gomune - Showcase Beat Le Mot
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gomune - Showcase Beat Le Mot
SC B LM Seite 1 / 4 gomune ?On the great way there is no gate but a thousand of paths to choose from. Find the gate and you may walk alone between heaven and earth.? (Kazuo Koike) ?Schlafend eine Matte, wach eine halbe, und auch wer das Reich beherrscht kann nicht mehr essen als zweieinhalb Schalen Reis.? (Japanisches Sprichwort) GOMUNE* - Performance STRATEGIE Die Performancegruppe Showcase Beat Le Mot ist dabei, ein neues Theater für den kulturellen Notstand zu entwickeln. Es geht darum, eine Aufführungsstrategie zu erfinden, die nach dem Konzept einer Band funktioniert, d.h. eine große Flexibilität in Bezug auf räumliche Gegebenheiten, eine technische und personelle Ökonomisierung, und sehr kurze Vorbereitungs- und Aufbauzeiten ermöglicht. Bisher haben solche Theaterkonzeptionen zu einer Trash-Ästhetik geführt, die unangenehm an Kabarett und Kleinkunst erinnert, und die sich inhaltlich bzw. erzählerisch immer wieder in denselben Formen von Camp, Ironie und Klamauk erschöpft. Trash ist zu einem für selbstverständlich erachteten Ritus des Theaters im Off geworden. Wir möchten dagegen eine Theaterästhetik entwickeln, deren Ökonomie in einer Strenge, Reduktion und Standardisierung des visuellen und gestischen Repertoires besteht. Wir wollen eine Bühnensprache gewinnen, die mit einfachsten technischen Mitteln arbeitet, die durch ihre Standardisierung den Aufbau- und Probenaufwand minimiert und dabei trotzdem eine Geschichte weitererzählen kann, von der die Zuschauer gefesselt sind. Die Ökonomisierung und Reduktion bietet als eine äußere Notwendigkeit in Notzeiten zugleich die Chance einer neuen Schönheit, die weder mit dem Trash der 90er, noch dem ?armen Theater? der 60er und 70er Jahre etwas zu tun haben will, sondern deren Qualität in einer rituellen Strenge liegt. www.showcasebeatlemot.de Seite 2 / 4 MATERIAL Ausgangsspunkt für die oben beschriebene Strategie ist der japanische Comic KOZURE OKAMI (engl. > Lone Wolf and Cub) von Kazuo Koike (Autor) und Goseki Kojima (Zeichner). Der mehr als 8000 Seiten umfassende Manga erzählt die Geschichte des ehemaligen kogi kaishakunin (= Scharfrichter des Shoguns) Ogami Itto, der durch eine Intrige des verfeindeten Yagyu- Clans seinen Status und seine Ehre am Hof des Shogun verliert und nun zusammen mit seinem Sohn Daigoro als Ronin (=herrenloser Samurai) durch das Japan der Edo-Zeit wandert. Verfolgt von Retsudo Yagyu, verlässt Ogami Itto den Weg des Samurai/Kriegers - bushido - und macht sich den Weg in die buddhistische Hölle ? meifumado ? zur neuen Überlebensstrategie. Als Auftragsmörder zieht er durch die Provinzen Japans, um Geld für einen letzten Kampf gegen den Yagyu-Clan zu sammeln, in dem er Rache nehmen und die Ehre seiner Familie für seinen Nachkommen Daigoro wiederherstellen will. Hierbei bedient sich KAZURE OKAMI der wesentlichen ästhetischen Prinzipien asiatischer Kultur ? dem Prizip der Stille und Reduktion, dem Prinzip des Zyklischen (> Yin-Yang-Prinzip der Natur) und dem Prinzip der Auslassung und Fragmentierung. So ist der gesamte Comic in schwarzweisser Tusche gezeichnet und einzelne Bilder erinnern in ihrer Ruhe und Reduziertheit an die ?36 Ansichten des Fuji? von Hokusai, einem Maler aus den letzten Jahren der Edo-Periode. An der Gestaltung der Panels erkennt man das Prinzip der Auslassung und Fragmentierung wieder: so wird eine einzige Bewegung, zum Beispiel ein Schwerthieb, über mehrere Seiten in unterschiedlichen Einstellungen und Ausschnitten gezeigt, um ein kontinuierliches Erzählen aufzulösen und das Interesse des Lesers eher auf die Atmosphäre der Bilder zu lenken als auf den Fortgang der Geschichte. Und das Prinzip des Zyklischen findet man in der Struktur der einzelnen Folgen wieder, die beinahe immer nach dem gleichen Muster ablaufen: Ogami Itto trifft seine Auftraggeber, wird mit 500 Goldstücken im voraus bezahlt, möchte als einzige Bedingung den Grund für den Auftragsmord erfahren, plant sein Vorgehen, trifft auf seine Opfer, begeht den Mord und zieht mit Daigoro als Assassin Lone Wolf and Cub weiter durch Japan. Diese drei Prinzipien, Stille, Zyklus und Fragment, verknüpft mit der inhaltlichen Ebene von KOZURE OKAMI, die einer Psychologie der Neuzeit in historischen Gewand entspricht, bilden die Grundlage für die oben beschriebene Strategie unseres Projekts GOMUNE und das Prinzip und die Ästhetik der Aufführungen. PRINZIP DER AUFFÜHRUNGEN Wir planen GOMUNE als eine Performance-Serie, die an verschiedenen Orten (Theater, Clubs, Bars) stattfinden soll. Das Projekt adaptiert hier die Erzählstruktur und den Inhalt des Comics, das den Weg Ogami Ittos durch Japan zeigt. Die Länge und der Aufwand der einzelnen Abende richtet sich nach der Grösse und den finanziellen und technischen www.showcasebeatlemot.de Seite 3 / 4 Möglichkeiten der Veranstalter. Auf diese Weise entstehen zwei Kategorien von Aufführungen: GOMUNE XXL und GOMUE REGULAR. GOMUNE XXL ist für Orte wie die Kampnagel Music Hall geplant und bietet ein abendfüllendes Programm, in dem maximal drei Folgen der Serie (ca. 20-30 Minuten pro Folge) gezeigt werden, die durch ein Rahmenprogramm wie Vorträge zu Themen wie Yamamotos ?Hagakure?, Sunzis ?Kunst des Krieges? oder der Zubereitung von Sushi ergänzt werden. Zusätzlich führen sie durch Erläuterungen japanischer Begriffe weiter in die Thematik von KAZURE OKAMI ein. GOMUNE REGULAR zeigt maximal zwei Folgen des Comics und ist für Bars und Clubs konzipiert. Zwischen zwei GOMUNE XXL-Aufführungen werden an anderen Orten mindestens drei GOMUNE REGULAR-Aufführungen gezeigt. Auf diesem Weg setzt sich die Serie wie im Comic in unterschiedlichen Tempi fort. Vor jeder GOMUNE XXL- und GOMUNE REGULAR-Aufführungen wird es eine inhaltliche Zusammenfassung, kombiniert mit Performance-Sequenzen der vorangegangenen Folgen geben. Dadurch wird den Zuschauern ermöglicht, sowohl die Geschichte des Comics weiterzuverfolgen, selbst wenn sie einen Abend verpasst haben sollten, als auch die ästhetische Entwicklung der Aufführungen zu analysieren und zu überblicken. Im günstigsten Fall würde ein Rhythmus von OXXL-OR-OR-OR-OXXL-OR-OR-OR-OXXL usw. an einem Hauptort und verschiedenen Nebenorten enstehen. ÄSTHETIK DER AUFFÜHRUNEGN Neben den bereits beschriebenen ästhetischen Prinzipien der Stille, der Reduktion, dem Zyklischen, der Auslassung und Fragmentierung werden wir für die Aufführungen von GOMUNE auch Stilmittel des Noh und Kabuki verwenden. So wird es zum Beispiel Masken (>Noh) geben, die zum einen durch Form und Farbsymbolik die einzelnen Charaktere für die Zuschauer wiedererkennbar machen und zum anderen den Performern eine grössere Flexibilität ermöglichen, weil der Charakter nicht an das Gesicht/die Person gebunden ist, sondern an die Maske. Um diesen Effekt zu verstärken, wollen wir, ähnlich wie die im Kabuki verwendeten Mie-Choreographien, Posen entwickeln, die entpersonalisieren und zugleich Zeichen für eine bestimmte Handlung oder einen Gefühlszustand sind. Zusätzlich werden alle Texte des Comics den Zuschauern entweder über bearbeitete Einspielungen oder Projektionen präsentiert. Auch hierbei geht es uns um Flexibilität, Symbolik und Entpersonalisierung der Charaktere. Die Kostüme für GOMUNE sollen der Form nach klassischen Samurai-Kostümen entsprechen, die wir aus verschiedenfarbigem Papier anfertigen, wobei auch hier Form und Farbe helfen sollen den Charakter zu stilisieren. Weitere ästhetische Mittel, die wir aus dem japanischen Theater übernehmen wollen, sind die www.showcasebeatlemot.de Seite 4 / 4 Stilisierung und Vereinfachung des Raums und der Einsatz vom Musik. Als Aussenraum könnte zum Beispiel die Projektion einer Wunderlampe zum Einsatz kommen, die die Bewegung der Landschaft bzw. das Wandern Ogamis verdeutlicht und durch Diaprojektionen von abstrakten Bergen oder Wäldern ergänzt wird. Das Zeichen für einen Innenraum hingegen soll ein einfacher ziehharmonikaartiger Paravant sein, der je nach Aufstellung die Innenräume vergrössern und verkleinern oder ihnen unterschiedliche Atmosphäre geben kann. Der Raum zwischen Zuschauern und Bühne soll durch einen Hana-Michi aus Industrie-Palletten verbunden werden, auf dem alle wichtigen Charaktere auftreten wie im Kabuki. Um unterschiedliche Atmosphären und eine ästhetische Fremdheit für GOMUNE zu erzeugen, liegt es nahe, traditionelle japanische Instrumente wie das Shamisen oder die Odaiko-Trommel zu sampeln. Letztendlich geht es uns aber in GOMUNE nicht darum, eine Reproduktion japanischer Theaterstile auf der Basis eines Mangas aus der Edo-Zeit zu präsentieren, sondern einen Performancestil zu entwickeln, der so weit voranschreitet, dass rote Wollfäden Blutspritzer sind, dass ein Stroposkop in Zeitlupe die Panels eines Mangas ersetzen kann, dass der Weg zur Hölle wunderschön ist. * GOMUNE ist ein Begriff aus der Edo-Zeit für Künstler, Schauspieler und Tänzer, die an keinem festen Theater engagiert waren und ihr Geld auf der Strasse verdienten. www.showcasebeatlemot.de