Marokko NO.2
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Marokko NO.2
Marokko Erfahrungsberichte aus der Arbeit und dem Leben im Koenigreich Maghrib NO.2 Nun ist fast die Hälfte des Auslandsdienstes vorrüber und die Zeit rennt immer weiter. In Deutschland ist die Zeit der Weihnachtsköstlichkeiten zu Ende und Ostern und Karneval haben nicht lange auf sich warten lassen. So wie in Deutschland wird auch hier gerne nicht nur herzhaft, sondern auch süß gegessen. Nicht nur Kaffees, auch die Tees werden stark gesüßt. Oft schon gesüßt serviert reicht man noch Zucker um nach zu süßen. In der „Refuge“ kocht Aminah die Köchin den Tee immer auf dieselbe Weise: Sie bringt in einem Kessel Wasser zum Kochen. Daraufhin fügt sie grünen Tee hinzu und wartet bis das Wasser einen feinen Schaum beim Kochen bildet. Ab dann ist es Zeit eine Hand voll gesäuberter Minzblätter dazuzugeben und erneut kurz aufkochen zu lassen. Am Ende folgen je nach Laune viel oder wenig Zucker(wobei „wenig“ in Marokko, hingegen in Deutschland „ viel“ ist, und das „viel“ hier, in Deutschland „sehr viel“ ist). Diese Art der Zubereitung ist laut dem Nachtwächter die beste, da die Minze mit gekocht wird, anders als in den meisten Cafés. Dort bekommt man entweder ein TeeKännchen(im Süden Marokkos) oder ein Glas(in Tanger) mit grünem Tee und zwei drei Stängeln Minze mit Blättern im Glas gebracht. Dazu wird Zucker zum nachsüßen serviert. Eine weitere Spezialität sind die Arten Kaffee zu servieren. Wenn man in Städten im Süden wie Essaouira meistens einen „Noz-Noz“ bestellt, einen „Halb-Halb“, bekommt man direkt einen Kaffee mit Milch serviert, wobei Milch und Kaffee geschichtet sind. In Städten im Norden hingegen wird einem in Cafés ein „Qahwa b’l‘7lib“ serviert, indem ein Glas mit einem Espresso gebracht und die heiße Milch direk am Tisch eingegossen wird. Zum Kaffee oder Tee kann man generell alles genießen was einem gerade einfällt, da in den meisten Cafés es niemandem was ausmacht wenn man sich von außerhalb etwas mitbringt: Gebackenes oder Frittiertes, Kekse, Kuchen, Süßigkeiten, Brot,… Mir persönlich ist nicht viel darüber bekannt, wie Marokkaner das Essen außerhalb handhaben: Ob generell viel in Restaurants gegangen wird ist mir nicht bekannt. Was aber präsent ist, sind die „Laiteries“ beziehungsweise „Cremeries“: Milchbars, in denen Saft- oder Milchshakes mit verschiedenen frischen und getrockneten Früchten angeboten und frisch zubereitet werden. So kann man sich dort z.B. ein Brot mit „Vache-qui-rit“(eine Art Schmelzkäse) und einem Ei belegt kaufen, dazu ein großes Glas Avocadomilch(Eine ganze Avocado gemixt mit Milch). Eigentlich sind die Milchbars wie die Cafés zu allen Tageszeiten gut besucht. Als fast schon Tradition, habe ich in Marokko mitbekommen, dass freitags immer Couscous gegessen wird. Dafür gibt es zahlreiche Zubereitungsarten, sei es mit Hähnchen und vier Gemüsen oder mit Zwiebeln und Rosinen. Generell wird Couscous gedämpft und auf einem großen Teller verteilt. Anschließend wird das Gemüse und/oder Fleisch darüber gegeben. Dazu wird gerne Buttermilch gereicht. Wer will kann sich auch etwas Couscous in einer Schale mit der Buttermilch vermischen und einzeln essen. Um sich den Couscous nach Geschmack zu würzen kann man noch etwas von der Brühe des gekochten Gemüses über seinen Teil des Couscous gießen In kalten Wintertagen wie den jetzigen ist zu raten, falls man morgens Zeit hat, eine heiße Suppe zu essen. Die populärsten zwei Wahlen sind entweder die „Fastensuppe“ „Harira“(Fastensuppe, weil sie zum Ramadan oft serviert wird) oder die Bohnensuppe „Baissara“. Zu beiden Suppen kann man sich auch ein gekochtes Ei bestellen und je nach Geschmack getrennt oder in der Suppe essen, aber nur in die „Baissara“ gibt man entweder Olivenöl oder frische Butter vom Land. Mit einem handgroßen Fladenbrot dazu gereicht, bezahlt man umgerechnet knapp 5-8 Dirham(40-70Cent) und ist gesättigt und geheizt fuer mindestens drei Stunden. Besonders beliebt ist diese Suppe bei dem Nachtwächter des Jugendhauses, Ahmed. Die Fastenzeit(Soum) im Monat Ramadan nimmt eine besondere kulinarische Stellung in der marokkanischen Esskultur ein. Im Grunde genommen vertauscht man Tag und Nacht: Die erste Mahlzeit nach Sonnenuntergang(da nur gegessen werden darf zwischen Sonnenunterund Sonnenaufgang) ist der sogenannte „al Ftour“, was Frühstück bedeutet, während die letzte Mahlzeit vor Sonnenaufgang am Morgen „al 3ascha“ heißt: das Abendessen. Zum „Ftour“ werden die „Harira“, Datteln, Früchte, Backwaren und marokkanische Griespfannkuchen serviert. Die „Harira“ ist eine reichhaltige Suppe aus Tomaten, Kichererbsen, Sellerie, etwas Rindfleisch, ein paar Nudeln, Zwiebeln und verschiedenen Gewürzen und weiteren Zutaten, die ich bis jetzt noch nicht erfragt habe. Zu den typischen Backwaren gehört „Schbekia“: kunstvoll verdrehte Teigscheiben, welche frittiert und anschließend in Honig getaucht und mit Sesam bestreut werden. Die Griespfannkuchen(„Baghrir“) bestehen aus Milch, Gries, Ei, etwas Backpulver, etwas Hefe, etwas Zucker und einer Prise Salz. Durch die Hefe und das Backpulver bilden sich beim braten auf nur einer Seite (der Oberfläche) viele kleine Bläschen welche platzen und Löcher hinterlassen, was den „Baghrir“ ihr typisches aussehen und ihren französischen Namen verleit: übersetzt “Pfannkuchen mit tausend Löchern“ Doch die Fastenzeit stellt nicht nur eine Entbehrung hinsichtlich des Essens und Trinkens dar, vielmehr soll auf viele weitere Kleinigkeiten geachtet werden: Man soll sich am Tag vor emotionalen Kontakten zum anderen Geschlecht fernhalten, nichts „Schlechtes“ hören, sagen und denken und generell versuchen, trotz Umstellung des Tagesrythmus, wie gewohnt seinen Tätigkeiten am Tag nachzugehen. So fiel mir zumindest in der kurzen Zeit die ich am Ende des Ramadans(Anfang August 2013) mit gefastet habe auf, wie viel Zeit man doch plötzlich hat, wenn man diese nicht fuer Essen verwendet. Ein weiterer Nebeneffekt ist das plötzliche „Leben“ in der Nacht. Bis nach Mitternacht sieht man viele Menschen auf den Straßen, in Cafés, Imbissen, Suppentheken, Restaurants und Milchbars. In diesem Monat habe ich auch viele getroffen die sich die Zeit und oft auch den Urlaub nehmen um ihre Familien zu besuchen, ähnlich wie zum Opferfest. Abgesehen von Esskultur moechte ich euch nochmal vorstellen was hinter dem Namen „EIRENE“ steht, der Entsendeorganisation aus Deutschland und welche Aufgaben ein Freiwilliger „eigentlich“ hat. Wie neun weitere Freiwillige in Marokko, kam auch ich über „EIRENE“ hier hin. Nach einem verpflichtenden Infoseminar im Oktober 2012, habe ich mich für „ EIRENE“, Marokko und die Organisation „DARNA“ entschieden. Doch entschied letztendendes „EIRENE“, nach einem Bewerbungsseminar und –Gespräch, darüber ob ich den Freiwilligendienst antreten konnte. Zusätzlich nach einem zweiwöchigen Vorbereitungskurs vor der Ausreise, kam ich hier her. Doch was ist „EIRENE“? Zuallererst ist Eirene beziehungsweise Irene der Name einer antik-griechischen Göttin, die die Inkarnation des Friedens darstellen soll. Deshalb lautet der volle Name der Organisation auch „Eirene christlicher Friedensdienst e.V“. Christlich, da die Gründung und die Satzung auf die im Christentum vertretenen Werte zurückgehen, darunter: Nächstenliebe, Gewaltlosigkeit, Altruismus, Friede. Gegründet wurde „Eirene“ am 14. September 1957 in Chicago von den Friedenskirchen der Mennoniten und Brethren als ein ökumenischer Friedensdienst, welcher geprägt durch die Grauen europäischen Kolonialdenkens und zahlreicher Kolonialkriege zwischen „Süd“ und „Nord“, zum Hauptziel seiner Arbeit eine friedenbringende, praktische Solidarisierungsarbeit setzte. Zur gleichen Zeit wurde in Deutschland, im Rahmen der Gegenbewegung zur Militarisierung der noch jungen BRD eine Alternative für Wehrdienstverweigerer eingerichtet: Das Internationale Büro von EIRENE in Deutschland. „André Trocmé, der Vertreter des Internationalen Versöhnungsbundes auf dem Gründungstreffen, hatte während des Zweiten Weltkrieges als Pfarrer von Le Chambon-surLignon in Südfrankreich mit seiner Gemeinde gewaltfreien Widerstand gegen die Verordnungen des mit Hitler verbündeten Vichy- Regimes geleistet und verfolgten Jüdinnen und Juden das Leben gerettet. Als französischer Soldat in Marokko hatte er sich geweigert, eine Waffe zu tragen und begonnen, an einer Strategie des gewaltfreien Widerstandes zu arbeiten.“(entnommen aus „Quo Vadis?“) So war die erste von André Trocmé und EIRENE in Europa ins Leben gerufene Aktion, Friedensdienstleistende in den noch jungen Staat Marokko zu schicken. Seit dem haben sich breite Kontakte zur Bevölkerung und dort ansässigen Organisationen eröffnet. In Casablanca arbeitet und lebt eine von „EIRENE“ beauftragte, länderspezifische Koordinatorin, welche in Kontakt zu den mit „EIRENE“ arbeitenden Organisationen Marokkos steht. Ebenso koordiniert sie mit einer Mitarbeiterin aus Deutschland und den marokkanischen Organisationen die Platzierung und Begleitung der Freiwilligen in Marokko. Doch seit längerer Zeit steht die Entsendung „nicht-professioneller Freiwilliger“ in der Kritik. Nicht nur dass viele gerade erst die Schule beendet haben und bisher kaum bis keine Erfahrungen in der Arbeit mit „Nicht-Regierungs-Organisationen“ haben, sondern es steht auch der generelle Nutzen einer solchen „Hilfskraft“ Diskussion. Es kommt die Frage auf: „Wäre es nicht sinnvoller die örtliche Anfrage anzusprechen und Einheimische einzustellen?“; und die Antwort darauf kann nicht negativ ausfallen. Doch liegt der Sinn eines mittlerweile vom deutschen Staat geförderten Freiwilligendienstes (www.weltwaerts.de) nicht nur in der Tätigkeit vor Ort, sondern vielmehr in der Kommunikation während und nach dem Dienst. Ein jeder Freiwilliger(im folgenden FW genannt) repräsentiert sein Land und durch seine Berichte und Erzählungen auch das Land in dem sein Einsatz stattfand. Dadurch kann, falls der FW sensibilisiert ist, beide Kulturräume prägende „interkulturelle Kommunikation“ entstehen. Einerseits repräsentiert ein FW seine moralischen Werte und Grundsätze, geprägt durch Deutschland, während er andererseits von den von ihm wahrgenommenen Ansichten des Gastlandes berichtet. Doch bleibt jede Erfahrung subjektiv. Um dem entgegenzuwirken sollte man Wahrgenommenes relativieren. Geschieht das nicht passiert es allzu häufig, dass von einer Situation Rückschlüsse auf das Gesamte gemacht werden: Man fängt an zu Generalisieren. Vorurteile entstehen. Der Nutzen dieser „interkulturellen Kommunikation“ besteht also darin Vorurteile auf beiden Seiten abzubauen, somit mentale Grenzen zu verkleinern und sich und andere für das „Fremde“ zu sensibilisieren. Sich gegenseitig kennen ist damit ein vordergründiger Schritt um auf Augenhöhe kommunizieren zu können. Dies soll besonders in den kommenden Generationen Erwachsener wirken, um Voelker und Nationen in Richtung friedlicherem Neben- und Miteinander zu bewegen. Fuer die kommenden Tage steht nur Arbeit bevor. Es regnet und der Fruehling scheint langsam durch die kahlen Aeste. Die naechsten Wochen wird weiter gearbeitet aber auch Besuch aus Europa kommt und Marokko kann weitererlebt werden. Die naechsten Monate werden noch weitere kleine Anstrengungen unternommen mehr Seiten Marokkos kennenzulernen, die Sprache zu lernen und die wenige Arbeitszeit gut zu fuellen. Auf den verpflichtenden Ausreisekursen, welche „EIRENE“ vor dem Entsenden der FW organisiert, gibt es mehrere Einheiten zur Sensibilisierung der FW gegenüber Rassismus und Vorurteilen. So wird den FW erklärt welche Botschaft Fotos vermitteln können oder wie die Art und Weise des Berichtens Vorurteile und rassistische Strukturen fördert. Somit wird versucht den FW bewusst zu machen mit welchem gedanklichen Wertehintergrund viele Situationen wahrgenommen werden mit der Bitte subjektive Meinung auch als diese zu markieren und sich selber bewusst zu machen welche Wirkung ein Bericht haben kann.