Berühmt, vergessen, was dann?

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Berühmt, vergessen, was dann?
50 GESELLSCHAFT
F R A N K F U R T E R A L L G E M E I N E S O N N TAG S Z E I T U N G , 1 2 . AU G U S T 2 0 1 2 , N R . 3 2
P
ornoproduzent
Dino
Baumberger war sich sicher: „Solche Videos tun
der Karriere gut. Das wissen die Damen auch.“ Ob Paris,
Gina-Lisa, Dita oder Pamela – ihnen allen hätten Sexvideos nicht geschadet, sondern finanziell und beruflich genutzt. Und nun zickte Radost Bokel, die als Elfjährige 1986
die „Momo“ gespielt hatte und gerade im „Dschungelcamp“ saß,
rum. Sie verlangte, dass ein Video,
das sie beim Sex zeigte und von
irgendjemandem ganz ohne ihre Erlaubnis auf Baumbergers Seite gestellt worden war, nach nur drei Tagen wieder entfernt wurde. Baumberger fand das dumm: „Nun verdient sie noch nicht einmal daran.“
Das war Anfang Januar. Seitdem
ist viel passiert, jedenfalls für Radost Bokel, 37: Sie flog aus dem
„Dschungelcamp“, weil sie keine
Elefantenhoden essen wollte, und
wurde als Nscho-tschi von den
Karl-May-Festspielen in Elspe engagiert. „Für mich hat sich das
Dschungelcamp gelohnt“, sagt sie.
„Vorher kannten mich nur die Leute ab dreißig, weil die ‚Momo‘ gesehen hatten. Jetzt kennen mich auch
die Kiddies wieder. Man muss eben
bekannt sein, wenn man Rollen haben will.“
Stimmt. Unbekannte Schauspieler haben es schwer. Und noch viel
schwerer, wenn sie früher mal berühmt waren und wissen, wie sich
Erfolg anfühlt. In dieser Woche
starb eine weitere ehemalige Kinderschauspielerin, die zuletzt nur
noch von der Arbeitsagentur vermittelt wurde. Ähnlich wie letztes
Jahr Mick Werup, der in den
achtziger Jahren in der ZDF-Serie
„Diese Drombuschs“ bekannt
wurde und seitdem nur noch
kleinere Rollen gespielt hatte,
nahm sich offenbar auch Silvia Seidel, die 1987 in dem ZDFWeihnachtssechsteiler „Anna“ als
Ballerina ein Millionenpublikum
verzaubert hatte, das Leben. „Man
findet keine Rollen mehr“, erklärt
Patrick Bach, ihr Serienpartner von
damals, „das war in den Achtzigern
und Neunzigern noch anders. Heute werden von den Sendern 60 bis
80 Filme im Jahr gestrichen, die in
den Produktionsetats noch vorgesehen waren. Ein kontinuierlicher
Rückgang seit Jahren.“ Der damit
zusammenhängt, dass es immer
mehr Realityshows gibt und immer
weniger Filme, die mit Schauspielern produziert werden.
Bach, der 1981 in „Silas“ über
Nacht zum Star wurde, danach in
„Jack Holborn“ und schließlich in
Berühmt,
vergessen,
was dann?
Nach dem Tod von Silvia Seidel
fällt auf, dass auch andere ehemalige
Kinderschauspieler kaum gute
Rollen haben. Warum eigentlich
nicht, und wie fühlt sich das an?
Katrin Hummel hat mit
einigen gesprochen.
Foto Bildstelle
„Anna“ an der Seite von Silvia Seidel spielte, arbeitet inzwischen
hauptsächlich als Synchronsprecher
– ebenso wie Hendrik Martz, der
1984 im Weihnachtstmehrteiler „Patrik Pacard“ die Hauptrolle spielte.
Thomas Ohrner, Star des ZDFMehrteilers „Timm Thaler“, war
zwar in einigen Filmen und Serien
und als Moderator zu sehen, ein
großer Fernsehstar wurde aber
auch er, heute 47, nie wieder.
Jenseits der Landesgrenzen sieht
es nicht besser aus: Inger Nilsson,
die schwedische Pippi Langstrumpf
von 1969, arbeitete nach ihrer
Schulzeit als Sekretärin, hatte danach nur noch kleinere Rollen und
ging vor drei Jahren ins schwedische „Dschungelcamp“. Bei Heintje kam der Karriereknick mit dem
Stimmbruch, und auch Macaulay
Culkin, der ehemalige Kinderstar
aus „Kevin allein zu Haus“, konnte
seinen Erfolg nicht ins Erwachsenenalter retten. Selbst Daniel Radcliffe sorgte sich gegen Ende der
Dreharbeiten von Harry Potter:
„Vielleicht werden sie mich bald
nicht mehr haben wollen, weil ich
zu groß bin oder Pickel bekomme.“
Das Verfallsdatum für den Ruhm
von Kinderstars ist nur wenig länger als das von ungeöffneter
H-Milch. Aber warum eigentlich?
Bernhard Hoestermann, Geschäftsführer der gleichnamigen
Schauspielagentur, der Stars wie
Robert Stadlober und Muriel Baumeister betreut, sieht vor allem die
Schauspieler selbst in der Verantwortung: „Wenn ein Kinderstar es
nicht schafft, die unschuldige Natürlichkeit, mit der er seine frühen
Rollen gespielt hat, durch einen
größeren Reichtum von Ausdrucksmöglichkeiten im Erwachsenenalter zu ersetzen, wird er Probleme
bekommen. Es gibt diese Kinderrollen für Erwachsene nicht, und
wenn sich ein ehemaliger Kinderschauspieler nicht weiterentwickelt,
wird er von Film zu Film eintöniger wirken.“ Seiner Meinung nach
muss jemand, der den Beruf dauerhaft ausüben will, im Alter zwischen fünfzehn und zwanzig Schauspielunterricht nehmen – auch
wenn er schon sehr erfolgreich
war: „Da wird man interessant und
vielfältig. Man lernt, Rollen zu spielen, die der eigenen Persönlichkeit
fremd sind.“
Allerdings weiß auch Hoestermann, der seit 22 Jahren im Geschäft ist, dass Talent nicht allein
über Erfolg bestimmt: „Die Schauspielerei kann ein Pakt mit dem
Teufel sein. Selbst gute Schauspieler können nicht unbedingt von ihrem Beruf leben, geschweige denn
werden sie auf der Straße erkannt.
Ob jemand zum Star wird, ist zu
weiten Teilen unabhängig davon,
was er kann.“
„Man braucht Vitamin B und
ein sehr gutes Management“, erklärt Marcus Kleiner, Medienwissenschaftler an der Uni Siegen und
Experte für populäre Medienkulturen. „Es ist ein unehrliches, ungerechtes System, denn nicht die Besten, sondern die Durchsetzungsstärksten kommen weiter.“ Die
QUADRAT0RTUR 12.08
WAAGERECHT:
1 Vormals im engeren Sinne Blickfangtrick im Salon, tierisch miederlich bestechend (12) 11 Es gibt ihn
uns fürs Sinnliche, er ist aber auch
sie, die Motivation! (7) 13 Reaktionskinetisch sehr stabil, wie alles so ist,
was uns nix tut (5) 15 Als Scheibe
Gedächtnis und Verbleibe des Digitalen (Abk.; 2) 16 Das, ja das ist das
Gigololobesame, dient Entschlängelung und Politikeraussageverweigerungen (9) 18 Auf dem Teich, dem
regungslosen, / weilt des Mondes …
Glanz, ganz lenauisch – Holunderwunder aber auch! (6) 19 Das ist der
Brauch von alters her / und nicht nur
stiefelländlich mehr (3) 20 In Wievielteufelsnamen würde ein italiano
Verräter verwünschen? (3) 21 Skandal urknallfalls als Kladderadatsch –
schon isser da, der …! (5) 23 Unregierbares Sch…land (Silvio mal ehrlich; 7) 26 Ziemlich oft ziemlich, oft
schlimmerhin! (3) 27 Wäre sie mein
auf Latein, wäre ich senkblickig… (5)
29 Sollte man vorher gewusst haben?
Sollte man jetzt zumindest wissen –
oder im Elefantenfuß ahnen! (lat.; 4)
30 Frisst lebenslänglich für den Mist,
was man erst lebensendlich isst – is’
was? (4) 31 Man nehme, nicht grade
viel, kurz gesagt wieviel? Nur mal im
Restliter betrachtet! (2) 32 Kann uns
gleich sein, die global organisierte
Zuckerzunft… (Abk.; 3) 33 In bester
Einsilbigkeit zu Lob & Preis passend
gemacht (3) 34 Auf was des Arztes
des Patienten Vernunft ja erst recht
kurieren sollte (7) 35 Singende Revolutionärin an sich, bekam auch baltbald Freiheit und Euro (5) 36 Kam,
sah und siegte hassgeliebt über alle
heimatfernen Umstände (jargonig; 5)
38 Wird mit Padma und Jamuna zu
Meghna, uneilig, aber heilig – fließt
in jeden Gesang mit ein! (6) 41 The
1
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HERZBLATT-GESCHICHTEN
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Rock vor SF, viele kamen rauf & rein,
kaum einer raus & frei (8) 45 Verrät
sich poetisch im Esszimmergeräusch:
Summsumm sum – ergo nur was? (4)
47 Sein Wert währt, fehlt aber noch
Es ist so Brauch von
alters her: In ihm ist
ganz Paris voll leer …
der letzte Schliff, sogar der erste! (10)
48 Altstadt? Älteststadt, und derart
lange her… (2) 49 Aus ihm heraus ist
ein Kompetenztänzchen so tadellos
wie routiniert (6) 50 Asters andere
Gestalt verrät: Wer’ne lange Leitung
hat, hat die vorher gut geplant… (6)
SENKRECHT:
1 Wer auf ihr steht, geht wenig, darf
sie immerhin schieben (5) 2 Umweglos Hormone direkt ins Blut gedrüst?
So geht’s – wie’n verrückteres NerdKino zeigt! (med.; 8) 3 Riecht’s nach
Klassenzugehörigkeit, herrscht der
sympathischerweise vor (11) 4 Teufel
aber auch, darin und damit hamse’n
filmreif markentreuen Auftritt hingelegt, Mrs. Streep! (5) 5 Sehr in solcher geht er, der abwehrt: „Später,
später!“ (4) 6 Veraltet wortwörtlicher
Pygmäe, der aus der Gen-Rille aufersteht… (8) 7 Seines Wahnsinns fette
Beute war’n Widder statt Odysseus,
die Scham überlebte er eigenhändig
nicht (4) 8 Rein damit, wenn’s 4 letters hat und kein Schneider ist, aber
Briten passt! 9 Zahlt ihre Miete mit
Lats, kriegt vielleicht Santims wieder
raus (6) 10 Höchst kommunalbeamtet, zutiefst verwaltend, in Zielrichtung auszumachen (Abk.; 2) 12 Nur
kalt … , sagte Koch zum Krebs, als
er ihn in die Siede-Pfanne warf (fieser Spott; 4) 14 Geradezu biblisch,
wie Popanzkolosses rhetorische Fußruh so ist (7) 17 Zu gern diagnostiziert bei hyperkinetischen Kindern
und ruhelos erregten Erwachsenen
ebenso (med.; 10) 22 Zieht Organist
mal alle Register, klingt das nach und
wie was? (ital.; 5) 24 Aus dem Übervollen schöpfen und mal großzügig
überschwappen lassen (5) 25 Wo bei
Überseefernweh seine Binnenstaatsbootsbürger dann den Mekong nehmen (4) 26 Lauter alteri Digitalegos
als Kunstweltenbürger wie Echtweltforennutzer (7) 27 Mal eine auf altdeutsche Art: Im Kopf die kleinste
Schweiz, / im Rumpf ganz Papagei, /
hat seinen Rätselreiz / mit Deutschland hinten bei! (7) 28 Getauft Philippina, gefrönt dem Tanz, gegangen
als größte Theatralikerin (Vorn.; 4)
33 Es ist so Brauch von alters her: In
ihm ist ganz Paris voll leer! (franz.; 3)
37 Mordstrauma der Schweden, die
unaufgeklärten Schüsse auf ihn (Vorname; 4) 38 Schaft schafft bei ihm in
Nachhinein’n kleines Feudalreich (4)
39 Bella Lollo, dem Brynnerking die
sabahafte Königin (Vorn.; 4) 40 Alter
Spruch: Gute … fragt nicht: Willst
du? Sondern: Hier hast du! (franz.; 4)
42 Beweist kurzerhand Format beim
Bildspeichern, trotz Riesengröße (3)
43 Verbindlich frolleinfrohe Assoziation urlange vor Smartphones, VoIP
und Co… (3) 44 Russenwissen einst:
Wenn der Pocken hat, bekommt das
Land Narben (3) 46 Sind sehr erheblich, nur sehr short in his map, sieht
ein Brite so sofort! (3)
up.
DIE AUFLÖSUNG DER LETZTEN QUADRATORTUR
WAAGERECHT: 1 (sog.) Ramschniveau 11 (jeder)
Amateur 13 (Anagramm aus D-i-a-n-a: sog.) Daina
15 („Viva) Colonia!“ 16 (ein) Olsen (aus der) „Olsen(-Bande“) 18 (Auto-)Kran 19 Ateliers 20 (das)
Erdenrund (als Anagramm aus N-e-r-d-R-u-n-d-e)
24 sec. (second) 25 („in die) Roehre (gucken“)
26 Dorsch 28 (nicht wollend wollen lat.) „nolens
(volens“) 31 (eine) Idee (auch in Entsche-idee-nthebung) 33 „hi!“ 34 (das Scheuermittel) „Ata“
35 (Schnuller schweizer.) Nuggi 37 Ente 38 klug
40 Gewaechs 44 (Gesamt-)Korea 45 (im) Verlies
+ (das Glück) „verlies“ (ihn, nämlich phonetisch)
46 Virginia + Virginia(-Tabak) 48 (die Bach-)Aue
49 senden (in Mas-senden-ken) 50 (sog.) No-Nos
Schauspielerin Corinna Harfouch
weiß, welche Abgründe ihr Beruf
generell hat: „Wenn man nichts hat
außerhalb der Arbeit, kann das sehr
gefährlich werden. Es frisst dich
mit deiner ganzen Seele auf, es fordert alles von dir, und trotzdem bist
du am Ende alleine.“
Deswegen gibt es inzwischen sogar eine Anlaufstelle für gescheiterte Kinderschauspieler. Vor 23 Jahren
gründete Paul Petersen, 66, am Rande von Los Angeles die Non-Profit-Organisation „A minor consideration“, die sich für aktive und ehemalige Kinderschauspieler in Not
einsetzt. Drei bis vier Hilferufe erhält er jeden Monat, Drogensucht
oder Geldmangel sind die größten
Probleme der Anrufer. Petersen,
selbst ehemaliger Kinderschauspie-
ler, sagt: „Du musst dir deine Eltern sorgfältig aussuchen. Wenn sie
gut geerdet sind und einen Beruf haben, der sie ausfüllt, hast du gute
Karten. Ansonsten aber läufst du
Gefahr, dass sie dir weder den
Schutz noch die Stabilität bieten,
die du als Kinderschauspieler
brauchst“ -, und du dein Leben
lang dem Ruhm hinterherläufst.
„Ich habe einen Großteil meines
Lebens damit verbracht, unberühmt zu werden“, sagte Silvia
„Anna“ Seidel einige Jahre vor ihrem Tod. „Das Business ist schwierig, weil man sich damit abfinden
muss, dass man nicht immer Erfolge haben kann“, musste Radost
„Momo“ Bokel lernen. Sie sagt, sie
könne sich heute vorstellen, „mit
Hunden zu arbeiten und nie wieder
im Fernsehen zu sein“. Doch bis es
so weit ist, darf es ruhig noch ein
wenig dauern. In einigen Herrenmagazinen war sie kürzlich in Unterwäsche zu sehen, und auf ihrer
Homepage posiert über einem
Link, der zur Seite eines Tierheims
führt, in BH und schwarzen Strapsen beziehungsweise nackt: Engagiert mich, noch bin ich jung und
schön!
Auch Patrick „Silas“ Bach glaubt
daran, „dass der ganz große Erfolg
wiederkommt“, übt sich aber bis dahin genau wie Bokel in Bescheidenheit. Auf einer Schulung für Synchronsprecher hat ihn neulich ein
Siebenjähriger gefragt: „Bist du die
Stimme von dem dicken kleinen Piraten aus ‚Jake und die Nimmerland Piraten‘? Kannst du den mal
nachmachen?“ Da ging ihm das
Herz auf.
Nur wenige Kinderstars kommen als Erwachsene noch größer
heraus, als sie es in jungen Jahren
schon waren: Drew Barrymore
oder Jodie Foster etwa. Einer, dem
es gelungen ist, die Leerstelle des
ausbleibenden Ruhms zumindest
ansatzweise mit etwas anderem zu
füllen, ist Ohrner. Er arbeitet inzwischen nicht mehr als Fernseh-, sondern als Radiomoderator beim Bayrischen Rundfunk. Und greift zu,
wenn ihm ab und zu jemand eine
Filmrolle anbietet. Dass ausbleibender Erfolg jemanden in den Selbstmord treiben kann, hält er für ausgeschlossen: „Es ist primitiv zu sagen, die Silvia Seidel ist ein armes
Hascherl, das sich wegen dem ausbleibenden Erfolg umgebracht hat.
Ein innerfamiliäres Drama war die
Ursache, die Mutter war depressiv,
der Vater gestorben, es gab keine
Freunde, keine Familie. Das ist es,
was zum Selbstmord führen kann –
egal, ob du früher die Mülltonnen
rausgetragen hast oder Kinderstar
warst.“
SENKRECHT: 1 rackern 2 (Anfang von Amor-alische:) Amor 3 malade (in Mini-malade-r) 4 Stonehenge 5 (lat.) cena 6 (franz.) huîtres 7 Idol 8 valid 9 (2x) Eis essen 10 an(machen) 12 raeudig
14 (er denkt) an schiessen + (sog.) Anschiessen
(als Probe) + (Bock nur) anschiessen 17 Erechtheus 21 (engl.) root 22 n.r. + NR + n.r. 23 „no!“
27 „Ree!“ 29 (Zwergenkönig) Laurin (Anagramm
aus U-r-i-n-a-l) 30 (im) Nu 32 (Tagebuch span.)
diario 34 Akkus 36 („Gelsenkirchener Barock“ und
Kennz.) GE 39 („Make) love (not war“) 40 (für die)
Gage 41 wenn + (ohne) Wenn (und Aber) 42 Elan
(wie in G-elan-gweilten) 43 „ciao!“ + „ciao (bella!“)
45 (franz.) vin 47 RD (Research & Development)
D
as Enthüllungsfoto der Woche erreicht uns aus dem
Tessin. Ein kräftiger Kerl
mit Hamsterbacken, Sonnenbrille
und Bundeswehr-Tarnkäppi hält einen Plastikbeutel in der Hand. Der
Bursche wirft einen Blick über die
Schulter, als wähnte er ein Dutzend
Zielfahnder auf seiner Spur. Erster
Verdacht: Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel bereitet eine Ladung Mortadella für die zollfreie
Einfuhr nach Deutschland vor. Irrtum – der Mann ist Freddy Quinn,
80, Schmonzettenkapitän a. D.
(„Junge, komm bald wieder“), vor
Anker gegangen am Ufer des Lago
Maggiore und zum Zeitpunkt der
Aufnahme mit der Entsorgung seines Hausmülls befasst.
Trotz der Behelligung in einem
solch intimen Moment hat der alte
Seebär auf seine Enttarnung gar
nicht grummelig reagiert, sondern
sogar ein Autogramm gegeben.
Das hat die Redaktion von die aktuelle in eine Art Ehrfurchts-Schockstarre versetzt, weshalb die Überschrift über den Artikel nur mäßig
fetzig geriet: „Ungewöhnliche Begegnung mit einer Legende“. Die
Bild-Zeitung kann’s besser: „Junge,
da bist du ja wieder!“
Das würden viele Fans auch gerne dem als „Tatort“-Kommissar ausgeschiedenen Mehmet Kurtulus zurufen, doch die Chancen für ein
Comeback dürften nicht größer geworden sein, seit dem Fernseh-Ermittlern im realen Leben vorgeworfen wird, es mit dem Gesetz nicht
so genau zu nehmen. Laut Frau im
Spiegel haben Zöllner am Frankfurter Flughafen im Kurtulus-Gepäck
einen amerikanischen Laptop gefunden, der ihnen wie frisch gekauft vorkam – was sein Besitzer bestreitet.
Mehr als der Stammbaum seiner
Hardware würde uns interessieren,
wo er das tolle Brusthaartoupet erstanden hat, mit dem ihn der Fotograf abgelichtet hat. Wir vermuten,
es war der gleiche hippe Laden, in
dem sich der Sohn von Uschi Glas
Schüttel dein
Haar für mich
VO N S A S C H A Z O S K E
die Accessoires für seine Internetauftritte besorgt. „Schock-Fotos!
Hört denn der Albtraum nie auf?“,
jammert die aktuelle und zeigt dazu
Fotos von Ben Tewaags jüngsten
Schandtaten. Auf Facebook hat der
böse Bub ein Foto gepostet, das ihn
mit einem liebevoll aufgeschminkten Schnitt durch die Kehle zeigt.
Dazu die Psychoanalyse des Sachverständigen: „Ben Tewaag leidet
an einer Profilneurose“, er müsse
unbedingt auffallen, egal ob positiv
oder negativ.
Wie gut, dass „Bergdoktor“
Hans Sigl von diesem Leiden verschont geblieben ist. Aber auch der
nette TV-Heiler hat seine sinistren
Seiten, wie das Goldene Blatt aufdeckt. Unter dem Titel „Seine
dunkle Vergangenheit“ erfahren
wir Erschütterndes: Als junger
Bursch hat der Hans in Österreich
Privatradio gemacht, ohne Lizenz.
„Wir haben damals quasi noch
schwarz über den Brenner gestrahlt.“ Welcher Horror wird als
Nächstes in die heile Bergdoktorenwelt einbrechen? Vielleicht die
Nachricht, dass Herr Sigl seinen
Nachnamen ein bisschen geändert
hat, weil er einen peinlichen Halbbruder hat, der seit Jahrzehnten die
Welt mit seiner Schlagermusik foltert?
Schaudernd wenden wir uns ab
von den deutschen Sündenpfuhlen
und blicken auf das katholische Königshaus von Spanien, den letzten
Hort sittlicher Reinheit. Aber sofort raubt uns Echo der Frau auch
diese Illusion: „Kronprinzessin Letizia: Pikante Enthüllungen! Kann
sie jetzt noch Königin werden?“
Wie die Ermittlungen ergaben, hat
Letizia 1998 in einem Erotik-Streifen mitgespielt und war dort in einem „transparenten Engelskostüm“ zu sehen. Das ist fast so blasphemisch wie die Vorstellung, ein
russischer Regisseur würde einen
Film über Katharina die Große drehen und die Titelrolle an die Frontfrau von „Pussy Riot“ vergeben.
Dann also doch wieder zurück
nach Deutschland, zu der Frau, die
nun wirklich niemand mit Schweinkram in Verbindung bringt. Oder?
Es gibt uns doch zu denken, was
wir im Neuen Blatt lesen müssen:
Angela Merkel war mit Reinhold
Messner in Südtirol unterwegs.
„Beim Wandern trug sie ein rustikales rotkariertes Hemd. Die Frisur
war wunderbar verwuschelt.“
Herrn Messners Frisur ist ja auch
immer wunderbar verwuschelt.
Hat Joachim Sauer seine Gattin im
Urlaub mal ein paar Stunden unbeaufsichtigt gelassen? Eine Szene erscheint vor unseren Augen: Merkel
und Messner allein auf einem Gipfel, er kniet vor ihr und jodelt:
„Baby, schüttel dein Haar für
mich!“
Sollte es so gewesen sein und vermasselt die Kanzlerin deshalb die
Euro-Rettung, kann sie sich mit
den Worten von Veronica Ferres
herausreden. Die sagte laut Bunte
über einen Filmdreh mit Regisseur
David Dietl, dem Sohn ihres Exlebensgefährten Helmut: „Ich war
nur das Instrument seiner Vision.“
Wie die Actrice weiter darlegt,
schätzt sie die luziden Gaben von
David und anderen jungen Filmemachern: „Ihre Visionen halten
mich jung und offen für neue Sichtweisen.“ Dann könnte Frau Ferres
auch einsehen, dass es manchen
freuen würde, wenn es mal fünf Jahre lang keinen neuen Ferres-Film
gäbe. Aber die Chance, dass sich
diese Vision erfüllt, ist höchstens so
groß wie die, dass der nächste Kanzler Dirk Niebel heißt.