertung der Mission..........................................................55
6.1
Forschungsfrage 1 – Ziele der THW-Mission .........................................56
6.2
Forschungsfrage 2 – Hilfe zur Selbsthilfe...............................................57
6.3
Forschungsfrage 3 – Verzögerungen .....................................................60
6.4
Forschungsfrage 4 – Fazit des Einsatzes ..............................................62
7
Schlussfolgerung .......................................................................................65
Seite II
Literaturverzeichnis...........................................................................................68
Eidesstattliche Erklärung ..................................................................................75
Anhang .............................................................................................................76
Seite III
Abkürzungsverzeichnis
AA
AAFDRU
ABC
AFDRU
AI
ASB
BBC
BBK
BGBl
BGS
BKA
BMF
BMI
BMU
BMZ
BP
CDU
CIA
DFID
DRK
ECHO
EU
FAZ
FR
GD
GG
GO
GTZ
GUS
HIC
IKRK
IMC
Auswärtiges Amt
Austrian Armed Forces Disaster Relief Unit, heute AFDRU
atomare, biologische und chemische Gefahren
Austrian Forces Disaster Relief Unit
Amnesty International
Arbeiter-Samariter-Bund
British Broadcasting Corporation
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
Bundesgesetzblatt
Bundesgrenzschutz, heute Bundespolizei
Bundeskriminalamt
Bundesministerium der Finanzen
Bundesministerium des Innern
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Bundespolizei
Christlich Demokratische Union Deutschlands
Central Intelligence Agency
Department for International Development der britischen Regierung
Deutsches Rotes Kreuz
European Community Humanitarian Office/
Europäisches Amt für Humanitäre Hilfe
Europäische Union
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Frankfurter Rundschau
Generaldirektion der Europäischen Kommission
Grundgesetz
Governmental Organization/Regierungsorganisation
Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit
Gemeinschaft Unabhängiger Staaten
Humanitarian Information Centre; temporäre Einrichtung von OCHA
Internationales Komitee vom Roten Kreuz
International Medical Corps
IT
Informationstechnik
KfW
LogH
LuK
MdB
MKW
NATO
NGO
NZZ
OB
OCHA
ODA
ÖGA
OPZ
OSOCC
PLO
RL
S
SAR
SEB-ABC
Kreditanstalt für Wiederaufbau
Logistikzentrum Heiligenhaus; Einrichtung des THW
Leitungs- und Koordinierungsstab
Mitglied des Bundestags
Mannschaftskraftwagen des THW
North Atlantic Treaty Organisation
Non-Governmental Organization/Nichtregierungsorganisation
Neue Zürcher Zeitung
Ortsbeauftragter für einen THW-Ortsverband
Office for the Coordination of Humanitarian Affairs; Behörde der UN
Overseas Development Administration; heute DFID
Örtliche Gefahrenabwehr
Operationszentrale der THW-Leitung; heute Teil des Referats E 1
On-site Operations Coordination Centre; temporäre Einrichtung der UN
Palestine Liberation Organisation
Referatsleiter
Sachgebiet; Aufgabenbereich in einem Stab
Search and Rescue
Spezialeinheit Bergung unter ABC-Gefahren; Einheit des THW
Seite IV
SEEBA
SEELift
Schnelleinsatzeinheit Bergung Ausland; Einheit des THW
Schnelleinsatzeinheit Logistikabwicklung im Lufttransportfall; Einheit des
THW
SEEWA
Schnelleinsatzeinheit Wasser Ausland; Einheit des THW
SKH
Schweizerisches Korps für Humanitäre Hilfe
SKK
Ständige Konferenz für Katastrophenvorsorge und Katastrophenschutz
SLWE
South Lebanon Water Establishment/Wasserbehörde im Südlibanon
SPD
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
THW
Technisches Hilfswerk
THW-HelfRG Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Helfer der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk
TWA
Trinkwasseraufbereitungsanlage
TZ
Technischer Zug; Basiseinheit des THW
UdSSR
Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
UN
United Nations/Vereinte Nationen
UNDAC
United Nations Disaster Assessment and Coordination
UNHCR
United Nations High Commissioner for Refugees
UNICEF
United Nations International Children’s Emergency Fund
UNIFIL
United Nations Interim Force in Lebanon
UNO
United Nations Organization
UNTSO
United Nations Truce Supervision Organization; im Nahen Osten tätig
US
United States
USA
United States of America
USAID
United States Agency for International Development
USAR
Urban Search and Rescue
VENRO
Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen
WHO
World Health Organisation
Seite V
1
Einleitung
In trauriger Regelmäßigkeit erschüttern verheerende Naturkatastrophen, tragische
Unglücksfälle oder kriegerische Auseinandersetzungen die Öffentlichkeit in aller
Welt. In der zweiten Hälfte des Jahres 2007 berichteten die Medien beispielsweise
über die Überschwemmungen in fast 20 afrikanischen Ländern im September1, ein
Erdbeben in Peru Mitte August, die zahlreichen Schäden durch die Hurrikans Dean
und Felix im Sommer in Mittelamerika oder das großflächige Hochwasser im November in Mexiko.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), die Diakonie Katastrophenhilfe
sowie Caritas International gehören in der Regel zu den ersten internationalen Organisationen, die nach solchen Katastrophen den betroffenen Menschen zu Hilfe kommen und in den westlichen Staaten umfangreich angelegte Spendenaufrufe starten.
Doch neben der großen Zahl internationaler Nichtregierungsorganisationen (NonGovernmental Organization, NGO) wie zum Beispiel IKRK, Diakonie und Caritas agieren auf dem Feld der humanitären Hilfe auch viele staatliche Akteure. Eine dieser
Regierungsorganisationen (Governmental Organization, GO) – ihre Arbeit wird überwiegend von Staaten finanziert – ist das deutsche „Technische Hilfswerk“ (THW).
Seit dem Jahr 1953 ist das THW immer wieder weltweit im Auftrag der Bundesregierung im Einsatz, um Menschen in Not zu helfen.
Ursprünglich wurde die Bundesanstalt THW als bundesweit tätige Zivil- und Katastrophenschutzorganisation gegründet. Sehr bald rückten Einheiten des THW aber
auch zu Einsätzen in anderen Staaten aus. So machte sich die Einsatzorganisation
bald weltweit in Fachkreisen im Bereich der humanitären Hilfe einen guten Namen.
Im internationalen wissenschaftlichen Diskurs gibt es nur eine kleine Anzahl an Forschungsarbeiten, die sich mit der humanitären Hilfe befassen. Bezogen auf einzelne
Länder, wie in diesem Fall Deutschland, ist die Publikationslage noch begrenzter.
Arbeiten, die sich mit deutschen Akteuren in der humanitären Hilfe beschäftigen, beziehen sich außerdem nahezu ausschließlich auf die Tätigkeit von NGOs. Aus dieser
1
Das THW war von Oktober bis Dezember 2007 zur Trinkwasseraufbereitung in Uganda im Einsatz
und reinigte Brunnen in Ghana, vgl. „Eine Million Liter Trinkwasser für Uganda“, THW, 30.11.2007,
unter:
http://www.thw.bund.de/cln_035/nn_244766/DE/content/meldungen/thw__international/pressemitteilun
gen/2007/11/meldung__003__uganda.html__nnn=true (Stand: 13.12.2007).
Seite 1
Beobachtung heraus entstand das Interesse, die humanitäre Arbeit der deutschen
Regierungsorganisation „Technisches Hilfswerk“ intensiver in den Blick zu nehmen.
Für eine exemplarische Betrachtung der Arbeit des THW bei einem humanitären Soforteinsatz im Ausland bot sich aufgrund ihrer Aktualität die Libanon-Mission im Zeitraum von August bis Oktober 2006 an. Bei diesem Einsatz hatte das THW den Auftrag, die durch den Libanonkrieg 2006 zerstörte Infrastruktur im Bereich der Wasserversorgung im Südlibanon wiederherzustellen. Der Fokus der vorliegenden Arbeit ist
dabei auf die Untersuchung der operativen und der taktischen Ebene dieser Auslandsmission gerichtet. Aufgrund der wenigen zur Verfügung stehenden Quellen sowie fehlender unabhängiger Referenzwerke nimmt die vorliegende Diplomarbeit nur
bei ausgewählten Aspekten eine Bewertung der Ereignisse vor und konzentriert sich
über weite Strecken auf eine Darstellung der Geschehnisse.
Diese Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel. Zu Beginn wird ein Überblick über die
bereits vorhandene Literatur im Bereich der humanitären Hilfe gegeben. Daraufhin
werden die Fragestellung sowie die Arbeitshypothesen vorgestellt und das Untersuchungsdesign erläutert. Das zweite Kapitel schließt sich an mit der Definition und
Abgrenzung der Begriffe „Katastrophe“, „Katastrophenschutz“, „Zivilschutz“, „humanitäre Hilfe“ sowie „Entwicklungshilfe“, die für die richtige Einordnung der Thematik
notwendig sind. Das folgende Kapitel stellt dann die Geschichte und den Aufbau der
Bundesanstalt Technisches Hilfswerk kurz vor und geht auf die Entwicklung der Auslandseinsätze des THW seit dem Jahr 1953 ein. Der Verlauf des Libanonkriegs im
Sommer 2006 wird im vierten Kapitel dargestellt, denn dieser Krieg stellte den Anlass
für das humanitäre Engagement des THW im Nahen Osten dar. Im fünften Kapitel
wird schließlich der Einsatz des THW im Libanon eingehend nachgezeichnet. An diese chronologische Darstellung knüpft die Diskussion und Analyse der Arbeitshypothesen im sechsten Kapitel an. Im letzten Kapitel werden dann die Schlussfolgerungen aus dieser Untersuchung noch einmal zusammengefasst.
1.1
Überblick über die Literatur und ergänzende Quellen
Die Quellen und die Herkunft der Daten und Informationen, auf denen diese Arbeit
basiert, sind sehr verschieden. Denn je nach Thema eines einzelnen Abschnitts
musste der Schwerpunkt auf eine andere Art von Literatur gelegt werden. Besonders
in Bezug auf die Aspekte des Hauptteils (Kapitel 5 und 6) ergab die Auswertung der
existierenden Literatur nur ein unzureichendes Ergebnis. Als sehr hilfreich stellten
Seite 2
sich im Laufe der Recherche die Publikationen im Bereich der „grauen Literatur“ heraus. Bei einigen Gesichtspunkten waren solche Veröffentlichungen eine unverzichtbare Informationsquelle.
International sind die Forschungen auf dem Gebiet der humanitären Hilfe vergleichsweise fortgeschritten, wobei die Diskussionen weitgehend im angelsächsischen
Raum und in Frankreich geführt werden. Forschungsarbeiten, die sich mit deutschen
Akteuren beziehungsweise der deutschen Politik der humanitären Hilfe beschäftigen,
finden sich nur vereinzelt.2 Unter anderem befassen sich Eberwein3, Hancock4,
Knaup5, Henzschel6 und Munz7 mit verschiedenen Aspekten humanitärer Hilfe, die
durch NGOs weltweit geleistet wird. Auf der anderen Seite stehen Publikationen, die
sich schwerpunktmäßig mit dem zunehmenden Engagement des Militärs8 im Bereich
der humanitären Hilfe beschäftigen. Hier ist wieder Eberwein9 zu nennen, aber auch
Minaer et al.10 und Hasenclever11. Dagegen hat die Tätigkeit von Regierungsorganisationen im Allgemeinen und dem THW im Besonderen auf dem Feld der akuten,
weltweiten Nothilfe bisher praktisch keinen Niederschlag in der wissenschaftlichen
Literatur gefunden.
Die Abschnitte der vorliegenden Arbeit, die sich mit der Definition und Abgrenzung
der relevanten Begriffe beschäftigen, orientieren sich an den einschlägigen Veröffentlichungen von Henzschel12 und Kuhn13. Als Grundlage für das Kapitel über die
2
Vgl. Henzschel, Thomas: Internationale humanitäre Hilfe – Bestimmungsfaktoren eines Politikfeldes
unter besonderer Berücksichtigung der Bundesrepublik Deutschland, o.O. 2006, S. 31.
3
Vgl. zum Beispiel: Eberwein, Wolf-Dieter/Runge, Peter (Hrsg.): Humanitäre Hilfe statt Politik? Neue
Herausforderungen für ein altes Politikfeld, Münster 2002.
4
Hancock, Graham: Händler der Armut/Lords of Poverty, München 1989.
5
Knaup, Horand: Hilfe, die Helfer kommen – Karitative Organisationen im Wettbewerb um Spenden
und Katastrophen, München 1996.
6
Henzschel: Internationale humanitäre Hilfe.
7
Munz, Richard: Im Zentrum der Katastrophe: was es wirklich bedeutet, vor Ort zu helfen, Frankfurt/Main 2007.
8
Vgl. Weiss, Thomas G.: A Research Note about Military-Civilian Humanitarism: More Questions than
Answers, in: Disasters, Jahrgang 21, 1997, Nr. 2, S. 95-117, S. 99/100.
9
Vgl. zum Beispiel: Eberwein, Wolf-Dieter: Humanitäre Hilfe, Flüchtlinge und Konfliktbearbeitung,
WZB Discussion Papers, P 01-302, Berlin 2001.
10
Vgl. zum Beispiel: Minear, Larry/van Baarda, Ted/Sommers, Marc: NATO and humanitarian action
in the Kosovo crisis, Providence, RI, 2000.
11
Hasenclever, Andreas: Die Macht der Moral in der internationalen Politik: militärische Interventionen
westlicher Staaten in Somalia, Ruanda und Bosnien-Herzegowina, Frankfurt/Main 2001.
12
Henzschel: Internationale humanitäre Hilfe.
13
Kuhn, Marco: Humanitäre Hilfe der Europäischen Gemeinschaft – Entwicklung, System und primärrechtlicher Rahmen, Berlin 2000.
Seite 3
Bundesanstalt Technisches Hilfswerk dienten die Chronik von Wittling14 aus dem
Jahr 2000 und mehrere Publikationen des THW.
Da der Libanonkrieg 2006 noch nicht sehr lange zurückliegt, wurde bisher nur von
Achcar/Warschawski15 ein komplettes Buch zu diesem Thema veröffentlicht. In
Fachzeitschriften wurden aber bereits zahlreiche Aufsätze zu dem Konflikt publiziert.
Außerdem wurden Informationen aus der internationalen Presseberichterstattung
und aus Arbeitspapieren der libanesischen Regierung und internationaler Organisationen aufbereitet.
Das Kapitel über den Einsatz des THW im Südlibanon stützt sich hauptsächlich auf
Primärquellen wie Einsatzdokumentationen und Experteninterviews. Auch Artikel aus
Fachzeitschriften und der Tagespresse sind ein geeignetes Mittel, um die THWMission zu betrachten.
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass trotz intensiver Recherche rund um die Thematik dieser Arbeit in Fachpublikationen keine Aufsätze oder Artikel gefunden wurden, die das Auslandsengagement des THW kritisieren beziehungsweise eine abschätzige Haltung dazu einnehmen. Stattdessen werden die weltweiten Einsätze des
THW durchgehend positiv hervorgehoben beziehungsweise neutral erwähnt.
1.2
Fragestellung und Hypothesen
Um näher untersuchen zu können, wie das Technische Hilfswerk im Ausland humanitäre Hilfe leistet, wurde für diese Diplomarbeit exemplarisch der THW-Einsatz zur
Rehabilitation der Trinkwasserversorgung nach dem Libanonkrieg 2006 ausgewählt.
Für eine eingehende Analyse der operativen Arbeit des THW wurde die Fragestellung in vier Einzelfragen unterteilt:
1. Welche Ziele wurden mit dem Einsatz des THW im Libanon 2006 verfolgt?
2. Welche Maßnahmen liefen bei diesem Auslandseinsatz des THW nacheinander beziehungsweise parallel ab und welche Mittel wurden dabei eingesetzt?
3. Gab es im zeitlichen Ablauf der humanitären Mission Entscheidungen beziehungsweise Beschränkungen, die einen effizienteren Einsatz behindert haben?
4. War der THW-Einsatz im Rückblick erfolgreich?
14
Wittling, Gernot (Hrsg.): Wir helfen – Das THW gestern – heute – morgen, Bonn 2000.
Achcar, Gilbert/Warschawski, Michael: Der 33-Tage-Krieg, Israels Krieg gegen die Hisbollah im
Libanon und seine Folgen, Hamburg 2007.
15
Seite 4
Zur Beantwortung dieser Fragen werden in den folgenden Kapiteln unterstützend
fünf Hypothesen herangezogen. Die Arbeitshypothesen beschäftigen sich jeweils mit
einem ausgewählten Aspekt, der in den vier Forschungsfragen aufgeworfen wurde:
I. Die beiden THW-Teams haben während der Libanon-Mission die vorgegebenen Ziele erfüllt.
II. Das THW hat die im Einsatzland vorhandenen Ressourcen (Fachleute, Hilfsarbeiter oder Baumaterial) optimal genutzt, um die Wirtschaft vor Ort zu stärken und die betroffenen Menschen einzubinden.
III. Die Einbindung in die Hierarchie der Ministerialverwaltung schränkt die Reaktionsgeschwindigkeit des THW bei Auslandsmissionen ein.
IV. Im Katastrophengebiet fand eine enge Zusammenarbeit des THW mit anderen
Organisationen, den staatlichen libanesischen Stellen und den Einrichtungen
von UN und EU statt.
V. Beim Einsatz im Libanon hat sich das THW als verlässlicher Partner in der
humanitären Hilfe erwiesen.
1.3
Das Untersuchungsdesign
Die vorliegende Arbeit basiert im Wesentlichen auf empirisch erhobenen Primärquellen in Form von qualitativen Interviews mit Experten und der Auswertung von
Einsatzdokumentationen. Dabei wurden die Methoden der Quellen- und Dokumentenanalyse sowie der Expertenbefragung genutzt.
1.3.1 Die Quellen- und Dokumentenanalyse
Eine wichtige Grundlage für die folgende Untersuchung bildeten schriftliche Unterlagen und Akten der beteiligten Behörden. Bei der Analyse des Materials diente die
von Reh ausführlich beschriebene „Quellen- und Dokumentenanalyse in der Politikfeldforschung“16 als Orientierung.
Mit „Quelle“ werden als Oberbegriff nicht nur schriftliche Zeugnisse bezeichnet, sondern auch bildliche oder gegenständliche Überlieferungen wie zum Beispiel Filme,
Tonbänder, Bauten und Kunstwerke. „Dokumente“ sind ein Teil dieser Quellen, näm-
16
Reh, Werner: Quellen- und Dokumentenanalyse in der Politikfeldforschung, in: von Alemann, Ulrich
(Hrsg.): Politikwissenschaftliche Methoden – Grundriss für Studium und Forschung, Opladen 1995, S.
201-260.
Seite 5
lich die schriftlich vorliegenden Äußerungen. Dazu zählen unter anderem Urkunden,
Rechtstexte und Verwaltungsakten.17
Für die Betrachtung des Libanon-Einsatzes des THW wurden vor allem die Lageübersichten der damaligen Operationszentrale (OPZ) und die Pressemitteilungen des
ehemaligen Referats für Öffentlichkeitsarbeit18 herangezogen. Die ein bis zwei Seiten
langen Berichte der OPZ wurden zu Beginn des Einsatzes täglich – an einzelnen Tagen morgens und abends – erstellt und später, nachdem eine gewisse Routine im
Einsatzgeschehen eingetreten war, nur noch als wöchentliche Zusammenfassungen
verschickt. Empfänger der Lageübersichten waren unter anderem das Bundesministerium des Innern (BMI), als vorgesetzte Behörde, das gemeinsame Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), die THW-Leitung sowie die nachgeordneten Stellen im THW,
wie Landesverbände, Geschäftsführerbereiche und Ortsverbände. Pressemitteilungen wurden von der THW-Leitung in unregelmäßigen Abständen herausgegeben.
Aus diesen Dokumenten wurden die für die oben dargestellte Fragestellung relevanten Aspekte herausgearbeitet und der Ablauf des Einsatzes rekonstruiert und zusammengefasst.
1.3.2 Das Experteninterview
Ergänzt wurden die Ergebnisse, die aus der Dokumentenanalyse gewonnen wurden,
durch Informationen, die im Rahmen von Interviews mit THW-Mitarbeitern erhoben
wurden. In drei persönlichen Gesprächen und zwei Telefonaten wurden mit insgesamt fünf hauptamtlichen THW-Angehörigen „nicht standardisierte Expertengespräche“19 geführt. Die Kriterien für die Auswahl der Experten und die Durchführung der
Interviews orientierten sich an den Ausführungen von Schmid20 sowie Meuser und
Nagel21 zu dieser Methode. Im Verlauf dieser Interviews wurden Notizen zu den Ge17
Vgl. Ebd., S. 204.
Mit der neuen Organisationsstruktur in der THW-Leitung, die am 1. August 2007 in Kraft trat, wurden diese beiden Organisationseinheiten aufgelöst und ihre Aufgaben anderweitig integriert; vgl. unveröffentlichtes Schreiben des THW-Präsidenten: Aufbauorganisation in der BA THW, Bonn,
13.07.2007.
19
Vgl. von Alemann, Heine: Der Forschungsprozess. Eine Einführung in die Praxis der empirischen
Sozialforschung, Stuttgart 1977, S. 216.
20
Schmid, Josef: Expertenbefragung und Informationsgespräch in der Parteienforschung: Wie föderalistisch ist die CDU?, in: von Alemann, Ulrich (Hrsg.), Politikwissenschaftliche Methoden – Grundriss
für Studium und Forschung, Opladen 1995, S. 293-326.
21
Meuser, Michael/Nagel, Ulrike: ExpertInneninterviews – vielfach erprobt, wenig bedacht. Ein Beitrag
zur qualitativen Methodendiskussion, in: Garz, Detlef/Kraimer, Klaus (Hrsg.): Qualitativ-empirische
Sozialforschung. Konzepte, Methoden, Analysen, Opladen 1991, S. 441-471.
18
Seite 6
sprächsinhalten gemacht, die später in Protokollen niedergeschrieben wurden. Die
Niederschriften sind im Anhang D-H dokumentiert.
Weiterhin wurden mit drei Abgeordneten des Deutschen Bundestags Hintergrundgespräche geführt. Diese Gespräche dienten hauptsächlich dazu, das Thema der Diplomarbeit in einen größeren Zusammenhang einordnen zu können und lieferten wichtige Grundlagen für weitergehende Recherchen. Zwei dieser Interviews wurden digital aufgezeichnet und dann wörtlich aufgeschrieben. Der Verlauf des dritten Gesprächs wurde direkt anschließend aus Notizen rekonstruiert. Diese Transkripte sind
im Anhang A-C zu finden.
Für keines der Gespräche existierte im Vorfeld ein starrer Fragenkatalog. Vielmehr
dienten einige vorformulierte Hauptfragen als Leitfaden für das Interview. Mit Detailfragen wurde an relevanten Stellen eingehakt, um weitere Informationen zu erhalten.
Die Auswahl der jeweils gestellten Fragen orientierte sich an Funktion beziehungsweise Stellung des Interviewpartners und variierte von Gespräch zu Gespräch.
Folgende Experteninterviews wurden geführt:
14. Juni 2007, Berlin
Reichenbach, Gerold; Bundestagsabgeordneter der SPD; Mitglied im Innenausschuss; Dauer: 100 Minuten.
14. Juni 2007, Berlin
Hagemann, Klaus; Bundestagsabgeordneter der SPD; Mitglied im Haushaltsausschuss und im Petitionsausschuss; Dauer: 45 Minuten.
19. Juni 2007, Berlin
Schmidbauer, Bernd; Bundestagsabgeordneter der CDU; Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium und im Auswärtigen Ausschuss; ehemaliger Staatsminister im Bundeskanzleramt; Dauer: 32 Minuten.
14. August 2007, Bonn
Stroppel, Claudia; THW-Leitung, Referat E 2 (Ausland); Projektleiterin für die Projekte im Libanon von Oktober 2006 bis Juni 2007; Dauer: 60 Minuten.
14. August 2007, Bonn
Mack, Stephan; THW-Leitung, Referat E 2 (Ausland); Projektleiter für den LibanonEinsatz von August bis Oktober 2006; Dauer: 55 Minuten.
14. August 2007, Bonn
Buchmüller, Klaus; THW-Leitung, Referatsleiter E 2 (Ausland); Teilnehmer des ressortübergreifenden Erkundungsteams im Libanon; Dauer: 40 Minuten.
17. August 2007
Freiherr Grote, Nils; THW, Geschäftsführer Verden; Einsatzleiter für das LibanonTeam 1; Dauer: 15 Minuten.
11. September 2007
Seite 7
Tahn, Stefan; THW, Geschäftsführer Olpe; Head of Mission im Libanon für die Projekte von Januar bis April 2007; Dauer: 20 Minuten.
Ein Interview mit Vertretern des „Arbeitsstabs Humanitäre Hilfe“ (ASHH), der im
Auswärtigen Amt (AA) für humanitäre Hilfsmaßnahmen zuständig ist, kam nicht zustande. Auf die beiden schriftlichen Anfragen bezüglich eines Gesprächswunsches
für diese Diplomarbeit hat der ASHH nicht geantwortet.
Seite 8
2
Definition und Abgrenzung der Einsatzgebiete
Im folgenden Kapitel werden die Hauptbegriffe, die zur Einordnung dieser Arbeit und
zum Verständnis der verwendeten Termini erforderlich sind, definiert und gegeneinander abgegrenzt. Zugleich findet damit eine erste Auflistung der Einsatzgebiete des
Technischen Hilfswerks statt.22
2.1
Die Katastrophe und der Katastrophenschutz
Das griechische Wort „Katastrophe“ bedeutet wörtlich übersetzt eine „Wendung ins
Negative“ oder eine „völlige Veränderung“.23 Bei den Vereinten Nationen wird eine
Katastrophe beschrieben als:
„A serious disruption of the functioning of society, causing widespread human, material or environmental losses which exceed the ability of affected society to cope using only its own resources.“24
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
definiert diesen Begriff für seine Zwecke umfassender:
„Unter Katastrophe versteht man die Unterbrechung der Funktionsfähigkeit einer Gesellschaft,
die mit Verlusten an Menschenleben, Sachwerten oder Umweltgütern verbunden und so
schwer ist, dass ihre Folgen aus eigener Kraft bestenfalls nur sehr langfristig überwunden
werden können. Sie tritt ein, wenn ein Ereignis (z.B. Erdbeben, Dürre, Überschwemmung) auf
eine verwundbare Gesellschaft trifft, wobei ihr Ausmaß sowohl von der Intensität des Ereignisses als auch vom Ausmaß der Verwundbarkeit der Gesellschaft abhängt.“25
Diese Begriffsbestimmung bezieht sich hauptsächlich auf Notlagen im Ausland, kann
aber ebenfalls auf folgenschwere Unglücke angewendet werden, die in Deutschland
eintreten.
Um die Folgen solcher natürlichen oder anthropogenen Notlagen abwehren und beseitigen zu können wurde in der Bundesrepublik Deutschland unter der Regie der
Bundesländer26 der Katastrophenschutz aufgestellt. Der geläufige Begriff „Katastrophenschutz“ ist dabei vom Wortlaut her nur eine ungenaue Bezeichnung. Anders als
22
Ausführlich wird darauf in Kapitel 3 eingegangen.
Vgl. Artus, Helmut M.: Katastrophen – ihre soziale & politische Dimension, Ein Überblick über sozialwissenschaftliche Forschung, Bonn 2005, S. 7.
24
United Nations, Department of Humanitarian Affairs: Internationally agreed glossary of basic terms
related to Disaster Management, Genf 1992.
25
BMZ: Entwicklungspolitik zur Vorbeugung und Bewältigung von Katastrophen und Konflikten. Konzeptionelle Aspekte und deren entwicklungspolitische Implikationen, in: BMZ aktuell, Nummer 082,
Bonn 1997, S. 7.
26
Vgl. Deutscher Bundestag: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 23.05.1949, in der
Fortschreibung vom 28.08.2006, BGBl. I S. 2034 ff., Art. 30 und Art. 73.
23
Seite 9
beim „Umweltschutz“ wird hier nicht eine Katastrophe „geschützt“, sondern der vorbeugende Schutz der Bevölkerung vor einer Katastrophe und die Hilfe für Betroffene
nach einer Katastrophe stehen im Mittelpunkt. Da der Begriff aber in der Literatur
nahezu durchgehend verwendet wird, wird er auch hier im Folgenden weiter mit dieser Bedeutung gebraucht.
Die Einheiten des Katastrophenschutzes sind in den Ländern oft bei den Feuerwehren angesiedelt und werden ergänzend im Bereich des Sanitäts- und Betreuungsdienstes von den Hilfsorganisationen wie Deutsches Rotes Kreuz, Malteser Hilfsdienst und Johanniter Unfallhilfe gestellt. Auf Anforderung kann der Bund in Amtshilfe
mit dem THW, einer operativen Behörde im Geschäftsbereich des BMI, seine für den
Zivilschutz vorgehaltenen Einsatzmittel einbringen.27 Derzeit wird in der Innenministerkonferenz diskutiert, ob es notwendig ist, die Unterstützung der Bundesländer bei
Katastrophen und schweren Unglücken durch den Bund auch ausdrücklich in das
Grundgesetz aufzunehmen.28
2.2
Der Zivilschutz
„Zivilschutz“ ist die Sammelbezeichnung für öffentliche und private Maßnahmen zum
Schutz der Bevölkerung in einem Verteidigungsfall. Er wird weltweit als humanitäre
Aufgabe gesehen und genießt völkerrechtlich besonderen Schutz.29 Nach Artikel 73
des Grundgesetzes liegt in Deutschland die Zuständigkeit für den Zivilschutz in der
Kompetenz des Bundes.30 Um diese Aufgabe zu erfüllen, wurde im Jahr 1950 das
Technische Hilfswerk als „Ziviler Ordnungsdienst“ gegründet.31 Im so genannten Helferrechtsgesetz (THW-HelfRG) wird dem THW in Paragraph 1 die „technische Hilfe
im Zivilschutz“32 als eine von drei Aufgaben ausdrücklich zugewiesen.
Als Oberbegriff für den Zivil- und Katastrophenschutz findet die Bezeichnung „Bevölkerungsschutz“ Verwendung. Der Ausdruck steht für öffentliche und private Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung – unabhängig vom Grund des Schadensereignisses.33 In der deutschen Politik spielt der Bevölkerungsschutz nur eine untergeord27
Vgl. Ebd., Art. 35.
Vgl. Meyer-Teschendorf, Klaus: Rechtsfortbildung im Bevölkerungsschutz, Zum Diskussionsstand
zwischen Bund und Ländern, in: Bevölkerungsschutz, Ausgabe 2/2007, S. 23-30, S. 29.
29
Vgl. SKK: Wörterbuch für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Köln 2006, S. 73.
30
Vgl. Deutscher Bundestag: GG, Art. 73.
31
Vgl. Wittling, Gernot: Das THW 1950 bis 1975, in: Wittling: Wir helfen, S. 15-42, S. 15.
32
Deutscher Bundestag: Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Helfer der Bundesanstalt
Technisches Hilfswerk, 22.01.1990, BGBl. I 1990, 118, in der Fortschreibung vom 21.12.2004, § 1,
Abs 2.
33
Vgl. SKK: Wörterbuch für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, S. 8.
28
Seite 10
nete Rolle und stellt kein eigenes Politikfeld dar, denn das Thema ruft kaum Interesse in der Öffentlichkeit hervor. Der Bevölkerungsschutz wird als ein Aspekt im Bereich „Innere Sicherheit und Ordnung“ angesehen und im Bundestag deshalb im Innenausschuss behandelt.34
2.3
Die humanitäre Hilfe
Die „humanitären Prinzipien von individualisierter Hilfeleistung, Unparteilichkeit, Neutralität und Kurzfristigkeit“35 stehen bei der humanitären Hilfe im Mittelpunkt. Doch je
nach Sichtweise und Interessenlage verstehen Staaten, Organisationen, Institutionen
und Einzelpersonen diesen Begriff unterschiedlich.36 Im Folgenden werden einige
dieser Definitionen vorgestellt.
Das Auswärtige Amt, das eine wichtige Rolle als Auftraggeber des THW bei humanitären Einsätzen innehat, hat die nachfolgenden Kriterien für humanitäre Hilfeleistungen festgelegt:
„Die Bundesregierung leistet ihre Hilfe gemäß dem so genannten humanitären Imperativ unabhängig von politischen, ethnischen, religiösen oder anderen Erwägungen. Die humanitäre
Hilfe der Bundesregierung ist Handeln aus ethischer Verantwortung und mit humanitärer Zielsetzung. Sie orientiert sich ausschließlich an der Bedürftigkeit der von Krisen, Konflikten oder
Katastrophen betroffenen Menschen. Es gibt für die humanitäre Hilfe keine guten oder
schlechten Opfer, sondern nur Menschen, deren Gesundheit oder Leben in einer Notlage gefährdet ist.“37
Diese Leitlinien finden sich auch in den „Zwölf Grundregeln der Humanitären Hilfe“38
wieder, die im „Koordinierungsausschuss Humanitäre Hilfe“ festgelegt wurden, in
dem sich deutsche Hilfsorganisationen, Bundesministerien und bundeseigene Einrichtungen wie GTZ und THW zusammengeschlossenen haben.
Ausschlaggebend für die Entscheidung, wem geholfen wird, sollte nach Eberwein
und Runge ausschließlich das Maß der Not sein.39 In Anlehnung an den „Code of
34
Vgl. Interview Reichenbach, Gerold, MdB der SPD, 14.06.2007.
Götze, Catherine: Von der humanitären zur Entwicklungshilfe; Entwicklung, Konflikt, Nothilfe und die
ambivalente Aktualität des Kontinuum-Ansatzes, WZB Discussion Papers, P 99-304, Berlin 1999, S.
27.
36
Vgl. Kuhn: Humanitäre Hilfe der Europäischen Gemeinschaft, S. 22.
37
Auswärtiges Amt: Die humanitäre Hilfe der Bundesregierung, unter: http://www.auswaertigesamt.de/diplo/de/Aussenpolitik/HumanitaereHilfe/downloads/HumitaereHilfederBundesregierung.pdf
(Stand: 13.12.2007).
38
Vgl. Ebd..
39
Vgl. Eberwein, Wolf-Dieter/Runge, Peter: Neue Herausforderungen für die humanitäre Hilfe: Probleme und Perspektiven, in: Eberwein/Runge(Hrsg.): Humanitäre Hilfe statt Politik?, S. 9-51, S. 24.
35
Seite 11
Conduct for the International Red Cross and Red Crescent Movement and NGOs in
Disaster Relief“ beschreiben sie humanitäre Hilfe wie folgt:
„Sie dient ausschließlich der Linderung einer bestehenden humanitären Notlage; sie wird ohne
Ansehen von ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Staatsangehörigkeit, politischer Überzeugung, Geschlecht oder sonstiger Unterscheidungsmerkmale der Betroffenen und ausschließlich gemäß ihrer Bedürftigkeit gewährt.“40
Ausgehend von den oben genannten Begriffsbestimmungen kommt Henzschel zu
einer eigenen Definition:
„Die internationale humanitäre Hilfe umfasst alle Tätigkeiten, die darauf abzielen, in Respekt
vor der Würde des Menschen Leben zu erhalten und Menschen in humanitären Notlagen wieder in die Lage eigenständigen Handelns und freier Entscheidungsfindung zu versetzten. Sie
darf keine anderen Interessen verfolgen und keinen anderen Auftrag haben als Menschen in
Notsituationen zu Hilfe zu kommen.“41
In den weiteren Kapiteln dieser Arbeit wird der Begriff „humanitäre Hilfe“ im Sinne
dieser Definition verwendet. Um für eine bessere Lesbarkeit die Wortwahl variieren
zu können, werden die Begriffe „Nothilfe“, „Soforthilfe“ und „Katastrophenhilfe“ als
gleichwertige Synonyme verwendet.
Für das Technische Hilfswerk ist die weltweite Leistung von humanitärer Hilfe – neben dem Katastrophenschutz im Inland – als eine weitere Aufgabe im THW-HelfRG
festgelegt. So soll das THW „technische Hilfe im Auftrag der Bundesregierung außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes“ erbringen.42
Eine besondere Form der Soforthilfe ist die „humanitäre Intervention“. Bei ihr werden
zivile Hilfe und militärische Mittel vermischt. Beispiele dafür sind der Bundeswehreinsatz in Somalia im Jahr 199343 oder die internationalen Interventionen in Ruanda, in
Bosnien44 und im Kosovo.45 Da Streitkräfte aber einem politischen Auftrag unterliegen, kann das Militär nicht unparteilich, unabhängig und neutral handeln und „humanitäre Hilfe [droht] unter diesen Umständen zur Geisel der Sicherheitspolitik zu wer-
40
Ebd..
Henzschel: Internationale humanitäre Hilfe, S. 12.
42
Vgl. Deutscher Bundestag: THW-HelfRG, § 1, Abs 2.
43
Vgl. Lieser, Jürgen: Sind Hilfsorganisationen überflüssig? Die Rolle der Hilfsorganisationen im
Spannungsfeld zwischen Politik und Hilfe, in: Eberwein/Runge (Hrsg.): Humanitäre Hilfe statt Politik?,
S. 90-111, S. 106.
44
Vgl. Götze: Von der humanitären zur Entwicklungshilfe, S. 26.
45
Vgl. Eberwein: Humanitäre Hilfe, Flüchtlinge und Konfliktbearbeitung.
41
Seite 12
den“46. Denn bei militärischen Einsätzen sind in der Regel die Täter und nicht die
Opfer das primäre Ziel des Handelns.47
2.4
Die Entwicklungshilfe
„Während bei der humanitären Hilfe die Hilfe der Zweck des Handelns ist und einzig
die Zahl geretteter Menschenleben von Bedeutung ist, wird bei der Entwicklungshilfe
die Hilfe zu einem Mittel eines weiter in der Zukunft gesteckten Ziels.“48 Oft dient sie
dabei der Verfolgung außen- und sicherheitspolitischer Ziele, indem Entwicklungshilfe beispielsweise zur Befriedung regionaler Krisen und der Stärkung politisch instabiler Staaten eingesetzt wird. Wirtschaftliche Ziele wie die Rohstoff- und Exportsicherung können ebenfalls als Motive der entwickelten Industrieländer angenommen
werden.49
Götze unterscheidet bei der Entwicklungshilfe zwei Hauptrichtungen: Einmal steht die
Bekämpfung der Armut im Vordergrund, beim zweiten Ansatz geht es um Maßnahmen, die die makro-ökonomischen Voraussetzungen für eine Industrialisierung durch
Kapitalinvestitionen schaffen sollen.50 Beide Male sollen in den so genannten Entwicklungsländern langfristige Strukturen geschaffen werden, die den Menschen
Wohlstand, Teilhabe am technischen Fortschritt und Demokratie ermöglichen sollen.51
Der Übergang von kurzfristiger humanitärer Hilfe zur langfristigen, nachhaltigen Entwicklungshilfe ist oft fließend. Eine exakte Festlegung, ab wie vielen Wochen oder
Monaten nach dem Beginn einer Katastrophe vom Ende der humanitären Nothilfe zu
sprechen ist, ist daher nicht möglich.52
Aus seinem eigenen Verständnis heraus sieht sich das THW nicht als Akteur in der
Entwicklungshilfe. Denn jenseits der kurzfristigen, unparteiischen Soforthilfe implementiert es zwar einzelne auf Dauer angelegte Projekte für Auftraggeber wie
46
Ebd., S. 8.
Vgl. Eberwein, Wolf-Dieter/Chojnacki, Sven/et al.: Humanitäre Hilfe in globalen Konflikten, in: Aus
Politik und Zeitgeschichte, Nr. 52/53, 1999, S. 31-38, S. 35.
48
Götze: Von der humanitären zur Entwicklungshilfe, S. 40.
49
Vgl. Kuhn: Humanitäre Hilfe der Europäischen Gemeinschaft, S. 17.
50
Vgl. Götze: Von der humanitären zur Entwicklungshilfe, S. 16/17.
51
Vgl. Ebd., S. 37.
52
Siehe dazu auch die Diskussion um den Kontinuumsansatz zur engeren Verknüpfung von humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe, vgl. Götze: Von der humanitären zur Entwicklungshilfe.
47
Seite 13
UNICEF oder UNHCR, im Unterschied zu den internationalen NGOs verfolgt das
THW aber kein langfristiges Programm auf dem Gebiet der Entwicklungspolitik.53
53
Vgl. Interview Stroppel, Claudia, THW-Leitung, Referat E 2 (Ausland), 14.08.2007.
Seite 14
3
Die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk
3.1
Die Geschichte des Technischen Hilfswerks
Das Technische Hilfswerk wurde im Jahr 1950 durch Otto Lummitzsch im Auftrag
des Bundesinnenministers Gustav Heinemann als „Ziviler Ordnungsdienst“ in Bonn
gegründet, wobei der heutige Name erst im darauf folgenden Jahr offiziell festgelegt
wurde. Lummitzsch hatte bereits nach dem Ersten Weltkrieg die Technische Nothilfe,
die Vorgängerorganisation des THW, ins Leben gerufen und bis zur Gleichschaltung
durch die Nationalsozialisten im Jahr 1934 geleitet. Ein Erlass des BMI vom 25. August 1953 legte schließlich die Rechtsform des THW als Bundesanstalt fest.
Bis zum Frühjahr 1953 war der organisatorische Aufbau des THW im Wesentlichen
abgeschlossen und in Ortsverbänden im gesamten Bundesgebiet standen etwa
22.000 ehrenamtliche Helfer für Einsätze bereit. Zu den Aufgaben der Zivil- und Katastrophenschutzorganisation zählten die technische Hilfeleistung bei der Abwehr
von Katastrophen, die Leistung technischer Dienste im zivilen Luftschutz sowie die
Mitwirkung bei der Beseitigung von Notständen.
Die erste große Bewährungsprobe für die junge Organisation war eine Sturmflut, die
im Februar 1953 weite Flächen in den Niederlanden überschwemmte. 76 THWEinsatzkräfte reparierten im Nachbarland gebrochene Deiche und bargen Maschinen
und Geräte aus den Fluten. Dieser sechswöchige Einsatz verhalf dem THW in
Deutschland zum Durchbruch und bescherte ihm einen starken Zulauf an neuen Helfern.
In den folgenden Jahren stieg die Zahl der Ehrenamtlichen im THW kontinuierlich an,
so dass im Jahr 1968 rund 70.000 freiwillige Einsatzkräfte zur Verfügung standen.
Mit seinen inzwischen 542 Ortsverbänden war das THW bundesweit vertreten. Bei
der Neuorganisation des Katastrophenschutzes im Juli 1968 waren dem Hilfswerk
die beiden Fachdienste „Bergungsdienst“ und „Instandsetzungsdienst“ als Aufgaben
zugeordnet worden. Sechs Jahre später stellte das THW bereits 758 Bergungs- und
132 Instandsetzungszüge.54
Da der Katastrophenschutz aber originäre Länderaufgabe war und bis heute ist (vergleiche Abschnitt 2.1) und die Gefahr eines bewaffneten Konflikts immer unwahrscheinlicher wurde, stand die Zivilschutzorganisation THW zunehmend vor dem
54
Vgl. Wittling: Das THW 1950 bis 1975, S. 15ff.
Seite 15
Problem, ein Aufgabenfeld besetzen zu müssen, das ihre weitere Existenz rechtfertigen konnte. Aus diesem Grund bot sich eine stärkere Einbindung des THW in die
bilaterale Katastrophenhilfe und die humanitäre Auslandshilfe geradezu an. Somit
kamen mit Billigung des BMI in den achtziger Jahren verstärkt THW-Teams bei internationalen Hilfeleistungen zum Einsatz.55 Offiziell fand dieses Betätigungsfeld
schließlich Eingang in das THW-HelfRG, das am 9. November 1989 vom Bundestag
verabschiedet wurde:
„(2) Das Technische Hilfswerk ist eine nicht rechtsfähige Bundesanstalt mit eigenem Verwaltungsunterbau im Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Es hat folgende Aufgaben:
1.
Technische Hilfe im Zivilschutz,
2.
technische Hilfe im Auftrag der Bundesregierung außerhalb des Geltungsbereichs dieses
Gesetzes,
3.
technische Hilfe bei der Bekämpfung von Katastrophen, öffentlichen Notständen und Unglücksfällen größeren Ausmaßes auf Anforderung der für die Gefahrenabwehr zuständigen Stellen, insbesondere im Bergungs- und Instandsetzungsdienst.“56
Nach der deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990 wurde das THW beauftragt, in
den neuen Bundesländern eine Zivil- und Katastrophenschutzorganisation nach
westdeutschem Vorbild aufzubauen. Trotz anfänglicher Startschwierigkeiten wurden
die ersten beiden ostdeutschen THW-Ortsverbände schließlich am 19. Juni 1991 gegründet.57 Erst im Jahr 2006 wurde dieser Aufbau mit der Gründung des 94. Ortsverbands in Ostdeutschland abgeschlossen.58
Das Ende des Ost-West-Konflikts brachte für das gesamte THW aber auch Einschnitte mit sich, denn die zwischenzeitlich weggefallene Gefahr eines Krieges in
Zentraleuropa machte eine Neuordnung des gesamten Zivilschutzes und damit eine
Verkleinerung des THW erforderlich.59 Gleichzeitig wurde die Ausstattung des THW
durch diese Reform modernisiert. Die Konzentration auf den Bergungsdienst mit einer starken Auslandskomponente führte außerdem zur Auflösung des Instandsetzungsdienstes.60 Mit Erlass des BMI vom 21. Dezember 1994 wurde das „Neukonzept THW 2001“ in Kraft gesetzt. An die Stelle der Bergungs- und Instandsetzungs55
Vgl. Andrews, Ewald: Das THW 1975 bis 1990, in: Wittling: Wir helfen, S. 43-59, S. 45ff.
Deutscher Bundestag: THW-HelfRG, § 1, Abs 2.
57
Vgl. Derra, Hans-Joachim: Das THW 1990 bis 1999, in: Wittling: Wir helfen, S. 60-67, S. 64 ff.
58
Vgl. THW: Jahresbericht 2006, Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, Bonn 2007, S. 8.
59
Vgl. THW: Neuordnung des THW – Umsetzungsverfügung, Bundesanstalt Technisches Hilfswerk,
Bonn 1994.
60
Vgl. Derra, Hans-Joachim: Das THW 1990 bis 1999, nicht veröffentlichter Ergänzungsdruck zu:
Wittling: Wir helfen, S. 60-68i, S. 68a.
56
Seite 16
züge traten nun 810 Technische Züge (TZ) mit 922 spezialisierten Fachgruppen.
Gleichzeitig wurde die Personalstärke auf 44.500 aktive Helfer und 17.000 Reservehelfer reduziert.61
Im Laufe der Jahre stellte sich heraus, dass es nicht möglich war, die Anschaffung
aller Fahrzeuge und Geräte langfristig zu finanzieren, die „THW 2001“ vorsah. Daher
wurde eine Fortschreibung des Neukonzepts erarbeitet. Im Rahmen des so genannten „Komponentenmodells“ wurde im Jahr 2004 die Anzahl der TZ auf 727 reduziert
und die Anzahl der Fachgruppen auf 995 erhöht. Gleichzeitig wurde die Dislozierung
der THW-Einheiten an den im Laufe der Zeit veränderten regionalen Bedarf im Zivilund Katastrophenschutz angepasst.62
Aufgewertet wurde die Position des THW im Bereich der Inneren Sicherheit durch die
neue Gefährdungslage nach den Anschlägen auf das World Trade Center in New
York am 11. September 2001 und das verheerende Hochwasser an der Elbe im
Sommer 2002. Mit zusätzlichen finanziellen Mitteln aus dem Anti-Terror-Programm
der Bundesregierung63 und aus einem Hochwasserprogramm64 wurden seit dem
Jahr 2002 neue Spezialfahrzeuge und Großgeräte angeschafft. Außerdem werden
seit dem Jahr 2005 ausgewählte THW-Einsatzkräfte für die neue „Spezialeinheit
Bergung unter atomaren, biologischen und chemischen Gefahren“ (SEB-ABC) ausgebildet.65
3.2
Der Aufbau der Bundesanstalt
An der Spitze des THW steht der Präsident. Seit April 2006 ist Albrecht Broemme
Inhaber dieses Amtes. Er ist verantwortlich für etwa 82.000 freiwillige Helferinnen
und Helfer. In diese Summe sind allerdings Reservehelfer sowie Jugendliche aus der
eigenständigen Nachwuchsorganisation „THW-Jugend e.V.“ eingeschlossen.66 Da
die Organisationsstruktur für den Verwaltungsbereich des THW lediglich 803,5 Stellen für hauptamtliche Mitarbeiter vorsieht, wird das THW zu 99 Prozent durch ehrenamtliches Engagement getragen – für eine Behörde eine einmalige Konstellation.
61
Vgl. BMI: Erlass zur Neuordnung des Technischen Hilfswerks, Bonn 1994.
Vgl. THW: Jahresbericht 2004, Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, Bonn 2005, S. 27.
63
Vgl. THW: Jahresbericht 2002, Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, Bonn 2003, S. 31.
64
Vgl. THW: Jahresbericht 2004, S.33.
65
Vgl. „ABC-Schutz im THW“, THW, 05.10.2005, unter:
http://www.thw.bund.de/cln_035/nn_245244/DE/content/meldungen/thw__im__inland/trends/2005/10/
meldung__001.html__nnn=true (Stand: 13.12.2007).
66
Vgl. THW: Inforeport, Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, Bonn 2007, S. 3.
62
Seite 17
Bundesweit ist das THW flächendeckend an 669 Standorten mit Ortsverbänden vertreten. Das Einsatzpotential eines Ortsverbands besteht aus mindestens einem TZ
und einer oder mehreren Fachgruppen.67 Je nach Zusammensetzung der Gruppen
gehören einem TZ 28 bis 43 ehrenamtliche THW-Helfer an. Da das THW bundeseinheitlich organisiert ist, können Einsatzkräfte kurzfristig zur Verstärkung auch über
Kommunal- oder Ländergrenzen hinweg eingesetzt werden. Durch einen modularen
Aufbau ist jede einzelne Fachgruppe in der Lage, flexibel mit anderen THW-Einheiten
zusammenzuarbeiten.68
Im hauptamtlichen Verwaltungsbereich ist das THW in acht Landes- beziehungsweise Länderverbände unterteilt, die wiederum in 66 Geschäftsführerbereiche untergliedert sind. In einem Geschäftsführerbereich sind jeweils zehn bis zwölf Ortsverbände
zusammengefasst. Ein Teil der Ausbildung der Einsatzkräfte findet zentral an der
THW-Bundesschule statt, die auf die zwei Standorte Hoya (Niedersachsen) und
Neuhausen auf den Fildern (Baden-Württemberg) aufgeteilt ist. Der Haushalt der gesamten Organisation ohne Drittmittel – mit ihnen werden zum Beispiel Projekte im
Ausland durchgeführt – hatte im Jahr 2006 eine Höhe von 130 Millionen Euro.69
Die Leitung der Bundesanstalt THW hat seit dem Januar 1956 ihren Sitz in Bonn. Sie
ist im selben Gebäudekomplex untergebracht wie das BBK. Zusammen mit dieser
eher konzeptionell und koordinierend ausgerichteten Behörde bildet das THW den
Beitrag des Bundes zum Bevölkerungsschutz.70
3.3
Das Leitbild der Einsatzorganisation
In zehn Leitsätze gefasst, haben sich die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter des
THW zum 50. Jubiläum im Jahr 2000 eine Selbstverpflichtung für ihre Arbeit auferlegt. In der „Wir-Form“ wurden die Ziele der ehrenamtlich getragenen Einsatzorganisation prägnant ausformuliert:71
-
„Das Leitbild verpflichtet alle Angehörigen des Technischen Hilfswerks.
-
Wir sind eine ehrenamtlich getragene staatliche Organisation der Bundesrepublik
Deutschland.
-
Unser im THW-Helferrechtsgesetz festgelegter Auftrag ist Leistung technisch-humanitärer
Hilfe, auch weltweit, und im Zivilschutz.
67
Vgl. THW: Jahresbericht 2006.
Vgl. THW: THW anfordern, Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, Bonn 1997, S. 12.
69
Vgl. THW: Jahresbericht 2006.
70
Vgl. Meyer-Teschendorf: Rechtsfortbildung im Bevölkerungsschutz, S. 25.
68
Seite 18
-
Wir sind ein THW – identifizieren uns mit unserem Staat und bekennen den Auftrag als
unser gemeinsames Ziel.
-
In Verantwortung für unser Ziel bereiten wir uns mit aller Kraft und allem Können für den
Einsatz vor.
-
Kameradschaft, Verlässlichkeit, Loyalität und gegenseitige Achtung prägen unseren Umgang miteinander.
-
Die Mitgestaltung der Helferschaft in den Gremien ist Voraussetzung bei der Führung und
Weiterentwicklung des THW.
-
Kommunikation ist unser wichtigstes Führungsinstrument.
-
Jede Herausforderung wird als Chance zur Verbesserung betrachtet.
-
Die THW-Jugend ist unsere Zukunft.“72
Mit Bezug auf das THW-Helferrechtsgesetz wird auch an dieser Stelle das weltweite
Engagement des THW in der humanitären Soforthilfe ausdrücklich erwähnt und als
Auftrag der staatlichen Einsatzorganisation hervorgehoben.
3.4
Überblick über die Einsatzoptionen des THW im Inland
Wenn die ehrenamtlichen Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks in Deutschland
zu Hilfe gerufen werden, arbeiten sie in der Regel eng mit Feuerwehren, Polizei,
Hilfsorganisationen, kommunalen Verwaltungen und anderen Behörden zusammen.
Das Spektrum der denkbaren Szenarien, in denen das THW die anderen Einsatzkräfte unterstützen kann, ist dabei sehr breit. Neben den universell einsetzbaren Bergungsgruppen, die in der Lage sind zu retten, zu bergen, Sicherungs- und leichte
Räumarbeiten vorzunehmen sowie vielfältig technische Hilfe zu leisten, stehen spezialisierte Fachgruppen bereit.
Jeder der 669 Ortsverbände des THW verfügt über mindestens einen Technischen
Zug, der sich wiederum aus dem Zugtrupp, zwei Bergungsgruppen und mindestens
einer Fachgruppe zusammensetzt. In der Regel ist in jedem Geschäftsführerbereich
von jedem der dreizehn Fachgruppentypen jeweils wenigstens eine Gruppe disloziert. Die Fachgruppen decken die Bereiche Beleuchtung, Brückenbau, Elektroversorgung, Führung/Kommunikation, Infrastruktur, Logistik, Ölschaden, Ortung, Räumen, Sprengen, Wassergefahren, Wasserschaden/Pumpen und Trinkwasserversorgung ab.
71
Vgl. Henkel, Gerd Jürgen/Derra, Hans-Joachim: Leitbild des THW, in: Wittling: Wir helfen, S. 262271, S. 264ff.
72
Ebd., S. 264.
Seite 19
Als Zivil- und Katastrophenschutzorganisation ist das THW fest in den Notfallplänen
für einen – inzwischen in Deutschland immer unwahrscheinlicher werdenden – Verteidigungsfall vorgesehen. Doch auch abseits des Zivilschutzes kommt das THW
zum Beispiel nach Naturereignissen wie Extremwetterlagen, Erdbeben, Flächenbränden, Hochwasser oder Sturmfluten und nach Schäden durch anthropogene
Umwelteinflüsse zum Einsatz. In solchen Situationen können die THW-Einheiten etwa für Rettungs-, Evakuierungs- oder Bergungsmaßnahmen eingesetzt werden, bei
Abstütz- oder Pumparbeiten helfen, Damm- und Deichsicherung übernehmen, bei
Sicherungs- und Räumaufgaben unterstützen sowie die Stromversorgung sicherstellen.
Für ähnliche Einsatzoptionen steht das THW auch nach schweren Unfällen, nach von
Menschen verursachten Unglücken, bei Großbränden, nach Explosionen, beim Massenanfall von Verletzten sowie bei atomaren, biologischen und chemischen Gefahrenlagen (ABC-Lagen) bereit. Neben den bereits oben genannten Aufgaben können
THW-Einsatzkräfte bei der Reparatur der Infrastruktur, bei der Ver- und Entsorgung
von Löschwasser, bei der Aufbereitung von Trinkwasser und durch den Einsatz von
schweren Radladern, Baggern sowie Transportfahrzeugen Hilfe leisten.
Ebenso kann die Bundesanstalt nach terroristischen Anschlägen, Attentaten oder
Sabotageakten eingesetzt werden. Mögliche Arbeitsbereiche können dabei Sicherungs- und Räumaufgaben, Ölschadenbekämpfung, der Einsatz von schwerem Gerät
und allgemeine technische Hilfe sein.73
3.5
Auslandseinsätze des THW seit dem Jahr 1953
Besonders in den vergangenen beiden Jahrzehnten hat die weltweite Tätigkeit des
Technischen Hilfswerks eine immer größere Bedeutung für die Organisation bekommen. Das Auslandsengagement des THW ist aber schon fast ebenso alt wie die
Bundesanstalt selbst. So rückten bereits im Februar 1953 THW-Einsatzkräfte nach
einer verheerenden Sturmflut in die Niederlande aus. In den folgenden Jahren kamen Einsätze nach Erdbeben, Überschwemmungen und Dürren in Ländern wie Jugoslawien, Italien, Türkei, Tunesien sowie Rumänien hinzu. Bei Bürgerkriegen in Pakistan im Jahr 1971 und drei Jahre später in Zypern wurde das THW beim Bau von
Flüchtlingslagern tätig. In den siebziger Jahren und der ersten Hälfte der achtziger
Jahre bildete der afrikanische Kontinent den Schwerpunkt für das internationale En-
Seite 20
gagement des THW: zum Beispiel wurden in Mali mobile Krankenhäuser errichtet, in
Sambia Fähren betrieben, in Somalia Trinkwasser aufbereitet und in Kamerun Straßen gebaut. Der fünfte Nahost-Krieg im Jahr 1982 führte das THW erstmals in diese
Weltregion, denn im Libanon wurden während des Krieges bereits damals zerstörte
Wasserleitungen und Hausanschlüsse wieder instand gesetzt.74
Einschneidende Auswirkungen für die Strategie des THW bei kurzfristigen Auslandseinsätzen hatte das starke Erdbeben in Mexiko im Jahr 1985. Bei diesem Unglück kamen etwa 10.000 Menschen ums Leben. Eine vergleichsweise hohe Zahl
von 100 Leichen wurde allein durch Einsatzkräfte des THW geborgen. Vor allem aber
rettete die THW-Mannschaft 26 Überlebende aus den Trümmerbergen. In Folge dieses Einsatzes wurden Überlegungen angestellt, eine schnell einsatzfähige Spezialeinheit eigens für das Ausland aufzustellen, denn etwa 72 Stunden nach einer Katastrophe sinken die Chancen rapide ab, Verschüttete zu retten.75 Als Ergebnis dieser Erfahrungen wurde im Jahr 1986 die „Schnelleinsatzeinheit Bergung Ausland“
(SEEBA) gegründet. Innerhalb von sechs Stunden ist diese Einheit abflugbereit, um
überall auf dem Globus zum Einsatz gebracht zu werden.76 Durch mitgeführte Geräte
und Verpflegung ist die SEEBA in der Lage, etwa zehn Tage lang autark zu operieren. Die speziell ausgebildeten Einsatzkräfte der SEEBA und ihre vorbereitete Ausstattung, die in herkömmlichen Verkehrsflugzeugen transportiert werden kann, werden an bundesweit vier Standorten vorgehalten.77
Zu einem ihrer ersten Einsätze wurde die SEEBA im Jahr 1988 nach Armenien entsandt. Dort waren bei einem schweren Erdbeben im Dezember schätzungsweise
70.000 Menschen gestorben. Besondere Bedeutung bekam dieser THW-Einsatz dadurch, dass erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg eine staatliche Hilfsorganisation
aus der Bundesrepublik Deutschland auf sowjetischem Boden tätig wurde.78
Eine deutliche Zunahme bei den Auslandsaktivitäten des THW ist ab dem Jahr 1990
zu beobachten. In diesem Jahr schlossen der Bundesinnenminister und der Hohe
Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) eine Vereinbarung über eine
enge Zusammenarbeit in Bezug auf das THW ab. In diesem Vertrag sind die Modalitäten für humanitäre Einsätze des THW im Auftrag des UNHCR geregelt. Danach
73
Vgl. THW: THW anfordern, Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, Bonn 2006, S. 4ff.
Vgl. THW: Auslandseinsätze, Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, Bonn 1992, S. 24.
75
Vgl. Ebd., S. 44-46.
76
Vgl. Andrews: Das THW 1975 bis 1990, S. 47.
77
Vgl. THW: Auslandseinsätze, S. 21-23.
74
Seite 21
kann der UNHCR das THW direkt über das BMI anfordern. Als mögliche Einsatzgebiete kommen dabei unter anderem Brückenbau, Betrieb von Fähren und Booten,
Elektroversorgung, Errichtung von Notunterkünften, Rettung und Bergung sowie
technische Beratung in Frage.79
Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs eröffnete sich für die Auslandshilfe des THW ein
neues regionales Tätigkeitsfeld, denn in mehreren hundert Fahrzeugkonvois transportierten THW-Einsatzkräfte Hilfsgüter in die Sowjetunion und deren Nachfolgestaaten. Darüber hinaus wurden in Rumänien und Bulgarien Kinderheime, Schulen und
Krankenhäuser instand gesetzt.
Ab dem Jahr 1992 bildeten Einsätze in den Ländern auf dem Balkan einen weiteren
Schwerpunkt der Nothilfe des THW. In Bosnien entwickelte das THW das so genannte „Bauhof-Modell“. Dabei betrieben Mitarbeiter des THW, vornehmlich Ingenieure
und Handwerker, von 1993 bis 2004 in Mostar und vier weiteren bosnischen beziehungsweise serbischen Städten Bauhöfe, die kostenlos Baumaterial an die Bevölkerung abgaben. Auf diese Weise konnten unter der Bauaufsicht des THW mehrere
tausend Wohnungen und mehrere Schule sowie Krankenhäuser wieder aufgebaut
werden. Das erfolgreiche Konzept wurde ab Juni 1999 auch im Kosovo umgesetzt.80
Nach achtjähriger Aufbauarbeit wurde das Projekt im Jahr 2006 beendet.81
Zum bisher größten Auslandseinsatz des THW rückten zum Jahreswechsel
1999/2000 mehr als 1500 Einsatzkräfte nach Frankreich aus. Dort hatte ein Orkan
unzählige Bäume und Masten umgeknickt und dadurch die Stromversorgung in zahlreichen Départements unterbrochen. Mit mobilen Netzersatzanlagen versorgte das
THW kurzfristig Städte und Dörfer mit Strom und baute Überlandleitungen wieder
auf.82 Knapp vier Jahre später half das THW mit 1300 Hochwasser-Spezialisten in
Südfrankreich beim Abpumpen der Wassermassen nach einer Überflutung durch die
Rhône.
Diese beiden Einsätze im Nachbarland brachten dem Technischen Hilfswerk große
Anerkennung in Frankreich. In der französischen Presse wurden die ehrenamtlichen
78
Vgl. Ebd., S. 38/39.
Vgl. BMI/UNHCR: Agreement on Co-operation between the Federal Ministry of the Interior of the
Federal Republic of Germany and the United Nations Office of the High Commissioner for Refugees,
Bonn 1990.
80
Vgl. Berbuir, Birgit: Das THW im Ausland – grenzenlose Hilfe mit Tradition, in: Wittling: Wir helfen,
S. 246-251, S. 250.
81
Vgl. THW: Jahresbericht 2006, S. 24.
82
Vgl. Berbuir: Das THW im Ausland, S. 246.
79
Seite 22
Helfer deshalb auch als „blaue Engel“ („les anges bleus“) bezeichnet.83 Einen ähnlich
guten Namen hat sich das THW in Afrika gemacht. Dort sind die deutschen Einsatzkräfte als „water people“ bekannt.84
Sauberes Trinkwasser war auch nach dem Tsunami in Südostasien im Dezember
2004 gefragt. In den Ländern Indonesien, Sri Lanka und auf den Malediven kam zum
ersten Mal die neu gegründete „Schnelleinsatzeinheit Wasser Ausland“ (SEEWA)
zum Einsatz. Mit mobilen Trinkwasseraufbereitungsanlagen versorgten die THWEinsatzkräfte die Menschen mit frischem Wasser, reinigten Brunnen und reparierten
Wasserleitungen.85
Jedes Mal wenn SEEBA, SEEWA, andere THW-Einsatzteams oder einzelne THWExperten ins Ausland fliegen, dann sind auch die Dienste einer weiteren spezialisierten Einheit gefragt. Seit dem Jahr 2004 sind die Logistikexperten der „Schnelleinsatzeinheit Logistikabwicklung im Lufttransportfall“ (SEELift) für die Abwicklung
aller Modalitäten rund um den Abflug der Einsatzkräfte verantwortlich. Die SEELift ist
im Ortsverband Groß-Gerau (Hessen) stationiert und ist für alle deutschen Großflughäfen zuständig. In den vergangenen Jahren kam die Einheit jährlich mehr als 50
Mal zum Einsatz.86
In jüngster Zeit waren die Dienste der SEELift zum Beispiel bei der Vorbereitung des
Einsatzes nach Hurrikan „Katrina“ im Sommer 2005 in den USA gefragt oder beim
Erdbeben in Pakistan wenige Wochen darauf. Ebenfalls im Jahr 2005 war das THW
nach einem Hochwasser in Rumänien im Einsatz und transportierte kurzfristig Notstromaggregate nach Schweden. Im Jahr 2007 unterstützten THW-Einheiten die
Schweiz beim Kampf gegen ein Hochwasser und in Uganda und Ghana war nach
großflächigen Überschwemmungen die Fachkompetenz der SEEWA gefragt.
Die zunehmende weltweite Einsatztätigkeit in den vergangenen Jahren schlägt sich
auch in der Gesamtzahl an THW-Einsätzen nieder. So hat das THW in mehr als 50
Jahren bei weit mehr als 600 Einsätzen87 in 74 Ländern88 rund um den Globus technische Hilfe geleistet. Eine Auflistung der wichtigsten Soforteinsätze seit dem Jahr
1953 befindet sich im Anhang J.
83
Vgl. THW: Jahresbericht 2003, Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, Bonn 2004, S. 17/18.
Vgl. Derra: Das THW 1990 bis 1999, nicht veröffentlichter Ergänzungsdruck, S. 68d.
85
Vgl. THW: Jahresbericht 2004, S. 6/7.
86
Vgl. THW: Jahresbericht 2005, Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, Bonn 2006, S. 21.
87
Vgl. Berbuir: Das THW im Ausland, S. 246.
88
Vgl. THW: Informationen des THW über Einsätze und Projekte im Ausland, Referat E2 der THWLeitung, Bonn 2007, S. 6.
84
Seite 23
3.6
Die drei Säulen des THW in der humanitären Hilfe
Bei der Nothilfe im Ausland unterscheidet die THW-Leitung drei verschiedene Arten.
Bei Soforteinsätzen brechen die THW-Helfer innerhalb kürzester Zeit in ein Katastrophengebiet auf. Typischerweise gehören zu dieser Kategorie Einsätze von SEEBA
und SEEWA, aber auch die Wiederherstellung der Wasserleitungen im Libanon im
Jahr 2006.
Etwas langfristiger angelegt sind Projekte zum Wiederaufbau, die als „Hilfe zur
Selbsthilfe“ gemeinsam mit einheimischem Personal umgesetzt werden. Häufig werden Projekte im Auftrag von internationalen Organisationen wie UNHCR, UNICEF,
GTZ, ECHO oder der EU durchgeführt.89 Im Jahr 2007 wurden im Rahmen von Projekten zum Beispiel Wassertürme im Libanon errichtet, im Sudan eine Autowerkstatt
betrieben, in Indonesien Häuser, Schulen sowie Kindergärten wieder aufgebaut und
eine Generatoren-Werkstatt für die UN in Liberia unterhalten.90
Der dritte Typ des THW-Auslandsengagements ist die Beratung. Dazu werden einzelne THW-Experten entsandt, um im Bereich Gefahrenabwehr, Katastrophenvorsorge und Organisationsstrukturen für Großschadenslagen ihr Wissen weiter zu geben.91 Unter anderem wurde in der Vergangenheit Rumänien auf dem Gebiet des
Flutmanagements beraten und der Aufbau des Katastrophenschutzes in Tunesien92
unterstützt.
Die Anforderungen der weltweiten Katastrophenhilfe sind aber oft sehr schnelllebig
und wechselhaft, deshalb können sich die drei Kategorien des THW-Engagements
im Ausland vermischen oder auch nahtlos ineinander übergehen.
3.7
Ausbildung der THW-Experten für Auslandseinsätze
Alle THW-Einsatzkräfte, die für die Teilnahme an Auslandseinsätzen vorgesehen
sind, werden dafür zusätzlich zu ihrer Tätigkeit in einem THW-Ortsverband besonders ausgebildet. Dazu werden die ehrenamtlichen Spezialisten in englischsprachigen Lehrgängen an der THW-Bundesschule auf Situationen vorbereitet, die bei
Einsätzen im Ausland eintreten können. In diesen Ausbildungen werden den Teilnehmern zum Beispiel interkulturelle Kompetenzen für den Kontakt mit Menschen
fremder Kulturen vermittelt. Außerdem wird das Verhalten in Stresssituationen simu89
Vgl. Berbuir: Das THW im Ausland, S. 247.
Vgl. THW: Informationen des THW über Einsätze und Projekte im Ausland, S. 9ff.
91
Vgl. Berbuir: Das THW im Ausland, S. 247.
90
Seite 24
liert und die Einsatzkräfte werden in Sicherheitsgrundsätzen sowie Führungsgrundlagen für Auslandseinsätze geschult. Für die Mitglieder der Schnelleinsatzeinheiten
finden darüber hinaus regelmäßig zusätzliche Fortbildungen und Übungen statt.
In einer so genannten „Expertendatenbank“ werden bundesweit THW-Helfer mit individuellen Spezialkenntnissen erfasst, die sich zur Teilnahme an Auslandseinsätzen
bereiterklärt haben. In dieser Datenbank werden unter anderem berufliche Qualifikationen, Fremdsprachenkenntnisse, Teilnahmen an vergangenen Auslandseinsätzen
und Führungserfahrung erfasst.93
Bei der überwiegenden Zahl von Spezialisten, die für das THW im Ausland tätig wird,
handelt es sich um Berufstätige, die sich ehrenamtlich beim THW engagieren. Werden diese Helfer durch das THW kurzfristig in einen Einsatz geschickt, so muss ihnen der private Arbeitgeber weiterhin ihr Arbeitsentgelt zahlen. Im THW-HelfRG ist
aber festgelegt, dass das THW diese Lohnzahlungen dem Arbeitgeber auf Antrag
erstattet.94
3.8
Die Auftraggeber für humanitäre Hilfe durch das THW
Jedes Mal, wenn das THW in einen Auslandseinsatz geht, dann geschieht dies im
Auftrag eines Anforderers, der auch die Finanzierung der Mission übernimmt, denn
im Budget des THW ist kein Haushaltstitel vorgesehen, aus dem Einsätze im Ausland bezahlt werden könnten. Bei Soforteinsätzen wird das THW in der Regel „auf
Ersuchen des Auswärtigen Amtes und im Auftrag des Bundesinnenministeriums“95
tätig. Verantwortlich für die Entscheidung über einen Nothilfeeinsatz ist im Auswärtigen Amt der „Arbeitsstab Humanitäre Hilfe“ aus dem Referat VN05.96 Bei der Implementierung von Projekten arbeitet das THW oft auch im Auftrag von UN- oder EUOrganisationen, NGOs sowie anderer Regierungen, zum Beispiel bei Baumaßnahmen in Afghanistan für britische, niederländische und norwegische Behörden.97
92
Vgl. Derra: Das THW 1990 bis 1999, nicht veröffentlichter Ergänzungsdruck, S. 68e.
Vgl. THW: Jahresbericht 2006, S. 29.
94
Vgl. Deutscher Bundestag: THW-HelfRG, § 3.
95
Vgl. „THW: Einsatzteam unterstützt Nothilfe und Wiederaufbau im Libanon“, THW, 30.08.2006, unter:
http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_245244/DE/content/meldungen/thw__international/pressemitteilun
gen/2006/08/meldung__001.html__nnn=true (Stand: 13.12.2007).
96
Vgl. Henzschel: Internationale humanitäre Hilfe, S. 244.
97
Vgl. THW: Informationen des THW über Einsätze und Projekte im Ausland, S. 15.
93
Seite 25
Wird das THW im Bereich der humanitären Hilfe tätig, dann orientiert es sich bei seiner Arbeit an den „Zwölf Grundregeln der Humanitären Hilfe“98. Das bedeutet unter
anderem die gezielte Einbindung der betroffenen Bewohner, indem sie als lokale Arbeitskräfte angestellt werden, damit sie so zur Finanzierung ihres eigenen Lebensunterhalts beitragen können. Außerdem macht der ASHH als Auftraggeber die Vorgabe, dass das THW in einem Einsatz bei geringstem personellem Aufwand den
größtmöglichen Erfolg erzielen soll.99
98
99
Vgl. Auswärtiges Amt: Die humanitäre Hilfe der Bundesregierung.
Vgl. Interview Mack, Stephan, THW-Leitung, Referat E 2 (Ausland), 14.08.2007.
Seite 26
4
Der Libanonkrieg im Sommer 2006
4.1
Die Vorgeschichte
Die andauernden Spannungen zwischen den beiden Nachbarstaaten Libanon und
Israel sind eingebettet in den israelisch-arabischen Konflikt, der seit Ende des 19.
Jahrhunderts durch die verstärkte jüdische Einwanderung und Landnahme die Region beherrscht. Im Wesentlichen stellt sich dieser Konflikt als Territorial- und Ressourcenkonflikt zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarländern dar.100 In
diesem Zusammenhang kam es seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts immer
wieder zu kriegerischen Konfrontationen zwischen Israel und dem Libanon, deren
Beziehungen seit der Beendigung des ersten Nahost-Krieges durch den Waffenstillstand von 1949 geregelt sind.101 Aufgrund der unterschiedlichen Bewertungen dieser
Auseinandersetzungen wird der jüngste Krieg im Sommer 2006 mit unterschiedlichen
Namen bezeichnet: Sechster Krieg, Juli-Krieg102, Sommerkrieg 2006103, 2. LibanonKrieg oder 33-Tage-Krieg104. In dieser Arbeit wird hauptsächlich die Bezeichnung
„Libanonkrieg 2006“ verwendet.
Am Tag nach der Proklamation des Staates Israel kam es bereits zur ersten Konfrontation der Staaten Libanon und Israel, denn die libanesische Armee war am Einmarsch der arabischen Truppen am 15. Mai 1948 in das neue Staatsgebiet beteiligt.
Rund dreißig Jahre später führten israelische Bodentruppen mit der „Operation Litani“ im Jahr 1978 die erste Invasion im Südlibanon durch. Ziel der Offensive war die
Bekämpfung palästinensischer Guerillakämpfer, die in diesem Gebiet operierten. Im
fünften Nahost-Krieg im Jahr 1982 ging Israel dann gegen die PLO im Libanon
vor.105 Bei diesem Angriff marschierte Israel bis zur libanesischen Hauptstadt Beirut
vor und besetzte einen Großteil des Landes bis ins Jahr 1985. Nach dem Rückzug
behielt die israelische Armee aber weiterhin nahezu ein Zehntel des libanesischen
100
Vgl. Asseburg, Muriel/Steinberg, Guido: Konfliktdynamik im Nahen und Mittleren Ost, in: Aus Politik
und Zeitgeschichte, Nr. 19, 2007, S. 6-12, S. 6.
101
Johannsen, Margret: Waffenruhe im Libanon: Ruhe vor dem nächsten Sturm?, in: Hamburger Informationen zur Friedensforschung und Sicherheit, Nr. 39, 2006, S. 1-11, S. 3.
102
Vgl. International Crisis Group: Israel/Hizbollah/Lebanon: Avoiding Renewed Conflict, 01.11.2006,
Middle East Report No. 59, unter: http://www.reliefweb.int/library/documents/2006/icg-lbn-01nov.pdf
(Stand: 13.12.2007).
103
Beck, Martin: Die Debatte über den Sommerkrieg 2006 im Nahen Osten, in: GIGA Focus Nahost,
Nr. 12, 2006, S. 1-7.
104
Achcar/Warschawski: Der 33-Tage-Krieg.
105
Vgl. Johannsen: Waffenruhe im Libanon: Ruhe vor dem nächsten Sturm?, S. 2.
Seite 27
Territoriums besetzt und zog sich erst im Jahr 2000 auch aus dem Süden vollständig
zurück.106 Im Laufe der Besatzungszeit kam es zweimal zu mehrtägigen israelischen
Angriffen aus der Luft und am Boden. Beiden Auseinandersetzungen gingen Raketenangriffe der radikal-islamischen Hisbollah auf Nordisrael voraus.107
Die Hisbollah („Partei Gottes“) trat im Jahr 1984 als radikal-islamische Widerstandsorganisation erstmals in der Öffentlichkeit auf108 und fand schnell ihre Anhänger bei
den unter der israelischen Besatzung unzufrieden gewordenen libanesischen Schiiten109. Schon in ihrer Entstehungszeit ab dem Jahr 1982 wurde sie mit direkter, ideologischer, politischer, militärischer und finanzieller Hilfe des Irans aufgebaut. Mit der
sunnitischen Führung des Nachbarstaates Syrien, die als Besatzungsmacht erst im
April 2005 ihre Truppen aus dem Libanon abzog, ist die Hisbollah verbündet.110 Kern
der radikal-islamischen Gruppierung ist der bewaffnete Widerstand. Nach unterschiedlichen Schätzungen setzt sich der militärische Arm aus 2000 bis 4000 gut ausgebildeten und gut ausgerüsteten Kämpfern zusammen.111 Neben dieser schlagkräftigen Miliz tritt die schiitische Organisation als politische Partei im libanesischen Parlament auf und engagiert sich in den schiitischen Siedlungsgebieten – dem Südlibanon, der Bekaa-Ebene und den südlichen Stadtteilen Beiruts – auf vielfältige Weise
als sozial-karitativer Dienstleister.112 Die Hisbollah und ihr nahe stehende Organisationen und Persönlichkeiten besitzen auch eigene Wirtschaftsunternehmen. In Produktions-, Vermarktungs- und Konsumentenkooperativen werden verbilligte Produkte
an Mittellose ausgegeben. Mit ihrer Hilfe sollen die Vermarktung „nationaler“ Güter
unterstützt und Arbeitsplätze geschaffen werden. Das wirtschaftliche Standbein sorgt
außerdem für eine zunehmende finanzielle Unabhängigkeit vom Iran.113
4.2
Die Eskalation bis zum Juli 2006
Nachdem sich Israel im Mai 2000 vollständig aus dem Südlibanon zurückgezogen
hatte, nutzte die Hisbollah das Sicherheitsvakuum entlang der Grenze zu Israel und
errichtete eigene Stellungen in diesem Gebiet. Aber auch nach dem Abzug drangen
106
Vgl. Achcar/Warschawski: Der 33-Tage-Krieg, S. 10.
Vgl. Johannsen: Waffenruhe im Libanon: Ruhe vor dem nächsten Sturm?, S. 2.
108
Vgl. Rosiny, Stephan: Islamismus bei den Schiiten im Libanon, Berlin 1996, S. 127.
109
Von den 4,4 Millionen Einwohnern des Libanon sind die Hälfte Schiiten, ein Drittel Christen und der
Rest Sunniten (Zahlen des Auswärtigen Amts).
110
Vgl. Achcar/Warschawski: Der 33-Tage-Krieg, S. 24-29.
111
Vgl. Busse, Nikolas: „Wie eine moderne Armee“, in: FAZ, 09.08.2006, S. 5.
112
Vgl. Achcar/Warschawski: Der 33-Tage-Krieg, S. 30-33.
113
Vgl. Rosiny: Islamismus bei den Schiiten im Libanon, S. 133/134.
107
Seite 28
immer wieder israelische Kampfflugzeuge in den libanesischen Luftraum ein und die
Hisbollah feuerte Raketen auf Israel ab. Israel beharrte darauf, alle Auflagen der Resolution 425 des UN-Sicherheitsrates aus dem Jahr 1978 erfüllt zu haben und forderte deshalb die libanesische Regierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass das Land
nicht länger angegriffen werde. Die Sichtweise dazu war im Libanon aber eine andere, denn Israel halte mit dem Gebiet um die Shebaa-Farmen auf dem Golan weiterhin
libanesisches Territorium besetzt und verweigere die Freilassung libanesischer Gefangener aus israelischer Haft. Diese Position vertritt bis in jüngste Zeit nicht nur die
libanesische Regierung, sondern auch die Hisbollah verteidigt mit diesen Forderungen ihren Sonderstatus als Widerstandsorganisation mit dem Recht, Waffen zu tragen. Damit missachtet sie die UN-Resolution 1559 aus dem Jahr 2004, die neben
dem Rückzug aller ausländischen Truppen aus dem Libanon außerdem die Entwaffnung und Auflösung aller im Libanon aktiven Milizen verlangt.114
Auch im ersten Halbjahr 2006 führte die Hisbollah alle ein bis zwei Monate kleinere
Attacken an der Grenze zu Israel durch.115 Parallel dazu bereitete sich die Organisation über etliche Monate auf eine Entführung vor, die für die Hisbollah geradezu notwendig war, um gegenüber der Politik und der Bevölkerung im Libanon ihren Doppelcharakter als politische Partei einerseits und bewaffnete Miliz andererseits weiterhin legitimieren zu können. Alle anderen libanesischen Parteien und Gruppen hatten
in der Zwischenzeit nämlich ihre Waffen abgegeben.116 Mehrere israelische Soldaten
sollten gefangen genommen werden, um damit die Freilassung von libanesischen
Gefangenen aus israelischer Haft zu erreichen, wie der Generalsekretär der Hisbollah, Scheich Hassan Nasrallah, bei einer Rede im April 2006 ankündigte. Bei ihren
Überlegungen zog die Hisbollah-Führung aber keine derart massive militärische Reaktion Israels auf die Verschleppung in Betracht, wie sie schließlich stattfand.117 Außerdem dauerte Anfang Juli 2006 eine Offensive der israelischen Armee im Gazastreifen an, bei der sie seit dem 28. Juni 2006 mit Boden- und Luftstreitkräften gegen
militante palästinensische Kämpfer vorging.118
Im Vertrauen auf diese falsche Lageeinschätzung feuerte die Hisbollah am 12. Juli
2006 erneut Raketen auf Israel ab und schiitische Kämpfer griffen eine israelische
114
Vgl. Johannsen: Waffenruhe im Libanon: Ruhe vor dem nächsten Sturm?, S. 3.
Vgl. Hersh, Seymour M.: „Watching Lebanon“, in: The New Yorker, 21.08.2006.
116
Birringer, Thomas: Zwischen Scherbenhaufen und Neubeginn. Der Nahostkonflikt nach der Libanonkrise, in: KAS Auslandsinformationen 9/2006, S. 44-60, S. 51.
117
Vgl. Achcar/Warschawski: Der 33-Tage-Krieg, S. 34/35.
115
Seite 29
Grenzpatrouille mit Panzerabwehrraketen an, töteten acht Israelis und entführten
zwei Soldaten.119
4.3
Der Verlauf des Kriegs bis zum Waffenstillstand
„Das Gewaltniveau war in diesem low intensity conflict bereits so hoch, dass eine
weitere kleine Drehung an der Schraube der Gewalt zum Auslöser eines Krieges
wurde."120 So startete Israel, nur wenige Stunden nachdem die beiden israelischen
Soldaten gekidnappt worden waren, die „Operation Gerechter Lohn“: Kampfflugzeuge bombardierten Stellungen der Hisbollah im Südlibanon und erstmals seit dem
Rückzug im Jahr 2000 überquerten israelische Truppen auf der Suche nach den
Verschleppten für einige Stunden die Grenze. Bei Gefechten mit libanesischen
Kämpfern stieß die Armee auf heftigen Widerstand. Der israelische Premierminister
Ehud Olmert hatte die Gefangennahme der Soldaten als „Kriegshandlung“ bezeichnet und damit die Angriffe gerechtfertigt.
In der Nacht zum 13. Juli setzte die Luftwaffe ihre Bombardements im Südlibanon
fort. In den Morgenstunden griffen die Kampfjets die Landebahnen des internationalen Flughafens von Beirut an und erzwangen die Schließung des Flughafens. Als
Israel eine See- und Luftblockade des Libanons ankündigte, reagierten die Weltmächte auf die eskalierende Krise. Während US-Präsident George W. Bush das
Selbstverteidigungsrecht Israels betonte, kritisierten Russland und die EU den unverhältnismäßigen Gebrauch von Gewalt.
Israel kündigte an, dass die Angriffe solange erfolgen würden, bis die drei Ziele der
Operation erreicht seien. An erster Stelle stand die Befreiung der beiden Gefangenen. Außerdem sollte die Hisbollah entwaffnet werden und die radikal-islamische Miliz aus dem Territorium südlich des Flusses Litani vertrieben werden, damit die libanesische Armee auch dort die Kontrolle übernehmen könne. Daher dauerten in den
folgenden Tagen die israelischen Angriffe an und wurden auch auf das restliche
Staatsgebiet des Libanon ausgeweitet. Brücken, Straßen, Erdöldepots, Häfen, Flughäfen und die Zentrale der Hisbollah in Beirut wurden bei den Bombardements getroffen. Die Hisbollah feuerte ebenfalls Raketen ab und traf mit ihren Geschossen
auch größere Städte wie die israelische Hafenstadt Haifa. Im Verlauf der ersten
118
Vgl. Johannsen: Waffenruhe im Libanon: Ruhe vor dem nächsten Sturm?, S. 2.
Vgl. Asseburg/Steinberg: Konfliktdynamik im Nahen und Mittleren Ost, S. 7.
120
Johannsen: Waffenruhe im Libanon: Ruhe vor dem nächsten Sturm?, S. 7.
119
Seite 30
Kriegswoche wurden 230 Libanesen und 25 Israelis getötet und zahlreiche Menschen verwundet.121
Im Journal „Die Friedens-Warte“ bewertete Tomuschat Ende Juli 2006 das israelische Vorgehen kritisch:
„Mit der gezielten Zerstörung der libanesischen Infrastruktur brachte Israel deutlich seine Absicht zum Ausdruck, das Land von der Außenwelt abzuschneiden. Selbst wenn man hinzunimmt, dass der Norden Israels in den Tagen zuvor unter dem Beschuss einzelner Raketen
gelegen hatte, lässt sich kaum von Verhältnismäßigkeit sprechen. Mit der Lahmlegung des
Flughafens wie auch des Seehafens konnte kein erkennbarer militärischer Vorteil erreicht
werden. Getroffen wurde in erster Linie die libanesische Zivilbevölkerung.“122
Gleichzeitig mit den zunehmenden Angriffen auf beiden Seiten, verstärkte die internationale Gemeinschaft ihre Bemühungen, ausländische Staatsbürger aus dem
Kampfgebiet in Sicherheit zu bringen. Zu einem der Dreh- und Angelpunkte für aus
dem Libanon flüchtende Menschen wurde die Mittelmeerinsel Zypern. Mehr als
60.000 Ausländer kamen aus dem Krisengebiet mit Flugzeugen und Schiffen auf der
Insel an und suchten dort Zuflucht vor dem eskalierenden Krieg. Zahlreiche internationale Hilfsorganisationen kümmerten sich um die Flüchtlinge. Auch das deutsche
Technische Hilfswerk war zwei Wochen lang auf Zypern im Einsatz, um in Zusammenarbeit mit der deutschen Botschaft vornehmlich Deutsche zu betreuen und ihre
Weiterreise zu organisieren.123
Auf dem internationalen Parkett wurden inzwischen unter israelischer Beteiligung die
Anstrengungen intensiviert, um den Konflikt diplomatisch zu lösen. Gleichzeitig
schloss Israel nicht aus, dass den Luftangriffen eine Bodenoffensive folgen könnte.124 Als am 19. Juli die israelische Armee mit Kampfverbänden in den Libanon einrückte, betonte ein israelischer Militärsprecher noch, dass es sich dabei nicht um den
Beginn einer Bodenoffensive gehandelt habe, sondern nur um lokal begrenzte Einsätze gegen Hisbollah-Stellungen.125 Doch bereits am 20. Juli starteten die israelischen Bodentruppen ihre Großoffensive.126 Als Verstärkung waren dafür mehrere
tausend Reservisten einberufen worden.127 Nach zähen Kämpfen eroberten die
121
Vgl. „Day-by-day: Lebanon crisis – week one“, BBC News, 19.07.2006, unter:
http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/5179434.stm (Stand: 13.12.2007).
122
Tomuschat, Christian: Der Sommerkrieg des Jahres 2006 im Nahen Osten. Eine Skizze, in: Die
Friedens-Warte, Jg. 2006, Band 81, Heft 1, Berlin, S. 179-190, S. 183/184.
123
Vgl. THW: Jahresbericht 2006, S. 22.
124
Vgl. „Israel schließt UN-Truppe nicht mehr aus“, FAZ, 19.07.2006, S. 1.
125
Vgl. „Israelische Truppen kämpfen im Südlibanon“, FAZ, 20.07.2006, S. 1.
126
Vgl. „Israel erobert Brückenkopf in Südlibanon“, NZZ online, 24.07.2006, unter:
http://www.nzz.ch/2006/07/24/al/articleebpyh_1.48700.html (Stand: 13.12.2007).
127
Vgl. „Israel beruft Reservisten ein“, FAZ, 22.07.2006, S. 1.
Seite 31
Truppen schließlich am 23. Juli den höchsten Bergzug der westlichen Grenzregion.128
Am 25. Juli wurden bei israelischen Luftangriffen vier UN-Beobachter in ihrem Posten
in Khiam getötet. Der Tod der unbewaffneten Militärbeobachter, die der Waffenstillstandsüberwachungsmission UNTSO angehörten, wurde international scharf kritisiert. Bereits am Tag zuvor waren vier UN-Soldaten durch israelischen Beschuss
leicht verletzt worden.129
In den folgenden Tagen wurden die Kämpfe zwischen Hisbollah und der israelischen
Armee am Boden und aus der Luft fortgesetzt und Israel mobilisierte am 28. Juli drei
weitere Divisionen der Reserve. Die mehreren zehntausend zusätzlichen Soldaten
wurden an der israelischen Nordgrenze eingesetzt oder ersetzten Einheiten, die in
den Libanon vorgerückt waren. Am selben Tag verabredeten die USA und Großbritannien die schnelle Entsendung einer internationalen Friedenstruppe in den Libanon. Eine entsprechende UN-Resolution wurde einige Tage später in den Sicherheitsrat eingebracht.130
Kurzzeitig entspannte sich die Lage für die Menschen im Libanon am 31. Juli. Denn
nach einem verheerenden Luftangriff am Vortag auf das Dorf Kana im Südlibanon
hatte Israel in der Nacht eine 48-stündige teilweise Aussetzung der Luftangriffe verkündet.131 Beim folgenschwersten israelischen Angriff der ganzen Kampfhandlungen
waren mindestens 28 Zivilisten132 getötet worden. Bereits am Abend des 31. Juli flog
die israelische Armee aber neue Angriffe, um am folgenden Tag mit verstärkter Energie die Bombardements und Truppenvorstöße fortzusetzen.133 Dies war Teil der
Bodenoffensive, deren Ausweitung das israelische Sicherheitskabinett am 1. August
mit dem Ziel beschlossen hatte, die Hisbollah hinter den Fluss Litani zurückzudrängen.134
Trotz der massiven Angriffe auf vermutete Stellungen der Hisbollah, schlugen im
Norden Israels weiterhin Geschosse der schiitischen Miliz ein. Allein am 2. August
wurden mehr als 200 Raketen abgeschossen und dabei sieben israelische Zivilisten
128
Vgl. „Israel erobert Brückenkopf in Südlibanon“, NZZ online, 24.07.2006.
Vgl. „Annan beschuldigt Israel“, FAZ, 27.07.2006, S. 2.
130
Vgl. „Israel mobilisiert Zehntausende Reservisten“, FAZ, 29.07.2006, S. 1.
131
Vgl. „Israel beschliesst Ausweitung der Bodenoffensive“, NZZ online, 31.07.2006, unter:
http://www.nzz.ch/2006/07/31/al/newzzeqb14emv-12_1.50377.html (Stand: 13.12.2007).
132
Vgl. „Israel richtet Sicherheitszone im Grenzgebiet ein“, FAZ, 04.08.2006, S.1.
133
Vgl. „Verstärkte israelische Angriffe im Süden Libanons“, NZZ online, 02.08.2006, unter:
http://www.nzz.ch/2006/08/02/al/articleecjo4_1.50584.html (Stand: 13.12.2007).
134
Vgl. „Israel beschliesst Ausweitung der Bodenoffensive“, NZZ online, 31.07.2006.
129
Seite 32
getötet.135 Zwei Tage später weitete Israel seine Luftangriffe erneut aus.136 Am Boden drangen israelische Soldaten bis zum 6. August an einigen Stellen weiter ins
libanesische Kernland ein, als die im Jahr 2000 geräumte Sicherheitszone reichte.
Beim folgenschwersten Raketenangriff der Hisbollah kamen am 6. August in einem
israelischen Dorf zwölf Menschen um, zwölf weitere wurden zum Teil schwer verletzt.
Am selben Tag wurden auch drei Soldaten der United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) durch Hisbollah-Raketen verwundet.137
Während sich der UN-Sicherheitsrat über die wesentlichen Punkte einer UNResolution zum Ende der Kampfhandlungen im Libanon einigen konnte, begann Israel am 11. August mit einer weiteren Ausweitung seiner Bodenoffensive im Südlibanon.138 Kurz vor dem Inkrafttreten der Waffenruhe marschierten 30.000 Soldaten in
Richtung des Litani und lieferten sich heftige Gefechte mit Hisbollah-Kämpfern. Allein
am 12. August kamen dabei 29 Israelis ums Leben, mehr als 80 wurden verletzt –
der größte Verlust der israelischen Armee an einem einzigen Tag während des gesamten Krieges.139 Mit andauerndem Raketenbeschuss demonstrierte auch die Hisbollah bis zum letzten Kriegstag ihre ungebrochene militärische Schlagkraft.140
33 Tage nach der Verschleppung der israelischen Grenzsoldaten begann am Morgen des 14. Augusts 2006 eine von den Vereinten Nationen vermittelte Waffenruhe.141 Ein ebenso umstrittener wie brüchiger Waffenstillstand, wie der lange Weg zu
seinem Zustandekommen im Rahmen der UN-Resolution 1701 und die verschiedenen Scharmützel nach seinem Inkrafttreten zeigten.142 Neben der Forderung nach
einer „vollständige[n] Einstellung der Feindseligkeiten“143 legte die Resolution auch
die Grundlage für den vollständigen Rückzug Israels, die gleichzeitige Stationierung
von 15.000 libanesischen Soldaten im Südlibanon und die Aufstockung der UNIFIL
zu einer bewaffneten, multinationalen 15.000-Mann-Truppe. Zu den Aufgaben der
UNIFIL zählt es, feindselige Aktivitäten zu verhindern und Personal und Einrichtungen der UN, humanitäre Helfer und Zivilisten zu schützen.144
135
Vgl. „Israel richtet Sicherheitszone im Grenzgebiet ein“, FAZ, 04.08.2006, S. 1.
Vgl. „Israel verstärkt die Luftangriffe im Libanon“, FAZ, 05.08.2006, S. 1.
137
Vgl. „Libanon kritisiert Entwurf für UN-Resolution“, FAZ, 07.08.2006, S. 1.
138
Vgl. „Israel beginnt mit Ausweitung der Bodenoffensive“, FAZ, 12.08.2006, S. 1.
139
Vgl. „Einigung auf eine Waffenruhe im Libanon“, FAZ, 14.08.2006, S. 1.
140
Vgl. International Crisis Group: Israel/Hizbollah/Lebanon: Avoiding Renewed Conflict, S. 1.
141
Vgl. Johannsen: Waffenruhe im Libanon: Ruhe vor dem nächsten Sturm?, S. 1.
142
Birringer: Zwischen Scherbenhaufen und Neubeginn, S. 47.
143
Sicherheitsrat der Vereinten Nationen: Resolution 1701 (2006), 11.08.2006, S. 2.
144
Vgl. Ebd., S. 2-4.
136
Seite 33
Nach fast fünf Wochen dauernden Kämpfen hatte Israel keines seiner drei Kriegsziele erreichen können. Denn bisher (Stand: Mitte Dezember 2007) sind die beiden entführten Soldaten nicht freigekommen und eine Entwaffnung der Hisbollah-Kämpfer ist
nicht erfolgt. Entgegen den Forderungen in den UN-Resolutionen 1559 und 1701
willigte die Hisbollah lediglich ein, dass sie Waffen nicht offen tragen würde.145 Auch
wurde die Miliz nicht aus dem Grenzgebiet vertrieben, obgleich die libanesische Armee und UNIFIL-Soldaten in den Süden des Libanon eingerückt sind. Zum ersten
Mal konnte Israel keinen entscheidenden Sieg erringen.146
4.4
Die Kriegsfolgen, die Schäden und der Wiederaufbau
Im Verlauf des Libanonkriegs 2006 feuerte die Hisbollah fast 3700 Raketen147 auf
das Nachbarland Israel ab und die israelische Luftwaffe flog annährend 9000 Einsätze148 auf 7000 Ziele im Libanon. Bei diesen Angriffen und den Kämpfen am Boden
starben nach Informationen der Rundfunkanstalt BBC 1109 libanesische und 43 israelische Zivilisten, vier UN-Beobachter wurden getötet (siehe Abschnitt 4.3) und 28
libanesische und 116 israelische Soldaten fielen im Gefecht. Nach Angaben der Hisbollah wurden 250 eigene Kämpfer im Krieg getötet, die israelische Armee schätzt
diese Zahl dagegen auf mehr als 530. Weitere 3697 Menschen wurden im Libanon
verletzt, auf israelischer Seite wurden 2675 verletzte oder unter Schock stehende
Personen verzeichnet. Durch die Kämpfe wurden außerdem 915.762 Libanesen, das
entspricht fast einem Viertel der Bevölkerung, und etwa 500.000 Israelis aus ihren
Städten und Dörfern vertrieben.149 Viele dieser Kriegsflüchtlinge kehrten schon kurz
nach Beginn der Waffenruhe in ihre Heimat zurück um zu erfahren, was aus ihrem
Besitz geworden war.150
Innerhalb der kurzen Zeit konnten aber die zahlreichen Schäden an der Infrastruktur
nur sehr vereinzelt behoben werden. Während in Israel durch Raketenbeschuss 300
Gebäude151 beschädigt worden waren, waren die Zerstörungen im Libanon bedeu145
Vgl. Asseburg/Steinberg: Konfliktdynamik im Nahen und Mittleren Ost, S. 10.
Khatib, Ghassan: Vom Radikalismus zum Frieden: Palästina und Israel nach dem Krieg im Libanon, X. Kronberger Gespräche, September 2006, unter: http://www.bertelsmannstiftung.de/cps/rde/xbcr/SID-0A000F14-2692A79D/bst/06_dt_Khatib1.pdf (Stand: 13.12.2007).
147
Vgl. „Middle East crisis: Facts and figures“, BBC News, 31.08.2006, unter:
http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/5257128.stm (Stand 13.12.2007).
148
Vgl. Hersh: „Watching Lebanon“, 21.08.2006.
149
Vgl. „Middle East crisis: Facts and figures“, BBC News, 31.08.2006.
150
Vgl. Rosiny, Stephan: Wettlauf zwischen Hase und Igel. Kampf um die Sympathie der Libanesen,
in: Der Überblick, Nr. 4/06, Hamburg 2006, S. 46-49, S. 46.
151
Vgl. „Middle East crisis: Facts and figures“, BBC News, 31.08.2006.
146
Seite 34
tend gravierender. Etwa 107.000 Wohnungen und 862 Schulen152 waren zerstört oder beschädigt, 900 Industriebetriebe, Geschäfte und Farmen waren von Geschossen getroffen und 32 öffentliche Einrichtungen wie Flughäfen, Seehäfen, Staudämme, Elektrizitätswerke und Wasserversorgungsanlagen153, zum Beispiel in Yarin,
Msayleh, Hejje, Sidon und Baalbek154, waren zerstört worden. Bei der Bombardierung des Kraftwerks Jiyeh, das unmittelbar an der Küste gelegen ist, waren überdies
fünf von sechs Öltanks beschädigt worden: 10.000 bis 20.000 Tonnen Öl flossen in
der Folge in das Mittelmeer und verursachten eine Umweltkatastrophe.155 Durch gezielte Luftangriffe waren zudem mehr als 107 Brücken156 sowie Straßen auf einer
Länge von 630 Kilometern unterschiedlich stark zerstört worden.157 Da oft unter den
Fahrbahnen Leitungen für Wasser und Abwasser verlegt sind, wurde das Rohrleitungsnetz ebenfalls beschädigt. UNIFIL teilte Mitte August 2006 mit, dass im Südlibanon in einigen Dörfern bis zu 80 Prozent der Häuser zerstört wurden, ebenso lebenswichtigen Wasserleitungen und Trinkwasserspeicher.158 Um Pumpstationen,
Reservoire und das Leitungsnetz wieder instand zu setzen, veranschlagte die „South
Lebanon Water Establishment“ (SLWE), die regional zuständige Wasserbehörde,
alleine für ihren Zuständigkeitsbereich Kosten von 26 Millionen US-Dollar.159
Die geschätzten Gesamtsummen aller Schäden im Libanon unterschieden sich Ende
August 2006 stark nach Quelle und Umfang der einbezogenen Kosten. So berief sich
sowohl Amnesty International (AI) als auch die BBC bei der Höhe der Reparaturkosten für Gebäude und Infrastruktur auf Aussagen der libanesischen Regierung. AI
ging von einem notwendigen Betrag von 3,5 Milliarden US-Dollar160 aus, während die
BBC vier Milliarden US-Dollar161 für erforderlich hielt. Wurden auch noch entgangene
Erlöse, zum Beispiel aus dem ausbleibenden Tourismus und von nicht stattgefunde152
Vgl. Cerha, Birgit: „Der Libanon kommt nicht zur Ruhe“, in: FR, 12.07.2007, S. 10.
Vgl. „Middle East crisis: Facts and figures“, BBC News, 31.08.2006.
154
Vgl. Tomuschat: Der Sommerkrieg des Jahres 2006 im Nahen Osten, S. 188.
155
Vgl. Ebd., S. 187.
156
Vgl. The Government of Lebanon: „Setting the stage for long term reconstruction“, 31.08.2006,
unter: http://www.undp.org/lebanon/Lebanon_Early_Recovery_Framework.pdf (Stand: 13.12.2007), S.
13.
157
Vgl. „Middle East crisis: Facts and figures“, BBC News, 31.08.2006.
158
Vgl. UNIFIL: „Lebanon: UNIFIL Press release, 15 Aug 2006“, Naqoura, 15.08.2006, unter:
http://www.reliefweb.int/rw/rwb.nsf/db900SID/EVOD-6SPHZY (Stand 13.12.2007).
159
Vgl. The Government of Lebanon: „Setting the stage for long term reconstruction“, S. 16.
160
Vgl. Amnesty International: „Israel/Lebanon – Deliberate destruction or `collateral damage´? – Israeli attacks on civilian infrastructure“, 23.08.2006, unter:
http://web.amnesty.org/library/pdf/MDE180072006ENGLISH/$File/MDE1800706.pdf (Stand:
20.09.2007), S. 6.
161
Vgl. „Middle East crisis: Facts and figures“, BBC News, 31.08.2006.
153
Seite 35
nen Exporten und Importen, mit einberechnet, so ergab sich eine Summe von 9,4
Milliarden US-Dollar162 nach den Berechnungen der Higher Relief Commission der
libanesischen Regierung und ein Betrag von 9,5 Milliarden US-Dollar163 in der Schätzung von Oxfam Deutschland. Andere Kalkulationen erreichten sogar zwölf Milliarden
US-Dollar.164
Völlig aus eigener Kraft hätte das stark verschuldete Land165 den Wiederaufbau nur
sehr langsam schaffen können. Doch von den 7,6 Milliarden US-Dollar, die von der
Weltgemeinschaft bei mehreren internationalen Geberkonferenzen zugesagt worden
waren, waren ein Jahr nach Kriegsbeginn nur 1,3 Milliarden US-Dollar tatsächlich im
Libanon angekommen.166 Darunter sind besonders die Aufbauhilfen der sunnitischen
arabischen Golfstaaten Saudi Arabien, Kuwait167, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten zu erwähnen. Durch ihre Unterstützung wollten diese Staaten ein
Gegengewicht zur omnipräsenten, schiitischen Hisbollah schaffen. Denn bestand
während des Libanonkrieges noch eine nationale Übereinkunft gegen den gemeinsamen Feind Israel, so taten sich seit dessen Ende tiefe Gräben in der Bewertung
der Widerstandsorganisation, der staatlichen Wiederaufbauhilfe und der politischen
Konsequenzen auf. Sowohl die syrienkritische und proamerikanische Regierungsmehrheit aus der „Bewegung des 14. März“ als auch die „Bewegung des 8. März“ um
die prosyrische Hisbollah versuchten durch schnelle und kompetente Hilfe ihren Einfluss in den kriegsgeschädigten Bevölkerungsschichten auszubauen.168
Im Gegensatz zur Regierung konnte die Hisbollah dabei mit „Jihad al-Bina“ („Heiliger
Kampf für den Aufbau“) auf ihre eigene Wiederaufbauorganisation zurückgreifen.169
Mit Beginn des Waffenstillstands schalteten die schiitischen Milizionäre um und traten von da an als Aufbau-Helfer in Tarnkleidung auf.170 Hisbollah-Mitglieder besuch162
Vgl. The Government of Lebanon: „Higher Relief Commission Daily Situation Report No. 25, 18
Aug 2006“, 18.08.2006, unter: http://www.reliefweb.int/rw/rwb.nsf/db900SID/EKOI6ST5ZM?OpenDocument (Stand: 13.12.2007).
163
Vgl. Oxfam Deutschland: „Wiederaufbau im Libanon“, Pressemitteilung, 30.08.2006, unter:
http://www.oxfam.de/a_631_aktuell.asp?id=107 (Stand: 13.12.2007).
164
Vgl. Hippler, Jochen: Konfliktanalyse Libanon, Gruppe Friedensentwicklung (FriEnt), o.O. 2006, S.
9.
165
Der Schuldenstand lag im Jahr 2006 bei rund 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts; vgl. The
Government of Lebanon: „Setting the stage for long term reconstruction“, S. 5.
166
Vgl. Cerha: „Der Libanon kommt nicht zur Ruhe“.
167
Vgl. „Lebanese PM seeks more Arab help“, Al Jazeera, 18.10.2006, unter:
http://english.aljazeera.net/English/Archive/Archive?ArchiveID=35239 (Stand: 13.12.2007).
168
Vgl. Rosiny: Wettlauf zwischen Hase und Igel, S. 47/48.
169
Vgl. Rosiny: Islamismus bei den Schiiten im Libanon, S. 134.
170
Vgl. Gebauer, Matthias: „Helfer mit Pistole im Gürtel“, Spiegel online, 16.08.2006, unter:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,431915,00.html (Stand: 13.12.2007).
Seite 36
ten die Geschädigten, nahmen die Schäden vor Ort auf und zahlten unmittelbar nach
Kriegsende für jede zerstörte Wohnung 12.000 US-Dollar als sofortige Hilfe in bar
aus, um damit die Miete für ein Jahr und notwendige Anschaffungen finanzieren zu
können. So schnell konnten die schwerfälligen staatlichen Institutionen nicht reagieren.171
171
Vgl. Rosiny: Wettlauf zwischen Hase und Igel, S. 47.
Seite 37
5
Die Chronologie der Libanon-Mission des THW
Die vorhergehenden Kapitel dieser Arbeit dienten dem Zweck, das Technische Hilfswerk als Organisation vorzustellen sowie einen Überblick über das Geschehen im
Nahen Osten im Sommer 2006 zu bieten. Denn nur als Folge des Libanonkrieges
2006 ist der Einsatz des THW im Libanon überhaupt notwendig geworden.
In den folgenden Abschnitten soll nun die THW-Mission auf der operativen beziehungsweise der taktischen Ebene detailliert nachvollzogen werden und das Vorgehen des THW-Teams bei einem exemplarisch ausgewählten Einsatz in der humanitären Hilfe dargestellt werden. Bei dieser Chronologie werden die Forschungsfragen
und die Hypothesen, die im Abschnitt 1.2 formuliert worden sind, als Anhaltspunkte
dienen.
5.1
Vorbereitende Schritte für eine Erkundung
Bereits während des Krieges hatte die Operationszentrale des THW selbstständig die
Lage im Libanon beobachtet – eine Dienstleistung, die die OPZ bei jeder größeren
Katastrophe erbringt. Besonders sensibilisiert waren die Verantwortlichen beim BMI
und im THW außerdem, weil THW-Einsatzkräfte bereits im Juli 2006 für zwei Wochen auf Zypern der deutschen Botschaft bei der Betreuung von Flüchtlingen aus
dem Libanon geholfen hatten.
Mit dem Inkrafttreten der von allen Kriegsparteien akzeptierten Waffenruhe am 14.
August 2006 waren schließlich die Voraussetzungen geschaffen, einen Einsatz des
THW im Krisengebiet selbst in Erwägung zu ziehen. Daher kam für Klaus Buchmüller, den Leiter des Auslandsreferats E 2 in der THW-Leitung, der Anruf am 19. August, sich für eine Erkundungsmission am folgenden Tag bereit zu halten, nicht überraschend. Unüblich erschien Referatsleiter Buchmüller viel mehr, dass das Telefonat
direkt aus dem BMI kam, denn der ausschlaggebende Anlass für die Erkundung war
ein Gespräch zwischen UN-Generalsekretär Kofi Annan mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel gewesen. Diese wiederum hatte sich direkt an Bundesinnenminister Dr.
Wolfgang Schäuble gewandt.
Ungewöhnlich war außerdem, dass von der Bundesregierung erstmals für die Erkundung in einer Krisenregion ein ressortübergreifendes Team zusammengestellt worden war. Die zehnköpfige Gruppe unter der Federführung des Auswärtigen Amtes
setzte sich aus Vertretern des AA, des Bundesministeriums der Finanzen (ZollverSeite 38
waltung), des Verteidigungsministeriums, des Bundesministeriums für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (GTZ und KfW) und des BMI (Bundespolizei und
THW) zusammen.
Vor dem Beginn der gemeinsamen Erkundungsmission war entschieden worden,
dass sich das THW auf Einsatzoptionen im Bereich „Wasser“ konzentrieren und gezielt den Bedarf der libanesischen Regierung auf diesem Gebiet feststellen sollte.172
5.2
Die operative Erkundung
Der Libanonkrieg 2006, der eigentlich der Hisbollah galt und die Miliz vernichten sollte, hatte einen großen Teil der Infrastruktur im Libanon zerstört.173 Trotzdem waren
die Bewegungsmöglichkeiten des THW-Erkundungsteams, das am 21. August 2006
in Beirut eintraf, nicht eingeschränkt. Mit einem Geländewagen der deutschen Botschaft wurden die drei THW-Experten noch am selben Tag in den Südlibanon gefahren, um sich in den betroffenen Städten und Dörfern einen eigenen Eindruck von den
Schäden machen zu können.
Bereits zuvor war am Vormittag des 21. Augusts die gesamte deutsche Delegation in
Beirut mit dem libanesischen Regierungschef Fouad Siniora und seinem Kabinett
zusammengetroffen. Anschließend konnten die Ressortvertreter aus Deutschland
direkt mit den jeweils zuständigen libanesischen Ministern detaillierte Gespräche über denkbare Unterstützung führen.
Die Erkundungsfahrt am Nachmittag führte das THW-Team zuerst in die Hafenstadt
Tyrus. Von dort ging die Fahrt weiter nach Nabatiye und schließlich nach Khiam in
Richtung der syrischen Grenze. Bei den Stationen im Laufe der Erkundung führten
Buchmüller und seine beiden Kollegen Gespräche mit Vertretern der regionalen
Wasserbehörde SLWE, um den tatsächlichen Bedarf an deutscher Hilfe im Südlibanon zu ermitteln. Bei der Besichtigung von Pumpwerken, Wasserspeichern, Wasserwerken und dem Rohrleitungsnetz zeigte sich, dass viel Wasser ungenutzt versickerte, weil zahlreiche Leitungen und Hausanschlüsse zerstört oder beschädigt waren.
Währenddessen wurde gleichzeitig auch die Sicherheitslage im potentiellen Einsatzgebiet bewertet. Die Begegnungen im Laufe des Tages wurden außerdem dazu genutzt, Kontakte zu UNICEF und weiteren Organisationen zu knüpfen, die bereits in
der Region tätig waren.
172
173
Vgl. Interview Buchmüller, Klaus, THW-Leitung, Referatsleiter E 2 (Ausland), 14.08.2007.
Vgl. Cerha: „Der Libanon kommt nicht zur Ruhe“, S. 10.
Seite 39
Noch in der gleichen Nacht verfasste das Erkundungsteam des THW einen Bericht
über seine Arbeit sowie seine Erfahrungen vor Ort und schickte den Report an das
THW in Bonn. Von dort wurde das Schreiben an das BMI weitergegeben und gelangte anschließend auf dem Dienstweg an den ASHH im AA.
Nachdem diese erste generelle Einschätzung der Lage übermittelt worden war, wurden dann am 22. August der konkrete Hilfsbedarf im Süden des Libanons und mögliche Einsatzstellen genauer durch das THW-Team in Augenschein genommen.174
5.3
Die Alarmierung und Zusammenstellung des Teams
Ebenfalls am 22. August legte der Leitungs- und Koordinierungsstab (LuK) in der
Operationszentrale des THW in Bonn die für einen Soforteinsatz im Libanon erforderlichen Qualifikationen der Einsatzkräfte fest und stellte ein Kontingent an THWExperten zusammen. Bereits am folgenden Tag wurden die Helferinnen und Helfer,
die als Team 1 in den Libanon fliegen sollten, mit Hilfe der Expertendatenbank (siehe
Abschnitt 3.7) namentlich ausgewählt und für ihren Einsatz voralarmiert.175 Voralarm
bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Einsatzkräfte darüber informiert wurden, dass in den folgenden Tagen mit einem Abflug in die Krisenregion zu rechnen
war und sie ihre Arbeitgeber entsprechend auf ihre Abwesenheit vorbereiten konnten.
Bei der Auswahl des Personals hatte der LuK-Stab darauf geachtet, dass die THWSpezialisten für einen rund vierwöchigen Einsatz zur Verfügung standen, denn eine
Dauer von vier Wochen ist im THW in diesem Bereich der humanitären Hilfe die
Grundeinsatzzeit.176 Deswegen setzte sich das 20-köpfige Team 1 auch bis auf einen
Helfer nur aus SEEWA-Personal zusammen, obwohl es sich bei diesem NothilfeEinsatz nicht um einen Einsatz dieser Schnelleinsatzeinheit gehandelt hatte. Ausschlaggebend war vielmehr, dass diese Einsatzkräfte aufgrund ihrer Zugehörigkeit
zur SEEWA über die notwendigen Qualifikationen und Ausbildungen für eine derartige Mission verfügten und kurzfristig für vier Wochen ihren Arbeitsplatz verlassen
konnten.177
Bei der Zusammenstellung des Einsatzteams wurde außerdem dafür Sorge getragen, dass viele Einsatzkräfte mit großer Auslandserfahrung ausgewählt wurden.
174
Vgl. Interview Buchmüller.
Vgl. Ebd..
176
Vgl. Interview Mack.
177
Vgl. Interview Freiherr Grote, Nils, THW, Geschäftsführer Verden, 17.08.2007.
175
Seite 40
Denn da die Mission nur wenige Tage nach dem Ende der aktiven Kampfhandlungen
anlief, wurde in der Region eine instabile Sicherheitslage erwartet. Gefahren bestanden zum Beispiel durch viele nicht explodierte Minen oder herumliegende Munition.
Wegen diesen Annahmen gehörten dem Team neben dem Einsatzleiter Nils Freiherr
Grote, der hauptamtlicher Geschäftsführer für den Geschäftsführerbereich Verden ist
und über langjährige Erfahrungen bei THW-Auslandsaktivitäten verfügt, vier weitere
erfahrene hauptamtliche THW-Mitarbeiter an.178
5.4
Der Einsatzauftrag
In der ersten Lageübersicht der Operationszentrale zum Libanon-Einsatz vom 25.
August 2006 wurde der Einsatzauftrag zur Notinstandsetzung von Wasserversorgungssystemen im Südlibanon in folgende Worte gefasst:
„Aufgabe ist es, in den Städten Tyrus und Nabatiye gemeinsam mit Mitarbeitern der lokalen
Wasserwerke Leckagen in Rohrleitungen aufzuspüren und zu reparieren. Hauptaugenmerk
liegt dabei auf der Ausbildung der lokalen Mitarbeiter, die im Umgang mit Material und Gerät
geschult werden.“179
Der Einsatz von mobilen Reparaturteams sollte auf Ersuchen des Auswärtigen Amtes und im Auftrag des Bundesinnenministeriums stattfinden. Während bei der Bitte
zur ressortübergreifenden Erkundung in der Krisenregion noch die Vereinten Nationen involviert waren (vergleiche Abschnitt 5.2), fand der konkrete THW-Einsatz
schließlich als bilaterale Zusammenarbeit statt. Deutschland reagierte mit der Entsendung des THW nämlich auf ein direktes Hilfeersuchen des Libanon.180
Mit Schreiben vom 28. August 2006 hatte die libanesische Regierung ihren Wunsch
nach Hilfe durch das THW auch offiziell an die Bundesregierung übermittelt. In diesem Brief an Bundesinnenminister Schäuble bat Nabil El-Jisr, Berater des libanesischen Premierministers, um die schnelle Entsendung des THW zur Wiederherstellung der Wasserversorgung:
„Die schnellstmögliche Wiederherstellung der für ihr Überleben wichtigen Infrastruktur ist für
die leidende Bevölkerung von grundlegender Bedeutung. Besonders dringlich ist die Wiederherstellung der Strukturen für die Wasserversorgung. Leider kann der Libanon diese Aufgabe
in dieser schwierigen Zeit nicht aus eigener Kraft bewältigen.
178
Vgl. Interview Mack.
THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 1, 25.08.2006, unveröffentlichtes Dokument.
180
Vgl. Interview Mack.
179
Seite 41
Wir bitten Sie daher, unserer Bitte um Hilfe und Einsatz ihrer Organisation THW wohlwollend
und so schnell wie möglich zu prüfen.“181
Auf Basis dieses Schreibens der libanesischen Regierung erteilte der Bundesinnenminister schließlich am 29. August 2006 offiziell den Einsatzauftrag für das THWTeam.182
Sowohl der Einsatzauftrag im ersten Lagebericht als auch das schriftliche Hilfeersuchen des Libanon haben gemeinsam, dass das Engagement des THW in keiner
Weise quantifiziert wird. Weder wird eine konkrete Einsatzdauer noch eine Messgröße darüber, wie vielen Haushalten geholfen werden soll, festgeschrieben. Es wird
jeweils nur allgemein hervorgehoben, dass das Wasserversorgungssystem repariert
werden soll. Dieser Aspekt wird im Abschnitt 6.1 erneut aufgegriffen und eingehender
behandelt.
Formal wurde die Entsendung des THW in den Libanon erst einige Tage nachdem
der Einsatz bereits erfolgreich angelaufen war durch die Bundesregierung gebilligt.
Denn „am 6. September 2006 beschloss das Bundeskabinett Maßnahmen der Bundesregierung zur zivilen Unterstützung des Libanon auf Grundlage der Resolution
1701 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen“183. Als Gesamtbetrag für den zivilen Wiederaufbau im Libanon in den Jahren 2006 und 2007 wurden von der deutschen Regierung aus mehreren Ressorts insgesamt 103 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. In dieser Summe enthalten waren 4,62 Millionen Euro, die das Auswärtige Amt als Auftraggeber für humanitäre Soforthilfe bereitgestellt hatte. Hiervon wurden wiederum rund zehn Prozent, nämlich 467.000 Euro, für den siebenwöchigen
Einsatz des THW im Südlibanon verwendet.184
5.5
Verlegung des Teams in das Einsatzgebiet
Obwohl es möglich gewesen wäre, das Einsatzteam bereits am 23. August 2006 in
Marsch zu setzen, lief die Verlegung von Personal und Material in den Libanon nur
äußerst langsam an. So starteten am 24. August lediglich Einsatzleiter Freiherr Grote
und ein Logistik-Experte vom Flughafen Köln-Bonn in Richtung Libanon.185 Die beiden THW-Helfer trafen schließlich am 26. August in Beirut ein und begannen kurz
181
El-Jisr, Nabil: Schreiben an Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble, Beirut 28.08.2006, deutsche Übersetzung des französischen Originaltextes, unveröffentlichtes Dokument.
182
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 5, 29.08.2006, unveröffentl. Dokument.
183
Deutscher Bundestag: Drucksache 16/4709, 19.03.2007, S. 2.
184
Vgl. Deutscher Bundestag: Drucksache 16/4709, S. 2/3.
185
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 1.
Seite 42
darauf im Einsatzgebiet mit der Feinerkundung186 sowie der Suche nach einer Unterkunft für das Team. Damit setzten die beiden Einsatzkräfte die Arbeit des THWErkundungsteams fort. Außerdem wurden Kontakte zur SLWE, der regionalen staatlichen Wasserbehörde, geknüpft und weitere Absprachen für den Einsatz getroffen.187
Die Verlegung der restlichen Einsatzmannschaft zusammen mit einem Teil der Ausstattung begann am 26. August. An diesem Tag wurde das Team von der Bundesluftwaffe nach Larnaka auf Zypern geflogen. Von diesem Flughafen aus hatten die
UN eine Luftbrücke für Hilfslieferungen nach Beirut eingerichtet.188 Die übrige THWAusstattung wurde schließlich am 27. August von der Luftwaffe nach Larnaka geflogen.
Am selben Tag konnten auch neun Einsatzkräfte und ein Container mit einem Trinkwasserlabor nach Beirut verlegt werden.189 Bis auf zwei THW-Helfer, die mit der restlichen Ausstattung in Zypern zurückblieben, wurde am 28. August der Rest des
Teams mit Material in den Libanon geflogen.190 Zwei weitere Materiallieferungen erreichten Beirut am folgenden Tag.191 Die komplette Verlegung in die libanesische
Hauptstadt wurde dann mit einem Lufttransport am 30. August abgeschlossen.192
Unter anderem wurden für den Transport der THW-Einsatzmannschaft sowie der
Geräte und Baumaterialien von Deutschland über Zypern in den Libanon durch die
deutsche Luftwaffe zwei Airbus A 310 und eine C-160 Transall eingesetzt.193
Am 30. August wurde das Team schließlich zusammen mit der kompletten Ausstattung weiter nach Nabatiye verlegt. In dieser Stadt im Südlibanon hatte das THW für
die gesamte Dauer der Mission eine leer stehende Villa angemietet, die den Einsatzkräften als Unterkunft sowie Führungsstelle diente und auch als Werkstatt genutzt
wurde.194
186
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 2, 27.08.2006, unveröffentl. Dokument.
Vgl. Interview Freiherr Grote.
188
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 2.
189
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 3, 27.08.2006, unveröffentl. Dokument.
190
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 4, 28.08.2006, unveröffentl. Dokument.
191
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 5.
192
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 6, 30.08.2006, unveröffentl. Dokument.
193
Vgl. Deutscher Bundestag: Drucksache 16/4709, S. 3.
194
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 6.
187
Seite 43
5.6
Reparaturarbeiten im Südlibanon
5.6.1 Start der Instandsetzung
Etwa zweieinhalb Wochen nach Inkrafttreten des Waffenstillstands im Libanon nahmen die THW-Experten am 31. August 2006 die Arbeit im Süden des Landes auf. In
Instandsetzungstrupps zu je drei Mann arbeitete das THW am ersten Tag in Nabatiye
an acht Einsatzstellen.195 Zwar waren die Schäden, die durch israelische Angriffe in
Nabatiye verursacht worden waren, nur sehr gering, doch war die Region für den
Start des THW-Einsatzes optimal, damit sich die deutschen Helfer mit der örtlichen
Situation vertraut machen konnten. Außerdem musste sich die Zusammenarbeit mit
den Mitarbeitern der SLWE und weiteren lokalen Fachkräften erst einspielen, denn
anfänglich gab es bei den SLWE-Mitarbeitern einige Vorbehalte gegenüber dem
THW. Die libanesischen Arbeiter hatten Sorge um ihre Arbeitsplätze, da sie das THW
für ein Unternehmen mit kommerziellen Interessen hielten. Nachdem THW-Helfer in
persönlichen Gesprächen von diesen Ängsten erfahren hatten, reagierte die Einsatzleitung und informierte die Libanesen ausführlich über den Aufbau des THW als Zivilund Katastrophenschutzorganisation sowie über den humanitären Gedanken des
deutschen Engagements im Südlibanon. Anschließend lief die Zusammenarbeit zwischen Libanesen und Deutschen sehr gut.
Die Abstimmung mit der Leitung der SLWE fand dagegen schon von Beginn an in
einer
vertrauensvollen
und
kooperativen
Atmosphäre
statt,
denn
SLWE-
Generaldirektor Ahmad Nizam war von Anfang an über den Charakter des THW als
Hilfsorganisation im Bilde.196 Die Ziele der Zusammenarbeit waren außerdem frühzeitig in einem „Memorandum of Understanding“ festgelegt worden.197
Trotz der anfänglichen Startschwierigkeiten konnten die THW-Spezialisten im Laufe
der ersten fünf Einsatztage 270 Haushalte wieder an das Trinkwassernetz anschließen. Ein deutliches Anzeichen dafür, dass im Einsatz bereits eine gewisse Routine
eingetreten war, war auch die Auflösung des Leitungs- und Koordinierungsstabs in
der THW-Leitung in Bonn am 3. September 2006.198 Ab diesem Zeitpunkt wurde die
195
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 7, 31.08.2006, unveröffentl. Dokument.
Vgl. Interview Freiherr Grote.
197
Vgl. „Special Water & Sanitation Cluster Meeting on Reservoir Repair and Reconstruction“,
UNICEF, Tyrus, 03.10.2006, unter:
www.un.org.lb/files/SWG/WESH/tyr/Reservoir%20meeting%20minutes%20031006.doc (Stand:
13.12.2007), S. 1.
198
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 11, 04.09.2006, unveröffentl. Dokument.
196
Seite 44
Libanon-Mission von Deutschland aus nur noch durch die personell schwächer besetzte OPZ im Rahmen ihres regulären Betriebs betreut.
5.6.2 Eingesetztes Personal
Die 20 THW-Einsatzkräfte des Teams 1 teilten sich in vier Trupps, den Führungsstab
und den Logistikbereich auf. Jeweils drei Instandsetzungstrupps – einem der Trupps
gehörte die einzige Frau in dem THW-Team an – rückten täglich zu den Einsatzstellen in die Regionen und Städte aus, in denen nach Informationen der SLWE eine
Reparatur am vordringlichsten war.
Einen weiteren Trupp bildeten die Trinkwasserlaboranten.199 Die beiden WasserExperten des THW wurden wiederum durch lokales Laborpersonal unterstützt. Während ein THW-Laborant unterwegs war, um Wasserproben zu entnehmen, wurden
parallel dazu die Proben im Labor durch den zweiten THW-Experten ausgewertet.200
Aufgabe des Führungsstabs in der Unterkunft in Nabatiye war es unter anderem, die
Arbeiten der Trupps zu überwachen, Kontakte zur SLWE, anderen Behörden sowie
den internationalen Hilfsorganisationen zu pflegen, Nachschub zu organisieren und
mit der OPZ in Deutschland in Verbindung zu stehen. Dazu gehörten dem Stab neben dem Einsatzleiter weiterhin ein Sachgebietsleiter Personal (S 1/S 2), ein Technischer Leiter (S 3), ein Logistiker (S 4) und ein Pressesprecher (S 5/S 6) an. Im Zuständigkeitsbereich des Logistikers waren außerdem ein Camp-Leiter und zwei Mechaniker tätig.201
Unterstützt wurde das THW-Team durch bis zu 20 libanesische Mitarbeiter.202 So
hatte das THW zum Beispiel Dolmetscher und eine Köchin angestellt und ortskundige Kraftfahrer angeworben. Außerdem arbeiteten die Instandsetzungstrupps vor Ort
mit den Fachkräften des lokalen Wasserversorgers und gegebenenfalls weiteren Mitarbeitern der jeweiligen Kommune zusammen. In diesen gemischten Trupps konnten
sowohl Ortskenntnis und Expertise der Libanesen als auch das Wissen des THWPersonals im Umgang mit den eingeflogenen Werkzeugen und Geräten genutzt werden.203
199
Vgl. Interview Mack.
Vgl. Interview Freiherr Grote.
201
Vgl. THW: Organisationsstruktur Libanon Team 1, 2006, unveröffentlichtes Dokument.
202
Vgl. Interview Mack.
203
Vgl. Interview Freiherr Grote.
200
Seite 45
5.6.3 Ausstattung, Fahrzeuge und Baumaterial
Die in den Libanon mitgeführte Ausstattung des THW wog rund 25 Tonnen. Neben
der Camp-Ausstattung der SEEBA – um notfalls einige Tage bei Unterkunft und Verpflegung unabhängig sein zu können – und der IT- und Kommunikationsausrüstung
waren zahlreiche Geräte und Werkzeuge jeweils in mehrfacher Ausführung in das
Einsatzland transportiert worden. Darunter waren Schweißgeräte, Stromaggregate,
Lecksuchgeräte, Leitungssuchgeräte, Trennschleifer, Bohrmaschinen, Handkreissägen, Tauchpumpen, Gewindeschneider, Spitzhacken, Spaten und viele Kleinwerkzeuge wie Hammer, Zangen oder Schraubenschlüssel.204 Außerdem führte das THW
Verbrauchsmaterial wie Rohrschellen, Dichtungen, Rohrmuffen und -bögen mit.
Ein großer Teil dieser Ausrüstung lagerte im zentralen Logistikzentrum (LogH) des
THW in Heiligenhaus bei Düsseldorf. Dort waren in den vergangenen Jahren in zwei
Übersee-Containern Werkzeuge, Geräte und Material für Instandsetzungsarbeiten
gesammelt und beiseite gelegt worden, die nach Beendigung anderer Auslandseinsätze nicht mehr benötigt wurden. Dadurch musste nicht erst bundesweit aufwändig
Ausstattung zusammengezogen werden, sondern das vorgepackte Material stand für
den Libanon schnell zur Verfügung.205
Beim Fuhrpark war die THW-Einsatzmannschaft dagegen darauf angewiesen, vor
Ort Fahrzeuge nutzen zu können. Das Mieten von Lastwagen und Geländewagen
stellte sich im Südlibanon als unproblematisch dar. Trotz der Zerstörungen durch die
Luftangriffe standen in der Region ausreichend Fahrzeuge zur Verfügung.206
Ähnlich unkompliziert stellte sich unter den gegebenen Bedingungen die Beschaffung des Baumaterials dar. In den ersten drei Wochen konnten die Instandsetzungstrupps auf die Wasserrohre aus dem Lager der SLWE zurückgreifen. Diese Zeit nutzte der Logistiker des THW-Teams, um Lieferanten für zusätzliches Baumaterial ausfindig zu machen. Mehrere Lieferanten stellten schließlich die Materialversorgung bis
zum Einsatzende sicher.207
5.6.4 Das Trinkwasserlabor
Aus Deutschland hatte das THW einen Container mit professionell eingerichtetem
Trinkwasserlabor einfliegen lassen. Dieses Labor kam nicht nur für die Analyse von
204
Vgl. Ebd..
Vgl. Interview Buchmüller.
206
Vgl. Interview Mack.
205
Seite 46
Wasserproben an den eigenen Einsatzstellen zum Einsatz, sondern auch Hilfsorganisationen wie beispielsweise UNICEF ließen darin Wasserproben durch das THW
untersuchen. Als einzige Organisation im Südlibanon konnte nämlich das THW umfangreiche Analysefähigkeiten zur Verfügung stellen und somit die Qualität des
Trinkwassers überwachen.208
Bei ihren Untersuchungen der Proben von Quellen und Wasserentnahmestellen in
Nabatiye stellten die THW-Laboranten bei einer Vielzahl von Wasseranalysen bakterielle Verunreinigungen fest.209 Auch in der Region um Tyrus entnahm das THW
Wasserproben. Die Qualität dieser Proben war etwas besser als in Nabatiye und erreichte teilweise sogar Trinkwasserqualität.210 Durchschnittlich nahmen die THWLaboranten in Zusammenarbeit mit dem lokalen Wasserversorger pro Tag 15 Proben
und bestimmten die chemischen, physikalischen und mikrobiologischen Parameter
der Wasserproben.211 Die Ergebnisse der Analysen wurden jeweils mit der SLWE
besprochen und Maßnahmen vorgeschlagen, um die Belastung mit Keimen zu reduzieren und die Wasserqualität nachhaltig zu verbessern.212 Da die Versorgung mit
sauberem Trinkwasser eine wichtige Voraussetzung ist, um den Ausbruch von
Krankheiten und Seuchen zu verhindern, entlastete das THW dadurch die Arbeit vieler weiterer Hilfsorganisationen.
Während des gesamten Einsatzes entnahmen die Laboranten des THW insgesamt
160 Wasserproben und untersuchten dabei die Qualität an öffentlichen Trinkwasserentnahmestellen.213
5.6.5 Regionale Ausweitung der Instandsetzungsarbeiten
Bereits wenige Tage nach Beginn der Reparaturarbeiten am Wasserleitungsnetz in
der Stadt Nabatiye waren dort die größten Schäden behoben. Deshalb wurde das
Einsatzgebiet für die Instandsetzungstrupps auf die Region um die Hafenstadt Tyrus
ausgeweitet, wo diese ab dem 4. September 2006 tätig waren. Dort beschäftigten
207
Vgl. Interview Freiherr Grote.
Vgl. Ebd..
209
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 9, 02.09.2006, unveröffentl. Dokument.
210
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 11.
211
Vgl. „Libanon: THW-Laboranten prüfen Wasserqualität“, THW, 05.09.2006, unter:
http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_245244/DE/content/meldungen/thw__international/einsaetze/200
6/08/meldung__007__libanon.html__nnn=true (Stand: 13.12.2007).
212
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 15, 08.09.2006, unveröffentl. Dokument.
213
Vgl. „Bundestagsabgeordnete besuchten THW-Team im Libanon“, THW, 16.10.2006, unter:
http://www.thw.bund.de/nn_1047806/DE/content/meldungen/thw__international/projektgebiete/Libano
n/Dokumente/meldung__003__libanon.html (Stand: 13.12.2007).
208
Seite 47
sich die Trupps zuerst hauptsächlich damit, abzweigende Rohre, die zu nicht mehr
bewohnbaren Häusern führten, von der Hauptleitung zu trennen. Denn diese toten
Leitungen trugen zu einem erheblichen Wasserverlust im städtischen Versorgungsnetz bei.214
In den folgenden Tagen reparierten die THW-Einsatzkräfte Hauptwasserleitungen,
erneuerten Rohre, dichteten Hausanschlüsse ab und stellten die Verbindungen von
Wassertürmen zu Haushalten wieder her. Während an vielen Einsatzstellen durch
die Arbeiten einzelne Wohnhäuser wieder an das Leitungsnetz angeschlossen wurden, führten abgedichtete Lecks an größeren Baustellen häufig dazu, dass durch
eine einzige Reparatur dutzende Haushalte wieder mit Wasser versorgt wurden.215
Im Laufe der zweiten Einsatzwoche wurden so insgesamt 1094 Haushalte wieder an
die Wasserversorgung angeschlossen.216
In vielen Gebieten stellten die Instandsetzungstrupps fest, dass das THW oft die einzige Organisation war, die sich in den betreffenden Ortschaften bei der Reparatur der
Wasserleitungsnetze engagierte.217 Zwar verzeichnete das „Office for the Coordination of Humanitarian Affairs“ (OCHA) der Vereinten Nationen in einzelnen kleinen Orten bis zu drei NGOs beziehungsweise GOs, die im Bereich Wasser/Sanitär tätig waren – insgesamt arbeiteten im Südlibanon auf diesem Fachgebiet 15 Organisationen
–, doch waren diese Hilfsorganisationen ausschließlich bei der Verteilung von Trinkwasser mit Tankwagen oder dem Wiederaufbau von Wassertürmen aktiv.218
Rund 60 Einsatzstellen konnten die THW-Kräfte in der dritten Woche abarbeiten.
Dabei wurden in den Distrikten Tyrus und Marjayoun 2752 Haushalte wieder an die
Wasserversorgung angeschlossen.219
5.7
Die Sicherheitslage in der Einsatzregion
Zweieinhalb Wochen nach Inkrafttreten des Waffenstillstands im Libanon hatten die
Instandsetzungsarbeiten durch das THW begonnen. Die teilweise massiven Luftangriffe der israelischen Luftwaffe lagen also nur einige Tage zurück, deshalb stellten
214
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 11.
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 15.
216
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 18, 12.09.2006, unveröffentl. Dokument.
217
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 13, 06.09.2006, unveröffentl. Dokument.
218
Vgl. „Southern Lebanon – WATSAN Activities: Water System Repairs“, UN OCHA, 22.09.2006,
unter:
http://www.reliefweb.int/rw/fullMaps_Sa.nsf/luFullMap/616DD11B2D0E02BA852571F400747103/$File
/hic-lbn_WES_lbn220906-a.pdf?OpenElement (Stand: 13.12.2007).
219
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 19, 18.09.2006, unveröffentl. Dokument.
215
Seite 48
Blindgänger, Streubomben, nicht entschärfte Minen und frei herumliegende Munition
ein mögliches Gefahrenpotential für die deutschen Hilfskräfte dar. Potentielle Risiken
waren außerdem durch erneute Gefechte zwischen den Kriegsparteien vorstellbar.
Auch wenn sich im Nachhinein gezeigt hat, dass für das THW-Personal niemals akute Gefahr bestand, waren die Helfer im Vorfeld auf solche kritischen Situationen vorbereitet worden und mit einer Splitterschutzweste und einem Helm als persönliche
Schutzausrüstung ausgestattet worden. Getragen wurde diese Ausrüstung durch die
Einsatzkräfte nie, sie lag lediglich immer griffbereit in den Fahrzeugen.
Der Sicherheit vor Übergriffen durch die Bevölkerung oder vor Angriffen durch Milizionäre diente ebenso die auffällige Schutzkleidung der THW-Helfer. Durch die leuchtend gelben Reflexstreifen auf der blauen Uniform und den Schriftzug „THW“ waren
die Einsatzkräfte auch aus einigem Abstand als humanitäre Helfer zu erkennen.220
Durch diese auffällige Bekleidung grenzte sich das THW in seinem Auftreten deutlich
von Kombattanten ab.
Bei der Auswahl und der Bewertung möglicher Einsatzstellen griffen die THW-Teams
auch auf Landkarten der De-mining-Kommissionen der UN zurück, denn auf deren
Karten waren die Gebiete verzeichnet, die bereits auf Blindgänger und Munition kontrolliert und als sicher eingestuft worden waren. Entsprechend rückversichert konnten
die Instandsetzungstrupps in diesen Bereichen nach beschädigten Leitungen graben
oder neue Rohre verlegen.221
Obwohl das THW bei diesem Einsatz im schiitischen Kernland der Hisbollah operierte, hatte das Einsatzteam praktisch keine Berührungspunkte mit der Widerstandsorganisation. Während die Hisbollah-eigene Wiederaufbauorganisation „Jihad al-Bina“
unmittelbar nach Ende der Kampfhandlungen mit den Aufräum- und Reparaturarbeiten in den betroffenen Gebieten begonnen hatte222, war die radikal-islamische Miliz
nach dem Eintreffen der internationalen Hilfsorganisationen im Südlibanon öffentlich
nicht mehr wahrzunehmen. Lediglich beim ersten Gespräch von THW-Vertretern mit
dem Bürgermeister von Nabatiye kam es zu einem indirekten Kontakt mit der Hisbollah, denn einer der bei der Unterredung anwesenden Abgeordneten gehörte der
„Partei Gottes“ an. Darüber hinaus gab es aber keine Versuche der Kontaktaufnah-
220
Vgl. Interview Freiherr Grote.
Vgl. Interview Mack.
222
Vgl. Rosiny: Wettlauf zwischen Hase und Igel, S. 49.
221
Seite 49
me, Beeinflussung, Behinderung oder Anfeindung durch die Hisbollah gegenüber
dem THW.223
Nicht völlig ohne Spannungen war das Verhältnis zwischen der schiitischen Bevölkerung und der UNIFIL, denn teilweise wurde die internationale Truppe als neue Besatzungsmacht im Südlibanon empfunden.224 Doch obwohl schon während des THWEinsatzes auch eine deutsche Beteiligung an der UN-Truppe mit maximal 2400 Marinesoldaten im Gespräch war und diese am 20. September 2006 dann durch den
Deutschen Bundestag beschlossen wurde225, übertrug sich diese Stimmung nicht auf
das Verhältnis zum THW. So wurde beispielsweise ein vorbeifahrender UNIFILKonvoi von Libanesen vom Straßenrand aus ausgebuht, während den direkt folgenden Fahrzeugen des THW kein Unmut entgegenschlug.226 Im Gegensatz dazu stehen Erfahrungen durch THW-Vertreter, die beobachtet hatten, dass die Menschen
froh über die ausgeweitete Präsenz der UNIFIL waren, da die libanesische Armee
unter der eigenen Bevölkerung keinen guten Ruf hatte.227
5.8
Internationale Koordination im Libanon
Eine große Anzahl internationaler Hilfsorganisationen wurde schon während oder
kurz nach dem Krieg im Libanon aktiv. Neben den Großen im Bereich der humanitären Hilfe wie IKRK, UNICEF, UNHCR, WHO oder Oxfam waren auch zahlreiche kleine und mittlere Nichtregierungsorganisationen vor Ort tätig228. Eine Koordination der
vielen Akteure war deshalb zwingend notwendig.
Dazu hatten die Vereinten Nationen durch OCHA ein „On-site Operations Coordination Centre“ (OSOCC) eingerichtet, das die Beiträge der UN-Organisationen, der GOs
sowie der NGOs beim Wiederaufbau koordinierte. OSOCC brachte alle im Libanon
tätigen Organisationen an einen Tisch, hielt regelmäßige Besprechungen ab und
sorgte für die Einhaltung von Zeitplänen. Über das „Humanitarian Information Centre“
(HIC) trugen die UN zusätzlich Informationen über die Hilfsmaßnahmen zusammen
und sorgten für eine Vernetzung der Hilfsorganisationen. Des Weiteren hatte das HIC
223
Vgl. Interview Freiherr Grote.
Vgl. International Crisis Group: Israel/Hizbollah/Lebanon: Avoiding Renewed Conflict, S. 3.
225
Vgl. Deutscher Bundestag: Drucksache 16/6278, 28.08.2007, S. 1.
226
Vgl. Interview Freiherr Grote.
227
Vgl. Interview Tahn, Stefan, THW, Geschäftsführer Olpe, 11.09.2007.
228
Vgl. „Southern Lebanon – WATSAN Activities“.
224
Seite 50
ein Internetportal229 über die humanitären Aktivitäten im Libanon eingerichtet. Zusätzlich hatte auch die EU in der Krisenregion ein Koordinierungsteam eingesetzt.230
Durch die regelmäßige Teilnahme an den Sitzungen und Besprechungen von
OSOCC beteiligte sich auch das THW-Team im Libanon an der internationalen Abstimmung.231
Eine wichtige Funktion bei der Koordination der internationalen Hilfe übernahm auch
die libanesische Regierung selbst. Sie organisierte Gebertreffen sowie Arbeitsgruppen und richtete Koordinierungssekretariate ein. Außerdem stellte das Büro des Ministerpräsidenten über das Internetportal „Rebuild Lebanon“232 Informationen zum
Wiederaufbau bereit. Regierungsunabhängig ist dagegen die Internetseite „LebanonSupport“233, die stetig aktualisiert wird (Stand: Mitte Dezember 2007) und sich hauptsächlich den humanitären Aktivitäten von NGOs widmet. Dieses Portal wird durch
ECHO der Europäischen Union unterstützt.
5.9
Die Verlängerung des THW-Einsatzes
Schon zwei Wochen nach Einsatzbeginn des THW zeigte sich, dass die anfänglich
angesetzten vier Wochen nicht ausreichen würden, um einen signifikanten Teil der
Wasserinfrastruktur im Südlibanon wieder in einen funktionsfähigen Zustand zu versetzen.234 Daher baten die libanesischen Behörden das THW um eine Verlängerung
des Einsatzes.235
Aus diesem Grunde fand in der Zeit vom 19. bis zum 22. September 2006 ein Austausch der Einsatzmannschaft statt.236 Da aber einerseits der Umfang der Arbeiten
reduziert wurde und andererseits mehr lokale Mitarbeiter eingesetzt werden konnten,
umfasste das Team 2 nur noch neun Einsatzkräfte. Unter der Führung von Einsatzleiter Rolf Bartsch, hauptamtlicher Geschäftsführer für den Geschäftsführerbereich
Oldenburg, waren zwei Instandsetzungstrupps mit jeweils zwei THW-Einsatzkräften
und ein Trinkwasserlaborant tätig. Außerdem gehörten dem Führungsstab ein Sach-
229
http://www.humanitarianinfo.org/lebanon (Stand: 13.12.2007).
Vgl. Interview Mack.
231
Vgl. Interview Freiherr Grote.
232
http://www.rebuildlebanon.gov.lb (Stand: 13.12.2007).
233
http://www.lebanon-support.org (Stand: 13.12.2007).
234
Vgl. Interview Freiherr Grote.
235
Vgl. Interview Mack.
236
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 20, 25.09.2006, unveröffentl. Dokument.
230
Seite 51
gebietsleiter für Personal (S 1) und Kommunikation (S 6), ein Technischer Leiter (S
3) und ein Logistiker (S 4) an.237
Das Team 2 war am 19. September vom Flughafen Frankfurt/Main nach Beirut geflogen und erreichte noch am selben Abend die THW-Unterkunft in Nabatiye. In den
beiden folgenden Tagen wurden die neuen Einsatzkräfte durch das Team 1 in die
Arbeit eingewiesen und mit den Gegebenheiten an den Einsatzstellen vertraut gemacht. Für das Team 1 endete schließlich am 22. September der Einsatz mit dem
Rückflug nach Deutschland.
Bedingt durch den Personalwechsel in der vierten Einsatzwoche wurden in dieser
Zeit lediglich 1600 Haushalte wieder an die Wasserversorgung angeschlossen.238
Auch in der fünften Woche wurden nur an 41 Einsatzstellen die Wasserleitungen zu
1475 Haushalten repariert, da ab dem 22. September bloß noch mit zwei Instandsetzungstrupps gearbeitet wurde.239
Am 5. Oktober übergab das THW dann in Anwesenheit der stellvertretenden Botschafterin in Tyrus den ersten Teil seiner Geräte und Materialien zur Instandsetzung
der beschädigten Infrastruktur an die SLWE. Unter anderem wurden der Behörde in
einem feierlichen Akt Tauchpumpen, Trennschleifer, Schweißgeräte, Handkreissägen, Stromaggregate, Bohrmaschinen, Schubkarren und Kleinwerkzeuge überlassen. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass die Reparaturarbeiten am Wasserleitungsnetz auch nach Beendigung des THW-Einsatzes fortgesetzt werden konnten.
Auch in der sechsten Einsatzwoche ging die Anzahl der durch das THW wieder an
die Wasserversorgung angeschlossenen Haushalte zurück. Da schon ein Teil der
Ausstattung an die SLWE übergeben worden war, konnte durch die Instandsetzungstrupps des THW nur noch 807 Haushalten geholfen werden.240 In den letzten vier
Einsatztagen schlossen die THW-Trupps noch einmal 168 Haushalte an das Leitungsnetz an.241
5.10 Abschluss der Mission
Im Laufe des siebenwöchigen Einsatzes hat das THW an 372 Einsatzstellen in 41
Städten und Dörfern aus vier Distrikten in den beiden Gouvernements Nabatiye und
237
Vgl. THW: Organisationsstruktur Libanon Team 2, 2006, unveröffentlichtes Dokument.
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 20.
239
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 21, 02.10.2006, unveröffentl. Dokument.
240
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 22, 09.10.2006, unveröffentl. Dokument.
238
Seite 52
Südlibanon/Tyrus242 gearbeitet. Durch das Reparieren von Hausanschlüssen, der
Sanierung von Hauptwasserleitungen, dem Abklemmen zerstörter Rohre, dem Setzen neuer Schieber und der Instandsetzung von Wassertanks wurden in der Zeit vom
31. August bis zum 13. Oktober 2006 insgesamt 8166 Haushalte (vergleiche Anhang
K) wieder an die Wasserversorgung angeschlossen.243 Dabei wurden sämtliche Arbeiten durch das THW nach den Standards ausgeführt, die in Deutschland für Installationsarbeiten in der Trinkwasserversorgung gelten.244
Nachdem am 13. Oktober die Instandsetzungstrupps ihre letzten Einsatzstellen abgearbeitet hatten, übergab das THW-Team einen Tag später weitere Geräte und Materialien an die SLWE. Die folgenden beiden Tage nutzten die THW-Einsatzkräfte um
den Transport der eigenen Ausstattung auf dem Seeweg zurück nach Deutschland
vorzubereiten. Anschließend wurde die Mannschaft nach Beirut verlegt und flog am
17. Oktober zurück nach Deutschland.245
5.11 Folgeprojekte des Technischen Hilfswerks im Libanon
Kontakte, die das THW im Laufe eines humanitären Soforteinsatzes in einer Krisenregion knüpft, führen häufig dazu, dass sich das THW auch nach Ende des Einsatzes
in der betroffenen Region engagiert. So wurde auch die Hilfe des THW im Süden des
Libanons durch drei humanitäre Projekte im Bereich der Wasserversorgung fortgesetzt.
Direkt im Anschluss an den Soforteinsatz analysierten zwei THW-Mitarbeiter im Auftrag von UNICEF zwei Monate lang das Trinkwasser, schulten lokales Personal und
berieten die Behörden. Dabei wurden in 60 Ortschaften Proben entnommen.
Weiterhin überwachte das THW im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) und in Zusammenarbeit mit der SLWE die
Installation von 30 Chlorierungsanlagen in dezentralen Wasserpumpstationen.246
Das Projekt dauerte von Anfang Dezember 2006 bis Ende Februar 2007. Das BMU
stellte für diese Hilfsmaßnahme 267.000 Euro247 zur Verfügung.
241
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 23 – Abschlussmeldung, 16.10.2006, unveröffentlichtes Dokument.
242
Vgl. lebanon-support: „List of International Civil Society“, unter: http://www.lebanonsupport.org/ingo.php?typecode=2&source=view&searchfilter=filter&search=129 (Stand: 13.12.2007).
243
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 23 – Abschlussmeldung.
244
Vgl. Interview Mack.
245
Vgl. THW: Lageübersicht – Libanon-Einsatz – Nr. 23 – Abschlussmeldung.
246
Vgl. lebanon-support: „List of International Civil Society“.
247
Vgl. Deutscher Bundestag: Drucksache 16/4709, S. 7.
Seite 53
Außerdem koordinierte das THW bis Mai 2007 den Bau beziehungsweise die Instandsetzung von fünf Wassertürmen. Dieses Projekt wurde ebenfalls in Partnerschaft mit der SLWE umgesetzt und durch ECHO mit 500.000 Euro finanziert.248
Mit dem Abschluss des ECHO-Projekts im Juni 2007 endete die Tätigkeit des THW
im Libanon, denn eine verschlechterte Sicherheitslage machte den weiteren Einsatz
von THW-Mitarbeitern im Libanon zu riskant.249
248
249
Vgl. lebanon-support: „List of International Civil Society“.
Vgl. Interview Tahn.
Seite 54
6
Analyse und Bewertung der Mission
Nachdem im Kapitel 5 der Ablauf des Soforteinsatzes des THW im Libanon geschildert wurde, soll nun die THW-Mission eingehend analysiert werden. Dazu wurde bereits im Abschnitt 1.2 die Fragestellung mit den fünf Hypothesen dargestellt, die für
die folgende Untersuchung herangezogen werden soll. Dabei wird jeweils eine der
vier Einzelfragen mit den dazugehörigen Arbeitshypothesen in einem eigenen Abschnitt behandelt.
Die Betrachtung der vier Forschungsfragen und der Hypothesen lehnt sich an das
Instrumentarium der „Ziel-Mittel-Einsatz“-Relation an. Damit soll analysiert werden,
ob die konkreten Ziele der THW-Mission – sofern es welche gegeben hat – erreicht
wurden und wie der Einsatz der zur Verfügung stehenden beziehungsweise eingesetzten Mittel zu bewerten ist. Der Gebrauch der Begriffe „Ziel“ und „Mittel“ orientiert
sich dabei im weiteren Verlauf an den Ausführungen des preußischen Militärtheoretikers Carl von Clausewitz250 und des Schweizer Militärstrategen Albert A. Stahel251.
Diese grundlegenden Überlegungen zu militärischer Strategie und Taktik sollen in
dieser Arbeit dazu dienen, Strategien im Allgemeinen zu beleuchten. Deshalb wird in
der Folge vom Libanonkrieg 2006 abstrahiert und das Wesen des Krieges an sich
betrachtet.
Nach Clausewitz ist es stets das Ziel des Krieges, den Gegner zur Erfüllung des eigenen Willens zu zwingen.252 Es geht also darum, seine eigenen Vorstellungen –
auch gegen Widerstände – durchzusetzen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden geeignete „Mittel“ eingesetzt. Auf der strategischen Ebene sind darunter die gesamten
Streitkräfte zu verstehen, die in einem Krieg zum Einsatz kommen können. Im taktischen Bereich sind die „Mittel“ einzelne militärische Einheiten.253
Übertragen auf den nichtmilitärischen Charakter eines THW-Einsatzes, geht es nicht
darum, einen Krieg zu gewinnen, sondern um die Strategie und Taktik in der humanitären Hilfe. In diesem vom Krieg erst einmal unabhängigen Bereich kann Clausewitz
als klassischer Denker der Strategie aber dennoch angewendet werden, da die „Ziel-
250
Vgl. von Clausewitz, Carl: Vom Kriege, 13. Auflage, Reinbek 2004.
Vgl. Stahel, Albert A.: Strategisch denken – Ziel-Mittel-Einsatz in Politik, Wirtschaft und Armee,
Zürich 1997.
252
Vgl. Ebd., S. 18.
253
Vgl. Ebd., S. 30/31.
251
Seite 55
Mittel-Einsatz“-Relation auch auf nicht-militärische, aber dennoch hierarchisch strukturierte Gebiete übertragen werden kann.
Um den Anforderungen an eine Untersuchung gerecht zu werden, die sich in diesem
Fall nur auf die operative sowie die taktische Ebene beschränkt, wird in der Folge die
Kategorie „Mittel“ umfassender verstanden, als es die obige Definition nach Clausewitz festlegt. In Anlehnung an die Begriffsbestimmung im „Wörterbuch für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe“ der Ständigen Konferenz für Katastrophenvorsorge und Katastrophenschutz sollen neben den Einsatzkräften auch Einrichtungen,
Fahrzeuge, Geräte und Material, also die zur Auftragserfüllung notwendigen Ressourcen und Instrumente, unter „Mittel“ subsumiert werden.254
6.1
Forschungsfrage 1 – Ziele der THW-Mission
Welche Ziele wurden mit dem Einsatz des THW im Libanon 2006 verfolgt?
Dem THW-Einsatz zur Rehabilitation der Trinkwasserversorgung nach dem Libanonkrieg 2006 liegt ein schriftliches Hilfeersuchen der libanesischen Regierung zugrunde. Darin bat der Libanon um die Unterstützung des THW bei der Wiederherstellung
der Wasserversorgung – eine pauschale Anforderung, der eine konkrete Bestimmung des Umfangs der Arbeiten durch das THW fehlte. Und auch der Einsatzauftrag
für das THW-Team setzte keine quantitativ messbaren Zielgrößen fest, die durch den
Einsatz hätten erreicht werden sollen. Lediglich das Operationsgebiet wurde auf die
Städte Tyrus und Nabatiye eingegrenzt (siehe dazu Abschnitt 5.4).
Somit waren der THW-Mannschaft keine Marken gesetzt worden, anhand derer ein
Erfolg der humanitären Mission auf operativer Ebene hätten gemessen werden können. Vielmehr ging es darum, zum Wohl der betroffenen Bevölkerung bei der Instandsetzung des Wasserleitungsnetzes und bei der Qualitätskontrolle des Trinkwassers so viel wie möglich, so schnell wie möglich zu erreichen.255 Ein Vorhaben
ohne quantitative Zielmarken und ohne nachprüfbare Qualitätsmerkmale also, dessen Umsetzung weder exakt erreicht noch verfehlt werden konnte.
Zwar machen es fehlende konkrete Ziele schwierig, über einen Einsatz in der humanitären Hilfe ein valides Urteil zu fällen, doch stellt sich die Frage, ob die Aufstellung
von quantitativen beziehungsweise qualitativen Zielen in diesem Kontext überhaupt
sinnvoll ist. Denn ebenso wie bei Einsätzen im Zivil- und Katastrophenschutz treten
254
255
Vgl. SKK: Wörterbuch für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, S. 24.
Vgl. Interview Freiherr Grote.
Seite 56
auch bei humanitären Einsätzen häufig unvorhersehbare Wendungen ein, die eine
Anpassung im taktischen Vorgehen erfordern. Beispielsweise wäre es undurchführbar einen kurzfristigen SAR-Einsatz der SEEBA daran zu messen, ob eine vorgegebene Anzahl an Personen gerettet wurde oder eine gegebene Zahl an Gebäuden
nach Verschütteten abgesucht wurde. Nicht vorhersehbare Friktionen – Clausewitz
bezeichnet mit diesem Begriff Unwägbarkeiten und Schwierigkeiten, die in einem
Krieg auftreten können256 – würden solche Vorgaben sehr schnell zu Makulatur werden lassen.
Hypothese I:
Die beiden THW-Teams haben während der Libanon-Mission die vorgegebenen Ziele erfüllt.
Dieser Arbeitshypothese kann weder widersprochen noch zugestimmt werden. Zwar
wurden durch das THW kontinuierlich Zahlen darüber erhoben, wie viele Einsatzstellen bearbeitet wurden, wie viele Haushalte an die Wasserversorgung angeschlossen
wurden und wie viele Wasserproben im Labor analysiert wurden (vergleiche Abschnitte 5.6.4 und 5.10), doch fehlt dazu ein Vergleichsmaßstab. Denn da für die
THW-Mission weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht nachprüfbare Zielgrößen aufgestellt wurden, sind eine Operationalisierung und ein Vergleich der Daten
nicht möglich. Eine Überprüfung dieser Hypothese ist daher nicht durchführbar.
Eine allgemeine Einschätzung darüber, wie erfolgreich dieser Einsatz insgesamt war,
wird dennoch im Abschnitt 6.4 ausführlicher vorgenommen.
6.2
Forschungsfrage 2 – Hilfe zur Selbsthilfe
Welche Maßnahmen liefen bei diesem Auslandseinsatz des THW nacheinander beziehungsweise parallel ab und welche Mittel wurden dabei eingesetzt?
Bereits im Juli 2006 war das THW auf Zypern bei der Betreuung von Flüchtlingen aus
dem Libanon beteiligt. Durch diesen Einsatz waren das THW und das BMI schon für
die Auswirkungen dieser Nahostkrise sensibilisiert. Die Teilnahme des THW an der
ressortübergreifenden Erkundungsmission der Bundesregierung im Libanon war daher eine konsequente Fortsetzung des begonnenen Engagements.
Schon kurz nach dem Beginn der Erkundung durch ein dreiköpfiges THW-Team in
der Krisenregion am 21. August 2006 begannen parallel in Deutschland die Vorberei256
Vgl. von Clausewitz, Carl: Vom Kriege, S. 50.
Seite 57
tungen für einen möglichen Soforthilfeeinsatz. Dazu wurden die benötigten Einsatzmittel in den Bereichen Personal und Ausstattung innerhalb weniger Tage zusammengestellt. So konnte bereits am 23. August ein Voralarm für die 20-köpfige
Einsatzmannschaft gegeben werden und der Einsatzleiter flog mit einem Logistiker
am 24. August über Zypern nach Beirut. Dort setzten die beiden THW-Helfer die
Feinerkundung des Erkundungsteams fort und bereiteten die Ankunft des Einsatzteams vor.
Als großer Vorteil erwies sich in der Anfangsphase der Mission der Umstand, dass im
THW-Logistikzentrum Heiligenhaus zwei Container für Instandsetzungsarbeiten bei
Auslandseinsätzen bereitstanden. In den beiden Containern lagerten Geräte, Werkzeuge und Verbrauchsmaterialien, die nach abgeschlossenen Auslandsprojekten
nicht mehr benötigt wurden, aber für die Arbeiten am Rohrleitungsnetz im Libanon
unbedingt erforderlich waren. Somit stand Ausstattung in guter Qualität sehr schnell
für einen Transport per Flugzeug zur Verfügung. Da im THW jedoch für die vorsorgliche Beschaffung sowie Lagerung von Material oder Geräten für einen möglichen
Auslandseinsatz keine Etatmittel vorgesehen sind257, handelte es sich hierbei um
einen einmaligen Vorgang. Für einen kommenden Instandsetzungseinsatz muss die
benötigte Ausstattung erst bundesweit zusammengezogen oder kurzfristig beschafft
werden. Aus den guten Erfahrungen beim Libanon-Einsatz lässt sich der Schluss
ziehen, dass dem THW finanzielle Mittel zugestanden werden sollten, um für zukünftige Einsätze ein permanentes Auslandslager im LogH aufbauen zu können.
Ergänzt wurde die Ausrüstung für Instandsetzungsarbeiten außerdem durch ein
Trinkwasserlabor, die Camp-Ausstattung der SEEBA und die IT- und Kommunikationsausrüstung, die ebenso wie die beiden Material-Container von der Bundesluftwaffe für das THW eingeflogen worden waren.
Die vollständige Verlegung der Einsatzmannschaft und der 25 Tonnen wiegenden
Ausrüstung nach Nabatiye fand in der Zeit vom 26. bis 30. August statt. Somit konnten die Arbeiten an der Infrastruktur schließlich am 31. August in Nabatiye beginnen
– rund zweieinhalb Wochen nach Inkrafttreten des Waffenstillstands. Aufgeteilt in drei
Instandsetzungstrupps und den Laboranten-Trupp arbeiteten die THW-Spezialisten
in den folgenden drei Wochen in den Distrikten um Nabatiye und Tyrus rund 200
257
Vgl. Interview Buchmüller.
Seite 58
Einsatzstellen ab und analysierten zahlreiche Wasserproben an öffentlichen Wasserentnahmestellen.
Nach der Ablösung des Teams 1 in der Zeit vom 19. bis 22. September setzte Team
2, das nur noch neun deutsche Einsatzkräfte umfasste, die Arbeiten für weitere vier
Wochen fort. Am 13. Oktober 2006 wurden die Reparaturarbeiten schließlich abgeschlossen und die Geräte sowie Werkzeuge zur Instandsetzung des Wasserleitungsnetzes an die libanesische Wasserbehörde übergeben.
Hypothese II:
Das THW hat die im Einsatzland vorhandenen Ressourcen (Fachleute, Hilfsarbeiter oder Baumaterial) optimal genutzt, um die Wirtschaft vor Ort zu stärken und die betroffenen Menschen einzubinden.
Grundsätzlich ist dieser Hypothese zuzustimmen. Denn der Kontakt zwischen dem
THW-Team auf der einen Seite und der Bevölkerung sowie den libanesischen Behörden auf der anderen Seite war sehr eng und kooperativ.
Um seinen Einsatzauftrag umzusetzen, waren die THW-Einsatzkräfte auf die Unterstützung durch lokale Mitarbeiter angewiesen. Deshalb arbeiteten bis zu 20 Libanesen für und mit dem THW-Team. So hatte das THW ortskundige Fahrer, eine Köchin
und mehrere Dolmetscher angestellt, ohne deren Hilfe ein sinnvoller und nachhaltiger
Einsatz nicht möglich gewesen wäre. Gleichzeitig leistete das THW dadurch in einer
Region, deren Bewohner noch unter den Kriegsfolgen zu leiden hatten, einen wichtigen finanziellen Beitrag zum Lebensunterhalt der angeworbenen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter.
Sowohl die Laboranten also auch die Instandsetzungstrupps arbeiteten eng mit den
Fachkräften der Wasserbehörde SLWE zusammen. Auf diese Weise konnte das
THW optimal von der Ortskenntnis und dem Wissen der Libanesen über das Wasserleitungsnetz profitieren und sie zugleich im Umgang mit den aus Deutschland mitgebrachten Spezialgeräten schulen. Durch diese Ausbildung wurden die libanesischen
Arbeiter befähigt, die Reparaturarbeiten am Rohrnetz und die Kontrolle der Trinkwasserqualität in eigener Regie nach dem Ende des THW-Einsatzes fortzusetzen –
eine klassische Form der Hilfe zur Selbsthilfe.
Unterstützt wurde die Wirtschaft im Südlibanon außerdem durch die Nutzung weiterer Einsatzmittel aus der Region. So mietete das THW für die Dauer des siebenwöchigen Einsatzes vor Ort Lastwagen und Geländewagen an und lies sich in eine leer
stehende Villa in Nabatiye einquartieren. Ebenso bezogen THW und SLWE das
Seite 59
Baumaterial für die Instandsetzung der Wasserleitungen von lokalen Lieferanten,
nachdem die Lagerbestände der SLWE aufgebraucht worden waren. Trotz der großen Schäden an der Infrastruktur im Südlibanon und der dadurch notwendigen Wiederaufbauarbeiten gab es keine Lieferschwierigkeiten bei der Materialversorgung.
Eine kritische Einschränkung, die bereits weiter oben angedeutet wurde, muss bei
der Diskussion dieser These aber gemacht werden. Denn Kommunikationsprobleme
zu Beginn des THW-Einsatzes führten zu Ängsten und Zurückhaltung bei den Fachkräften der SLWE. Die THW-Einsatzleitung hatte es versäumt, von Anfang an die
libanesischen Arbeiter ausführlich über den Charakter des THW als humanitäre
Hilfsorganisation, die sich ohne finanzielle Interessen im Libanon engagiert, zu informieren. Deshalb sorgten sich die einheimischen Fachkräfte um ihre Arbeitsplätze
und arbeiteten in den ersten Einsatztagen nur sehr zurückhaltend mit den THWSpezialisten zusammen.
Als Konsequenz sollten bei zukünftigen Einsätzen alle Mitarbeiter lokaler Kooperationspartner vor Beginn der ersten Zusammenarbeit sowie die betroffene Bevölkerung
umfassend über die Arbeitsweise und die humanitären Ziele des THW in der Einsatzregion aufgeklärt werden. Die ausschließliche Information der verantwortlichen Führungskräfte – im Libanon lief die Zusammenarbeit mit der Führung der SLWE von
Anfang an hervorragend – reicht offensichtlich nicht in allen Fällen aus.
6.3
Forschungsfrage 3 – Verzögerungen
Gab es im zeitlichen Ablauf der humanitären Mission Entscheidungen beziehungsweise Beschränkungen, die einen effizienteren Einsatz behindert haben?
Obwohl der Soforteinsatz am 26. August 2006 mit dem Abflug der THW-Einsatzkräfte
nach Zypern begann, liefen die Arbeiten der Instandsetzungstrupps im Südlibanon
tatsächlich erst am 31. August an. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits 17 Tage seit
Beginn des Waffenstillstands und zehn Tage seit dem Start der Erkundung durch das
THW vergangen. Auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Stabilität der Waffenruhe
zwischen Israel und der Hisbollah zuerst abgewartet werden musste, um die Sicherheitslage zuverlässig abschätzen zu können, ist diese Verzögerung nicht zu rechtfertigen. Denn schon am 23. August wären die Einsatzkräfte mit ihrer Ausstattung abflugbereit gewesen, die THW-Spezialisten wurden jedoch nur voralarmiert.
Seite 60
Optimierungsbedarf lässt sich auch beim Lufttransport der THW-Ausstattung ausmachen. Die Ausrüstung würde nämlich nicht auf einmal nach Zypern geflogen, sondern
in zwei Flügen am 26. und 27. August von der Bundesluftwaffe auf die Mittelmeerinsel transportiert. Noch zeitaufwändiger war die weitere Verlegung nach Beirut. Die
Ausstattung musste auf fünf Flüge aufgeteilt werden, die innerhalb von vier Tagen
die libanesische Hauptstadt ansteuerten. Erst am 30. August war somit die Verlegung in den Libanon abgeschlossen (vergleiche Abschnitt 5.5).
Hypothese III:
Die Einbindung in die Hierarchie der Ministerialverwaltung schränkt die Reaktionsgeschwindigkeit des THW bei Auslandsmissionen ein.
Die Verzögerung, die bis zum Einsatzbeginn des THW im Libanon auftrat, legt nahe,
dass diese Hypothese zutrifft. Denn der Zeitraum, der zwischen Kriegsende und dem
Start der Arbeiten des THW lag, war mit 17 Tagen sehr lang. Gerade aber die Hilfe
innerhalb der ersten Tage nach einer Notsituation ist besonders wichtig. Eine schnelle Reaktion der Hilfskräfte zeigt den betroffenen Menschen, dass sie in ihrer Not nicht
alleine gelassen werden und dass sie auf rasche Unterstützung zählen können. Dadurch werden sie motiviert, auch selbst ihre Situation zu verbessern. In dieser konkreten Notlage im Libanon kommt hinzu, dass bereits innerhalb weniger Tage nach
Ende der Kämpfe fast alle libanesischen Flüchtlinge in den Südlibanon zurückgekehrt waren.
Bei der Libanon-Mission des THW besteht Grund zur Annahme, dass innerhalb der
Bundesregierung zu Beginn der ressortübergreifenden Erkundung noch nicht entschieden war, ob es eine Bereitschaft gibt, das THW tatsächlich in einen Einsatz im
Libanon zu schicken. Wäre diese Frage frühzeitig geklärt gewesen, hätte sich die
THW-Mannschaft schneller auf den Weg in die Krisenregion machen können. Zu einem Zeitverlust hat außerdem geführt, dass das THW vor jedem Einsatz auf ein offizielles Hilfeersuchen eines Staates angewiesen ist. Dagegen sind internationale
NGOs nicht an diesen formalen Akt gebunden und können dadurch zügiger in Krisengebieten operieren. In diesem Fall stammte das schriftliche Hilfeersuchen der
libanesischen Regierung vom 28. August 2006, so dass der Bundesinnenminister
erst am 29. August dem THW den endgültigen Einsatzauftrag erteilen konnte.
Seite 61
6.4
Forschungsfrage 4 – Fazit des Einsatzes
War der THW-Einsatz im Rückblick erfolgreich?
Durch den Einsatz des Technischen Hilfswerks im Südlibanon wurden 8166 Haushalte wieder an das Leitungsnetz angeschlossen. Somit wurden die hygienischen Bedingungen für mehrere zehntausend Libanesen entscheidend verbessert. Die Analyse der Trinkwasserqualität an öffentlichen Entnahmestellen und die anschließende
Beratung der lokalen Wasserbehörde durch die THW-Laboranten haben ebenfalls
signifikant zur Verbesserung der Lebensqualität der Menschen im Südlibanon beigetragen. Denn Hilfsmaßnahmen im Bereich der Trinkwasserversorgung gehörten in
dieser Region nach Einschätzung der Vereinten Nationen zu den Bedürfnissen mit
den höchsten Prioritäten.258
Da nach den Startschwierigkeiten (siehe Abschnitt 6.2) die Zusammenarbeit mit den
einheimischen Mitarbeitern sehr gut funktioniert hatte, kamen die THW-Trupps an
den Einsatzstellen sehr zügig voran. Die Arbeiten wurden nur selten durch Wartezeiten aufgehalten – sofern man Unterbrechungen, die durch die traditionellen Einladungen zum gemeinsamen Tee-Trinken quasi zwangsläufig entstanden, als interkulturell kompetenten Umgang mit der arabischen Gastfreundschaft akzeptiert hatte.259
Das Konzept des THW, mit überwiegend ehrenamtlichen Spezialisten und in Kooperation mit den örtlichen Behörden die betroffenen Menschen bei der Wiederherstellung der Trinkwasserversorgung zu unterstützen, hat sich in diesem Einsatz bewährt.
Die Bilanz des siebenwöchigen humanitären Engagements, für das das Auswärtige
Amt 467.000 Euro zur Verfügung gestellt hatte, ist deshalb rückblickend als sehr erfolgreich einzustufen. Dieses positive Fazit lässt sich ziehen, obwohl – wie bei Hypothese I festgestellt – ein Vergleich mit normativen Zielen nicht möglich ist. Dennoch
wurde durch die Arbeit der THW-Einsatzkräfte zweifellos ein nachhaltiger Beitrag
zum Wiederaufbau der Region geleistet und die Lebensbedingungen für viele Menschen wurden dauerhaft verbessert. Ohne die deutsche Unterstützung hätten SLWE
und lokale Baufirmen die Schäden gar nicht oder nur sehr langsam reparieren können, denn ihnen fehlte die erforderlichen Geräte und Spezialwerkzeuge für eine effektive Instandsetzung der Wasserleitungen.260
258
Vgl. Oxfam Deutschland: „Wiederaufbau im Libanon“.
Vgl. Interview Freiherr Grote.
260
Vgl. Ebd..
259
Seite 62
Hypothese IV:
Im Katastrophengebiet fand eine enge Zusammenarbeit des THW mit anderen
Organisationen, den staatlichen libanesischen Stellen und den Einrichtungen
von UN und EU statt.
Da sich das THW regelmäßig an den Konferenzen, Besprechungen und Treffen zur
Koordination der internationalen Hilfe für den Südlibanon beteiligt hat, ist diese Arbeitshypothese zutreffend. Besonders deutlich kommt das Vertrauen, das das THW
bei der libanesischen SLWE genoss, in einem von UNICEF verfassten Besprechungsprotokoll zum Ausdruck. Darin machte SLWE-Generaldirektor Nizam deutlich,
dass die SLWE beim Wiederaufbau hauptsächlich mit vier Organisationen zusammenarbeiten wollte. Neben dem IKRK, UNICEF und dem „International Medical
Corps“ (IMC) gehörte das THW zu dem ausgewählten Kreis. Diese Hilfsorganisationen hatten frühzeitig Kooperationen mit der SLWE vertraglich vereinbart und die libanesische Behörde durch die Art und Weise ihrer Arbeit überzeugt.261
Vom Anfang des Einsatzes an hatte das THW die Abstimmung mit der SLWE gesucht und die Einsatzstellen nach der Prioritätenliste der Behörde abgearbeitet. Teilweise bauten die THW-Trupps in Rücksprache mit der SLWE auch Baumaterial ein,
das andere Hilfsorganisationen geliefert hatten. Da diese Lieferungen an Dörfer im
Südlibanon ohne Wissen der SLWE erfolgt waren, hatte vor Ort niemand das Material zweckmäßig einsetzen können. Erst durch die Aktivitäten des THW konnten diese
Hilfslieferungen sinnvoll verwendet werden.262
Eine enge Zusammenarbeit mit den Partnern fand ebenso im Bereich der Trinkwasserkontrolle statt. Das THW stellte nämlich die Kapazitäten des eigenen Labors auch
anderen Organisationen, wie zum Beispiel UNICEF, zur Analyse der Wasserqualität
zur Verfügung. Außerdem wurden Mitarbeiter der SLWE durch das THW in die Untersuchung von Wasserproben eingewiesen. Weiterhin führte das THW für die internationale Hilfsorganisation „Islamic Relief“ Schulungen in der Reinigung von Wassertanks durch, an denen lokale Mitarbeiter von „Islamic Relief“ teilnahmen.263
Diese Absprachen über Kooperationen mit anderen Hilfsorganisationen und die Abstimmungen mit den libanesischen Behörden sowie den Einrichtungen von UN und
261
Vgl. „Special Water & Sanitation Cluster Meeting“, S. 1.
Vgl. Interview Freiherr Grote.
263
Vgl. „Hilfe zur Selbsthilfe: Einsatzmaterial für den Libanon“, THW, 06.10.2006, unter:
http://www.thw.bund.de/cln_035/nn_245244/DE/content/meldungen/thw__international/projektgebiete/
Libanon/Dokumente/meldung__006__projekt__libanon.html__nnn=true (Stand: 13.12.2007).
262
Seite 63
EU fanden bei den regelmäßigen Sitzungen und Besprechungen von OSOCC oder
im direkten bilateralen Austausch statt. An OCHA beziehungsweise das HIC gab das
THW außerdem in regelmäßigen Abständen Informationen über den aktuellen Stand
des THW-Einsatzes weiter.
Hypothese V:
Beim Einsatz im Libanon hat sich das THW als verlässlicher Partner in der
humanitären Hilfe erwiesen.
Auch der letzten Hypothese im Rahmen dieser Analyse ist zuzustimmen. So fand der
humanitäre Einsatz des THW nicht nur bei der südlibanesischen Wasserbehörde
SLWE große Anerkennung, sondern auch bei der libanesischen Regierung. In einem
Grußwort zum Ende des THW-Engagements im Libanon im Juni 2007 hoffte Mohammed Safadi, Minister für öffentliche Arbeiten und Transport, auf eine weitere gute
Zusammenarbeit in der Zukunft, auch in Fällen, in denen keine Kriegsschäden ein
Engagement des THW notwendig machen würden.264
Der gute Ruf, den das THW im Libanon besitzt, hängt einerseits mit dem grundsätzlich hohen Ansehen zusammen, das Deutsche dort genießen. Auf der anderen Seite
gehörte das THW – trotz gewisser Verbesserungspotentiale – zu den ersten Hilfsorganisationen, die nach dem Libanonkrieg 2006 im Süden des Landes tätig geworden
sind.265 Auch kann das THW für sich verbuchen, dass es zwei Jahrzehnte zuvor
schon einmal bei einem Einsatz in Beirut tätig war, denn während des fünften Nahost-Krieges reparierte das THW im Jahr 1982 dort ebenfalls zerstörte Wasserleitungen.
Die Kompetenzen, die sich das THW in der humanitären Hilfe im Bereich „Trinkwasserversorgung“ in den zurückliegenden Jahrzehnten erworben hat, sind im Libanon
vollständig zum Tragen gekommen. Das zeigte sich auch bei der Liste der Projektpartner, mit denen das THW nach dem Ende des Soforteinsatzes gemeinsam mehrere Projekte im Libanon umgesetzt hatte, denn neben UNICEF gehörten das BMU und
ECHO zu den namhaften Auftraggebern des THW.
264
265
Vgl. „Wasser für 25.000 Menschen“, THW, Bonn, 29.06.2007.
Vgl. Interview Tahn.
Seite 64
7
Schlussfolgerung
Das Technische Hilfswerk ist seit mehr als 50 Jahren im Bereich der humanitären
Hilfe im Ausland tätig. Im Laufe der Jahrzehnte sammelte das THW bei mehreren
hundert Einsätzen in vielen Krisengebieten auf der ganzen Welt zahlreiche Erfahrungen und erwarb sich auf diesem Gebiet großes Fachwissen. Die Darstellung und Analyse der Libanon-Mission im Jahr 2006 in den vorangehenden Kapiteln belegt,
dass sich jene Kompetenz auch bei diesem Nothilfeeinsatz erwiesen hat.
Der siebenwöchige Einsatz der 29 THW-Helferinnen und Helfer verbesserte die Lebenssituation der Menschen im Südlibanon nachhaltig und leitete sie an, die angefangenen Reparaturarbeiten selbstständig fortzusetzen. Trotz der zeitlichen Verzögerungen zu Beginn des Einsatzes und der Kommunikationsschwierigkeiten bei der
Zusammenarbeit mit den einheimischen Fachkräften verlief das THW-Engagement
insgesamt sehr erfolgreich. Mehr als 8100 Haushalte wurden durch das THW wieder
an das Wasserleitungsnetz angeschlossen und bei rund 160 Wasserproben wurde
die Qualität des Trinkwassers überprüft. Durch die Schulung der SLWE-Mitarbeiter
und die Übergabe von Geräten und Werkzeugen an die SLWE wurde diese bedeutsame Arbeit nach dem Ende des THW-Einsatzes durch die Libanesen in Eigenregie
fortgesetzt.
Positiv machte sich in der Einsatzvorbereitung bemerkbar, dass das Material für Instandsetzungsarbeiten bereits in zwei Containern im LogH gelagert war und daher
schnell zur Verfügung stand. Ein permanentes Auslandslager würde sich bei zukünftigen Einsätzen mit Sicherheit vorteilhaft auf den Zeitraum auswirken, der notwendig
ist, um Ausstattung und Einsatzteam abflugbereit zu machen. Dazu ist aber in der
parlamentarischen Beratung eine Änderung des Haushaltsansatzes für das THW
erforderlich, denn bisher fehlt der dafür notwendige Ausgabentitel.
Eine Fortsetzung bei künftigen Auslandseinsätzen sollte die abgestimmte ressortübergreifende Erkundung im Einsatzland finden. Durch die Koordination des AA wurden die bundeseigenen Instrumente für die internationale Krisenbewältigung, wie
Bundeswehr, Bundespolizei, BKA, GTZ, KfW oder THW, bereits frühzeitig zusammengebracht. Die gemeinsame Erkundung ermöglichte dem THW durch das einführende Gespräch mit Premierminister Siniora außerdem einen schnellen und hochrangigen Zugang zur libanesischen Regierung und deren Behörden im Bereich der
Wasserversorgung.
Seite 65
Diesen Vorteilen, als deutsche Regierungsorganisation im Bereich der humanitären
Hilfe auftreten zu können, stehen aber auch Nachteile gegenüber. So schränkte die
Einbindung in die Ministerialverwaltung die Reaktionsfähigkeit des THW bei der Libanon-Mission nicht unwesentlich ein. Durch eine schnellere Entscheidung bei der
Erteilung des endgültigen Einsatzauftrages hätte der zehntägige Zeitraum zwischen
dem Start der Erkundung und dem Beginn der Instandsetzungsarbeiten um mehrere
Tage verkürzt werden können.
Für unerwünschte Verzögerungen sorgten auch die Kommunikationsprobleme mit
den SLWE-Mitarbeitern. In Zukunft ist daher eine frühzeitige und umfassende Aufklärung aller ausländischen Mitarbeiter über den humanitären Charakter von THWEinsätzen erforderlich, um von Beginn an eine gute Kooperation mit dem einheimischen Personal zu gewährleisten.
Die Zusammenarbeit zwischen SLWE und THW hatte sich schließlich nach einigen
Tagen optimal eingespielt, so dass nach Abschluss des Einsatzes allseits nur positive Fazits gezogen wurden. Neben dem libanesischen Minister für öffentliche Arbeiten
und Transport äußerte sich beispielsweise auch Bundesinnenminister Schäuble lobend über den THW-Einsatz im Libanon266. Anerkennend wurde das THWEngagement im Libanon und weltweit ebenso von anderen Bundespolitikern gewürdigt. Der damalige Vizekanzler Franz Müntefering unterstrich im September 2007
den Ruf des THW als humanitärer Botschafter im Ausland.267 Auch die Bundestagsabgeordneten Klaus Hagemann268, Gerold Reichenbach269, Bernd Schmidbauer270
und Dr. Andreas Schockenhoff271 äußerten sich positiv über die weltweite Arbeit des
THW.
Die Einsätze des THW stellen aber immer noch ein Randthema dar, sowohl im Deutschen Bundestag als auch in der öffentlichen Wahrnehmung. Während die weltweiten Aktivitäten der Bundeswehr in Deutschland regelmäßig in den gesellschaftlichen,
politischen, medialen und nicht zuletzt wissenschaftlichen Fokus gelangen, sind die
zivilen Instrumente der internationalen Krisenbewältigung bis in die jüngste Zeit ein
Thema für Spezialisten geblieben. Denn als Parlamentsarmee benötigt die Bundes266
Vgl. Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 16/45, 05.09.2006, S. 4454/4455.
Vgl. „Eine Holzbank für die Kita und die Abgeordneten sägen um die Wette“, THW, Berlin,
19.09.2007.
268
Vgl. Interview Hagemann, Klaus, MdB der SPD, 14.06.2007.
269
Vgl. Interview Reichenbach.
270
Vgl. Interview Schmidbauer, Bernd, MdB der CDU, 19.06.2007.
267
Seite 66
wehr für ihre Auslandseinsätze immer ein Mandat des Deutschen Bundestages. Dagegen fehlt den zivilen Akteuren wie Bundespolizei, BKA oder THW eine vergleichbare politische Beauftragung oder Legitimation.272 Die Entscheidungen über Auslandsengagements dieser Bundesbehörden werden ausschließlich durch die Ministerialbürokratie getroffen.
Die vorliegende Diplomarbeit soll deshalb einen Beitrag leisten, damit diesem Randthema – das jedoch das Bild von Deutschland in zahlreichen Weltregionen maßgeblich prägt – größere Aufmerksamkeit verschafft wird. Aufgrund der Komplexität des
untersuchten Gegenstandes und dem Mangel an Quellen hat diese Arbeit ihren
Schwerpunkt exemplarisch auf die operative und die taktische Ebene der humanitären Libanon-Mission des THW im Jahr 2006 gelegt. Die Betrachtung von THWEinsätzen auf strategischer Ebene und die Untersuchung möglicher sicherheits- oder
außenpolitischer Intentionen, die das THW im Auftrag der Bundesregierung verfolgt,
wurden daher nicht weiter vertieft. Vielmehr soll diese Diplomarbeit einen Anstoß geben, sich der Tätigkeit des THW aus weiteren Perspektiven wissenschaftlich zu nähern. Gegebenenfalls kann die Arbeit auch als Grundlage für Vergleiche zukünftiger
THW-Auslandseinsätze mit der humanitären Libanon-Mission dienen.
271
Vgl. „Schockenhoff: Deutsche Soldaten sollen libanesischer Regierung helfen“, Deutschlandfunk,
16.08.2006, unter: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/531983/ (Stand: 13.12.2007).
272
Vgl. Bundesakademie für Sicherheitspolitik: Asymmetrien als Herausforderung - Rahmenkonzept
für eine ressortübergreifende Sicherheitspolitik, Berlin 2007, S. 38.
Seite 67
Literaturverzeichnis
I.
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http://www.reliefweb.int/rw/rwb.nsf/db900SID/EVOD-6SPHZY (Stand 13.12.2007).
II.
Interviews
Interview Buchmüller, Klaus: THW-Leitung, Referatsleiter E 2 (Ausland), Teilnehmer des ressortübergreifenden Erkundungsteams im Libanon, Bonn, 14.08.2007, Dauer: 40 Minuten.
Interview Freiherr Grote, Nils: THW, Geschäftsführer Verden, Einsatzleiter für das Libanon-Team 1,
telefonisch, 17.08.2007, Dauer: 15 Minuten.
Interview Hagemann, Klaus: Bundestagsabgeordneter der SPD, Mitglied im Haushaltsausschuss und
im Petitionsausschuss, Berlin, 14.06.2007, Dauer: 45 Minuten.
Interview Mack, Stephan: THW-Leitung, Referat E 2 (Ausland), Projektleiter für den Libanon-Einsatz
von August bis Oktober 2006, Bonn, 14.08.2007, Dauer: 55 Minuten.
Interview Reichenbach, Gerold: Bundestagsabgeordneter der SPD, Mitglied im Innenausschuss, Berlin, 14.06.2007, Dauer: 100 Minuten.
Interview Schmidbauer, Bernd: Bundestagsabgeordneter der CDU, Mitglied im Parlamentarischen
Kontrollgremium und im Auswärtigen Ausschuss, ehemaliger Staatsminister im Bundeskanzleramt, Berlin, 19.06.2007, Dauer: 32 Minuten.
Interview Stroppel, Claudia: THW-Leitung, Referat E 2 (Ausland), Projektleiterin für die Projekte im
Libanon von Oktober 2006 bis Juni 2007, Bonn, 14.08.2007, Dauer: 60 Minuten.
Seite 70
Interview Tahn, Stefan: THW, Geschäftsführer Olpe, Head of Mission im Libanon für die Projekte von
Januar bis April 2007, telefonisch, 11.09.2007, Dauer: 20 Minuten.
III.
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Seite 74
Eidesstattliche Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne Benutzung
anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Alle Stellen, die wörtlich
oder sinngemäß aus veröffentlichten und nicht veröffentlichten Schriften entnommen
wurden, sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit ist in gleicher oder ähnlicher
Form oder auszugsweise im Rahmen einer anderen Prüfung noch nicht vorgelegt
worden.
Köln, den 20. Dezember 2007
Seite 75
Anhang
Seite 76
Anhang A
Interview-Protokoll mit MdB Gerold Reichenbach, SPD
Donnerstag, 14. Juni 2007, im Paul-Löbe-Haus, Berlin; 13.00-14.40 Uhr
Einführender Smalltalk; Gespräch über `EULUX´, die internationale Übung am vorhergehenden Wochenende in Luxemburg; MdB Reichenbach war dort Leiter des THW-Kontingents;
derzeitiges Engagement beim THW angesprochen (SEEBA).
1. In welchem Umfang bekommen die MdBs Informationen über humanitäre Auslandseinsätze des THW?
Also, das ist genauso ein bisschen die Ungleichzeitigkeit.
Der Verteidigungsausschuss wird ziemlich regelmäßig über das informiert, was die Bundeswehr draußen macht – zur Not auch unter Geheimschutz. Wir haben das im Innenbereich
zwar schon mehrmals angemahnt, aber das findet immer nur sporadisch statt und im Regelfall, weil es auch nirgendwo einen Parlamentsvorbehalt gibt, im Nachhinein. Das heißt, meistens erfährt man dann aus den Medien schon mehr als im Ausschuss. Das Ministerium informiert aber dann, wenn so kritische Sachen passieren wie im Libanon, zumindest die Obleute der Fraktionen und das auch außerhalb der Sitzungswoche. Und es gab auch damals
ein Gespräch mit der Bundeskanzlerin wo sie dann die jeweiligen Obleute der Fraktionen
informiert hat. Aber der Ausschuss in toto nicht.
Gut, es gibt eine einzige Ausnahme: Ich weiß es relativ schnell und relativ gut. Aber das läuft
über die THW-Schiene. Das ist nicht meine Funktion als Abgeordneter.
2. Der Innenausschuss hat das schon öfters angemahnt, aber …
Es wird nicht sehr regelmäßig gemacht, das hat natürlich auch einen anderen Grund: Außer
es ist gerade der mediale Fokus drauf – und der ist bei Bundeswehr-Einsätzen immer – interessiert das im Ausschuss nur die paar Berichterstatter, die mit dem Thema zu tun haben.
Weil 80 Prozent von solchen Einsätzen, die humanitär sind, …
Klar könnte man jetzt sagen: „Wir wollen eine regelmäßige Liste von euch: Wo treibt sich das
THW gerade herum? Wo werden Autos repariert? Wo wird Trinkwasser aufbereitet? Und
welche Projekte laufen noch?“
Bei der Bundeswehr ist das so, also im Verteidigungsausschuss. Im Innenausschuss spielt
das nicht so die Rolle. Das wird immer dann zum Gegenstand des Interesses im Ausschuss,
wenn der Medienfokus drauf ist oder wenn es eine Angriffsfläche für die Regierung gibt. Also
damals zum Beispiel als die zwei THW-Helfer im Irak waren. Dann hat irgendjemand im
`Spiegel´ gelesen, dass sie da von BGS-Leuten, Bundesgrenzschutz- beziehungsweise jetzt
Bundespolizei-Leuten, geschützt werden. Und da kam sofort die Frage auf: „Welche Rechtsgrundlage? Das ist ja alles nicht rechtskonform!“ Und dann interessieren sich alle und dann
interessieren sich auf jeden Fall auch immer die um das Thema, die sich sonst nie darum
interessieren und auch gar keine Ahnung haben. Das ist dann immer so, wenn es zu einer
politischen Aufladung kommt. Ohne die politische Aufladung ist DAS im Regelfall ein Spezialistenthema – das ist der ganze Katastrophen- und Bevölkerungsschutz.
3. Es stellt sich oft die Frage, zu welchem Politikbereich dieses Thema eigentlich gehört? In welchen Ausschüssen werden Auslandseinsätze des THW thematisiert?
Es betrifft den Innenausschuss, den Menschenrechtsausschuss [Anm.: Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe], und den Auswärtigen Ausschuss.
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4. Auf EU-Ebene kommt auch noch der Bereich `Umwelt´ ins Spiel …
Nein, da müssen wir jetzt schauen … Wenn ich jetzt den Bereich nehme – um bei der internationalen Formulierung zu bleiben – fällt das THW unter die Sparte `Civil Protection´.
Da gibt es zwei Varianten. Die Variante Nummer 1 ist: Das THW nimmt teil an oder übernimmt den Auftrag einer humanitären Mission oder humanitären Intervention, die vom Auswärtigen Amt finanziert wird. Da ist sehr oft das THW nicht der einzige Player, sondern Sie
haben NGOs dabei, Sie haben die GTZ. Und dann ist das sehr stark auch ressortiert im
Auswärtigen. Da wird dann im Regelfall vorgetragen vor dem Ausschuss für humanitäre Hilfe
und vor dem Auswärtigen Ausschuss. Das kommt gar nicht so in den Fokus. Der Innenausschuss ist eigentlich INNEN-Ausschuss und hat mit dem Auslandskram eigentlich nur soweit
zu tun, dass Einheiten, die dem Innenminister unterstehen, im Ausland eingesetzt werden.
Das ist die Bundespolizei und das ist das THW – und das BKA. Von daher ist unsere Befassung eine indirekte.
Auf EU-Ebene habe Sie genau das gleiche Problem und wir geraten dann noch in unsere
Länder-Zwickmühlenhaftigkeit hinein. Auf EU-Ebene haben Sie einmal das Thema `Katastrophenschutz´, das ist bei der GD Umwelt – beim Rat übrigens jetzt bei Innen, die haben da
schon umstrukturiert – und dann haben Sie noch den ganzen Crises Management-, Crises
Intervention-Mechanismus. Da taucht es auch wieder auf, aber unter dem Aspekt `Civil Protection´ und dann haben Sie noch die Abteilung ECHO. ECHO richtet sich eigentlich nur an
NGOs, aber das THW durfte die ganze Zeit da ein bisschen mitlaufen. Das ist der Vorteil,
weil …. Die Bundesrepublik Deutschland fällt ohnehin immer etwas aus dem Raster mit ihren
Strukturen und normalerweise hat jedes Land eine GO, die draußen tätig wird. Die wird auch
registriert. Aber eben nicht mehrere. Die GO im Außenverhältnis, die in den meisten Ländern
auch als GO registriert ist, ist die GTZ. So, und dann kommt das THW nebenher und dann
sagen die [Anm.: anderen Staaten]: „Moment mal, was ist denn jetzt? Es gibt nur eine GO.“
Was beim THW in der Vergangenheit immer so ein bisschen den Vorteil hatte, dass man
sozusagen auf beiden Beinen herumrannte. Man ist dann auf internationaler Ebene auch
immer mal so ein bisschen als NGO aufgetreten, obwohl man es gar nicht ist.
5. Sorgt so ein Verhalten nicht für Unmut bei anderen GOs und NGOs?
Was heißt Unmut bei den anderen. Es führt zu Unmut, zum Beispiel bei den NGOs, die sagen: „Das THW wildert in unseren Töpfen.“ Und da gibt es auch entsprechende Erklärungen,
nicht nur bezogen auf das THW, sondern auch darauf, dass die Bundeswehr humanitäre
Hilfe macht. Es gibt eine Erklärung der VENRO, schon vor zwei oder vier Jahren, die darin
sagen, es sei eine Verstaatlichung und Instrumentalisierung der Hilfe im Auswärtigen durch
die Politik. Was zunehmend durch GOs gemacht wird und nicht durch Politik-unabhängige
NGOs.
Dann habe Sie noch mal ECHO auf europäischer Ebene, die ja auch sich erstmal richten an
NGOs. Aber auch da hat das THW schon Dinge mitgemacht und finanziert. Beim THW wird
es übrigens ganz krud. Weil das THW hat teilweise schon Sachen gemacht im Auftrag von
Drittländern. Auf dem Balkan hat das THW niederländische Hilfsprojekte implementiert. Voll
finanziert von der niederländischen Regierung, aber nicht durch eigene Kräfte, sondern
durch das THW [Anm.: umgesetzt].
Libanon weiß ich gar nicht, wie das gelaufen ist. Und dann kommt dazu: das THW ist inzwischen auch als GO Teil dieses EU-Mechanismus [Anm.: für Katastrophenschutz]. Dieser EUMechanismus hat ja auch zwei Beine: Der Mechanismus innerhalb der Europäischen Union,
aber auch der Mechanismus außerhalb der Europäischen Union. Wobei es da ein bisschen
schwierig ist, weil meistens sind Hilfeleistungen immer noch bilateral, aber die [Anm.: die EU]
sollen dann trotzdem vor Ort koordinieren. Das ist so, glaube ich, im Wesentlichen der Rahmen.
Libanon – fragen Sie mich nicht mehr – ich weiß gar nicht, wie das mandatiert war. Ich glaube, das war erstmal eine bilaterale Geschichte. Weil da hat nämlich das THW – das weiß ich
noch, weil sie mich da auch gefragt haben und ich dann gesagt habe: „Schickt doch lieber
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mal jüngere, als immer die gleichen.“ Da ging es darum, erstmal die deutsche Botschaft bei
der Betreuung der Deutschen, die aus dem Libanon evakuiert wurden, zu unterstützen. Das
war die Initialzündung. Man kann eigentlich gar nicht sagen bilateral, weil es war eigentlich
Amtshilfe innerhalb der Bundesregierung. Daraus ist dann eine Reihe von Folgegeschichten
gewachsen. Ich weiß nur, dass irgendwann auch THW-ler im OSOCC waren, das über den
Mechanismus der EU installiert wurde – keine Ahnung in welcher Funktion [Anm.: die THWSpezialisten dort tätig waren]. Also dafür kenne ich die Details zu wenig. Und ob dann anschließend ein Teil der humanitären Geschichten über ECHO finanziert wurde, das weiß ich
nicht – das kann sein. Das müssen Sie bei der THW-Leitung mal erfragen. Dr. Hönicke, der
kann Ihnen dazu etwas sagen.
6. Der Libanon-Krieg endete am 14. August 2006; der Einsatzbeginn des THW zur Instandsetzung der Wasserversorgung war am 28. August, also zwei Wochen nach
Ende der Kampfhandlungen. Halten Sie das für eine ordentliche Reaktionszeit für
Wiederaufbaumaßnahmen? Wie schätzen Sie das ein?
It depends on … Also außer beim Erdbeben ist schnell nicht immer gut. Das ist so die erste
Geschichte. Also das kenne ich vom Balkan, wo dann das THW zwar die letzte Organisation
war, die damals nach Mostar kam, aber am Ende dann auch eine der einzigen war, die etwas gebacken bekommen hat.
Es ist aber natürlich klar, bei solchen Sachen, die lebensnotwendig sind, wie Wasser … Man
kann jemanden ein paar Wochen in Zelten unterbringen, bevor man dann an die Rehabilitierung von festen Unterkünften geht, bei Trinkwasser ist es schon etwas kritischer. Da ging es
ja auch nicht um die Nothilfe, sondern es ging um die Wiederherstellung der Trinkwasserinfrastruktur – das ist noch mal etwas anderes. Also meines Wissens haben die nicht Trinkwasseraufbereitung gemacht, sondern Reparatur der Trinkwasserversorgung. Und da bin ich
in einer anderen Zeitdimension. Da nutzt es Ihnen auch überhaupt nichts, wenn Sie zu früh
kommen. Wenn Sie in einer `Noch-Krisensituation´, in der unter Umständen noch mit weiteren Zerstörungen aus xy-Gründen zu rechnen ist, dann anfangen, Trinkwasserleitungen wieder zu flicken und drei Tage später rummst da eine Granate rein oder geht in irgendeiner
Ecke noch eine Mine hoch, dann ist das Ding wieder auseinander. Also von daher sehe ich
das an der Stelle nicht so zeitkritisch. Ich denke, man muss immer schauen, was für einen
Auftrag hat die Mission. Ist es sozusagen diese Geschichte `Soforteinsatz´, im Sinne von
Rettung und Verhinderung von noch Schlimmerem, also eine `urgent-Geschichte´, dann
spielt `zeitkritisch´ immer eine Rolle. Dann ist jede Stunde, die man zu spät kommt, verheerend. Das merken wir immer bei den SEEBA-Auslandseinsätzen. Da sind wir schon sehr viel
schneller geworden. Aber früher waren die relativ langsam, was nicht an der Mannschaft lag,
oder an den Reaktionszeiten innerhalb des THW, sondern an den Entscheidungsprozessen
innerhalb der Bundesregierung. Das hat einfach zu lange gedauert, bis man entschieden hat,
die gehen raus und bis man dann auch das entsprechende Fluggerät bestellt hat. Da war
manchmal ein Tag vorbei. Und wenn man dann noch die zusätzliche Anmarsch- und Flugzeit
rechnet, dann sind die oft erst sozusagen in der Phase gekommen, in der man eigentlich
schon übergeht in Räumen, weil dann die Chancen auf Lebendrettung immer geringer werden. Das ist der eine Teil.
Der zweite Teil sind dann so Geschichten, die – ich sag mal – mittelfristige Krisenintervention
sind, also das, was man auf dem Balkan gemacht hat: Mostar, diese Shelter-Projekte, Rehabilitierung von Trinkwasserversorgung, auch Trinkwasserwiederaufbereitung, wobei die sehr
oft in die erste Phase mit hineingehört. Da kommt es nicht auf einen halben Tag drauf an,
wie bei der Bergung, aber es ist auch sehr zeitkritisch. Und dann – aber das wird im Regelfall
eigentlich auch nicht mehr vom THW gemacht, sondern von der GTZ, da haben wir [Anm.:
das THW] eine andere Struktur; manchmal in Zusammenarbeit, wo es dann im Grund wieder
um Wiederaufbau und Rehabilitation geht. … nicht immer vom THW, das stimmt natürlich
auch nicht ganz.
Ich sage mal die Errichtung der Polizeistation in Afghanistan ist eigentlich schon dann eher
zwischen midterm und long-term Geschichte drin. Und im Libanon die Rehabilitierung der
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Trinkwasserversorgung, da kann man auch sagen: „Wo gehört die denn jetzt rein?“ Das ist
garantiert nicht mehr Soforthilfe, es ist wahrscheinlich so in diesem Bereich mittlere Krisengeschichte, weil am Ende ging es ja nicht darum, eine ordentliche Infrastruktur herzustellen,
sondern – ich sag mal so – die Zwischeninfrastruktur, damit es einigermaßen funktioniert.
Weil eine ordentliche Infrastruktur kann ich eigentlich erst anfangen aufzubauen, wenn ich
wieder ein sicheres politisches Umfeld habe. Wobei auch das dann nicht unbedingt immer
heißt, dass man sofort aus der Krise heraus ist. Also sowohl das Protektorat Kosovo, als
auch die Situation nach dem Abkommen auf dem Balkan war ja zwar formal stabil, aber diese Gesellschaft in sich, wo der Wiederaufbau gemacht wurde, ist immer noch krisenhaft. Das
heißt, da ist man immer in so einer Struktur drin, die immer noch ….
Am besten gefällt mir immer noch dieser Begriff, den die UN hat: complex emergencies. Weil
das es am besten beschreibt. Da geht es nicht mehr nur um Soforthilfe, da geht es um viele
andere Dinge auch. Dieser ganze Bereich der Wiederherstellung von Sicherheit, Rechtstaatlichkeit, Law enforcement und was da alles hineingehört. Das spielt an der Stelle dann eine
stärkere Rolle. Das THW hat die Lücke ausgefüllt, weil für diese `complex emergencies´ die
Bundesregierung und die Bundesrepublik Deutschland bis zu dem Zeitpunkt, wo das sozusagen dann international immer häufiger vorkommt, eigentlich kein Instrument dafür hatte.
Die GTZ kann das nicht, weil sie ganz anders strukturiert ist – sie für langfristige Projekte
strukturiert ist, eher auf Ingenieurs- und Beratungsleistungen und Finanzierung. Das THW
war bis zu diesem Zeitpunkt – wie alle anderen Organisationen auch – eher in dem ersten
Bereich tätig, also die Soforthilfe, die Krisenintervention. Das ist so im Wesentlichen der
Rahmen. Keine Ahnung, was Sie jetzt noch zusätzlich wissen wollen?
7. Im Südlibanon waren in einigen Städten und Dörfern neben dem THW bis zu 15 Organisationen mit dem Wiederaufbau der Trinkwasserversorgung und dem Sanitärwesen beschäftigt.
Das ist immer das gleiche.
8. Halten Sie es für sinnvoll, dass sich trotzdem Deutschland mit dem THW in diesen
Regionen engagiert? Kann es nicht sinnvoller sein, dass die Bundesregierung Geld
für das entsprechende UN-Programm zur Verfügung stellt?
Theoretisch ist das richtig. Das Problem ist nur, die Tatsache, dass da 15 Organisationen
herumwuseln ist nicht immer eine Garantie dafür, dass die 15 Organisationen das, was sie
implementieren wollen auch implementieren. Das zweite ist: Genauso wie bei den 15 Organisationen, auch bei der Bundesregierung ist es ein Stückchen `flag show´, ein Stückchen
Außenpolitik. Jetzt muss ich vorsichtig sein, aber … Meine Erfahrungen an vielen Stellen war
halt schon die, dass man das THW auch deswegen hingeschickt hat, weil das THW bislang
seine Arbeit recht erfolgreich implementiert hat. Das sieht man schon daran, dass eigentlich
der THW-Einsatz, gemessen an anderen NGOs, eigentlich ein relativ teuerer ist. Das ist bei
vielen Helfern gar nicht im Kopf drin, denn die verstehen sich als Freiwillige. Aber die THWHelfer sind von den Budgetkosten her keine Freiwilligen, sondern das sind bezahlte Hauptamtliche, weil nämlich zu Hause der Lohnersatz bezahlt wird. Und teilweise sind das ziemlich
hoch bezahlte Hauptamtliche für die Funktion, die sie ausüben.
Kennen Sie wahrscheinlich auch, den berühmten Fall des Flugkapitäns, der als LKW-Fahrer
eingesetzt wird. Für den Lohnausfall des Flugkapitäns können Sie natürlich das halbe Land
als LKW-Fahrer zu den lokalen Kosten beschäftigen. Von daher ist das THW immer relativ
teuer. Aber dass die Bundesregierung es trotzdem nutzt und auch dass andere Länder es
nutzen, zeigt, dass dem Teueren im Moment noch eine entsprechende Implementierungsqualität gegenüber steht, sodass das funktioniert. Man muss nur aufpassen im THW. Es gibt
so ein bisschen die Einstellung im Ehrenamt des THW nach dem Motto: für Auslandseinsätze sind generell wir zuständig und wir sind die Ehrenamtlichen, deswegen hat die Bundesregierung dafür zu sorgen, dass der Auslandseinsatz so ist, wie er unseren Bedürfnissen entSeite 80
spricht. Das ist so ziemlich die falsche Denke. Es gibt nirgendwo ein Gesetz, in dem drinsteht: Humanitäre Hilfe darf Deutschland nur in blau [Anm.: typische Farbe des THW] leisten.
Und natürlich muss die humanitäre Hilfe bezogen sein auf die Zwecke, die vor Ort erreicht
werden sollen und nicht auf die Bedürfnisse derjenigen, die die Hilfe leisten. Das ist im THW
manchmal eine sehr schwierige Geschichte – kenne ich aus eigener Erfahrung. Weil da sozusagen dieses Ehrenamtsverständnis … Da begreift das Ehrenamt sich zunehmend als
Selbstzweck, das kann es nicht sein!
9. Ihre Anmerkung, dass THW-Einsätze ein Stückchen Außenpolitik sind, ist auch einer
der Komplexe, der mich interessiert. Denn auf der Homepage des Auswärtigen Amts
stehen in Abstimmung mit VENRO „Die Zwölf Grundregeln der Humanitären Hilfe“.
Darin heißt es unter anderem, dass humanitäre Hilfe unpolitisch ist und unabhängig
von ethnischen, religiösen oder anderen Erwägungen geleistet wird. Das ist ja ein
sehr schmaler Grad, denn Sie habe ja selbst eben gesagt, dass die Bundesregierung
damit Außenpolitik macht, wo sie hilft, mit wem sie hilft, wie sie hilft, …
Natürlich. Da steht drin, dass die VENRO die Projekte so implementiert. Aber natürlich ist die
Entscheidung, wo mache ich was, das ist eine politische, eine außenpolitische. Es ist nicht
so, dass VENRO sagt: „Ich habe da ein Projekt – Auswärtiges Amt gib mal das Geld her, wir
entscheiden, wir gehen dahin.“ Das können die machen, aber nicht im Auftrag oder mit der
Finanzierung der Bundesregierung. Das ist der eine Teil.
Der zweite Teil ist natürlich der, dass wenn ich als direkte, der Entscheidung der Regierung
unterstellte Organisation ins Ausland gehe [Anm.: wie das THW], bin ich natürlich viel stärker
von Regierungsentscheidungen noch mal abhängig, als eine Organisation, die erst nur sagt,
ich habe das Geld von denen. Das ist umgekehrt natürlich auch für denjenigen, der vor Ort
irgendetwas implementieren will, natürlich auch – ich sag mal – ein Kontrollinstrument. Also,
wenn ich erstmal Projektgelder bezahlt habe, dann zu schauen, ob das wirklich noch in dem
Sinne umgesetzt wird, wie die Projektgelder bezahlt werden, ist ein ziemlich großer Aufwand.
Beim THW kann ich es ziemlich direkt und unmittelbar kontrollieren. Bis hin zu sagen: „So,
jetzt berichtet mal.“ Es [Anm.: das THW] unterliegt nicht nur bei der Mittelzurverfügungstellung, sondern auch bei der Verausgabung der Mittel der Haushaltskontrolle. Das müssen die
anderen auch machen, aber sie unterliegen nicht mehr der öffentlichen Haushaltskontrolle.
Also, natürlich kann ich VENRO überprüfen. Aber der Rechnungshof kann nicht einfach bei
VENRO reinmarschieren und sagen: „So, jetzt Schreibtisch auf und Quittungen her!“ Beim
THW geht das formal.
Das Gespräch wurde an dieser Stelle unterbrochen, da MdB Reichenbach zu einer Abstimmung in den Plenarsaal musste.
10. Hat es vor Ort Auswirkungen, dass das THW im Ausland uniformiert und mit Deutschlandfahne auf dem Ärmel auftritt? Eine Verbindung zu Soldaten beziehungsweise zur
Armee kann ja sehr nahe liegen.
Nein, also die Erfahrung ist im Gegenteil eine andere. Das THW hat fast bei allen Auslandseinsätzen vor Ort relativ schnell einen relativ guten Ruf gehabt. Jetzt muss man dazu
sagen, das hat natürlich auch etwas damit zu tun, dass bislang auch in internationalen Konflikten die Deutschen schon mit einem guten Ruf hineingegangen sind. Das gilt nicht nur für
das THW, das gilt in größerem Umfang auch für die Bundeswehr.
Und bis auf ganz wenige Fälle war es im Regelfall auch sogar so, dass auch die Konfliktparteien das THW bewusst herausgehalten haben. Das liegt natürlich auch an der Art und Weise, wie das THW sozusagen vor Ort agiert. Ich sag mal, das ist ja eher so, … Es ist ja nicht
militärisch, sondern sie sind uniformiert, wobei sie das nicht immer tun. Zum Beispiel beim
Großteil meiner Einsätze auf dem Balkan bin ich in Räuberzivil unterwegs gewesen.
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11. Gibt es dafür eine Regel? Wonach richtet sich die Kleiderordnung?
Sicherheitsverordnungen.
12. Die Fotos die ich bisher vom Libanon-Einsatz gesehen habe, haben immer uniformierte Einsatzkräfte gezeigt.
Das muss vom Einsatzleiter entschieden werden. Das ist immer eine Frage, wie agiert man.
Also auf dem Balkan hatte das zwei ganz simple Gründe: damals hatten wir noch Grau
[Anm.: Farbe der Einsatzkleidung] und grau waren auf dem Balkan auch die Milizen. Dann
läuft man nicht unbedingt in Grau herum, weil so – ich sag mal – von 300 Metern Entfernung
schaut ein Sniper nicht unbedingt genau noch hin: hat der da irgendwo auf dem Ärmel noch
irgendeinen Aufnäher oder so was. Das ist das eine, also die Farbe.
Umgekehrt kann natürlich das Uniformiertsein auch ein Schutz sein. Also wenn ich jetzt irgendwo in einer Region tätig bin, wo eher Milizen unterwegs sind und ich zwischen den
Fronten agiere, dann ist natürlich die Tatsache man sieht, die laufen da unten mit gelben
Streifen [Anm.: leuchtend gelbe Reflexstreifen auf den blauen THW-Einsatzanzügen] herum
… Keiner der in einer Bürgerkriegssituation zu den Kombattanten gehört, rennt in der Gegend herum und macht sich schon von Weitem durch gelbe Streifen als Ziel erkennbar. Also
ich glaube, das hängt immer von der Situation ab. Ich weiß von einem Kameraden, der in
Somalia im Einsatz war, dass es sogar am Ende so war, als die Amerikaner den Ruf der UN
versaut hatten, dass zwar die weißen Fahrzeuge angegriffen wurden, aber nicht die blauen
vom THW. Also da kann das dann wirklich …
Das ist nicht immer einfach gewesen. Gerade auf dem Balkan in Mostar war es oft so, dass
jede Seite erstmal der Auffassung war, das THW ist für sie da. Und wenn man den anderen
auch geholfen hat, dann galt das immer so als Verrat oder feindlicher Akt. Also die Kroaten
waren der festen Auffassung, dass THW wäre dort unten in alter Waffenbrüderschaft, um es
mal so ganz simpel zu formulieren. Und die fanden das etwas despektierlich, dass wir auch
den bösen Bosniern geholfen haben, die das ja gar nicht wert sind. Umgekehrt haben es die
Bosnier auch immer erstmal – ich sag mal – kritisch beäugt, dass das THW natürlich von
drüben, von der kroatischen Seite kam, weil wir da stationiert waren. Aber das hat sich relativ
schnell aufgelöst und da hat es das THW bislang auch immer geschafft, eine vernünftige
Linie zu fahren. Und das liegt natürlich auch daran, dass das THW zwar eine Regierungsorganisation ist, aber nicht als Regierungsorganisation, wie dies in anderen Ländern manchmal
der Fall ist, benutzt wird, um andere Zwecke auch umzusetzen. Also das THW ist sozusagen
rein in seinem Auftrag im Gesetzesrahmen auch im Ausland tätig. Und ich formuliere es jetzt
mal ein bisschen vorsichtig – weil das ist ja immer das Problem bei USAID – nicht sozusagen der nach außen formale Deckmantel für die Operationsbasis der CIA oder auch der
Dienste. Ich glaube, wenn das das erste Mal ruchbar würde, dass so was beim THW auch
passiert – was ich mir auch nicht vorstellen kann, dass es passiert – dann hätte das THW
wahrscheinlich ähnliche Probleme. Und ich sag mal, das war früher bei den Briten, bei ODA,
immer so ein bisschen ein Problem, weil die ODA sehr stark geführt wurde und auch gestellt
wurde von Militärangehörigen, auch teilweise von welchen, die aus der Intelligence kamen.
Dann bekommt so eine Organisation einen etwas anderen Status. Auch die Sécurité Civile
[Anm.: Einheit der französischen Regierung], wenn die in humanitären Hilfseinsätzen nach
draußen geht, das ist Militär. Das merkt man dann schon …
13. Das merken auch die Einheimischen?
Zumindest die Organisationen merken es und es ist ein größerer Vorbehalt. Ich sag mal, es
ist am Ende unten derjenige, der da irgendwo auf der Straße herumläuft, der hat erstmal
überhaupt keine Einschätzung vom THW, sondern die wird ihm irgendwie kommuniziert. Außer er hat jetzt zwei-drei Wochen direkte Erfahrungen mit dem Laden. Es ist schon die Frage, wie dann auch in die Konfliktparteien kommuniziert wird: „Also auf den Laden müsst ihr
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aufpassen, der arbeitet für die andere Seite.“ Oder ob man einfach sagt: „Okay, die sind
Deutsche, die machen ihren Job und die machen nichts anderes als da herumzugraben.“
Das ist bei anderen Ländern nicht immer so eindeutig getrennt. Das ist der Vorteil. Und es
gibt eigentlich nur ein zweites Land, das ähnlich in so einer Rolle ist. Das ist, obwohl es eigentlich von der Konstruktion viel regierungsnäher ist, also viel stärker an der Außenpolitik
angebunden ist, als das THW selbst, das ist das SKH. Aber das liegt halt daran, dass die
vom Neutralitätsruf der Schweiz profitieren.
14. Wie ist das auf der internationalen Ebene, wenn die Bundesregierung sagt, wir schicken das THW beziehungsweise wenn das THW angeboten wird? Wie wird das dort
eingeschätzt?
Das ist jetzt ein bisschen schwierig. Also ich mein, man kann es mal umgekehrt sagen: Es
gibt ja immer wieder mal internationale Requests nach dem THW. Also einer, der häufig
auch das THW nachfragt, ist das UNHCR. Da gibt es auch einen festen Vertrag zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und UNHCR [Anm.: seit dem Jahr 1990]. Das UNHCR
kann, um seine Missionen zu erfüllen – seinen UN-Auftrag zu erfüllen –, auf das THW zurückgreifen. Das ist vertraglich geregelt.
15. Ist so ein Vertrag etwas Besonderes oder gibt es mehrere solche Vertragspartner des
UNHCR?
Da bin ich jetzt überfragt. Bei solchen Fragen telefonieren Sie am besten mal mit Dr. Hönicke
in der THW-Leitung. Der kann Ihnen das alles auseinander bosseln, der ist dort der Internationales-Freak.
Aber zumindest ist es relativ ungewöhnlich. Es ist ja ein Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem UNHCR, das heißt UNHCR kann auf das THW zurückgreifen. Ich
gehe mal davon aus, dass das UNHCR mit mehreren Ländern solche Verträge hat. Ich kenne es aus anderen Bereichen, sei es jetzt das United Nations Food Program oder so etwas,
da gibt es einen Vertrag mit der italienischen Regierung, die da in Pisa so Lagerhallen vorhalten. Deswegen mutmaße ich, es ist nicht einzigartig. Aber der Mechanismus ist der, die
können auf die [Anm.: das THW] zurückgreifen. Also es ist nicht so, dass die die jetzt einzeln
anfordern und die Bundesrepublik sagt dazu „Ja“. Sondern es heißt eigentlich: „Ihr könnt
zurückgreifen; UNHCR ihr könnt eigentlich jeder Zeit einen Request loslassen.“ Es muss
dann allerdings die Kosten zahlen. Also das ist sozusagen nicht kostenfrei, sondern es ist
nur die Zurverfügungstellung des Instruments.
Das zweite ist das was ich von Afghanistan kenne und auch von anderen Ländern her, ist
eigentlich immer eine relativ positive Rückmeldung. Und das THW hat international auch
einen ganz guten Ruf. Sodass zumindest der Effekt nicht eintritt, wenn die Bundsrepublik
Deutschland eben das THW anbietet, dass dann das Land sagt: „Nicht schon wieder die
Chaostruppe.“ Umgekehrt ist natürlich die Frage auch, ob angebotene Hilfe akzeptiert wird.
Das ist sehr viel stärker dann – ich sag mal – vom politischen Umfeld abhängig, als von der
Frage, welche Einheit schicke ich? Also von diplomatischen Beziehungen, von nationalen
Souveränitätsvorstellungen, von der Frage, wie stark ist der UN-Prozess mit eingebunden
oder nicht. Das gleiche gilt für Europa: Läuft es im Rahmen des europäischen Prozesses
ab? Das sind eigentlich eher so die Rahmenbedingungen, die am Ende dann dazu führen,
dass man ein Hilfsangebot annimmt oder nicht. Aber eigentlich seltener die Frage, wie
schnell nimmt man das Angebot an, wenn ihr das THW schickt, wenn ihr jemanden anderen
schickt aber nicht.
Es gibt eine einzige Ausnahme, das ist das Militär. Also da gibt es schon Fälle wo dann Länder sagen: „Bitte kein Militär, das will ich nicht haben.“ Was für das THW kein Problem ist.
Aber zum Beispiel arbeiten wir im USAR-Bereich ziemlich eng zusammen mit den drei
deutschsprachigen Ländern: Deutschland, Schweiz, Österreich. Die Österreicher haben ein
Problem damit. Weil bei denen die Rettungseinheit bei der österreichischen ABC-Abwehr ist,
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das ist Militär. Die Einheit heißt AFDRU – Austrian Forces Disaster Relief Unit – und am Anfang hieß das Ding sogar AAFDRU – Austrian Armed Forces Disaster Relief Unit –, also bewaffnet. Das haben sie irgendwann mal verstanden, dass mit `bewaffnet´ im Ausland nichts
ist. Weil es gibt natürlich Länder, die sagen: „Bewaffnete Soldaten von anderen Staaten
kommen bei uns nicht rein. Das würde ja heißen, wir haben einen Krieg verloren.“ Um das
etwas simpel zu sagen. Oder es ist eine Intervention. Die sagen: „Nichts, wenn dann allerhöchstens auf der Basis von Abkommen, schon gar nicht wegen eines Erdbebens. Also lasst
die Waffen zu Hause.“ Also da gibt es Vorbehalte. Ich sag mal, das ist der Vorteil des THW,
übrigens auch noch auf einer anderen Ebene: viele von denen, über die wir jetzt reden, sind
Professionals. Also entweder Militär oder wie in Frankreich bei der Protection Civile oder bei
der Sécurité Civile hauptamtliche Körper. Die Protection Civile hat sehr viel Hauptamtliche,
Sécurité Civile ist ja Militär, das im Grunde genommen ans Innenministerium ausgeliehen ist.
Und das hat einen gewissen Effekt: Die Leute haben das gelernt und sind für das trainiert
worden und haben meistens auch die Ausbildung, wofür sie im Rahmen ihrer Einheit vorgesehen sind.
Beim THW haben wir einen anderen Effekt: Die haben alle eine Katastrophenschutzausbildung, eine Fachausbildung und sie haben alle einen beruflichen Hintergrund. Das heißt, ich
habe mit dem THW ein Reservoir an Handwerkern und Spezialisten und Ingenieuren, die ich
anders einsetzen kann als zivile Ingenieure. Weil sie sozusagen zusätzlich noch was gelernt
haben: in Katastrophen-Environment zu leben, in bestimmten Führungsstrukturen zu leben
und zu arbeiten. Das haben all die anderen Professionellen nicht. Und sehr oft ist es ja auch
so, dass THW-Helfer sozusagen in den Einsätzen dann ihre zivile Kompetenz einbringen,
kombiniert mit ihrer THW-Kompetenz, also mit ihrer Zivilschutzorganisationskompetenz. Das
gibt eine sehr große Variationsbreite her, um auf bestimmte Lagen zu reagieren. Also so
Sachen wie diese Geschichte, die wir auf dem Balkan dann erfunden haben, - was übrigens
international inzwischen kopiert wird, das machen alle nach, brüsten sich auch alle damit, es
ist eigentlich eine Erfindung des THW – dieses Bauhof-Projekt. Im THW dummerweise leider
jetzt eingestellt, weil ich natürlich in solchen Bauhof-Projekten relativ wenige Ehrenamtliche
unterbringen kann. Aber da sind wir wieder bei dem Problem, das ich vorhin gesagt habe.
Also das Ehrenamt stellt sich halt immer noch so vor, dass sozusagen die Hilfe nach ihren
Bedürfnissen befriedigt wird, aber der Zweck der Hilfe im Ausland ist nicht Förderung des
Ehrenamtes, sondern …
16. Damit fällt aber der private Background weg, den Sie eben erwähnt haben, wenn
hauptamtliches Personal eingesetzt wird, das irgendwann zum THW gewechselt ist.
Naja, also bei den Bauhof-Projekten war es anders. Es war schwierig, weil wir im hauptamtlichen Apparat – das ist ein Problem im THW.
Das THW ist ja von der Struktur her eigentlich stehen geblieben vor 1990. Das hat sich – ich
sag mal – in seiner Ausstattung und Ausrüstung im Einsatz über die Zivilverteidigung hinweg
entwickelt. Also das, was wir heute an Technischen Zügen haben ist nicht mehr der alte
Luftschutz. Das ist der Grund, warum es jetzt auch zivil viel stärker operabel und einsetzbar
ist. Aber die Verwaltungsstruktur des THW ist die alte geblieben. Also es ist immer noch ein
Verwaltungskörper von 800 Hauptamtlichen, deren Hauptkompetenz im Verwaltungsbereich
liegt. Also das war diese alte Vorstellung – ich habe immer gesagt, das THW ist genauso
gehalten worden wie ein Hilfskrankenhaus. Da gab es eine Verwaltung, die hat das THW
ausgebildet, ausgestattet, verwaltet, finanziert und sonst was, immer mit der Vorstellung,
wenn das THW in den Einsatz kommt, dann haben wir mit dem Ding nichts mehr zu tun,
sondern es geht dann in die besondere Struktur über in der Zivilverteidigung. Also das war
immer die Vorstellung, irgendwann wird halt mal der Katastrophenfall und der Verteidigungsfall ausgerufen und dann ist das THW in der Struktur drin. Einschließlich Personalhoheit und
Versorgung wäre das alles für die Verwaltung THW kein Problem mehr gewesen. Dann hätten dann die Hauptverwaltungsbeamten in ihrer Funktion als Teil sozusagen des Verwaltungsaufbaus `Zivilbevölkerung´ … Und für die meisten THW-Verwaltungsleute wäre dann ja
auch vorgesehen, dass die in irgendeinen anderen Bereich `Besondere AufbauorganisatioSeite 84
nen´ reingehen. Die Struktur haben wir beibehalten. Angefangen vom Ortsbeauftragten bis
hin zum Geschäftsführer und und und. Das halte ich nach wie vor für ein Problem! Das heißt
nämlich, dass man im hauptamtlichen Apparat relativ wenig Einsatzkompetenz hat. Es gibt
ein paar, die das THW rausschicken kann, aber das sind relativ wenige. Der Rest sind – das
ist jetzt kein Vorwurf – nach wie vor Verwaltungsbeamte, mit denen kann ich auch nur beschränkt draußen was anfangen, außer sie sind besonders engagiert oder man merkt es halt
immer wieder. Das wird jetzt dadurch etwas aufgelöst, dass man zunehmend ehrenamtliche
THW-ler in hauptamtliche Funktionen bringt. Das ist aber immer mit großen Verrenkungen
verbunden, das heißt, organisiert ist das nie übergeleitet worden. Eigentlich hätte man irgendwann genauso eine technische Laufbahnverordnung machen müssen wie im Feuerwehrdienst für das THW. Das ist noch nie gemacht worden, aus unterschiedlichsten Gründen, übrigens auch weil das Ehrenamt das nicht wollte. Weil die OB wollten nicht, dass sie
plötzlich die Dienstunterstellten der Geschäftsführer sind. Und umgekehrt läuft die Diskussion aber im Ortsverband. Dort wäre man dann doch gern noch der Vorgesetzte im Einsatz
geblieben. Die meisten OB machen es ja, formal haben die im Einsatz gar nichts mehr zu
melden. Drückt sich dann aus in so Unklarheiten wie in der OB-Richtlinie, da ist so der Satz
drin – auf Druck dann des Beirats: „Der OB hat die Fürsorgepflicht für die Helfer im Einsatz.“
Hat er aber nicht! Die Fürsorgepflicht für die Helfer im Einsatz hat der Einsatzleiter, da kann
es keine zwei Fürsorgepflichtige geben. Aber es steht halt drin. An so Geschichten merken
Sie, dass das Problem nicht gelöst ist.
Das führt aber dann umgekehrt dazu, dass dann, wo längerfristig das THW tätig ist, also mit
Bauhof und was weiß ich noch, man nicht auf Ehrenamtliche zurückgreifen kann, weil die
nicht so lange aus ihrem Beruf wegkommen. Außer man hat gerade mal den Zufall, dass
man irgendwo einen Bauingenieur hat, der gerade fertig ist und keinen Job gefunden hat.
Aber das ist sehr zufällig. Und dann kam es zu dem was dann im Ehrenamt kritisiert wurde,
dann haben die sich sozusagen Leute eingekauft. Also genauso agiert, wie andere NGOs
und GOs auch. Das heißt, dass die irgendwo mit eingekauften Projektingenieuren raus ins
Feld gegangen sind. Und das war auch mit denen nur leistbar. Weil ich so ein Bauhof-Projekt
wie bei der Wiederaufbauarbeit in Mostar über 2-3 Jahre hinweg, da kann ich nicht die Leute
alle vier Wochen austauschen, das funktioniert überhaupt nicht. Das ist, glaube ich, so ein
bisschen ein Manko, da schwankt das THW momentan auch immer noch ein bisschen zwischen, das verstärkt machen – was ich für richtig hielte, weil das zunehmend ein Feld ist, wo
international Bedarf besteht und das THW da inzwischen ein großes Know-how hat. Und
wenn es das THW nicht macht, machen es andere. Das erleben wir bei dem Bauhof – wie
gesagt – das THW macht ihn nicht mehr, aber es machen fast alle anderen. Und das Projekt
`Bauhof´ war ja diese Idee, nicht mehr zu sagen, man schickt tausende von Leuten hin, sondern wir machen so ein bisschen wie Krisenentwicklungsarbeit. Ich weiß nicht, ob Sie das
Bauhof-Projekt kennen?
17. Ja, das ist mir bekannt. [Anm.: Baumaterialien werden in der Region beschafft und an
Familien weitergegeben, die damit ihre Häuser wieder aufbauen. Das THW stellt dabei Planung, Überwachung und Logistik der Bauarbeiten sicher.]
So, und das ist eigentlich ein ganz vernünftiges Konzept gewesen, aber nicht mehr das, wo
ich sozusagen einen ganzen Zug mit Ehrenamtlichen ins Ausland schicken kann. Es sagt ja
genau umgekehrt, Handwerker gibt es da genug.
Also ich glaube, das ist momentan so ein bisschen ein Spannungsverhältnis in dem das
THW drinsteckt. Meine Prognose ist, sie werden es lösen müssen oder die Aufgabe wird an
andere übertragen. Momentan ist das THW ein recht ideales Instrument auch vor dem Hintergrund dessen, was die Vereinten Nationen planen oder machen. Nämlich diese Erkenntnis, dass zunehmend die sozusagen internationalen Kriseninterventionen auf drei Füßen
stehen müssen. Das eine ist natürlich die militärische Sicherung, das zweite ist dieser ganze
Bereich Aufbau einer Rechtsstaatsfunktion und Durchsetzung, also das berühmte Law enforcement und State Building-Geschichte, verlässlich und möglichst auch kontrollierte
Staatsorgane oder wie das heißt – Staatsakteure – aufzubauen, Rechtssprechung, Justiz,
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Polizei und was da alles dazugehört, Verwaltung. Und der dritte Bereich ist dann sozusagen
Wiederaufbauarbeit von – ich sag mal – Sofort-Strukturen bis hin zur Errichtung langfristiger
Strukturen. So – und die Bundesrepublik Deutschland hat im Grunde genommen, um das
umzusetzen, für so was eigentlich die Instrumente alle da. Also mit Polizei im Ausland, mit
Militäreinsätzen im Ausland, mit dem THW und mit der GTZ. Allerdings passiert das momentan noch – ich sag mal – sehr, sehr militärlastig. Und es ist dann auch sehr kostenträchtig. In
vielen Bereichen spielt die Bundeswehr Ersatzpolizei weil es nicht genügend Polizeikräfte
gibt. Das war im Kosovo so, das ist jetzt in Afghanistan so und sie macht Wiederaufbauarbeit. Und es geschieht bei der Bundeswehr immer auch so vor dem Hintergrund mit so einer
funktionalen Komponente: Also wir machen Wiederaufbauarbeit, um unsere eigentliche militärische Mission zu erleichtern. Also die Abteilung Image-Bildung für die militärische Mission;
der Bevölkerung nicht als Feind gegenübertreten. Das heißt, für sie ist auch eine gelungene
und von den Leuten akzeptierte Wiederaufbauarbeit auch sozusagen ein integraler Bestandteil der Eigensicherung, um es mal so zu formulieren. Und auch natürlich ein Teil des Konflikt-Managements, also nicht nur sozusagen den Konflikt mit Waffen unterbinden, sondern
auch durch das Auftreten sozusagen zur Deeskalierung im Konfliktbereich zu führen. Das ist
etwas, was bei Kriseninterventionen so eigentlich bislang nicht state-of-the-art war. Also die
amerikanische Methode war immer noch: go in, beat them, bash, bash. Und dann anschließend sollen die gefälligst eine anständige Demokratie aufbauen. Das ist jetzt ein bisschen
übertrieben, aber sehr stark die militärische Komponente. Und in der NATO gibt es zunehmend die Diskussion, zu sagen, also wir müssen ähnlich wie die Deutschen stärker sozusagen den zivilen Bereich ausbauen. Was übrigens nicht nur eine Frage des Geldes ist. Die
Amerikaner stecken sehr viel Geld da rein. Aber – sagen wir mal – die Methode ist die falsche, das heißt, es läuft nicht zivil genug, sondern es läuft auch nicht abgestimmt.
Das ist bei der UN so eine etwas andere Geschichte. Im Grunde genommen war die Libanon-Geschichte auch so ähnlich gedacht. Also zu sagen, es gibt einmal Schaffung des Friedenskorridors, also das heißt, dass die Waffen erstmal ruhen. Das zweite war dann humanitäre Hilfe in dem Bereich, das heißt um sozusagen nicht durch unterlassene Hilfeleistung
neue Konfliktpotentiale zu gerieren oder durch mangelnde Hilfe für die Bevölkerung es dann
dazu kommen zu lassen, dass sich dort neues bildet. Also sagen wir mal das berühmte Palästinenser-Lager-Phänomen, die Radikalisierung in den Palästinenser-Lagern hat ja auch
immer etwas damit zu, dass die Lager jetzt schon seit zig Jahren im Grunde genommen von
jeder Form von Perspektive abgeschnitten sind. Da gibt es keine Entwicklung, da gibt es
keine Unterstützung und das führt natürlich zur Radikalisierung. Also das ist schon so ein
Stückchen integraler Bestandteil. Deswegen wenn man mich fragt, meine Prognose ist: Das
THW wird in Zukunft da wieder mehr machen müssen. Wenn es das nicht macht, dann werden es andere tun. Weil – ich sage mal – Entwickler dieser Politik ist das Auswärtige Amt.
18. Gibt es in Deutschland jemanden, der diese Arbeit machen könnte? Oder meinen Sie
andere Länder?
Bauhof machen inzwischen zum Beispiel alle NGOs. Also von Johannitern bis sonst was.
Natürlich, klar, also ich muss nicht das THW nach Afghanistan schicken, ich kann auch die
Johanniter schicken oder im beschränkten Umfang das Deutsche Rote Kreuz. Da habe ich
halt immer das Problem, dass die das Doppelmandat haben. Also einmal über die Förderation [Anm.: Internationales Komitee vom Roten Kreuz] und dann eigentlich auch gar nicht bilateral, national implementieren können, sondern im Rahmen der Regeln der Föderation. Das
heißt also jeweils mit dem Rotkreuz-Partner vor Ort im Land. Das kann ein Vorteil sein, muss
nicht immer – im Regelfall ist es einer. Außer ich habe vor Ort ziemlich versaute RotkreuzStrukturen, das gibt es auch.
Ja, natürlich die Bundeswehr, klar. Also – ich sag mal – die nehmen momentan auch alles,
was in dem Bereich kommt. Und die Feuerwehren drängen in den Auslandseinsatz, wobei
die eher so in diesen Soforthilfe-Bereich hinein wollen. In dem anderen Bereich haben die
noch überhaupt keine Kompetenzen, also da fehlt denen … Also erstmal fehlt ihnen das Organisationsrückgrat, das das THW hat. Weil um so einen Auslandseinsatz fahren zu können,
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brauche ich schon einen sehr breiten Zugriff auf ein breites Helferreservoir, damit ich mir
dann die fünf auch finde, die dann Handwerker sind, Englisch können und auch noch vier
Wochen irgendwo auf den Balkan runtergehen. Da wird die Luft relativ schnell dünn, selbst
bei 60.000 Helfern und das wird auch bei Feuerwehrleuten passieren. Weil sie sozusagen
keinen bundesweiten Zugriff haben, sondern über die Landesverbände herangehen müssen.
Und was man halt merkt, das ist immer so, die Feuerwehr hat keine Expertise – wird sie
auch nicht bekommen, das liegt auch nicht in ihrem Geschäft – ich sag mal in großräumigen
Einsätzen. Die Feuerwehr ist örtliche Gefahrenabwehr, das heißt die sind auch örtlich in kleinen Räumen strukturiert. Und das THW macht allerdings momentan den Fehler, die Kompetenz, die es aus dem Zivilschutz noch hatte, zunehmend abzugeben. Das habe ich jetzt auch
wieder bei der Übung gemerkt.
19. In welchen Bereichen?
Das betrifft im Wesentlichen die Führungsfähigkeit, also die überregionale Führungsfähigkeit.
Also diese alte Zivilschutzkomponente, von der man immer sagt, das Paramilitärische. Also
das heißt, die Unterführer sind auch immer mehr fixiert sozusagen auf Agieren im kleinen
Rahmen und werden offensichtlich auch immer mehr dafür trainiert, das Andere lässt man
weg, weil man sagt, das findet ja sowieso nie statt. Aber damit fällt ein Denken heraus aus
der Unterführerschiene, also dass ich vielleicht auch mal bei Versorgung nicht einfach immer
nur fragen muss, wo ist mein Ortsverband und wann bringt der die Brötchen hinterher. Sondern dass das auch mal eine ganz andere Dimension annehmen kann. Das ist bei vielen
Unterführern nicht mehr drin.
Also ich nenne mal nur ein Beispiel: [Anm.: gekürzt; betrifft Funkverkehr bei der Übung
`EULUX´]
Das führt natürlich schon dazu, dass Führung dann ein bisschen schwieriger wird. Weil teilweise ist es nicht so fassbar; aber es ist schon so, in der alten Zivilschutz-Ausbildung ist eine
bestimmte Philosophie auch des Führens ausgebildet worden und wie man sich in einen
Einsatz einfügt, also im Gesamtgeschehen. Es war halt immer die große Katastrophe. Man
ist auch immer darauf getrimmt worden, immer noch darauf zu schauen, was passiert denn
sonst in der Großlage. Das gibt es in der örtlichen Gefahrenabwehr nicht. Die Großlage
rundherum ist stabil, friedlich, es ändert sich nichts. Es geht nur um das Haus, das brennt.
Diese Struktur im THW ist in dem Zusammenhang: „Wir gehen in die ÖGA rein!“ – was gar
nicht unser gesetzlicher Auftrag ist, sondern ÖGA ist nur noch im Rahmen des [Anm.: Artikel]
35 Grundgesetz [Anm.: regelt Rechts-, Amts- und Katastrophenhilfe] …. Das macht nach
meiner Einschätzung das THW ein bisschen … die gehen da in die falsche Richtung. Wird
sie auch nicht sehr viel gebrauchsfähiger machen für Auslandseinsätze. Ich habe den Eindruck, an der Stelle verlieren sie Kompetenz.
An der anderen Stelle hat das THW natürlich – die bilden inzwischen ja auch aus, international für die UNO – …. Was Auslandseinsätze betrifft, ist im THW selbst inzwischen ein relativ
hohes Know-how. Das merkt man selber gar nicht so, aber – wie gesagt – wenn ich jetzt so
wieder bei dieser Geschichte …. Wenn man dann mit Feuerwehr-Einheiten im Ausland ist,
dann merkt man relativ schnell: „Oh Gott, da sind ja inzwischen Welten dazwischen.“ Aber
klar, das ist in anderen Bereichen genauso. Ich sag mal – jemand der in der Firma Inlandsvertrieb gemacht hat und nie in der Auslandsabteilung war, den kann man auch nicht einfach
irgendwann mal nach Japan schicken: „Mach mal so weiter, wie du es daheim gelernt hast.“
Das funktioniert nicht.
Was die Rahmenbedingungen betrifft, wird man eher jetzt noch mal überlegen müssen, ob
gesetzliche Rahmenbedingungen geändert werden müssen bei der Bundespolizei, beim
THW steckt das im Gesetz schon drin. Also da ist eigentlich … Das THW hat die gesetzliche
Grundlage, da ist nichts zu besorgen. Auch nach innen hin nicht. Also die Debatte, die jetzt
geführt wird über die Steuerungskompetenz des Bundes bei länderübergreifenden Katastrophen oder bei Terroranschlägen mit vitalen Auswirkungen oder so etwas, da geht es eigentlich nicht um das THW. Weil ernsthaft will auch keiner das THW dann sozusagen noch mal
mit einem eigenen Befehlsstrang einsetzen, sondern das hat sich bewährt, zu sagen: wenn,
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dann gliedert ihr euch in die Kette ein. Je nachdem wo auf der Ebene wo geführt wird. Es
geht eigentlich nur um die Frage, was passiert oberhalb der Länderebene? Also wer koordiniert da? Das THW hofft zwar immer so ein bisschen: „Also wenn wir eine Grundgesetzänderung bekommen und der Bund hat eigene Kompetenzen im Katastrophenschutz, dann muss
ich mich nicht mehr den Feuerwehrführern unterstellen, dann machen wir dann bundesweit
unsere eigene THW-Lage.“ Das ist übrigens eine der großen Befürchtungen der Länder warum die blocken und – ich sage mal – mit Recht, weil es reicht schon, wenn die Bundeswehr
ihre eigene Lage dann macht. Wenn ich dann noch eine habe, das haut nicht hin. Unabhängig davon, dass es manchmal auch bei Elbe, Oder und Isar [Anm.: HochwasserKatastrophen] so passiert ist, weil die es örtlich nicht koordiniert bekommen haben, aber das
ist dann die Notlösung. Und so machen wir sozusagen das Notlösungschaos zum Grundsatz, das sollte man nicht machen.
20. Wie sieht das mit der finanziellen Ausstattung des THW aus?
Das THW hat momentan ein Problem, das struktureller Art ist. Das THW hat momentan eine
strukturelle Unterfinanzierung von 20 Millionen [Anm.: Euro]. Das ist das, was die momentan
so sagen und das Problem ist aber, als ich die Berichterstattung im Innenausschuss 2002
übernommen habe – also ich kam im Bundestag gleich in den Innenausschuss – hatte das
THW einen Etat von 118 Millionen und hatte damals vom THW ausgewiesen ein strukturelles
Defizit von 15 Millionen. Die haben bis jetzt eine Etat-Steigerung auf 132 Millionen. Also das
THW ist zwischen 2002 und 2007 auf 135 Millionen gekommen, rein rechnerisch müsste
damit das Defizit geschrumpft sein. Und zwar drastisch, fast weg! Rechnen wir mal Preissteigerungen mit ein, kann man dann vielleicht sagen: „Nicht ganz weg, aber es dürfte jedenfalls nicht größer geworden sein.“ Weil so groß sind die Preissteigerungen nicht, dass der
Zusatz von über 15 Millionen dann aufgefressen wäre. Aber die Tatsache, dass ich jetzt,
obwohl sie weit über 15 Millionen mehr bekommen haben, sie jetzt ein höheres Defizit hatten
als zu Anfang, zeigt, dass es da ein Strukturproblem gibt. Also an der Stelle ist das THW im
Moment ein Fass ohne Boden. Deswegen ist die Neigung der Haushälter, das THW bei den
Sparbemühungen auszunehmen, was bislang immer der Fall war, …. Im Gegensatz, es war
eines der wenigen Ressorts, die übrigens auch während der ganzen Sparzeit unter Gerhard
Schröder und Hans Eichel noch Aufwächse hatten. Da gab es nicht viele. Die Bundeswehr,
die mussten alle abgeben. THW und Bundespolizei oder das Bundeskriminalamt waren so
ziemlich die einzigen, die da außen vor geblieben sind. Auch unter dem Aspekt natürlich der
Sicherheit. Und ich habe auch den Eindruck, momentan ist die Lust der Haushälter, da jetzt
zu sagen, bevor da im THW jetzt nicht endlich mal geschaut wird, wo versickert das Geld
denn, macht es keinen Sinn, da jetzt mehr zu geben. Also die werden jetzt in die globale
Minderausgabe miteinbezogen werden und müssen auch die Effizienzreserve bei den Stellen bringen, die sie die ganze Zeit nicht bringen mussten. Und zwar jetzt natürlich prozentual
auch mehr als es ursprünglich mal war, das heißt nach allem, was ich jetzt mitbekommen
habe von den Haushältern, müssten die in diesem Jahr, also Haushaltsjahr 2008, hundert
Stellen abliefern. Und das ist bei 800 [Anm.: hauptamtlichen Stellen], ist das schon …. Das
ist mehr als zehn Prozent.
21. Der Ansatz des Haushaltstitels für humanitäre Soforthilfe des Auswärtigen Amtes lag
in den vergangenen Jahren bei um die 50 Millionen Euro.
So um die Ecke rum, ja.
22. Dieser Betrag wurde in der Vergangenheit schon gesteigert, aber …
Also das war ja auch beim THW immer das Problem mit den langen Entscheidungsgeschichten. Also früher hatte das THW sogar das Problem, dass im Grunde genommen wir keine
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Mark hatten. Wir konnten nicht einmal jemanden raus schicken zum Erkunden. Und der Soforthilfe-Topf, der ist eigentlich so gedacht, dass die im Auswärtigen Amt handlungsfähig
sind, im Hinblick auf das, was ohnehin ständig läuft. Ich sag mal – dieses humanitäre Hintergrundrauschen, wo man ohnehin immer nur einen Bruchteil dessen abdeckt, was eigentlich
notwendig wäre. Und für sozusagen Anschubsgeschichten, also um mal etwas laufen lassen
zu können. Und der Rest ist dann immer in der Problematik drin, dass dann der Finanzminister auch sagen muss oder im Auswärtigen Amt: „Wir geben Geld mehr dazu.“
Ähnlich ist die Struktur beim THW auch. Sie haben jetzt einen kleinen Ansatz – ich weiß
nicht wie hoch er ist – es ist, glaube ich, ein Erkundungsansatz, um so internationale Missionen anlaufen zu lassen. Aber dann muss es die Entscheidung entweder vom Auswärtigen
Amt geben, dass die aus dem Humanitäre-Hilfe-Topf den Einsatz finanzieren oder die Entscheidung des Finanzministers: „Ich leg es oben drauf.“ Oder die politische Entscheidung, zu
sagen: „Ihr geht raus, aber ihr müsst es aus dem eigenen Etat aufbringen.“ Das ist auch
schon passiert. Das sind so die drei Varianten, aber ich habe jedes Mal sozusagen eine Finanzierungsfrage. Wenn das THW humanitäre Auslandshilfe macht, muss bei dieser Finanzierungsfrage vom Prinzip her vorher immer eine politische Entscheidung stehen. Das ist
auch einer der Gründe, warum es manchmal so lange dauert. Weil derjenige, der gerade
Nachtdienst hat, im Krisenzentrum des Auswärtigen Amtes, oft auch von der eigenen Einbindung in die Hierarchie nicht einfach mal sagen kann: „Okay, jetzt drücke ich auf einen
Knopf und das THW geht raus.“ Und am nächsten Tag fragt mich der Chef: „Entschuldige
mal, du hast jetzt drei Millionen verbraten von unserem Topf, das kannst du nun nicht so einfach, sondern da wollen wir politisch darüber entscheiden.“ Und dann ist man genau an dem
Punkt, da muss man mal auch einen Abteilungsleiter haben, der Mut hat und sagt: „Okay –
raus und ich steh dann hinterher vor meinem Minister dafür gerade.“ Das verlängert die Entscheidungswege. Das läuft mal schneller, mal langsamer – das hängt halt immer ein bisschen davon ab, wie der jeweilige zuständige Beamte im Auswärtigen Amt so gestrickt ist.
Auch von der eigenen Entscheidungsfreude her, was für ein Standing er intern hat. Der vorletzte, der war ein Faktotum und machte das schon seit Jahren und stand kurz vor der Pensionierung. Der hat immer gesagt: „Mir reißt keiner mehr den Kopf runter.“ Der war da ziemlich mutig. Der Nachfolger war eher vorsichtig, der wollte auch noch Karriere machen – hat
er jetzt auch. Die Nachfolgerin [Anm.: Ursula Müller], die jetzt da sitzt, das ist so eine richtig
zackige Frau, die bekommt das auch hin. Der traue ich auch eher zu, mal zu sagen: „So und
jetzt können wir morgen früh entscheiden, es ist dann ohnehin zu spät, also jetzt!“
23. Vielen Dank, dass Sie sich für das Gespräch Zeit genommen haben.
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Anhang B
Interview-Protokoll mit MdB Klaus Hagemann, SPD
Donnerstag, 14. Juni 2007, im Paul-Löbe-Haus, Berlin; 17.00-17.45 Uhr
Vorbemerkung:
MdB Hagemann hatte sich nach eigenen Aussagen nicht auf das Gespräch vorbereitet. Er
war entsprechend nur wenig über den THW-Einsatz im Libanon informiert. Trotz anfänglich
grundsätzlicher Zustimmung zur digitalen Aufzeichnung des Interviews, wollte MdB Hagemann zuerst offline alle Fragen hören. Da er die Fragen aber sogleich beantwortete, wurde
auf die Aufnahme verzichtet und es wurden nur schriftliche Aufzeichnungen gemacht.
Einführender Smalltalk; Gespräch darüber, seit wann MdB Hagemann Mitglied im Vorstand
der THW-Bundesvereinigung ist.
1. Auf welchem Weg bekommen die MdBs Informationen über humanitäre Auslandseinsätze des THW?
Der durchschnittliche Abgeordnete bekommt nur wenig von den Aktivitäten des THW mit,
denn es handelt sich nur um eine vergleichsweise kleine Bundesbehörde.
Grundsätzlich ist es aber bekannt, dass das THW eine der ersten Organisationen vor Ort ist,
sowohl im Inland wie auch im Ausland.
2. Der Libanon-Krieg endete am 14. August; der Einsatzbeginn des THW zur Instandsetzung der Wasserversorgung war am 28. August, also zwei Wochen nach Ende der
Kampfhandlungen. Halten Sie diese Reaktionszeit für angemessen?
Ich sehe darin kein Problem. Ist Ihnen bekannt, dass es in dieser Hinsicht Probleme gab?
3. Es gab zum Beispiel nach dem Tsunami Helfer, die sich tagelang für einen Einsatz
bereitgehalten haben, dann aber wieder an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt sind. Als
sie schließlich Tage später in das Katastrophengebiet fliegen sollten, wurden sie von
ihrem Arbeitgeber nicht mehr freigestellt.
Solche Fälle sind mir bisher nicht bekannt. Das ist interessant.
4. Macht es einen Unterschied, ob deutsche Hilfe durch internationale, zivile Hilfsorganisationen oder durch uniformierte Helfer – wie beim THW – geleistet wird?
Ich möchte diese Frage lieber umgekehrt beantworten: Viele Länder fordern das THW als
Unterstützung und Hilfe an. Das ist für mich ein Beweis für den guten Ruf des THW.
Ich sehe durch uniformierte Helfer keine Probleme. Bisher ist mir nicht bekannt, dass es in
einem Einsatz deshalb Probleme gegeben hätte.
5. Ist es sinnvoll, dass die Bundesregierung mit dem THW eine eigene Organisation unterhält, die auf Auslandseinsätze vorbereitet ist? Könnten diese Aufgaben nicht ausschließlich durch Nicht-Regierungsorganisationen erledigt werden?
Ich sehe darin kein Problem. Auch nicht im Hinblick auf Einsätze des THW im Ausland. Vor
allem bei seinen Inlandsaktivitäten ist das THW wichtig. In vielen Polizeigesetzen [Anm.: der
Bundesländer] wird das THW inzwischen ausdrücklich erwähnt.
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6. Hat der BT Möglichkeiten zu prüfen, ob bereitgestellte Mittel für die humanitäre Hilfe
durch das THW effizient und effektiv verwendet wurden?
Da gibt es die normalen Kontrollmöglichkeiten durch den Bundesrechnungshof, den Rechnungsprüfungsausschuss [Anm.: des Bundestags] und Anfragen im parlamentarischen Geschäft. Als unabhängige Behörde kann der Rechnungshof eigene Schwerpunkte für eine
Prüfung auswählen. Zum Beispiel wurde jetzt die Personalfrage im THW geprüft. Das Ergebnis war, dass das THW im hauptamtlichen Bereich zu viele Stellen hat.
Das ist ein normaler Vorgang der Prüfung. Es erfolgen parlamentarische und verwaltungstechnische Prüfungen. Und das ist gut so.
7. Auf der Homepage des Auswärtigen Amtes steht als Grundsatz der humanitären Hilfe: „Die Bundesregierung verfolgt mit ihrer Unterstützung der humanitären Hilfe keine
politischen oder sonstigen Ziele. Humanitäre Hilfe ist keine Durchsetzung staatlicher
Interessen. Sie ist allerdings auch nicht unpolitisch.“ Unter Umständen können Entscheidungen nach diesem humanitären Imperativ auf einem schmalen Grad stattfinden. Wie schätzen Sie dieses Problem ein?
Das ist ja ein allgemeines Problem.
Zum Beispiel das Königreich der Niederlande: Sie bezahlen das THW für Aufträge, die es im
Namen der Holländer ausführt. Das spricht aus meiner Sicht für das Ansehen, das die THWArbeit genießt.
Das Bundesministerium des Innern entsendet das THW in Abstimmung mit dem Auswärtigen
Amt. Manchmal wird das THW inzwischen auch im Auftrag der EU tätig.
Speziell für das THW sehe ich kein Problem. Bisher habe ich mir die Frage nach diesem
möglichen Dilemma aber auch nicht gestellt.
8. Für die Folgen der aktuellen Libanon-Krise wurden aus dem Haushalt des Auswärtigen Amtes 4,6 Mio. Euro Soforthilfe und für den Wiederaufbau im Zeitraum
2006/2007 insgesamt rund 100 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Für so genannte
„vergessene Katastrophen“ in Somalia oder im Sudan wird weniger Geld bereitgestellt. Wo nach sollte sich entscheiden, wie stark sich Deutschland in Krisengebieten
engagiert?
Das ist ja ein allgemeiner Vorwurf, den man erheben kann. Für Darfur trifft es sicher zu, dass
die gesamte Welt weggeschaut hat und sich nicht darum gekümmert hat. Wenn man die Situation von Afghanistan und vom Sudan vergleicht, dann ist natürlich im Sudan zu wenig
getan worden.
Wobei man auch sehen muss, dass die Bundeswehr keine weiteren Einsätze verkraften
kann. Erst heute haben wir den Darfur-Einsatz der Bundeswehr verlängert. Und zwei weitere
Mandate für Afghanistan stehen demnächst zur Verlängerung an.
Die vergessenen Katastrophen sind allgemein ein Problem, weil auch die Nichtregierungsorganisationen wenig Geld zur Verfügung haben, um dort tätig zu werden.
9. Der Ansatz des Haushaltstitels für humanitäre Soforthilfe des Auswärtigen Amtes
liegt bei 50 Mio. Euro für das Jahr 2007. Können Sie etwas zur Entwicklung dieses
Haushaltstitels sagen, obwohl es nicht direkt Ihr Fachbereich ist?
So weit ich mich erinnere, wurde der Titel in der Vergangenheit aufgestockt. Wenn Sie genaue Zahlen wünschen, dann kann mein Mitarbeiter Ihnen diese gerne nachliefern.
Bei Hilfeleistungen im Ausland werden die Titel oft mit den Haushalten des Bundesministeriums des Innern und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
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wicklung verrechnet, das heißt, die Ausgaben gehen zu Lasten der jeweiligen beauftragenden Ministerien und werden nicht aus dem Titel für humanitäre Soforthilfe finanziert.
10. Und wie werden sich die Haushaltansätze für Auslandseinsätze und für Ausbildung
für Auslandsmissionen im Haushalt des THW entwickeln?
Der Haushaltstitel für das gesamte THW wurde in der Vergangenheit erhöht. Zur Zeit der rotgrünen Bundesregierung haben wir den THW-Etat um 25 Mio. Euro erhöht. Auch im Auslandsbereich wurde beim THW zusätzlich investiert.
Die genauen Haushaltsansätze werde ich Ihnen durch meinen Mitarbeiter nachliefern lassen.
11. Welche Erfahrungen haben Sie, wie das humanitäre Engagement von Deutschland
auf internationaler Ebene bewertet wird?
Das THW genießt ein hohes Ansehen. In Fachkreisen ist das THW bekannt. Selbst andere
Staaten beauftragen das THW mit der Erledigung von Aufgaben.
12. Vielen Dank, dass Sie sich für das Gespräch Zeit genommen haben.
MdB Hagemann bot abschließend an, Kontakte zu den betreffenden Ministerien herzustellen
und versprach, über Kollegen Zahlen zu den relevanten Haushaltstiteln zu besorgen!
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Anhang C
Interview-Protokoll mit MdB Bernd Schmidbauer, CDU
Dienstag, 19. Juni 2007, im Paul-Löbe-Haus, Berlin; 13.03-13.35 Uhr
Einführender Smalltalk; Gespräch über familiäre Herkunft des Interviewers aus dem Wahlkreis Heidelberg.
1. Welche Erfahrungen haben Sie – auch aus Ihrer früheren Arbeit als Staatsminister im
Bundeskanzleramt -, welchen Stellenwert humanitäre Hilfe von Deutschland, besonders auch die Arbeit des THW, im Ausland hat? Wie ist diese Hilfe bei anderen Staaten und bei Ländern, die Hilfe bekommen, angesehen?
Das ist unstrittig, dass das Technische Hilfswerk in der Bundesrepublik Deutschland eine
hohe Reputation genießt. Es ist unstrittig, dass immer dann, wenn humanitäre Hilfe vor Ort
geleistet werden muss – in extremen Situationen, sei es Rettung bei Erdbeben, sei es nach
den Folgen einer kriegerischen Auseinandersetzung – die Bundesrepublik Deutschland auf
das THW zurückgreift und das THW eine hervorragende Arbeit vor Ort leistet. Ob das im
Erdbebenbereich ist oder ob das Wasserprojekte im Libanon nach den Auseinandersetzungen von Israel und der Hisbollah sind. Das Technische Hilfswerk ist eine der Grundsäulen
der humanitären Hilfe neben den traditionellen Organisationen im Bereich der `Ärzte ohne
Grenzen´, im Bereich der GTZ oder des Entwicklungshilfedienstes. Aber bei allem anderen
ist das THW gegenüber allen anderen Ländern ein riesiger Vorteil: unheimlich mobil, unheimlich schnell aktiviert und entsprechend schnell im Einsatz.
Dies gilt im Übrigen in der gleichen Weise im Inland. Alles was ich für das Ausland sage, gilt
natürlich auch für Einsätze im Inland. Das THW hat hochwertige Gerätschaften, ist technisch
auf dem neuesten Stand und es hat natürlich auch seine Spezialgebiete.
2. Auf der einen Seite gibt es die NGOs und auf der anderen Seite das Militär. Das THW
ist als zivile Regierungsorganisation irgendwo dazwischen, im Ausland wird es aber
teilweise als NGO angesehen. Ist es sinnvoll, dass die Bundesregierung mit dem
THW eine eigene Organisation unterhält, die auf Auslandseinsätze vorbereitet ist?
Wird dadurch nicht eine Konkurrenz zum Roten Kreuz, Caritas oder anderen Organisationen geschaffen?
Nein, das sehe ich nicht so. Dieses Problem gibt es auch in Wirklichkeit nicht. Rotes Kreuz
und THW müssen kooperationsfähig sein und sind es auch. Sie haben aber auch völlig andere Aufgaben. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz – in diesem Fall vergleichbar
mit dem THW – hat eben nicht dieselben Aufgaben wie das Technische Hilfswerk. Andere
NGOs haben nicht die Möglichkeiten, wie sie dem THW eigen sind. Ich sagte ja: technische
Ausstattung, Mobilität, Flexibilität dieser Organisation. Es ist ja keine Regierungseinheit, eigentlich.
3. Macht es im Ausland einen Unterschied, ob Hilfe durch Mitarbeiter ziviler Hilfsorganisationen oder durch unformierte Helfer – wie beim THW – geleistet wird? Auf den ersten Blick kann dieses Auftreten ja möglicherweise als militär-nah erscheinen.
Das THW tritt nicht in Uniformen auf, es tritt nicht in Militäruniformen auf …
4. … ich meinte in einer Form von Uniform.
Ja, weil es natürlich auch notwendig ist, bei Logistik und Organisation eine bestimmte Struktur zu haben. Aber das THW tritt eindeutig nicht mit Hoheitszeichen auf, sondern mit dem
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THW-Zeichen. Ob sich die Menschen da Gedanken machen bei den Einsätzen des THW,
glaube ich nicht. Sondern die Menschen sind dankbar für die Hilfe und sehen eindeutig, dass
das THW keine militärische Organisation ist. Wer Brunnen baut, wer bei Zerstörungen aufräumen hilft, wer nach Verletzten in Trümmerfeldern sucht; das ist in der Regel eben kein
militärischer Einsatz. Dazu fehlen nicht nur die Embleme – das ist, glaube ich, leicht sichtbar.
5. In Frankreich ist es so, dass dort militärische Einheiten diese Rettungs- und Hilfsaufgaben übernehmen. Ich weiß nicht genau, wie diese Einheiten im Ausland auftreten,
aber …
Nein, ich glaube nicht, dass das Ausland sehr scharf unterscheiden kann – gar nicht unterscheiden kann –, ob es sich um militärische Einheiten handelt oder nicht. Sondern das Ausland sieht die humanitäre Hilfeleistung. Das ist ja letztendlich auch in anderen Einsatzgebieten des THW der Fall. Wenn ich an Afghanistan denke, da verschmelzen auch die Aufgaben.
Wenn eine Bundeswehr-Einheit eine Schule baut, eine Straße baut, einen Brunnen bohrt,
dann sind das ähnliche Dinge, die auch das THW machen kann. Wir sehen die Vielfältigkeit,
die wir hier haben.
Dadurch wird auch die militärische Komponente entlastet. Die wir ja letztendlich dazu einsetzen, um die Sicherung humanitärer Möglichkeiten durchzuführen. Das ist ja jetzt gerade das
Spannungsfeld in Afghanistan, wo wir uns engagieren, damit wir den humanitären Organisationen ihr Arbeitsfeld überhaupt erhalten. Dazu haben wir die Bundeswehr dann stationiert,
die ja primär im Moment nicht im Norden in Kampfhandlungen verwickelt ist. Obwohl das
Risiko groß ist, wie wir jüngst gesehen haben. [Anm.: Die Bundeswehr ist] aber dazu da, um
den Hilfsorganisationen entsprechende Sicherheit zu bieten.
Sie können keine Schule bauen, egal mit wem und was, wenn Sie keine militärische Absicherung haben – in solchen Gebieten. Es gibt aber auch Gebiete, wo Sie überhaupt keine
militärische Absicherung brauchen. Denken Sie an die afrikanischen Einsätze des THW mit
Wasserversorgung und Ähnlichem. Gegenüber den Einsätzen in Afghanistan – das ist ein
himmelgroßer Unterschied.
6. Sind humanitäre Auslandseinsätze des THW auch ein Thema im Auswärtigen Ausschuss? Wie groß wird das thematisiert?
Nein, das ist kein Thema. Weil sich deutlich zeigt, dass das THW von sich aus in eigener
Aktivität diese humanitären Einsätze umsetzt. Ob das bei diesen Naturkatastrophen war, wie
Tsunami und anderen, zeigt ja immer, dass das THW vor Ort ist.
Der Auswärtige Ausschuss würde das [Anm.: die Einsätze des THW] unterstützen – selbstverständlich.
7. Bekommt der Ausschuss gar keine Informationen über THW-Aktivitäten?
Doch, es gibt Informationen, natürlich. Aber es gibt bislang nicht die Situation, dass sich der
Auswärtige Ausschuss mit den Auswirkungen der Hilfe des THW auseinandersetzen müsste.
Das macht ja deutlich, dass es eigentlich ein sehr normales Vorgehen ist, ein Vorgehen ohne
Eklat, ohne Skandale. Sondern [Anm.: es steht] wieder, was ich vorhin schon sagte, die humanitäre Hilfe im Vordergrund.
8. Das THW ist weltweit im Einsatz. Sehen Sie Gefahren, wenn THW-Experten in Krisengebieten eingesetzt werden?
Das THW operiert in vielen Gebieten dieser Erde. Ich sage mal nur wo ihre Spezialitäten
liegen: Wenn Sie an die USA denken, an New Orleans, mit ihrem Spezialgerät im Bereich
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Pumpen. Da wird kein Militärschutz gebraucht. Das ist ein typisches Beispiel, dass im internationalen Bereich auf das THW zurückgegriffen wird, weil offensichtlich andere Organisationen dies nicht leisten konnten. Das ist ein tragendes Element natürlich dann auch einer
humanitären Hilfe irgendwo auf der Welt und das ist eine Auszeichnung, dass man dann in
bestimmten Bereichen auf das THW zurückgreift. Die Spezialität des THW ist es nicht, im
Kugelhagel zu agieren. Das ist nicht gewollt und wird auch von uns mit Sicherheit nicht unterstützt. Dort würde das Militär dann selbst mit seinen Pionieren die Grundversorgung herstellen.
9. Im Libanon waren in einigen Städten und Dörfern neben dem THW bis zu 15 Organisationen mit dem Wiederaufbau der Trinkwasserversorgung beschäftigt. Halten Sie
es für sinnvoll, dass sich trotzdem Deutschland mit dem THW in diesen Regionen
engagiert?
Ich weiß nicht, wie viel NGOs noch zusätzlich aus Deutschland dort waren. Aber eines ist
klar, dass Sie eine gute Hilfe durch das THW bekommen. Wie der Erfolg der anderen NGOs
in diesen Bereichen aussieht, weiß ich nicht. Ich würde nur immer, wenn ich Hilfe brauche,
auf das THW zurückgreifen. Ich glaube aber nicht, dass es da vor Ort Konkurrenz gibt. Humanitäre Hilfe kann nicht groß genug sein, es soll sich jeder versuchen. Im Libanon gibt es
sicher viele, [Anm.: die dort Hilfe leisten].
10. Eine Frage zur Bereitstellung der Mittel für humanitäre Hilfe: Dieses Geld muss ja
immer sehr kurzfristig zur Verfügung stehen, wenn das THW in einen Einsatz geht.
Diese Mittel gehen natürlich im Haushalt auf und werden vom Haushalt finanziert, aus welchen Mitteln auch immer – das wird immer finanziert. Da hat es noch nie ein Problem gegeben.
11. Der Libanonkrieg war im vergangenen Jahr eine akute Krise, aber gleichzeitig sind
auch andere Länder wie der Sudan oder Somalia von humanitären Krisen betroffen.
Wonach sollte man entscheiden, wie stark sich Deutschland in welchen Krisengebieten engagiert? Beziehungsweise, wissen Sie, nach welchen Kriterien entschieden
wird, wo das Geld tatsächlich hinfließen soll? Es ist ja so, dass dort, wo die Medien
oft den Fokus draufsetzen, Hilfe in großem Umfang geleistet wird. Die anderen Länder bekommen zwar auch Unterstützung – aber in deutlich geringerem Maße.
Nein, ich denke, dass nach der Wertigkeit der Einsätze ein Einsatz [Anm.: der Bundesregierung] beurteilt werden muss und dass dort, wo die größten humanitären Katastrophen anstehen die Priorität liegen muss. Wenn man danach geht, wäre Darfur im Sudan eigentlich das
Haupteinsatzgebiet für das THW. Allerdings fehlt dort die militärische Befriedung. Das THW
kann dort nicht eingesetzt werden, in dem Maße wie jetzt der Einsatz im Libanon oder an
anderer Stelle stattfand. Das ist oft ein Hinderungsgrund, dass bei den größten humanitären
Katastrophen – diese Flüchtlingscamps, diese Trinkwasserversorgungen in den umkämpften
Gebieten – auch die Zustimmung der Regierung nicht eingeholt werden kann, weil es keine
Regierung gibt.
Die Umstände im Sudan gestatten es uns im Moment nicht einmal, mit militärischer Option
hier zu arbeiten. Es wird jetzt im nächsten Jahr den Einsatz einer hybriden Mission geben,
also dass afrikanische und andere Länder in Darfur zum Einsatz kommen. Aber das ist auch
wieder wahrscheinlich aber am Ende nur eine Floskel der Regierung in Khartum. Aber das
THW hat, obwohl es nötig wäre, dort keine Chancen.
Es gibt andere Länder und andere Beispiele, wo es ganz, ganz schwierig ist. Aber es gibt
eben viel mehr Beispiele, wo die zivile Hilfe willkommen ist und auch sehr effektiv ist. Die
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Wunschliste können Sie sich zwar zusammenstellen, aber die Wunschliste muss auch immer
mit der realistischen Lage-Einschätzung übereinstimmen.
12. Das kann man ja auch als Nachteil sehen, dass das THW nur dann zum Einsatz
kommen kann – unabhängig von der Sicherheitslage –, wenn die betreffenden Länder zugestimmt haben. NGOs, die völlig ungebunden sind, können sagen: „Wir fliegen in die Katastrophenregion und versuchen, dort zu helfen.“
Dasselbe Problem haben auch NGOs. NGOs, deren Einsatz die Zentralregierung oder die
Regierung nicht zustimmt, leben nicht nur gefährlich, sondern die können auch relativ wenig
Hilfe leisten. Es ist oft so, dass humanitäre Hilfe in bestimmtem Umfang schon ermöglicht
wird von den Regierungen und dort, wo es politisch passt. Natürlich nicht dort, wo sie [Anm.:
die Regierungen] selber eingreifen und Völkermord stattfindet. Dort werden sie nicht gerade
Hilfsorganisationen arbeiten lassen. Da bekommen Sie ein großes Problem, siehe wieder
Darfur.
Es sind ja nicht nur Entwicklungsländer, das habe ich vorhin am Beispiel USA oder am Beispiel Tsunami und Erdbeben-Einsatz im Iran [Anm.: dargelegt], wo überall geholfen wurde –
auch durch das THW. Was eine große Prozedur ist im Einzelnen.
Da sehe ich keine Beschränkung. Ich glaube auch, dass es die Kapazität des THW sprengen
würde, wenn es an allen Schwerpunkten dieser Erde seine humanitäre Hilfe ausüben würde.
Das THW ist nicht zuletzt sondern zuforderst auch eine Organisation, die in der Bundesrepublik Deutschland ihre Hilfestellung realisieren muss. Auch jetzt genau nach Beendigung
des Kalten Krieges hat das THW eine ganz andere Funktion.
13. Vielen Dank, dass Sie sich für das Gespräch Zeit genommen haben.
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Anhang D
Interview-Protokoll mit Claudia Stroppel, THW, Referat E 2 Ausland
Projektleiterin für die Projekte von Oktober 2006 bis Juni 2007
Dienstag, 14. August 2007, in der THW-Leitung, Bonn-Lengsdorf; 10.45-11.45 Uhr
Vorbemerkung:
Während des Interviews wurden schriftliche Notizen gemacht, die anschließend ausformuliert wurden. Das Interview begann mit einem kurzen Überblick über das Thema der Diplomarbeit und den Zweck des Besuchs in der THW-Leitung in Bonn. Im Laufe des Gesprächs
versuchte Frau Stroppel immer wieder in Erfahrung zu bringen, ab wann Herr Mack und RL
Buchmüller für ein Interview zur Verfügung stehen. Diese Gespräche ergaben sich erst nach
der Mittagspause.
1. Wieso hat sich das THW im Libanon ausgerechnet im Bereich Trinkwasser engagiert?
Die Erkundungsmission von BMI und AA, an der auch RL Buchmüller beteiligt war, hatte im
Südlibanon einen Bedarf bei der Wasserversorgung identifiziert. Deshalb hat das THW während dem Einsatz Hausanschlüsse repariert, Rohrleitungen ausgetauscht und Leckagen geortet. Ein weiterer Teil des Einsatzes [Anm.: vergleiche 18. Frage im Interview mit Herrn
Mack] war das Trinkwasserlabor, das das THW im Libanon betrieben hat und dessen Betrieb
von UNICEF finanziert wurde.
2. Auf welcher Grundlage ist das THW in den Libanon-Einsatz gegangen?
Dieser Einsatz erfolgte auf Ersuchen des Auswärtigen Amtes und im Auftrag des Bundesinnenministeriums.
3. Mit wem hat das THW vor Ort dann zusammengearbeitet?
Wir haben dort mit der Wasserbehörde für den Südlibanon, der South Lebanon Water Establishment (SLWE), zusammengearbeitet. Die SLWE hat die zentrale Koordination übernommen. Auch mit anderen staatlichen Stellen im Libanon gab es eine enge Zusammenarbeit.
4. Gab es auch Kontakte zur Hisbollah?
Nein, da gab es keine Kontakte. Die Hisbollah ist auf dem Land nicht so stark wie in Beirut.
Das Einsatzgebiet des THW wurde zwar unter Sicherheitsaspekten ausgewählt, aber es gab
keine Gefahr durch die Hisbollah.
Das THW hat im Libanon Hilfe für den Staat geleistet.
5. Gibt es THW-intern eine zeitliche Grenze, ab der Hilfe nicht mehr als humanitäre Hilfe
sondern als Entwicklungshilfe bezeichnet wird?
Das THW versteht sich nicht als Entwicklungshilfeorganisation. Wir implementieren Projekte,
haben aber kein Programm wie es die entsprechenden Hilfsorganisationen haben. Wir werden bei Projekten auch in Kooperation mit anderen Akteuren tätig, so zum Beispiel bei der
Gesundheitserziehung im Tsunami-Gebiet für UNICEF.
Beim THW baut die Hilfe auf den akuten Einsatz auf. Aus dem Einsatz können dann eventuell Projekte entstehen.
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6. Welches Referat ist im BMI für die Auslandseinsätze des THW zuständig?
Das ist das Referat IS 5, in der Abteilung `Innere Sicherheit´. Dieses Referat ist generell für
das THW die vorgesetzte Stelle im BMI.
7. Wie läuft die Anforderung zu einem Auslandseinsatz formal ab?
Das Auswärtige Amt fragt beim BMI nach, ob das THW in einen Einsatz geschickt werden
kann. Das AA übernimmt dann auch die Finanzierung.
8. Besitzt das THW auch einen eigenen Haushaltstitel für Erkundungen?
Ja, es gibt einen Erkundungstitel im THW. Aber Auslandsaktivitäten müssen grundsätzlich
durch das BMI genehmigt werden.
9. Wie geht das Verfahren weiter?
Zuerst wird für einen vier Wochen dauernden Einsatz geplant. Denn für eine längere Einsatzdauer muss die Entwicklung vor Ort abgewartet werden.
Bei der Erkundung werden dann die Möglichkeiten identifiziert, wie sich das THW einbringen
könnte. Daraus wird ein Einsatzvorschlag mit einem Zeitplan erarbeitet. Dieser Antrag geht
über den Dienstweg – also das BMI – an den Geldgeber. Per e-Mail geht das heutzutage
trotzdem relativ schnell.
Eine Genehmigung muss aber auf jeden Fall erfolgen.
10. Vielen Dank, dass Sie sich für das Gespräch Zeit genommen haben.
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Anhang E
Interview-Protokoll mit Stephan Mack, THW, Referat E 2 Ausland
Projektleiter für den Einsatz von August bis Oktober 2006
Dienstag, 14. August 2007, in der THW-Leitung, Bonn-Lengsdorf; 13.05-14.00 Uhr
Vorbemerkung:
Während des Interviews wurden schriftliche Notizen gemacht, die anschließend ausformuliert wurden. Zweimal wurde das Gespräch kurz wegen eingehender Telefonate unterbrochen. Das Interview begann mit einem kurzen Überblick über das Thema der Diplomarbeit
und den Zweck des Interviews.
1. Wieso hat sich das THW im Libanon gerade im Bereich der Wasserversorgung engagiert?
Eine Erkundungsmission hatte vor Ort geregelt, was gemacht werden soll und sich dabei mit
den libanesischen Stellen abgesprochen.
2. Auf welcher Grundlage kam dieser Einsatz zustande?
Es gab ein direktes Hilfeersuchen des Libanon, auf das Deutschland reagiert hat. Bei dem
Einsatz handelt es sich also um eine bilaterale Zusammenarbeit. Normalerweise stellt ein
Staat ein Hilfeersuchen an einen anderen Staat oder die UN beziehungsweise die EU. Diese
Anforderung kann entweder die pauschale Bitte „Wir brauchen internationale Hilfe“ enthalten
oder spezifisch auf ein Teilgebiet beschränkt sein.
Früher haben dann alle Länder Teams zur Erkundung geschickt; heute machen das
UNDAC-Teams oder EU-Assessment-Teams, die sich aus Vertretern verschiedener Staaten
zusammensetzen. Diese Teams formulieren den Bedarf, damit die hilfswilligen Länder entsprechend dem Bedarf Einsatzteams schicken oder nur Beratung beziehungsweise Fachberatung machen können.
In diesem Fall schickte das AA ein rein deutsches Team, um zu sehen, ob Hilfe benötigt
wird. Dem Team gehörten neben THW-Einsatzkräften unter anderem Vertreter des BMI und
des BMZ an.
3. Wie verlief die Zusammenarbeit mit den anderen internationalen Akteuren vor Ort?
Es gab dort ein EU-Koordinierungsteam und die UN hat ein OSOCC gestellt, dort wurden die
einzelnen Hilfsmaßnahmen koordiniert.
4. War die Hilfe des THW dort überhaupt notwendig? Eine Karte der UN hat in einzelnen Städten die Tätigkeit von bis zu 15 Organisationen allein im Bereich Wasserversorgung verzeichnet.
Es waren dort auch viele kleine Organisationen tätig, die sich groß verkaufen, da sie auf
Spenden angewiesen sind. Es waren aber nur wenige große Organisationen vor Ort, wie
zum Beispiel aus Schweden oder Deutschland.
5. Wonach wird entschieden, wie stark sich das THW in einer Krisenregion engagiert?
Die Aufträge werden durch das THW im Rahmen des Budgets durchgeführt.
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6. Waren Sie als Projektleiter für diesen Einsatz auch selbst im Libanon?
Ja, ich war persönlich gegen Ende des Einsatzes bei der Übergabe eines Teils der Ausstattung an die SLWE im Libanon. Das war im Oktober, in der zweiten Hälfte des Einsatzes, und
ich war insgesamt für eine Woche vor Ort.
7. Nach welchen Vorgaben wird entschieden, in welchem Umfang das THW in einen
Auslandseinsatz geht?
Es sind mehrere Faktoren vor dem Einsatzbeginn notwendig:
Was ist notwendig? – Also die Abschätzung der Größe des Gebiets.
Wie viele Personal brauchen wir? – Dabei wird von einer Grundeinsatzzeit von vier Wochen
ausgegangen.
Eine Entscheidung ist außerdem abhängig von der Entfernung des Einsatzgebietes zu
Deutschland. Und der finanzielle Rahmen muss im Vorfeld abgestimmt werden.
Die Vorgabe des AA ist es, bei geringstem personellem Aufwand den größtmöglichen Erfolg
zu erzielen und die Einbindung der lokalen Bewohner zu gewährleisten. Dabei ist es das
Ziel, lokale Arbeitskräfte einzusetzen und damit zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts
beizutragen. Dadurch sollen gezielt die Menschen unterstützt werden, die unter den Kriegsfolgen leiden.
Außerdem gibt es feste Kenngrößen im Bereich Personal und Ausstattung für einen Einsatz
von SEEWA und SEEBA.
Die Sollzahl für den Libanon lag für das Personal bei 20 Helfern. Diese Zahl war bedarfsorientiert zusammengestellt worden. Das Team 2 umfasste als Ablösung nur noch neun Helfer,
weil einige der Funktionen durch Libanesen ausgeführt wurden. Zum Beispiel wurde eine
lokale Kraft als Köchin angestellt. Denn umso länger der Einsatz dauert, umso mehr kann
auf Einheimische zurückgegriffen werden.
8. Wo waren denn die Einsatzteams untergebracht?
Wir hatten unser Lager in der Stadt Nabatiye im Südlibanon. Dort hatten wir ein Haus angemietet, das für die Unterbringung der Helfer und für eine Werkstatt genutzt wurde.
9. Und war das Angebot groß genug, um geeignete Fahrzeuge anzumieten?
Ja, wir haben lokale Fahrzeuge angemietet, die waren in der Region ausreichend vorhanden. Wir haben nur Ausstattung aus Deutschland eingeflogen, dadurch blieben die Transportkosten gering.
Bei den Mietpreisen, die wir vor Ort zahlen, haben wir Erfahrungswerte, welche Preise für die
lokalen Leistungen angemessen sind. Wir achten darauf, dass keine Wucherpreise gezahlt
werden. Die Einschätzung des Preisniveaus resultiert aus der Erfahrung heraus, dafür ist
erfahrenes Personal wichtig und interkulturelle Kompetenz und Fingerspitzengefühl muss
dabei sein.
10. Nach welchen Kriterien wird entschieden, wie viele hauptamtliche Einsatzkräfte in einen Einsatz mitgehen?
Das ist von den Sicherheitsstandards abhängig, weil Gefahren bestehen können und Probleme gelöst werden müssen, die von Ehrenamtlichen nicht gelöst werden können. Umso
mehr Gefahren bestehen, umso mehr hauptamtliches Personal ist notwendig.
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Im Libanon hatten wir eine Situation kurz nach aktiven Kampfhandlungen und der Waffenstillstand war noch frisch. Es bestanden Gefahren durch viele nicht explodierte Minen und
Munition, die herumlagen.
11. Woher wissen Sie, welche Gebiete und Straßen bereits geräumt sind und wo die
THW-Trupps ungefährdet arbeiten können?
Die De-mining-Kommissionen der UN legen fest, welche Gebiete kontrolliert werden und
welche Gebiete bereits gesichert sind. Aber man muss aufpassen, denn es besteht eine hohe Gefahr wegen Minen.
Den THW-Teams stehen Karten zur Verfügung, wo sichere Gebiete sind. Weil alle Fälle von
Minen oder nicht detonierten Bomben an die UN weitergegeben werden, macht es die Lage
sicher. Denn wenn Sprengkörper gefunden werden, dann wird das entsprechend an die UNKommissionen mitgeteilt und das Gebiet gesperrt.
12. Wie war die Zusammenarbeit mit den Libanesen?
Wir hatten gute Kontakte zur Wasserbehörde SLWE, da gab es keine Probleme. Bei den
Arbeiten waren immer Mitarbeiter der lokalen Wasserwerke mit dabei. Die SLWE hat uns
gesagt, dass wir zuerst in dieser Region arbeiten sollen oder in jenen Städten. Danach haben wir die Einsatzstellen ausgewählt.
Um die Haushalte wieder mit Wasser zu versorgen haben wir nicht nur Hausanschlüsse repariert, sondern auch Hauptwasserleitungen wieder an das Netz angeschlossen oder abzweigende Leitungen, die zu komplett zerstörten Häusern führten, stillgelegt.
13. Mit wie vielen Libanesen hat das THW dort gearbeitet?
Etwa 20 lokale Mitarbeiter haben mit uns zusammen gearbeitet, teilweise kamen auch in den
Kommunen zusätzliche Mitarbeiter der Kommunen dazu.
14. Wie viele Trupps hatte das THW im Einsatz?
Wir haben dort mit drei Instandsetzungstrupps und dem Laborpersonal gearbeitet. Insgesamt
waren das also vier Trupps.
15. Stellte die zerstörte Infrastruktur ein Problem bei der Beschaffung von Material dar?
Nein, das Material gab es vor Ort ausreichend. In 2-3 Tagen waren auch viele Brücken wieder hergestellt worden und benutzbar.
16. Nach welchen technischen Standards wurden die Installationsarbeiten durchgeführt?
Im Libanon wird nach deutschen Standards gearbeitet. Das betrifft den Wasseranschluss,
die Elektroversorgung und das verbaute Material. Wenn Länder andere Standards fordern,
dann wird auch nach diesen Standards gearbeitet. Ansonsten halten wir uns an dieselben
Vorgaben wie in Deutschland.
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17. Was war ausschlaggebend für die Entscheidung, den Einsatz über die anfänglich angesetzte Dauer von vier Wochen hinaus zu verlängern?
Unser Auftrag war die Sicherstellung der Wasserversorgung in dieser Region – in Absprache
mit den lokalen Behörden. Nach vier Wochen bestand immer noch Bedarf und die libanesische Seite hatte um eine Verlängerung gebeten.
18. War der durch UNICEF finanzierte Betrieb eines Trinkwasserlabors auch ein Teil des
Soforteinsatzes?
Dabei hatte es sich um die Fortführung der angefangenen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Trinkwasserversorgung gehandelt. Dieses Projekt resultierte aus dem Einsatz, war
aber kein Bestandteil des Einsatzes.
19. Wie viel der eingeflogenen Ausstattung haben Sie im Libanon zurückgelassen?
Ein großer Teil der Ausstattung wurde an die Wasserbehörde übergeben.
20. Gab es ein offizielles Dankschreiben der libanesischen Regierung oder der SLWE für
den THW-Einsatz?
Jeder der eingesetzten Helfer hat ein Schreiben von den Libanesen bekommen. Mehr gab
es nicht. Das ist aber auch ein laufender Prozess [Anm.: das gesamte Engagement des
THW im Libanon], der bisher noch nicht abgeschlossen ist.
21. Vielen Dank, dass Sie sich für das Gespräch Zeit genommen haben.
Herr Mack sicherte zu, die Mitarbeiter der Einsatzzentrale zu bitten, mir sämtliche Lageberichte über den Einsatz schicken zu lassen.
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Anhang F
Interview-Protokoll mit Klaus Buchmüller, THW, Referatsleiter E 2 Ausland
Dienstag, 14. August 2007, in der THW-Leitung, Bonn-Lengsdorf; 14.20-15.00 Uhr
Vorbemerkung:
Während des Interviews wurden schriftliche Notizen gemacht, die anschließend ausformuliert wurden. Zweimal wurde das Gespräch kurz unterbrochen, da RL Buchmüller kurze Absprachen mit Mitarbeitern traf.
1. Sie waren selbst Teilnehmer des Erkundungsteams im Libanon. Können Sie mir bitte
den Ablauf Ihrer Arbeit bis zum Eintreffen der Einsatzkräfte schildern?
Am Samstag, 19. August, habe ich einen Anruf aus dem BMI bekommen – das war unüblich,
weil sich das BMI direkt eingeschaltet hatte. Ich hätte mich für eine Erkundung bereit zu halten, die am 20. August starten solle und über den Flughafen Frankfurt/Main nach Amman
gehen solle.
Am Montag, 21. August, sind wir dann um 8 Uhr in Beirut gelandet.
Der Anlass für diese Erkundung war ebenfalls ungewöhnlich, denn UN-Generalsekretär Kofi
Annan hatte sich direkt an Bundeskanzlerin Merkel gewandt und diese wiederum an Bundesinnenminister Schäuble. Unser Auftrag kam also von höchster Ebene und war entsprechend
dringend.
Zum ersten Mal überhaupt fand diese Erkundungsmission als konzertierte Aktion, als gemeinsame Aktion unter der Federführung des AA statt. Das hatte es bis dahin noch nicht
gegeben. In dem Team waren neben Vertretern des AA, auch das BMI, nämlich mit BP und
drei Erkundern des THW, das BMF mit dem Zoll und das Verteidigungsministerium vertreten.
Einen Tag später kamen noch Leute von GTZ und KfW aus dem Ressort des BMZ. Insgesamt waren wir etwa zehn Personen.
Im Vorfeld hatte es die Anforderung an uns gegeben, eine zielgerichtete umfassende Erkundung über den Bedarf der libanesischen Regierung durchzuführen. Dabei kam die Frage auf:
„Was kann das THW schnell, unbürokratisch und technisch machen?“ – Die Antwort war:
Wasser. Außerdem ging es natürlich um ein Engagement der Bundeswehr und die Grenzsicherung durch Zoll beziehungsweise BP.
Während dem Krieg haben wir [Anm.: das THW] die Lage schon beobachtet, das haben wir
selbstständig ohne besonderen Auftrag durchgeführt. Das machen wir auch bei anderen
größeren Katastrophen. Und durch den Einsatz in Zypern waren wir schon für dieses Krisengebiet sensibilisiert.
Am Montagvormittag fand in Beirut ein Treffen der deutschen Delegation mit dem libanesischen Regierungschef statt bei dem auch seine Minister anwesend waren. Anschließend
konnten die deutschen Vertreter mit den jeweils zuständigen libanesischen Ministern direkt
sprechen.
Am Montagnachmittag sind dann wir drei THW-Leute mit einem Jeep der Botschaft und einem Fahrer der Botschaft in den Süden gefahren. Von Beirut sind wir nach Tyrus gefahren
und dann weiter nach Nabatiye. Danach …. [Anm.: RL Buchmüller verlies sein Büro, um sich
bei Frau Stroppel eine Landkarte des Libanon zu besorgen] Unsere Fahrt ging dann weiter in
Richtung syrische Grenze nach Khiam.
Auf der Fahrt haben wir Gespräche mit Vertretern der Wasserbehörden für die Region geführt, den Bedarf im Südlibanon analysiert und die Sicherheitslage eingeschätzt. Wir haben
Pumpwerke, Wasserspeicher und Wasserwerke angeschaut. An sehr vielen Stellen waren
die Haushaltsanschlüsse aufgerissen und es kam zu einem großen Wasserverlust.
In der Nacht haben wir dann eine Bericht über unsere Erkundung verfasst und ihn an das
THW geschickt. Von dort ging er an das BMI und dann weiter an das AA.
Im Laufe des Montags haben wir auch Kontakte zu UNICEF und anderen Organisationen
geknüpft.
Am Dienstag, 22. August, haben wir das Kontingent an erforderlichen THW-Spezialisten zusammengestellt und den Bedarf genauer ermittelt.
Seite 103
Am Mittwoch, 23. August, wurden die Leute für das Team 1 zusammengestellt, die tatsächlich in den Libanon fliegen sollten, und voralarmiert.
Nebenbei fand außerdem eine Prüfung statt, ob auch beim Ölschaden vor der libanesischen
Küste etwas getan werden kann. Dazu stellte das THW an das Havariekommando in Cuxhaven Spezialisten für die Erkundung im Libanon ab. Wäre es zu einem Einsatz in diesem Bereich gekommen, dann wäre das THW dem Havariekommando unterstellt worden.
Wenn andere Organisationen in Auslandseinsätze einbezogen werden sollen, dann müssen
die Verfahren vorher abgestimmt werden. Das ist bisher aber nicht ausreichend der Fall.
Zum Beispiel drängt die Feuerwehr sehr stark auf den Auslandsmarkt. Dazu fehlt ihr aber im
Moment noch die Expertise.
2. Wie lange waren Sie im Libanon?
Ich war so lange vor Ort bis das Team ankam. Denn eine gute Vorbereitung ist für einen Einsatz so wichtig wie gut ausgebildetes Personal mit der erforderlichen Fachexpertise. Einen
erfolgreichen Einsatz machen zu 50 Prozent eine gute Vorbereitung und zu 50 Prozent ein
gutes Netzwerk aus!
Die Erkundung ist der schwierigste Part eines Einsatzes. Denn wenn falsche Hoffnungen
geweckt werden bei den Empfängern der Hilfe oder bei den eigenen Organisationsmitarbeitern, weil Sie die Lage überschätzen oder unterschätzen, dann läuft es nicht rund. Für das
Erkunden muss das am BESTEN ausgebildete Personal, das wir haben, eingesetzt werden.
Und es muss entsprechend geschult sein. Erfahrung hat natürlich auch einen Riesenwert.
Das Erkundungsteam kann auch Unerfahrene enthalten, aber Erfahrene müssen dabei sein.
Eine anständige Erkundung bewahrt vor Schäden, sowohl politisch wie finanziell.
3. Auf den kompletten Einsatz bezogen: Sind die Ziele des THW-Einsatzes erfüllt worden?
Die Ziele sind sogar übertroffen worden. Ich hätte nicht gedacht, dass in so kurzer Zeit alles
klappt. Die SLWE war anfangs skeptisch als am Sonntag, 27. August, in Beirut Personal und
Material eingeflogen wurden.
Eine schnelle Reaktion – Action – ist wichtig. Kleine oder mittlere Teams müssen schnell
agieren und reagieren.
Es kommt wirklich jeder, um in so einer Situation seine Hilfe anzubieten. Wir aber sind von
der deutschen Regierung. Wir machen uns Kopien von Plänen und Karten und nehmen sie
nicht einfach mit wie andere das tun.
Es kommt darauf an, erstmal nur zu schauen und keine vorschnellen Versprechen zu machen. Solches Verhalten wird geschätzt: Seriosität ist eine wichtiger Punkt.
Der Einsatz war ein Erfolg, weil es:
a) funktioniert hat und
b) wir mehr als 8000 Haushalte wieder an die Wasserversorgung anschließen konnten,
weil das Material dafür schon gepackt war. Denn wir hatten in zwei ÜberseeContainern in den vergangenen Jahren Material, Werkzeuge und Geräte gesammelt,
die wir für so einen Instandsetzungseinsatz benötigt haben.
Reaktionsfähigkeit wird eine der entscheidenden Kriterien für THW-Einsätze in der Zukunft
sein. Dafür müssen Material und Personal schnell verfügbar sein, deshalb haben wir die Expertendatenbank eingerichtet und die Schnelleinsatzeinheiten aufgestellt. Und die Ausstattung muss im THW-Logistikzentrum Heiligenhaus vorrätig sein. Dazu müssen wir aber auch
in den Auslandsbereich allgemein investieren dürfen. Denn bisher haben wir keine Haushaltsmittel, um vorausschauend Ausstattung für potentielle Auslandseinsätze anschaffen zu
können.
4. Vielen Dank, dass Sie sich für das Gespräch Zeit genommen haben.
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Anhang G
Interview-Protokoll mit Nils Freiherr Grote, THW, Geschäftsführer Verden
im Libanon vom 24.08.-22.09.2006, Einsatzleiter für das Libanon-Team 1
Freitag, 17. August 2007, telefonisch; 10.15-10.30 Uhr
1. Waren Sie der Einsatzleiter, der bereits am 24. August 2006 mit einem Logistiker in
den Libanon geflogen ist?
Ja, ich bin mit einem Kollegen schon vor dem Team abgeflogen.
2. Was waren Ihre Aufgaben bis zum Eintreffen des Einsatzteams?
Es galt, eine entsprechende Unterkunft zu finden und Absprachen zu treffen, damit für die
Mannschaft alles geregelt war. Außerdem habe ich Kontakte zur lokalen Wasserbehörde
SLWE geknüpft.
3. Welche Ausstattung wurde aus Deutschland eingeflogen? War darunter auch
SEEWA-Material?
Es wurden ca. 25 Tonnen Geräte und Werkzeuge einflogen. Unter anderem Schweißgeräte,
Spaten, Spitzhacken, Gewindeschneider, Stromaggregate, Lecksuchgeräte und Trennschleifer. Ausstattung der SEEWA haben wir aber nicht eingesetzt, nur die Camp-Ausstattung der
SEEBA war dabei.
4. Bestand das Team 1 trotzdem überwiegend aus SEEWA-Personal?
Da muss ich kurz überlegen.
Alle, bis auf einen Helfer, waren SEEWA-Helfer. Wobei es bei der Auswahl des Personals
nicht darauf ankam, ob die Helfer in der SEEWA waren. Ausschlaggebend war, dass die
Helfer für einen Auslandseinsatz qualifiziert und ausgebildet waren.
Der Einsatz war auch kein SEEWA-Einsatz.
5. Wie viele Personen umfasste das Team 1?
Zu Beginn waren wir 21 Einsatzkräfte, ein Mitarbeiter der THW-Leitung ist aber bald wieder
abgereist. Später waren wir dann 20 Leute und zeitweise auch nur 19, daher kann es zu den
unterschiedlichen Zahlen in den Lageberichten und Pressemeldungen gekommen sein.
Denn ein Laborant wurde für eine längere Einsatzdauer im Libanon eingeplant. Deshalb ist
für eine Woche nach Deutschland zurückgekehrt, um dort seine persönlichen Angelegenheiten für eine längere Abwesenheit zu regeln.
6. Wie viele Helferinnen waren im Team 1?
Es war nur eine Frau in diesem Team.
Seite 105
7. Unter welchen Sicherheitsaspekten haben Sie die einzelnen Einsatzorte für die jeweiligen THW-Trupps ausgewählt?
Wir haben in Nabatiye mit unserer Arbeit begonnen, weil dort keine großen Luftangriffe geflogen worden waren. Dort bestand keine Gefahr durch nicht detonierte Clusterbomben.
Später sind wir dann nach Tyrus gegangen, hier war die Lage prekärer. Im Nachhinein gesehen, existierten aber auch dort keine Gefahren für uns. Allgemein bestanden die größten
Gefahren durch Minen und Blindgänger.
8. Hatten Sie als THW-Vertreter Kontakte zur Hisbollah?
Nein, es gab keine offiziellen Kontakte mit der Hisbollah. Beim ersten Gespräch mit dem
Bürgermeister von Nabatiye war auch ein Abgeordneter dabei, der der Hisbollah angehörte.
Das war der einzige – und nur indirekte - Kontakt mit der Hisbollah.
Als internationale Hilfsorganisation wurden von Seiten des THW im Libanon keine Kontakte
hergestellt, es gab aber auch keine Anfeindungen. Die Hisbollah hat auch nicht versucht, das
THW für seine Zwecke einzuspannen.
9. Sind die THW-Einsatzkräfte immer in Einsatzkleidung tätig gewesen, das heißt immer
deutlich als deutsche Helfer kenntlich gewesen?
Ja, während der Arbeitszeit diente die Einsatzkleidung als Schutzfaktor. Denn wenn man so
in der Öffentlichkeit tätig ist wie wir, kann ein THW-Schriftzug auf dem Rücken hilfreich sein.
10. Wie war der Kontakt zwischen dem THW-Team, den lokalen Arbeitern und der Bevölkerung?
Wir hatten einen hervorragenden Kontakt zur Bevölkerung. Zum Beispiel wurde mir erzählt,
dass vorbeifahrende UN-Truppen ausgebuht wurden. Als anschließend THW-Fahrzeuge
kamen, sei es damit vorbei gewesen.
Die Bevölkerung hat sich gefreut, dass Ausländer kamen und tatkräftig geholfen haben. Der
Kontakt war durchaus positiv. Auch unser lokales Personal hat sich sehr mit dem THW verbunden gefühlt.
11. Welche Qualifikationen hatte das lokale Personal?
Wir haben Dolmetscher angeworben, Kraftfahrer für die Lastwagen, die wir gemietet hatten,
angestellt und eine Köchin. Ein Libanese, der früher einmal in Deutschland gearbeitet hatte,
ist uns hinterher gelaufen, als er die deutschte Fahne gesehen hat und hat seine Hilfe als
Dolmetscher angeboten.
Fachkräfte für die Wasserinstallation hat uns der lokale Wasserversorger gestellt.
Im Einsatz haben wir mit gemischten Trupps aus lokalen Fachkräften und THW-Leuten gearbeitet. Dadurch konnten wir zugleich auf Ortskenntnis und Expertise zurückgreifen und
hatten gute Bewegungsmöglichkeiten.
12. Wie erfolgte die Beschaffung des Baumaterials und war es schwierig, an Material in
der erforderlichen Qualität zu gelangen?
Die Besorgung des Rohrmaterials fand gemischt statt: teilweise durch das THW und teilweise durch die Libanesen. Nach meiner Einschätzung war die Beschaffung gut zu machen,
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auch wenn der Logistiker anderer Ansicht war. Es gab Lieferanten, die das benötigte Material zur Verfügung stellen konnten.
Zuerst haben wir das Material verbaut, das die SLWE im Lager hatte.
13. Wo lag das Problem der SLWE, wenn Material und Personal vorhanden waren?
Der SLWE hat es an der Ausstattung gefehlt, um die Schäden zu reparieren. Später, nach 23 Wochen, war dann auch das Lager der SLWE leer. Das THW hatte in dieser Hinsicht gut
gearbeitet.
Das THW hatte auch das einzige wirkliche Labor im Südlibanon dabei [Anm.: aus Deutschland eingeflogener Container mit Laborausstattung]. Wir haben deshalb auch Wasserproben
für andere, wie zum Beispiel UNICEF, untersucht.
14. Wie viele Einsatzkräfte haben im Labor gearbeitet?
Wir hatten zwei Laboranten dabei und dazu lokales Laborpersonal. In der Regel hat ein Laborant an den Wasserentnahmestellen zusammen mit den lokalen Mitarbeitern Proben genommen und der andere Laborant hat die Proben – wieder zusammen mit Libanesen – im
Labor ausgewertet.
15. Wie erfolgte die internationale Abstimmung bei diesem Einsatz, da es sich ja um einen bilaterale Hilfseinsatz Deutschlands für den Libanon handelte?
Wir haben uns natürlich in die UN-Koordinierung eingebracht und mit dem HIC zusammengearbeitet. Wir haben an Besprechungen teilgenommen und Berichte über unsere Arbeit an
die UN geschickt.
16. In einem Besprechungsprotokoll von UNICEF vom 3. Oktober 2006 habe ich gelesen,
dass es zu Überscheidungen bei Projekten gekommen sein soll. Gab es auch in der
Einsatz-Phase Überscheidungen bei den Einsatzstellen?
Nein, bei der Notinstandsetzung gab es keine Überscheidungen. Das THW war in diesen
Städten und Dörfern auch die einzige Organisation, die das Netz instand gesetzt hat. Die
anderen Hilfsorganisationen haben Wasser ausgefahren oder Wassertürme wiederhergestellt.
Teilweise haben aber andere Organisationen direkte Kontakte zu Bürgermeistern vor Ort
aufgenommen und ohne Rücksprache mit der SLWE Material geliefert. Durch diese unkoordinierte Hilfe war die SLWE aber überfordert.
Das hat dazu geführt, dass das THW auch Material verbaut hat, das andere geliefert hatten.
So gesehen war es eine gute Zusammenarbeit.
Insgesamt fand eine gute Koordinierung durch die UN statt. Es gab vernünftige Meetings und
es wurde sich an Zeitpläne gehalten. Außerdem hat die UN alle Organisationen an einen
Tisch gebracht.
17. Mit welchen Zielen sind Sie in den Einsatz gegangen? Beziehungsweise wurden Ihnen Ziele vorgegeben?
Es war unser Ziel, das bestmögliche zu machen. Das hört sich planlos an, aber es ist in solchen Lagen schwierig, Marken zu setzen. Deshalb musste das Ziel sein: So viel wie möglich,
so schnell wie möglich zu erreichen.
Seite 107
18. Wie fällt Ihr Fazit für die ersten vier Einsatzwochen aus?
Mein Fazit ist durchwachsen. Unsere Erfolge waren von der SLWE abhängig und von den
Kompetenzen der `Locals´ [Anm.: die libanesischen Fachkräfte], denn die waren sehr unterschiedlich. Deshalb haben wir in Nabatiye mit den Arbeiten begonnen, um die Zusammenarbeit zu testen. Das musste erst langsam anlaufen.
Aber Arbeiten in Nabatiye waren nach ein paar Tagen wegen der geringen Schäden praktisch nicht mehr möglich. Außerdem gab es Vorbehalte der lokalen Mitarbeiter, die Angst
hatten, dass ihre Arbeitsplätze weggenommen werden. Sie waren davon ausgegangen, dass
das THW ein Unternehmen ist, das Gewinn machen will. Nachdem wir das in persönlichen
Gesprächen erfahren hatte, haben wir die Leute ausführlich über das THW informiert und
darüber was wir erreichen wollen. Danach lief die Zusammenarbeit sehr gut. Mit den Verantwortlichen der SLWE lief die Zusammenarbeit von Anfang an sehr gut. Denn ihnen war
schon zu Beginn klar, dass das THW eine Hilfsorganisation ist, die die SLWE ohne finanziellen Hintergedanken unterstützt.
An vielen Stellen waren die Arbeiten sehr effektiv und wir haben in guter Zusammenarbeit
mit den lokalen Mitarbeitern gearbeitet. Es gab wenige Wartezeiten und, wenn man die arabische Gastfreundschaft mit den traditionellen Einladungen zum Tee-Trinken akzeptiert,
dann war die Arbeit effizient. Wir haben die Zeit gut nutzen können.
19. Ab wann war eigentlich klar, dass der Einsatz länger als die ursprünglich geplanten
vier Wochen dauern wird?
Mir war nach zwei Wochen klar, dass eine Ablösung kommen muss. Es hatte sich gezeigt,
dass es notwendig war, dass der THW-Einsatz länger dauern muss.
20. Vielen Dank, dass Sie sich für das Gespräch Zeit genommen haben.
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Anhang H
Interview-Protokoll mit Stefan Tahn, THW, Geschäftsführer Olpe
Head of Mission im Libanon für die Projekte vom 15.01.2007 bis 06.04.2007
Dienstag, 11. September 2007, telefonisch; 14.20-14.40 Uhr
1. Wie ist aus Ihrer Erfahrung das Verhältnis der libanesischen Bevölkerung zur UNIFILMission?
Die Menschen sind froh, dass UNIFIL da ist. Wobei es ja verschiedene Mandate für UNMissionen gibt und die UNIFIL hat nur ein schwaches Mandat.
Die libanesische Armee hat dagegen keinen guten Ruf im Land.
2. Wie wird die Hisbollah in der Bevölkerung angesehen?
Die Hisbollah hat einen guten Ruf im Libanon. Sie hat sich auch beim Wiederaufbau des
Landes stark eingebracht. Dagegen vertrauen die Libanesen der eigenen Regierung nicht.
Die Behörden haben in vielen Regionen nur die Schwere der Schäden an den Häusern markiert und ansonsten aber nichts getan.
Ich selbst habe aber während meiner Einsatzzeit keinen Kontakt mit Hisbollah-Vertretern
gehabt.
3. Welche Stellung nehmen Deutschland und das THW im Besonderen bei den Libanesen ein?
Deutsche sind grundsätzlich im Libanon hoch angesehen. Viele Libanesen hätten sich deutsche Soldaten im Südlibanon gewünscht.
Auch das THW hat ein gutes Standing. Denn im Gegensatz zu anderen waren wir schnell
vor Ort da. Deshalb waren die Menschen uns gegenüber auch immer wohl gesonnen.
4. Welche Projekte wurden in der Zeit, in der Sie im Libanon waren, durch das THW
umgesetzt?
•
•
•
Projekt für das BMU (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit): Bau von 30 Chlorierungsanlagen;
Projekt für ECHO (European Community Humanitarian Office): Bau und Instandsetzung
von fünf Wassertürmen (200-300 m³);
„Nebenbei“ haben wir aus Restmitteln eines UNICEF-Projektes Laborausstattung für ein
Labor der lokalen Wasserwerke beschafft.
5. Wie verlief die Zusammenarbeit und Abstimmung mit anderen Organisationen im Libanon?
Es fehlte oft an Koordination mit anderen Organisationen. Ich habe aber selbst regelmäßig
an General Coordination Meetings bei den UN in Tyrus teilgenommen und habe Informationen über unsere Projekte weitergegeben. Außerdem hat sich das THW bei seinen Einsätzen
und Projekten prinzipiell immer mit der Wasserbehörde SLWE und ihrem Leiter Ahmad Nizam abgestimmt. Viele kleine Organisationen haben das nicht gemacht.
Leider wurde die Arbeit des THW im Libanon vor ein paar Wochen eingestellt [Anm.: Ende
Juni 2007 wurde das letzte Projekt abgeschlossen]. Es hätte dort noch viel zu tun gegeben,
aber die Sicherheitslage im Land hat sich immer mehr verschlechtert.
6. Vielen Dank, dass Sie sich für das Gespräch Zeit genommen haben.
Seite 109
Anhang J
Auslandseinsätze des THW von 1953 bis 2007
Jahr
1953
Land
Niederlande
Einsatz
Sturmflut
1956
1963
1966
1966
Österreich
Jugoslawien
Türkei
Italien
Humanitäre Hilfe
Erdbeben
Erdbeben
Überschwemmungen
1969 -1970
Jugoslawien
Erdbeben
1969 -1970
Tunesien
Überschwemmungen
1970
Rumänien
Hochwasser
1971
1973-1974
Pakistan
Äthiopien
Bürgerkrieg
Dürre
1974
1974
1974
Tschad
Honduras
Zypern
Trockenheit
Überschwemmungen
Bürgerkrieg
1975
1975
1976
1976
1978
1980
1980
1980
1982
1982
1984-1985
1985
1985
1986
1986
1988-1989
1989
Ruanda
Mauretanien
Italien
Mali
Frankreich
Sambia
Somalia
Algerien
Kamerun
Libanon
Äthiopien
Sudan
Mexiko
Griechenland
Somalia
Armenien
West-Samoa
Brückenbau
Dürre
Erdbeben
Dürre
Öltankerkatastrophe
Brückenbau
Trinkwassermangel
Erdbeben
Straßenbau
Nahost-Krieg
Dürre
Wasserversorgung
Erdbeben
Erdbeben
Brückenbau
Erdbeben
Taifun
1989
UdSSR
Erdbeben
1989
UdSSR
Erdbeben
1990
1990
1990
1990
1990
Tunesien
Somalia
Iran
Indonesien
Rumänien
Hochwasser
Flüchtlingsrückführung
Erdbeben
Flüchtlingshilfe
Infrastrukturschäden
1991
1991
1991
1991
1991
Costa Rica
Schweiz
Rumänien
UdSSR
Indonesien
Erdbeben
Zugunglück
Infrastrukturschäden
Humanitäre Hilfe
Flüchtlingshilfe
Seite 110
Aufgabe
Bergung von Sachgütern, Reparaturarbeiten
Notunterkünfte für Flüchtlinge aus Ungarn
Bau von Fertighäusern
Bergen von Sachgütern
Beseitigung von Schlamm, Pumparbeiten,
Brückenbau
Errichten von Feldhäusern für ein Hilfskrankenhaus
Bau von Baileybrücken für Straßenverkehr
Überführen von Fahrgerät, Trinkwasseraufbereitung
Sanitäre Installationen in Flüchtlingslager
Hilfsgütertransport, Errichten und Betreiben von Gesundheitsstationen
Bau einer Fahrzeugfähre
Trinkwasseraufbereitung, Hilfstransporte
Erkundungen, Beratungen für den Bau
von Flüchtlingslagern
Brückenbau
Bau einer Kraftfahrzeugwerkstatt
Bau von Behelfsunterkünften
Aufbau von mobilen Hospitälern
Beseitigung von Öl
Bau einer Fahrzeugfähre
Trinkwasseraufbereitung
Bergung von Personen und Sachgütern
Sprengarbeiten
Instandsetzung von Wasserleitungen
Reparatur von Transportfahrzeugen
Aufbau der Wasserversorgung
Ortung und Bergung Verschütteter
Bergungsarbeiten
Bau einer Pontonbrücke
Orten und Bergen Verschütteter
Erkundung der Schadenslage, Gutachten
für Wiederaufbau
Unterstützung des ASB, Herstellen der
Gas- und Wasserinstallation
Unterstützung des DRK, Installationsarbeiten
Erkundungsarbeiten für Brückenbau
Brückenbau
Erkundung von Hilfsmaßnahmen
Wasserversorgung
Hilfstransporte, Reparatur von Wasserund Elektroversorgung
Erkunden der Schadenslage
Ausleuchten der Schadensstelle
Hilfstransporte
Hilfstransporte
Erkunden und Überwachen eines Projekts
zum Ver- und Entsorgen von Trinkwasser
1991
1991
Iran
Türkei
Flüchtlingshilfe
Flüchtlingshilfe
1991
1991
Iran
Äthiopien
Flüchtlingshilfe
Flüchtlingshilfe
1991
1991
1992
1992
1992
1992
Eritrea
Pakistan
Türkei
GUS
Türkei
Sudan
Flüchtlingshilfe
Flüchtlingshilfe
Erdbeben
Versorgungsengpässe
Erdbeben
Flüchtlingshilfe
1992
1992
Rumänien
Bulgarien
Humanitäre Hilfe
Humanitäre Hilfe
1992
Kroatien
Flüchtlingshilfe
1992
1993
1993
1993
1993
1993
1993
1993
Slowenien
Bosnien
Eritrea
GUS
Jugoslawien
Kroatien
Rumänien
Slowenien
Flüchtlingshilfe
Humanitäre Hilfe
Flüchtlingshilfe
Humanitäre Hilfe
Humanitäre Hilfe
Humanitäre Hilfe
Humanitäre Hilfe
Humanitäre Hilfe
1993
1993
Sudan
Somalia
Flüchtlingshilfe
Flüchtlingshilfe
1993
1993
Dschibuti
Albanien
Flüchtlingshilfe
Projekterkundung
1993
1993
1993
1994
1994
1994
1994
1994
1994
1994
1994
1994
1994
1994
Technische Hilfe
Humanitäre Hilfe
Hochwasser
Humanitäre Hilfe
Humanitäre Hilfe
Flüchtlingshilfe
Technische Hilfe
Flüchtlingshilfe
Humanitäre Hilfe
Technische Hilfe
Humanitäre Hilfe
Flüchtlingshilfe
Humanitäre Hilfe
Technische Hilfe
1994
1994
1994
Weißrussland
Aserbeidschan
Niederlande
Bosnien
Aserbeidschan
Sudan
Dschibuti
Zaire
GUS
Polen
Weißrussland
Kroatien
Bulgarien
Tschechoslowakei
Ungarn
Slowenien
Rumänien
1994
1994
Albanien
Kirgisien
Technische Hilfe
Projekterkundung
1995
1995
1995
Niederlande
Tansania
Ukraine
Hochwasser
Wasserversorgung
Abwasserkatastrophe
Technische Hilfe
Flüchtlingshilfe
Humanitäre Hilfe
Seite 111
Notstromaggregate
Trinkwasseraufbereitung, Unterstützung
DRK
Trinkwasserversorgung
Erkundung und Projektierung einer Wasserversorgungsleitung
Erkundung Schadenslage, Infrastruktur
Erkundung von Hilfsmöglichkeiten
Bergungsarbeiten
Hilfstransporte, technische Hilfe
SEEBA-Einsatz, Reparatur Wassernetz
Erkundung und Projektierung einer Wasserversorgungsleitung
Ausbau von Kinderheimen
Bauüberwachung in sozialen Einrichtungen
Hilfstransporte, Flüchtlingsunterkünfte,
Fachberatung
Bauüberwachung Heizungsbauprojekte
Instandsetzung Infrastruktur
Wasserversorgung
Hilfsgütertransporte
Hilfsgütertransporte
Hilfsgütertransporte
Aufbau Kinderheime
Heizungsbau, Gebäudebau von Flüchtlingslagern
Wasserversorgung
Instandsetzung Krankenhaus und Trinkwasserversorgung
Betreiben eines Logistikstützpunktes
Entsorgung chemischer Pflanzenschutzmittel
Stützpunktbetreuung
Aufbau winterfester Flüchtlingsunterkünfte
Hochwassereinsatz
Instandsetzung Infrastruktur
Aufbau winterfester Flüchtlingsunterkünfte
Wasserversorgung
Sanitäre Anlagen an Schulen
Wasserversorgung
Hilfsgütertransporte
Hilfsgütertransporte
Bau eines Waisenhauses
Hilfsgütertransporte
Aufbau von Kinderheimen
Hilfsgütertransporte
Hilfsgütertransporte
Hilfsgütertransporte
Aufbau eines Waisenhauses, Hilfsgütertransporte
Hilfsgütertransporte
Erkundung und Analyse vorhandener
Katastrophenschutzstrukturen
Hochwassereinsatz
Erkundung der Wasserversorgung
Unterstützung bei der Schadensbehebung
1995
1995
GUS
Sudan
Humanitäre Hilfe
Humanitäre Hilfe
1995
1995
Türkei
Kroatien
Erdbeben
Technische Hilfe
1995
1995
1996
1996
Aserbeidschan
Bosnien
Tansania
Jemen
Brandkatastrophe
Humanitäre Hilfe
Flüchtlingshilfe
Überschwemmungen
1996
1996
1996
Bulgarien
Rumänien
Usbekistan
Technische Hilfe
Technische Hilfe
Strukturhilfe
1996
1996
Kirgisistan
Jemen
Technische Hilfe
Erkundung
1996
Flüchtlingshilfe
1996
1996
1996/1997
1997
1997
1997
1997
1997
1998
1998
Inguschetien/
Dagestan
Tansania
Ruanda
Ruanda
GUS
Kenia
Polen
Tschechien
Bolivien
Albanien
Indonesien
Wasserversorgung
Flüchtlingshilfe
Humanitäre Hilfe
Humanitäre Hilfe
Projekt
Hochwasser
Hochwasser
Technische Hilfe
Flüchtlingshilfe
Technische Beratung
1998
1998
1999
1999
1999
1999
Bangladesch
Honduras
Kolumbien
Albanien
Türkei
Mazedonien
Überschwemmungen
Hurrikan
Erdbeben
Flüchtlingshilfe
Erdbeben
Flüchtlingshilfe
1999
1999
1999/2000
2000
2000
Taiwan
Türkei
Frankreich
Kosovo
Niederlande
2000
2000
2000
2000
2000/2001
2001
2001
2001
2001
2001
Ungarn
Mosambik
Äthiopien
Italien
Venezuela
El Salvador
Iran
Pakistan
Polen
Indien
Erdbeben
Erdbeben
Orkan
Chemieunfall
Explosion in einer Feuerwerksfabrik
Hochwasser
Flutkatastrophe
Dürre
Überschwemmungen
Erdrutsch
Erdbeben
Flüchtlingshilfe
2001
2002
2002
Kongo
Tschechien
Kongo
Hochwasser
Erdbeben
Wasserversorgung
Hochwasser
Vulkanausbruch
Seite 112
Bauaufsicht
Evaluierungsmission zur Inspektion des
Betriebs von THW-Einrichtungen
SEEBA-Einsatz
Entsendung technischer Experten für eine
Inter-Agency-Mission
Medizinische Expertise, Hilfstransport
Gerätereparatur
Trinkwasserversorgung
Humanitäre Soforthilfe, Reparatur öffentlicher Brunnen und Energieversorgung
eines Krankenhauses
Bauhilfe für Krankenhaus
Bauhilfe für Krankenhaus
Erkundung und Analyse der Katastrophenschutzstrukturen
Lieferung von MKW
Evaluierung bereits durchgeführter Maßnahmen
Erkundung, Winterfestmachung von
Flüchtlingsunterkünften
Pipelinebau zur Flüchtlingsversorgung
Wasserversorgung
Wasserversorgung
Hilfsgütertransporte
Errichtung THW-Zwischenlager
Hochwassereinsatz
Hochwassereinsatz
Übergabe MKW
Einrichtung von Notunterkünften
Beratung bei Beschaffung TWA, Pumpen,
Notstromaggregaten
TWA
Wasserversorgung, Brückenbau
SEEBA-Einsatz
Aufbau eines Flüchtlingslagers
SEEBA-Einsatz
technische und logistische Unterstützung
beim Bau von Flüchtlingslagern
SEEBA-Einsatz
SEEBA-Einsatz
Elektroversorgung
Einsatz zur Schadensbegrenzung
SEEBA-Einsatz
Lieferung Sandsäcke
Hochwassereinsatz
Aufbau Wasserwerk
Hochwassereinsatz
Wasseranalyse, Fachberatung
SEEBA-Einsatz
Erkundung
Erkundung für UNHCR
Pumpen
SEEBA-Einsatz, TWA-Einsatz, Bau von
stationären TWA
Erkundung
Hochwassereinsatz
Trinkwasserversorgung
2002
2003
2003
2003
2003
2003/2004
2004
2004
2004/2005
2004/2005
2004/2005
2004/2005
2005
Spanien
Sri Lanka
Niederlande
Algerien
Frankreich
Iran
Tunesien
Marokko
Indonesien
Malediven
Sri Lanka
Thailand
Thailand
Öltankerunglück
Monsunregen
Gasexplosion
Erdbeben
Hochwasser
Erdbeben
Hochwasser
Erdbeben
Tsunami
Tsunami
Tsunami
Tsunami
Tsunami
2005
2005
2005
2005
2006
Schweden
Rumänien
USA
Pakistan
Zypern
Stromausfall
Hochwasser
Hurrikan
Erdbeben
Nahost-Krieg
2006
2006
2006
2007
2007
2007
2007
2007
2007
Libanon
Togo
Rumänien
Bolivien
Schweiz
Niederlande
Uganda
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SEEBA-Einsatz
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SEEBA-Einsatz
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Hochwassereinsatz
Hochwassereinsatz
SEEBA- und SEEWA-Einsatz
Betreuung von europäischen Flüchtlingen
aus dem Libanon
Instandsetzung von Wasserleitungen
Erkundung Bau von Rückhaltebecken
Erkundung Pumpen und TWA
EU-Erkundung und Trinkwasserlabor
Hochwassereinsatz
Ortung und Bergung
SEEWA-Einsatz
SEEWA-Einsatz
Erkundung
Eigene Zusammenstellung; basierend auf den Quellen:
THW: Auslandseinsätze des THW 1953-2005, Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, Bonn o.J.;
THW: Jahresbericht 2006, Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, Bonn 2007;
www.thw.de: aktuelle Berichterstattung im Internet.
Seite 113
Anhang K
Grafik „Angeschlossene Haushalte im Südlibanon“
Anzahl der zwischen Ende August und Mitte Oktober 2006 durch das THW im Südlibanon pro Einsatzwoche an die Wasserversorgung angeschlossenen Haushalte:
2752
3000
2500
2000
1600
1475
1500
1094
807
1000
270
500
168
0
W
1.
he
oc
W
2.
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oc
W
3.
he
oc
g
e
un
ch
lös
Wo
Ab
4.
W
5.
he
oc
W
6.
Quelle: Lageübersichten der Operationszentrale der THW-Leitung für den Libanon-Einsatz 2006.
Seite 114
he
oc
W
7.
he
oc

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