Strukturiertes Vorgehen bei der Fehlersuche

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Strukturiertes Vorgehen bei der Fehlersuche
Strukturiertes Vorgehen bei der Fehlersuche
Das schöne an dem Beruf des Kfz-Mechatronikers ist der, dass man immer wieder vor neue Herausforderungen
gestellt wird und mit sich selbst zufrieden ist, wenn man das Problem am Fahrzeug gefunden hat. Dass dies nicht
immer einfach ist, kann jeder Kfz-Mechatroniker der schon ein paar Jahre Berufserfahrung nachweisen kann
bestätigen. Manchmal kommt auch der Punkt wo man wirklich festgefahren ist und keinen Rat mehr weiß um das
Problem zu lösen. In so einer Situation ist strukturiertes Vorgehen bei der Erstellung der Diagnose besonders
wichtig (so wie es Dr. House in seiner Fernsehserie wöchentlich demonstriert).
So erging es einem Werkstattkollegen, der nicht mehr weiter wusste. Er bat uns um Hilfe bei einem Ford Focus
C-MAX 1,6 TDCi, der mit einem PSA-Motor und einem Common-Rail-System von Bosch ausgerüstet ist und der
nach einer Unfallreparatur partout nicht mehr starten wollte. Was war passiert? Der Kunde hatte mit dem
Fahrzeug vorne aufgesetzt und hatte so unter anderem die Riemenscheibe der Kurbelwelle einschließlich des
Geberrades für den Kurbelwellenpositions-Sensor, der nach dem Halleffekt arbeit beschädigt.
Die Werkstatt hatte bei der Reparatur des Unfallschadens unter anderem den Zahnriemen, die Riemenscheibe
und das Antriebszahnrad die auf der Kurbelwelle befestigt sind erneuert. Trotz der Erneuerung aller beschädigten
Teile, wollte der Motor nicht mehr starten. Da keine Fehlercodes im Fehlerspeicher abgelegt waren vermutete
man, dass eine falsche Einstellung der Steuerzeiten des Motors vielleicht die Ursache für das Startversagen war.
Eine nochmalige Überprüfung der Steuerzeiten einschließlich der Steuerkette welche die zweite Nockenwelle
antreibt ergab, dass alles korrekt eingestellt war. Daraufhin wurde der Kurbelwellenpositions-Sensor ohne Erfolg
erneuert. Dies war der Punkt an dem der Werkstattkollege aufgab und das Fahrzeug zur näheren Untersuchung
zu uns brachte.
Ein Startversuch bestätigte, dass der Motor nicht zum laufen zu bewegen war. Unter Zuhilfenahme von Startpilot
lief der Motor ganz normal solange Startpilot in den Ansaugkanal eingesprüht wurde. Nach dieser ersten
Überprüfung wurde das Diagnosegerät angeschlossen und die Fehlercodes ausgelesen. Es waren keine
Fehlercodes abgespeichert was die Diagnose nicht unbedingt einfacher machte! Wenn kein Fehlercode
vorhanden ist, liegt die Vermutung nahe, dass es sich um ein mechanisches Problem handeln könnte. Deshalb
prüften wir mit dem Messwertaufnehmer die Signale „EngSyn“ (Synchronisierung Nockenwelle/Kurbelwelle) und
„FuelStart“ (Startfreigabe). Beide Signale blieben auf „NO“, dass machte uns stutzig. Deshalb prüften wir mit dem
Oszilloskop die Signale des Kurbelwellenpositions- und Nockenwellpositions-Sensors und machten einen
direkten Vergleich mit einem anderen Fahrzeug mit gleicher Motorisierung. Wir wollten die Abstände zwischen
den Ausschlägen vom Kurbelwellen- und Nockenwellen-Signal vergleichen. Da wir mit dem Werkstatt-Oszilloskop
die Auflösung im Zweikanal-Modus nicht zufriedenstellend ändern konnten, sahen wir keinen direkten Hinweis auf
Unstimmigkeiten. Jetzt prüften wir mit dem Oszilloskop die Ansteuerung der Injektoren. Wir stellten fest, dass die
Injektoren ab und zu angesteuert wurden und der Motor in diesem Augenblick auch die Tendenz hatte
anzuspringen.
Nachdem wir die Steuerzeiten des Motors ebenfalls noch mal überprüft hatten, war es an der Zeit sich die Frage
zu stellen was eigentlich bei der Diagnose schief lief. Aus Erfahrung wusste ich, dass man immer die Arbeit
prüfen sollte, die man durchgeführt hat bevor das Problem bestand. Es wurden die Bauteile Zahnriemen,
Riemenscheibe-Kurbelwelle und das Kurbelwellen-Antriebszahnrad mit Geberrad (Das Geberrad befindet sich
auf dem Kurbelwellenzahnrad) erneuert. Die Steuerzeiten und den Abstand zwischen KurbelwellenpositionsSensor und Geberrad hatten wir geprüft. Auf dem Geberrad befinden sich rundherum Magnete (abwechselnd
Nord-/Südpol) da es sich bei dem Kurbelwellenpositions-Sensor um einen Hallgeber handelt. Wir entschlossen
uns das Kurbelwellenzahnrad auszubauen und näher zu untersuchen. Von außen waren keine Beschädigungen
festzustellen, die Überprüfung mit einer Testkarte für magnetische Sensorräder zeigte allerdings, dass es
zwischen dem Nord- und Südpol an einer Stelle eine Verbindung gab, die dort nicht sein durfte (Bild 1). Dadurch,
dass das Motorsteuergerät zwei Impulse bekam wurden ab und zu Mal die Injektoren angesteuert. Wir vermuten,
dass der Mechaniker beim Einbau des Kurbelwellerades nicht die notwendige Sorgfalt hat walten lassen und den
Hammer zu Hilfe genommen hat um das Kurbelwellrad einzubauen. Nach Einbau eines neuen Kurbelwellenrades
starte der Motor wieder einwandfrei.
Fazit: Strukturiertes Vorgehen bei der Fehlersuche spart Zeit und Irrwege!
Bilder 1 + 2 Geberrad (Magnetscheibe) Kurbelwellenpositions-Sensor. Auf dem linken Bild kann man mit
Hilfe der Testkarte die Nord- und Südpole der Magnetfelder sehen und deutlich die Stelle erkennen wo Nordund Südpol fehlerhaft miteinander verbunden sind. Auf dem rechten Bild sieht man die Stelle für die OTMarkierung.