Tagesthema vom 21

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Tagesthema vom 21
LAINZER KREIS
Tagesthema vom 16. Februar 2003
„Das Opus Dei“
Dr. Martin Kugler
(zuständig für Öffentlichkeitsarbeit des Opus Dei und Leiter eines Studentenzentrums)
Einführung mittels Videofilm:
Josemaría Escrivá de Balaguer y Albás * 9.1.1902, + 26.6.1975
1925 Priesterweihe
2. 10. 28 Gründung des Opus Dei.
Ab 1946 Zentralsitz in Rom, von dort aus begann die Arbeit in Frankreich, England, Mexiko
und in den deutschsprachigen Ländern.
1950 durch Papst Pius XII. Rechtsstellung erhalten.
Nach dem Tod von Josemaría Escrivá wurden zahlreiche Gnadenerweise, die seiner
Fürsprache zugewiesen wurden, bekannt.
Die Unterschiede bei vielen Heiligen sind sehr groß und paradox. Josemaría Escrivá war ein
Mensch, der Widerspruch erregte. Paradox ist, dass er das Normale, das Gewöhnliche
fokussiert hat. Er traf sich immer wieder mit Menschen verschiedener Nationalitäten. Sein
Anliegen war das Streben nach Heiligkeit, das er besonders für die Laien in der Kirche als
Ziel einmahnte: „Seid heilig, nehmt zuerst in Angriff, was euch schwer fällt!“
Josemaría Escrivá selbst hat ein asketisches Leben geführt, „sich an den Urchristen orientiert“
und dies auch von den Mitarbeitern eingefordert. Er war ein sehr dominanter Mensch mit
außergewöhnlichen Führungsqualitäten. Er fühlte sich als Werkzeug, „als Gründer ohne
Grund“.
1975 – nach seinem Tod – entstand keine Krise sondern es war eine fruchtbare Zeit. Das war
lebensnotwendig für die junge Gemeinschaft.
1982 wurde das Opus Dei eine Personalprälatur. Dem Werk gehören Menschen aus allen
Gesellschaftsschichten, Berufen und Altersgruppen an. Wie alle übrigen Katholiken handeln
sie auch auf politischem, wirtschaftlichem oder kulturellem Gebiet in persönlicher Freiheit
und Verantwortung.
Opus Dei in Österreich: 1957 kamen die ersten Mitglieder nach Wien. Kardinal König
bestellte zwei Priester für die Kath. Hochschulgemeinde in Wien. Danach kamen Mitglieder
nach Graz, Salzburg, Innsbruck und in den ländlichen Raum.
Österreich ist das einzige Land, in dem ein Bischof (Dr. Klaus Küng) dem Opus Dei angehört.
In der Nähe von Wr. Neustadt wird ein Exerzitien- und Bildungshaus betrieben.
Nach dem Fall des Eisernern Vorhangs von Österreich aus auch Gründungen in Ungarn.
In anderen Ländern breitete sich das Opus Dei unspektakulär aus.
Frage:
Was sind Supernumerarier?
Antwort:
Der Gründer musste kirchenrechtliche Bezeichnungen finden; es sind akademische Begriffe
aus dem Spanischen. Supernumerarier = verheiratete Laien, Numerarier = zölibatär lebende
Mitglieder.
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Frage zur Spiritualität, Heiligkeit, Finanzen
Antwort:
Jüngere Menschen sind empfänglich für „Heiligkeit“. Ziel ist, alle Berufe und
Gesellschaftsschichten zu erreichen. Die Arbeiterschaft in Österreich ist seit jeher schwieriger
für die Kirche zu erreichen. In anderen Ländern gibt es eine stärkere und eine breitere
Entwicklung.
„Propaganda“ entspricht nicht dem Stil des Opus Dei. In persönlichen Gesprächen und in
kleinen Runden, die nie mehr als 15 Personen umfassen, werden die Kontakte aufgebaut.
Das Opus Dei braucht relativ wenig finanzielle Mittel – höchstens für die Leitungsaufgaben.
Es gibt Spenden, auch von Personen, die nicht dem Opus Dei angehören.
Frage:
Spiritualität entspricht den 20er-Jahren.
Am Grabstein steht „El Padre“, schöner wäre „der Bruder“.
Kritik an der Forderung zum „blinden Gehorsam“ – Gehorchen dem Vorgesetzten.
Was soll das heißen? Das erinnert an die Sprache der NS-Zeit.
Vor Escrivá hat schon P. Ferenc Biro, SJ (1860-1938) in Ungarn sich um die Vertiefung der
Laienspiritualität bemüht.
Antwort:
Der Referent verwahrt sich aus persönlicher Betroffenheit gegen den Vorwurf der NSSprache. Gehorsam sei richtig zu verstehen. Im Buch „Der Weg“ (richtig müsste es heißen
„Weg“) ist die Übersetzung „blinder Gehorsam“ nicht ganz korrekt. Die spanische Sprache ist
eine harte Sprache. Der Gründer wollte keinen blinden Gehorsam.
Das Opus Dei hat tatsächlich nicht die Laienspiritualität „erfunden“.
Der Gründer wollte „laikale Spiritualität“ entwickeln, das Gebetsleben vertiefen, Spiritualität
leben.
Die Mitglieder sollen ihren Beitrag in der Kirche leisten wie andere Christen auch.
Kein Konkurrenzkampf unter den verschiedenen christlichen Gruppierungen!
Für junge Menschen ist der Gehorsam kein Problem, sie wollen wissen, wo es lang geht.
Frage:
Warum sind in den Leitungsfunktionen nur Priester?
Antwort:
Das Leitungsteam in Österreich besteht aus drei Priestern und 8 Laien.
Die Zentren werden ausschließlich von Laien geführt.
Frage:
Ist im Opus Dei nicht doch „elitäres“ Bewusstsein vorhanden? Mehrere Minister in der
Franco-Ära waren Opus Die - Leute.
Sind Legionäre Christi und das Opus Dei „verwandt“?
Der Anspruch des Gründers, dass der von ihm gewiesene Weg der einzig mögliche ist, mutet
seltsam an.
Zwei Clarentiner haben Escrivá am Anfang unterstützt.
Antwort:
Die Wahrnehmung ist sehr einseitig. In der Franco-Zeit wurden auch Mitglieder des Werkes
aus Spanien ausgewiesen. Der Gründer hatte keinerlei Sympathie für Franco.
Josemaría Escrivá bekannte sich zur Tradition christlicher Spiritualität (Therese von Avila,
Johannes von Kreuz) und orientierte sich an ihr.
Der Referent kennt die Legionäre Christi kaum, sie sind ja auch erst kurz in Österreich.
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Frage:
Für die Selig- und Heiligsprechung wurden nicht alle Einwände gehört. Eine ehemalige enge
Mitarbeiterin, die ihre Erlebnisse in einem Buch niedergeschrieben hat, hat man nicht
angehört.
Antwort:
Die vatikanischen Behörden für die Selig- und Heiligsprechungen bestimmen selbst, wer
angehört wird.
Frage:
Leute, die aus dem Opus Dei ausgetreten sind, wollen nichts mehr damit zu tun haben.
Antwort:
Für diese ist ein Lebensabschnitt vorbei.
Frage:
Warum ist so viel von Heiligkeit die Rede, von Askese und von Seelenführung?
Antwort:
Früher wurde Heiligkeit von Priestern und Ordensleuten eingefordert, Laien waren Christen
zweiter Klasse. Es gilt Altes und Neues im Evangelium immer wieder zu entdecken.
Körperliche Askese wird von wenigen Mitgliedern geübt und nur unter Anleitung.
Frage:
Was bedeutet dann der Ausspruch „Gelobt sei der Schmerz“, der sich im „Weg“ findet?
Antwort:
Christen sollen sich in der Nachfolge Christi mit seinen Schmerzen identifizieren. Auch Edith
Stein und die Geschwister Scholl sprechen von freiwilligem auf sich nehmen von Schmerzen.
Für die hedonistische Gesellschaft ist das eine Provokation.
Frage:
In der Enzyklika Immortale dei von 1885 wurde betont, dass die Seelsorge an den Gebildeten
bewirke, dass auch die einfachen Menschen zur Kirche finden würden. Dreißig Jahre später
wurde dies von Bischöfen relativiert. Im „Weg“ ist auch hauptsächlich von den Intellektuellen
die Rede.
Antwort:
Auch Kardinal König wollte Studentenseelsorger vom Opus Dei.
Feststellung eines ehemaligen Mitgliedes:
Das Opus Dei fragt Kandidaten, ob sie eine Behinderung oder ansteckende Krankheit hätten.
Beides wäre ein Ausschließungsgrund.
Forderung nach Gehorsam erstreckt sich auf alle Lebensbereiche. Dem ehemaligen Mitglied
wurde eine Lehrtätigkeit an einer katholischen Privatschule untersagt.
Er stellt richtig, dass Escrivá nicht unpolitisch gedacht hat. Juan Carlos (spanischer König)
hatte Erzieher aus dem Opus Dei.
Fühlte sich von seinem Beichtvater unter Druck gesetzt.
Körperliche Abtötung ist sehr wohl die Norm.
Antwort:
Das sind schwere Anschuldigungen. Selbstverständlich hätten diese Konsequenzen für die
beschuldigten Personen. Das ehemalige Mitglied hätte die Möglichkeit gehabt, mit dem
Bischof die Vorfälle zu besprechen.
Für das Protokoll: Helene Artner, Susanna Henning
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