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Beitrag BGH: Haftung von File-Hosting-Diensten für Urheberrechtsverletzungen
Dominique Philipp, Fachanwältin für Informationstechnologierecht, 30.09.2013
BGH: Haftung von File-HostingDiensten für
Urheberrechtsverletzungen
Die Klägerin war in dem vom BGH entschiedenen Fall die GEMA, also eine
Verwertungsgesellschaft, welche die Verwertungsrechte von Musikurhebern
wahrnimmt und ausschließliche Inhaberin der Verwertungsrechte ist. Beklagte ist ein
File-Hosting-Dienst, der unter der Internetadresse www.rapidshare.com Nutzern
Speicherplatz für beliebige Dateien zur Verfügung stellt. Nach dem Hochladen einer
Datei wird dem Nutzer ein Download-Link von dem Dienst übermittelt, unter
welchem dieser die von ihm hochgeladene Datei im Internetbrowser aufrufen und
herunterladen kann. Von Nutzern hochgeladene Dateien werden von dem Dienst
weder katalogisiert noch gibt es eine Suchfunktion auf der Website, welcher sich der
Nutzer unter der Internetadresse des Dienstes bedienen kann. Allerdings können die
Nutzer des Dienstes die Download-Links in Sammlungen von Links einstellen,
sodass Internetnutzer nach bestimmten abgespeicherten Dateien suchen können. Die
Nutzung des Dienstes war zum einen anonym und kostenlos möglich und zum
anderen konnten sich Nutzer registrieren und ein Premium-Account anlegen. Eine
anonyme Nutzung war derart ausgestaltet, dass Dateien nur mit Zeitverzögerung und
einer begrenzten Geschwindigkeit heruntergeladen werden konnten. Ferner waren im
unmittelbaren Anschluss an einen Download weitere Downloads von Dateien nicht
möglich und Dateien konnten wohl höchstens 10 mal von dem anonymen Nutzer
herunter geladen werden. Der Premium-Nutzer hingegen konnte ohne
Geschwindigkeitsbegrenzung mehrere Dateien parallel herunterladen. Sofern die von
einem Nutzer hochgeladenen Dateien mehrfach von anderen Nutzern
heruntergeladen wurden, erhielt der speichernde Nutzer Premium-Punkte, die
entweder zu einem kostenlosen Premium-Konto oder andere Prämien umgewandelt
werden konnten. Zum 01.07.2010 wurde das Premium-Punkte-Modell in der Form
abgeschafft. Nutzer konnten dann „Rapids“ und das Paket „PremiumPro“ erwerben,
welches dem Premium-Account entsprach.Die Klägerin teilte der Beklagten in drei
Schreiben in den Jahren 2006 und 2008 mit, dass insgesamt 4.815 Musikwerke ohne
ihre Zustimmung über den Dienst der Beklagten öffentlich zugänglich gemacht
worden waren. Der Klägerin zufolge waren die Dateien, welche die Musikwerke
enthielten, weiterhin über den Dienst der Beklagten abrufbar. Mit der erstinstanzlich
beim LG Hamburg 2008 eingereichten Klage machte die Klägerin Ansprüche auf
Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung der Musikwerke geltend. Das
Landgericht und die Berufungsinstanz, das Oberlandesgericht Hamburg, haben der
Klage stattgegeben. Die Beklagten haben sodann Revision beim Bundesgerichtshof
mit dem Antrag auf Abweisung der Klage eingereicht.
Der BGH hat die Revision zurückgewiesen. Die Beklagte habe es zu unterlassen, die
insgesamt 4.815 Musikwerke in Deutschland öffentlich zugänglich machen zu
lassen. Denn die Beklagte habe die ihr obliegenden Pflichten zur Prüfung der bei ihr
gespeicherten Dateien verletzt; ohne die Verletzung dieser Prüfpflichten durch die
Beklagte hätten weitere Verletzungen der Rechte der Klägerin verhindert werden
können. Grundsätzlich seien Diensteanbieter im Sinne von §§ 2 Nr. 1, 10 Satz 1 Nr.
1 TMG – wie die Beklagte – nicht verpflichtet, die von bzw. bei ihnen u.a.
gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu ermitteln,
welche auf rechtswidrige Taten, wie Urheberrechtsverletzungen, hindeuten.
Hierdurch würden allerdings Überwachungspflichten im speziellen Einzelfall nicht
ausgeschlossen. Prüfungspflichten bestehen allerdings, wenn das Geschäftsmodell
des Diensteanbieters auf Rechtsverletzungen durch Nutzer angelegt sei oder der
Anbieter die Gefahr von rechtsverletzenden Nutzungen durch eigene Maßnahmen
fördere.
Der BGH führt aus, dass die Beklagte die Gefahr von urheberrechtsverletzenden
Nutzungen ihres Dienstes durch eigene Maßnahmen gefördert habe. Im Gegensatz
zu anderen Diensten im Bereich des Cloud Computing habe sie kein Entgelt für die
Bereitstellung von Speicherplatz von ihren Nutzern verlangt, sondern erziele den
Umsatz durch den Verkauf von Premium- bzw. „PremiumPro“-Konten. Die
Merkmale dieser Konten führten der Würdigung des BGH nach dazu, dass die
Beklagte ihre Umsätze durch massenhafte Downloads erhöhe. Massenhafte
Downloads seien insbesondere für den rechtswidrigen Download bereitstehender
Dateien attraktiv, wobei die Attraktivität noch dadurch gesteigert würde, dass die
Möglichkeit der anonymen Nutzung des Dienstes bestehe. Die Beklagte gehe dabei
selber davon aus, dass bei einem täglichen Upload von 500.000 Dateien es bei ca.
30.000 zu urheberrechtsverletzenden Nutzungshandlungen komme.
Aufgrund der Förderung der rechtsverletzenden Handlungen durch die Beklagte sei
diese nunmehr bei Hinweis auf konkrete Urheberrechtsverletzungen durch ihre
Nutzer nicht nur dazu verpflichtet, unverzüglich das konkrete Angebot zu sperren,
sondern zudem fortlaufend alle entsprechenden Linksammlungen darauf zu prüfen,
ob diese Links auf bei der Beklagten gespeicherten Dateien mit den entsprechenden
Musikwerken enthielten. Über Suchmaschinen wie Google, Facebook oder Twitter
und ggf. mittels Einsatz von Webcrawlern sei von der Beklagten zu ermitteln, ob
sich weitere entsprechende Links zu ihrem Dienst befänden. Diese Pflichten zur
Prüfung bestünden bei jedem Musikwerk, betreffend welches die Beklagte einen
Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung erhalten habe und in demselben Umfang,
auch wenn die Beklagte auf eine große Anzahl von Rechtsverletzungen hingewiesen
wurde.
Hinweis für die Praxis:
Der Bundesgerichtshof geht in seinem Urteil noch auf die von der Beklagten
vorgetragenen Maßnahmen zur Erfüllung von Prüfpflichten als Diensteanbieter ein
und führt u.a. aus, dass der Hinweis in den Nutzungsbedingungen der Beklagten, der
Upload von Werken unter Verletzung des Urheberrechts sei unzulässig, notwendig
allerdings nicht allzu effektiv sei. Die Beklagte kam ihren Prüfpflichten nur
hierdurch also nicht nach.
Inhalt und Umfang von Prüfpflichten von Diensteanbietern im Sinne des
Telemediengesetzes bei Rechtsverletzungen durch die Nutzer wurden vom BGH
aber nicht allgemein in diesem Umfang angenommen, sondern sind vom Einzelfall,
insbesondere dem jeweilig angebotenen Dienst abhängig und für diesen
entsprechend zu prüfen.
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