CUQDAS und Medienforschung - QUARC

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CUQDAS und Medienforschung - QUARC
Computergestützte Analyse qualitative Daten
Susanne Friese
Universität Hannover
Einführung
Dieses Kapitel gibt Ihnen ein Einführung in computergestützte qualitative Datenanalyse (CUQDAS).
Zu Beginn werfe ich einen Blick zurück auf die nunmehr fast zwanzigjährige Geschichte der
softwaregestützten qualitativen Datenanalyse und wie qualitative Forscher auf die Einführung von
Software reagiert haben und immer noch reagieren. Dann werfen wir einen Blick auf den
Zusammenhang zwischen Software und Analysemethode. Ich stelle ein allgemein anwendbares Modell
zur qualitativen Datenanalyse vor und erläutere, wie die einzelnen Schritte mit Unterstützung von
Software umgesetzt werden können. Dies gibt einen ersten Eindruck, welche Funktionen wichtig und
für welchen Zweck notwendig sind. Eine genauere Erläuterungen der zentralen Funktionen von
CUQDAS erhalten Sie im letzten Abschnitt. Ziel ist es, Ihnen einen Kriterienkatalog mit an die Hand
zu geben, der es Ihnen ermöglicht eine gut informierte Entscheidung zu treffen, wenn es darum geht
eine Software auszuwählen, die den projektbezogene und persönliche Bedürfnissen entspricht.
Die fast zwanzig jährige Geschichte der softwaregestützten qualitativen
Datenanalyse
Das erste Programm, dass zur Unterstützung qualitativer Datenanaylse entwickelt wurde, war THE
ETHNOGRAPH (http://www.qualisresearch.com). Es wurde 1985 auf dem Markt eingeführt. Dies ist
nun schon fast zwanzig Jahre her. Zu Anfang der 90er Jahre kamen ein paar weitere Programme hinzu,
wie zum Beispiel Nud*ist 3, MAX, HyperResearch und ATLAS.ti. Zu diesem Zeitpunkt waren alle
Programme noch DOS basiert und boten einfache Kodier- und Abfragemöglichkeiten. Trotzdem
konnte man auch damals nicht behaupten, dass alle Programme gleich gewesen wären. Die
Programmentwickler waren zumeist selbst Forscher und entwickelten die Software für die Zwecke ihrer
eigenen Projekte. Dies hatte zur Folge, dass die Anforderungen des Projektes, die Forschungsfrage und
der methodische Ansatz oftmals die Entwicklung und das Design der Software bestimmten. Die Studie,
die z.B. zur Entwicklung von Nud*ist 3 führte, beinhaltete eine große Anzahl offener Antworten aus
einer Fragebogenstudie. Dies erforderte eine Tool, dass es ermöglichte Daten automatisch einzulesen
und zu bearbeiten. Die erste Version von MAX (heute MAXqda) wurde ursprünglich ebenfalls für den
Zweck entwickelt, die Analyse von offenen Fragen aus Fragenbogenstudien zu unterstützen. Das
Design und die Funktionen der beiden Programme war aber dennoch nicht gleich, da die beiden
Programme auf unterschiedlichen methodischen Ansätzen basierten. MAX wurde mit dem Ziel
entwickelt die von Max Weber und Alfed Schütz beschrieben fallorientierte Quantifizierung zu
unterstützen (Kuckartz, 1995).
Die Entwicklung von ATLAS.ti wurde von einer Kombination aus drei methodischen Ansätzen
beeinflusst, nämlich der Phänomenologie, der Hermeneutik und der Grounded Theory (Böhm,
Legewie and Muhr, 1992). Diese Erbe ist heute immer noch sichtbar, z.B. in den Begriffen KodeFamilie und Offenes Kodieren. Methodisch gesehen hat dies in der heutigen Version der Software
allerdings keine Relevanz. Die Funktionen können auch im Zusammenspiel mit anderen Methoden
verwendet werden.
Wenn man sich die Herkunft und Entwicklung der einzelnen Programme anschaut, lässt sich also
feststellen, dass hinter jedem Programm eine Geschichte steht. Ich möchte daher diesen Abschnitt mit
einer Anekdote beenden, die zur Entwicklung der Software THE ETHNOGRAPH führte, dem Pioneer
aller Programme zur softwaregestützten qualitativen Datenanalyse.
John Seidel, ein gelernter Soziologe, entwickelte THE ETHNOGRAPH während er an seiner Doktorarbeit
arbeitete. Zu dieser Zeit waren PCs noch nicht so weit verbreitet wie heute. Statistische
Analysesoftware lief auf Großrechnern. Um Ergebnisse zu erhalten, musste Anfragen nach einer genau
vorgeschriebenen Syntax formuliert werden, also einer Sprache, die der Computer verstehen konnte.
Vergaß man nur einen Punkt, erhielt man Stunden später die Mitteilung, dass die Analyse wegen eines
Fehlers leider nicht durchgeführt konnte. Herr Seidel arbeitete zu dieser Zeit als Assistent im
Rechenzentrum der Universität und war verantwortlich für den Support von SPSS. In seiner
Doktorarbeit arbeitete er allerdings mit qualitativen Daten bestehend aus vielen Seiten transkribierter
Interviews. Alle Leser, die schon einmal eine umfangreiche qualitative Datenanalyse per Hand
durchgeführt haben, haben eine Vorstellung davon, was dies bedeutete. Stapel von Papier müssen
durchgesehen, geordnet und in kleinere Abschnitte zerschnitten werden um mit anderen Abschnitten
aus gleichen Themenbereichen zusammen kopiert, geklebt oder in Karteikästen einsortiert werden zu
können. Während der Arbeit an seinem Datenmaterial lebten in Herr Seidels Haushalt u.a. auch zwei
Katzen. Diese liebten es zwischen seinen Stapeln Papier spazieren zu gehen ohne unbedingt darauf zu
achten, dass jeder Stapel seine Berechtigung hatte und dass das erzeugte Ordnungssystem auf keinen
Fall durcheinander zu bringen war. Bevor es zu einer Katastrophe kam (zumindest vom Standpunkt
eines Doktoranten aus betrachtet), besann sich Herr Seidel der Kenntnisse, die er bei der Arbeit mit
dem Großrechner gewonnen hatte, um sozusagen buchstäblich die Papierstapel vom Fußboden in den
Computer zu verlagern. Das Ergebnis war THE ETHNOGRAPH 1.0.
Kommilitonen und Kollegen waren erstaunt zu sehen, dass der Rechner auch für die Zwecke
qualitativer Datenanalyse eingesetzt werden konnte. Als Herr Seidel während einer Demonstration der
Software eine Ausgabe bestehend aus Textsegmenten sortiert nach ausgewählten Kodewörtern erstellte,
versammelten sich alle Zuhörenden vor dem Nadeldrucker und zelebrierten die Wunder der
Computertechnologie. Die Nachfrage war groß und so entwickelte Herr Seidel das Programm weiter.
Version 2 wurde zunächst nur für befreundete ForscherInnen und Kollegen freigegeben; Version 3 war
die erste kommerzielle Version, die 1985 auf den Markt kam.
Seit 1985 ging die Entwicklung weiter. Nicht nur an dem Programm THE ETHNOGRAPH wurde weiter
gearbeitet, sondern 10 Jahre später beschrieben Weitzman and Miles (1995) und Prein, Kelle und Bird
(1995) zehn, bzw. zwölf Programme, die zur Unterstützung qualitativer Datenanalyse neu entwickelt
worden waren. Heute existieren die meisten der in 1995 beschriebenen Programme immer noch; ein
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paar Neue sind hinzugekommen. Alle Programme sind allerdings weiter entwickelt worden und es sind
heutzutage keine DOS sondern Windows basierte Programme, ein paar davon auch native
Macintoshprogramme.
Die geographische Verbreitung der Programme variiert. Einige Programme werden fast überwiegend
nur innerhalb von Landesgrenzen angewendet, wie z.B. das in den Niederlanden entwickelte Programm
Kwalitan, oder die in Deutschland entwickelte Software AQUAD. Programme wie QSR NVivo und
N6, MAXqda oder ATLAS.ti sind weltweit verbreitet. Diese Programme bieten neben den
Basisfunktionen auch anspruchsvollere Features und zeitaktuelle Technologien. Auf der Kehrseite
bedeutet dies, dass die Lernkurve etwas steiler verläuft und mehr Zeit zum Erlernen der Software
eingeplant werden muss.
Mit der zunehmenden Entwicklung von CUQDAS hat die Differenzierung zugenommen. Die zwei
Hauptfunktionen der Programme aus den frühen Entwicklungsjahren waren das Kodieren und die
Abfrage. Heutzutage bieten viele Programme mehr als das. Es lässt sich aber auch Software finden,
welche sich immer noch auf die zwei wesentlichen Funktionen stützen. Diese Programme werden
zumeist als Freeware angeboten. Für bestimmte Nutzergruppen ist dies adäquat und bieten alles, was
benötigt wird. Eine Übersicht aller verfügbaren kommerziellen und kostenfreie CUQDAS Paketen
finden Sie auf der folgenden Webseite: http://caqdas.soc.surrey.ac.uk/links1.htm.
Die Differenzierung von CUQDAS hat positive und negative Nebeneffekte. Das Angebot an
unterschiedlichen Features über das Kodieren und die Abfrage hinaus macht es auf der einen Seite
einfacher potentiellen Anwendern eine Empfehlung zu geben. Zum Beispiel unterstützen nur ATLAS.ti
und HyperResearch die Analyse von Text, Bildern, Audio und Videodaten. MAXqda und C-I-SAID
bieten Module, die die Kombination von qualitativer und quantitativer Inhaltsanalyse unterstützen.
Nvivo präsentiert sich stark mit Blick auf die Kombination von Kodes und Dateneigenschaften und
deren Darstellung in Kreuztabellen. Auf der negativen Seite wird es immer schwieriger für eine Person,
wenn auch ein Experte in CUQDAS, auf der Höhe der Entwicklungen zu bleiben und alle Programme
im Detail zu kennen. Qualitativ gute Softwarevergleiche werden daher seltener werden und können nur
eine kleinere Anzahl von Programmen berücksichtigen.
Akzeptanz von CUQDAS im 21. Jahrhundert
Heutzutage käme es uns vielleicht komisch vor, dass man sich um einen Nadeldrucker versammelt um
die Ausgabe eines Computers zu bestaunen. Der Computer ist weitestgehend in das Leben vieler
Menschen integriert und eine Schreibmaschine verwendet fast niemand mehr. Allerdings gibt es auch
im Jahre 2004 noch qualitative Forscher, die es grundsätzlich ablehnen CUQDAS zur Unterstützung
der Datenanalyse einzusetzen. In manchen Fällen ist eine solche Ablehnung angebracht und zwar
immer dann, wenn der methodische Ansatz nicht davon ausgeht, dass die Daten kodiert werden (z.B.
bei der Anwendung Sequenzanalytische Verfahren oder in der Objektiven Hermeneutik). In anderen
Fällen ist die negative Haltung zu Software u.a. bedingt durch die Angst, dass der Forscher die Nähe zu
den Daten verlieren würde, oder dass die Software die Daten automatisch kodieren und somit
interpretieren würde, was natürlich keine Maschine leisten kann. Eine weiteres Argument gegen den
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Einsatz von Software ist, dass Software zu oberflächlichen Analysen führen würde. Dies alles sind
Vorurteile, die auf einem unvollständigen Verständnis beruhen, was Software leisten bzw. nicht leisten
kann.1
Der Sinn und Zweck von CUQDAS ist nicht Daten zu analysieren. Sondern es ist nur ein Tool, das
den Analyseprozess unterstützt. Computer sind in der Regel nützlich, wenn es darum geht Dinge wie
zum Beispiel Buchstabenfolgen oder kodierte Datensegmente in einfacher oder komplexer
Kombination zu finden. Aber es wird immer der oder die Forscherin sein, die bestimmt welche
Bedeutung ein Datensegment hat. Schauen wir uns noch einmal das Akronym an, welches am Anfang
des Kapitels eingeführt wurde: CUQDAS. Es ist die deutsche Übersetzung der Abkürzung CAQDAS.2
Dies steht für Computer-Aided Qualitative Data Analysis Software. Es mag vielleicht im Vergleich zu
dem auch existierenden Begriff QDA-Software, der leider auch immer wieder in der Literatur
auftaucht, eine etwas umständliche Umschreibung sein. Letzterer Begriff steht für Qualitative Data
Analysis Software, was den den Anschein geben mag, dass die Software die Daten analysiert und der
Forscher außen vor bleibt. Das Akronym QDA hat vielleicht auch zu den vielen Missverständnisse
geführt, wenn es um die Rolle von Software im qualitativer Datenanalyseprozess geht.
Diese Erklärung wird von Einigen allerdings wiederum als Argument gegen die Anwendung von
Software angeführt, gemäss der Logik: „Wenn die Software die Daten nicht kodiert, wofür ist sie dann
zu gebrauchen?“ Und ohne eines der CUQDAS Pakete jemals richtig ausprobiert zu haben, fällen sie
das Urteil, dass Software im qualitative Forschungskontext nichts zu suchen hat und kehren zurück zu
ihren manuellen Methoden, Scheren, Klebern, bunte Stiften und Karteikästen.
Basierend auf meiner langjährigen Erfahrung mit CUQDAS, ist meine Antwort darauf, dass sich
ForscherInnen mit dieser Einstellung Möglichkeiten nehmen, auch mit Hinblick auf die Validität ihrer
Forschung. Wenn Software richtig angewendet wird, dann bietet sie die Möglichkeiten Ideen,
Hypothesen, theoretische Konstrukte oder Modelle in jeder Phase des Analyseprozesses zu verifizieren
oder zu falsifizieren und zwar genauer, als dies in einer händischen Analyse je möglich ist. Mit
Unterstützung von Software, kann sehr einfach auf relevantes Datenmaterial zugegriffen werden.
Daten können ohne großen Aufwand gruppiert und wieder umgruppiert, verglichen und kontrastiert
werden. Es ist kein Problem Kodes umzubenennen, sie mit anderen zusammenzuführen oder kodierte
Segmente zu modifizieren je mehr Einsichten man im Laufe der Analyse in das Datenmaterial gewinnt.
Nach drei oder sechs Monaten Analyseprozess wird die Sicht auf die Daten anders sein, als in den
frühen Phasen der Analyse. Bis ein vollständig ausgebildetes Kategoriesystem entstanden ist, gehören
die Modifikation von Kodes und Konzepten zum Alltag des qualitativen Forschers. Wenn überhaupt
Interessant in diesem Zusammenhang ist das Buchkapitel von John Seidel: “Methods and Madness in the Application of
Computer Technology to Qualitative Data Analysis”. Zu finden in Fielding und Lee (1991).
1
Das Akronym CAQDAS wurde von den Leitern des gleichnamigen Projektes an der University of Surrey, Guildford, UK,
entwickelt. Mehr Information dazu finden Sie auf der Projektwebseite: http://caqdas.soc.surrey.ac.uk/
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wird es nur sehr geübten qualitativen Forschern gelingen, gleich von Anfang an gleich passende Kodes
zu vergeben.
Anfänger, wozu auch viele Doktorranden gehören, finden es zunächst sehr schwierig den richtigen
Abstraktheitsgrad zu finden, so dass die Kodes auf der einen Seite hinreichend intern homogen und auf
der anderen Seite hinreichend extern heterogen sind (siehe Kellle und Kluge, 1999). Es ist oft der Fall,
dass die anfängliches Kodes ein paar Mal verworfen werden, bevor das Kategoriesystem steht. Die
Verwendung von Software vereinfacht dies um einiges und bietet zusätzlich noch die Möglichkeit,
diesen Prozess nachvollziehbar zu gestalten Die einzelnen Schritte der Analyse können zurück verfolgt
werden und somit wird es möglich aus der ‚black box’ des Analyseverlaufs herauszukommen. Oftmals
wird nur der Datenerhebungsverfahren und die Resultate im Detail beschrieben, der Analyseprozess
aber nur in wenigen Worten oder es wird zur Rechtfertigung irgendwo der Begriff Grounded Theory
eingeflochten. Dies macht qualitative Forschung angreifbar, denn es ist nicht erkennbar, dass nicht
einfach nur ein bisschen herum interpretiert worden ist, sondern dass der Ergebnisfindung ein
systematisches Datenanalyseprozess vorrausgegangen ist.
Auch wenn keine Katzen, Kinder oder andere Dinge sorgfältig sortierte Papierstapel oder Karteikästen
mit Transkripten und Feldnotizen durcheinander bringen, Software bietet klare Vorteile gegenüber
manuellen Vorgehensweisen. Es befreit den Anwender von Aufgaben, die eine Maschine viel effektiver
durchführen kann wie z.B. das Modifizieren von Kodeworten und kodierten Segmenten, das Abrufen
von Daten basierend auf einfachen sowie auf einer Kombination von Kriterien, das Suchen von
Worten, die Integration des gesamten Materials in einer Projektdatei, das Hinzufügen und
Wiederauffinden von Notizen, das Zählen von kodierten Ereignissen, das zur Verfügung stellen von
Übersichten, z.B. wie oft welcher Kode in welchen Dokumenten vorkommt, und so weiter. Es wird
insgesamt einfacher, Daten systematisch zu untersuchen und Fragen an das Datenmaterial zu stellen,
die unter Anwendung von händischen Verfahren viel zu aufwendig wären. Dazu gehören zum Beispiel
für den Computer recht einfache Fragestellungen wie: Finde alle Datensegmente in Aussagen von
Frauen zwischen 20 und 30, die mit den Kodes X und Y, aber nicht mit Kode Z kodiert wurden.
Mit Hilfe von Software wird es einfacher, bzw. erst möglich auch größere Datenmengen zu analysieren
und unterschiedlicher Medientypen wie Text, Bild, Audio und Video einzubinden. Ein zusätzliches Plus
ist, dass eine sauber durchgeführte softwaregestützte Analyse die Güte der Forschungsergebnisse
erhöht. Insbesondere, wenn man die konzeptuelle Phase des Analyseprozesses erreicht hat, vergisst
man leicht die Inhalte, die hinter den Konzepten stehen. Unser Gehirn ist darauf ausgelegt, die
Komplexität der zur Verfügung stehenden Information zu vereinfachen. Daher vergisst man leichter
Information, die nicht so richtig dazupasst. Testet man verschiedene Modelle um zu sehen, wie alles
zusammen passen könnte, ist es sehr wichtig immer wieder einen Blick auf die Rohdaten zu werfen. Ist
dies mit viel Handarbeit verbunden, unterbleibt dieser Schritt unter Umstände; ist das Ausgangsmaterial
nur ein paar Mausklicks entfernt, wird man eher mal nachschauen, ob nicht nur das Ergebnis gut
aussieht und sich erklären lässt, sondern ob auch alle dazu beitragenden Datensegmente die Erklärung
unterstützen. Dies soll nicht unterstellen, dass händische Analysten keine validen Ergebnisse
produzieren, nur bei einer vergleichbaren Tiefe der Analyse ist der Aufwand um einiges höher.
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Anwendungsmöglichkeiten von CUQDAS
CUQDAS kann neben der Unterstützung des Analyseprozesses auch während der Phase der
Datenerhebung und für die Ergebnispräsentation verwendet werden. Dies trifft sicherlich nicht auf jede
Studie zu, aber es gibt eine Reihe von Situationen, wo dies sinnvoll ist. Ein Beispiel für die Verwendung
von CUQDAS für die Phase der Datenerhebung wäre die Notwendigkeit Daten unterschiedlichen
Medientyps über einen längeren Zeitraum zu erheben. Dies ist üblich in ethnographischen Studien.
Feldnotizen können direkt in die Software eingegeben, erste Interpretationen können in Memos
festgehalten und mit den entsprechenden Stellen verknüpft werden. Bilder können eingelesen und nach
Kriterien wie Zeitpunk und Thema gruppiert und organisiert werden. Kommentare und
Bildbeschreibungen können hinzugefügt werden und so entsteht im Verlauf des
Datenerhebungsprozesses ein Bilderarchiv. Das gleiche gilt für kurze Videosequenzen. Eine weitere
Option ist, einen Laptop als Aufnahmegerät zu verwenden und das Audiomaterial dem wachsenden
Datenarchiv innerhalb eines CUQDAS Paketes hinzuzufügen. In dieser Phase findet noch keine
detaillierte Analyse statt, aber wertvolle Gedanken können sofort aufgeschrieben und an die
entsprechenden Datenquellen elektronisch angeheftet werden. Dies setzt ein wenig technisches
Verständnis und eine adäquate technische Ausrüstung voraus, besonders wenn Daten verschiedener
Medienformen erhoben werden.
Auf für den Laienanwender ist es heute möglich mit Multimediadaten zu arbeiten. Die meisten Laptops
haben einen Recorder integriert und liefern das Ergebnis als digitale Datei3, der Gebrauch von digitalen
Video- und Stillbildkameras hat den Massenkonsumenten erreicht und mit der richtigen
Videobearbeitungssoftware braucht man auch kein Experte mehr zu sein um Videodaten auf den PC
zu laden und damit weiter zu arbeiten. Die Erstellung eines wachsenden Datenarchivs während der
Datenerhebungsphase kann selbstverständlich auch erfolgen, wenn man nur mit Textdaten arbeitet.
Die technischen Vorraussetzungen reduzieren sich entsprechend.
Eine andere, wenn auch noch nicht sehr viel genutzte Möglichkeit von CUQDAS ist die Unterstützung
der Ergebnispräsentation, wie zum Beispiel von Coffey, Holbrook und Atkinson (19986)
vorgeschlagen. Zum jetzigen Zeitpunkt (August 2004) verfügt nur die Software ATLAS.ti über HTML
und XML Ausgabeoptionen.4 Andere Hersteller ziehen vielleicht in absehbarer Zeit nach. HTML und
XML Ausgabeoptionen ermöglichen die Publikation eines Projektes entweder als Web
Hypermediapräsentation oder auf CD oder DVD und zwar unabhängig von der Software, in der die
Analyse durchgeführt wurde. Beispiele für Hypermediapräsentationen finden Sie auf folgenden
Webseiten:
http://www.lboro.ac.uk/departments/ss/visualising_ethnography/index.html
http://lucy.ukc.ac.uk/Stirling/index.html
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So verbleibt nur noch die Suche nach einem guten Mikrophon.
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see “ATLAS.ti goes XML” at http://www.atlasti.de/xml/
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Noch findet man nicht sehr viele Hypermediapräsentationen. Dies kann dadurch begründet sein, dass
die bisher geltenden ethischen Richtlinien zur Veröffentlichung von Datenmaterial nicht mehr greifen
wenn Bilder, Audio oder Videomaterial verwendet werden und neue Richtlinien erst erarbeitet werden
müssen (siehe Pink, 2001). Es mag aber auch damit zusammen hängen, dass leistungsfähige Computer
mit viel Festplattenspeicher erst in jüngster Zeit auch für den Standardanwender zur Verfügung stehen.
Eine verbesserte Nutzerfreundlichkeit spielt sicherlich auch eine Rolle. Ohne einen Experten zu
involvieren wären ‚hausgemachte’ Multimedia- und Hypermediaproduktionen vor ein paar Jahren noch
nicht möglich gewesen.
Software und Methode
Sehr häufig wird die Frage gestellt, welche Software für welchen methodischen Ansatz wie zum Beispiel
Grounded Theory (Glaser und Strauss, 1967; Strauss und Corbin, 1998) oder qualitative Inhaltsanalyse
nach Mayring (2000) geeignet wäre. Die Antwort auf diese Frage ist einfach: Man kann jedes der
CUQDAS Pakete anwenden, solange der analytische Ansatz beinhaltet, dass die Daten kodiert werden.
Es ist ein Mythos, dass einige Softwareprogramme nicht oder unbedingt in Kombination mit
bestimmten Methoden verwendet werden müssen. Genauso wenig kann man davon ausgehen, dass
sich auf irgendeine Art und Weise ein methodischer Ansatz von selbst ergibt nur weil man Daten mit
Hilfe von CUQDAS analysiert. Dies lesend mag sich Mancher vielleicht denken, dass sowieso nie
jemand auf einen solchen Gedanken kommen würde. Dem ist aber nicht so. Ich habe schon viele
Teilnehmer in meinen Softwareworkshops kennen gelernt, die noch keine Ahnung hatten, welche
Methode sie anzuwenden gedenken. Dies vielleicht auch gar nicht für notwendig erachtet haben, weil
sie ja jetzt den Umgang mit einer Software erlernen, der den Analyseprozesses unterstützt.
Eine optimale Vorraussetzung zum Erlernen von CUQDAS ist ein methodisches Grundverständnis.
Zweck von CUQDAS ist nicht den Analyseprozess zu dirigieren und zu manipulieren, Software soll die
Analyse nur unterstützen. Es ist der Anwender, der die Software für seine Zwecke einsetzen und
manipulieren soll, damit die Software die Aufgaben ausführen kann, die dem ausgewählten analytischen
Ansatz entsprechen. Dies hört sich logisch an, aber man kann nicht immer davon ausgehen, dass
methodische Kenntnisse vorhanden sind. Daher wird im Folgenden ein einfaches und allgemein
gehaltenes Modell der qualitativen Datenanalyse vorgestellt unter Berücksichtigung, wie die einzelnen
Schritte in der computergestützten Analyse umgesetzt werden können.
Nach Seidel (1998) basiert ein analytischer Code & Retrieve Ansatz darauf, dass das Datenmaterial
aufgebrochen, in kleinere Teilstücke und Einheiten zerlegt und nach Themen und Konzepten sortiert
wird. Dies ist eine Vorraussetzung um Datensegmente miteinander vergleichen und kontrastieren zu
können. Die einzelnen Elemente können dann nach verschiedenen Kriterien gesichtet werden um zum
Beispiel widerkehrende Muster, Sequenzen, Klassifizierungen, Typen oder Prozesse zu finden. Ziel ist
es, das in Einzelteile herunter gebrochenen Datenmaterial wieder zusammenzufügen, allerdings in einer
anderen Form als zuvor. Es soll ein aussagefähiges Gesamtbild z.B. in Form eines Modells oder eines
Netzwerks entstehen, dass nicht mehr der linearen Form des Ausgangsmaterials entspricht und
Antworten auf die Forschungsfragen gibt.
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Dieser Prozess beinhaltet drei wesentliche Schritte: Bemerken (notice), Sammeln (collect) und Nachdenken
(thinking about). Diese drei Schritte finden sich in fast allen qualitativen Analyseansätzen wieder.
Quelle: Seidel, QDA paper ,1998, p.25
Bemerken: Wenn man einen Aufsatz oder Artikel liest, hat man oft einen Stift oder Textmarker in der
Hand, um etwa zu unterstreichen, zu markieren oder um sich Notizen am Seitenrand zu machen. So
verfährt man auch im ersten Schritt der qualitativen Datenanalyse. Man liest sich das Datenmaterial
durch, bzw. hört oder schaut es sich an. Für die computergestützte Analyse muss zunächst einmal das
Datenmaterial aufbereitet werden, damit es in die Software eingelesen werden kann. Text kann in der
Regel in üblichen Textverarbeitungsprogrammen geschrieben werden. Je nach Software müssen dabei
bestimmte Formatierungsregeln und Formate beachtete werden. Es gibt immer noch ein paar
Programme die nur ASCII-Text akzeptieren, die meisten neueren Programme unterstützen jedoch
Dokumente im Word oder Rich Text Format.
Nachdem das Datenmaterial digital zur Verfügung steht, kann es in die Software eingelesen werden und
man kann mit dem Durchlesen, Anhören oder Ansehen der Daten beginnen. Hierbei ersetzen Maus
und Tastatur den Stift.
Sammeln: Mit der Zeit wird man immer wieder auf Datensegmente stoßen, die inhaltlich einander
ähnlich sind und die etwas Gemeinsames bedeuten. Es wird vielleicht mehrfach eine positive
Einstellung zu einem bestimmten Thema geäußert oder es geht um das Verhältnis zu einer bestimmten
Person, um einschneidende Erlebnisse aus der Kindheit der befragten Person, um ähnliche oder gleiche
Handlungsabläufe, oder ähnliches. Alle Textsegmente, die etwas gemeinsam haben, werden unter einem
Schlüsselwort (= Kodewort) gesammelt. Das Kodewort wird am Seitenrand vermerkt. Diese Art von
Zuordnen durch das Sammeln und Benennen von Textsegmente wird auch als Kodieren bezeichnet.
In der computergestützten Analyse markiert man das Segment, welches man kodieren möchte mit der
Maus und fügt dem Segment ein oder mehrere Kodeworte hinzu. Dies ist in vielen Programmen
Der Aufsatz von Seidel steht online unter http://www.qualisresearch.com zur Verfügung, und es ist empfehlenswert ihn in
ganzer Länge zu lesen.
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einfach per Drag & Drop mit der Maus möglich. Alle Programme erlauben die Möglichkeit
Kodierungen zu überlappen oder ineinander zu verschachtelt, denn Bedeutungsinhalte in der
qualitativen Analyse sind nicht immer eindeutig oder lassen sich genau an einem vollständigen Satz
oder Absatz festmachen. Bis ein voll ausgereiftes Kategoriesystem entsteht, ist ähnlich viel Zeit wie bei
einer händischen Analyse aufzuwenden. Software vereinfacht allerdings die einzelnen Arbeitsschritte,
da Modifikationen einfacher durchzuführen sind. Notizen und erste Interpretation können
Datensegmenten und Kodes direkt elektronisch hinzu gefügt werden und über Such- und
Abfragefunktionen auch schnell wieder gefunden werden. Schwer wieder aufzufindende
handgeschriebene Notizen und post-it Zettel gehören der Vergangenheit an.
Nachdenken: Um es vereinfacht darzustellen: nach dem Kodieren folgt das ‚Nachdenken’. Wie in
dem obigen Modell dargestellt, verlaufen die drei Arbeitsschritte notice, collect und think allerdings
nicht völlig getrennt voneinander und auch nicht notwendigerweise sequentiell.
Ziel des ‚Nachdenkens’ ist es, Strukturen und Zusammenhänge in den Daten zu erkennen. Hierzu
schaut man sich z.B. die gesammelten Daten gezielt nach bestimmten Kodes oder Kodekombination
an, wobei ein ständiges Vergleichen der einzelnen Datensegmente besonders wichtig ist. Dieser Prozess
vereinfacht die Reflektion und verdeutlicht Zusammenhänge, die man vorher aufgrund der Fülle des
Datenmaterials, der vielen Überlagerung von Bedeutungsinhalten, wegen der Verschleierung durch den
Kontext usw. nicht gesehen hat. Hierbei wird man wieder neue Dinge bemerken, Kodes umbenennen
neu erstellen oder löschen und der Prozess beginnt wieder von vorne.
In dieser Phase des Analyseprozesses werden in der computergestützten Analyse Suchmaschinen
eingesetzt. Eine Abfrage kann entweder sehr einfach, d.h. aus nur einzelnen Kodeworten oder aus einer
Reihe von Kodeworten, die logisch miteinander verknüpft sind, bestehen. Als Standard werden
Boolesche- und Näherungsoperatoren angeboten, die z.B. „und“ oder „oder“ Verknüpfungen,
Überlappung, die Segmente zusammen auftretende Kodes, usw. finden. Manche Programme bieten
zusätzlich semantische Operatoren, die Datensegmente auf der Basis von nutzerdefinierten KodeVerbindungen abrufen. Kode-Abfragen können auch mit Datenattributen wie Alter, Geschlecht,
Ausbildung oder ähnlichen Merkmalen verbunden werden. Dies ermöglicht die Eingrenzung der
Ergebnislisten auf bestimmte Personengruppen oder Eigenschaften. In einigen Programmen ist es auch
möglich, Beziehungszusammenhänge graphisch in Form von Netzwerken oder Modellen darzustellen.
Was sollte bei der Auswahl einer Softwarelösung beachtet werden
Vorraussetzungen
Wie schon erwähnt, ist es für eine sinnvolle Nutzung von CUQDAS in den allermeisten Fällen
notwendig, dass der gewählte methodischen Ansatz davon ausgeht, dass die Daten kodiert werden.6
Das Programm ATLAS.ti bietet zusätzlich zu der Kodierfunktion noch eine Hypertextfunktion, die nicht erfordert, dass
das Datenmaterial erst kodiert werden muss. Diese Funktion ist u.a. einsetzbar für die Analyse von längeren Debatten und
Diskussionen.
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Des weiteren sollte eine klare Unterscheidung zwischen quantitativen Inhaltsanalyseprogrammen wie
Sonar Professional oder FolioVIEWS und der hier beschriebenen Software gemacht werden. Der
Schwerpunkt von CUQDAS liegt auf kontextreichen Analysen, thick descriptions (Geertz, 1973) und
Verstehen und nicht auf der Quantifizierung des qualitativen Datenmaterials. Daher muss man sich vor
der Entscheidung für ein Softwarepaket die Frage stellen, welche Methode für die Datenerhebung und
Analyse verwendet werden soll. Ein sehr verbreiteter qualitativer Ansatz ist die Grounded Theory,
ursprünglich entwickelt von Glaser und Strauss (1967). Andere qualitative Ansätzen sind zum Beispiel
biographische Lebensgeschichte, Fallstudien, Phänomenologie oder Ethnographie.
Nachdem die Entscheidung darauf hinaus gelaufen ist, dass Software zur Unterstützung der
Datenanalyse eingesetzt werden soll, stellt sich eine weitere Frage: Welches der auf dem Markt
angebotenen Programme soll angeschafft werden? Die im Folgenden beschriebenen Softwarefeatures
und Variationen können als Anhaltspunkt dienen, Entscheidungsfindungskriterien zu entwickeln.7
Dateneingabe
Nicht jedes Programm unterstützt notwendigerweise das gewünschte Datenformat. Daher ist im
Vorfeld zu überlegen, welche Art von Daten erhoben werden soll. Werden nur Daten erhoben, die
verschriftet werden können, oder beinhaltet der Datenpool auch Bild, Audio oder Videomaterial? Im
letzteren Falle lässt sich die Auswahl auf nur weniger Programme reduzieren. Wenn nur
Textdokumente analysiert werden sollen, ist es lohneswert sich die Unterschiede zwischen Programmen
anzuschauen, die nur reine txt Dokumente oder auch Word oder Rich Text Dokumente unterstützen.
Die Lernkurve für die letztere Gruppe von Programmen ist um einiges steiler, da diese Programme in
der Regel auch komplexer sind. Für manche Zwecke kann ein anspruchsloseres Programm durchaus
ausreichend sein. Ein weiteres Thema ist die Editierbarkeit von Dokumenten. Falls Sie eine solche
Option für wichtig erachten, sollen Sie darauf achten, ob Dokumente editiert werden können, nachdem
sie eingelesen und kodiert wurden.
Kodierung
Im Zusammenhang mit der Kodierung ist folgendes zu beachten: Was ist die kleinstmögliche
Analyseeinheit? Nicht alle Programme erlauben die Kodierung von beliebigen Segmentgrößen, sondern
man muss sich zu Beginn für eine Analyseeinheit entscheiden. Wie werden Kodierungen dargestellt?
Sind sie gut sichtbar, übersichtlich und ggf. auch interaktiv? Wird automatisches Kodieren unterstützt?
Dies kann eine sehr nützliche Funktion sein, und zwar immer dann, wenn es um die Kodierung
struktureller Merkmale geht oder um ein Zusammenfassen von Textstellen unter einem Kode, die
bestimmten Konzepten auf der Basis von im Text vorkommenden Worten zugeordnet werden können.
Welche Strukturierungsmöglichkeiten für das Kodiersystem bietet die Software? Falls für die Analyse
notwendig oder der eigenen Arbeitsweise entgegenkommen, achten Sie darauf wie Kodes hierarchisch
organisiert und dargestellt werden können.
Weitere Entscheidungshilfen
http://caqdas.soc.surrey.ac.uk/
7
finden
Sie
auf
der
Webseite
des
CAQDAS
Networking
Projektes:
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Memos und Kommentare
In der qualitativen Datenanalyse gewinnt man viele Einsichten, Ideen und Erkenntnisse, im Prozess des
Schreibens. Daher ist es wichtig sich anzuschauen, wo und für was Kommentare und Memos
geschrieben und an welche Objekte sie angeheftet werden können. Wird unterschieden, ob es sich um
kurze Notizen, Kodedefinitionen oder Memos handelt oder gibt es nur eine Form für das Schreiben
von Notizen jeglicher Art? Inhaltlich und methodisch gesehen, kommt diesen Arten von Anmerkungen
eine unterschiedliche Bedeutung zu. Weitere Frage sind, wie Notizen, Memos oder Kommentare, bzw.
deren Inhalte wiedergefunden werden können. Wird dies von einer Suchfunktion unterstützt? Wie wird
angezeigt, dass eine Anmerkung für ein Objekt geschrieben wurde? Welche Ausgabeoption gibt es?
Werden Anmerkungen alleine oder im Kontext der mit ihnen verknüpften Objekte ausgegeben?
Suchfunktionen
Die Suchfunktionen eines Programms sind besonders wichtig, denn in der Datenabfrage sind
Computer wesentlich effizienter und schneller als ein Mensch. Recherchieren Sie, welche
Suchfunktionen es gibt und wie Suchergebnisse angezeigt werden können. Kann nach Worten,
Zeichenketten oder Textmustern gesucht werden? Textsuchfunktionen sind in der Regel vorhanden,
wichtiger ist aber die Frage, welche Abfragemöglichkeiten es auf der Basis von Kodes gibt. Wie ist die
Suchmaschine aufgebaut? Welche Operatoren stehen zur Verfügung? Können Gesamtergebnisse
gefiltert werden um nur Datensegmente bestimmter Personengruppen oder Merkmalsausprägungen
darzustellen? Wie komfortable kann auf die Ergebnisse zugegriffen werden? Kann man sich die
Ergebnisse im Kontext ansehen? Können Ergebnisse als Textdatei ausgegeben werden?
Ausgabe von Ergebnissen
Es ist nicht immer wünschenswert oder machbar vor dem Computerbildschirm zu arbeiten. Dies ist ein
Grund, sich die Datenausgabe näher anzuschauen. Wichtig ist die Form der Ausgabe aber auch für das
Übernehmen von Ergebnissen in Berichten oder der Transfer von Projektdaten und Teilergebnissen in
andere Programme. Optimal wäre wenn alle Ausgaben sowohl auf dem Bildschirm angezeigt und
editiert, gespeichert oder ausgedruckt werden können. Schauen Sie auch auf die Ausgabeformate, Rich
Text ist komfortabler als „nur Text“ Ausgaben. Ein weiterer Aspekt ist welche Quellangaben die
Ausgabe enthält. Können Segmente schnell und eindeutig dem Ursprungsdokument zugeordnet
werden? Können Quellangaben auch weggelassen oder auf ein Minimum reduziert werden? Dies ist oft
wünschenswert, wenn man eine Liste von Zitaten in Berichte mit übernehmen will.
Manche Programme bieten quantitative Ausgabeoptionen, wie z.B. eine Übersicht über
Worthäufigkeiten oder die Anzahl der Kodierungen per Kode oder Dokument. Diese Ausgaben
können z.T. auch in einem Excelkompatiblen Format abgespeichert werden. Des weiteren bieten einige
Programme eine Schnittstelle zu SPSS. Je nach gewählter Methode, kann ein Nichtvorhandensein
dieser Funktion ein Ausschlusskriterium sein oder nur eine möglicherweise oder nie angewendete
Zusatzoption.
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Sonstige Funktionen
Arbeiten Sie in einem Forscherteam, ist darauf zu achten, welche Supportfunktionen die Software für
Teamarbeit bietet. Können verschiedene Nutzer eingerichtet und angemeldet werden, so dass
nachvollzogen werden kann, wer was gemacht hat? Können unterschiedliche Rechte vergeben werden
und können Teilprojekte zu einem gemeinsamen Projekt zusammen geführt werden?
Die Möglichkeit der graphischen Darstellung in Form von Netzwerken und Modellen ist eine
Funktion, die von immer mehr Programmen angeboten wird. Es ist darauf zu achten, ob nur ein oder
eine beliebige Anzahl von Modellen oder Netzwerken pro Projekt erstellt werden kann. Welche
Objekte können miteinander verknüpft werden, nur Kodes oder auch andere Objekte wie Memos oder
Zitate? Beachten Sie, ob der Zugriff auf das Quellmaterial auch von der graphischen
Benutzeroberfläche aus möglich ist. Manchmal dient die angebotene Modellfunktion auch nur dazu, als
Filter eingesetzt zu werden und nicht unbedingt der konzeptuellen Arbeit auf einer höheren Ebene. Ein
weiteres Unterscheidungsmerkmal zwischen Programmen ist, ob die Art der Verknüpfung zwischen
zwei Objekten vom Anwender beliebig benannt oder ob die Verknüpfung nur in Form einer Linie
dargestellt werden kann.
Weitere Entscheidungskriterien
Die Zeit, die man zum Erlernen eines der Programme benötigt ist unterschiedlich. Je komplexer ein
Programm, d.h. je mehr Funktionen es bietet, desto steiler auch die Lernkurve. Um Anfangsfehler zu
vermeiden, ist es empfehlenswert zum Erlernen der komplexeren Programme einen professionellen
Workshop zu besuchen. Wichtig ist auch die Frage nach den allgemeinen Computerkenntnissen. Wenig
computererfahrene Nutzer sind mit einem einfacheren Programm wahrscheinlich besser bedient. Das
gleiche trifft auf Anwender zu, die nur ein paar Basisfunktionen zum Kodieren und Abfragen
benötigen.
Als weiteres Entscheidungskriterium sollte berücksichtigt werden, ob ein Programm nur für ein
spezifisches Projekt oder auch für zukünftige Projekte und wahrscheinlich andere Nutzergruppen
angeschafft werden soll. Wenn die Software einem spezifischen Projekt dienlich sein soll, dann kann
ein Programm gewählt werden, dass den Projektanforderungen am ehesten entspricht. Kaufen Sie auf
längere Sicht, sollte möglicherweise ein Programm gewählt werden, dass viele Optionen bietet, auch
wenn diese im Moment vielleicht nicht gebraucht werden.
Und zum guten Schluss….
Verlassen Sie sich bei der Programmentscheidung auf Ihre Intuition. Alle Hersteller bieten
Demoversionen an, die man sich von den respektiven Webseiten herunterladen kann. Spielen Sie mit
ein paar ausgewählten Demoversionen und nehmen Sie sich die Zeit durch die Tutorien zu gehen um
ein Gefühl für das Programm zu entwickeln. Nicht jedes Interface spricht jeden Nutzer gleich an. Das
Programm mag vielleicht alle gewünschten Funktionen bieten, liest man sich die Beschreibung der
Hersteller durch. Aber möglicherweise empfinden Sie die Benutzeroberfläche als wenig komfortable
oder Ihnen gefällt nicht, wie das Datenmaterial von der Software gehandhabt oder dargestellt wird.
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Dies können Sie nur herausfinden, wenn Sie selbst eigene, wenn auch nur minimale praktische
Erfahrung mit einem Programm sammeln.
Softwarebeschreibungen
Im Internet finden Sie eine Reihe von Softwarebeschreibungen und -vergleichen, die die Funktionen
verschiedener Programme gegenüberstellen und z.T. auch bewerten. Alexa and Zuell (1999) z.B.
beschreiben 15 Programme. Der Artikel steht online zur Verfügung und zwar unter folgender Adresse:
http://www.gesis.org/Publikationen/Berichte/ZUMA_Arbeitsberichte/99/99_06abs.htm Leider gibt
es noch kein Update, denn der Artikel stammt schon aus dem Jahre 1999. Neuere Übersichten finden
Sie auf den folgenden Webseiten http://www.quarc.de/ und http://caqdas.soc.surrey.ac.uk/
Literatur
Alexa, M. and C. Zuell (1999). Commonalities, differences and limitations of text analysis software: The
results of a review, ZUMA-Arbeitsbericht Nr. 99/06.
http://www.gesis.org/Publikationen/Berichte/ZUMA_Arbeitsberichte/99/99_06abs.htm (Datum des
Zugriffs, 31. August 2004).
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Representations', Sociological Research Online, vol. 1, no. 1,
http://www.socresonline.org.uk/socresonline/1/1/4.html (Datum des Zugriffs, 31. August 2004).
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Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research [On-line Journal], 1(2). Verfügbar über:
http://www.qualitative-research.net/fqs-texte/2-00/2-00mayring-d.htm [Datum des Zugriffs: 31.
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