Landkauf – Finanzierung ohne Eigenkapital?

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Landkauf – Finanzierung ohne Eigenkapital?
Finanzen
■ BAUERNBLATT l 19. Januar 2013
Bewegung im Bodenmarkt
Landkauf – Finanzierung ohne Eigenkapital?
Der Erwerb landwirtschaftlicher
Nutzflächen ist ein bedeutsames
Thema für viele Landwirte, schließlich stellt Boden die wesentliche
Produktionsgrundlage dar. Zunehmend kommt vielerorts Bewegung
indenhäufigruhigenBodenmarkt.
Während auf der Käuferseite vermehrt außerlandwirtschaftliche
Nachfrager auftreten, stehen auf
der Verkäuferseite oft Erben aufgegebener Betriebe. In Anbetracht
entsprechender Investitionsvolumina stellt sich für Betriebsleiter
die Frage, inwieweit ein Flächenerwerb sinnvoll und darstellbar ist.
Die Beweggründe für den Kauf
von Ackerland sind in der Praxis sehr
verschieden. Ein häufiger Anlass ist
die Reinvestition von Verkaufserlösen veräußerter Flächen (meist
Bauland, Kiesabbau oder Ähnliches).
Neben der Wiederherstellung beziehungsweise Verbreiterung der Flächengrundlage des Betriebes sind
hier steuerliche Beweggründe mit
der Möglichkeit zur Übertragung
stiller Reserven im Rahmen des § 6b
EStG oft ausschlaggebend. Hierbei
wird die Finanzierung überwiegend
über durch Verkaufserlöse geschaffenes Eigenkapital dargestellt, sodass die Frage der finanziellen Tragbarkeit zu vernachlässigen ist und
nachfolgend nicht näher betrachtet
wird. Gleiches gilt für den Erwerb
von Klein- und Kleinstflächen (unter
1ha), die in der Regel mit eigenen
Flächen oder bewirtschafteten
Pachtflächen verbunden sind. Hier
liegt ein Kauf zum Erhalt oder zur
Verbesserung der Flächenstruktur
nahe und sollte in Anbetracht einer
Bodengüte, Lage und Veredelungsintensität bestimmen den Landpreis.
überschaubaren finanziellen Grö- Verkauf in andere Hände vermießenordnung von gesunden Betrie- den, zum anderen präsentiert sich
ben dargestellt werden können.
der kaufende Betrieb nach außen als
potenter Akteur auf dem Flächenmarkt. Beide Punkte können evenErwerb
tuell weitere Konsequenzen nach
von Pachtflächen
sich ziehen. Einigt man sich mit eiNeben den dargestellten Beweg- nem verkaufswilligen Verpächter
gründen sind in der Praxis strategi- nicht, so können bei Auslauf des
sche Flächensicherungs- und Wachs- Pachtvertrages weitere Flächen, die
tumsabsichten auf Basis von Fremd- nicht zum Verkauf standen, möglikapital bedeutend. Flächensiche- cherweise auch abgängig sein. Des
rung findet durch den Erwerb bis- Weiteren kann eine zögernde Halheriger Pachtflächen statt. Auslöser tung dazu führen, dass man in anhierbei ist meist die Verkaufsabsicht deren Fällen nicht als aktiver Teilnehdes Verpächters. Für Betriebe bein- mer am Flächenmarkt wahrgenomhaltet ein solcher Vorgang im We- men und daher bei anderen Versentlichen zwei Aspekte. Zum einen kaufs- oder Verpachtungsabsichten
wird ein Flächenabgang durch einen nicht angesprochen wird. Beim Flächenwachstum geht es darum, die
Übersicht 1: Liquiditätsbedarf pro Jahr in Abhängigkeit vom Eigen- bewirtschaftete Fläche durch Zukauf
auszubauen. Da Investitionen in Bokapitalanteil und der Finanzierungslaufzeit
den über geringe Rendite verfügen,
10 Jahre
20 Jahre
30 Jahre
sind hierbei meist strategische Grün0%
23.446 €
14.072 €
10.874 €
de ausschlaggebend. Eigentumsflä25 %
17.585 €
10.554 €
8.156 €
che stellt eine sichere Planungsgrundlage dar, gerade im Zusam50 %
11.723 €
7.036 €
5.437 €
menhang mit flächenabhängiger
75 %
5.862 €
3.518 €
2.719 €
Veredlung ist dieses von Bedeutung.
So ist in Verbindung mit Biogas oder
Übersicht 2: Gesamtzinsbelastung in Abhängigkeit vom EigenTierhaltung teilweise auch eine
kapitalanteil und der Finanzierungslaufzeit
Querfinanzierung von Flächenkäu(bei Beibehaltung des unterstellten Zinssatzes über die Gesamtlaufzeit)
fen zu beobachten. Daneben ist mit
10 Jahre
20 Jahre
30 Jahre
einem Flächenkauf meist die Erwartung steigender Bodenpreise durch
0%
40.483 €
89.138 €
138.604 €
das begrenzte Angebot verbunden.
25 %
30.362 €
66.854 €
103.953 €
Perspektivisch bietet ein Flächener50 %
20.241 €
44.569 €
69.302 €
werb auch die Chance, an einem
75 %
10.121 €
22.285 €
34.651 €
weiteren Standort Fuß zu fassen.
Fotos: Isa-Maria Kuhn
Drei Einflussfaktoren
auf den Preis
Die Preise für Ackerland variieren
innerhalb der Bundesrepublik sehr
stark. Dabei sind drei Einflussfaktoren zentral: Bodengüte, Lage im
Zusammenhang mit dem örtlichen
Flächenverbrauch und die Veredelungsintensität am Standort. So existieren Standorte mit Landpreisen
von deutlich unter 10.000 €/ha, in
der Spitze werden aber auch in bestimmten Regionen Preise von über
50.000 €/ha gezahlt.
Das Verhältnis von Kauf und Pacht
ist allerdings über die verschiedenen
Standorte ähnlich und liegt oft bei
2 bis 2,5 %. Das noch bestehende
West-Ost-Gefälle bei den Bodenpreisen reduziert sich tendenziell durch
einen stärkeren Preisauftrieb in den
neuen Bundesländern. Neben dem
Kaufpreis entstehen für den Erwerber eine Reihe weiterer Kosten.
Grunderwerbsteuer in Höhe von
3,5 % bis 5 % des Kaufpreises und
Kosten für die rechtliche Abwicklung des Kaufes fallen in jedem Fall
an. Bei Vermittlung über einen Makler ist noch eine Courtage zu zahlen,
die in der Regel bei 3 bis 5 % der
Kaufsumme liegt.
Banken begleiten
Käufe positiv
Abgesehen von den eingangs genannten Kaufmotiven werden Käu-
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BAUERNBLATT l 19. Januar 2013 ■
Die Finanzierung von Landkauf ist solide zu gestalten, damit der Betrieb langfristig profitiert.
fe regelmäßig unter der Einbeziehung großer Fremdkapitalanteile
getätigt. Das aktuelle Umfeld am
Kapitalmarkt mit sehr niedrigen Zinsen lässt eine Finanzierung interessant erscheinen. Langfristige Finanzierungen sind bei einer Zinsbindung von zehn Jahren schon für unter 3 % möglich. Die Besicherung des
Kredites gestaltet sich komfortabel,
da diese in der Regel über das Zukaufsobjekt möglich ist. Insgesamt
ist die Haltung der meisten Banken
zur Begleitung von Flächenkäufen
sehr positiv. Die Möglichkeit zur
grundbuchlichen
Besicherung,
schlanke Bewertungsverfahren und
entsprechende Kreditvolumina lassen Bodenkauffinanzierungen zu einem interessanten Geschäftsfeld für
Kreditinstitute werden.
Beispiel: Kauf von 10 ha Ackerland, Kaufpreis (inklusive Nebenkosten) 200.000 €, Zinssatz bei zehn
Jahren Kreditlaufzeit 3,00 %, bei 20
und 30 Jahren Laufzeit 3,50 %, Annuitätendarlehen (konstanter Kapitaldienst), kein tilgungsfreies Jahr,
Zinsbindung zehn Jahre. Keine Berücksichtigung steuerlicher Effekte.
Für den aus Zins- und Tilgungsleistungen bestehenden Kapitaldienst
entsteht ein Kapitalbedarf, der mit
steigenden
Eigenkapitalanteilen
und längeren Laufzeiten abnimmt.
Die Wirkmechanismen sind bekannt, Eigenkapitalanteile reduzieren über einen verminderten Fremdkapitalbedarf den Kapitaldienst proportional. Bei längeren Laufzeiten
reduzieren sich die Tilgungsleistungen, sodass der Kapitaldienst geringer wird. Hierbei ist allerdings zu beobachten, dass der Effekt weniger
stark wirkt. Soll der Kapitaldienst
bei konstanten Eigenkapitalanteilen
halbiert werden, so ist in diesem Beispiel trotz sehr niedriger Zinsen fast
eine Verdreifachung der Laufzeit
von zehn auf 30 Jahre erforderlich.
Bedingt ist dies dadurch, dass eine
Reduzierung der jährlichen Tilgung
durch eine längere Laufzeit zu einer höheren Gesamtzinsbelastung
führt.
Dieser Effekt ist in Übersicht 2 zu
erkennen, wo eine deutliche Zunahme der Gesamtzinsbelastung bei längeren Laufzeiten sichtbar wird. Bei einer Verlängerung der Kreditlaufzeit
von zehn auf 20 Jahre steigern sich
die Kosten um 120 %, bei 30 Jahren
sind es sogar 242 %. Insgesamt lässt
sich feststellen, dass sich geringe Kapitaldienste bei konstanten Eigenkapitalquoten nur mit einer deutlich
höheren Gesamtzinsbelastung realisieren lassen. Bei höheren Zinssätzen
als dem unterstellten verstärkt sich
die Wirkung. Daraus ergibt sich die
Problematik, dass Landkäufe vom Liquiditätsbedarf her oft in Anbetracht
geringer Eigenkapitalanteile über
lange Laufzeiten finanziert werden
müssen, die daraus resultierende
Zinsbelastung den zukünftigen Eigenkapitalaufbau aber erheblich erschwert. Somit stellt sich die zentrale
Frage vor einem Flächenkauf auf
Fremdkapitalbasis, inwieweit die Vor-
teile des Kaufes stärker zu gewichten
sind als mögliche negative Konsequenzen
des
Kapitalabflusses.
Schließlich entspricht die Gesamtzinsbelastung (138.604 €) bei einer Laufzeit von 30 Jahren und 100 % Fremdkapital zu mehr als zwei Dritteln dem
Kaufpreis von 200.000 €. Dabei ist es
selbst in diesem Fall nicht möglich, die
Belastung über die Zukaufsfläche zu
tragen. 1.087 € wären im Beispiel je
Hektar und Jahr zu erwirtschaften.
Selbst bei Annahme konstanter Fixkosten im Betrieb und einer Reduzierung der Betrachtung auf die Direktkosten ist dieses im Schnitt der Jahre
schwer realisierbar, bei deutlich höheren Kaufpreisen auf guten Ackerbaustandorten wäre ein noch deutlich höherer Beitrag erforderlich.
Risiko, wenn Zinsbindung
abläuft
Zwei bedeutende Punkte wurden
in den voranstehenden Betrachtungen bislang nicht berücksichtigt,
zum einen Zinsänderungsrisiken
nach Ablauf der Zinsbindung, zum
anderen steuerliche Aspekte. Beide
Punkte sind in Beispielbetrachtungen schwer abbildbar, sollten in der
Praxis allerdings betrachtet werden.
Grundsätzlich können Zinsänderungen immer in zwei Richtungen verlaufen. Es existiert also auch die
Chance, dass nach Ablauf der Bindungsfrist ein niedriger Zinssatz zu
entrichten ist. In Anbetracht des gegenwärtigen Zinsniveaus ist die
Wahrscheinlichkeit höherer Zinsen
allerdings als größer einzuschätzen.
Inwieweit sich in zehn Jahren Veränderungen einstellen, ist heute nicht
abschätzbar. Das Risiko sollte aber
bei einem derartigen Vorhaben betrachtet werden. Steuerlich ist anzumerken, das Ackerland regulär nicht
abgeschrieben wird, da kein regelmäßiger Werteverzehr wie bei einer
Maschine stattfindet. Dieses führt in
Konsequenz dazu, dass ein zusätzlicher liquiditätsentziehender Effekt
entsteht.
Insgesamt kann daher zu einem
Flächenkauf ohne Eigenkapital nur
in besonderen Fällen geraten werden. Bieten sich in dem Flächenkauf
besondere (einmalige?) Chancen, so
sollte bei entsprechender Kapitaldienstfähigkeit des Betriebes die
Möglichkeit ergriffen werden. Gleiches gilt für Fälle, in denen besondere Ertragskonstellationen gegeben
sind, die die finanzielle Belastung
tragen. Eine weitere Möglichkeit ist
der Fall, wenn gegenwärtig kein Eigenkapital vorliegt, kurz- oder mittelfristig aber welches durch Vermögensumschichtungen
freigesetzt
werden kann.
Bei Eigenkapitalanteilen von 25 bis
50 % ist eine Darstellung des Vorhabens oft bei Laufzeiten von zehn bis
20 Jahren realistisch. Daraus ergeben
sich Gesamtzinsbelastungen, die in
einem annehmbaren Verhältnis zu
dem Kaufpreis stehen. Bei Eigenkapitalanteilen von über 50 % gestaltet
sich die Finanzierung komfortabel,
und es können bei mittleren Finanzierungsvolumina oft „kürzere“
Laufzeiten von zehn Jahren gewählt
werden. Lediglich bei größeren Flächen oder ganzen Betrieben muss
davon abgewichen werden.
FAZIT
Die Sinnhaftigkeit von Investitionen in Ackerland steht außer
Frage, dennoch ist die Finanzierung solide zu gestalten, damit
der Betrieb langfristig profitiert.
Bei einem hohen Kaufpreisniveau wird es ohne Eigenkapital
schwierig in der Darstellung.
Die Wahl langer Laufzeiten mit
niedrigen Kapitaldiensten wird
über eine hohe Gesamtzinsbelastung erkauft, hier muss sorgfältig abgewogen werden.
Patrik Meier
Landwirtschaftskammer
Niedersachsen
Tel.: 05 31-2 89 97-128
Patrik.meier@
lwk-niedersachsen.de