Anm. z. Schrb. des BMF v. Juli 2015

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Anm. z. Schrb. des BMF v. Juli 2015
Anmerkungen zur Drucksache des Finanzausschusses 18(7)-202, 18. Wahlperiode
vom 20. Juli 2015
3. August 2015
Im Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium der Finanzen Dr. Michael Meister an die Vorsitzende des Finanzausschusses vom 20. Juli 2015 - IV A 4 - S
0316/13/10005:013, 2015/0627859 zum Thema „Berichtsbitte der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
im Rahmen der 47. Sitzung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages am 1. Juli 2015
zu TOP 0 …´", als Anlage 1 beigefügten „Sachstandsbericht Manipulation digitaler Grundaufzeichnungen und Kassendaten“ wird der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen vorgeworfen, ihre
Abschätzung des Steuerausfalls durch manipulierte Registrierkassen entbehrten jeder Grundlage.
Schon die Datenbasis sei nicht nachvollziehbar, denn Nordrhein-Westfalen lege bei den Schätzungen der Finanzbehörde Québec Steuerausfälle in der Restaurationsbranche in Höhe von 1,3
Mrd. CAD für ein Jahr zugrunde, obwohl nach der als Anlage 2 beigefügten Veröffentlichung lediglich Steuerausfälle in Höhe von 133 Mio. CAD und das auch nur für zwei Jahre ausgewiesen werden. Das entspräche einer Schätzung, die um den Faktor 20 von den verfügbaren Daten abweicht.
Liest man die Ausführungen von Prof. Richard T. Ainsworth in seiner wissenschaftlichen Studie
jedoch sorgfältig, stellt sich diese Auslegung als falsch dar. In der Studie von Prof. Richard T.
Ainsworth heißt es wörtlich:
„Tax losses in this sector are significant. Revenue Quebec [= Kanadische Steuerbehörde]
estimates them at $425 million for the 2007-2008 fiscal year. The $425 million figure is comprised of $133 million in QST [= Quebec Sales Tax] and $284 million in income tax losses.“
Der englische Text spricht hier eindeutig von Steuerausfällen. Aus dem englischen Text geht des
Weiteren eindeutig hervor, dass es sich um Ausfälle für ein fiskalisches Jahr handelt. In Kanada
weicht das Government’s fiscal year Jahr vom Kalenderjahr ab (1. April bis 31. März). Es handelt
sich also um ein Zeitjahr, so dass die 133 Mio. CAD nicht zu halbieren sind.
Bei dem Betrag von 133 Mio. CAD handelt es sich lediglich um die Quebec Sales Tax (QST), also
um die regionale Umsatzsteuer. Der Gesamtsteuerausfall wird im Working Paper von Prof. Richard
T. Ainsworth dann wie folgt dargestellt:
The $425 million figure is comprised of $133 million in QST and $284 million in income tax
losses. There are comparable losses of federal revenue (both GST [= Goods and Services
Tax] and income tax). These losses are in addition to the Provincial level losses.11
Dazu wird in der Fußnote 11 weitergehend erläutert:
Gilles Bernard (Direction générale adjointe de la recherché fiscal, Ministry of Revenue Quebec) Personal e-mail communication, June 23, 2009 responding to a question on the $425
million figure. He indicated that there were ancillary losses of $8 million in other (unspecified
taxes), but:
The tax losses are 417 M$ (QST + Income Tax). The QST represents 133M$ and the
Income tax losses are 284M$. This amount can be doubled to take into account the
federal income tax [and GST].
GST (goods and services tax) ist der Teil der Umsatzsteuer, der von der Kanadischen Regierung
erhoben wird.
Das bedeutet also an Steuerausfällen im Bereich der Gastronomie in der kanadischen Provinz
Quebec mit 8 Millionen Einwohnern in einem Jahr:
Provincial Tax
Quebec Sales Tax (QST)
133 Mio. CAD
Income Tax
284 Mio. CAD
Zwischensumme
Federal Tax
417 Mio. CAD
(doubled)
Federal Income Tax
Goods and Services Tax (GST)
Zwischensumme
Other (unspecified) Taxes
SUMME verkürzter Steuern pro Jahr
417 Mio. CAD
8 Mio. CAD
842 Mio. CAD
Die von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen genannten Umsatzausfälle in Höhe von 1,3
Mrd. CAD berechnen sich aus der Anwendung des dort geltenden Umsatzsteuersatzes von rund
9,975 Prozent (= Quebec sales tax rate – QSTR) auf die im englischen Text genannten Steuerausfälle von 133 Mio. CAD.
Bei einer Umrechnung auf Deutschland und auf alle Branchen müssen viele weitere Aspekte berücksichtigt werden. Hier sind in Ermangelung belastbarer Daten auch diverse Annahmen zu treffen. Einige Aspekte dabei:
•
Der Gastronomie-Sektor in Nordamerika ist größer als in Deutschland (in Kanada pro Kopf
der Bevölkerung etwa doppelter Umsatz).
•
Die Gastronomie in Nordamerika ist viel stärker filialisiert, was Manipulationen deutlich erschwert. Aufgrund der Besteuerung gibt es weniger Anreiz für Schwarzarbeit. So ist hier eine geringere Steuerverkürzung zu erwarten als in Europa.
•
Manipulationen von Registrierkassen und vergleichbaren Geräten sind auch in anderen
Branchen aufgefallen (z.B. Taxi, Apotheken).

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