Erfahrungsbericht - TU Bergakademie Freiberg
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Erfahrungsbericht - TU Bergakademie Freiberg
Kurz vor Ende meines Studiums habe ich nun noch die Möglichkeit genutzt ein Auslandssemester zu machen. Die Wahl viel auf ein Semester an der Staatlichen Bergbauuniversität (Gorni Institut) in St. Petersburg/ Russland. Warum Russland? Nun, zum einen bot sich hier die Möglichkeit einmal aus dem mitteleuropäischen Kulturkreis auszubrechen und etwas anderes kennen zu lernen. Selbstverständlich ist das Leben in St. Petersburg nicht repräsentativ für das Leben in ganz Russland, speziell nicht für den Teil jenseits des Urals. Jedoch lassen sich auch hier schon einige kulturelle Unterschiede feststellen, was in der ersten Zeit schon etwas ungewohnt sein kann. Dazu aber später mehr. Der zweite wichtige Punkt, der für einen Aufenthalt in Russland spricht, ist dass Russland zunehmend in den Fokus europäischer Unternehmen rückt und Kenntnisse der russischen Sprache und Kultur können im späteren Berufsleben hilfreich sein. Zuerst einmal einige Wort zum Gorni Institut. Es ist eine von vielen Universitäten in St. Petersburg. Weiterhin gibt es noch ein Wirtschafsinstitut, Polytechnisches Institut, Philologisches Institut, Ingenieurinstitut und andere. Am Gorni Institut werden, wie der Name bereits vermuten lässt, Studiengänge rund um den Bergbau angeboten. Dies beinhaltet sowohl die Geowissenschaften wie Geologie und Mineralogie, als auch Bergwirtschaftlehre, Maschinenbau speziell für Bergbaumaschinen, Unterund Übertagebergbau, Erdöl- und Erdgasgewinnung, Gastransport und –verteilung, und anderes. Die Homepage der Universität findet man unter http://www.spmi.ru. Das Studium dort ist jedoch anders als man es in Deutschland gewohnt ist. Es gibt an der Universität zur Zeit nur einen Hörsaal mit abgestuften Sitzplätzen, welcher Platz für ein größeres Auditorium bietet. Die Ausbildung erfolg in kleinen Gruppen von 20-30 Leuten, die alle den gleichen Stundenplan haben. Die Vorlesungen werden traditionell gehalten, der Vortragende liest fast ausschließlich vor und die Studenten schreiben alles mit. Da in Russland die Schulzeit 2 Jahre kürzer ist als in Deutschland, kommen die russischen Studenten entsprechen jung an die Universität. In den ersten 2 Ausbildungsjahren an der Universität haben sie auch Unterricht in Sport, politischer Bildung und russischer Sprache. Was für zukünftige Austauschstudenten von Interesse sein dürfte: Vorlesungen am Gorni Institut sind regulär ausschließlich in russischer Sprache und es ist auch nicht selbstverständlich dass der Vortragende mit der englischen Sprache vertraut ist. Studenten aus anderen Ländern werden immer auch in Sprachkurse entsprechend ihres Könnens eingeteilt. Es ist jedoch auch möglich, gegen zusätzliche Gebühren, die Russische Sprache von Grund auf zu erlernen. Die Sprachkurse sind intensiv und effektiv. Das Gorny Institut verfügt über recht hohe finanzielle Mittel, was man schnell an den renovierten Wohnheimen und dem Universitätsgebäude merkt, und versteht sich als ein Eliteunviversität. Auch der gerade abgelöste Präsident Putin hat einen Teil seiner Studienzeit an dieser Universität verbracht. In diesem Zusammenhang hat die Universität auch ihre eigene Uniform. Dies ist in Russland sonst nicht üblich, wenn man einmal von den militärischen Bildungseinrichtungen absieht. Die Uniform besteht aus einem dunkelblauem Sakko, welches gestellt wird, einer schwarzen oder dunkelblauen Hose, dunklen Schuhen, Hemd und Krawatte. Die Studentinnen tragen eine Bluse und eine dunkle Hose oder einen Rock zum Sakko. Das Hemd bzw. die Bluse sollte heller sein als das Sakko, weiteres ist nicht festgelegt. Einige russische Studenten sehen die Kleiderordnung recht flexibel, was vom Lehrpersonal jedoch nicht gern gesehen wird. Wenn man als Austauschstudent an regulären Vorlesungen teilnimmt empfiehlt es sich, sich an die Kleiderordnung zu halten. Wenn man jedoch nur Sprachkurse besucht spielt dies gar keine Rolle. Untergebracht bin ich in einem Wohnheim der Universität, angeblich dem zweitbesten Wohnheim in der Stadt. Das Zimmer ist ca. 20m³ groß und wird von mir und einem russischen Studenten bewohnt. Ein Bad und ein kleiner Flur gehören zum Zimmer. Die Küche ist für die gesamte Etage auf dem Gang. Für russische Verhältnisse ist dies eine sehr gute Unterkunft, zumal der Preis von 40 € pro Monat sehr günstig ist. Wohnraum in St. Petersburg ist knapp und deshalb teuer. Ein privates Zimmer ist selten unter 250 € pro Monat zu haben. Zu beachten ist hier, dass das Wohnheim von 1:00 bis 6:00 geschlossen wird. Nächtliche Ausflüge sind also entsprechend zu planen oder mit dem Pförtner abzustimmen. Außerhalb der Universität bietet St. Petersburg, als Kulturhauptstadt Russlands, eine Vielzahl von Beschäftigungsmöglichkeiten. Sein es Museen, Theater, Kirchen, Ausstellungen, Paläste, Parks oder die diversen Einkaufsmöglichkeiten. Alles in einem Semester anzusehen würde einen strikten Zeitplan und eine ausgeprägte Kulturbeflissenheit erfordern. Wie für eine Großstadt üblich, bietet St. Petersburg ein buntes Nachtleben mit diversen Clubs und Diskotheken. Einzig gemütliche Bars sind in St. Petersburg leider noch rar. In der Stadt bewegt man sich in der Regel mit Metro oder Bus Fort, wobei eine Fahrt ca. 50 Cent kostet. Hier ist wiederum zu beachten dass die Metro von 0:15 bis 5:45 geschlossen ist und die Brücken über Nacht geöffnet werden. Die Öffnungszeiten der Brücken sind untereinander verschieden und im Internet zu finden. Von den regulären Taxis ist eher abzuraten, da dort die Preise explodieren können wenn die Fahrer feststellen dass man aus Europa kommt. Besser ist es hier sich an die Straße zu stellen, einfach den Daumen hochzuhalten und auf das nächste private Auto zu warten das anhält. Dies ist in Russland völlig üblich. Dem Fahrer wird das Ziel gesagt und der Preis vorher ausgehandelt. Was die Englische Sprache betrifft, so ist sie in Russland weit weniger verbreitet als in Zentraleuropa. Wenn es wichtig ist findet sich im Zweifelsfall aber eigentlich immer jemand der einige Worte Englisch oder eben Deutsch spricht, was hier genauso verbreitet ist wie Englisch. Was die Mentalität der Russen betrifft, so kann man sagen dass sie im Umgang miteinander recht rau sind, aber auch sehr herzlich. In der Mensa wird zum Bespiel schon mal im Befehlston kommuniziert. Weiterhin ist es auch nicht unbedingt üblich, sich bei der Bedienung für ihre Dienste oder beim Pförtner für das Öffnen der Tür zu bedanken. Damit gibt man sich sofort als Ausländer zu erkennen und erntet schon mal fragende Blicke. Oftmals hat man selbst die Aufgabe, den ersten Schritt zu machen, wird dafür aber selten bestraft. Für vermeintlich einfache Dinge des Alltags, wie etwas auszudrucken im Copyshop, und natürlich Behördengänge sollte immer mehr Zeit eingeplant werden. Für Dinge wo in Deutschland eine Person zuständig ist sind hier oft mehrere zuständig. Längere Wartezeiten und Schlangestehen sind sehr verbreitet. Ein bemerkenswertes Phänomen ist, dass es in der Metro sehr simple Automaten für die Chips gibt, diese jedoch kaum genutzt werden, während an den Schaltern fast immer Schlangen sind. Abschließend kann ich mich meinem Vorgänger Sebastian Beyer darin nur anschließen, dass ein Semester in St. Petersburg auch als Herausforderung verstanden werden sollte. Ich persönlich finde das Semester hier sehr angenehm, es ist auf jeden Fall eine Bereicherung für mich und habe meine Entscheidung, hierher zu kommen, nie bereut. An dieser Stelle auch noch ein herzliches Dankeschön an Frau Fischer und Frau Junghans vom IUZ, Herrn Prof. Dr. Drebenstedt und die Verbundnetz Gas AG, da sie diesen Aufenthalt ermöglicht haben. До свидания! Alexander Salzwedel